ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Situation in Nicaragua
5.7.2021 - (2021/2777(RSP))
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Pedro Marques, Javi López
im Namen der S&D-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0400/2021
B9-0401/2021
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Situation in Nicaragua
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Nicaragua, insbesondere die Entschließungen vom 31. Mai 2018[1], 14. März 2019[2] und 14. Dezember 2019[3], und seine Entschließung vom 7. Oktober 2020 zu dem Gesetz zur Registrierung „ausländischer Agenten“ in Nicaragua[4],
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2020/1998 des Rates vom 7. Dezember 2020 über restriktive Maßnahmen gegen schwere Menschenrechtsverletzungen und ‑verstöße[5],
– unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Vertreters vom 10. Juni 2021 im Namen der Europäischen Union zur Verschlechterung der politischen Lage in Nicaragua und die Erklärung seines Sprechers zum neuen Wahlgesetz vom 6. Mai 2021,
– unter Hinweis auf die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am 23. März 2021 verabschiedete Resolution zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte in Nicaragua,
– unter Hinweis auf die im Ständigen Rat der Organisation Amerikanischer Staaten am 15. Juni 2021 verabschiedete Resolution zur Lage in Nicaragua,
– unter Hinweis auf die Gemeinsamen Erklärungen von 59 Ländern zu Nicaragua vom 22. Juni 2021, die anlässlich der 47. Tagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen verabschiedet wurden,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Vorsitzenden des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und der Vorsitzenden der Delegation für die Beziehungen zu den Ländern Mittelamerikas zur anhaltenden Inhaftierung von Oppositionsführern in Nicaragua,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Sprecherin der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 28. Mai 2021 zu Nicaragua und die auf der 47. Tagung des Menschenrechtsrats am 22. Juni 2021 mündlich vorgetragenen aktuellen Informationen von Michelle Bachelet, Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, zur Lage der Menschenrechte in Nicaragua,
– unter Hinweis auf die Erklärungen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission und die Newsletter des Sondermechanismus zur Weiterverfolgung der Lage in Nicaragua (MESENI),
– unter Hinweis auf das Nicaragua-Kapitel im Jahresbericht der EU über Menschenrechte und Demokratie in der Welt 2020, der am 21. Juni 2021 vom Rat angenommen wurde,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,
– unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966,
– unter Hinweis auf die Verfassung Nicaraguas,
– gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Nicaragua unter der schwersten Menschenrechtskrise seit Jahrzehnten leidet; in der Erwägung, dass die Lage der Menschenrechte und der Demokratie ausgesprochen besorgniserregend ist und sich infolge der gewaltsamen Unterdrückung der Bürgerproteste im April 2018 weiter verschlechtert hat; in der Erwägung, dass gegen politische Gegner, friedliche Demonstranten, Journalisten, zivilgesellschaftliche Organisationen, LGBTI-Personen, Landarbeiter, Menschenrechtsverteidiger und Mitglieder der katholischen Kirche gerichtete Schikanen durch Polizei und Justiz zugenommen haben; in der Erwägung, dass seit dem 18. April 2018 mindestens 328 Menschen, darunter 24 Kinder, getötet wurden; in der Erwägung, dass 1 614 Menschen während der Menschenrechtskrise die Freiheit entzogen wurde und derzeit 125 Menschen ihrer Freiheit beraubt wurden oder trotz der Schutzmaßnahmen des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus politischen Gründen unter Hausarrest stehen; in der Erwägung, dass 405 Angehörige der Gesundheitsberufe entlassen wurden, in der Erwägung, dass 105 Studierende als Repressalien der Universität verwiesen wurden; in der Erwägung, dass 90 Angehörige der Informations- und Medienberufe im Exil leben und mehr als 103 000 Nicaraguaner aus ihrem Land geflohen sind; in der Erwägung, dass Regierungsgegner und ihre Familien einer ständigen Bedrohung durch Polizei und Regierungsanhänger, sowohl physisch als auch im Internet, ausgesetzt sind;
B. in der Erwägung, dass die Gewalt gegen indigene Völker zugenommen hat und es der Staat zunehmend versäumt, deren Rechte zu achten, zu schützen und zu wahren und insbesondere seiner rechtlichen Verpflichtung nachzukommen, die Eigentumstitel von Land, das indigenen Gemeinschaften gehört, zu achten; in der Erwägung, dass 2020 eine erneute Zunahme der geschlechtsspezifischen Gewalt und der Frauenmorde zu verzeichnen war, wobei die Zahl der Frauenmorde gegenüber einer bereits sehr hohen Fallzahl von 63 im Jahr 2019 im Jahr 2020 auf 71 anstieg;
C. in der Erwägung, dass die seit 2018 andauernde politische Krise ferner zu einer tiefen und anhaltenden Rezession und einem erheblichen Anstieg von Armut und Arbeitslosigkeit geführt hat; in der Erwägung, dass die Rezession durch die Pandemie weiter verschärft wurde; in der Erwägung, dass der Anteil der Menschen in Armut bei 44 % und der Anteil der Menschen in extremer Armut bei fast 9 % liegt, dass die Armut chronisch ist und dass fast 12 % der Kinder unter fünf Jahren von Unterernährung betroffen sind;
D. in der Erwägung, dass Nicaraguas Sondergesetz zur Bekämpfung von Cyberkriminalität und das Gesetz zur Bekämpfung von Hassverbrechen im letzten Quartal 2020 erlassen wurden, obwohl es sie in seiner letzten Entschließung zu Nicaragua (zu dem Gesetz zur Registrierung „ausländischer Agenten“ in Nicaragua) nachdrücklich verurteilt hatte; in der Erwägung, dass die nicaraguanische Nationalversammlung, die von der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront (Frente Sandinista de Liberación Nacional, FSLN) kontrolliert wird, eine Verfassungsreform gebilligt hat, die eine lebenslange Inhaftierung ermöglicht; in der Erwägung, dass die nicaraguanische Nationalversammlung im Dezember 2020 das Gesetz zum Schutz der Rechte der Menschen auf Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung für den Frieden erlassen hat, mit dem lebenslange Freiheitsstrafen gegen Urheber von vage definierten „Hassverbrechen“ verhängt werden und die Dauer der Untersuchungshaft von 48 Stunden auf 90 Tage verlängert wird;
E. in der Erwägung, dass durch die Wahl des neuen Obersten Wahlrats und die von der Legislative gebilligte Reform ein pluralistischer politischer Prozess, in dessen Rahmen der Bevölkerung die wirksame Ausübung ihrer bürgerlichen und politischen Rechte ermöglicht wird, nicht gestärkt, sondern ausgehöhlt wird; in der Erwägung, dass diese Entscheidungen nicht – wie von der EU und der internationalen Gemeinschaft wiederholt gefordert – auf der Grundlage eines Dialogs zwischen der Regierung und Oppositionsgruppen getroffen wurden, sondern von der regierenden Mehrheit durchgesetzt wurden;
F. in der Erwägung, dass die Nationalversammlung Nicaraguas am 4. Mai 2021 eine rückschrittliche Wahlreform verabschiedet hat, bei der die Forderungen der Opposition, der Zivilgesellschaft und der internationalen Gemeinschaft außer Acht gelassen werden; in der Erwägung, dass diese Reform weit davon entfernt ist, die demokratische Teilhabe zu erweitern, und dass in ihrem Rahmen Vorschriften vorgesehen sind, durch die der Wahlwettbewerb und die Ausübung politischer Rechte eingeschränkt werden und öffentliche Freiheiten im Widerspruch zu internationalen Standards und insbesondere unter anderem das Recht auf Teilnahme am öffentlichen Leben, die Vereinigungsfreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht auf sozialen Protest und das Recht auf Verteidigung von Rechten beschnitten werden; in der Erwägung, dass die Reformen der Regierung rückschrittlich sind, was sich darin zeigt, dass zwei politische Parteien – Partido de Restauración Democratica und Partido Conservador – im Mai verboten wurden und fünf potenzielle Präsidentschaftskandidaten im Juni inhaftiert oder willkürlich festgenommen wurden; in der Erwägung, dass im Rahmen dieser Rechtsvorschriften die Polizei anstelle der Wahlbehörden mit der Genehmigung von Wahlkampfveranstaltungen beauftragt wird; in der Erwägung, dass die EU und andere internationale Akteure und Menschenrechtsorganisationen davor gewarnt haben, dass die berechtigte Sorge besteht, dass diese Gesetze gezielt gegen Menschen eingesetzt werden, die sich gegen repressive Maßnahmen aussprechen und die Achtung der Menschenrechte fordern;
G. in der Erwägung, dass es die mangelnde Unabhängigkeit des Justizverwaltungssystems in Nicaragua ermöglicht, das Strafrecht anzuwenden und zu manipulieren, um Regierungskritiker oder -gegner zu kriminalisieren und strafrechtlich zu verfolgen, was Hunderte von Gerichtsverfahren wegen unbegründeter und unverhältnismäßiger Anschuldigungen sowie schwerwiegende Auswirkungen auf die gesetzlich verankerten Rechte von Häftlingen zur Folge hatte;
H. in der Erwägung, dass seit Anfang Juni 2021 mindestens 21 Mitglieder der Opposition, darunter fünf potenzielle Präsidentschaftskandidaten, zwei Gewerkschaftsführer und drei führende Politiker, ohne hinreichende Beweise auf der Grundlage vager strafrechtlicher Vorwürfe willkürlich verhaftet wurden, wobei ihre Festnahmen durch schwerwiegende Verletzungen von Verfahrensgarantien gekennzeichnet waren; in der Erwägung, dass Dutzende prominenter Gegner angeben, ständig eingeschüchtert zu werden, wobei die Polizei fast dauerhaft vor ihrem Zuhause stationiert ist oder ihnen auf der Straße folgt, wodurch sie daran gehindert werden, sich frei zu bewegen; in der Erwägung, dass bei diesen Fällen von Festnahmen und Inhaftierungen alle grundlegenden internationalen Garantien wie etwa der Zugang zu einem Rechtsbeistand und der Kontakt zu den Familien fehlen;
I. in der Erwägung, dass die Interdisziplinäre Gruppe unabhängiger Sachverständiger der Interamerikanischen Menschenrechtskommission bereits darauf hingewiesen hat, dass die Methoden, die bei der Unterdrückung der Straßenproteste eingesetzt werden, als Verbrechen gegen die Menschlichkeit angesehen werden können; in der Erwägung, dass Präsident Ortega und seine Familie beschuldigt werden, ein Geschäftsimperium in den Bereichen Telekommunikation, Energie und andere Sektoren aufzubauen, indem sie einen Teil der Mittel in Höhe von rund 5 Mrd. USD an venezolanischen Geldern, die Nicaragua zwischen 2007 und 2017 erhalten hat, umgeleitet haben, hauptsächlich über die Holdinggesellschaft Albanisa;
J. in der Erwägung, dass die EU im Mai 2020 restriktive Maßnahmen (Reiseverbote in die EU und das Einfrieren von Vermögenswerten) gegen sechs Personen wegen ihrer Rolle bei der Unterdrückung verhängt und ihre Forderungen nach einer Rückkehr zur demokratischen Staatsführung bekräftigt hat; in der Erwägung, dass der Rechtsrahmen der EU für die Verhängung von Sanktionen im Oktober 2020 um ein weiteres Jahr verlängert wurde; in der Erwägung, dass sich die Strategie des „maximalen Drucks“ seitens der USA und die Sanktionen in Nicaragua angesichts der zunehmenden Unterdrückung und des Belagerungszustands als unwirksam und bisweilen kontraproduktiv erwiesen haben; in der Erwägung, dass sie anscheinend sowohl das Gefühl der Viktimisierung von Präsident Ortega als auch seine mangelnde Bereitschaft, einen auf Dialog beruhenden Prozess zur Bewältigung der katastrophalen dreijährigen Krise des Landes in Betracht zu ziehen, verstärkt haben;
1. bekundet seine Solidarität mit der Bevölkerung Nicaraguas und verurteilt sämtliche repressiven Maßnahmen, die die Staatsorgane Nicaraguas gegen Oppositionsparteien, Journalisten und andere Medienschaffende, Studierende, Angehörige der indigenen Bevölkerung, Menschenrechtsverteidiger und die Zivilgesellschaft sowie ihre Familienangehörigen ergriffen haben, und insbesondere die Todesfälle, die verursacht wurden; fordert, dass die restriktiven Maßnahmen, die Unterdrückung und die Menschenrechtsverletzungen umgehend beendet werden, und dass Rechenschaft für die schwerwiegenden Verstöße abgelegt wird, die die Regierung Nicaraguas seit 2018 begangen hat;
2. fordert, dass sämtliche willkürlich inhaftierten politischen Gefangenen – darunter die potenziellen Präsidentschaftskandidaten Cristiana Chamorro, Arturo Cruz, Félix Maradiaga, Juan Sebastián Chamorro und Miguel Mora, die führenden Politiker José Pallais, José Adán Aguerri, Dora María Téllez, Hugo Torres, Víctor Hugo Tinoco, Violeta Granera, Ana Margarita Vijil, Suyén Barahona und Pedro Joaquín Chamorro und weitere Aktivisten der Opposition – umgehend und bedingungslos freigelassen werden; fordert ferner, dass die Achtung grundlegender Rechtsgarantien, ihrer Menschenrechte und ihrer bürgerlichen und politischen Rechte sichergestellt wird; fordert, dass die Regierung unverzüglich Beweise erbringt, dass die Inhaftierten noch am Leben sind, und Beweise für ihren Aufenthaltsort vorlegt; weist darauf hin, dass den im Exil lebenden Menschen umfassende Zusicherungen gegeben werden müssen, damit sie in ihr Land zurückkehren;
3. fordert die Regierung Nicaraguas auf, den De-facto-Belagerungszustand aufzuheben, die Rolle der nationalen Polizei als unpolitische und unparteiische Kraft zu achten, die paramilitärischen Kräfte zu entwaffnen, die mit der Bürgerallianz unterzeichneten Vereinbarungen einzuhalten und die Rechte der Bürger wieder in Kraft zu setzen; fordert die Regierung erneut auf, es Organisationen der Zivilgesellschaft zu ermöglichen, in einem sicheren Umfeld und unter günstigen Rahmenbedingungen ohne Angst vor Repressalien tätig zu sein;
4. wiederholt seine Forderung nach der Wiederherstellung eines inklusiven Dialogs und der Demokratie als einzigem friedlichem Ausweg aus der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Krise in Nicaragua; betont, dass Reformen auf inklusive und transparente Weise verabschiedet werden müssen;
5. fordert die Staatsorgane Nicaraguas nachdrücklich auf, das Wahlrecht im Einklang mit den internationalen Parametern, wie von der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in ihrer Resolution vom 21. Oktober 2020 gefordert, zu ändern, Posten in den verschiedenen Wahlstrukturen mit unparteiischen Personen zu besetzen, die Rechtsstellung der politischen Parteien, die dieser beraubt wurden, wiederherzustellen, das aktive und passive Wahlrecht der Nicaraguaner zu achten und die uneingeschränkte Präsenz nationaler und internationaler Wahlbeobachtungsgremien sicherzustellen und sich dabei zur politischen Koexistenz nach den Wahlen zu verpflichten; betont, dass die von der OAS und internationalen Organisationen geforderten Änderungen umgesetzt werden müssen, damit die Wahlen und die daraus hervorgehende Regierung anerkannt werden können, wobei insbesondere die Rechte und Freiheiten wiederhergestellt werden müssen, die einen freien, vertrauenswürdigen und fairen Wahlprozess ermöglichen;
6. verurteilt die Verabschiedung und Umsetzung restriktiver Gesetze und fordert, dass sie umgehend aufgehoben werden; hebt hervor, dass sich diese Gesetze gegen die Rechte und Freiheiten der Nicaraguaner richten, die in der Verfassung der Republik Nicaragua, der Interamerikanischen Demokratischen Charta und anderen internationalen Verträgen, denen Nicaragua als Unterzeichnerstaat angehört, verankert sind; lehnt die unzulässige Nutzung von Institutionen und Gesetzen durch die autoritäre Regierung Nicaraguas ab, die in der Absicht geschieht, Organisationen der Zivilgesellschaft und politische Gegner zu kriminalisieren;
7. fordert die Staatsorgane Nicaraguas erneut auf, dem Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IAMRK), der interdisziplinären Gruppe internationaler Experten (GIEI), dem Mechanismus zur Weiterverfolgung der Lage in Nicaragua (MESENI) und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft uneingeschränkten Zugang zu gewähren, um für die Achtung der Menschenrechte in Nicaragua zu sorgen; fordert erneut, die Rechtspersönlichkeit von Menschenrechtsorganisationen wie dem Centro Nicaragüense de Derechos Humanos (CENIDH) unverzüglich wiederherzustellen; fordert erneut, die Rechtspersönlichkeit von Menschenrechtsorganisationen wie dem Centro Nicaragüense de Derechos Humanos (CENIDH) unverzüglich wiederherzustellen;
8. fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, einen EU-Sonderbeauftragten für Nicaragua zu ernennen, der diese Prozesse leitet und regelmäßig die Umsetzung politischer und sicherheitspolitischer Abkommen überprüft, die den Weg für eine Rückkehr zur demokratischen Staatsführung ebnen würden;
9. fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, die Liste der zu sanktionierenden Personen und Organisationen, einschließlich des Präsidenten und des Vizepräsidenten, rasch zu erweitern, wobei besonders darauf zu achten ist, dass die Bevölkerung Nicaraguas nicht geschädigt wird, und dafür zu sorgen, dass die Unterstützung der EU für Organisationen der Zivilgesellschaft aufrechterhalten und verstärkt werden kann, um die Auswirkungen von COVID-19 und der derzeitigen Unterdrückung durch die Regierung abzufedern; weist darauf hin, dass Nicaragua vor dem Hintergrund des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und den Ländern Zentralamerikas die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte einhalten und stärken muss, und bekräftigt seine Forderung, dass unter den gegebenen Umständen die Demokratieklausel des Assoziierungsabkommens ausgelöst wird;
10. fordert die Regierung auf, für die Überwachung glaubwürdiger, unabhängiger und umfassender Untersuchungen der Generalstaatsanwaltschaft bezüglich schwerer Menschenrechtsverletzungen während des gewaltsamen Vorgehens im Jahr 2018 und danach, für die mutmaßlich hochrangige Polizeibeamte verantwortlich sind, eine unabhängige Ermittlungseinheit mit internationalen Sachverständigen einzusetzen;
11. fordert das Sekretariat des zentralamerikanischen Integrationssystems (SICA) und seine Mitgliedstaaten auf, bei der Verteidigung, dem Schutz und der Förderung der Demokratie und beim Schutz der Menschenrechte in Nicaragua eine aktive Rolle zu spielen, wie es im Protokoll von Tegucigalpa aus dem Jahr 1991 und im Rahmenvertrag über demokratische Sicherheit aus dem Jahr 1995 vorgesehen ist, in dessen Artikel 1 dargelegt wird, dass sie auf Demokratie und auf der Existenz von Regierungen, die im Rahmen allgemeiner, freier und geheimer Wahlen gewählt wurden, und auf der bedingungslosen Achtung aller Menschenrechte in den Staaten der Region Zentralamerika beruht;
12. würdigt die Anstrengungen und die konstruktive Arbeit, die die EU-Delegation in Nicaragua in einem sehr schwierigen Umfeld unternommen bzw. geleistet hat; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, die Lage vor Ort durch ihre Vertreter und Botschaften in Nicaragua genau zu überwachen, unter anderem durch die Überwachung von Gerichtsverfahren, wenn möglich, und durch Besuche von Kritikern und Oppositionsführern, die sich im Gefängnis befinden oder unter Hausarrest stehen, falls dies gestattet ist, Verstöße gegen unabhängige Medien und Menschenrechtsverteidiger offen zu verurteilen und deren Arbeit zu unterstützen;
13. bekräftigt seine in seiner Entschließung vom 14. März 2019 erhobene Forderung, Alessio Casimirri, der nach wie vor unter dem Schutz der nicaraguanischen Regierung in Managua lebt, umgehend nach Italien auszuliefern, da er dort aufgrund seiner nachgewiesenen Beteiligung an der Entführung und Ermordung von Aldo Moro, ehemaliger Ministerpräsident und Vorsitzender der Partei der Christlichen Demokraten, sowie an der Ermordung seiner Wachleute am 16. März 1978 in Rom rechtskräftig eine sechsfache lebenslängliche Freiheitsstrafe verbüßen muss;
14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EAD, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten, der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika, dem Zentralamerikanischen Parlament sowie der Regierung und dem Parlament der Republik Nicaragua zu übermitteln.