ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Belarus ein Jahr nach dem Beginn der Proteste und ihrer gewaltsamen Niederschlagung
4.10.2021 - (2021/2881(RSP))
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Petras Auštrevičius, Malik Azmani, Nicola Beer, Dita Charanzová, Olivier Chastel, Nathalie Loiseau, Javier Nart, María Soraya Rodríguez Ramos, Nicolae Ştefănuță, Ramona Strugariu, Dragoş Tudorache, Hilde Vautmans
im Namen der Renew-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0482/2021
B9-0494/2021
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Belarus ein Jahr nach dem Beginn der Proteste und ihrer gewaltsamen Niederschlagung
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Belarus,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24. Mai 2021 zu Belarus,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 21. Juni 2021 zu Belarus,
– unter Hinweis auf die Rede von Präsidentin von der Leyen zur Lage der Union 2021,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP), Josep Borrell, vom 15. Juli 2021 zum harten Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft in Belarus und seine Erklärungen im Namen der Europäischen Union vom 30. Juli 2021 zur Instrumentalisierung von Migranten und Flüchtlingen durch das Regime und vom 8. August 2021 zum ersten Jahrestag der gefälschten Präsidentschaftswahl vom 9. August 2020 in Belarus,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 7. Juli 2021 zur Einschränkung der diplomatischen Präsenz Litauens und vom 30. August 2021 zu den Repressionen gegen Journalisten und die Medien,
– unter Hinweis auf den am 5. Juli 2021 im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen abgegebenen Bericht der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen zur Lage der Menschenrechte in Belarus, Anaïs Marin,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und alle Menschenrechtsübereinkommen, deren Vertragspartei Belarus ist,
– unter Hinweis auf die Verleihung des Sacharow-Preises des Europäischen Parlaments für geistige Freiheit im Jahre 2020 an die demokratische Opposition in Belarus,
– gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane mehr als ein Jahr nach der sogenannten Wahl vom 9. August 2020 die Unterdrückung des eigenen Volks fortsetzen, wobei viele Bürger schikaniert, festgenommen, gefoltert und verurteilt wurden, weil sie ihre Ablehnung gegenüber dem Regime oder den in Belarus weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen zum Ausdruck gebracht haben;
B. in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge mehr als 35 000 Belarussen zu unterschiedlichen Zeitpunkten wegen Protesten gegen das Regime festgenommen wurden; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger Hunderte von Fällen von Folter und Misshandlungen dokumentiert haben und dass mehrere Menschen immer noch vermisst werden oder inzwischen tot aufgefunden wurden; in der Erwägung, dass unmenschliche Behandlung, Folter und vorsätzliche Verweigerung medizinischer Versorgung in belarussischen Haftanstalten und Gefängnissen nach wie vor an der Tagesordnung sind und dort mehrere Demonstranten zu Tode kamen; in der Erwägung, dass es in Belarus über 670 politische Gefangene gibt; in der Erwägung, dass Tausende von politischen Repressionen betroffene Belarussen in Nachbarländer geflohen sind, um weiterer Verfolgung zu entgehen;
C. in der Erwägung, dass das belarussische Regime eine Unterdrückungskampagne gegen die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger führt, mit der alle verbliebenen unabhängigen Stimmen in Belarus zum Schweigen gebracht werden sollen; in der Erwägung, dass fast 250 Organisationen der Zivilgesellschaft aufgelöst wurden oder das Verfahren zu deren Auflösung noch im Gange ist, etwa das Menschenrechtszentrum Wjasna, gegen das in bislang ungekanntem Ausmaß brutal vorgegangen wird, indem die Führung, die Angestellten und Freiwillige festgenommen und vor Gericht gestellt werden, darunter Ales Bjaljazki, der Vorsitzende von Wjasna, Waljanzin Stefanowitsch, Mitglied des Vorstands von Wjasna und Vizepräsident des Internationalen Menschenrechtsverbands, Marfa Rabkowa, Koordinatorin des Freiwilligennetzes von Wjasna, Andrej Tschepjuk, Leanid Sudalenka, Tazzjana Lassiza, Maryja Tarassenka, Uladsimir Labkowitsch und weitere Angestellte und Freiwillige von Wjasna;
D. in der Erwägung, dass die führenden belarussischen Oppositionellen und politischen Gefangenen Maryja Kalesnikawa, Preisträgerin des Sacharow-Preises für geistige Freiheit und Trägerin des Internationalen Preises für Frauen mit Mut (International Women of Courage Award), und Maksim Snak, ein bekannter Anwalt, am 6. September 2021 wegen mutmaßlicher Orchestrierung eines Staatsstreichs zu 11 bzw. 10 Jahren Haft verurteilt wurden;
E. in der Erwägung, dass fast 500 Journalisten festgenommen wurden und die belarussischen Staatsorgane ihr hartes Vorgehen und ihre Schikanen gegen unabhängige belarussische Journalisten fortsetzen und vorsätzlich versuchen, objektive Berichterstattung zu behindern; in der Erwägung, dass das belarussische Regime am 27. August 2021 die Schließung des belarussischen Journalistenverbands, der größten unabhängigen Journalistenorganisation des Landes, der 2004 mit dem Sacharow-Preis für geistige Freiheit ausgezeichnet wurde, angeordnet hat;
F. in der Erwägung, dass am 23. Mai 2021 der Ryanair-Flug FR4978, ein internationaler Passagierflug zwischen zwei Hauptstädten von Mitgliedstaaten der EU (Athen und Vilnius), auf Anweisung von Aljaksandr Lukaschenka unter dem erfundenen Vorwand einer Bombendrohung und unter Verstoß gegen internationale Übereinkommen gewaltsam nach Minsk umgeleitet wurde, wodurch die Sicherheit der über 170 Fluggäste und Besatzungsmitglieder an Bord der Maschine gefährdet wurde; in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane in Minsk den Fluggast Raman Pratassewitsch, einen belarussischen Journalisten und Aktivisten, und seine Begleiterin Sofja Sapega, festnahmen;
G. in der Erwägung, dass Lukaschenka als Vergeltungsmaßnahme gegen die Sanktionen, die die EU wegen der erzwungenen Umleitung des Ryanair-Flugs FR4978 verhängt hatte, öffentlich damit drohte, die EU und insbesondere die an Belarus grenzenden Länder Litauen und Polen mit Migranten und Drogen zu überfluten; in der Erwägung, dass diese Drohung von Russland unterstützt und unter Instrumentalisierung von Migranten zu politischen Zwecken in die Tat umgesetzt wurde; in der Erwägung, dass ein System geschaffen wurde, in dessen Rahmen Migranten mit Flügen aus dem Irak und der Türkei nach Minsk gebracht werden und belarussische Grenzschutzbeamte dann Beihilfe zum illegalen Grenzübertritt der Migranten in die Europäische Union leisten, was dazu führte, dass etwa 4 000 illegale Migranten nach Litauen, über 400 nach Polen und etwa 400 nach Lettland gelangten; in der Erwägung, dass sich Polen, Lettland und Litauen gezwungen sahen, an ihrer jeweiligen Grenze zu Belarus den Notstand auszurufen; in der Erwägung, dass die Zahl der irregulär in die EU einreisenden Personen zurückgegangen ist, aber die einschlägigen Versuche fortgesetzt werden; in der Erwägung, dass im Zeitraum vom 13. bis 19. September 2021 ein versuchter Grenzübertritt in die EU in 2 101 Fällen verhindert wurde (in 1 830 Fällen von Polen, in 135 Fällen von Litauen und in 136 Fällen von Lettland); in der Erwägung, dass das belarussische Regime Gewalt gegen Migranten anwendet, sie gewaltsam auf das Gebiet der EU drängt, Propaganda und Desinformation betreibt und die EU-Mitgliedstaaten beschuldigt, die Rechte von Migranten zu verletzen und illegaler Migration nach Belarus Vorschub zu leisten; in der Erwägung, dass mindestens vier irreguläre Migranten an Unterkühlung und Erschöpfung gestorben und mehrere Migranten im Grenzgebiet zwischen der EU und Belarus gestrandet sind, dort seit Wochen ausharren und weder Hilfe erhalten noch Asyl beantragen können und keinen Zugang zu grundlegenden Leistungen haben;
H. in der Erwägung, dass die belarussische Leichtathletin Kryszina Zimanouskaja, nachdem sie ihre Trainer kritisiert hatte, gezwungen wurde, die Olympischen Spiele von Tokio vorzeitig zu verlassen, am Flughafen Tokio aus Angst um ihre Sicherheit um Schutz der Polizei ersuchte und ein von Polen ausgestelltes humanitäres Visum akzeptierte; in der Erwägung, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) die belarussischen Trainer Artur Schymak und Jury Majsewitsch von den Olympischen Spielen in Tokio ausgeschlossen und eine Untersuchung eingeleitet hat;
I. in der Erwägung, dass die Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage der Union am 15. September 2021 die Instrumentalisierung von Migranten als hybriden Angriff von Belarus mit dem Ziel der Destabilisierung der EU bezeichnete;
J. in der Erwägung, dass die belarussische Generalstaatsanwaltschaft am 17. September 2021 die Ermittlungen zum Tod von Raman Bandarenka ausgesetzt hat;
K. in der Erwägung, dass Wital Schyschou, einer der Gründer des Belarussischen Hauses in der Ukraine – einer Gruppe, die Menschen unterstützt, die Belarus verlassen haben – am 3. August 2021 in einem Park in Kiew erhängt aufgefunden wurde;
L. in der Erwägung, dass Russland und Belarus im September 2021 in einer bereits angespannten Gesamtlage das gemeinsame Großmanöver „Sapad-2021“ mit 200 000 Militärangehörigen durchführten und damit den Druck auf die Außengrenze der EU weiter erhöhten; in der Erwägung, dass Lukaschenka Pläne verkündete, bis 2025 Waffen im Wert von 1 Mrd. USD von Russland zu erwerben, darunter Raketensysteme vom Typ S‑400;
M. in der Erwägung, dass die Staatschefs von Russland und Belarus am 9. September 2021 zudem übereingekommen sind, einen einheitlichen Öl- und Gasmarkt zu schaffen und die wirtschaftliche Integration zu vertiefen, wodurch sich die Gefahr erhöht, dass Lukaschenka im Gegenzug für mehr Unterstützung aus Russland die Souveränität von Belarus mehr und mehr preisgibt;
N. in der Erwägung, dass Belarus am 28. Juni 2021 seine Teilnahme an der Initiative der Östlichen Partnerschaft ausgesetzt hat;
O. in der Erwägung, dass das Lukaschenka-Regime im vergangenen Jahr mehrere Diplomaten und Botschaftsmitarbeiter der EU und ihrer Mitgliedstaaten des Landes verwiesen hat, wodurch noch mehr diplomatische Kommunikationskanäle geschlossen wurden;
P. in der Erwägung, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) beschlossen hat, Belarus im Rahmen einer Zuteilung von Sonderziehungsrechten (SZR) im Gegenwert von 650 Mrd. USD an alle IWF-Mitglieder Zugang zu neuen Sonderziehungsrechten im Gegenwert von fast 1 Mrd. USD zu gewähren;
Q. in der Erwägung, dass Belarus den kommerziellen Betrieb seines Kernkraftwerks in Astrawez aufgenommen hat, ohne auf sämtliche Sicherheitsempfehlungen einzugehen, die in dem Stresstestbericht der EU aus dem Jahr 2018 aufgeführt sind; in der Erwägung, dass in den belarussischen Medien immer wieder Hinweise auf schwerwiegende Vorfälle in dem belarussischen KKW veröffentlicht werden und am 25. April 2021 auf der offiziellen Website des belarussischen KKW eine Alarmmeldung („Das Kernkraftwerk stellt eine Gefahr dar! Jederzeit kann sich eine Katastrophe ereignen!) angezeigt wurde; in der Erwägung, dass die belarussische Seite nicht transparent handelt und keine vertrauenswürdigen Informationen über die Ereignisse am Standort des KKW bereitstellt, woran sich erneut zeigt, dass es nicht sicher ist und eine ernsthafte Bedrohung für die nukleare Sicherheit darstellt;
R. in der Erwägung, dass die Europäische Union bislang Sanktionen gegen 166 Personen, darunter Aljaksandr Lukaschenka, und 15 Organisationen sowie gezielte Wirtschaftssanktionen gegen mehrere Zweige der belarussischen Wirtschaft verhängt hat; in der Erwägung, dass die belarussische Wirtschaft im Jahr 2020 einen Rückgang des realen BIP um 0,9 % verzeichnete und dass für 2021 ein weiterer Rückgang des BIP um 2,7 % prognostiziert wird; in der Erwägung, dass China nach wie vor mit Belarus zusammenarbeitet und in Belarus investiert, insbesondere im chinesisch-belarussischen Industriepark „Großer Stein“ (Kitajska-belaruski industryjalny park „Wjaliki kamen“);
1. weist erneut darauf hin, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten das Ergebnis der Präsidentschaftswahl von 2020 wegen erheblicher Zweifel an der Fairness der Wahl und weit verbreiteter Berichte über Wahlfälschungen nicht anerkannt haben und Aljaksandr Lukaschenka nicht als Präsidenten von Belarus anerkennen;
2. verurteilt unverändert, dass die friedliche Bevölkerung von Belarus unterdrückt, gefoltert und misshandelt wird, die Medien ausgeschaltet und das Internet gesperrt werden sowie Journalisten, Blogger und andere Personen, die sich unabhängig äußern, in Belarus verprügelt, festgenommen und eingeschüchtert werden; fordert nach wie vor die umgehende und bedingungslose Freilassung aller aus politischen Gründen inhaftierten Personen und das Fallenlassen sämtlicher Anklagepunkte gegen sie;
3. prangert die harten und ungerechten Gerichtsurteile an, die unlängst gegen die Oppositionsführer Maryja Kalesnikawa und Maksim Snak und andere politische Gefangene und Häftlinge verhängt wurden; bedauert, dass die Gerichtsverhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfanden und dass Diplomaten der EU und der Mitgliedstaaten an der Teilnahme an den Verhandlungen gehindert wurden;
4. verurteilt unverändert die Repressalien der Staatsorgane gegen das Menschenrechtszentrum Wjasna und fordert, dass Ales Bjaljazki, Waljanzin Stefanowitsch, Marfa Rabkowa, Andrej Tschepjuk, Leanid Sudalenka, Tazzjana Lassiza, Maryja Tarassenka, Uladsimir Labkowitsch und andere Angestellte und Freiwillige von Wjasna umgehend und bedingungslos freigelassen und alle Anklagepunkte gegen sie fallengelassen werden;
5. verurteilt das Verhalten der belarussischen Trainer Artur Schymak und Jury Majsewitsch bei den Olympischen Spielen in Tokio; weist erneut darauf hin, dass belarussische Sportler wegen ihrer Beteiligung an friedlichen Protesten strafrechtlich verfolgt werden und dass mutmaßlich Verbindungen zwischen dem belarussischen Eishockeyverband und der Ermordung von Raman Bandarenka bestehen; fordert das IOC und andere internationale Sportverbände und ‑föderationen auf, ihre Ethik- und Verhaltenskodizes einzuhalten, wenn sie mit der belarussischen Seite in Kontakt treten;
6. bekräftigt seine Forderung an den EAD, die Kommission und die nationalen diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten in Belarus, die Lage der einzelnen politischen Gefangenen in Belarus genau zu beobachten, ihnen Unterstützung anzubieten und sich für ihre Freilassung einzusetzen;
7. bekräftigt seine Forderung nach einem echten und alle Seiten einbeziehenden Dialog zwischen dem Regime und den demokratischen Kräften von Belarus, der zu einer Neuwahl unter internationaler Beobachtung führt, was der einzige Ausweg aus der derzeitigen politischen Krise ist;
8. verurteilt, dass das Lukaschenka-Regime Migranten instrumentalisiert, um unter Verstoß gegen internationale Normen und die bilateralen Verträge, die Belarus mit seinen Nachbarstaaten in der EU geschlossen hat, politische Ziele zu verfolgen; betrachtet die Entführung des Ryanair-Fluges FR4978 und dessen erzwungene Landung in Minsk als Akt des Staatsterrorismus;
9. begrüßt, dass die Mitgliedstaaten, Norwegen und Einrichtungen und sonstige Stellen der EU, insbesondere Europol, Frontex und das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen, den Mitgliedstaaten Unterstützung leisten, die von der durch das belarussische Regime verursachten Migrationskrise betroffen sind, und fordert sie auf, diese Unterstützung fortzusetzen, unter anderem durch Bereitstellung weiterer Soforthilfe der EU; fordert die Mitgliedstaaten und die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union auf, Migranten, die im Grenzgebiet zu Belarus festsitzen, zu helfen und ihnen die erforderliche Unterstützung zukommen zu lassen;
10. fordert die Kommission auf, dringend gezielte Legislativvorschläge vorzulegen, mit denen den Mitgliedstaaten die erforderlichen Absicherungen geboten werden, um rasch und wirksam auf zum Zwecke der Instrumentalisierung der illegalen Migration betriebene Kampagnen von Drittländern reagieren zu können, indem insbesondere ein starker und wirksamer Schutz der Außengrenze der EU sichergestellt und konkrete Maßnahmen zur Verhinderung irregulärer Grenzübertritte ergriffen werden;
11. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit beim Grenzmanagement, bei der Bekämpfung des Menschenhandels, des Zigarettenschmuggels und anderer vom belarussischen Regime verursachter oder verschärfter sicherheitspolitischer Probleme zu verbessern;
12. missbilligt die ständigen Absprachen zwischen Lukaschenka und Wladimir Putin, in denen Fahrpläne für eine stärkere Integration zwischen Belarus und Russland erstellt werden, und betrachtet dies als Verletzung der Souveränität von Belarus, da dem belarussischen Volk das Recht genommen wird, selbst über die Zukunft des Landes zu bestimmen; betont, dass die Herrschaft Lukaschenkas unrechtmäßig ist, und lehnt sämtliche Vereinbarungen ab, die Lukaschenka im Namen des belarussischen Staates, insbesondere nach Ablauf seiner Amtszeit als Präsident am 5. November 2020, getroffen hat;
13. unterstützt den Vorschlag der Kommission, bestimmte Artikel des Visaerleichterungsabkommens der EU mit der Republik Belarus auszusetzen, mit dem auf bestimmte Kategorien von Amtsträgern des Lukaschenka-Regimes abgezielt wird, aber keine Auswirkungen auf die einfachen Bürger von Belarus einhergehen; fordert den Rat nachdrücklich auf, das fünfte Sanktionspaket mit größter Dringlichkeit zu behandeln und sich dabei auf Personen und Organisationen zu konzentrieren, die am harten Vorgehen und der Unterdrückung in Belarus beteiligt sind, sowie auf Personen und Organisationen, die am Menschenhandel beteiligt sind, und die Arbeit an einem künftigen Paket aufzunehmen;
14. fordert die Mitgliedstaaten auf, sämtliche Bediensteten des Komitees für Staatssicherheit der Republik Belarus (Kamitet dsjarschaunaj bjaspeki Respubliki Belarus (KDB) bzw. Komitet gossudarstvennoi besopasnosti Respubliki Belarus (KGB)) auf dem Boden der Europäischen Union zu unerwünschten Personen zu erklären;
15. bedauert, dass sich die verhängten Wirtschaftssanktionen nur teilweise auf das Lukaschenka-Regime ausgewirkt und wichtige Wirtschaftszweige wie die Kaliindustrie und Erdölerzeugnisse nicht wesentlich beeinträchtigt haben; fordert den Rat auf, die gezielten Wirtschaftssanktionen der EU weiter zu verschärfen und dabei den Schwerpunkt auf wichtige belarussische Wirtschaftszweige und staatliche und private Unternehmen zu legen, die das Lukaschenka-Regime unterstützen und finanzieren; begrüßt die zusätzlichen Sanktionen, die die USA, das Vereinigte Königreich und Kanada anlässlich des ersten Jahrestags der gefälschten Präsidentschaftswahl in Belarus verhängt haben; fordert deshalb die EU auf, ihre Maßnahmen mit den Vereinigten Staaten, den G7-Partnern und anderen gleichgesinnten Demokratien abzustimmen;
16. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich mit internationalen Partnern in multilateralen Organisationen wie dem IWF abzustimmen, um die Auszahlung von Mitteln an das Lukaschenka-Regime einzuschränken und jegliche Zusammenarbeit mit ihm einzustellen; nimmt zur Kenntnis, dass undemokratische Länder, insbesondere Russland und China, weiter in Belarus investieren;
17. unterstützt das belarussische Volk weiterhin bei seinen legitimen Forderungen und in seinem Streben nach freien und fairen Wahlen, den Grundfreiheiten und Menschenrechten, demokratischer Vertretung, politischer Teilhabe und Würde in einem freien und souveränen Belarus;
18. würdigt und lobt die Arbeit der belarussischen demokratischen Kräfte unter der Führung von Swjatlana Zichanouskaja bei der weltweiten Sensibilisierung und Unterstützung für die legitimen Forderungen und Bestrebungen des belarussischen Volkes;
19. fordert die Kommission und den HR/VP erneut auf, gemeinsam mit internationalen Partnern eine hochrangige internationale Konferenz zu dem Thema „Zukunft eines demokratischen Belarus“ zu organisieren, auf der die Beilegung der Krise in Belarus erörtert und ein Finanzpaket in Höhe von mehreren Milliarden Euro geschnürt wird, um künftige Reformbemühungen und die Umstrukturierung der belarussischen Wirtschaft zu unterstützen;
20. betont, dass die Verbrechen des Lukaschenka-Regimes gegen das belarussische Volk und die Morde an Raman Bandarenka und weiteren Bürgern von Belarus umfassend untersucht werden müssen; harrt der Ergebnisse der Ermittlungen der ukrainischen Behörden zum Tod von Wital Schyschou;
21. fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, den Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit aktiv anzuwenden und Gerichtsverfahren gegen diejenigen belarussischen Täter vorzubereiten, die Repressionsmaßnahmen durchgeführt haben;
22. fordert die Kommission, den EAD und die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die direkte Unterstützung für die belarussische Opposition, die Zivilgesellschaft und unabhängige Medien in Belarus und außerhalb des Landes zu verstärken;
23. unterstreicht die herausragende Bedeutung, die der Einrichtung von Volksbotschaften von Belarus weltweit zukommt, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, weitere Unterstützung für den Schutz der Rechte und Interessen belarussischer Bürger im Ausland und für die Interessen eines demokratischen Belarus bereitzustellen, indem beispielsweise Möglichkeiten zur Finanzierung der Volksbotschaften von Belarus geprüft werden;
24. fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, die Verfahren zur Beantragung von Visa und eines Aufenthaltsstatus für Personen, die aus politischen Gründen aus Belarus fliehen oder infolge der Gewalt, die ihnen angetan wurde, medizinisch behandelt werden müssen, weiter zu vereinfachen und ihnen und ihren Familien die erforderliche Unterstützung und Hilfe angedeihen zu lassen;
25. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, belarussischen Studenten und Wissenschaftlern, die ihrer Universitäten verwiesen und aufgrund ihrer prodemokratischen Haltung inhaftiert wurden, Stipendien anzubieten;
26. unterstützt weiterhin die Internationale Plattform für Rechenschaftspflicht in Belarus und fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, die Tätigkeit der Plattform und die Arbeit anderer internationaler Initiativen, mit denen die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen, zu unterstützen; bekennt sich zu seiner Aufgabe, das tatsächliche Funktionieren der Plattform des Europäischen Parlaments für die Bekämpfung der Straflosigkeit in Belarus sicherzustellen und eine rasche internationale Reaktion auf die Entwicklungen in Belarus zu koordinieren;
27. missbilligt die Ausweisung von Diplomaten der EU und der Mitgliedstaaten aus Belarus, insbesondere des Leiters der Delegation der Europäischen Union in Belarus sowie der Botschafter und von Diplomaten Litauens, Lettlands und Polens; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Botschafter zu Konsultationen aus Minsk zurückzurufen und damit ein politisches Signal an das Lukaschenka-Regime zu senden; fordert den EAD nachdrücklich auf, seine Arbeitsmethoden zu überprüfen und für eine aktive Rolle des Leiters der Delegation der Europäischen Union in Belarus, der derzeit nach Brüssel zurückgerufen wurde, zu sorgen und zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um für ein sicheres Arbeitsumfeld für Diplomaten der EU und das Personal der EU-Delegation in Minsk und insbesondere den Schutz vor Propagandaangriffen des Lukaschenka-Regimes zu sorgen;
28. nimmt das aggressive Militärmanöver „Sapad-2021“ und die geringen Möglichkeiten zu dessen Beobachtung zur Kenntnis; bekräftigt seine Forderung nach strategischer Autonomie der EU und einer echten europäischen Verteidigungsunion als Teil einer gestärkten NATO;
29. erachtet es als sehr wichtig, die von dem belarussischen Kernkraftwerk in Astrawez ausgehenden Gefahren für die nukleare Sicherheit anzugehen; besteht darauf, dass Belarus sich für die nukleare Sicherheit seines Kernkraftwerks unter Wahrung vollständiger Transparenz einsetzt und sich zur vollständigen Umsetzung der Empfehlungen verpflichtet, die in der von der Gruppe der europäischen Aufsichtsbehörden für nukleare Sicherheit durchgeführten Peer-Review der Anlage formuliert wurden; unterstützt bis zu deren Umsetzung das Verbot der Einfuhr von Energie aus dem belarussischen Kernkraftwerks in den Binnenmarkt und spricht sich dafür aus, diesem Standpunkt im CO2-Grenzausgleichssystem der EU Rechnung zu tragen;
30. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie den Staatsorganen der Republik Belarus zu übermitteln.