Entschließungsantrag - B9-0550/2021Entschließungsantrag
B9-0550/2021

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu den multilateralen Verhandlungen im Vorfeld der 12. WTO-Ministerkonferenz vom 30. November bis zum 3. Dezember 2021 in Genf

17.11.2021 - (2021/2769(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Bernd Lange, Sven Simon
im Namen des Ausschusses für internationalen Handel


Verfahren : 2021/2769(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0550/2021
Eingereichte Texte :
B9-0550/2021
Angenommene Texte :

B9-0550/2021

Entschließung des Europäischen Parlaments zu den multilateralen Verhandlungen im Vorfeld der 12. WTO-Ministerkonferenz vom 30. November bis zum 3. Dezember 2021 in Genf

(2021/2769(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf das Übereinkommen von Marrakesch vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO),

 unter Hinweis auf die von der WTO-Ministerkonferenz am 14. November 2001 in Doha angenommene Erklärung[1],

 unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur WTO, insbesondere die Entschließungen vom 15. November 2017 zu den multilateralen Verhandlungen mit Blick auf die 11. WTO-Ministerkonferenz[2], vom 29. November 2018 zum Thema „WTO: Wie geht es weiter?“[3] und vom 28. November 2019 zu der Krise des WTO-Berufungsgremiums[4],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2021 zu dem Thema „Beschleunigung der Fortschritte und Bekämpfung von Ungleichheiten bei der Beseitigung von Aids als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit bis 2030“[5],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Juni 2021 zum Umgang mit der Herausforderung der weltweiten COVID-19-Pandemie: Folgen der Aussetzung des TRIPS-Übereinkommens der WTO für COVID‑19-Impfstoffe, Behandlung, Ausrüstung und die Steigerung der Produktions- und Fertigungskapazitäten in Entwicklungsländern[6],

 unter Hinweis auf das am 7. Dezember 2018 auf der Jahrestagung der Parlamentarischen Konferenz zur WTO in Genf einvernehmlich angenommene Abschlussdokument[7],

 unter Hinweis auf die Ergebnisse der im Dezember 2017 in Buenos Aires abgehaltenen 11. Ministerkonferenz, die eine Reihe von Ministerialbeschlüssen hervorbrachte, in deren Rahmen jedoch keine Ministererklärung angenommen werden konnte,

 unter Hinweis auf die am 12. Dezember 2017 in Buenos Aires abgegebene Erklärung zu Frauen und Handel sowie auf die gemeinsamen Erklärungen zum elektronischen Geschäftsverkehr, zur Erleichterung von Investitionen und zu Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU), die am 13. Dezember 2017 in Buenos Aires angenommen wurden,

 unter Hinweis auf die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDG),

 unter Hinweis auf das als Teil des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) im November 2016 in Kraft getretene Übereinkommen von Paris,

 unter Hinweis auf die am 14. Januar 2020 angenommene gemeinsame Erklärung zum trilateralen Treffen der Handelsminister der Vereinigten Staaten, Japans und der Europäischen Union,

 unter Hinweis auf den Ministerbeschluss von Bali vom 7. Dezember 2013 über die öffentliche Lagerhaltung aus Gründen der Ernährungssicherung,

 unter Hinweis auf das Konzeptpapier der Europäischen Kommission vom 18. September 2018 über die Modernisierung der WTO,

 unter Hinweis auf die Überprüfung der Handelspolitik der Kommission und ihren Anhang mit dem Titel „Reform der WTO: Auf dem Weg zu einem nachhaltigen und wirkungsvollen multilateralen Handelssystem“,

 unter Hinweis auf die Initiative der Ottawa-Gruppe für Handel und Gesundheit[8],

 unter Hinweis auf die Mitteilung der EU an den Allgemeinen Rat der WTO vom 4. Juni 2021 zu den dringlichen handelspolitischen Reaktionen auf die COVID-19-Krise,

 unter Hinweis auf den sechsten Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC)[9],

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

 unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für internationalen Handel,

A. in der Erwägung, dass die WTO geschaffen wurde, um den Handel mit Waren und Dienstleistungen weiter zu liberalisieren, den Multilateralismus zu stärken und ein offenes, inklusives, regelbasiertes und diskriminierungsfreies multilaterales Handelssystem zu fördern; in der Erwägung, dass der Handel von entscheidender Bedeutung und ein wichtiges Instrument zur Unterstützung und Ergänzung der Maßnahmen zur Förderung eines nachhaltigen Wachstums und zur Verbesserung des Lebensstandards ist, durch die Vollbeschäftigung und ein großes und stetig wachsendes Realeinkommen im Einklang mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden;

B. in der Erwägung, dass das regelbasierte multilaterale Handelssystem derzeit einer schwerwiegenden Krise gegenübersteht, die die grundlegenden Funktionen der Organisation gefährdet, nämlich die Festlegung der wesentlichen Regeln und Strukturen für den internationalen Handel und die wirksame Beilegung und Durchsetzung von Streitigkeiten;

C. in der Erwägung, dass das WTO-Berufungsgremium seit dem 11. Dezember 2019 seine Tätigkeit eingestellt hat, was dazu geführt hat, dass es keine funktionierende, unabhängige und unparteiische Berufungsinstanz mehr gibt;

D. in der Erwägung, dass die WTO gemäß dem der Zielvorgabe 14.6 im Rahmen der Ziele für nachhaltige Entwicklung ein klares Mandat hat, Verhandlungen über Fischereisubventionen zu führen, um eine Einigung zu erzielen, das bestimmte Formen von Fischereisubventionen verbietet, die zu Flottenüberkapazitäten und Überfischung beitragen, um die nachhaltige Bewirtschaftung der Fischereiressourcen zu fördern;

E. in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie das multilaterale Handelssystem vor einzigartige Herausforderungen gestellt und gleichzeitig das äußerst wichtige Thema Handel und Gesundheit aufs Tapet gebracht hat;

F. in der Erwägung, dass der Handel und das multilaterale System trotz offenkundiger oder latenter Ausfuhrbeschränkungen insgesamt eine positive Rolle bei der Bekämpfung der Pandemie gespielt haben; in der Erwägung, dass die Pandemie auch Schwächen und Schwachstellen offenbart hat, insbesondere in wichtigen Lieferketten; in der Erwägung, dass sich die Überwachungsfunktion der WTO in diesem Zusammenhang als nützlich erwiesen hat, da sie darauf beharrte, dass die Mitglieder Transparenz in Bezug auf Handel und handelsbezogene Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 gewährleisten müssen;

G. in der Erwägung, dass die 12. WTO-Ministerkonferenz vom 30. November bis 3. Dezember 2021 in Genf (Schweiz) stattfindet;

1. bekräftigt sein uneingeschränktes Engagement für den dauerhaften Wert des Multilateralismus und unterstreicht, dass ein multilaterales System zur Regelung des Handels unerlässlich ist; fordert eine Handelsagenda auf der Grundlage eines fairen und regelbasierten Handels zum Nutzen aller, die zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum und Wohlstand beiträgt und dadurch Frieden und Sicherheit stärkt; unterstreicht die Bedeutung der Ziele für nachhaltige Entwicklung, der Sozial-, Umwelt- und Menschenrechte und der Gewährleistung, dass multilateral vereinbarte und harmonisierte Regeln von allen angewendet werden;

2. warnt davor, dass WTO droht, ihre Legitimität zu verlieren, wenn sich nicht alle Mitglieder zu einem erfolgreichen Abschluss der 12. WTO-Ministerkonferenz verpflichten; ist der Ansicht, dass die 12. WTO-Ministerkonferenz der offizielle Ausgangspunkt dafür sein sollte, die WTO voranzubringen und zu modernisieren, um sicherzustellen, dass sie bei der Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, einschließlich Themen wie Klimawandel und Nachhaltigkeit, eine Rolle spielen kann; fordert mit Blick auf die Erholung nach der COVID-19-Pandemie alle Mitglieder nachdrücklich auf, sich verstärkt darum zu bemühen, sich auf einige wenige greifbare zentrale Ergebnisse zu konzentrieren, die zeigen, dass die WTO die derzeitigen Herausforderungen bewältigen kann; fordert die Mitglieder auf, sich zumindest auf ein multilaterales Übereinkommen über das Verbot nicht nachhaltiger Fischereisubventionen sowie über Pandemiebekämpfung und ein begrenztes Paket zur Landwirtschaft zu einigen und die Arbeit an einer institutionellen Reform einzuleiten, einschließlich eines Prozesses, der spätestens auf der 13. WTO-Ministerkonferenz zu einem voll funktionsfähigen Streitbeilegungssystem führen würde; weist alle Mitglieder darauf hin, dass – falls die 12. Ministerkonferenz keine substantiellen Ergebnisse liefert – einige Mitglieder nach alternativen Foren für die Rechtsetzung suchen könnten, was die Zukunft des multilateralen Handelssystems gefährden könnte; begrüßt die Ernennung der neuen WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala und würdigt ihr großes Engagement für den Multilateralismus;

3. betont, dass es für die Glaubwürdigkeit der WTO als multilaterale Institution von entscheidender Bedeutung ist, ein Abkommen über schädliche Fischereisubventionen zu erzielen, das einen raschen und deutlichen Abbau bestimmter Formen von Fischereisubventionen, die zu Überkapazitäten und Überfischung beitragen, bewirkt und Subventionen abschafft, die zur illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU) beitragen, um die nachhaltige Nutzung der Meeresressourcen zu gewährleisten; betont in diesem Zusammenhang den Grundsatz der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung entsprechend dem Umfang der schädlichen Subventionen, wobei zu berücksichtigen ist, dass es einer besonderen und differenzierten Behandlung im Einklang mit der Zielvorgabe 14.6 im Rahmen der Ziele für nachhaltige Entwicklung bedarf; weist darauf hin, dass mehr als 39 Millionen Menschen direkt von der Fischerei abhängen, während viele weitere Millionen Menschen in den nachgelagerten Wirtschaftszweigen von ihr abhängig sind; ist der Ansicht, dass ein derartiges Abkommen nicht nur für die Glaubwürdigkeit der WTO bei der Erzielung multilateraler Übereinkommen von wesentlicher Bedeutung ist, sondern auch eine Grundvoraussetzung dafür ist, die enge Verbindung zwischen dem multilateralen Handelssystem und den Zielen für nachhaltige Entwicklung aufzuzeigen; betont, wie wichtig es ist, dass die EU ihre Haltung und ihre internen Regeln erläutert, um ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen;

4. verweist auf die entscheidende Rolle der Handelspolitik während der COVID-19-Pandemie; verweist erneut auf seine Entschließung vom 10. Juni 2021 zum Umgang mit der Herausforderung der weltweiten COVID-19-Pandemie: Folgen der Aussetzung des TRIPS-Übereinkommens der WTO für COVID‑19-Impfstoffe, Behandlung, Ausrüstung und die Steigerung der Produktions- und Fertigungskapazitäten in Entwicklungsländern; betont in diesem Zusammenhang, dass in einer Ministererklärung im Einklang mit der Initiative für Handel und Gesundheit eine grundlegende Vereinbarung zur Beseitigung von Zöllen auf pharmazeutische und medizinische Güter, zur Abschaffung von Ausfuhrbeschränkungen sowie zu Disziplinen über Transparenz und globale Zusammenarbeit in Krisenzeiten ausgearbeitet werden muss; vertritt die Auffassung, dass ein solches Abkommen äußerst wichtig ist, um die Bedeutung der WTO aufzuzeigen; fordert die Einsetzung eines neuen ständigen Ausschusses für Handel und Gesundheit auf der 12. Ministerkonferenz, damit Regierungen dabei unterstützt werden, bestehende Ausnahmen und Flexibilitätsmöglichkeiten im internationalen Handelsrecht umzusetzen, und die Grundlage für eine Handelssäule für die Verhandlungen über einen künftigen internationalen Vertrag über Pandemiebekämpfung geschaffen wird; stellt fest, dass viele Länder, insbesondere Entwicklungsländer, mit Schwierigkeiten bei der Nutzung der im TRIPS-Übereinkommen, vor allem in Artikel 31a, vorgesehenen Flexibilitätsmöglichkeiten konfrontiert sind; erinnert daran, dass sich die EU zu diesem Zweck aktiv an textbasierten Verhandlungen über eine vorübergehende Aussetzung des TRIPS-Übereinkommens beteiligen sollte;

5. fordert alle WTO-Mitglieder auf, ihre Verpflichtungen in Bezug auf die Transparenz in allen landwirtschaftlichen Säulen einzuhalten und sich auf systematische Verbesserungen zu einigen, wie sie in dem von der EU mitgetragenen Vorschlag für einen Ministerbeschluss zur Verbesserung der Transparenz in der Landwirtschaft (JOB/AG/213) vorgeschlagen werden; betont, dass ein Arbeitsplan zu handelsverzerrenden internen Stützungsmaßnahmen, einschließlich einer dauerhaften Lösung für die öffentliche Lagerhaltung, verabschiedet werden muss, der gemäß der Ministererklärung von Bali über ein obligatorisches Meldesystem auf der Grundlage eines wirksamen Mechanismus für technische Hilfe und Kapazitätsaufbau verfügt, um sicherzustellen, dass die Lagerhaltungsprogramme dem Ziel der Ernährungssicherheit angemessen sind und diesem entsprechen und um Handelsverzerrungen und nachteilige Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit anderer Mitglieder zu minimieren; betont, dass das Übereinkommen über die Landwirtschaft angepasst werden muss, damit es den aktuellen Herausforderungen gerecht werden kann und gerechtere Wettbewerbsbedingungen gewährleistet sind, indem Produktionsmethoden berücksichtigt werden; unterstützt die Generaldirektorin Okonjo-Iweala in ihrer Forderung nach einem WTO-Paket zur Ernährungssicherheit;

6. ist der Ansicht, dass es angesichts der tiefgreifenden Krise der WTO, aber auch aufgrund der langjährigen mangelnden Fortschritte bei der Doha-Entwicklungsagenda nun dringend zu einer grundlegenden Reform der WTO kommen muss, und betont, dass die entsprechenden Fragen weiterhin auf der Tagesordnung stehen sollten; fordert die WTO-Mitglieder auf, mehrere Aspekte der WTO, insbesondere ihre Überwachungs-, Verhandlungs- und Streitbeilegungsfunktionen, grundlegend zu überprüfen, um ihre Wirksamkeit, Inklusivität und Legitimität zu erhöhen; fordert alle WTO-Mitglieder nachdrücklich auf, sich auf einen konstruktiven Prozess des Wandels zu konzentrieren, um die WTO zu modernisieren und mit Instrumenten auszustatten, mit denen die handelspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wirksam bewältigt werden können, und einen institutionellen Mechanismus und einen klaren Zeitplan einzurichten, um die Reformagenda auf der 12. Ministerkonferenz voranzubringen, wobei das Ziel darin besteht, spätestens auf der 13. Ministerkonferenz konkrete Ergebnisse zu erzielen;

7. begrüßt die Äußerungen von US-Botschafterin Katherine Tai vom 14. Oktober zur WTO und insbesondere die eindeutige Verpflichtung, alle drei Funktionen der Organisation zu reformieren; erwartet von den Vereinigten Staaten, dass sie jetzt konkrete Vorschläge vorlegen, damit Fortschritte erzielt werden; fordert die Vereinigten Staaten nachdrücklich auf, sich zu verpflichten, auf der 12. Ministerkonferenz einen konstruktiven Prozess von Verhandlungen über Reformen der Streitbeilegung einzuleiten, damit spätestens bei der 13. Ministerkonferenz ein voll funktionsfähiges System vorhanden ist;

8. bedauert zutiefst den im WTO-Berufungsgremium herrschenden Stillstand, durch den das globale Handelssystem eines durchsetzbaren Streitbeilegungssystems beraubt wird; warnt davor, dass die WTO ohne ein funktionierendes Berufungsgremium ein zahnloser Tiger ist und die Tendenz, gegen multilaterale Übereinkommen zu verstoßen, nur zunehmen wird; stellt fest, dass derzeit mehr als 15 Rechtsmittelverfahren gemeldet wurden, ohne dass eine Überprüfung möglich war; fordert alle WTO-Mitglieder nachdrücklich auf, sich uneingeschränkt für Lösungen einzusetzen und darauf hinzuarbeiten, um so rasch wie möglich wieder ein voll funktionsfähiges zweistufiges Streitbeilegungssystem mit einem voll funktionsfähigen und unabhängigen Berufungsgremium einzurichten; unterstützt nachdrücklich die jüngsten Initiativen der EU zum Abschluss von Vereinbarungen mit ihren wichtigsten Handelspartnern, mit denen übergangsweise ein funktionierendes Streitbeilegungsverfahren unter den teilnehmenden WTO-Mitgliedern aufrechterhalten wird; weist darauf hin, dass das Kernziel der EU-Strategie nach wie vor in einem verbindlichen, zweistufigen und unabhängigen Prozess bestehen sollte; betont, dass es für eine erfolgreiche Reform erforderlich sein wird, sich mit den berechtigten Anliegen aller Beteiligten auseinanderzusetzen und sich auf eine Kompromisslösung zu einigen; fordert die einschlägigen Akteure auf, sich bis zur 12. Ministerkonferenz auf eine Agenda für die weitere Arbeit in den mittel- bis langfristigen Reformbereichen zu einigen, von denen einige vor der nächsten Ministerkonferenz (13. Ministerkonferenz) abgeschlossen sein sollten; unterstützt den jüngsten Vorschlag der Kommission für eine Reform der Durchsetzungsverordnung, um sicherzustellen, dass die EU über die richtigen Instrumente verfügt, um die von Drittländern eingegangenen Verpflichtungen durchzusetzen;

9. fordert die Kommission und den Rat auf, mit allen WTO-Mitgliedern zusammenzuarbeiten, um Gespräche über die Festlegung neuer Regelungen einzuleiten, mit denen die derzeitigen Lücken im Regelwerk in Bezug auf unfaire Handelspraktiken, Fälschungen, marktverzerrende Subventionen, staatseigene Unternehmen und erzwungenen Technologietransfer geschlossen werden;

10. ist davon überzeugt, dass die derzeitige Differenzierung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern nicht der wirtschaftlichen Realität entspricht und dass dies ein Hindernis für Fortschritte bei der Doha-Runde darstellen kann; fordert die fortgeschrittenen Entwicklungsländer nachdrücklich auf, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen und ihrem Entwicklungsstand entsprechende Beiträge zu leisten; ist der Ansicht, dass der Mechanismus der besonderen und differenzierten Behandlung unter gebührender Einbeziehung aller WTO-Mitglieder überprüft und überarbeitet werden sollte, damit die Indizes für die menschliche Entwicklung besser berücksichtigt werden und gleichzeitig der politische Spielraum für das Vorgehen gegen unfairen Handel gewahrt wird, und fordert die WTO-Mitglieder daher auf, das System zu überarbeiten; betont allerdings, dass die selbständige Festlegung des Entwicklungsstatus als einziges Kriterium zu unfairem Handel führen könnte;

11. erwartet, dass im Zuge der WTO-Reform ein leichterer Weg für die Integration offener plurilateraler Abkommen in die multilaterale Architektur geschaffen wird, damit Fortschritte in Bereichen sichergestellt werden, die für die gesamte Mitgliedschaft nicht ausgereift genug sind; fordert alle Mitglieder auf, Möglichkeiten für die Entwicklung eines neuen Systems der verstärkten Zusammenarbeit nach dem Vorbild der Europäischen Union zu prüfen, das klare Regeln für eine Mindestanzahl von Mitgliedern, die sich an einer plurilateralen Initiative beteiligen müssen, und auf dieser Grundlage einen unkomplizierten Mechanismus für die Einbeziehung der daraus resultierenden Abkommen in die WTO-Struktur vorsieht;

12. begrüßt und unterstützt die umfassende Mitgliedschaft, die ehrgeizige Verhandlungsagenda und die bislang erzielten Fortschritte in den plurilateralen WTO-Verhandlungen über Regeln für den elektronischen Geschäftsverkehr; fordert, dass Anstrengungen unternommen werden, um die Verhandlungen über die Einhaltung der WTO-Regeln abzuschließen; bekräftigt seinen Standpunkt, dass bei einer möglichen Vereinbarung der Marktzugang für Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem elektronischen Geschäftsverkehr in Drittländern sowie der Schutz der Verbraucher- und Arbeitnehmerrechte sichergestellt werden müssen; betont, dass Innovationen und Datenflüsse innerhalb von Unternehmen erleichtert werden müssen, wobei die EU-Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten und zum Datenschutz uneingeschränkt einzuhalten sind; räumt ein, dass Unternehmen und Forschende bei der Verwendung personenbezogener Daten mit einer möglichen Rechtsunsicherheit konfrontiert sind und dass sich dies auf Innovationen auswirken könnte; fordert nachdrücklich, dass Maßnahmen getroffen werden, um die Rechtssicherheit für Akteure, die auf die Nutzung von Daten angewiesen sind, bei Verfahren, in deren Rahmen die Nutzung der Daten vorab genehmigt wurde, sowie bei der Pseudonymisierung und Anonymisierung zu stärken; betont, dass die WTO-Mitglieder ihre anhaltende Unterstützung für die Verhandlungen und einen klaren Zeitplan für weitere Fortschritte zum Ausdruck bringen sollten; spricht sich dafür aus, dass das Moratorium der WTO für die elektronische Datenübermittlung dauerhaften Charakter erhält;

13. fordert nachdrücklich, dass Möglichkeiten gesucht werden, den Datenfluss mit strategisch wichtigen Drittstaaten zu erleichtern; stellt fest, dass sich europäische Unternehmen, die in bestimmten Drittländern tätig sind, zunehmend mit ungerechtfertigten Behinderungen und digitalen Beschränkungen konfrontiert sehen; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass, sofern angemessen, Anforderungen an die Datenlokalisierung vermieden werden sollten, dass die Daten durch die Freihandelsabkommen der EU abgedeckt sein müssen und dass die Maßnahmen im Hinblick auf den Abschluss von Angemessenheitsbeschlüssen mit Drittländern beschleunigt werden müssen;

14. weist darauf hin, dass der Handel aufgrund rechtlicher Anforderungen immer noch auf eine beträchtliche Menge von Geschäftsunterlagen auf Papier angewiesen ist, was kostspielig und ineffizient ist und ein Risiko in globalen Krisenzeiten darstellt; betont die Notwendigkeit, die Verwendung elektronischer Geschäftsunterlagen zu prüfen, die die Effizienz und Sicherheit erhöhen und die Umweltauswirkungen verringern werden; betont, dass das internationale Recht geändert werden muss, um die Verwendung elektronischer Dokumente im Handel zu ermöglichen;

15. fordert dringend, dass die Ausweitung des Übereinkommens über den Handel mit Waren der Informationstechnologie (ITA) verlängert wird; erkennt an, dass das ITA die Digitalisierung der globalen Fertigung fördert und die Entwicklung einer größeren Produktpalette fortsetzen sollte; fordert größere Anstrengungen zur Beseitigung der Zölle auf den Handel mit IKT-Produkten; betont die positiven Auswirkungen einer Ausweitung des geografischen Geltungsbereichs auf mehr Länder auf den Handel;

16. ist der Ansicht, dass die Ergebnisse der 12. Ministerkonferenz eine handlungsbasierte Agenda für die Handelspolitik zur Unterstützung der Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 und des Übereinkommens von Paris umfassen sollten; fordert die Mitglieder der WTO nachdrücklich auf, alle möglichen Maßnahmen in Betracht zu ziehen, um zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen im Einklang mit dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) beizutragen, die Angleichung an das Pariser Abkommen und die Klimaneutralität zu verstärken und die Zusammenarbeit im Rahmen der WTO in Bezug auf die auf nationaler Ebene ergriffenen Maßnahmen zu verbessern, einschließlich der Einführung von Standardtaxonomien für die ökologische Buchführung, die dem privaten und dem öffentlichen Sektor dabei helfen sollen, nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten sowie erheblich schädliche Tätigkeiten zu ermitteln, und Maßnahmen, die die Verlagerung von CO2-Emissionen angehen; begrüßt die von der Kommission vorgeschlagene Initiative zu Handel und Klima; fordert die Kommission auf, konkrete Vorschläge vorzulegen; betont außerdem, dass die Gespräche über Waren und Dienstleistungen, die zur Bewältigung der Umwelt- und Klimaherausforderungen beitragen, vorangetrieben werden müssen; betont außerdem, dass die Verhandlungen über das Abkommen über Umweltschutzgüter, das die Ökologisierung der Industrie und einen auf menschenwürdige Arbeit ausgerichteten Ansatz für den Übergang zu klimafreundlichen Technologien unterstützt, vorangetrieben werden müssen; schlägt vor, die Koordinierung zwischen der WTO und anderen internationalen Institutionen wie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Internationalen Währungsfonds zu verbessern, um der Verlagerung von CO2-Emissionen entgegenzuwirken;

17. bekräftigt, dass zwischen der Gleichstellung der Geschlechter und einer inklusiven Entwicklung Zusammenhänge bestehen, und betont, dass die Stärkung der Stellung der Frauen in der Gesellschaft von zentraler Bedeutung ist, wenn es darum geht, Armut zu beseitigen, und dass gleichzeitig die Beseitigung von Hindernissen für die Teilhabe von Frauen am Handel und die Bewältigung der negativen Auswirkungen der derzeitigen Handelsregeln auf Frauen in ihren verschiedenen Rollen im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung ein entscheidender Faktor ist; ruft alle WTO-Mitglieder auf, die Erklärung von Buenos Aires aus dem Jahr 2017 zum Thema Handel und Stärkung der wirtschaftlichen Stellung der Frau zu unterzeichnen, und fordert die 123 Unterzeichner auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, auf eine robuste Ministererklärung hinzuarbeiten, die als Fahrplan für die Umsetzung der Erklärung von Buenos Aires aus dem Jahr 2017 dienen könnte;

18. begrüßt die erzielten Fortschritte und fordert, dass die plurilateralen Gespräche über die Regulierung inländischer Dienstleistungen endgültig abgeschlossen werden, da dies ein bedeutender Fortschritt wäre und belegen würde, dass es möglich ist, in einem plurilateralen Rahmen in der WTO Fortschritte zu erzielen;

19. erwartet, dass in der Ministererklärung die Fortschritte bewertet werden, die bei plurilateralen Verhandlungen über Investitionsförderung erzielt wurden;

20. begrüßt auch die Fortschritte bei der in Buenos Aires eingeleiteten gemeinsamen Initiative für KMU und die Billigung des KMU-Pakets im Dezember 2020; räumt ein, dass die COVID-19-Pandemie erhebliche negative Auswirkungen auf KKMU hatte, und bekundet seine Unterstützung für das Arbeitsprogramm der WTO für KKMU, mit dem das Prinzip „Vorfahrt für KMU“ in den WTO-Regeln verankert wird; ruft alle WTO-Mitglieder auf, sich dieser Initiative anzuschließen;

21. fordert die Kommission und den Rat auf, mit weiteren WTO-Mitgliedern zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die WTO aktiv zu einer besseren Achtung der Arbeitnehmerrechte weltweit beiträgt, insbesondere auf der Grundlage der Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), und konkrete Vorschläge vorlegt; weist erneut darauf hin, wie wichtig die Verbreitung bewährter Verfahren im Bereich der Sorgfaltspflicht ist; begrüßt den Vorschlag der USA in Bezug auf Zwangsarbeit als Teil eines umfassenderen Bestrebens, Arbeitsnormen in die WTO aufzunehmen und gleiche Wettbewerbsbedingungen auf internationaler Ebene zu schaffen, und betont, dass ein Abkommen erforderlich ist, mit dem gleiche Wettbewerbsbedingungen auf internationaler Ebene geschaffen werden; empfiehlt die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zu Arbeitnehmerrechten als ersten Schritt, um diese Agenda voranzubringen;

22. betont, dass Transparenz der Schlüssel ist, wenn es darum geht, für ein stabiles Handels- und Investitionsklima zu sorgen; vertritt die Auffassung, dass es wichtig ist, die Transparenz von Überwachungsverfahren zu erhöhen, indem durch Vereinfachung mehr Anreize für die WTO-Mitglieder geschaffen werden, sich an Meldepflichten zu halten, und indem der Kapazitätsaufbau unterstützt wird, während gegen vorsätzliche Verstöße vorgegangen werden sollte und abschreckende Maßnahmen ergriffen werden sollten; fordert die WTO-Mitglieder auf, eine diesbezügliche Stärkung der Rolle des WTO-Sekretariats in Erwägung zu ziehen;

23. fordert die Kommission und den Rat auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Europäische Parlament weiterhin eng in die Vorbereitungen der 12. Ministerkonferenz eingebunden sowie während der Ministerkonferenz 2021 zügig auf den neusten Stand gebracht und konsultiert wird;

24. fordert die WTO-Mitglieder auf, für demokratische Legitimität und Transparenz zu sorgen, indem die parlamentarische Dimension der WTO und die parlamentarische Konferenz gestärkt werden; hebt die Bedeutung der Arbeit der gemeinsamen parlamentarischen Konferenz des Europäischen Parlaments und der Interparlamentarischen Union (IPU) zur WTO hervor; betont, dass dafür gesorgt werden muss, dass Abgeordnete besseren Zugang zu Handelsverhandlungen haben und bei der Formulierung und Umsetzung von WTO-Beschlüssen einbezogen werden.

25. fordert die WTO-Mitglieder auf, den Austausch mit allen Akteuren, auch mit der Zivilgesellschaft und Wirtschaftsverbänden, zu vertiefen und enger mit anderen internationalen Organisationen wie der IAO und im weiteren Sinne dem System der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten; erwartet, dass Entscheidungsträger auf verschiedenen Ebenen mehr über die Vorteile eines regelbasierten Handels kommunizieren;

26. unterstützt die Bemühungen um eine Wiederbelebung der Beitrittsverhandlungen mit Beobachterländern, insbesondere mit Serbien, dem Kosovo und mit Bosnien und Herzegowina; fordert, dass die Verhandlungen über die Entwürfe der Berichte der Arbeitsgruppe rasch zum Abschluss gebracht werden;

27. fordert dringend verstärkte Anstrengungen zur Ausweitung der Mitgliedschaft im WTO-Übereinkommen über das allgemeine Beschaffungswesen, insbesondere im Hinblick auf China und andere Schwellenländer;

28. fordert erneute Anstrengungen zur Harmonisierung der nichtpräferentiellen Ursprungsregeln, wie sie im Abkommen über Ursprungsregeln vorgesehen sind;

29. fordert alle WTO-Mitglieder auf, den Anhang K des Kyoto-Übereinkommens der Weltzollorganisation zu ratifizieren, um die Zollbürokratie abzubauen;

30. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Generaldirektor der WTO zu übermitteln.

 

Letzte Aktualisierung: 22. November 2021
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