Entschließungsantrag - B9-0163/2022Entschließungsantrag
B9-0163/2022

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu dem Erfordernis eines vordringlichen Aktionsplans der EU zur Sicherstellung der Ernährungssicherheit inner- und außerhalb der EU in Anbetracht des russischen Einmarschs in die Ukraine

16.3.2022 - (2022/2593(RSP))

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Ulrike Müller, Søren Gade, Nils Torvalds
im Namen der Renew-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0160/2022

Verfahren : 2022/2593(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0163/2022
Eingereichte Texte :
B9-0163/2022
Angenommene Texte :

B9‑0163/2022

Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Erfordernis eines vordringlichen Aktionsplans der EU zur Sicherstellung der Ernährungssicherheit inner- und außerhalb der EU in Anbetracht des russischen Einmarschs in die Ukraine

(2022/2593(RSP))

Das Europäische Parlament,

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die Russische Föderation am 24. Februar 2022 grundlos und rechtswidrig in die Ukraine einmarschiert ist, was einen klaren Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt; in der Erwägung, dass die andauernden, abscheulichen Angriffe auf ukrainische Zivilisten ein schwerwiegender Verstoß gegen die Genfer Konvention sind und Kriegsverbrechen darstellen;

B. in der Erwägung, dass die Lebensmittelerzeugung und der Zugang zu Lebensmitteln nicht als geopolitische Waffe benutzt werden sollten;

C. in der Erwägung, dass die Ziele der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) und der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) unter anderem die Belieferung des EU-Marktes mit Lebensmitteln mit hohem Nährwert, die Reduzierung der Abhängigkeit des EU-Marktes von Lebensmittelimporten und die Sicherstellung angemessener Lebensmittelpreise beinhalten; in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie und nun der russische Einmarsch in die Ukraine einmal mehr gezeigt haben, dass die EU ihre Ernährungssicherheit stärken und ihre Abhängigkeit von Importen aus einem einzigen oder zu wenigen Lieferländern außerhalb der EU reduzieren muss;

D. in der Erwägung, dass diese Situation und die gegen Russland verhängten rechtmäßigen Sanktionen zusätzlich zu der COVID-19-Krise und den jüngsten beträchtlichen Preissteigerungen bei Betriebsmitteln eine erhebliche kumulative Unterbrechung der weltweiten Agrar-, Fischerei- und Aquakulturmärkte zur Folge haben, insbesondere im Hinblick auf die Getreide- und Pflanzenölmärkte, da die Ukraine und Russland im weltweiten Handel etwa 30 % des Weizens, 32 % der Gerste, 17 % des Maises, über 50 % des Sonnenblumenkernöls und 20 % der Sonnenblumenkerne ausmachen, sowie im Hinblick auf den Zugang zu Düngemitteln und den für die Düngemittelproduktion erforderlichen Betriebsmitteln;

E. in der Erwägung, dass die EU bei der Lieferung von Mais, Raps, Weizen, Sonnenblumenkernen und Sonnenblumenkuchen von der Ukraine besonders abhängig ist, während auch Russland eine wichtige Importquelle für Weizen, Rapskuchen, Sonnenblumenkerne und Sonnenblumenkuchen ist, wovon der Großteil als Futtermittel in der Tierhaltung verwendet wird;

F. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten angekündigt haben, dass bei den aktuellen Preisen die Gefahr besteht, dass ihre Futtermittelvorräte bis Ostern aufgebraucht sind;

G. in der Erwägung, dass die Ukraine und Russland für Länder in Asien, Afrika und im Nahen Osten noch wichtigere Lieferanten von Grundnahrungsmitteln sind, insbesondere für Ägypten, wo über 50 % der Gesamtgetreidemenge für Brot importiert wird, und Indien, wo nahezu zwei Drittel des Bedarfs an Speiseöl vom Weltmarkt importiert werden; in der Erwägung, dass sich in diesen Ländern jede noch so geringe Preiserhöhung enorm auf die Bereitstellung von Grundnahrungsmitteln für die allgemeine Bevölkerung auswirken wird; betont, dass dies nicht nur ein Problem der Ernährungssicherheit ist, sondern auch zu einer sozialen Krise in der südlichen Nachbarschaft der EU führen kann;

H. in der Erwägung, dass der russische Einmarsch in die Ukraine direkte Auswirkungen auf die aktuellen weltweiten Lebensmittelkrisen haben wird; in der Erwägung, dass die Hälfte des Weizens für das Welternährungsprogramm allein aus der Ukraine kommt;

I. in der Erwägung, dass die Abhängigkeit der EU von der Einfuhr fossiler Energie für die Düngemittelproduktion und von Pottasche aus Weißrussland zusätzlich zur starken Abhängigkeit der EU von Düngemittelimporten aus Russland in einer Zeit, in der die Preise für Düngemittel im letzten Jahr um 142 % gestiegen sind, und Energie- und Düngemittelkosten 20 % der Produktionskosten von Landwirten ausmachen, zu einer erheblichen Lieferunterbrechung führen wird[1]; in der Erwägung, dass Gas 60 % bis 80 % der Produktionskosten für wichtige Stickstoffdüngemittel ausmacht[2]; in der Erwägung, dass die hohen Gaspreise bereits zu einer kurzfristigen Schließung einiger Einrichtungen in der Düngemittelindustrie geführt haben; in der Erwägung, dass bereits Fälle aufgetreten sind, in denen Düngemittelproduzenten aufgrund fehlender Rohstoffe Aufträge von Landwirten abgelehnt haben;

J. in der Erwägung, dass es viele Düngemittel aus organischen Nährstoffquellen gibt, die derzeit noch nicht als Ersatz für chemische Düngemittel verwendet werden; in der Erwägung, dass mit deren vermehrter Verwendung die Abhängigkeit der EU von chemischen Düngemitteln reduziert und gleichzeitig die Ziele des Grünen Deals erreicht werden könnten;

K. in der Erwägung, dass die Kraftstoffpreise in der Europäischen Union erheblich gestiegen sind und in vielen Mitgliedstaaten ein historisches Hoch erreicht haben; in der Erwägung, dass die Fortsetzung dieses Kurses die wirtschaftliche Situation für Landwirte und Fischer untragbar machen wird, da es Fischereifahrzeugen beispielsweise nicht mehr möglich ist, in See zu stechen und dabei mehr einzubringen als die Kosten für den Fischereibetrieb;

L. in der Erwägung, dass die Fischerei-, Aquakultur- und Verarbeitungsindustrien der EU qualitativ hochwertige Fischereierzeugnisse liefern und somit eine elementare Rolle in der Sicherstellung der globalen Ernährungssicherheit spielen; in der Erwägung, dass die Fischerei seit langer Zeit dazu beiträgt, die europäischen Verbraucher mit hochwertigen Erzeugnissen zu versorgen, die den strengen Ernährungs- und Sicherheitsnormen entsprechen, und dass sie heute in Bezug auf Nachhaltigkeit weltweit führend ist;

M. in der Erwägung, dass die Auswirkungen auf Lebensmittelpreise für Verbraucher vor dem Hintergrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie berücksichtigt werden müssen, die bereits vor Kriegsbeginn zu Preiserhöhungen beigetragen hat; in der Erwägung, dass die Lebensmittelpreise in der EU im Januar 2022 4,7 % höher waren als im selben Monat des Vorjahres[3]; in der Erwägung, dass die Preiserhöhungen von Lebensmitteln in vielen Mitgliedstaaten, insbesondere in Zentral- und Osteuropäischen Ländern, noch stärker ausgefallen sind;

N. in der Erwägung, dass Russland im Hinblick auf den Wert der EU-Agrar- und Nahrungsmittelexporte der sechstgrößte Handelspartner der EU ist[4]; in der Erwägung, dass aufgrund der Handelsstörungen und verhängten Sanktionen Abhilfemaßnahmen erforderlich sein werden, insbesondere die Schaffung von alternativen Märkten für landwirtschaftliche Erzeugnisse der EU;

O. in der Erwägung, dass der russische Einmarsch in die Ukraine den Arbeitsmarkt beeinflussen wird, was sich wiederum auf die Lebensmittelproduktion auswirken könnte;

P. in der Erwägung, dass am 9. März 2022 die Kommission ein erstes Treffen des neu errichteten Europäischen Vorsorge- und Reaktionsmechanismus für Ernährungssicherheitskrisen (European food security crisis preparedness and response mechanism, EFSCM) abgehalten hat, um über Ernährungssicherheit, die Auswirkungen der gestiegenen Energie- und Betriebsmittelpreise und die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine zu diskutieren; in der Erwägung, dass dieser Mechanismus darauf abzielt, die Krisenvorsorge zu erhöhen, indem die Koordinierung verbessert wird und ein Austausch über bewährte Verfahren stattfindet;

Q. in der Erwägung, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten infolge von Russlands Annexion der Krim und der anschließenden Sanktionen verschiedene Maßnahmen ergriffen haben, um den negativen Auswirkungen auf die Agrar-, Fischerei und Aquakulturmärkte der EU entgegenzuwirken;

1. erklärt sich besorgt über die Auswirkungen dieser Störung der Agrar-, Fischerei- und Aquakulturprozesse auf die Ernährungssicherheit der Menschen in der Ukraine und fordert die Kommission und die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, ein robustes, langfristiges humanitäres Nahrungsmittelhilfeprogramm zu koordinieren und dies allen betroffenen Regionen und Städten zur Verfügung zu stellen, und hierzu alle zur Verfügung stehenden Foren, wie den Ausschuss für Welternährungssicherheit, in Anspruch zu nehmen, um das Ausbleiben der ukrainischen Lebensmittelproduktion und die Unterbrechung der Lebensmittelkette auszugleichen;

2. betont, dass das Beenden des von Russland initiierten Krieges, die Sicherung des Friedens und die Wiederherstellung der Stabilität in der Ukraine sehr wichtig ist, damit der Landwirtschaftssektor der Ukraine sich erholen kann und die Ernährungssicherheit des Landes sichergestellt werden kann; fordert die EU auf, jede Anstrengung zu unternehmen, um wenn möglich die landwirtschaftliche Erholung der Ukraine zu unterstützen und die ungehinderte Aussaat in der Ukraine durch die Bereitstellung von fehlendem Saatgut und Düngemittel sicherzustellen;

3. stellt mit großer Besorgnis fest, dass ein Andauern dieses Krieges bedeuten würde, dass Länder, die auf erschwingliche Weizenexporte aus der Ukraine angewiesen sind, in den kommenden Monaten mit erheblicher Knappheit konfrontiert sein könnten, insbesondere in Partner-Entwicklungsländern und den am wenigsten entwickelten Partnerländern, die bereits vor dieser neuen Krise mit akuter Mangelernährung konfrontiert waren; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um diese Länder dringend kurzfristig zu unterstützen durch die Unterstützung lokaler Gemeinden, Behörden und NGOs, um den dringenden Bedarf an Nahrung zu mindern und die Unterstützung dieser Länder weiter zu verstärken, um eine größere Nahrungsmittelknappheit in betroffenen Regionen zu vermeiden, unter besonderer Beachtung der schwächsten Gemeinden, um mittel- und langfristig durch die Stärkung ihres Landwirtschaftssektors über den Nexus von humanitärer Hilfe und Entwicklungspolitik Widerstandsfähigkeit in ihren Lebensmittelketten aufzubauen; fordert die internationale Gemeinschaft, einschließlich der Mitgliedstaaten, auf, Informationen über Viehbestände, Ernten und Nahrungsmittelverfügbarkeit auszutauschen, um zu versuchen, die Lieferprobleme weltweit auszugleichen und eine weltweite Lebensmittelkrise zu verhindern;

4. hebt hervor, dass die Länder in der Nähe des Konfliktgebiets, die Länder mit einer empfindlichen, sich entwickelnden Wirtschaft und die Länder, die den Großteil der ukrainischen Flüchtlinge aufnehmen, am meisten von dem Krieg in der Ukraine betroffen sein werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diese Länder zu unterstützen und die Verfügbarkeit einer ausreichenden Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen;

5. betont, dass eine Überprüfung des Konzepts der EU hinsichtlich der Ernährungssicherheit dringend notwendig ist, um die allgemeine Abhängigkeit des Ernährungssystems der EU zu verringern, eine zunehmende Widerstandsfähigkeit in der Lebensmittelkette aufzubauen, insbesondere auf dem Niveau der Betriebsmittel, und die Schwächen, die durch die übermäßige Abhängigkeit von Importen von Energie, Futter und Düngemittel eines einzigen oder zu wenigen Lieferanten und den Mangel an Diversifizierung der Lieferketten deutlich wurden, anzugehen; stellt fest, dass Maßnahmen über die gesamte Lebensmittelkette, die über das angemessene Maß der Produktion hinausgehen, in Betracht gezogen werden sollten, um die Auswirkungen auf den Preis von Rohstoffen und die Erschwinglichkeit von Nahrungsmitteln anzugehen;

6. besteht darauf, dass die Ziele der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und des umfassenderen grünen Deals in den sofortigen Aktionen zur Verstärkung der Widerstandsfähigkeit und zum Aufbau der Selbstversorgung im Zusammenhang mit Betriebsmitteln nicht untergraben werden sollten; betont, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz der Betriebsmittelverwendung und zur Verfügbarkeit nachhaltigerer Alternativen und Praktiken sowie Maßnahmen zur Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung, wie sie in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und im grünen Deal festgelegt sind, die also zur Reduktion der Abhängigkeit von Betriebsmitteln wie schädlichen Pflanzenschutzmitteln und chemischen Düngemitteln beitragen, mittel- bis langfristig Bausteine zur Sicherstellung eines robusten landwirtschaftlichen Sektors und einer robusten Lebensmittelkette der EU sind;

7. weist jedoch erneut darauf hin, dass die Einzel- und Gesamtziele der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ zuerst einer umfassenden Folgenabschätzung unterzogen werden müssen und dass es in der Verantwortung der Legislativorgane liegen wird, während der Fahrplan zu den Zielen der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ umgesetzt wird, die Bedingungen so festzulegen, dass jeder Rückgang in den landwirtschaftlichen Produktionsniveaus in Europa oder die Verlagerung von Emissionen verhindert wird; betont, dass im Lichte des anhaltenden Kriegs in der Ukraine und der weiteren Belastung für landwirtschaftliche Lebensmittelketten, die Fischerei und Aquakultur der EU die Notwendigkeit zur Betrachtung dieser Auswirkungen zugenommen hat, die potenziellen Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit sorgfältig bewertet werden müssen und außerdem eine umfassende Studie zur Abhängigkeit unseres Ernährungssystems von Betriebsmitteln und ihren Quellen in Auftrag gegeben werden sollte;

8. fordert die Expertengruppe des EFSCM auf, seine strukturelle Arbeit zur Erfassung der Risiken und Schwächen der Lebensmittelkette der EU und ihrer kritischen Infrastrukturen zu beschleunigen und fordert klare und zügige Kommunikations- und Informationskanäle zur Notfallplanung, um das volle Potenzial der EU hinsichtlich der Lebensmittelkette, der Ernährungssicherheit und der Verringerung der Abhängigkeit der Landwirtschaft der EU von Importen und Betriebsmitteln sicherzustellen und gleichzeitig einen positiven Beitrag zu der gesamten Handelsbilanz der Union zu leisten;

9. fordert die Kommission auf, unverzüglich einen detaillierten Aktionsplan zur Sicherstellung der Ernährungssicherheit innerhalb der EU zu erstellen, der gegebenenfalls auf Erfahrungen aus dem im November 2021 vorgelegten Notfallplan basiert, und die Schwächen, die durch die übermäßige Abhängigkeit von Importen von Energie, Futter und Düngemittel eines einzigen oder zu wenigen Lieferanten und den Mangel an Diversifizierung der Lieferketten deutlich wurden, anzugehen;

10. stellt fest, dass dieser Aktionsplan eine Möglichkeit darstellt, das Erreichen der Ziele des grünen Deals zu beschleunigen, was die Robustheit der Lebensmittelkette der EU in einer grünen Kreislaufwirtschaft verstärken wird und Landwirten, Fischern und Interessenträgern entlang der Lebensmittelkette Anreize bieten wird, zu nachhaltigeren, effizienteren und unabhängigen Produktionsmethoden und -werkzeugen zu wechseln durch den zunehmenden Einsatz innovativer Werkzeuge, Anbautechnologien und nachhaltiger Prozesse und Praktiken, was alles zur Verringerung der Abhängigkeit der EU von importierten Betriebsmitteln beitragen wird, unter anderem durch die Bereitstellung kurzfristiger Investitionen, um den Einsatz von Technologien und Praktiken, die auf das Verwirklichen der Ziele der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ abzielen, zu erhöhen;

11. fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen umzusetzen und verfügbare Instrumente zur Stärkung ihrer Lebensmittelketten zu nutzen; besteht darauf, dass ergriffene Maßnahmen weder die Integrität des Binnenmarktes gefährden dürfen, noch die Maßnahmen zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Lebensmittelketten überall in der EU untergraben dürfen, noch die Energieabhängigkeit von russischen Ressourcen verstärkten dürfen;

12. betont, dass die kurzfristige Bekämpfung des Problems der Lebensmittelverschwendung in allen Stufen der Lebensmittelkette sehr wichtig ist, um den Druck auf die Nahrungsversorgung in Europa zu reduzieren; weist erneut auf seine Forderung hin, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Lebensmittelabfälle der EU bis 2025 um 30 % und bis 2030 um 50 % gegenüber den Bezugswerten von 2014 zu verringern;[5]

13. erklärt sich besorgt, dass die aktuelle Situation im Hinblick auf das Verwirklichen bestehender Ziele und rechtlicher Pflichten finanziellen und praktischen Druck auf manche Produzenten ausüben wird, aufgrund fehlender Investitionen, reduzierter Liquidität und der Marktunsicherheit; stellt in dieser Hinsicht fest, dass ein pragmatischer Ansatz hinsichtlich der Kontrollen erforderlich sein könnte;

14. hebt hervor, dass auf Produktionsebene verstärkte Maßnahmen und Anreize erforderlich sein werden, um Widerstandsfähigkeit aufzubauen, wie zum Beispiel durch die verstärkte Kreislaufwirtschaft und die Selbstversorgung mit Betriebsmitteln, wobei gleichzeitig die Produktionskapazität und die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, Fischerei und Aquakultur der EU nicht untergraben werden, durch Werkzeuge, wie das Hinwenden zur Präzisionslandwirtschaft, durch die Entwicklung und den beschleunigten Zugang zu Märkten von alternativen Proteinen, organische Düngemittel, mikrobiellen Schutz von Kulturpflanzen und neue Gentechnik im Einklang mit den Zielen des grünen Deals, und während dieses GAP-Übergangsjahres durch das Ermöglichen einer temporären und kurzfristigen Flexibilität mit zu erwägenden Bedingungen und Ausnahmen, und durch die Beschleunigung von Verwaltungsverfahren zum Erreichen dieser Flexibilität;

15. hebt hervor, dass der Proteinmangel in der EU weiterhin eine wesentliche Schwäche darstellt, und fordert einen verstärkten und engagierten Ansatz zur zunehmenden nachhaltigen Produktion von Pflanzenproteinen in der EU durch GAP-Strategiepläne und andere Maßnahmen;

16. stellt fest, dass temporäre und umkehrbare Maßnahmen zur Erhöhung der Produktion der EU in der Erntesaison im Jahr 2022 dringend nötig sind, um zur Ernährungssicherheit der EU beizutragen; fordert die Kommission im Licht der Notwendigkeit, das unmittelbare Defizit an proteinhaltigen Kulturpflanzen zu beheben, dazu auf, die Verwaltungsverfahren zu beschleunigen, um es während dieses GAP-Übergangsjahres zu ermöglichen, stillgelegte Flächen für die Produktion dieser Kulturen für den menschlichen oder tierischen Verzehr zu nutzen, ohne die Abhängigkeit von Betriebsmitteln zu erhöhen; fordert in dieser Hinsicht, dass proteinhaltigen Kulturen, die keine oder sehr wenig Pestizide erfordern, Priorität eingeräumt wird;

17. stellt fest, dass alternative organische Nährstoffquellen und Nährstoffkreisläufe zur Verringerung der Abhängigkeit von chemischen Düngemitteln so schnell wie möglich in vollem Umfang genutzt werden sollten; fordert die Kommission auf, rechtliche und praktische Hindernisse für die Umsetzung dieser Lösung zu beseitigen, um die Abhängigkeit von Düngemittelimporten zu verringern, zuerst kurzfristig durch eine Umstellung auf organische Düngemittel und zweitens durch die weitere Unterstützung der Forschung und neuer Innovationen auf EU-Ebene; fordert die Kommission insbesondere auf, die erforderlichen Maßnahmen, einschließlich rechtlicher Maßnahmen, zu ergreifen, um die Verwendung organischer Düngemittel, die aus Klärschlamm und verarbeitetem Dung erzeugt wurden, auszuweiten, um chemische Düngemittel zu ersetzen, sofern dies nicht den Zielen der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ zuwiderläuft;

18. fordert die Kommission auf, die Möglichkeit und Machbarkeit der Mobilisierung zusätzlicher finanzieller Unterstützung für die am stärksten betroffenen Sektoren zu bewerten und dringend Maßnahmen zu ergreifen, um Landwirten zu helfen, die Auswirkungen der drastischen Zunahme der Düngemittelpreise abzufangen;

19. hebt die Verflechtungen zwischen der Nachhaltigkeit und der verstärkten Kreislaufwirtschaft in der Landwirtschaft hervor mit der Abkehr von der Abhängigkeit von fossilen Kraftstoffen, importierter Energie und chemischen Düngemitteln und der Hinwendung zu grüneren, erneuerbaren Alternativen;

20. betont, dass es für Landwirte der EU wichtig, und möglich, ist, die Produktion in der EU und ihre Verwendung von Bioenergie, wie Biogas und Biokraftstoffe, sowie von erneuerbarer Energie, wie Solarzellen, als Instrument zur Verringerung drastisch steigender Energiepreise zu verstärken; stellt fest, dass diese im Hinblick auf die Diversifizierung vorteilhaft für das Klima sind und sie außerdem eine zusätzliche Einnahmequelle für Landwirte darstellen können;

21. fordert die Kommission auf, die Auswirkungen des Verlusts von Märkten aufgrund von Vergeltungsmaßnahmen von Russland als Antwort auf von der EU verhängte Sanktionen für Landwirte und Hersteller zu mindern, Maßnahmen zu ihrer Unterstützung in Betracht zu ziehen, einschließlich Ausgleiche, und ihnen zu helfen, alternative Exportmärkte für ihre Produkte zu finden;

22. fordert die Kommission auf, außergewöhnliche Maßnahmen für landwirtschaftliche Produkte, die mit Problemen des Markts konfrontiert sind, anzuwenden, einschließlich Beihilfen für die private Lagerhaltung; weist auf seine Absicht hin, diese Beihilfe für den Schweinefleisch-Sektor verfügbar zu machen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, einen Mechanismus zu schaffen, der den Zugang zu Produkten aus privater Lagerhaltung durch nichtstaatliche Organisationen und andere Stellen ermöglicht, um dabei zu helfen, die Ernährungssicherheit in der Ukraine sicherzustellen; ist der Ansicht, dass dieser Mechanismus auch vom europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (FEAD) in den Mitgliedstaaten verwendet werden könnte, die Flüchtlinge aufnehmen, um den dringenden Bedarf an zusätzlich bereitgestellten Nahrungsmitteln zu decken;

23. ist der Ansicht, dass der europäische Fischereisektor der Schlüssel zur europäischen Ernährungssicherheit ist, und bedauert, dass sich seine Situation aufgrund schnell steigender weltweiter Preise für wichtige Rohstoffe für diesen Sektor und insbesondere aufgrund der in die Höhe schießenden Kraftstoffpreise signifikant verschlechtert hat, wodurch Fischereitätigkeiten nicht mehr wirtschaftlich tragfähig sind; ist der Ansicht, dass diese Situation dringende Unterstützung erfordert, einschließlich Direktzahlungen; weist darauf hin, dass diese Unterstützung die fortgesetzte Tätigkeit von Fischereiflotten der EU sicherstellen muss und darüber hinaus auch die Fortführung der Tätigkeiten entlang der Lieferkette für Fischereien und Aquakultur-Produkte; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diese schwierige Situation für den Fischereisektor anzuerkennen und in zukünftigen Maßnahmen angemessen anzugehen; stellt fest, dass es zur Bekämpfung der Steigerung von Kraftstoffpreisen wichtig ist, auf langfristige Sicht die Entwicklung und Verwendung innovativer, selektiver Fangmethoden und -techniken mit einer höheren Kraftstoffeffizienz zu fördern;

24. fordert die Kommission auf, zu handeln, um sicherzustellen, dass die Bestimmungen für staatliche Beihilfen für die Landwirtschaft, Fischerei und Aquakultur, einschließlich De-minimis-Bestimmungen, den Mitgliedstaaten ermöglichen, Betreibern zügige und flexible Unterstützung zu gewähren, um die mit dem Krieg in der Ukraine zusammenhängenden zunehmenden Kosten auszugleichen; hebt in dieser Hinsicht hervor, dass die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Rahmen außerdem Unterstützungen wie die Verringerung von Sozialbeiträgen, die Aussetzung oder Reduktion bestimmter Steuern oder die Erweiterung von COVID-19-Darlehen in Betracht ziehen sollten; fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass staatliche Beihilfe nicht zur Wettbewerbsverzerrung führen und dass gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Mitgliedstaaten gewährleistet sind;

25. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass der neue EMFAF so bald wie möglich funktionsfähig ist, und fordert die Kommission auf, die Ergreifung von Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, um sicherzustellen, dass Soforthilfe im Rahmen des Fonds auch in Krisenzeiten, wie dem Krieg in der Ukraine, möglich ist; fordert nachdrücklich die Mobilisierung aller verbleibender Mittel aus dem europäischen Meeres- und Fischereifonds und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, die Umsetzung der Reserve für die Anpassung an den Brexit zu beschleunigen, um sicherzustellen, dass die Unterstützung vom Brexit betroffene Gebiete schneller erreicht;

26. stellt fest, dass Maßnahmen entlang der gesamten Lebensmittelkette in Erwägung gezogen werden sollten, um sicherzustellen, dass alle Interessenträger eine Funktion in der Stärkung der Widerstandsfähigkeit des landwirtschaftlichen und aquatischen Nahrungsmittelsektors haben, und dass diese Maßnahmen zu den Zielen des Übergangs der EU zur Klimaneutralität bis 2050 beitragen müssen; ist der Ansicht, dass in Übereinstimmung mit der zügigen Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/633 über unlautere Handelspraktiken ein besonderer Schwerpunkt auf die Wirtschaftlichkeit der Landwirtschaft und auf die bedeutsame Funktion von Einzelhändlern für das Festlegen fairer Erträge für die Hersteller gelegt werden muss, insbesondere im Lichte des Drucks, der aus den zunehmenden Kosten der Betriebsmittel entsteht, aber gleichermaßen aus ihrer Verantwortung, sicherzustellen, dass Nahrungsmittel für Verbraucher erschwinglich und zugänglich bleiben;

27. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die landwirtschaftlichen und aquatischen Lebensmittelmärkte genau zu überwachen und dabei vor allem auf Preisspekulationen zu achten und gegebenenfalls die in Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 bereitgestellten Instrumente zu nutzen und gleichzeitig die Integrität des Binnenmarkts sicherzustellen;

28. weist erneut darauf hin, dass einige ukrainische Häfen im Schwarzen Meer geschlossen wurden und dadurch der internationale Lebensmittelhandel gestört wird, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den sicheren Transport sowie Lebensmittelkorridore in die und aus der Ukraine über alternative Häfen sowie über den Schienen- und Straßenverkehr zu ermöglichen;

29. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung der Kommission und dem Rat sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

 

Letzte Aktualisierung: 21. März 2022
Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen