ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu den Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom 24./25. März 2022 einschließlich der jüngsten Entwicklungen des Krieges gegen die Ukraine und der EU-Sanktionen gegen Russland und ihrer Umsetzung
5.4.2022 - (2022/2560(RSP))
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Iratxe García Pérez, Marek Belka, Pedro Marques, Tonino Picula
im Namen der S&D-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0197/2022
B9‑0210/2022
Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom 24./25. März 2022 einschließlich der jüngsten Entwicklungen des Krieges gegen die Ukraine und der EU-Sanktionen gegen Russland und ihrer Umsetzung
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zur Ukraine, insbesondere jene vom 1. März 2022 zu Russlands Aggression gegen die Ukraine[1],
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 25. März 2022,
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,
– gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Russische Föderation ihren rechtswidrigen, grundlosen und ungerechtfertigten Überfall auf die Ukraine und ihren Einmarsch in das Land fortsetzt;
B. in der Erwägung, dass gemäß der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsätzen des Völkerrechts alle Staaten souveräne Gleichheit genießen und in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete Androhung oder Anwendung von Gewalt zu unterlassen haben; in der Erwägung, dass der Internationale Gerichtshof am 16. März 2022 angeordnet hat, dass die Russische Föderation ihre militärischen Operationen im Hoheitsgebiet der Ukraine unverzüglich aussetzen muss;
C. in der Erwägung, dass die Russische Föderation in der Ukraine schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht begeht;
D. in der Erwägung, dass seit dem 24. Februar 2022 im Zuge des russischen Überfalls und Einmarschs Tausende ukrainische Zivilisten ums Leben gekommen sind oder verletzt wurden, während fast 6,5 Millionen ukrainische Bürger innerhalb des Landes vertrieben wurden und mehr als 4 Millionen in Nachbarländer geflohen sind, wobei diese Zahlen zu den mehr als 14 000 Menschen – sowohl Angehörige der Streitkräfte als auch Zivilisten – hinzukommen, die in den letzten acht Jahren infolge der Besetzung der Krim durch die Russische Föderation und des dadurch ausgelösten Konflikts in der Ostukraine ums Leben gekommen sind;
E. in der Erwägung, dass die EU als Reaktion auf den von der Russischen Föderation ausgehenden Angriff und Einmarsch vier Pakete von Sanktionen gegen diese angenommen hat; in der Erwägung, dass zu diesen Sanktionen Sanktionen gegen Einzelpersonen, finanzielle Maßnahmen, Wirtschaftssanktionen – unter anderem in den Bereichen Verkehr, Energie, Verteidigung, Metalle und Luxusgüter –, Beschränkungen der Medienpropaganda, diplomatische Maßnahmen und Beschränkungen der Beziehungen zu den nicht von der Regierung kontrollierten Oblasten Donezk und Luhansk gehören; in der Erwägung, dass die EU weitere Sanktionen gegen die Russische Föderation plant; in der Erwägung, dass die EU auch gegen Belarus Sanktionen als Reaktion auf die Beteiligung des Landes an dem russischen Angriff und Einmarsch verhängt hat;
F. in der Erwägung, dass die Umsetzung der EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation in einigen Bereichen nach wie vor uneinheitlich ist, was auf die Undurchsichtigkeit der finanziellen Vermögenswerte Russlands, die unterschiedlichen Rechtsrahmen in den Mitgliedstaaten, die begrenzten institutionellen Kapazitäten oder den mangelnden politischen Willen zurückzuführen ist;
1. verurteilt erneut aufs Schärfste den rechtswidrigen, grundlosen und ungerechtfertigten militärischen Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine und ihren Einmarsch in das Land sowie die Beteiligung von Belarus daran; verurteilt ebenfalls aufs Schärfste den willkürlichen Beschuss von Städten, die gezielten Angriffe auf Wohngebiete und zivile Infrastruktur, die Zerstörung von Mariupol, die Zwangsdeportation von Bürgermeistern und anderen Bürgern und die Verwendung verbotener Munition in der Ukraine durch Russland und weist darauf hin, dass sämtliche dieser Vorgehensweisen schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts darstellen;
2. bekundet seine äußerste Entrüstung und Empörung über die Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung der Ukraine in von den russischen Streitkräften besetzten Orten und Städten wie Butscha, Hostomel und Irpin, die sich durch die Entdeckung von Massengräbern und Beweise für Hinrichtungen und Verfolgungen offenbart haben; fordert den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) auf, diese von den russischen Streitkräften begangenen Taten zu untersuchen und all diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen und ihrer gerechten Strafe zuzuführen, die für die Genehmigung, Begehung und Verschleierung dieser verachtenswerten Handlungen, die Kriegsverbrechen darstellen, verantwortlich sind;
3. fordert die Russische Föderation auf, allen Gewalttaten gegen Zivilisten unverzüglich ein Ende zu setzen und alle militärischen Aktivitäten in der Ukraine unverzüglich einzustellen; bekräftigt seine Forderung, dass alle militärischen und paramilitärischen Kräfte der Russischen Föderation sowie ihre Militärausrüstung bedingungslos aus dem gesamten Hoheitsgebiet der Ukraine abgezogen werden und die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen uneingeschränkt geachtet wird;
4. fordert die Schaffung sicherer Durchgangsrouten und humanitärer Korridore für alle vor dem Krieg fliehenden Menschen und insbesondere für Kinder, bei denen es sich sowohl um unbegleitete Minderjährige als auch um Kinder, die mit ihren Familien fliehen, handeln kann; fordert, dass jedes Kind, das Zuflucht sucht, in erster Linie als Kind behandelt wird und dass alle Menschen, die aus der Ukraine fliehen, unabhängig von ihrer sozialen oder ethnischen Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung, ihren Fähigkeiten oder ihrem Migrationsstatus geschützt werden; lobt die Mitgliedstaaten sowie andere Nachbarländer der Ukraine für ihre rasche und positive Reaktion auf den Zustrom von mehr als 4 Millionen Flüchtlingen, die vor dem Krieg geflohen sind; begrüßt die Aktivierung der Richtlinie über die Gewährung vorübergehenden Schutzes[2]; fordert, dass Mechanismen zur Verteilung der Flüchtlinge auf die Mitgliedstaaten vorangetrieben werden, wobei hierzu auch eine schnelle und koordinierte Beförderung für Flüchtlinge, insbesondere für unbegleitete Kinder und Kinder mit Behinderungen, die eine besondere Betreuung benötigen, gehört;
5. verurteilt aufs Schärfste die russische Rhetorik, die auf einen möglichen Rückgriff auf Massenvernichtungswaffen durch die Russische Föderation hinweist, und betont, dass ein solcher Einsatz inakzeptabel wäre und schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen würde; verurteilt ferner die Übernahme aktiver oder stillgelegter kerntechnischer Anlagen und Standorte im Hoheitsgebiet der Ukraine durch die russischen Streitkräfte und betont, dass der verantwortungsvolle Umgang mit diesen Anlagen für die gesamte Region in gesundheitlicher Hinsicht von entscheidender Bedeutung ist; unterstreicht die entscheidende Rolle der Internationalen Atomenergie-Organisation bei der Sicherung kerntechnischer Anlagen in der Ukraine;
6. verurteilt die anhaltenden Desinformationskampagnen der Russischen Föderation, die über Medienkanäle wie Russia Today und Sputnik gegen die EU und ihre Mitgliedstaaten gerichtet sind; bekräftigt seine Unterstützung für strenge Sanktionen unter uneingeschränkter Achtung der Medienfreiheit; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, jede verdeckte Beteiligung staatlicher russischer Medien an Online- und Offline-Mediennetzen in der EU zu ermitteln, um ihre finanziellen und redaktionellen Tätigkeiten oder andere Arten der Mitwirkung in der gesamten EU unverzüglich und vollständig auszusetzen; fordert, dass unabhängige russische Journalisten und Medienkanäle stärker unterstützt werden, damit sie ihre Tätigkeit trotz ihres zunehmend repressiven Arbeitsumfelds fortsetzen können; fordert, dass die Ressourcen und Maßnahmen der EU, mit denen eine proaktive, mehrsprachige und strategische Kommunikation der EU über den von der Russischen Föderation ausgehenden Überfall und Einmarsch sichergestellt werden soll, verstärkt werden;
7. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alle verfügbaren finanziellen Mittel zur Unterstützung der Ukraine bereitzustellen; hält es für wichtig, in Zusammenarbeit mit den humanitären Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen und anderen internationalen Partnerorganisationen weiterhin humanitäre Soforthilfe für die Ukraine und die Republik Moldau bereitzustellen; begrüßt die Entscheidung des Europäischen Rates, einen Solidaritäts-Treuhandfonds für die Ukraine einzurichten, und erwartet, dass das Parlament eine umfassende Rolle bei der Einrichtung, Umsetzung, Überwachung und Kontrolle des Fonds spielen wird;
8. bekräftigt seine Unterstützung für alle Verteidigungshilfen, die den ukrainischen Streitkräften von den einzelnen Mitgliedstaaten und gemeinsam über die Europäische Friedensfazilität bereitgestellt werden; begrüßt den Beschluss, die Unterstützung für die Ukraine im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität um weitere 500 Mio. EUR aufzustocken, und fordert eine weitere Aufstockung der konkreten Beiträge, um die Verteidigungskapazitäten der Ukraine sowohl bilateral als auch im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität dringend zu stärken;
9. bekundet seine ungeteilte Solidarität mit der Bevölkerung der Ukraine und ihrem festen Bestreben, ihr Land zu einem demokratischen und wohlhabenden europäischen Staat zu machen; würdigt den mit ihrem am 28. Februar 2022 eingereichten Antrag auf Mitgliedschaft in der EU zum Ausdruck gebrachten Willen der Ukraine, sich am europäischen Projekt zu beteiligen; fordert die Organe der EU erneut auf, im Einklang mit Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union und auf der Grundlage der bisherigen Fortschritte der Ukraine darauf hinzuarbeiten, dass dem Land der Status eines EU-Beitrittskandidaten zuerkannt wird, und derweil entsprechend dem Assoziierungsabkommen[3] weiter auf die Integration der Ukraine in den Unionsbinnenmarkt hinzuwirken;
10. bekräftigt seine Unterstützung für Antikriegsbewegungen in der Russischen Föderation und in Belarus, die sich gegen den russischen Überfall und Einmarsch richten;
11. begrüßt und unterstützt nachdrücklich die vier Sanktionspakete, die die EU als Reaktion auf den von der Russischen Föderation ausgehenden Überfall und Einmarsch geschlossen angenommen hat; weist darauf hin, dass das Ziel dieser Sanktionen darin besteht, die Fähigkeit der Russischen Föderation zur Fortführung ihres Krieges in der Ukraine zu untergraben, indem ihre Wirtschaft und ihre industrielle Basis und insbesondere ihr militärisch-industrieller Komplex geschwächt werden; betont, dass Geschlossenheit und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung sind, wenn die Wirksamkeit der Reaktion der EU auf die militärische Aggression der Russischen Föderation aufrechterhalten werden soll, und fordert daher alle Mitgliedstaaten auf, zu einer starken und geeinten Haltung im Rat und zur Einrichtung eines Solidaritätsmechanismus beizutragen, um die unvermeidlichen wirtschaftlichen und sozialen Folgen, mit denen die Sanktionen für die EU selbst verbunden sind, auszugleichen;
12. fordert den Rat nachdrücklich auf, weitere strenge Sanktionen zu verhängen, die die unverminderte Eskalation der russischen Aggression und die von den russischen Streitkräften begangenen erschütternden Gräueltaten widerspiegeln, die unbestreitbar Kriegsverbrechen darstellen;
13. fordert, dass die Wirksamkeit der bestehenden Sanktionen erhöht wird, indem in Abstimmung mit den gleichgesinnten internationalen Partnern der EU unter anderem alle Banken der Russischen Föderation aus dem SWIFT-System ausgeschlossen werden und indem allen unter russischer Flagge fahrenden, in der Russischen Föderation registrierten, in russischem Besitz befindlichen, von russischen Personen gecharterten oder betriebenen oder anderweitig mit der russischen Föderation in Verbindung stehenden Seeschiffen, einschließlich jenen von Sowkomflot, die Einfahrt in die Hoheitsgewässer der EU und das Anlegen in EU-Häfen untersagt wird;
14. hält es für wichtig, dass alle bestehenden Sanktionen der EU gegen die Russische Föderation unverzüglich und vollständig umgesetzt werden; bekräftigt seine Forderung, dass ein kohärenter Ansatz im Hinblick auf diese Sanktionen beibehalten wird und es keine Ausnahmen zur Berücksichtigung nationaler oder branchenspezifischer Interessen geben darf; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Wirksamkeit dieser Sanktionen weiter zu stärken, indem sie ihre Durchsetzung verbessern, umfassende Strategien entwickeln, um illegal erworbene russische Gelder aus dem Finanzsystem der EU zu beseitigen, die Umgehung von Sanktionen verhindern, die unter anderem durch die Anonymität bei der Übertragung von Kryptowerten ermöglicht wird, die Rückverfolgbarkeits- und Identifizierungskapazitäten ausbauen, der Straflosigkeit für Helfer, die in diesem Bereich keine angemessene Sorgfalt walten lassen, ein Ende setzen und ihre enge Abstimmung mit transatlantischen Verbündeten und anderen gleichgesinnten internationalen Partnern fortsetzen; fordert die Kommission auf, die Umsetzung dieser Sanktionen in den Mitgliedstaaten systematisch zu überwachen und einen Austausch bewährter Verfahren insbesondere in Bezug auf die Umsetzung von Sanktionen gegen russische Oligarchen zu ermöglichen;
15. ist besorgt angesichts von Berichten, wonach Personen, gegen die Sanktionen verhängt wurden, in mehreren Mitgliedstaaten weiterhin ihre eingefrorenen Vermögenswerte nutzen können; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Vorschläge zur Beschlagnahmung und dauerhaften Einziehung der eingefrorenen Vermögenswerte von Personen, gegen die Sanktionen verhängt wurden, zu prüfen; betont, dass die Erträge aus der dauerhaften Einziehung im Einklang mit dem Recht eines Opfers auf Entschädigung der Bevölkerung der Ukraine durch humanitäre Hilfe und Verteidigungshilfe, Unterstützung für Flüchtlinge und verstärkte Unterstützung des Solidaritäts-Treuhandfonds für die Ukraine zugutekommen müssten, wobei die Möglichkeit besteht, dass diese Mittel für den Wiederaufbau kriegsgeschädigter Regionen, Städte und Dörfer in der Ukraine und zur Entschädigung der Opfer des russischen Überfalls umverteilt werden;
16. fordert, dass der Umfang der gezielten restriktiven Maßnahmen gegen Personen und Organisationen erheblich ausgeweitet wird und dass sich diese Maßnahmen gegen alle Angehörigen der Staats- und Wirtschaftseliten im Dunstkreis des russischen Präsidenten und seiner persönlichen Netzwerke sowie deren Familienangehörigen richten; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Forderung, die Zahl der diplomatischen und konsularischen Vertreter Russlands zu verringern, und bringt seine Unterstützung für diejenigen Mitgliedstaaten zum Ausdruck, die Mitarbeiter russischer diplomatischer Vertretungen ausgewiesen haben, deren Tätigkeiten mit dem Militär oder den Nachrichtendiensten in Verbindung standen;
17. fordert ein neues Paket verschärfter Sanktionen im Rahmen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte, damit weitere Sanktionen gegen Einzelpersonen und Organisationen verhängt werden, insbesondere russische Oligarchen, bedeutende Wirtschaftsvertreter, hochrangige Beamte, alle mit der Wagner-Gruppe verbundenen Personen und all diejenigen, die für schwere Menschenrechtsverletzungen und -verstöße im Zusammenhang mit der Aggression und dem Überfall Russlands auf die Ukraine verantwortlich bzw. daran beteiligt sind oder damit in Verbindung stehen; fordert zudem, dass die bestehende globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte um ein Instrument zur Bekämpfung der Korruption ergänzt wird, und dass zügig gezielte Sanktionen gegen Personen verhängt werden, die für Korruption auf hoher Ebene in der Russischen Föderation und Belarus verantwortlich sind;
18. nimmt die Sanktionen zur Kenntnis, die gegen die Russische Föderation in den Bereichen Kunst, Kultur, Bildung, Wissenschaft und Sport verhängt wurden; betrachtet diese Bereiche zusammen mit dem zivilgesellschaftlichen Dialog als Bereiche, die dazu beitragen könnten, in Zukunft Brücken zu einer demokratischen Russischen Föderation zu schlagen; fordert jedoch Zusicherungen, dass keine Familienmitglieder von Personen im Dunstkreis der Staats- und Wirtschaftseliten, die den Krieg gegen die Ukraine unterstützen, Zugang zu von der EU finanzierten Stipendien oder anderen Förderprogrammen in den Bereichen Bildung und Forschung erhalten; betont, wie wichtig es ist, dem Handel mit Kulturgütern Aufmerksamkeit zu schenken, damit ein Ausverkauf von aus der Ukraine geschmuggelten Kunstwerken und Kunstgegenständen verhindert wird;
19. betont, dass die Sanktionsregelung der EU gegen die Russische Föderation zumindest so lange bestehen bleiben muss, bis es zu einem vollständigen und dauerhaften Waffenstillstand gekommen ist und russische Truppen sowie im Sold Russlands stehende Truppen aus dem international anerkannten Hoheitsgebiet der Ukraine vollständig abgezogen sind;
20. fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Kommission auf, ihre Kontakte zu Ländern, die der EU noch nicht beigetreten sind, zu intensivieren, wenn es darum geht, Sanktionen gegen die Russische Föderation zu verhängen, und dabei den Einfluss der EU und die gesamte Bandbreite ihrer verfügbaren Instrumente zu diesem Zweck zu nutzen; bedauert, dass sich einige EU-Beitrittskandidaten den Sanktionen der EU nicht angeschlossen haben; fordert die Ausarbeitung eines klaren Aktionsplans in Bezug auf Drittländer, die es der Russischen Föderation ermöglichen, Sanktionen zu umgehen;
21. nimmt mit großer Besorgnis die anhaltenden Bemühungen der Russischen Föderation zur Kenntnis, die Westbalkanländer zu destabilisieren und sich in ihre demokratischen Prozesse einzumischen; verurteilt erneut diejenigen Länder des westlichen Balkans, die nach Russlands Überfall auf die Ukraine ihre Unterstützung für die Russische Föderation bekundet haben, und lobt die Unterstützung der Sanktionen vonseiten der euro-atlantischen Verbündeten; verurteilt Serbien dafür, sich den Sanktionen der EU gegen Russland nicht angeschlossen zu haben, was den EU-Beitrittsprozess Serbiens beeinträchtigt, und bekräftigt seine Erwartung, dass die EU-Beitrittskandidaten nicht nur den Besitzstand der EU übernehmen, sondern sich auch der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU anschließen;
22. bekundet seine uneingeschränkte Unterstützung der Entscheidung des Anklägers des IStGH, eine Untersuchung der Lage in der Ukraine wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzuleiten, und betont, wie wichtig eine rasche Arbeit und entsprechende Fortschritte sind, damit die erforderlichen Beweise gesichert werden können; fordert daher finanzielle und praktische Unterstützung für die wichtige Tätigkeit des IStGH, z. B. durch die Dokumentation von Beweismitteln; stellt fest, dass die Zuständigkeit des IStGH nach heutigem Stand nicht auf das Verbrechen der Aggression ausgedehnt werden kann; unterstützt daher die Einrichtung eines Sondergerichtshofs mit Schwerpunkt auf dem Verbrechen der Aggression, damit die Verfahren vor dem IStGH, dem Internationalen Gerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ergänzt werden können; unterstützt die Initiative zur Einrichtung eines Interimsbüros in Den Haag, damit es ukrainischen und internationalen Staatsanwälten und Ermittlern ermöglicht wird, die für die Einrichtung dieses Gerichtshofs erforderlichen Vorbereitungen zu treffen, wozu auch die Beweiserhebung in Bezug auf das Verbrechen der Aggression auf dem Staatsgebiet der Ukraine gehört; fordert die Kommission auf, Finanzmittel bereitzustellen, um die Kosten für die Einrichtung und den Betrieb eines Interimsbüros für einen anfänglichen Zeitraum von vier Monaten zu decken; fordert, dass die vorläufigen Beweise für die oben genannten Verbrechen angemessen gesichert und somit mit allen erforderlichen rechtlichen Garantien aufbewahrt werden;
23. erkennt an, dass wirksame Sanktionen gegen die Russische Föderation und der Zustrom von Millionen von Flüchtlingen, die infolge der russischen Aggression und des Überfalls auf die Ukraine von dort fliehen, unvermeidbare wirtschaftliche und soziale Herausforderungen für die gesamte EU und ihre Mitgliedstaaten mit sich bringen; fordert Ausgleichsmaßnahmen und die Erschließung alternativer Lieferquellen für Waren und Energie, damit diese negativen Auswirkungen verringert werden, sowie wirksame Maßnahmen gegen inakzeptable Spekulation, durch die diese Auswirkungen weiter verschärft werden, indem unter anderem Lehren aus den erfolgreichen Maßnahmen gezogen werden, die die EU als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie ergriffen hat;
24. nimmt mit Besorgnis die Forderung der Russischen Föderation zur Kenntnis, dass die Mitgliedstaaten ab April 2022 Gaslieferungen in Rubel bezahlen sollen; besteht darauf, dass die Russische Föderation die Bestimmungen ihrer Energieverträge einhalten muss und dass die EU und ihre Mitgliedstaaten keine einseitige Entscheidung akzeptieren dürfen, im Rahmen dieser Verträge Zahlungen in Rubel zu leisten;
25. ist besorgt über die negativen Folgen der Aggression und des Überfalls Russlands auf die Ukraine für den Energiebinnenmarkt der EU, da Russlands Handlungen zu einem Anstieg der Energiepreise für Einzelpersonen und Unternehmen und zu einem Anstieg der Zahl der Menschen geführt haben, die unter Energiearmut (d.h. Armut infolge hoher Energiekosten) leiden, von der vor allem besonders schutzbedürftige Menschen mit den niedrigsten Einkommen betroffen sind; fordert die Kommission auf, Möglichkeiten zu sondieren, wie die Auswirkungen steigender Energiepreise auf einkommensschwache Haushalte abgemildert werden können; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, in erneuerbare Alternativen zu investieren und wirtschaftspolitische Maßnahmen aufeinander abzustimmen, um den steigenden Energiepreisen entgegenzuwirken;
26. fordert, dass so rasch wie möglich Maßnahmen in Richtung eines vollständigen Embargos für russische Gas-, Öl- und Kohleeinfuhren ergriffen werden und daher die Umsetzung des von der Kommission vorgeschlagenen Aktionsplans für die Energieunabhängigkeit von der Russischen Föderation innerhalb eines konkreten Zeitrahmens beschleunigt wird, die gemeinsamen Anstrengungen zur schrittweisen Einstellung der Einfuhren russischer Energieerzeugnisse so rasch wie möglich an Fahrt gewinnen, ein Solidaritätsmechanismus eingerichtet wird, um die sozialen Folgen dieses Prozesses abzumildern, und das Projekt Nord Stream 2 endgültig eingestellt wird;
27. betont erneut, wie wichtig die Diversifizierung der Energieressourcen, -technologien und -versorgungswege ist, zusätzlich zu weiteren Investitionen in Energieeffizienz, erneuerbare Energiequellen, Gas- und Stromspeicherlösungen und nachhaltigen langfristigen Investitionen gemäß dem europäischen Grünen Deal; betont, wie wichtig es ist, durch bestehende und künftige Freihandelsabkommen eine nachhaltige Energieversorgung durch Handelspartner der EU sicherzustellen und die Abhängigkeit der EU von Russland, insbesondere bei Rohstoffen, weiter zu verringern; fordert darüber hinaus, dass auf EU-Ebene gemeinsame strategische Energiereserven und Energiebeschaffungsmechanismen eingerichtet werden, damit man die Energieversorgungssicherheit erhöht und gleichzeitig die Energieabhängigkeit von außen und die Preisvolatilität verringert;
28. ist zutiefst besorgt über die Folgen der Aggression und des Überfalls Russlands auf die Ukraine für die Ernährungssicherheit in der Ukraine, in Europa und anderswo; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, für die Menschen in der Ukraine ein solides Programm für humanitäre Nahrungsmittelhilfe einzurichten; betont, wie wichtig es ist, dafür zu sorgen, dass der Agrarsektor der Ukraine so schnell wie möglich wieder ordnungsgemäß funktionieren kann, indem alle erdenklichen Anstrengungen unternommen werden, um die bevorstehende Aussaat und Erzeugung zu sichern, sowie für sichere Transport- und Lebensmittelkorridore aus dem und in das Land gesorgt wird;
29. weist darauf hin, dass die EU der weltweit größte Importeur und Exporteur von Agrar-, Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen ist; fordert die Kommission nachdrücklich auf, sich gegen mögliche Gegensanktionen der Russischen Föderation zu wappnen, die sich auf die Ernährungssicherheit in der EU auswirken könnten, und neue Märkte zu ermitteln und zu erschließen, sodass die EU-Ausfuhren von Lebensmitteln umgelenkt werden, und zwar mit dem Ziel einer weiteren Diversifizierung des Angebots aus Drittländern und der Ausfuhren dorthin; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Märkte für Erzeugnisse der Landwirtschaft, der Fischerei und der Aquakultur sorgfältig zu überwachen und dabei der Preisspekulation, der Lebensmittelsicherheit und der mittel- und langfristigen Sicherheit der Lebensmittelversorgung gemäß den Zielen des europäischen Grünen Deals besondere Aufmerksamkeit zu widmen sowie die Integrität des Binnenmarkts sicherzustellen;
30. nimmt mit Besorgnis die finanziellen und wirtschaftlichen Unsicherheiten zur Kenntnis, die durch die Aggression und den Überfall Russlands auf die Ukraine entstanden sind; stellt fest, dass die Finanzmärkte mit tatsächlichen oder potenziellen Bedrohungen konfrontiert sind, wenn es um ihre Abhängigkeit von ihren russischen Partnern, die Volatilität der Rohstoffpreise, eine Verschlechterung der Wachstumsaussichten, steigende Inflation und operationelle Risiken, einschließlich Cyberangriffen und IT-Verflechtungen mit der Russischen Föderation, geht; fordert die Europäischen Aufsichtsbehörden, die Europäische Zentralbank und die Kommission nachdrücklich auf, diese Risiken im Auge zu behalten und dagegen etwas zu unternehmen;
31. stellt fest, dass weder der Fonds Next Generation EU noch die Flexibilität des derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmens 2021–2027 ausreichen, um den durch den Krieg in der Ukraine entstandenen Finanzbedarf zu decken; weist darauf hin, dass diese Instrumente nicht darauf ausgelegt waren, die neuen Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus der Aggression und dem Überfall Russlands auf die Ukraine ergeben haben, und gleichzeitig Investitionen in die Programme und Maßnahmen der EU mit wichtigen Prioritäten wie dem gerechten ökologischen und digitalen Wandel aufrechtzuerhalten; fordert die Kommission daher auf, an erster Stelle eine eingehende Analyse der Auswirkungen auf die Haushaltspläne der EU für 2022 und 2023 und den mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027 durchzuführen, auch um die Relevanz und den Zeitplan der Überarbeitung des MFR zu bestimmen; erwartet, dass bei einer solchen Überarbeitung die langfristigen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine berücksichtigt werden;
32. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den Vereinten Nationen, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Ukraine, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation und dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament von Belarus zu übermitteln.
- [1] Angenommene Texte, P9_TA(2022)0052.
- [2] Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten, ABl. L 212 vom 7.8.2011, S. 12.
- [3] Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits, ABl. L 161 vom 29.5.2014, S. 3.