Entschließungsantrag - B9-0283/2022Entschließungsantrag
B9-0283/2022

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Bekämpfung der Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen in der Ukraine

13.5.2022 - (2022/2655(RSP))

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Sergey Lagodinsky, Alice Kuhnke, Tineke Strik, Francisco Guerreiro, Malte Gallée, Mounir Satouri, Terry Reintke, Bronis Ropė, Hannah Neumann, Rosa D’Amato, Katrin Langensiepen, Alviina Alametsä, Anna Cavazzini, Ignazio Corrao, Viola Von Cramon‑Taubadel
im Namen der Verts/ALE-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0281/2022

Verfahren : 2022/2655(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0283/2022
Eingereichte Texte :
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Angenommene Texte :

B9‑0283/2022

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Bekämpfung der Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen in der Ukraine

(2022/2655(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Russland und zur Ukraine, insbesondere die Entschließungen vom 1. März[1] und vom 7. April 2022[2],

 unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen, die Haager Übereinkommen, die Genfer Konventionen und ihre Zusatzprotokolle und das Römische Statut,

 unter Hinweis auf die Erklärung der Präsidentin der Kommission, Ursula von der Leyen, vom 4. April 2022 im Anschluss an ihr Telefonat mit Präsident Selenskyj zu den Reaktionen der Kommission auf die Gräueltaten in Butscha,

 unter Hinweis auf die im Namen der EU abgegebene Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) vom 4. April 2022 zu russischen Gräueltaten in Butscha und anderen ukrainischen Städten,

 unter Hinweis auf die Erklärung zu den russischen Gräueltaten in Butscha und anderen ukrainischen Städten, die die EU anlässlich der Sondersitzung Nr. 1366 des Ständigen Rates der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am 5. April 2022 in Wien abgegeben hat,

 unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts,

 unter Hinweis auf das Abkommen aus dem Jahre 2006 zwischen dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) und der Europäischen Union über Zusammenarbeit und Unterstützung,

 unter Hinweis auf die Entschließung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (Parliamentary Assembly of the Council of Europe – PACE) vom 28. April 2022 mit dem Titel „The Russian Federation’s aggression against Ukraine: ensuring accountability for serious violations of international humanitarian law and other international crimes“ (Der Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine: für Rechenschaftspflicht für schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und für andere internationale Verbrechen sorgen),

 unter Hinweis auf den Bericht über die Reise von Sachverständigen des Moskauer Mechanismus der OSZE vom 13. April 2022 zu seit dem 24. Februar 2022 in der Ukraine begangenen Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht und die internationalen Menschenrechtsnormen, zu Kriegsverbrechen und zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit,

 unter Hinweis auf die Berichte von Human Rights Watch zur Ukraine vom 3. April und vom 21. April 2022 und den Bericht von Amnesty International vom 6. Mai 2022,

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass gemäß der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsätzen des Völkerrechts alle Staaten souveräne Gleichheit genießen und in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete Androhung oder Anwendung von Gewalt unterlassen müssen;

B. in der Erwägung, dass die Russische Föderation seit dem 24. Februar 2022 einen illegalen, unprovozierten und ungerechtfertigten Angriffskrieg gegen die Ukraine führt; in der Erwägung, dass der Internationale Gerichtshof am 16. März 2022 angeordnet hat, dass die Russische Föderation ihre militärischen Operationen im Hoheitsgebiet der Ukraine unverzüglich aussetzen muss;

C. in der Erwägung, dass in diesem Krieg Tausende Menschen ums Leben gekommen oder verwundet worden sind; in der Erwägung, dass die russische Armee nach wie vor willkürlich Wohngebiete und zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten mit Artillerie beschießt und aus der Luft angreift; in der Erwägung, dass es Hinweise auf willkürliche und unverhältnismäßige Angriffe in Charkiw, Tschernihiw, Mykolajiw und andernorts gibt; in der Erwägung, dass Zehntausende Zivilisten in Mariupol eingeschlossen waren, während ihre Stadt in Schutt und Asche gelegt wurde, wobei Lebensmittel, Wasser, Arzneimittel, Heizung oder Kommunikationsmittel nur in geringem Maße oder gar nicht zur Verfügung standen und es keinen sicheren Fluchtweg gab;

D. in der Erwägung, dass aus zahlreichen zuvor besetzten ukrainischen Städten wie Butscha, Irpin, Hostomel, Iwankiw und anderen Ortschaften, die nun von den ukrainischen Streitkräften befreit worden sind, Berichte über Massengräber mit Hunderten Toten und über Leichen von Zivilisten auf den Straßen, darunter auch von Frauen, Kindern und älteren Menschen – manche mit auf dem Rücken gefesselten Händen –, übermittelt werden;

E. in der Erwägung, dass Russland seit dem Beginn seiner umfassenden Invasion der Ukraine massive und schwere Kriegsverbrechen begangen hat, wobei hier etwa Massentötungen von Zivilisten, Folter, sexuelle Gewalt, Verschleppungen, Zwangsdeportationen, Plünderungen und die Behinderung von Evakuierungen und humanitären Konvois zu nennen sind; in der Erwägung, dass die russischen Staatsorgane die Verantwortung für diese Gräueltaten tragen, die begangen wurden, als sie diese Gebiete, in denen sie dem internationalen Besatzungsrecht unterliegen, effektiv kontrollierten;

F. in der Erwägung, dass dem Menschenrechtsbeauftragten der Ukraine zufolge Hunderttausende Ukrainer aus den vorübergehend besetzten Gebieten nach Russland – häufig in abgelegene und wirtschaftlich schwache Regionen – verschleppt wurden und hierbei Kinder von ihren Eltern getrennt wurden;

G. in der Erwägung, dass Human Rights Watch mehrfach den Einsatz von weithin verbotener Streumunition und anderen Explosivwaffen gegen Zivilisten durch Russland dokumentiert hat, wobei unter anderem ballistische Totschka-Raketen mit Sprengköpfen mit Streumunition und Smertsch-Raketen mit Streumunition zum Einsatz gekommen sind;

H. in der Erwägung, dass auch die Auswirkungen des Krieges und der von Russland in der Ukraine begangenen Verbrechen auf Umwelt und Gesundheit erheblich sind und noch lange zu spüren sein werden; in der Erwägung, dass die Ukraine Russland des Diebstahls mehrerer Hunderttausend Tonnen Getreide beschuldigt und die Vereinten Nationen bestätigen, dass vermehrt Hinweise darauf vorliegen, dass die russischen Truppen ukrainische Getreidevorräte geplündert und Getreidelager zerstört haben, wodurch sie die weltweite Lebensmittelkrise verschärfen und einen Beitrag zu einer möglichen Hungersnot in der Ukraine leisten; in der Erwägung, dass annähernd 25 Millionen Tonnen Getreide in der Ukraine blockiert sind, da Russland die Logistikinfrastruktur zerstört hat und den Seeweg abriegelt;

I. in der Erwägung, dass jedermann für Kriegsverbrechen verantwortlich ist, der solche Verbrechen anordnet oder vorsätzlich begeht, daran mitwirkt und ihnen Vorschub leistet; in der Erwägung, dass Befehlshaber von Streitkräften, die von solchen Verbrechen wussten oder Grund zu der Annahme hatten, dass sie begangen werden, aber keinen Versuch unternommen haben, den Tätern Einhalt zu gebieten oder sie zu bestrafen, im Sinne der Befehlsverantwortung strafrechtlich für Kriegsverbrechen verantwortlich sind; in der Erwägung, dass der IStGH Personen, die dieser Verbrechen verdächtigt werden, strafrechtlich verfolgen könnte, da die Ukraine die Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkennt; in der Erwägung, dass die Ukraine außerdem strafrechtliche Ermittlungen gegen diese Personen innerhalb ihres nationalen Justizwesens aufnehmen könnte und dass die Mitgliedstaaten und Drittländer Personen aufgrund von Angriffen gegen ihre Staatsangehörigen oder – nach dem Weltrechtsprinzip, wenn diese Möglichkeit im nationalen Recht vorgesehen ist – wegen internationaler Verbrechen strafrechtlich verfolgen könnten; in der Erwägung, dass auch Russland selbst gemäß seinem Strafgesetzbuch verpflichtet ist, Angriffskriege und Kriegsverbrechen strafrechtlich zu verfolgen;

J. in der Erwägung, dass die EU in mehreren Erklärungen festgehalten hat, dass Personen, die Kriegsverbrechen und andere schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und internationale Menschenrechtsnormen begangen haben, sowie die verantwortlichen Staatsbediensteten und Militärführer zur Rechenschaft gezogen werden und dass sie alle Maßnahmen unterstützt, mit denen für Rechenschaftspflicht mit Blick auf diese von den russischen Streitkräften und anderen Besatzungsbehörden in der Ukraine begangenen Verstöße gesorgt wird;

K. in der Erwägung, dass die ukrainischen staatlichen Stellen, der IStGH, die Mitgliedstaaten wie Deutschland und Drittstaaten auf der Grundlage des Weltrechtsprinzips mehrere Untersuchungen zu den Kriegsverbrechen in der Ukraine eingeleitet haben; in der Erwägung, dass sie sich darauf konzentrieren, Beweise wie etwa Augenzeugenberichte, Foto- und Satellitenbeweise, abgefangene Kommunikation des russischen Militärs und möglicherweise Aussagen russischer Soldaten zusammenzutragen; in der Erwägung, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen außerdem eine Untersuchungskommission zu den schweren Verstößen gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht in der Ukraine eingesetzt hat, deren Arbeit eine wichtige Unterstützung der Tätigkeit des IStGH und anderer Justizbehörden sein könnte;

L. in der Erwägung, dass die Sachverständigen des Moskauer Mechanismus der OSZE in ihrem Bericht über ihre Reise zu dem Schluss gekommen sind, dass zahlreiche Tötungen und Verletzungen von Zivilisten verhindert hätten werden können, wenn Russland seine Verpflichtungen im Rahmen des humanitären Völkerrechts, bei den Feindseligkeiten in der Ukraine zwischen Zivilpersonen und Kombattanten zu unterscheiden, verhältnismäßig vorzugehen und Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, erfüllt hätte, und dass sich der Krieg besonders abträglich auf Personen auswirkt, die schutzbedürftigen Gruppen angehören, wie etwa auf Frauen, Kinder, ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen;

M. in der Erwägung, dass die Mission zur Überwachung der Menschenrechtslage in der Ukraine, mit deren Hilfe das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE seit dem ersten Tag des illegalen russischen Angriffskriegs die schwerwiegendsten Verstöße gegen die Menschenrechte und gegen Menschrechtsnormen dokumentiert, Rechenschaftsmechanismen, die über die gerichtliche Zuständigkeit verfügen oder zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise verfügen werden, Beweise vorlegen will;

N. in der Erwägung, dass die EU zusammen mit der Ukraine eine gemeinsame Ermittlungsgruppe eingesetzt hat, die mit Unterstützung von Eurojust und unter Beteiligung der Anklagebehörde des IStGH Beweise erheben und Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersuchen soll;

1. verurteilt den Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine und die Beteiligung von Belarus an diesem Krieg auf das Allerschärfste und fordert Russland auf, alle militärischen Aktivitäten in der Ukraine umgehend einzustellen und sämtliche Streitkräfte und das gesamte militärische Gerät bedingungslos aus dem gesamten international anerkannten Hoheitsgebiet der Ukraine abzuziehen;

2. bekundet seine ungeteilte Solidarität mit der Bevölkerung der Ukraine, unterstützt uneingeschränkt die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen und hebt hervor, dass dieser Krieg eine schwerwiegende Völkerrechtsverletzung darstellt;

3. verurteilt nachdrücklich die gemeldeten Gräueltaten der russischen Streitkräfte und anderer Besatzungsbehörden; beharrt darauf, dass diejenigen, die Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und möglicherweise Genozid begangen haben oder in genozidaler Absicht handeln sowie die verantwortlichen Staatsbediensteten und Militärbefehlshaber zur Rechenschaft gezogen werden müssen;

4. begrüßt die vom Ankläger des IStGH eingeleitete Untersuchung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Untersuchungskommission des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte und die Bemühungen der unabhängigen Zivilgesellschaft um die Erhebung und Sicherung von Beweisen für Kriegsverbrechen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten deshalb auf, der Zivilgesellschaft finanzielle und praktische Unterstützung zukommen zu lassen;

5. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alle rechtmäßigen internationalen und nationalen Verfahren zur Untersuchung der in der Ukraine mutmaßlich begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu unterstützen, damit alle Täter vor einem Gericht zur Rechenschaft gezogen werden können;

6. fordert, dass die EU den Ankläger des IStGH bei der Ermittlung und strafrechtlichen Verfolgung von mutmaßlichen Tätern, die für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und möglicherweise Völkermord verantwortlich sind, unterstützt, indem sie politische Unterstützung leistet, alle in ihrem Besitz befindlichen Beweismittel zur Verfügung stellt, auch aus frei zugänglichen Quellen gewonnene Erkenntnisse, Informationen und Daten, Satellitenbilder und abgehörte Kommunikation, und dem Gesamthaushalt des IStGH angemessene personelle und finanzielle Ressourcen bereitstellt, um seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit in vollem Umfang zu schützen;

7. fordert die Mitgliedstaaten – auch durch ihre Teilnahme am Fünften Ausschuss der Generalversammlung der Vereinten Nationen – und die Vereinten Nationen nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Untersuchungskommission des UNHRC über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, damit sie sämtliche Aspekte ihres Mandats auf unabhängige Weise wahrnehmen kann, und über ausreichendes Fachwissen verfügt, um ihr Mandat wahrnehmen zu können, einschließlich der Sonderuntersuchung, insbesondere in Bezug auf forensische Untersuchungen, die Rechte von Kindern, die Rechte von Menschen mit Behinderungen und die Rechte älterer Menschen;

8. bedauert zutiefst, dass beschlossen wurde, die Sonderbeobachtermission der OSZE für die Ukraine zu beenden, nachdem auf der Tagung des Ständigen Rates der OSZE am 31. März 2022 kein Konsens über die Verlängerung des Mandats der Mission erzielt wurde, und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, jede Möglichkeit zu prüfen, Mandat und Funktion der Sonderbeobachtermission wiederherzustellen, was darin besteht, Informationen zu sammeln und über die Sicherheitslage zu berichten und Fakten im Zusammenhang mit bestimmten Vorfällen zu ermitteln und darüber Bericht zu erstatten;

9. betont, dass eine enge Koordinierung und der Austausch von Beweismitteln zwischen den Strafverfolgungsbehörden in verschiedenen Ländern wichtig sind, um die Wirksamkeit dieser Ermittlungen sicherzustellen, und insbesondere eine enge Zusammenarbeit mit den ukrainischen Behörden; begrüßt in diesem Zusammenhang das geänderte Mandat der Beratenden Mission der EU für die Reform des zivilen Sicherheitssektors in der Ukraine und den Vorschlag für ein Mandat für neue Vorschriften, die es der Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) ermöglichen sollen, Beweise im Zusammenhang mit völkerstrafrechtlichen Kernverbrechen, etwa Kriegsverbrechen, zu sichern, zu analysieren und zu speichern;

10. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die erforderliche Unterstützung zu leisten, um die Kapazitäten und Ressourcen der ukrainischen Justiz zu stärken, damit Kriegsverbrechen wirksam untersucht und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden können; betont, dass Anstrengungen zur Sicherung von Beweismitteln Vorrang eingeräumt werden muss, die für die künftige Untersuchung von Kriegsverbrechen von entscheidender Bedeutung sein könnten, unter anderem indem Massengräber abgeriegelt werden, bis eine professionelle Exhumierung durchgeführt werden kann, Leichen und deren Umgebung vor dem Begräbnis fotografiert werden, nach Möglichkeit die jeweilige Todesursache erfasst wird, die Namen der Opfer erfasst und Zeugen ermittelt werden und nach Beweismaterial gesucht wird, das die russischen Streitkräfte möglicherweise zurückgelassen haben;

11. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu unterstützen, die die Schulung und Sensibilisierung von Menschenrechtsverteidigern sowie von Richtern und Staatsanwälten in Bezug auf digitale Beweismittel und die digitale Erfassung von Menschenrechtsverletzungen erleichtern, um vor nationalen und internationalen Gerichten für mehr Klarheit in Bezug auf die Zulässigkeitskriterien zu sorgen;

12. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die ukrainischen staatlichen Stellen dabei zu unterstützen, die wichtigsten Kriterien für die Bekämpfung der Straflosigkeit bei schweren Verbrechen im Sinne des Völkerrechts, einschließlich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, auf nationaler Ebene zu erfüllen, wobei diese Kriterien u. a. Folgendes umfassen: die unverzügliche, unabhängige und unparteiische Untersuchung und Verfolgung dieser Verbrechen, die strikte Umsetzung international anerkannter Normen für faire Verfahren, einschließlich der Rechte der Angeklagten, wie in Artikel 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgeführt, verhältnismäßige Strafen, die im Falle einer Verurteilung der Schwere des jeweiligen Verbrechens entsprechen, wozu auch Freiheitsstrafen gehören können, die Todesstrafe jedoch ausgeschlossen sein muss, Schutz und Unterstützung von Zeugen und Opfern, die an den Gerichtsverfahren beteiligt sind, Garantien für die Sicherheit von Richtern, Gerichtsbediensteten und Verteidigern, damit sie frei von Gefährdung und Schädigung ihrer Arbeit nachgehen können, echte Möglichkeiten für Opfer, in den Prozess einbezogen zu werden und nicht nur als Zeugen zu fungieren, Bereitstellung von Informationen über die Bemühungen der Justiz für die am stärksten von den Verbrechen betroffenen Bevölkerungsgruppen, auch weil sie möglicherweise nur über begrenzte Erfahrungen mit Strafverfahren verfügen;

13. fordert die Ukraine nachdrücklich auf, das Römische Statut des IStGH und die Änderungen des Statuts zu ratifizieren und offiziell Mitglied des IStGH zu werden, um die Bemühungen darum, für schwere internationale Verbrechen verantwortliche Personen zur Rechenschaft zu ziehen, zu unterstützen, und die nationalen ukrainischen Rechtsvorschriften und Verfahren auf das Völkerrecht abzustimmen und dadurch den innerstaatlichen Rechtsmechanismus zu stärken, um Straflosigkeit bei derartigen Verbrechen entgegenzuwirken; weist erneut darauf hin, dass alle Konfliktparteien das humanitäre Völkerrecht strikt achten müssen; fordert die Ukraine auf, dafür zu Sorge zu tragen, dass mutmaßliche Misshandlungen russischer Kriegsgefangener durch ukrainische Kämpfer wirksam untersucht werden;

14. fordert alle internationalen und nationalen Akteure, die mit der Rechenschaftspflicht befasst sind, auf, bei der Beschaffung von Informationen, die für Gerichtsverfahren relevant sind, eng mit der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, unter anderem indem der Zugang zu Informationen und die Kontaktaufnahme mit Opfern und betroffenen Gemeinschaften verbessert werden, die Offenheit und Transparenz des Verfahrens sichergestellt wird und dafür Sorge getragen wird, dass die Zivilgesellschaft in die Reaktion auf die von der Russischen Föderation begangenen Gräueltaten eingebunden wird;

15. fordert die internationale Gemeinschaft auf, auch Umweltstraftaten, insbesondere Ökozid und massive Umweltverschmutzung, einschließlich grenzüberschreitender Umweltschäden, ernsthaft zu untersuchen und zu bestrafen, da Russland weiterhin Industrie- und Brennstoffanlagen, die Strom- und Wasserversorgung, Abwassersysteme und andere Einrichtungen ins Visier nimmt, was zu einer großflächigen Kontamination und zur Verwüstung von Feuchtgebieten, Wäldern, Nationalparks, Schutzgebieten, einschließlich der einen Radius von 30 km umfassenden Sperrzone rund um Tschernobyl, und Lebensräumen für gefährdete und bedrohte Arten führt und was mit schwerwiegenden langfristigen Auswirkungen verbunden ist;

16. fordert die Mitgliedstaaten auf, Beweise zu sammeln und eine Untersuchung des Anklägers des IStGH zu unterstützen, damit festgestellt werden kann, ob die von russischen Streitkräften in der Ukraine begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit einem Völkermord gleichkommen; weist darauf hin, dass die internationale Gemeinschaft im Falle von Völkermord in besonderem Maße zum Handeln verpflichtet ist und alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen sollte; hebt die Bedeutung der Arbeit des Europäischen Netzes von Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind, hervor und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, das Netzt stärker zu unterstützen, ihre Zusammenarbeit innerhalb des Netzes zu verstärken und seine Empfehlungen umzusetzen;

17. verurteilt aufs Schärfste den Einsatz sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt als Kriegswaffe und betont, dass dies ein Kriegsverbrechen darstellt und daher gemäß den Bestimmungen des Völkerrechts und des Römischen Statuts des IStGH, insbesondere Artikel 7 und 8, strafrechtlich verfolgt werden sollte; fordert daher, dass Frauen und Mädchen, die während des Konflikts Opfer sexueller Gewalt wurden, besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird;

18. fordert nachdrücklich, dass die mutmaßlichen Plünderungen und Zerstörungen von Lebensmittellagern durch die russischen Streitkräfte und Besatzungsbehörden untersucht werden und ihre weltweiten Auswirkungen, insbesondere auf die Entwicklungsländer, die Lebensmittel einführen, einer aussagekräftigen Bewertung unterzogen werden;

19. fordert die EU auf, alle erforderlichen Maßnahmen in internationalen Institutionen und Verfahren sowie vor dem IStGH und anderen geeigneten internationalen Gerichten zu ergreifen, damit die Handlungen der politischen Verantwortlichen in Russland und Belarus als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, mutmaßlicher Völkermord und Verbrechen der Aggression verfolgt werden, und sich tatkräftig an den diesbezüglichen Ermittlungen zu beteiligen;

20. hebt in diesem Zusammenhang die derzeitigen Diskussionen in der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen zur Immunität staatlicher Funktionsträger hervor und fordert entsprechende Folgemaßnahmen; fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Kommission auf, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten den Aufbau nationaler Kapazitäten in Drittländern weiter zu stärken, insbesondere durch eine weltweite Kampagne zur Unterstützung der Annahme nationaler Rechtsvorschriften zur universellen Gerichtsbarkeit, und gleichzeitig internationale Strafgerichte und -mechanismen sowie Plattformen und Organisationen zu unterstützen, die sich für die Bekämpfung der Straflosigkeit einsetzen, etwa die Koalition für den Internationalen Strafgerichtshof;

21. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit wirksam für die Untersuchung und Verfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine zu nutzen und die Zusammenarbeit untereinander zu intensivieren, wobei der Kommission eine koordinierende und fördernde Rolle zukommt;

22. unterstützt die Forderung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats nach einem internationalen Ad-hoc-Strafgerichtshof, der das mutmaßlich von der politischen und militärischen Führung der Russischen Föderation begangene Verbrechen der Aggression untersuchen und strafrechtlich verfolgen soll, und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Einrichtung dieses Strafgerichtshofs zu unterstützen;

23. fordert die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, diese Gelegenheit zu nutzen, um die Sache der weltweiten Gerechtigkeit und den Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit zu stärken, und in anderen Konflikten, in denen Zivilisten leiden und dringend humanitäre Maßnahmen erforderlich sind, dieselbe grundsätzliche Unterstützung zu leisten;

24. begrüßt die rasche Annahme von Sanktionen durch den Rat und fordert die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, angesichts der Aggression Russlands gegen die Ukraine weiterhin Geschlossenheit an den Tag zu legen, und fordert außerdem ein hohes Maß an Koordinierung im Kreise der G7; fordert alle Partner, insbesondere die EU-Bewerberländer und die möglichen Bewerberländer, auf, sich den Sanktionspaketen anzuschließen; fordert die rasche Annahme des sechsten Sanktionspakets; bekräftigt seine Forderung nach einem sofortigen Einfuhrverbot für Energieerzeugnisse aus Russland; fordert, dass die Liste der Personen, gegen die die Sanktionen verhängt werden, erweitert wird;

25. fordert die EU und ihre internationalen Partner auf, nach Möglichkeiten zu suchen, wie auf der Grundlage der Rechtsstaatlichkeit und des Grundsatzes der Verantwortlichkeit der Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen die Höhe der Reparationen, die Russland an die Ukraine zu zahlen hat, festgelegt werden kann und wie sichergestellt werden kann, dass Russland diese Zahlung tatsächlich leistet; fordert die Mitgliedstaaten auf, mögliche rechtliche Wege zu prüfen, um unter uneingeschränkter Achtung des Völkerrechts und auf einer klaren Rechtsgrundlage auf dem Hoheitsgebiet der EU befindliche Vermögenswerte, die sich im Besitz der russischen Regierung befinden oder die von mit ihr verbundenen Einrichtungen kontrolliert werden oder sich in deren Besitz befinden, sowie Vermögenswerte, die sich im Besitz von Personen befinden, die auf der EU-Sanktionsliste stehen, wenn es sich um Erträge aus Straftaten handelt, einzuziehen, und zu prüfen, inwieweit die durch die Einziehung oder Enteignung von Vermögenswerten erzielten Einnahmen in die Ukraine geleitet und zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine betroffenen Menschen verwendet werden könnten, wobei diese Maßnahmen eng mit den internationalen Partnern abzustimmen sind;

26. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Europarat, der NATO und der OSZE sowie dem Präsidenten, der Regierung und der Werchowna Rada der Ukraine sowie dem Präsidenten, der Regierung und der Staatsduma der Russischen Föderation zu übermitteln.

 

 

 

Letzte Aktualisierung: 18. Mai 2022
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