ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu Russlands Eskalation seines Angriffskriegs gegen die Ukraine
3.10.2022 - (2022/2851(RSP))
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Pedro Marques, Tonino Picula
im Namen der S&D-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0430/2022
B9‑0433/2022
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Russlands Eskalation seines Angriffskriegs gegen die Ukraine
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Hohen Vertreters im Namen der Europäischen Union, insbesondere die Erklärungen vom 22. September 2022 zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und vom 28. September 2022 zu den illegalen Scheinreferenden Russlands in den Regionen Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates vom 30. September 2022,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Staats- und Regierungschefs der G7 vom 23. September 2022,
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998,
– gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass gemäß der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsätzen des Völkerrechts alle Staaten souveräne Gleichheit genießen und in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete Androhung oder Anwendung von Gewalt unterlassen müssen; in der Erwägung, dass, jede Annexion des Hoheitsgebiets eines Staates durch einen anderen Staat infolge der Androhung oder Anwendung von Gewalt einen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen und Grundsätze des Völkerrechts darstellt;
B. in der Erwägung, dass die Russische Föderation als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen eine besondere Verantwortung für die Wahrung von Frieden und Sicherheit in der Welt trägt, jedoch durch ihre aggressiven Handlungen gegen die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit der Ukraine fortgesetzt gegen die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen verstößt und die internationale Gemeinschaft offen herausgefordert hat, indem sie ihre rechtswidrigen Handlungen, die einen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen darstellen, während der Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen ankündigte;
C. in der Erwägung, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen bereits vor sieben Monaten den Angriff Russlands auf die Ukraine in ihrer Resolution vom 2. März 2022 als Aggression eingestuft hat, die einen Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen darstellt, und die Russische Föderation in ihrer Resolution vom 24. März 2022 aufgefordert hat, ihre Gewaltanwendung gegen die Ukraine unverzüglich einzustellen;
D. in der Erwägung, dass die Russische Föderation stattdessen ihren Angriffskrieg gegen die Ukraine erheblich ausgeweitet hat, insbesondere seit dem 21. September 2022, indem sie eine Mobilmachung ihrer Bevölkerung für Krieg angeordnet hat, illegale sogenannte „Referenden“ in den vier teilweise besetzten ukrainischen Gebieten Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja durchgeführt hat und der internationalen Gemeinschaft mit dem Einsatz von Nuklearwaffen gedroht hat;
E. in der Erwägung, dass die illegalen sogenannten „Referenden“ in keiner Weise als echter Ausdruck des Volkswillens angesehen werden können, da sie während des anhaltenden Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine, unter russischer militärischer Besetzung, außerhalb des Rechts- und Verfassungsrahmens der Ukraine und vor einer die Bevölkerung vor Ort einschüchternden massiven Drohkulisse des russischen Militärs und seiner Statthalter durchgeführt wurden;
1. verurteilt erneut den rechtswidrigen, unprovozierten und ungerechtfertigten Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine aufs Schärfste und fordert die Russische Föderation auf, alle militärischen Aktivitäten in der Ukraine unverzüglich, vollständig und bedingungslos einzustellen, alle Streitkräfte und Statthalter sowie militärische Ausrüstung aus dem gesamten international anerkannten Hoheitsgebiet der Ukraine abzuziehen und die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine uneingeschränkt zu achten;
2. brandmarkt und verwirft die illegalen sogenannten Referenden, die zwischen dem 23. und 27. September 2022 im besetzten ukrainischen Hoheitsgebiet stattfanden, die Dekrete des russischen Präsidenten vom 29. September 2022 zur Anerkennung der „Unabhängigkeit“ der ukrainischen Gebiete Cherson und Saporischschja sowie die am 30. September 2022 unterzeichneten rechtswidrigen Verträge über die Aufnahme in die Russische Föderation; fordert die Russische Föderation auf, alle Rechtsakte im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Annexion weiterer Teile ukrainischen Hoheitsgebiets in den Gebieten Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja unverzüglich für nichtig zu erklären;
3. betont, dass die Besetzung und Annexion des ukrainischen Hoheitsgebiets einen klaren und unbestrittenen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen darstellt, der im Interesse der globalen Sicherheit und der auf Regeln beruhenden internationalen Ordnung von der internationalen Gemeinschaft nicht unbeantwortet bleiben kann und wird;
4. lehnt jeglichen Anspruch auf Legitimität in Bezug auf das Ergebnis der illegalen sogenannten „Referenden“, die der örtlichen Bevölkerung im Rahmen eines Besatzungsregimes aufgezwungen und durch die Anwesenheit von Militärpersonal und Waffen durchgesetzt werden, auch in Bezug auf diejenigen, die vorgeben, die vier besetzten ukrainischen Regionen zu vertreten, die gefälschten Ergebnisse der inszenierten „Referenden“ an die russischen Staatsorgane gemeldet haben und unter völliger Missachtung des ukrainischen Rechts und des Völkerrechts Scheinverträge über den Beitritt zur Russischen Föderation unterzeichnet haben, entschieden zurück;
5. erklärt seine unerschütterliche Unterstützung für die Politik der Union, die illegalen Handlungen Russlands gegen die Ukraine, einschließlich der Annexion, nicht anzuerkennen; fordert den Rat daher auf, als Reaktion auf die anhaltenden und eklatanten Verstöße Russlands gegen das Völkerrecht und die territoriale Unversehrtheit der Ukraine – wozu Russland rechtswidrige sogenannte „Referenden“ abgehalten hat, um die Annexion weiterer Teile des ukrainischen Hoheitsgebiets vorzubereiten – weitere strenge Sanktionen zu verhängen;
6. bringt seine Resignation darüber zum Ausdruck, dass Russland seine Bevölkerung für einen Krieg mobilisiert hat, der in erster Linie der Bevölkerung der Ukraine, aber auch dem russischen Volk zusätzliches menschliches Leid bringt; appelliert nachdrücklich an die gesamte Bevölkerung Russlands, sich zu weigern, sich in diesen Krieg hineinziehen zu lassen, der völkerrechtswidrig ist und daher von einer großen Mehrheit der Länder verurteilt wurde, der nur geführt wird, um ein undemokratisches kleptokratisches Regime in Russland an der Macht zu halten, und der letztlich die Wirtschaft Russlands und die Aussichten der Bevölkerung Russlands auf eine sichere und gedeihliche Zukunft zerstören wird;
7. verurteilt den rücksichtslosen Rückgriff der russischen Führung auf Drohungen mit dem Einsatz nuklearer Massenvernichtungswaffen, die nicht nur eine Bedrohung für die Ukraine und ihre europäischen Nachbarn, sondern auch für die gesamte internationale Gemeinschaft und die gesamte Menschheit darstellen;
8. unterstützt den Aufruf des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik an alle Mitglieder der Vereinten Nationen, sich der EU und anderen internationalen Partnern anzuschließen und das gefälschte Ergebnis der illegalen „Referenden“ – die Russland in dem Versuch inszeniert hat, seine eklatanten Verstöße gegen das Völkerrecht zu verschleiern und eine fiktive Rechtsgrundlage für die rechtswidrige Annexion des ukrainischen Hoheitsgebiets zu schaffen – abzulehnen; betont, dass Russland sich durch seine anhaltenden Verstöße gegen das Völkerrecht das Land innerhalb der internationalen Gemeinschaft zunehmend isoliert;
9. fordert den Rat auf, die Zahl der Personen und Organisationen, gegen die individuelle Sanktionen verhängt wurden, erheblich zu erhöhen, indem alle Personen einbezogen werden, die für die Anordnung, Vorbereitung und Organisation der illegalen „Referenden“ sowie jede weitere Annexion verantwortlich sind, und die Liste der Sektoren der russischen Wirtschaft, gegen die Sanktionen verhängt wurden, zu erweitern, um die Fähigkeit Russlands, seine rechtswidrigen Pläne weiterhin umzusetzen, wirksam zu untergraben; fordert die Mitgliedstaaten auf, jedwede Umgehung der Sanktionen mit großem Engagement zu verhindern, zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen; fordert die Kommission und die beiden gesetzgebenden Organe auf, die Ausarbeitung der rechtlichen Regelung für die Einziehung von Vermögenswerten, die durch die Sanktionen eingefroren wurden, zügig zu vollenden;
10. fordert den Rat nachdrücklich auf, die Verabschiedung seines nächsten Pakets von Wirtschaftssanktionen gegen Russland zügig voranzutreiben, geschlossen zu bleiben und bereit zu sein, ähnliche Sanktionen gegen diejenigen zu verhängen, die die rechtswidrige Annexion des ukrainischen Hoheitsgebiets durch Russland politisch oder wirtschaftlich unterstützen;
11. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Leitlinien der Kommission für die allgemeine Visumerteilung in Bezug auf russische Antragsteller und die Kontrolle russischer Staatsangehöriger an den Außengrenzen in vollem Einklang mit dem Unionsrecht und dem Völkerrecht vollständig umzusetzen und zu gewährleisten, dass jeder Asylantrag individuell im Einklang mit dem Asyl-Besitzstand der Union bearbeitet wird; fordert den Rat und die Kommission auf, die Lage in Bezug auf Visa für russische Staatsangehörige genau zu überwachen;
12. erkennt das legitime Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen uneingeschränkt an und betont, dass sie sich auf dieses Recht berufen kann, um sich gegen den Angriffskrieg Russlands zu verteidigen und wieder die volle Kontrolle über ihr gesamtes international anerkanntes Gebiet zu erlangen; fordert die Mitgliedstaaten daher nachdrücklich auf, der Ukraine weiterhin so viel militärische Unterstützung wie möglich zu leisten, und fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik nachdrücklich auf, diese Bemühungen weiterhin durch einen koordinierten Ansatz und eine wirksame Nutzung der Europäischen Friedensfazilität zu unterstützen; betont, dass die militärische Unterstützung der Ukraine ein direktes Ergebnis des rechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine ist, darauf abzielt, die unter Verstoß gegen das Völkerrecht erfolgte Verletzung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu beenden, und daher entgegen den russischen Propagandabemühungen nicht als Aggression gegen die Russische Föderation ausgelegt werden darf; stellt fest, dass die anhaltenden Verletzungen der territorialen Integrität der Ukraine durch Russland und die wiederholte rechtswidrige Annexion ukrainischen Hoheitsgebiets die Ukraine veranlasst haben, ihren Wunsch nach einem Beitritt zur NATO zu bekräftigen;
13. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Vereinten Nationen, dem Europarat und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sowie dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation zu übermitteln.