Entschließungsantrag - B9-0455/2022Entschließungsantrag
B9-0455/2022

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum Tod von Mahsa Amini und zur Unterdrückung der Demonstranten für Frauenrechte im Iran

4.10.2022 - (2022/2849(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Raffaele Fitto, Anna Fotyga, Charlie Weimers, Assita Kanko, Bogdan Rzońca, Adam Bielan, Dominik Tarczyński, Valdemar Tomaševski, Elżbieta Rafalska, Ryszard Czarnecki, Veronika Vrecionová, Jadwiga Wiśniewska, Witold Jan Waszczykowski, Carlo Fidanza, Patryk Jaki, Beata Mazurek, Ladislav Ilčić, Nicola Procaccini, Alexandr Vondra
im Namen der ECR-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0434/2022

Verfahren : 2022/2849(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0455/2022
Eingereichte Texte :
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Angenommene Texte :

B9‑0455/2022

Entschließung des Europäischen Parlaments zum Tod von Mahsa Amini und zur Unterdrückung der Demonstranten für Frauenrechte im Iran

(2022/2849(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Iran, insbesondere die Entschließung vom 17. Februar 2022 zur Todesstrafe im Iran[1], die Entschließung vom 8. Juli 2021 zu dem Fall von Ahmadresa Dschalali im Iran[2], die Entschließung vom 17. Dezember 2020 zum Iran und insbesondere dem Fall der Sacharow-Preisträgerin 2012, Nasrin Sotudeh[3], die Entschließung vom 19. September 2019 zum Iran, insbesondere zur Lage von Frauenrechtsaktivisten und inhaftierten EU-Bürgern, die zusätzlich die iranische Staatsangehörigkeit besitzen[4], und die Entschließung vom 19. Dezember 2019 zur brutalen Niederschlagung der jüngsten Proteste im Iran[5],

 unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 19. September 2022 zum Tod von Mahsa Amini,

 in Kenntnis der Erklärung von Experten der Vereinten Nationen vom 22. September 2022 zum Tod von Mahsa Amini,

 unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) 2021/584 des Rates vom 12. April 2021 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 359/2011 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in Iran[6] und den Durchführungsbeschluss (GASP) 2021/585 des Rates vom 12. April 2021 zur Durchführung des Beschlusses 2011/235/GASP über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Iran[7],

 unter Hinweis auf die globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte (Magnitski-Rechtsakt der EU) vom 7. Dezember 2020,

 unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

 unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966,

 unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984,

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass Mahsa Amini, eine 22-jährige kurdische Iranerin, auch unter ihrem kurdischen Namen Dschina bekannt, am 13. September festgenommen wurde, weil sie vorgeblich ihren Hidschab auf „unangemessene“ Weise getragen habe; in der Erwägung, dass sie in Haft geschlagen wurde und ihren Verletzungen drei Tage später, am 16. September 2022, erlag; in der Erwägung, dass die iranischen Staatsorgane geltend machen, dass sie eines natürlichen Todes gestorben sei; in der Erwägung, dass keine ordnungsgemäße Untersuchung durchgeführt wurde; in der Erwägung, dass der Vater des Opfers von Ärzten daran gehindert wurde, ihre Leiche zu sehen und den Obduktionsbefund zu lesen;

B. in der Erwägung, dass Tausende Iraner in über 120 Städten in über 30 Provinzen im ganzen Land auf die Straße gegangen sind, um gegen den Tod von Mahsa Amini zu protestieren, darunter Teheran, Isfahan, Karadsch, Maschhad, Rascht, Saqqes und Sanandadsch; in der Erwägung, dass die Führungskräfte des Iran und die iranischen Staatsorgane davor gewarnt haben, dass sie hart und entschlossen gegen die Demonstranten vorgehen werden; in der Erwägung, dass die Sicherheitskräfte exzessiv und unverhältnismäßig reagiert haben, indem sie scharfe Munition, Schrotgewehre und Tränengas gegen Demonstranten eingesetzt haben;

C. in der Erwägung, dass die Proteste trotz der brutalen Niederschlagung durch die iranischen Staatsorgane, wozu auch die Sperrung des Internets und die starke Einschränkung der Social-Media-Plattformen Instagram, Whatsapp und LinkedIn gehörten, fortgesetzt wurden; in der Erwägung, dass mindestens 133 Menschen, darunter Kinder, getötet und über 1 200 Menschen verhaftet wurden, darunter politische Aktivisten, Journalisten, Sportler und Prominente;

D. in der Erwägung, dass viele Frauen als Protest gegen den Tod von Mahsa Amini ihren Hidschab abnahmen oder ihre Haare abschnitten; in der Erwägung, dass 1983 im Iran eine Verschleierungspflicht eingeführt wurde; in der Erwägung, dass Frauen seither schikaniert, festgenommen, inhaftiert, gefoltert, ausgepeitscht und getötet wurden;

E. in der Erwägung, dass die Proteste auch Menschen unterschiedlicher religiöser und ethnischer Hintergründe vereint haben und von zahlreichen studentischen Aktivisten und gebildeten, städtischen und mittelständischen Frauen und Männern zwischen zwanzig und dreißig Jahren angeführt werden, die ihre Unterstützung für die Rechte und Grundfreiheiten von Frauen zum Ausdruck bringen; in der Erwägung, dass Proteste und Streiks an über 100 Hochschulen im ganzen Land zu Straßendemonstrationen wurden, da Studierende ihren Campus verließen und sich den Protesten anschlossen;

F. in der Erwägung, dass das iranische Ministerium für Information und Sicherheit am 30. September 2022 erklärte, dass es neun Ausländer, darunter deutsche, polnische, französische, italienische, niederländische und schwedische Staatsangehörige, in den letzten Tagen wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an den Protesten festgenommen habe; in der Erwägung, dass das Ministerium für Information und Sicherheit erklärte, dass es die ausländischen Botschaften, deren Vertreter mutmaßlich an den jüngsten Protesten beteiligt gewesen seien, aufmerksam beobachte und unter anderem deutsche, französische, britische und schwedische Diplomaten warnte; in der Erwägung, dass Menschen mit einer europäischen und der iranischen Staatsangehörigkeit nach wie vor festgenommen werden, unfairen Gerichtsverfahren unterzogen werden, in Einzelhaft genommen und auf der Grundlage unwahrer und vager Spionagevorwürfe verurteilt werden;

G. in der Erwägung, dass das Ministerium für Information und Sicherheit am 30. September 2022 erklärte, dass es 49 Mitglieder der Organisation der Volksmudschaheddin im Iran verhaftet habe, die es des organisiertem Terrorismus und Vandalismus sowie der Verbreitung von Falschmeldungen zur Anstiftung zu Unruhen bezichtigt; in der Erwägung, dass es ferner erklärte, dass es 77 Agenten kurdischer Dissidentengruppen, drei religiöse Führer des Bahaitums, zwei seiner mutmaßlichen Medienvertreter und 92 Unterstützer der ehemaligen Pahlavi-Monarchie festgenommen habe;

H. in der Erwägung, dass die Proteste im Iran zu einer verstärkten Überwachung und Einschüchterung der iranischen Diaspora in allen Mitgliedstaaten durch iranische Nachrichtendienste geführt haben, was eine eindeutige Verletzung der Bürgerrechte der europäischen Bürgerinnen und Bürger darstellt;

I. in der Erwägung, dass iranische Gerichte und insbesondere Revolutionsgerichte in der Regel keine fairen Gerichtsverfahren durchführen und Geständnisse, die unter Folter erlangt wurden, als Beweismittel vor Gericht akzeptieren; in der Erwägung, dass die Staatsorgane außerdem routinemäßig den Zugang von Inhaftierten zu einem Rechtsbeistand einschränken, insbesondere während der Ermittlungen;

J. in der Erwägung, dass sich die Menschenrechtslage im Iran zunehmend verschlechtert und sich Experten der Vereinten Nationen besorgt über die eskalierende Verfolgung vor Ort aus Gründen der Religion und Weltanschauung geäußert haben; in der Erwägung, dass das Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) aufgrund seiner Beteiligung an schweren Menschenrechtsverletzungen auf der Sanktionsliste der EU und der Vereinigten Staaten aufgeführt ist;

K. in der Erwägung, dass Jahr für Jahr mutmaßlich 400 bis 500 Frauen im Iran auf brutale Art und Weise bei sogenannten Ehrenmorden getötet werden; in der Erwägung, dass nach dem iranischen Strafgesetzbuch sogenannte Ehrenmorde unter bestimmten Umständen zulässig sind und dann straffrei bleiben; in der Erwägung, dass Frauen und Männern, an denen unter Berufung auf eine vermeintliche Ehre Verbrechen begangen werden, oft keine Gerechtigkeit widerfährt;

L. in der Erwägung, dass Verfolgung aus Gründen der Religion im Iran anhält, einschließlich willkürlicher Verhaftungen und des Verschwindenlassens von Angehörigen religiöser Minderheiten; in der Erwägung, dass die etwa 500 000 Christen im Iran weit verbreiteter Diskriminierung ausgesetzt sind, obwohl sie weniger als 1 % der iranischen Bevölkerung ausmachen; in der Erwägung, dass praktizierende Christen und Menschen, die vom Islam zum Christentum oder jeder anderen Glaubensrichtung konvertiert sind, von Verfolgung bedroht sind; in der Erwägung, dass auch Anhänger anderer religiöser Minderheiten wie des Bahaitum oder der Ahl-e Haqq verfolgt werden; in der Erwägung, dass es eine Voraussetzung für die meisten Arbeitsplätze in der Regierung ist, Muslim zu sein;

M. in der Erwägung, dass Ebrahim Raisi, der im Juni 2021 zum Präsidenten des Iran gewählt wurde und auf der Sanktionsliste der Vereinigten Staaten steht, zuvor Oberster Richter des iranischen Justizwesens war, obwohl er nachweislich eine Bilanz schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen aufweist; in der Erwägung, dass Ebrahim Raisis Sieg von den staatlichen Stellen der Islamischen Republik in einer Wahl herbeigeführt wurde, die nicht völlig frei und fair war; in der Erwägung, dass nur sieben von 592 Kandidaten vom Wächterrat grünes Licht für die Kandidatur um die Präsidentschaft erhalten haben; in der Erwägung, dass es sich bei keinem der Kandidaten um Frauen, Angehörige von Minderheiten oder Personen handelte, die sich gegen das Regime ausgesprochen haben;

N. in der Erwägung, dass seit Anfang 2019 während der Amtszeit von Ebrahim Raisi als Oberster Richter des iranischen Justizwesens mindestens drei politische Gefangene hingerichtet wurden, mehrere im Gefängnis getötet wurden oder aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung dort starben und zahlreiche in Teheran und Schiraz zum Tode verurteilt wurden; in der Erwägung, dass zahlreiche Fälle von Folter an politischen Gefangenen und an während der Proteste Inhaftierten gemeldet wurden; in der Erwägung, dass Ebrahim Raisi zudem Mitglied eines „Todespanels“ war, das 1988 summarische Hinrichtungen von bis zu 5 000 politischen Gefangenen durchführte;

O. in der Erwägung, dass der schwedisch-iranische Staatsangehörige Dr. Ahmadresa Dschalali im Oktober 2017 festgenommen wurde, nachdem er den Iran besucht hatte, um an Workshops zur Katastrophenmedizin teilzunehmen; in der Erwägung, dass Dr. Dschalali im Iran wegen unwahrer Spionagevorwürfe zum Tode verurteilt wurde und kurz vor der Hinrichtung steht; in der Erwägung, dass er unter enormem Druck stand und unter Folter falsche Geständnisse ablegte; in der Erwägung, dass er durch gesundheitliche Probleme nicht ausreichend essen konnte, was zu einem dramatischen Gewichtsverlust geführt hat; in der Erwägung, dass seine Inhaftierung vom Iran bei seinen Verhandlungen mit der internationalen Gemeinschaft und den belgischen Behörden als Druckmittel eingesetzt wurde;

P. in der Erwägung, dass der Journalist Ruhollah Sam am 12. Dezember 2020 im Iran hingerichtet wurde; in der Erwägung, dass er in Frankreich im Exil lebte, in den Irak gelockt und illegal an den Iran ausgeliefert wurde, um hingerichtet zu werden;

Q. in der Erwägung, dass die iranischen Staatsorgane am 12. September 2020 den Ringer Nawid Afkari hingerichtet haben, nachdem ihm Vergehen angelastet wurden, die er vollständig abstritt; in der Erwägung, dass seine Brüder, Vahid und Habib, weiterhin in Haft sind und lange Haftstrafen erhalten haben; in der Erwägung, dass am 23. August 2022 berichtet wurde, dass Vahid Afkari die Todesstrafe drohe;

R. in der Erwägung, dass am 27. September 2022 berichtet wurde, dass das hacktivistische Kollektiv Anonymous Dokumente der Nationalbank des Iran erhalten habe, aus denen hervorgehe, dass die Islamische Republik riesige Geldbeträge über korrupte Einzelpersonen in Europa gewaschen habe;

S. in der Erwägung, dass das iranische Militär am 28. September 2022 mit fast hundert Raketen und mit Kamikaze-Drohnen Militärstützpunkte der iranischen Demokratischen Partei Kurdistans in der Region Kurdistan im Irak angegriffen hat, wobei 13 Menschen getötet und 58 verletzt wurden;

T. in der Erwägung, dass das Außenministerium der Vereinigten Staaten dargelegt hat, dass der Iran auch in den vergangenen Jahren nach wie vor der weltweit größte staatliche Akteur war, der dem Terrorismus Vorschub leistet, und zahlreiche Gruppierungen politisch, finanziell, operativ und logistisch unterstützt, die sowohl auf der Terrorismusliste der EU als auch auf der von den Vereinigten Staaten geführten Liste ausländischer terroristischer Organisationen stehen;

U. in der Erwägung, dass das Amt zur Kontrolle ausländischer Vermögenswerte (OFAC) des Finanzministeriums der Vereinigten Staaten am 22. September 2022 die iranische Sittenpolizei des Missbrauchs von und der Gewalt gegen Iranerinnen und der Verletzung der Rechte friedlicher iranischer Demonstranten bezichtigt hat; in der Erwägung, dass das US-amerikanische OFAC auch das Ministerium für Information und Sicherheit, die Bodentruppen der Armee, die Basidsch-Widerstandsmiliz und die Strafverfolgungsbehörden ins Visier nimmt; in der Erwägung, dass dieser Beschluss auf der Grundlage der Exekutiv-Verfügung Nr. 13553 gefasst wurde, mit der Sanktionen gegen bestimmte Personen in Bezug auf schwere Menschenrechtsverletzungen durch die iranische Regierung verhängt wurden;

V. in der Erwägung, dass Elon Musks Satellitennetzwerk Starlink am 26. September 2022 seinen Satelliten-Breitbanddienst im Iran aktiviert hat, nachdem die Vereinigten Staaten es privaten Unternehmen ermöglicht hatten, während der derzeitigen Proteste einen unzensierten Internetzugang in dem Land anzubieten; in der Erwägung, dass der offene Internetzugang nach der Aktivierung von Starlink in der Ukraine infolge von Russlands Aggression gegen die Ukraine erfolgte; in der Erwägung, dass der Iran Russland Drohnen für den Krieg gegen die Ukraine zur Verfügung gestellt hat, und zwar als Gegenleistung für den Erwerb moderner russischer Suchoi-35-Kampfflugzeuge (Su-35) zur Aufrüstung seiner eigenen alternden Luftflotte;

W. in der Erwägung, dass der Rat am 7. Dezember 2020 eine Verordnung zur Einführung einer globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte angenommen hat; in der Erwägung, dass am 12. April 2011 erstmals restriktive Maßnahmen wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen im Iran angenommen und jedes Jahr verlängert wurden;

X. in der Erwägung, dass die Verhandlungen über die Erneuerung des Gemeinsamen umfassenden Aktionsplans (JCPOA) im Gange sind und Berichten zufolge vor den Zwischenwahlen in den Vereinigten Staaten keine Einigung zu erwarten ist; in der Erwägung, dass die Gespräche über die Sicherungsuntersuchung fortgesetzt werden, die von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) eingeleitet wurde, nachdem sie an drei nicht deklarierten Standorten im Iran Spuren von Uran gefunden hatte;

Y. in der Erwägung, dass Russlands Aggression gegen die Ukraine zur Vertiefung der Beziehungen Teherans zu Moskau geführt hat; in der Erwägung, dass in diesem Zusammenhang über eine mögliche Regelung, nach der Russland die gegen das Land verhängten Sanktionen mittels eines „Tauschsystems“ umgehen könnte, bei dem Teheran russisches Öl als Gegenleistung dafür erhalten würde, dass der Iran sein eigenes Öl an die Kunden Russlands verkauft, sowie über andere gemeinsame Anstrengungen zur Umgehung internationaler Sanktionen berichtet wurde;

1. bedauert den Tod von Mahsa Amini zutiefst und spricht ihrer Familie und ihren Freunden sein Beileid aus; fordert eine unverzügliche, unparteiische und wirksame Untersuchung ihres Todes durch eine unabhängige zuständige Behörde in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen;

2. bringt seine Unterstützung für die jungen Iranerinnen zum Ausdruck, die trotz der Schwierigkeiten und persönlichen Konsequenzen, die sie erleiden, die Proteste anführen und daran teilnehmen; verurteilt aufs Schärfste die Gewalt gegen und die Diskriminierung von Frauen im Iran und bedauert, dass Frauen gezwungen sind, sich unter Androhung gewaltsamer Repressalien oder sogar des Todes gegen ihren Willen zu verschleiern; fordert, dass diskriminierenden Gesetzen und Bekleidungsregeln für Frauen im Iran, einschließlich der Pflicht zum Tragen eines Hidschabs, ein Ende gesetzt wird;

3. verurteilt aufs Schärfste die brutale Niederschlagung der Proteste durch die iranischen Staatsorgane; bedauert, dass bei den Protesten Menschen ums Leben gekommen sind und verletzt wurden, und spricht den Opfern und ihren Familien sein Beileid aus; fordert die iranischen Staatsorgane auf, von der Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt gegen friedliche Demonstranten abzusehen, und betont, dass in allen schwerwiegenden Vorwürfen der Gewalt gegen Demonstranten gründlich und unabhängig ermittelt werden muss;

4. fordert die Freilassung aller festgenommenen Demonstranten sowie aller rechtswidrig inhaftierten Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und anderen Gefangenen aus Gewissensgründen im Iran und fordert, dass alle gegen sie erhobenen Anklagepunkte fallengelassen werden; bekräftigt seine Unterstützung für den Wunsch der Bevölkerung des Iran, in einem freien, inklusionsgeprägten und demokratischen Land zu leben, das seine nationalen und internationalen Verpflichtungen in Bezug auf die Menschenrechte und Grundfreiheiten achtet;

5. ist zutiefst besorgt über die gemeldeten Festnahmen von neun europäischen Staatsangehörigen im Iran, darunter deutsche, polnische, französische, italienische, niederländische und schwedische Staatsangehörige, sowie über die öffentlichen Drohungen des Ministeriums für Information und Sicherheit gegen unter anderem die deutsche, französische, britische und schwedische Botschaft; fordert, dass diese europäischen Staatsangehörigen unverzüglich freigelassen werden und dass alle gegen sie erhobenen Anklagepunkte fallengelassen werden;

6. fordert den HR/VP Josep Borrell und den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, die Unterdrückung von Frauen, Menschenrechtsverteidigern und Minderheiten im Iran öffentlich zu verurteilen und die Freilassung der inhaftierten europäischen Bürgerinnen und Bürger und der friedlichen iranischen Demonstranten zu fordern; weist darauf hin, dass die Achtung der Menschenrechte eine zentrale Komponente für die Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und dem Iran ist, und fordert den HR/VP Josep Borrell auf, zu betonen, dass die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran nur dann verbessert werden können, wenn der Iran seine schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen einstellt;

7. verurteilt die Störung und Zensur des Internets durch die iranischen Staatsorgane im Rahmen ihrer Niederschlagung der Proteste; begrüßt die Aktivierung von Starlink im Iran und die Entscheidung der Vereinigten Staaten, es privaten Unternehmen zu ermöglichen, während der derzeitigen Proteste einen unzensierten Internetzugang in dem Land anzubieten; fordert die Mitgliedstaaten und europäische Unternehmen nachdrücklich auf, ähnliche Schritte zu unternehmen, um den Internetzugang im Iran zu erleichtern;

8. bekräftigt seine scharfe Verurteilung für die stetige Verschlechterung der Menschenrechtslage im Iran, auch und gerade für Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten infolge systematischer politischer, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Diskriminierung;

9. fordert die iranischen Staatsorgane auf, alle Formen der Diskriminierung von Personen, die Minderheiten angehören, unabhängig davon, ob sie offiziell anerkannt sind oder nicht, einzustellen und die Grundrechte und Grundfreiheiten ethnischer und religiöser Minderheiten, einschließlich der Gewissensfreiheit und der Freiheit, ihre uneingeschränkten Rechte gleichberechtigt mit allen Bürgerinnen und Bürgern auszuüben, zu achten;

10. verurteilt aufs Schärfste die zunehmende Anwendung der Todesstrafe durch die iranischen Staatsorgane in den letzten Jahren; bedauert die alarmierende Eskalation bei der Anwendung der Todesstrafe gegen Demonstranten, Dissidenten und Angehörige von Minderheiten durch den Missbrauch des iranischen Strafrechtssystems, um friedliche Aktivitäten zur Förderung und Verteidigung der Menschenrechte zu unterdrücken; fordert die iranischen Staatsorgane auf, die Anwendung der Todesstrafe unverzüglich einzustellen und auf ihre Abschaffung hinzuarbeiten;

11. ist zutiefst besorgt über die Lage von Ahmadresa Dschalali, Vahid Afkari und allen anderen unrechtmäßig im Iran inhaftierten Personen; bekräftigt seine Forderung, sie bedingungslos freizulassen und alle gegen sie erhobenen Anklagepunkte fallenzulassen; fordert die iranischen Staatsorgane auf, dafür zu sorgen, dass die Rechte der Gefangenen und Inhaftierten jederzeit geschützt werden, einschließlich ihrer Möglichkeit, angemessen medizinisch versorgt zu werden und jederzeit mit ihren Familien und den Anwälten ihrer Wahl in Kontakt zu treten; fordert den Iran erneut auf, Anträgen von Vertretern internationaler Organisationen auf Besuche stattzugeben; fordert die iranischen Staatsorgane auf, die Bedrohung der Familie von Ahmadresa Dschalali im Iran und in Schweden einzustellen;

12. verurteilt aufs Schärfste den grundlosen Angriff des Gouvernements Erbil im Irak durch das IRGC und betont, dass durch solche willkürlichen Angriffe unschuldige Zivilisten und die Stabilität der Region bedroht werden; unterstreicht, dass das Regime des Iran in der gesamten Region als destabilisierender Akteur auftritt, und verurteilt, dass es für den Tod von Hunderttausenden von Zivilisten im Iran, in Syrien, im Jemen und im Irak verantwortlich ist; verurteilt aufs Schärfste die Zusammenarbeit des Iran mit Russland und die Tatsache, dass der Iran Russlands Krieg gegen die Ukraine unterstützt;

13. bringt seine Bestürzung und tiefe Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die Kommission möglicherweise Kampagnen finanziert oder kofinanziert hat, in denen das Tragen des muslimischen Schleiers verharmlost wird, einschließlich der von der Kommission kofinanzierten Kampagne des Europarates, in der es heißt „In der Vielfalt liegt die Schönheit, im Hidschab die Freiheit“; fordert die EU-Organe nachdrücklich auf, keine künftigen Kampagnen zu finanzieren, in denen der islamische Hidschab beworben oder jeglicher Art Druck auf muslimische Frauen und Mädchen ausgeübt werden könnte, ihn zu tragen;

14. begrüßt, dass der Rat die globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte (das Magnitski-Gesetz der EU) verabschiedet hat, die eine wesentliche Ergänzung des Instrumentariums der EU gegen jene darstellt, die die Menschenrechte verletzen; fordert den Rat auf, als Reaktion auf schwere Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Repressionen, der Überwachung der Telekommunikation und aller Verletzungen der Rechte iranischer Zivilisten, Sanktionen zu verhängen;

15. fordert den Rat auf, gezielte Maßnahmen gegen die Sittenpolizei des Iran, deren Beamte am Tod von Mahsa Amini beteiligt waren, schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Demonstranten begangen haben und für Hinrichtungen und willkürliche Festnahmen von Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit und Ausländern im Iran verantwortlich sind, sowie gegen Richter zu erarbeiten, die Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, politische Dissidenten und Aktivisten zum Tode verurteilt haben; fordert, dass die Botschafter der Mitgliedstaaten im Iran zurückgerufen werden; bekräftigt, dass die Sanktionen gegen die Führungskräfte des IRGC nicht aufgehoben werden dürfen;

16. fordert den HR/VP auf, angesichts der Ergebnisse der Untersuchung der IAEO und des feindseligen Verhaltens Teherans in der Region und weltweit alle Verhandlungen über den JCPOA auszusetzen;

17. fordert eine unabhängige Untersuchung der Rolle von Ebrahim Raisi bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie Mord, Verschwindenlassen und Folter;

18. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, dem Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidenten der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Obersten Religionsführer der Islamischen Republik Iran, dem Staatspräsidenten der Islamischen Republik Iran, den Mitgliedern des Madschles des Iran und der Familie von Mahsa Amini zu übermitteln.

 

Letzte Aktualisierung: 5. Oktober 2022
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