Entschließungsantrag - B9-0537/2022Entschließungsantrag
B9-0537/2022

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Menschenrechtslage im Zusammenhang mit der FIFA-Weltmeisterschaft in Katar

22.11.2022 - (2022/2948(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Manon Aubry
im Namen der Fraktion The Left

Verfahren : 2022/2948(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0537/2022
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B9-0537/2022
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B9‑0537/2022

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Menschenrechtslage im Zusammenhang mit der FIFA-Weltmeisterschaft in Katar

(2022/2948(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Katar,

 unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,

 unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,

 unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

 unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes,

 unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge,

 unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,

 unter Hinweis auf die Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), insbesondere Nr. 29 über Zwangsarbeit, Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit, Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf und Nr. 182 über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit,

 unter Hinweis auf die Übereinkommen der IAO Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts und Nr. 98 über das Vereinigungsrecht und das Recht zu Kollektivverhandlungen,

 unter Hinweis auf die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011,

 unter Hinweis auf die Leitsätze der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für multinationale Unternehmen,

 unter Hinweis auf die Resolution 17/4 des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 16. Juni 2011 über Menschenrechte und transnationale Unternehmen und andere Wirtschaftsunternehmen,

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass seit 2010, als die FIFA die Weltmeisterschaft 2022 ohne jegliche Bedingungen hinsichtlich der Arbeitnehmerrechte an Katar vergab, Millionen Arbeitnehmer aus südasiatischen, südostasiatischen und afrikanischen Ländern in Katar gearbeitet haben, um die Infrastruktur der Weltmeisterschaft aufzubauen und zu warten; in der Erwägung, dass während der letzten 12 Jahre Arbeitsmigranten und ihre Familien Missbräuche angeprangert haben, zu denen Lohndiebstahl, Verletzungen, Vergewaltigung und sexuelle Gewalt, die Beschlagnahme von Pässen und nicht ermittelte und nicht entschädigte Todesfälle gehören;

B. in der Erwägung, dass die Weltmeisterschaft in Katar mit gigantischen Baustellen für sieben Stadien und für die Renovierung eines achten, von der Infrastruktur ganz zu schweigen, ein Desaster für Arbeitnehmerrechte und soziale Rechte ist; in der Erwägung, dass diese Anstrengungen seither auf dem Rücken ausländischer Arbeitnehmer, insbesondere von Indern, Bangladeschern, Nepalesen, Pakistanern und Sri-Lankern, durchgeführt werden; in der Erwägung, dass diese Arbeitnehmer nicht einmal die grundlegendsten Arbeitnehmerrechte besitzen und dass sie gering entlohnt und übermäßig ausgebeutet werden; in der Erwägung, dass vielen ihre Löhne vorenthalten wurden, insbesondere in den letzten Monaten, und dass sie ausgewiesen wurden, bevor der Wettbewerb begann; in der Erwägung, dass die FIFA eine Einnahme von 6,4 Mrd. USD durch die Weltmeisterschaft in Katar erwartet; in der Erwägung, dass Katar für die Organisation der Veranstaltung etwa 187 Mrd. EUR ausgegeben hat; in der Erwägung, dass Tausende Menschen verletzt wurden und in Katar seit 2011 mindestens 6 500 Arbeitsmigranten ums Leben gekommen sind; in der Erwägung, dass Katar nur die Todesfälle von 37 Arbeitnehmern auf Baustellen der Weltmeisterschaft anerkennt, wohingegen Nachforschungen belegen, dass durch schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen höchstwahrscheinlich der Tod Tausender Migranten verursacht wurde;

C. in der Erwägung, dass mindestens 11 europäische Unternehmen auf mit der FIFA-Weltmeisterschaft zusammenhängenden Baustellen tätig waren; in der Erwägung, dass europäische Banken, Pensionsfonds und Versicherer fast die Hälfte (47 %) der Finanzierung für Bau- und Gastgewerbeunternehmen in Katar beigesteuert haben; in der Erwägung, dass in diesen beiden Branchen systematische Menschenrechtsverletzungen dokumentiert worden sind und dass es daher sehr wahrscheinlich ist, dass europäische Unternehmen diese Rechtsverletzungen verursacht, dazu beigetragen oder in unmittelbarem Zusammenhang dazu gestanden oder davon profitiert haben;

D. in der Erwägung, dass nach einer Beschwerde des nationalen Bunds der Beschäftigten des Bau‑, Holz- und Möbelgewerbes Frankreichs (Fédération nationale des salariés de la construction, bois et ameublement, FNSCBA) und der nichtstaatlichen Organisation Sherpa am 9. November 2022 vom ermittelnden Richter des Gerichts von Nanterre nach dreijähriger Ermittlung Anklage wegen Sklaverei und mit der Menschenwürde unvereinbaren Arbeits- oder Lebensbedingungen gegen die katarische Tochtergesellschaft der VINCI Construction Grands Projets erhoben wurde;

E. in der Erwägung, dass diese Weltmeisterschaft mit mehreren in einem Wüstenland gebauten klimatisierten Stadien und einer Luftbrücke von etwa 160 täglichen Flügen, um Fans aus Nachbarländern zu befördern, weil es in Katar nicht genug Unterkünfte gibt, auch eine Umweltkatastrophe ist; in der Erwägung, dass Katar weltweit den höchsten CO2-Fußabdruck pro Kopf aufweist; in der Erwägung, dass die FIFA den CO2-Fußabdruck der Veranstaltung auf 3,6 Millionen Tonnen CO2 schätzt; in der Erwägung, dass die katarische Regierung vorgibt, die Veranstaltung werde CO2-neutral sein, und auf umstrittene und stark kritisierte CO2-Verrechnungsprogramme zurückgreift; in der Erwägung, dass Sachverständige davon ausgehen, dass der CO2-Fußabdruck beträchtlich unterschätzt worden ist und um ein Mehrfaches höher liegen könnte, als die FIFA anerkennt;

F. in der Erwägung, dass in Katar mit Einschränkungen, die der Verfassung Katars und dem Völkerrecht widersprechen, die Menschenrechte von Frauen und Mädchen systematisch verletzt werden; in der Erwägung, dass Frauen eine Erlaubnis ihrer männlichen Wächter benötigen, um viele ihrer Grundrechte ausüben zu können und wichtige Lebensentscheidungen zu treffen, etwa ob sie heiraten, mit staatlichen Stipendien im Ausland studieren, auf vielen staatlichen Stellen arbeiten, bis zu bestimmten Altersgrenzen ins Ausland reisen und manche Formen von reproduktiver Gesundheitsversorgung, einschließlich Schwangerschaftsabbruch, in Anspruch nehmen; in der Erwägung, dass Töchter die Hälfte dessen erben, was ihre Brüder erben;

G. in der Erwägung, dass Vergewaltigungsopfern, die sich bei der Polizei melden, Anklagen wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs drohen kann, der in Katar eine Straftat ist; in der Erwägung, dass verheiratete Frauen als „ungehorsam“ erachtet werden können, wenn sie ohne einen „legitimen“ Grund den Geschlechtsverkehr mit ihren Ehemännern verweigern; in der Erwägung, dass Frauen in Katar auch die Befugnis verweigert wird, als primäre Erziehungsberechtigte ihrer Kinder zu handeln, womit sie keine Befugnis besitzen, Entscheidungen über das Leben ihrer Kinder zu treffen, auch was medizinische Behandlungen anbelangt, selbst wenn sie geschieden sind und das Sorgerecht besitzen; in der Erwägung, dass dieses diskriminierende System es für Frauen schwierig macht, sich scheiden zu lassen, und Frauen oft keine andere Wahl lässt, als in von Missbrauch geprägten Beziehungen zu verbleiben; in der Erwägung, dass dieses System die Fähigkeit von Frauen, ein unabhängiges Leben zu führen, erschwert und ihre geistige Gesundheit beeinträchtigt, was zu Selbstverletzung, Depression, Stress und Selbstmordgedanken beiträgt;

H. in der Erwägung, dass katarische Gesetze LGBTIQ-Personen diskriminieren; in der Erwägung, dass nach Katars Strafgesetzbuch einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Männern über 16 Jahren mit bis zu 7 Jahren Haft bestraft werden (Artikel 285); in der Erwägung, dass darin auch Strafen zwischen 1 und 3 Jahren (Artikel 296) für jeden Mann vorgesehen sind, der einen anderen Mann dazu „anstiftet“ oder „verführt“, „eine Handlung der Sodomie oder Sittenlosigkeit zu begehen“; in der Erwägung, dass eine Strafe von bis zu 10 Jahren (Artikel 288) gegen jeden verhängt wird, der sich an einvernehmlichen sexuellen Beziehungen außerhalb einer Ehe beteiligt, was für einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen Frauen oder Männern oder für heterosexuelle Partner gelten könnte; in der Erwägung, dass Chalid Salman, ein Botschafter der FIFA-Weltmeisterschaft 2022 in Katar, Homosexualität als geistigen Schaden beschrieben hat; in der Erwägung, dass willkürliche Festnahmen von LGBTIQ-Personen Berichten zufolge auf das katarische Gesetz Nr. 17 von 2002 über den Schutz der Gemeinschaft gestützt wurden, das eine Untersuchungshaft ohne Anklage oder Gerichtsverfahren erlaubt; in der Erwägung, dass katarische Polizeikräfte routinemäßig willkürliche Festnahmen und Verhaftungen von LGBTIQ-Personen vornehmen und sie Folterungen, Misshandlungen und Gewalt aussetzen; in der Erwägung, dass die Medien kürzlich berichtet haben, dass katarische Polizeikräfte LGBTIQ-Personen foltern und sie unter Drohungen zwingen, andere LGBTIQ-Personen aufzuspüren und zu melden;

I. in der Erwägung, dass die Gesetze in Katar die Pressefreiheit einschränken; in der Erwägung, dass in Katars Strafgesetzbuch Kritik am Emir, Beleidigungen der Flagge Katars, Diffamierung der Religion, einschließlich Blasphemie, und Anstiftungen zum Sturz des Regimes kriminalisiert werden; in der Erwägung, dass im katarischen Gesetz über Cyberkriminalität von 2014 Haftstrafen von bis zu 3 Jahren und ein Bußgeld von 500 000 QAR (137 000 USD) für jeden vorgesehen sind, der für schuldig befunden wird, undefinierte „Falschnachrichten“ im Internet zu verbreiten, oder Online-Inhalte postet, die „die gesellschaftlichen Werte oder Grundsätze verletzen“ oder „andere beleidigen oder verleumden“; in der Erwägung, dass willkürliche Festnahmen von Menschenrechtsverteidigern und politischen Kritikern in dem Land häufig vorkommen, auch gegen Personen, die die Bedingungen kritisieren, die mit der Organisation der FIFA-Weltmeisterschaft einhergehen;

J. in der Erwägung, dass die FIFA die Leitung dieser Veranstaltung bewusst dem Emirat anvertraut hat, das die schlechteste Bewerbung eingereicht hatte und Methoden von Lobbying und finanziellem Gefeilsche anwandte, um Stimmen zu kaufen; in der Erwägung, dass Justizbehörden seit 2016 zu der Korruption im Zusammenhang mit der Vergabe der Weltmeisterschaft an Katar Warnungen herausgeben, insbesondere um herauszufinden, ob Frankreich seine Unterstützung im Austausch für Gegenleistungen, zu denen auch der Verkauf von Rafale-Flugzeugen gehört, zu Geld gemacht hat; in der Erwägung, dass Frankreich katarische Soft Power im Westen gefördert hat, insbesondere durch Zulassung des Erwerbs des Fußballklubs Paris Saint-Germain durch die Investitionsbehörde Katars (Qatar Investment Authority) im Jahre 2011 und durch den Beschluss, 220 Polizeibeamte zu entsenden, um Katar bei der Organisation der Veranstaltung zu „helfen“;

K. in der Erwägung, dass hochrangige europäische Politiker, zu denen auch staatliche Minister zählen, die FIFA-Weltmeisterschaft in Katar besucht oder ihren Besuch dort angekündigt haben, ohne Sorge über die Menschenrechtsbilanz des Landes zu äußern;

1. bekräftigt sein Bekenntnis zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 und weist erneut darauf hin, dass laut ihrem ersten Artikel „alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind“;

2. verurteilt aufs Schärfste die extreme Verletzung der Rechte von Arbeitsmigranten in Katar, einschließlich Zwangsarbeit, wie Einschränkungen der Freizügigkeit, Beschränkungen des Zugangs zu Gerichten, Vermittlungsgebühren, verspätete und nicht gezahlte Löhne, Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit und das Versäumnis, annehmbare Normen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz durchzusetzen; fordert die katarischen Staatsorgane auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Arbeitsmigranten das Recht auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen haben und dass zumindest ihr Leben nicht länger gefährdet ist; verurteilt aufs Schärfste das Kafala-Bürgschaftssystem, das in der Praxis nach wie vor besteht, obwohl es offiziell aufgehoben wurde; fordert die katarischen Staatsorgane nachdrücklich auf, alle IAO-Übereinkommen sowie die Empfehlungen des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen vom 10. November 2013 zu ratifizieren und umzusetzen, die Bildung von Gewerkschaften zu ermöglichen und sicherzustellen, dass zumindest die Kernübereinkommen der IAO angewandt und eingehalten werden;

3. verurteilt die katarischen Staatsorgane aufs Schärfste, weil sie es versäumt haben, den Tod Tausender von Arbeitsmigranten zu untersuchen, von denen viele willkürlich auf sogenannte natürliche Ursachen zurückgeführt wurden; fordert die Einleitung einer internationalen Untersuchung unter der Leitung der Vereinten Nationen und der IAO zu Situationen, in denen Arbeitsmigranten Zwangsarbeit ausgesetzt waren, um festzustellen, inwieweit jede Partei verantwortlich war, und um die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung der Zwangsarbeit im Land zu ergreifen;

4. fordert, dass die katarischen Staatsorgane auf ihren Reformen aufbauen, um sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmer für Missbrauch in den letzten 12 Jahren entschädigt werden; fordert die FIFA und Katar auf, insbesondere ein umfassendes Kompensationsprogramm aufzulegen, dessen Mittelausstattung mindestens dem Preisgeld der Weltmeisterschaft in Höhe von 420 Mio. EUR entspricht; unterstützt die Kampagne #Pay up FIFA und fordert die FIFA angesichts ihrer voraussichtlichen Einnahmen in Höhe von 6,4 Mrd. USD aus der Veranstaltung auf, 420 Mio. EUR an die Familien der Arbeitnehmer und an die Arbeitnehmer als Ausgleich für die Arbeitsbedingungen, unter denen sie gelitten haben, zu zahlen;

5. verurteilt die FIFA aufs Schärfste wegen ihrer beträchtlichen Verantwortung für die 6 500 Todesfälle dieser Arbeitnehmer – die vollständig vermeidbar gewesen wären – sowie dafür, dass sie Katar das Recht gewährt hat, die Weltmeisterschaft auszurichten, wobei die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen im Land völlig außer Acht gelassen wurden; fordert alle Fußballfans auf, die Weltmeisterschaft zu boykottieren, da keine Sport- oder Freizeitaktivitäten stattfinden sollten, wenn sie auf einem Friedhof durchgeführt werden, und würdigt ihr Engagement für die Menschenrechte;

6. verurteilt die FIFA, Katar und Unternehmen, die an der Organisation der Weltmeisterschaft teilnehmen, aufgrund des enormen ökologischen und klimatischen Fußabdrucks der Veranstaltung aufs Schärfste; betont, dass die von der FIFA prognostizierte CO2-Bilanz von 3,6 Mio. Tonnen CO2 und die von Katar zugesagte CO2-Neutralität laut Experten eine erhebliche Unterschätzung darstellten; betont, dass CO2-Verrechnungsprogramme die verursachten Umwelt- und Klimaauswirkungen nicht angemessen kompensieren;

7. verurteilt mit Nachdruck, dass die FIFA durch Sanktionen und Drohungen die Fußballmannschaften und Spieler zum Schweigen gebracht hat, die sich gegen die Unterdrückung von LGBTIQ-Personen aussprechen wollten, indem sie Armbinden mit dem Aufdruck „One Love“ tragen; verurteilt generell, dass die FIFA die Stimmen von Spielern und Mannschaften, die sich für die Grundrechte einsetzen wollen, zum Schweigen bringt, und hält die Tatsache, dass sie sich durchgesetzt und die Spieler dazu gezwungen hat, zu schweigen, für eine bedauerliche politische Entscheidung;

8. verurteilt aufs Schärfste alle Vormundschaftsregelungen und jede andere Einschränkung der Menschenrechte von Frauen und Mädchen; fordert die katarischen Staatsorgane auf, alle diskriminierenden Vorschriften gegen Frauen und Mädchen aufzuheben und Gesetze zur Bekämpfung von Diskriminierung zu erlassen, damit ihre Menschenrechte gewährleistet werden, einschließlich der Kriminalisierung der Genitalverstümmelung bei Frauen, häuslicher Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe; fordert die katarischen Staatsorgane auf, ein günstiges rechtliches und praktisches Umfeld dafür zu schaffen, dass Frauen protestieren und ihre Rechte einfordern können;

9. fordert die katarischen Staatsorgane auf, die Festnahmen und Strafverfolgungen wegen einvernehmlicher sexueller Beziehungen zwischen Erwachsenen, einschließlich gleichgeschlechtlicher Beziehungen oder Beziehungen auf der Grundlage des Ausdrucks der Geschlechtlichkeit, einzustellen und LGBTIQ-Personen, die nach wie vor willkürlich, oft unter unmenschlichen Bedingungen, inhaftiert bleiben, unverzüglich freizulassen;

10. verurteilt die routinemäßigen willkürlichen Festnahmen und Misshandlungen, denen LGBTIQ-Personen in Katar infolge der von der Regierung geförderten Diskriminierung ausgesetzt sind; verurteilt mit Nachdruck die gemeldeten Fälle sexueller Übergriffe während der Haft; fordert Katar nachdrücklich auf, die Menschenrechte all seiner Einwohner sowie der Zuschauer der Weltmeisterschaft unabhängig von ihrer sexuellen Ausrichtung und Geschlechtsidentität zu achten und sicherzustellen, dass niemand während oder nach der Weltmeisterschaft willkürlich inhaftiert oder misshandelt wird;

11. erinnert an sein Engagement für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe und fordert die katarischen Staatsorgane auf, in dieser Angelegenheit ein Moratorium zu beschließen;

12. fordert die katarischen Staatsorgane nachdrücklich auf, konkrete Schritte zu unternehmen, um das Recht auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung zu gewährleisten und missbräuchliche Rechtsvorschriften zu ändern oder aufzuheben;

13. verurteilt aufs Schärfste die Mittäterschaft europäischer Unternehmen bei Verletzungen der Menschen- und Arbeitnehmerrechte, an denen sie teilgenommen haben und aus denen sie Nutzen gezogen haben; bekräftigt, dass europäische Unternehmen die Menschenrechte und die Umwelt im Rahmen ihrer eigenen Geschäftstätigkeit, der Tätigkeit ihrer Tochtergesellschaften und ihrer Wertschöpfungsketten achten müssen; unterstützt die Kampagne des französischen Allgemeinen Gewerkschaftsverbands (CGT) und des Sherpa-Verbands, mit der die sklavereiähnlichen Bedingungen auf Baustellen aufgedeckt wurden; begrüßt die Anklageerhebung des Nanterre-Gerichts gegen die katarische Tochtergesellschaft von VINCI Construction Grands Projets; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Menschenrechte und die Umwelt vor Missbrauch durch Unternehmen zu schützen und Unternehmen, die unter ihrer Gerichtsbarkeit tätig sind, für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zur Rechenschaft zu ziehen, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeiten und in ihrer gesamten Wertschöpfungskette verursachen, zu denen sie beitragen oder mit denen sie direkt in Verbindung stehen; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, unverzüglich geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um europäische Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie während ihrer gesamten Geschäftstätigkeit oder Wertschöpfungskette an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind oder Nutzen daraus ziehen oder wenn sie die Opfer von Menschenrechtsverletzungen, für die sie direkt oder indirekt verantwortlich sind, nicht angemessen entschädigen;

14. fordert die EU auf, den ehrgeizigen Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit[1] rasch anzunehmen, um solchen Missbrauch in Zukunft zu verhindern und Unternehmen für potenzielle Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen; fordert die EU auf, Finanz- und Versicherungstätigkeiten als Branche mit hohem Risiko im Rahmen der Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit im Einklang mit den OECD-Standards zu definieren und alle Ausnahmen von Verpflichtungen oder Haftungen zugunsten der Branche abzuschaffen; stellt mit großer Besorgnis fest, dass die FIFA als nichtstaatlicher internationaler Verband nicht unter den vorgeschlagenen Anwendungsbereich der Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit fällt, und fordert die EU auf, Schlupflöcher in dem Vorschlag zu schließen, indem auf „Unternehmen“ Bezug genommen wird, um alle Rechtsformen privater Unternehmen abzudecken; fordert, dass in die künftige Richtlinie zivilrechtliche Haftungsklauseln aufgenommen werden, die es Opfern ermöglichen, Zugang zur Justiz zu erhalten, unter anderem durch die Umkehr der Beweislast und die Anerkennung eines Rechts auf Zugang zu Informationen, die sich im Besitz des Beklagten befinden;

15. fordert hochrangige Beamte der EU und der Mitgliedstaaten auf, einen diplomatischen Boykott in Bezug auf die FIFA-Weltmeisterschaft in Katar durchzusetzen und die Menschenrechtsverletzungen im Land weiter zu verurteilen;

16. legt den Profifußballspielern nahe, zu den inakzeptablen Bedingungen, unter denen diese Weltmeisterschaft stattfindet, Stellung zu nehmen und jede Gelegenheit (u.a. bei Pressekonferenzen, Spielen oder Toren) zu nutzen, um eine deutliche Botschaft zur Achtung der Menschenrechte zu senden;

17. fordert die Ausarbeitung von Menschenrechts- und Umweltkriterien, zu deren Einhaltung sich die Länder, die künftige Sportveranstaltungen ausrichten, im Rahmen des Sitzabkommens verpflichten müssen; fordert alle Länder auf, sich auf eine internationale Vereinbarung zu einigen, in dem die Menschenrechte und die Umweltbedingungen festgelegt werden, die erforderlich sind, damit Länder den Zuschlag zur Organisation internationaler Sportveranstaltungen erhalten können, und fordert die EU auf, in dieser Hinsicht eine Führungsrolle zu übernehmen; verurteilt alle Formen der Korruption bei der Vergabe und Organisation internationaler Sportveranstaltungen, einschließlich der FIFA-Weltmeisterschaft, und insbesondere jede Korruption, an der Politiker aus den EU-Mitgliedstaaten beteiligt sind; unterstützt laufende gerichtliche Ermittlungen in Frankreich, an denen der ehemalige Präsident Sarkozy, Michel Platini und mehrere hochrangige Amtsträger beteiligt sind, um ihre Verantwortlichkeiten festzulegen und sie zur Rechenschaft zu ziehen;

18. begrüßt das proaktivere Engagement der EU bei den laufenden Verhandlungen über einen international verbindlichen Vertrag über Wirtschaft und Menschenrechte und bekräftigt, dass sich die EU und ihre Mitgliedstaaten weiter für die Annahme eines ehrgeizigen Vertrags einsetzen und sich dazu verpflichten sollten;

19. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament des Staates Katar, dem Generalsekretär der FIFA sowie dem Generalsekretär und den einschlägigen Gremien der Vereinten Nationen zu übermitteln.

 

 

 

Letzte Aktualisierung: 24. November 2022
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