ENTSCHLIESSNGSANTRAG zur Menschenrechtslage im Zusammenhang mit der FIFA-Weltmeisterschaft in Katar
22.11.2022 - (2022/2948(RSP))
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Ernest Urtasun, Mounir Satouri, Bronis Ropė, Ville Niinistö, Rosa D’Amato, Viola von Cramon‑Taubadel, Ana Miranda, Kim Van Sparrentak
im Namen der Verts/ALE-Fraktion
B9‑0539/2022
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Menschenrechtslage im Zusammenhang mit der FIFA-Weltmeisterschaft in Katar
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Katar und insbesondere auf seine Entschließung vom 21. November 2013 zu Katar und der Lage der Wanderarbeitnehmer[1],
– unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) und der Kommission vom 18. Mai 2022 über eine strategische Partnerschaft mit der Golfregion (JOIN(2022)0013) und auf die diesbezüglichen Schlussfolgerungen des Rates vom 20. Juni 2022,
– unter Hinweis auf den 4. Menschenrechtsdialog zwischen der EU und Katar, der am 12. September 2022 in Brüssel stattfand,
– unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen vom 18. Dezember 1990,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Internationalen Föderation des Verbandsfußballs (FIFA) vom 2. Dezember 2010 zur Auswahl Katars als Ausrichter der Fußballweltmeisterschaft 2022,
– unter Hinweis auf die im Mai 2017 veröffentlichte Menschenrechtspolitik der FIFA,
– unter Hinweis darauf, dass Katar das Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation über Zwangs- oder Pflichtarbeit am 12. März 1998 ratifiziert hat,
– unter Hinweis auf die Berichte von Human Rights Watch und Amnesty International über die Lage der Bauarbeiter in Katar im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft,
– unter Hinweis auf den Bericht von Human Rights Watch mit dem Titel „Qatar: Security Forces Arrest, Abuse LGBT People“ („Katar: Festnahme und Missbrauch von LGBT durch die Sicherheitskräfte“) vom 24. Oktober 2022,
– unter Hinweis auf Artikel 285 des Strafgesetzbuchs von Katar und das Gesetz Nr. 17 von 2002 über den Schutz des Gemeinwesens,
– unter Hinweis auf die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011,
– unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPWSKR),
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
– gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass 2010 die Fußballweltmeisterschaft der Männer 2022 an Katar vergeben wurde; in der Erwägung, dass das Justizministerium der Vereinigten Staaten im Jahr 2020 bestätigt hat, dass für Katar tätige Vertreter Funktionäre der FIFA bestochen hatten, um sich die Rechte für die Austragung der Fußballweltmeisterschaft der Männer 2022 zu sichern; in der Erwägung, dass mehr als die Hälfte der Personen, die an der Abstimmung über die Weltmeisterschaft 2022 beteiligt waren, einschließlich des ehemaligen FIFA-Präsidenten Sepp Blatter, in der einen oder anderen Form an mutmaßlicher Korruption oder unrechtmäßiger Praxis beteiligt oder deswegen Gegenstand von Ermittlungen war;
B. in der Erwägung, dass die FIFA die Weltmeisterschaft an Katar vergeben hat, ohne einer Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Menschenrechte nachzukommen und ohne Bedingungen für den Schutz der Wanderarbeitnehmer zu stellen; in der Erwägung, dass die FIFA wiederholt ihre Verpflichtung für den Schutz der Menschenrechte und die Nachhaltigkeit bekundet hat, dieser Verpflichtung aber bis heute nicht nachkommt; in der Erwägung, dass die FIFA davon ausgeht, Einnahmen in Höhe von 6,1 Mrd. USD aus der Fußballweltmeisterschaft der Männer 2022 zu erzielen;
C. in der Erwägung, dass die IAO im Jahr 2017 eine Beschwerde gegen Katar wegen fehlender Umsetzung des Übereinkommens über Zwangsarbeit eingereicht hat;
D. in der Erwägung, dass die IAO im Jahr 2018 ihr erstes Projektbüro in Katar eröffnet hat;
E. in der Erwägung, dass in Katar etwa 1,35 Millionen ausländische Staatsangehörige leben, die fast 94 % der Arbeitskräfte des Landes ausmachen; in der Erwägung, dass Wanderarbeitnehmer hauptsächlich auf dem Bau, im Dienstleistungsgewerbe und als Hausangestellte beschäftigt werden; in der Erwägung, dass Katar somit weltweit den höchsten Anteil an Wanderarbeitnehmern an der Gesamtbevölkerung gegenüber der einheimischen Bevölkerung aufweist;
F. in der Erwägung, dass Menschenrechtsgruppen und mehrere internationale Zeitungen über Tausende von Todesfällen ausländischer Arbeitnehmer berichtet haben; in der Erwägung, dass ein großer Teil davon Berichten zufolge an Herzversagen oder bei Unfällen am Arbeitsplatz gestorben ist; in der Erwägung, dass die Todesfälle Tausender von Wanderarbeitnehmern aus den vergangenen zehn Jahren und davor ungeklärt sind;
G. in der Erwägung, dass sich viele ausländische Arbeitnehmer aufgrund illegaler Anwerbungsgebühren und massiven Lohndiebstahls verschulden mussten, um in Katar arbeiten zu können; in der Erwägung, dass die mörderischen Arbeitsbedingungen in extremer Hitze bei den ausländischen Arbeitnehmern zu Erkrankungen, Verletzungen oder gar zum Tod führen;
H. in der Erwägung, dass Katar in den vergangenen fünf Jahren lobenswerte Reformen seines Arbeitsrechts eingeleitet hat, insbesondere die Abschaffung der „Einverständniserklärung“ (die vom Arbeitgeber erteilte Erlaubnis zum Arbeitsplatzwechsel), die Einführung eines kollektiven Beschwerdeverfahrens für ausländische Arbeitnehmer und die Einrichtung von fünf neuen Arbeitsgerichten; in der Erwägung, dass es jedoch dort nach wie vor viele Gesetze und Praktiken gibt, mit denen ausländische Arbeitnehmer diskriminiert werden, wie willkürliche Abzüge oder die Vorenthaltung von Löhnen, die Einziehung des Passes, miserable Arbeitsbedingungen, unbezahlte Überstunden, eingeschränkter Zugang zum Rechtssystem und die Anklage wegen Flucht;
I. in der Erwägung, dass Katar im jüngsten weltweiten Index für organisierte Kriminalität als Land mit einem hohen Risiko für den grenzüberschreitenden Menschenhandel und die Schleusung von Menschen eingestuft wird;
J. in der Erwägung, dass nach Artikel 285 des katarischen Strafgesetzbuchs außerehelicher Geschlechtsverkehr einschließlich gleichgeschlechtlicher sexueller Beziehungen mit bis zu sieben Jahren Haft bestraft wird; in der Erwägung, dass willkürliche Festnahmen von LGBTIQ Berichten zufolge unter Verweis auf Gesetz Nr. 17 von 2002 über den Schutz des Gemeinwesens erfolgten, das eine bis zu sechsmonatige Untersuchungshaft ohne Anklage oder Gerichtsverfahren erlaubt;
K. in der Erwägung, dass laut einem Bericht von Human Rights Watch vom Oktober 2022 die katarischen Strafverfolgungsbehörden LGBTIQ willkürlich festgenommen und während der Haft misshandelt haben; in der Erwägung, dass Human Rights Watch im Zeitraum von 2019 bis 2022 sechs Fälle schwerer und wiederholter tätlicher Misshandlung und fünf Fälle sexueller Belästigung in Polizeigewahrsam dokumentiert hat; in der Erwägung, dass die Sicherheitskräfte Menschen im öffentlichen Raum allein aufgrund des Ausdrucks ihrer Geschlechtlichkeit festgenommen und deren Telefone unrechtmäßig durchsucht haben, wodurch ihr Recht auf Privatsphäre verletzt wurde; in der Erwägung, dass inhaftierte Transgender-Personen ausdrücklich angewiesen wurden, als Voraussetzung für ihre Freilassung sich an einer staatlichen „medizinischen Einrichtung für Verhaltenstherapie“ einer „Konversionstherapie“ zu unterziehen; in der Erwägung, dass die Maßnahmen der staatlichen Stellen unweigerlich ein Gefühl der Unterdrückung hervorrufen, diskriminierend sind und die Menschenrechte und die psychische Gesundheit der Betroffenen verletzen;
L. in der Erwägung, dass Khalid Salman, der Botschafter Katars für die Weltmeisterschaft 2022, in einem Interview mit dem deutschen Fernsehsender ZDF am 8. November 2022 Homosexualität öffentlich als „geistigen Schaden“ bezeichnete;
M. in der Erwägung, dass Berichten zufolge Zuschauern bei der Weltmeisterschaft, die sichtbar T-Shirts oder Hüte mit den Regenbogenfarben tragen, der Zutritt zu Sportstätten verweigert wurde, was einen Verstoß gegen den Grundsatz darstellt, dass Sportveranstaltungen für alle zugänglich sein sollten;
N. in der Erwägung, dass die FIFA unter Androhung sportlicher Sanktionen Druck auf Mannschaftskapitäne ausgeübt hat, damit sie nicht die Armbinde „One Love“ („Eine Liebe“) tragen, was diese zuvor angekündigt hatten;
O. in der Erwägung, dass das Land in den zwölf Jahren seit der Vergabe der Fußballweltmeisterschaft der Männer an Katar 300 Milliarden USD für die Vorbereitung des Turniers ausgegeben hat, was sie zur teuersten Weltmeisterschaft aller Zeiten macht;
P. in der Erwägung, dass Umweltgruppen nachgewiesen haben, dass die Behauptungen der FIFA, wonach die Fußballweltmeisterschaft der Männer CO2-neutral sei, grob irreführend sind; in der Erwägung, dass die tatsächlichen CO2-Emissionen des Baus von Stadien auf das Achtfache der gemeldeten Zahlen geschätzt werden; in der Erwägung, dass die zum Ausgleich der CO2-Emissionen des Turniers erworbenen Emissionsgutschriften höchstwahrscheinlich keine hinreichend positiven Auswirkungen haben werden; in der Erwägung, dass die für den Nahen Osten zuständige Sektion von Greenpeace die Organisatoren der „Grünfärberei“ beschuldigt hat;
Q. in der Erwägung, dass Katar der New York Times zufolge Fußballfans aus Ländern, deren Nationalfußballmannschaft an der Fußballweltmeisterschaft der Männer teilnimmt, freien Eintritt, kostenlose Flüge und Unterkunft in Katar angeboten hat, wenn sie sich bereit erklären, Katar nicht zu kritisieren und Beiträge anderer Fans in den sozialen Medien, in denen Kritik an Katar geübt wird, zu melden;
R. in der Erwägung, dass die Regierung Katars nach Angaben des Guardian in den zwölf Monaten bis Oktober 2022 als Gegenleistung für positive Aussagen über Katar Geschenke im Wert von 251 208 GBP an Mitglieder des britischen Parlaments verteilt hat, darunter Aufenthalte in Luxus-Hotels, Business-Class-Flüge und Tickets für Pferderennen;
S. in der Erwägung, dass europäische Datenschutzbehörden die Fans davor gewarnt haben, die WM-App herunterzuladen, da sie schwerwiegende Risiken für die Privatsphäre und die Sicherheit birgt;
1. verurteilt, dass Tausende unterbezahlte Arbeiter ihr Leben verloren haben, damit acht Stadien, eine Erweiterung des Flughafens, eine neue U-Bahn, viele Hotels und kilometerlange neuer Straßen für die Fußballweltmeisterschaft der Männer in Katar gebaut werden; verurteilt die Tatsache, dass die Todesfälle von Arbeitnehmern nicht untersucht wurden, sondern als „natürliche Todesursache“ oder „Herzversagen“ eingestuft wurden; kritisiert, dass man die Familien von Wanderarbeitnehmern, die ihr Leben verloren haben, nicht entschädigt hat;
2. ist besorgt darüber, dass Hunderttausende Wanderarbeitnehmer in Katar systematisch in ihren Rechten verletzt und ausgebeutet werden und viele von ihnen unter unerträglichen und gefährlichen Arbeitsbedingungen arbeiten;
3. fordert die Regierung Katars auf, die zahlreichen vermeidbaren Todesfälle von Wanderarbeitnehmern einzugestehen und ihren Beitrag für die Fußballweltmeisterschaft in Katar sichtbar zu würdigen sowie derer zu gedenken, die ihr Leben dabei verloren haben;
4. fordert Katar und die FIFA auf, einen umfassenden Entschädigungsfonds einzurichten, dessen Betrag mindestens dem Preisgeld der Weltmeisterschaft in Höhe von 440 Mio. USD entspricht, der für Fälle von Lohndiebstahl und Verletzungen sowie für die Tausenden von Todesfällen gedacht sein soll, die nicht untersucht wurden und bei denen keine Entschädigung gezahlt wurde;
5. fordert Katar auf, die Reform seines Arbeitsmarkts fortzusetzen und zu beschleunigen, die weiterhin geltenden diskriminierenden Gesetze abzuschaffen, Schlupflöcher bei der Umsetzung zu schließen und die Arbeitsbedingungen für Wanderarbeitnehmer erheblich zu verbessern;
6. fordert die staatlichen Stellen Katars auf, die missbräuchliche Behandlung ausländischer Arbeitnehmer durch ihre Arbeitgeber, insbesondere von Hausangestellten, von denen viele Frauen sind, ein Ende zu setzen, indem Inspektoren geschult werden, um Praktiken der Zwangsarbeit aufzudecken und derartige Fälle zu untersuchen, sodass für Missbrauch verantwortliche Arbeitgeber zur Rechenschaft gezogen werden; empfiehlt, Hausangestellte in den Geltungsbereich des Arbeitsrechts einzubeziehen;
7. fordert die katarischen Staatsorgane nachdrücklich auf, den Tod von Wanderarbeitnehmern zu untersuchen und zu bescheinigen sowie Familien zu entschädigen, wenn Arbeitnehmer aufgrund ihrer Arbeitsbedingungen gestorben sind;
8. fordert die staatlichen Stellen Katars auf, das Kafala-System vollständig abzuschaffen, indem zuallererst die Gebühr für „Flucht“ abgeschafft und Arbeitgeber bestraft werden, die solche Praktiken als Herrschaftsinstrumente einsetzen;
9. ist der Ansicht, dass Katar zwar im Jahr 2020 einen Mindestlohn eingeführt hat, was zu begrüßen ist, die Löhne jedoch nach wie vor niedrig sind und häufig verspätet oder gar nicht ausgezahlt werden; fordert die staatlichen Stellen Katars auf, den Mindestlohn zu erhöhen, der Lohndiskriminierung zwischen ausländischen Arbeitnehmern unterschiedlicher Staatsangehörigkeit ein Ende zu setzen und dafür zu sorgen, dass die Löhne vollständig und rechtzeitig ausgezahlt werden;
10. fordert Katar auf, alle Anwerbungsgebühren für ausländische Arbeitnehmer abzuschaffen, wodurch diese in eine Schuldenspirale geraten;
11. weist darauf hin, dass allen Arbeitnehmern, also auch den Wanderarbeitnehmern, Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Selbstorganisation gewährt werden sollte; fordert die katarische Regierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass Arbeitnehmer das Recht haben, sich frei und ohne Vergeltungsmaßnahmen zu vereinigen, und einen sicheren Zugang zur Justiz erhalten;
12. fordert die Regierung Katars auf, die Rolle der IAO zu stärken, indem sie ihr eine ständige Vertretung zubilligt und ihre Übereinkommen über die Vereinigungsfreiheit von Arbeitnehmern ratifiziert;
13. begrüßt, dass Katar 2018 Vertragspartei des IPBPR und des IPWSKR geworden ist; legt Katar und anderen Golfstaaten nahe, die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen zu ratifizieren;
14. fordert Katar und alle Golfstaaten auf, alle IAO-Übereinkommen zu ratifizieren, einschließlich der über Wanderarbeitnehmer, Vereinigungsfreiheit, das Vereinigungsrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen sowie über Hausangestellte und private Arbeitsvermittlungen;
15. verurteilt die routinemäßigen willkürlichen Festnahmen und Misshandlungen, denen LGBTIQ in Katar infolge der von der Regierung geförderten Diskriminierung ausgesetzt sind; verurteilt mit Nachdruck die gemeldeten Fälle sexueller Übergriffe während der Haft;
16. fordert die Staatsorgane Katars auf, Artikel 285 des Strafgesetzbuchs und alle anderen Gesetze aufzuheben, mit denen einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen unter Strafe gestellt werden;
17. fordert die Staatsorgane Katars auf, dafür zu sorgen, dass die Menschenrechte aller Personen, die an der Weltmeisterschaft 2022 teilnehmen, einschließlich internationaler Gäste, geachtet werden und dass niemand willkürlich inhaftiert oder misshandelt wird; teilt die Bedenken der Datenschutzbehörden in der EU hinsichtlich der Nutzung der WM-App und der App zur Nachverfolgung von Infektionen, da es sich dabei um Spähsoftware handelt; fordert Katar nachdrücklich auf, die Menschenrechte all seiner Einwohner und nicht nur der Zuschauer der Weltmeisterschaft dauerhaft zu garantieren;
18. verweist insbesondere auf die aktive Beteiligung der Union der europäischen Fußballverbände (UEFA) an der Auswahl von Katar als Gastgeber für die Weltmeisterschaft 2022 und seine Mitwirkung bei der Vorbereitung der Spiele unter eklatanter Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention und der internationalen Übereinkommen, an die die Mitglieder des Europarats gebunden sind;
19. beanstandet, dass Korruption in den Strukturen der FIFA immer noch allgegenwärtig ist; fordert die EU-Mitgliedstaaten, insbesondere diejenigen mit großen nationalen Fußballligen, wie Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, auf, Druck auf die UEFA und die FIFA auszuüben, damit letztere grundlegende Reformen durchführt, einschließlich der Einführung demokratischer und transparenter Verfahren für die Vergabe von Fußballweltmeisterschaften und der strikten Anwendung von Menschenrechts- und Nachhaltigkeitskriterien auf Gastgeberländer; fordert, dass Verletzungen der Grundrechte und der Menschenrechte, insbesondere offensichtliche systematische geschlechtsspezifische Gewalt, als verbindliches Ausschlusskriterium für die Vergabe internationaler Sportveranstaltungen gelten, damit Sportler und Fans geschützt werden und dem „Sportswashing“ ein Ende gesetzt wird; fordert, dass die Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der korruptionsbehafteten Vergabe von Weltmeisterschaften fortgesetzt werden; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, den Zugang zu archivierten Informationen über die Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 zu gewähren;
20. fordert die FIFA nachdrücklich auf, das Recht der Fußballspieler zu achten, ihre Meinung frei zu äußern und sich für die Menschenwürde und die Menschenrechte einzusetzen;
21. verurteilt generell die zunehmende Praxis autoritärer Staaten, Gastgeber für Großveranstaltungen in den Bereichen Sport und Kultur zu spielen und dadurch ihre internationale Legitimität zu stärken und gleichzeitig innenpolitischen Dissens noch stärker zu unterdrücken; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, mit nationalen Sportverbänden, privatwirtschaftlichen Akteuren und zivilgesellschaftlichen Organisationen die Modalitäten ihrer Beteiligung an Veranstaltungen dieser Art zu erörtern; fordert, dass ein politischer Rahmen der EU für Sport und Menschenrechte ausgearbeitet wird;
22. fordert den HR/VP Josep Borrell, den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten auf, die Menschenrechte und Grundfreiheiten, insbesondere die Rechte von Wanderarbeitnehmern, Frauen und LGBTQI, im Menschenrechtsdialog zwischen der EU und Katar und bei allen anderen Treffen mit den staatlichen Stellen Katars weiterhin zur Sprache zu bringen;
23. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament des Staates Katar, den Regierungen und Parlamenten des Golf-Kooperationsrats sowie der Internationalen Föderation des Verbandsfußballs (FIFA), der Vereinigung Europäischer Fußballverbände (UEFA), der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu übermitteln.
- [1] ABl. L 436 vom 24.11.2016, S. 42.