Entschließungsantrag - B9-0099/2023Entschließungsantrag
B9-0099/2023

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu einem angemessenen Mindesteinkommen zur Gewährleistung einer aktiven Inklusion

8.2.2023 - (2022/2840(RSP))

eingereicht im Anschluss an die Anfragen zur mündlichen Beantwortung B9‑0000/2023 und B9‑0000/2023
gemäß Artikel 136 Absatz 5 der Geschäftsordnung

Dragoş Pîslaru
im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten


Verfahren : 2022/2840(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0099/2023
Eingereichte Texte :
B9-0099/2023
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B9‑0099/2023

Entschließung des Europäischen Parlaments zu einem angemessenen Mindesteinkommen zur Gewährleistung einer aktiven Inklusion

(2022/2840(RSP))

Das Europäische Parlament,

 gestützt auf Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union und die Artikel 4, 9, 14, 19, 151 und 153 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

 unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte und den dazugehörigen Aktionsplan,

 unter Hinweis auf die Erklärung von Porto,

 unter Hinweis auf die Europäische Sozialcharta des Europarats,

 unter Hinweis auf das 1979 verabschiedete UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

 unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, die auf der Weltkonferenz über Menschenrechte von 1993 bekräftigt wurde, und insbesondere auf deren Artikel 3, 16, 18, 23, 25, 26, 27 und 29,

 unter Hinweis auf den Internationalen Pakt der Vereinten Nationen von 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,

 unter Hinweis auf die von den Vereinten Nationen im Jahr 2015 festgelegten Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, insbesondere auf die Ziele 1 und 10,

 unter Hinweis auf die Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation Nr. 26 und 131 über die Mindestlohnfestsetzung und Nr. 29 und 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit,

 unter Hinweis auf die Artikel 34, 35 und 36 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die ausdrücklich das Recht auf Sozialversicherung und Sozialhilfe, ein hohes Maß an Schutz der menschlichen Gesundheit und den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse festschreiben,

 unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 24. Juni 1992 über gemeinsame Kriterien für ausreichende Zuwendungen und Leistungen im Rahmen der Systeme der sozialen Sicherung[1],

 unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 30. Januar 2023 zu einem angemessenen Mindesteinkommen zur Gewährleistung der aktiven Inklusion[2],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2010 zu der Bedeutung des Mindesteinkommens für die Bekämpfung der Armut und die Förderung einer integrativen Gesellschaft in Europa[3],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Oktober 2017 über Strategien zu der Sicherstellung des Mindesteinkommens als Mittel zur Armutsbekämpfung[4],

 unter Hinweis auf die Anfragen an den Rat und die Kommission zum Thema angemessenes Mindesteinkommen zur Gewährleistung einer aktiven Inklusion (O-000050/2022 – B9‑0000/2023 und O‑000051/2022 – B9‑0000/2023),

 gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

 unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,

A. in der Erwägung, dass im Jahr 2021 95,4 Millionen Menschen in der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht waren, was 21,7 % der EU-Bevölkerung ausmacht[5]; in der Erwägung, dass Armut und soziale Ausgrenzung eine Angelegenheit ist, die in die individuelle und kollektive Verantwortung fällt und deren Ursachen mit der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Mitgliedstaaten und der EU verbunden sind; in der Erwägung, dass die derzeitige Krise, die auf miteinander verwobenen Faktoren wie der COVID-19-Pandemie und ihren Folgen, dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dem Klimawandel zurückzuführen ist, dazu geführt hat, dass die Menschen mit höheren Lebenshaltungskosten konfrontiert sind und die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen gestiegen ist; in der Erwägung, dass einem Bericht der Weltbank zufolge bis zum Jahr 2030 weitere 68 bis 135 Millionen Menschen weltweit infolge des Klimawandels in die Armut abdriften könnten[6];

B. in der Erwägung, dass eine Mindesteinkommensstützung eine beitragsunabhängige Leistung darstellt, die Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen und die nationalen Auswahlkriterien erfüllen, gewährt wird, und dass diese Leistung als integraler Bestandteil eines umfassenden nationalen rechtebasierten Sozialschutzsystems betrachtet werden sollte; in der Erwägung, dass Mindesteinkommensregelungen als Leistungen und Dienste definiert werden, die zusammen ein Sicherheitsnetz für Personen darstellen, die andernfalls – unabhängig davon, ob sie in einem Beschäftigungsverhältnis stehen oder erwerbslos sind –, nicht über finanzielle Mittel verfügen würden, die ausreichen, damit sie selbst oder ihre Angehörigen menschenwürdig leben können[7];

C. in der Erwägung, dass es sich bei Armut und sozialer Ausgrenzung um vielschichtige Konzepte handelt, die daher mit einem umfassenden und dynamischen Ansatz angegangen werden müssen, der auch Maßnahmen zur Sicherstellung des Zugangs zu grundlegenden Gütern und Dienstleistungen wie Bildung, Ausbildung und Kompetenzentwicklung umfasst; in der Erwägung, dass sich ein solcher Ansatz auf Einzelpersonen und deren Lebensumstände konzentrieren und Teil einer wirksamen Strategie zur Bekämpfung der Armut sein sollte; in der Erwägung, dass angemessen finanzierte und mit Finanzmitteln ausgestattete Mindesteinkommensregelungen ein wichtiges und wirksames Mittel sind, um Armut zu überwinden und soziale Inklusion zu fördern; in der Erwägung, dass die soziale Stigmatisierung, die mit einem Mangel an finanziellen Mitteln einhergeht, Schamgefühle auslösen kann, die das tatsächliche Ausmaß von Armut in der Gesellschaft womöglich verschleiern;

D. in der Erwägung, dass Eurostat die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen als die Gesamtzahl der Menschen definiert, die armutsgefährdet sind, unter schwerer materieller und sozialer Deprivation leiden oder in einem Haushalt mit sehr niedriger Erwerbsintensität leben;

E. in der Erwägung, dass das geschlechtsspezifische Armutsgefälle in den letzten fünf Jahren weiter angestiegen ist, da Frauen im Vergleich zu Männern zunehmend und unverhältnismäßig stark von Armut betroffen und von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, insbesondere was ältere Frauen, Frauen mit Behinderungen, Roma-Frauen und Frauen betrifft, die mit intersektionellen Formen der Diskriminierung konfrontiert sind, sowie was alleinerziehende Mütter betrifft; in der Erwägung, dass die COVID-19-bedingten Ausgangsbeschränkungen unverhältnismäßige Auswirkungen auf Frauen und Menschen in prekären Situationen nach sich gezogen haben, insbesondere im Zusammenhang mit einer höheren Belastung durch informelle Pflegearbeit aufgrund des eingeschränkten Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Bildung und anderen sozialen Diensten; in der Erwägung, dass die ungleiche Aufteilung von unbezahlter Pflege-, Betreuungs- und Haushaltsarbeit zwischen Männern und Frauen ein entscheidender Faktor ist, der bestimmt, ob Frauen eine Beschäftigung aufnehmen und dort verbleiben, in welchen Branchen und Berufen sie arbeiten, wie viele Stunden sie für bezahlte Arbeit aufwenden und ob ihre Arbeitsplätze hochwertig sind; in der Erwägung, dass 80 % der Langzeitpflege in Europa von informellen Pflegekräften erbracht werden und dass diese eher von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind, da 42 % der nicht erwerbstätigen Pflegekräfte im untersten Einkommensquartil anzutreffen sind und 59 % der nicht erwerbstätigen Pflegekräfte Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen[8];

F. in der Erwägung, dass in der EU im Jahr 2020 die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen bei Menschen im Alter zwischen 15 und 29 Jahren bei 25,4 % lag, was etwa 18,1 Millionen Menschen entspricht;

G. in der Erwägung, dass etwa 35 % der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen im erwerbsfähigem Alter möglicherweise kein Mindesteinkommen bzw. keine sonstigen Sozialleistungen erhalten[9]; in der Erwägung, dass 20 % der von Armut bedrohten Arbeitslosen in der EU keinen Anspruch auf Einkommensunterstützung haben; in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge 30-50 % der anspruchsberechtigten Bevölkerung in der EU Mindesteinkommensregelungen nicht in Anspruch nehmen[10]; in der Erwägung, dass die bestehenden Sozialleistungssysteme von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat stark variieren; in der Erwägung, dass die Mindesteinkommensregelungen in den meisten Mitgliedstaaten nicht ausreichen, um allen Menschen einen angemessenen Lebensstandard zu sichern[11]; in der Erwägung, dass eine angemessene Mindesteinkommensunterstützung als Mittel der Armutsbekämpfung nicht nur den sozialen Zusammenhalt fördert, sondern auch eine Investition in Menschen und in die Wirtschaft darstellt, da sie zur Stärkung der Binnennachfrage beiträgt;

H. in der Erwägung, dass sich der Klimawandel auf die Ärmsten sowie auf Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen überproportional auswirkt, da Wetterextreme in verschiedenen Bereichen Inflation auslösen, etwa in den Bereichen Energie, Lebensmittel („Heatflation“ oder „Hitzeflation“[12]), Bekleidung und Elektronik, und infolge von Waldbränden und Überschwemmungen zu Schäden an Wohngebäuden führen und Folgen für die Gesundheit nach sich ziehen; in der Erwägung, dass sich Europa noch immer von der COVID-19-Pandemie erholt und mit einem Anstieg der Lebenshaltungskosten infolge der hohen Inflation konfrontiert ist, die unter anderem auf Spekulationen[13], insbesondere auf den Märkten für Lebensmittel, Rohstoffe und Energie, zurückzuführen ist, die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine noch verschärft wurden; in der Erwägung, dass die ersten Ergebnisse einer Eurofound-Analyse ergaben, dass es sich bei den meisten der gemeldeten politischen Maßnahmen zur Abfederung der Auswirkungen des drastischen Anstiegs der Energiepreise und der wachsenden Inflation um zeitlich befristete Ad-hoc-Maßnahmen handelt[14]; in der Erwägung, dass Maßnahmen, die sich an schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen richten, eher in Form einer allgemeinen finanziellen Unterstützung erfolgen; in der Erwägung, dass Energiearmut im Jahr 2020 für etwa 35 Millionen EU-Bürger, d. h. rund 8 % der EU-Bevölkerung, nach wie vor eine größere Herausforderung dargestellt hat[15];

I. in der Erwägung, dass es infolge der derzeitigen Notlage geboten ist, nationale Mindesteinkommensregelungen zu fördern, damit für alle Menschen, die bestimmte Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, eine angemessene Lebensqualität sichergestellt wird, wobei das Qualifikationsniveau der vom Arbeitsmarkt ausgeschlossenen Personen zu verbessern ist und Chancengleichheit und die Wahrnehmung der Grundrechte sicherzustellen sind;

J. in der Erwägung, dass in den Grundsätzen 12 und 13 der Europäischen Sozialcharta jeweils festgelegt ist, dass alle Arbeitnehmer und ihre Angehörigen das Recht auf soziale Sicherheit haben bzw. dass jeder das Recht auf Fürsorge hat, wenn er über keine ausreichenden Mittel verfügt[16]; in der Erwägung, dass in Artikel 34 Absatz 3 der EU-Grundrechtecharta das Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen, anerkannt wird;

K. in der Erwägung, dass in Grundsatz 3 der Europäischen Säule sozialer Rechte festgelegt ist, dass jeder Mensch das „Recht auf Gleichbehandlung und Chancengleichheit im Hinblick auf Beschäftigung, sozialen Schutz, Bildung und den Zugang zu öffentlich verfügbaren Gütern und Dienstleistungen hat“, dass in Grundsatz 4 verankert ist, dass jede Person das Recht auf frühzeitige und bedarfsgerechte Unterstützung zur Verbesserung der Beschäftigungs- oder Selbstständigkeitsaussichten hat, und dass Grundsatz 14 wie folgt lautet: „Jede Person, die nicht über ausreichende Mittel verfügt, hat in jedem Lebensabschnitt das Recht auf angemessene Mindesteinkommensleistungen, die ein würdevolles Leben ermöglichen, und einen wirksamen Zugang zu dafür erforderlichen Gütern und Dienstleistungen. Für diejenigen, die in der Lage sind zu arbeiten, sollten Mindesteinkommensleistungen mit Anreizen zur (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt kombiniert werden.“;

L. in der Erwägung, dass der Rat Kernziele für 2030 in den Bereichen Armut, Beschäftigung und Kompetenzen festgelegt hat, von denen eines darin besteht, die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen bis 2030 im Vergleich zu 2019 um mindestens 15 Millionen zu verringern;

M. in der Erwägung, dass es heutzutage in allen Mitgliedstaaten verschiedene Arten von Mindesteinkommensregelungen gibt, dass deren Auswirkungen jedoch im Hinblick auf die Aufwärtskonvergenz oder die Verringerung der Armut unzureichend ausgefallen sind[17]; in der Erwägung, dass jedes europäische Land seine Regelungen auf einem Niveau unterhalb der eigenen Armutsgefährdungsschwelle festgesetzt hat und dass einige dieser Regelungen nicht einmal 20 % der Schwelle der Armutsgefährdung bzw. der Gefahr sozialer Ausgrenzung erreichen, was de facto bedeutet, dass diejenigen, die ein Mindesteinkommen beziehen, nicht über ein ausreichendes Einkommen verfügen, um über die Runden zu kommen; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten bei der Sicherstellung der Angemessenheit, des Umfangs und der Inanspruchnahme von Mindesteinkommensregelungen sowie bei der Umsetzung von Arbeitsmarktaktivierungsmaßnahmen und von Maßnahmen, die den Zugang zu sonstigen unterstützenden Gütern und Dienstleistungen ermöglichen, ungleichmäßige Fortschritte erzielt haben; in der Erwägung, dass die Ausschöpfungsquoten niedrig sind[18] und dass Einkommensunterstützung, aktive Arbeitsmarktpolitik und soziale Leistungen nur mangelhaft koordiniert werden; in der Erwägung, dass nationale Mindesteinkommensregelungen Teil von umfassenderen Sozialschutzsystemen sind und dass dies bei der Bewertung ihrer Wirksamkeit berücksichtigt werden sollte;

N. in der Erwägung, dass die Mechanismen der politischen Koordinierung, die in den letzten 30 Jahren angewandt wurden, etwa die Empfehlung des Rates vom 24. Juni 1992 über gemeinsame Kriterien für ausreichende Zuwendungen und Leistungen im Rahmen der Systeme der sozialen Sicherung, die durch die Empfehlung der Kommission zur aktiven Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen[19] vom 3. Oktober 2008 untermauert wurde, sich als nicht effizient genug erwiesen haben, um die ermittelten Herausforderungen zu bewältigen und soziale Ausgrenzung und Armut wirksam, ganzheitlich und nachhaltig zu verringern; in der Erwägung, dass die meisten Mitgliedstaaten in den letzten Jahren in Kombination mit anderen sozialpolitischen Maßnahmen Schritte zur Verbesserung ihrer Mindesteinkommensregelungen unternommen haben, dass diese Maßnahmen jedoch nicht ausreichen, um die ermittelten Herausforderungen zu bewältigen; in der Erwägung, dass die Reformen auf nationaler Ebene nicht umfassend genug waren und es bei deren Umsetzung oft zu Verzögerungen kam; in der Erwägung, dass in mehreren Mitgliedstaaten die Einkommensungleichheiten in den letzten Jahrzehnten nachweislich zugenommen haben und dass soziale Ausgrenzung nach wie vor eine erhebliche Herausforderung darstellt;

O. in der Erwägung, dass Frauen, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen, Roma-Gemeinschaften, die in Siedlungen leben, Menschen, die einen Migrationshintergrund haben oder Minderheiten angehören, jüngere und ältere Menschen, Obdachlose, die LBGTIQ+-Gemeinschaft, Arbeitslose und Menschen, die nach einer langen Pause wieder in den Arbeitsmarkt einzutreten versuchen, am stärksten von Armut betroffen oder bedroht sind, in Armut zu geraten; in der Erwägung, dass das Armutsrisiko auch für Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsverhältnissen höher ist; in der Erwägung, dass junge Menschen häufig keinen Zugang zu Arbeitslosenunterstützung haben, da sie die Mindestbeitragsvoraussetzungen nicht erfüllen; in der Erwägung, dass diskriminierende Anforderungen bezüglich des Mindestalters jungen Menschen auch den Bezug von Mindesteinkommensleistungen vorenthalten; in der Erwägung, dass die Verringerung der Langzeitarbeitslosigkeit eine Schlüsselrolle bei der wirksamen Bekämpfung der Armut spielen kann; in der Erwägung, dass der Rat in seiner Empfehlung vom 30. Januar 2023 auf der Grundlage des Vorschlags der Kommission anerkennt, dass Lösungen, die den Erhalt von Einkommensunterstützung durch einzelne Haushaltsmitglieder erleichtern, zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit und Einkommenssicherheit von Frauen und jungen Erwachsenen beitragen können;

P. in der Erwägung, dass bei Menschen mit Behinderungen aufgrund von gesellschaftlichen Hürden wie Diskriminierung, einem eingeschränkten Zugang zu Bildung und Beschäftigung und mangelnde Inklusion die Wahrscheinlichkeit höher liegt, dass sie in Armut leben oder von Armut bedroht sind, als bei Menschen ohne Behinderungen; in der Erwägung, dass die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen mit Behinderungen in der EU im Jahr 2021 bei 29,7 % lag, verglichen mit den 18,8 % in der übrigen Bevölkerung[20]; in der Erwägung, dass viele Menschen mit Behinderungen in der gesamten EU in getrennten, geschützten Arbeitsumgebungen arbeiten, in denen sie nicht immer dieselben Arbeitnehmerrechte und denselben Status genießen wie Menschen, die auf dem offenen Arbeitsmarkt arbeiten;

Q. in der Erwägung, dass die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen bei älteren Menschen (über 75 Jahre und älter), Rentnern mit Behinderungen und Rentnern, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen waren oder aufgrund einer Kinderbetreuung oder Langzeitpflege lange Zeit vom Arbeitsmarkt abwesend waren, höher ist[21]; in der Erwägung, dass die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen bei Rentnern in der EU im Jahr 2020 bei 15,6 % lag; in der Erwägung, dass das geschlechtsspezifische Lohn- und Rentengefälle nach wie vor hoch ist und im Jahr 2020 bei 13 %[22] bzw. im Jahr 2019 bei 29 % [23] lag; in der Erwägung, dass ältere Frauen häufig keine ausreichenden Rentenansprüche erworben haben, um ein Leben ohne Armut und soziale Ausgrenzung sicherzustellen, und dass viele Frauen auf die Einkommen und Ersparnisse ihres Partners oder auf abgeleitete Rentenansprüche (Hinterbliebenenrenten) angewiesen sind; in der Erwägung, dass die höhere Lebenserwartung von Frauen bedeutet, dass viele von ihnen im Alter die Kosten des Alleinlebens stemmen müssen; in der Erwägung, dass zu geringe Renten und die mangelnde Anpassung der bestehenden Renten an die steigenden Lebenshaltungskosten schwerwiegende Auswirkungen auf ältere Menschen haben, insbesondere auf Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind;

R. in der Erwägung, dass hochwertige Arbeitsplätze die beste Möglichkeit sind, Menschen aus der Armut zu befreien, und in der Erwägung, dass angemessene, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Weiterbildungs- oder Umschulungsangebote unabdingbar dafür sind, Menschen und insbesondere Arbeitnehmer im Alter von über 50 Jahren wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren;

S. in der Erwägung, dass in Artikel 156 AEUV festgelegt ist, dass die Bereitstellung und die Verwaltung der Systeme der sozialen Sicherheit in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegen, wobei die Union koordinierend tätig wird, aber keine Harmonisierung vornimmt;

T. in der Erwägung, dass die Energiekrise und die Inflation die Zahl der von Unsicherheit, Armut und sozialer Ausgrenzung betroffenen Menschen erhöhen können; in der Erwägung, dass die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit das beste Mittel gegen Armut ist;

1. weist darauf hin, dass die Kommission, die Sozialpartner und die Zivilgesellschaft auf dem Gipfel von Porto zugesagt haben, die Zahl der Menschen in der EU, die in Armut leben oder sozial ausgegrenzt sind, bis zum Jahr 2030 um mindestens 15 Millionen, darunter um mindestens 5 Millionen Kinder, zu verringern; weist darauf hin, dass die EU ihr Ziel, bis zum Jahr 2020 20 Millionen Menschen aus der Armut zu befreien, verfehlt hat; betont, dass die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen den Anteil der Personen bezeichnet, deren verfügbares Äquivalenzeinkommen nach Erhalt der sozialen Transferleistungen unter dem Schwellenwert von 60 %[24] des nationalen Medianwerts liegt; bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass der unrechtmäßige, unprovozierte und ungerechtfertigte Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine einen steilen Anstieg der Energiepreise und der Inflation ausgelöst hat, wodurch die Krise im Zusammenhang mit den Lebenshaltungskosten tendenziell verschärft wird und immer mehr Menschen in Armut abgleiten und ins soziale Abseits gedrängt werden, wenn nicht rasch gehandelt wird; betont, dass Armut nicht nur einen Mangel an wirtschaftlichen Mitteln mit sich bringt, sondern dass es sich dabei vielmehr um ein vielschichtiges Phänomen handelt, das einen Mangel sowohl an Einkommen als auch an einem Zugang zu grundlegenden Gütern und Dienstleistungen umfasst, sodass grundlegende Voraussetzungen fehlen, um in Würde leben und an der Gesellschaft teilhaben zu können; stellt fest, dass Menschen, die in Armut leben und sozial ausgegrenzt sind, häufig in einen Teufelskreis zahlreicher miteinander verknüpfter und sich gegenseitig verstärkender Entbehrungen geraten, durch die sie daran gehindert werden, ihre Rechte wahrzunehmen, und durch die ihre Armut und soziale Ausgrenzung verfestigt wird;

2. hebt hervor, dass das Ziel der EU zur Verringerung der Armut in den kommenden Jahren wohl nicht erreicht werden kann, es sei denn, die Mitgliedstaaten modernisieren und stärken ihre Systeme für sozialen Schutz in einer Weise, mit der die soziale Inklusion gefördert wird und Menschen, die arbeitsfähig sind, unterstützt werden, indem Möglichkeiten für hochwertige Beschäftigung geschaffen werden; ist besorgt über die Belastung, die die derzeitige Krise im Zusammenhang mit den Lebenshaltungskosten, insbesondere in Form steigender Inflation und Energiepreise, für schutzbedürftige Menschen und Haushalte darstellt, und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre gezielte Unterstützung für die Bedürftigsten zu verstärken;

3. betont, dass weitere Anstrengungen erforderlich sind, um Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Mindesteinkommensunterstützung für Menschen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, schrittweise auf ein Niveau anzuheben, das mindestens dem nationalen Schwellenwert für Armutsgefährdung bzw. die Gefahr sozialer Ausgrenzung oder dem Geldwert der erforderlichen Güter und Dienstleistungen gemäß nationalen Definitionen entspricht, oder auf andere vergleichbare Niveaus anzuheben, die durch nationale Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten festgelegt sind, und dringend Probleme im Zusammenhang mit der Angemessenheit, der Reichweite und der Inanspruchnahme anzugehen; nimmt zur Kenntnis, dass Unterschiede hinsichtlich der nationalen Schutzsysteme bestehen, und hebt hervor, dass Referenzbudgets neben anderen Indikatoren dazu geeignet sind, zu bestimmen, welche finanziellen Mittel erforderlich sind, um in einem bestimmten Land in Würde zu leben;

4. erkennt an, dass bestehende Soft-Law-Mechanismen wie die länderspezifischen Empfehlungen und das im Rahmen des Europäischen Semesters eingerichtete sozialpolitische Scoreboard zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung beigetragen haben, stellt jedoch fest, dass sie sich als unzureichend erwiesen haben; bekräftigt seine Forderung nach einer Überarbeitung des sozialpolitischen Scoreboards im Rahmen des Europäischen Semesters, um Indikatoren aufzunehmen, die die Tendenzen und Ursachen von Ungleichheiten umfassend widerspiegeln[25]; fordert die Mitgliedstaaten auf, die länderspezifischen Empfehlungen besser umzusetzen, und zwar insbesondere dann, wenn es um die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung geht, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, die diesbezüglichen Fortschritte der Mitgliedstaaten engmaschig zu überwachen;

5. begrüßt die Schlussfolgerungen der Konferenz zur Zukunft Europas; hebt den Vorschlag 14 hervor, in dem ein gemeinsamer EU-Rahmen für Mindesteinkommensregelungen gefordert wird, damit niemand zurückgelassen wird; betont, dass die Einführung eines solchen Rahmens zur vollständigen Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte und dem damit verbundenen Aktionsplan beitragen würde;

6. nimmt die Empfehlung des Rates vom 30. Januar 2023 für eine angemessene Mindestsicherung zur Gewährleistung einer aktiven Inklusion zur Kenntnis und fordert die Mitgliedstaaten zu deren zügiger Annahme und Umsetzung auf; ist besorgt darüber, dass die Mitgliedstaaten gemäß dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission nur alle drei Jahre über ihre Fortschritte Bericht erstatten müssten und dass die Kommission bis 2032 keine Bestandsaufnahme vorgenommen hätte; betont, dass dieser Zeitplan nicht mit den im Rahmen des Gipfels in Porto eingegangenen Verpflichtungen und dem Aktionsplan der europäischen Säule sozialer Rechte im Einklang gestanden hätte; fordert die Mitgliedstaaten auf, der Kommission alle zwei Jahre über die Fortschritte bei der Umsetzung dieser Empfehlung Bericht zu erstatten; fordert die Kommission auf, die Fortschritte bei der Umsetzung der Empfehlung im Rahmen des Europäischen Semesters zu überwachen und bis 2027 gemäß Ziffer 16 Buchstabe e der Empfehlung eine Bestandsaufnahme der Maßnahmen vorzunehmen, die als Reaktion darauf ergriffen wurden, um ihre Auswirkungen auf die Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung, die Erhöhung des Beschäftigungsniveaus und die Verbesserung der Teilnahme an Bildungsmaßnahmen sowie ihren Beitrag zur Verwirklichung der Ziele für 2030, insbesondere das Ziel, die Zahl der Menschen, die in Armut leben oder sozial ausgegrenzt sind, um mindestens 15 Millionen zu senken, zu bewerten;

7. fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Empfehlung des Rates zu unterstützen, indem die Mitgliedstaaten unter anderem in die Lage versetzt werden, ihre bewährten Verfahren auszutauschen; hebt hervor, dass die Finanzierung aus der Komponente Beschäftigung und soziale Innovation des Europäische Sozialfonds Plus für den Sozialschutz und die aktive Integration wichtig ist, um die Entwicklung angemessener Systeme der sozialen Sicherung und arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen zu unterstützen; betont, dass eine Mindesteinkommensunterstützung als Instrument zur Verhütung und Bekämpfung von Armut Teil einer umfassenderen Strategie zur Bekämpfung der Armut sein muss, die Anreize zur Förderung der Wiedereingliederung arbeitsfähiger Personen in den Arbeitsmarkt umfasst;

8. stellt fest, dass im Anschluss an den Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates zu einem angemessenen Mindesteinkommen zur Gewährleistung einer aktiven Inklusion eine EU-Richtlinie über ein angemessenes Mindesteinkommen zu dem Ziel beitragen könnte, die Armut in allen Mitgliedstaaten bis 2030 um mindestens die Hälfte zu verringern und die Integration von Menschen, die vom Arbeitsmarkt abwesend waren, sicherzustellen, wobei die Besonderheiten der nationalen Sozialschutzsysteme, das Subsidiaritätsprinzip und die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten gewahrt werden; hebt hervor, dass eine solche Richtlinie dazu beitragen könnte, die Zugänglichkeit, Angemessenheit und Wirksamkeit von Mindesteinkommensregelungen weiter zu verbessern, um die soziale Aufwärtskonvergenz zu fördern; weist darauf hin, dass die Mindesteinkommensregelungen Menschen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, vor Armut und sozialer Ausgrenzung schützen sollten;

9. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Mindesteinkommensregelungen regelmäßig zu bewerten und gegebenenfalls zu aktualisieren, um sicherzustellen, dass die Höhe der Unterstützung angemessen ist und den nationalen Schwellenwert der Armutsgefährdung bzw. der Gefahr sozialer Ausgrenzung oder den Geldwert der erforderlichen Güter und Dienstleistungen widerspiegelt und die Kaufkraft der Begünstigten unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten wahrt; weist darauf hin, dass die Mindesteinkommensregelungen mittels transparenter Verfahren auf der Grundlage solider Methoden und unter Einbeziehung der einschlägigen Interessenträger festgelegt und angepasst werden sollten; betont, dass ein Mindesteinkommen nicht nur als Sozialausgabe, sondern vielmehr als Investition in die Menschen und in die Wirtschaft betrachtet werden sollte, da davon auszugehen ist, dass die Begünstigten es direkt für den täglichen Bedarf ausgeben werden;

10. stellt fest, dass die Zusammensetzung des Haushalts einer der wesentlichen Aspekte ist, der von vielen Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Höhe der bereitgestellten Unterstützung berücksichtigt wird; betont, dass die Prüfung von Haushaltsmitteln, bei der davon ausgegangen wird, dass die Mitglieder eines Haushaltes ihre Ressourcen gleichmäßig zusammenlegen und verteilen, einen Kreislauf der Abhängigkeit schaffen kann; beharrt darauf, dass eine Mindesteinkommensunterstützung nach der Prüfung der Mittel des Einzelnen gewährt werden sollte, um den Schutz und die finanzielle Unabhängigkeit jeder Einzelperson, die nicht über ausreichende Mittel verfügt und die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Lösungen umzusetzen, die den Erhalt von Einkommensunterstützung durch einzelne Haushaltsmitglieder erleichtern; stellt fest, dass sich ein auf dem Haushalt beruhender Ansatz häufig negativ auf die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen auswirkt, was zu geschlechtsspezifischer wirtschaftlicher Gewalt führen und unter anderem die Möglichkeiten von Frauen einschränken kann, geschlechtsspezifischer Gewalt und Missbrauch zu entkommen; ist besorgt darüber, dass Altersgrenzen, denen zufolge Berechtigte mindestens 18 Jahre alt sein müssen, den Zugang junger Menschen zu Unterstützung einschränken und sie daran hindern können, unabhängig zu werden;

11. ist der Ansicht, dass der Zugang zu Mindesteinkommen für Menschen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen und die die von den Mitgliedstaaten festgelegten Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, wirksam, gerecht und universell sein muss, damit sie ein würdevolles Leben führen können; weist darauf hin, dass ein Mindesteinkommen Teil von breiter angelegten Einkommensstützungssystemen sein sollte, die durch Sachleistungen wie beispielsweise den Zugang zu grundlegenden und befähigenden Gütern und Dienstleistungen insbesondere in den Bereichen Ernährung, Kinderbetreuung, allgemeine und berufliche Bildung, Gesundheit, Wohnen, Langzeitpflege, Beförderung, Energie, digitale Kommunikation und Teilnahme an sportlichen oder soziokulturellen Aktivitäten ergänzt werden, um die soziale Inklusion der Begünstigten sicherzustellen; betont, dass eine Einkommensunterstützung den besonderen Bedürfnissen des Einzelnen und sich überschneidenden Ungleichheiten, beispielsweise im Zusammenhang mit Alleinerziehenden, Menschen mit Behinderungen und unterhaltsberechtigten Kindern, Rechnung tragen muss; beharrt darauf, dass Unterstützung zur Deckung von Ausgaben im Zusammenhang mit Behinderungen und aktive Beschäftigungsförderung das Mindesteinkommen ergänzen und dass das eine nicht das andere ersetzen sollte;

12. ist besorgt darüber, dass durch Anspruchsvoraussetzungen, die einen ständigen Wohnsitz, ein Bankkonto oder einen unverhältnismäßig langen rechtmäßigen Aufenthalts erfordern, der Zugang zu Mindesteinkommensregelungen beschränkt werden könnte und benachteiligte Gruppen, darunter Ausländer, Roma und obdachlose Menschen, in die Armut gedrängt werden können; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Menschen, die über keine ausreichenden Mittel verfügen und die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, von ihren Mindesteinkommensregelungen umfassend und wirksam abgedeckt sind, und Hindernisse insbesondere für benachteiligte Gruppen zu beseitigen;

13. ist besorgt über das Problem, dass die Unterstützung durch Mindesteinkommensregelungen in den Mitgliedstaaten zu wenig in Anspruch genommen wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Bewusstsein für die Mindesteinkommensregelungen, die Anspruchsvoraussetzungen und die damit verbundenen Rechte und Pflichten zu schärfen und gegen Stigmatisierung vorzugehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, vereinfachte und verständliche Antragsverfahren für den Zugang zu Mindesteinkommensregelungen zu entwerfen, unnötige administrative Hindernisse zu beseitigen sowie Online- und Offline-Lösungen bereitzustellen, etwa einen einzigen Ansprechpartner, persönliche Beratung durch einen zuständigen Sachbearbeiter, Vor-Ort-Termine und digitale Termine mit der Leistungsverwaltung, zentrale Kontaktstellen und technische Unterstützung für Antragsteller und Begünstigte; betont, dass eine wirksame Art und Weise, wie die Sozialdienste und öffentlichen Verwaltungen das Problem der geringen Inanspruchnahme in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Interessenträgern angehen können, darin besteht, mögliche Begünstigte proaktiv zu ermitteln, sie über ihren Anspruch zu unterrichten und sie anschließend bei der Antragstellung sowie während des gesamten Verfahrens aktiv zu unterstützen, damit Leistungen reibungslos gewährt werden;

14. betont, dass die digitale Kluft bei der Bereitstellung von Informationen über die Anspruchsberechtigung, bei der Gestaltung und Verwaltung von Antragsverfahren sowie während der Dauer der Bewilligung und des Bezugs der Leistungen berücksichtigt werden muss; hebt den Nutzen einer über Online-Tools geleisteten Unterstützung hervor, betont jedoch, dass durch digitale Tools allein strukturelle Hindernisse wie etwa ein fehlender Zugang zu IT-Hardware, eine fehlende Internetverbindung oder mangelnde digitale Kompetenzen nicht überwunden werden; ist besorgt über mögliche Probleme, die durch die digitale Kluft insbesondere für ältere Menschen, obdachlose Menschen, in abgelegenen Gebieten lebende Menschen und Roma entstehen könnten; weist darauf hin, dass die Verfügbarkeit von Vor-Ort-Terminen bei der Leistungsverwaltung nach wie vor von entscheidender Bedeutung ist, wenn es darum geht, eine ordnungsgemäße Erbringung von Dienstleistungen für alle Menschen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, sicherzustellen;

15. stellt fest, dass informelle Pflege- und Betreuungsaufgaben zu Verdienstausfällen, zur Verschärfung des geschlechtsspezifischen Lohn- und Rentengefälles, zu Altersarmut und zur Feminisierung der Armut führen können; beharrt darauf, dass unbezahlte Pflege- und Betreuungstätigkeiten gewürdigt und die Kompetenzen von Pflege- und Betreuungskräften anerkannt werden sollten und dass die gleichberechtigte Verteilung von Pflege- und Betreuungspflichten gefördert werden sollte, wie in der Europäischen Strategie für Pflege und Betreuung hervorgehoben; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Sozialschutzsysteme und öffentlichen Dienstleistungen insbesondere in den Bereichen Kinderbetreuung und Langzeitpflege zu verbessern, damit Menschen, die unbezahlte Hausarbeit leisten – wobei es sich bei diesen Menschen mehrheitlich um Frauen handelt –, nicht in Armut geraten und keine soziale Ausgrenzung erfahren und somit nicht auf Sozialschutz – einschließlich Mindesteinkommen – angewiesen sind;

16. ist jedoch der Ansicht, dass Mindesteinkommensregelungen geeignete öffentliche Pflege- und Betreuungssysteme nicht ersetzen und Frauen nicht davon abhalten sollten, wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen und eine angemessene Vergütung für ihre Arbeit zu erhalten; weist darauf hin, dass Mindesteinkommensregelungen Geschlechterstereotypen verstärken und die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt behindern können, wenn sie nicht richtig konzipiert sind;

17. betont, dass Mindesteinkommensregelungen allein die Menschen nicht aus der Armut befreien können; ist der Ansicht, dass Einkommensstützung und Mindesteinkommen nicht zu sozialer Abhängigkeit beitragen dürfen und dass sie vielmehr mit Anreizen und unterstützenden, fördernden und aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen zur (Wieder‑)Eingliederung derjenigen, die arbeiten können, kombiniert werden müssen, um den Teufelskreis der Armut und der Abhängigkeit von der öffentlichen Unterstützung für Einzelpersonen und ihre Familien zu durchbrechen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Mindesteinkommenssysteme zum Bestandteil einer proaktiven Inklusionsstrategie zu machen, bei der die Teilhabe an der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt und das Wohlergehen der Menschen im Mittelpunkt stehen; betont, dass sowohl allgemeine Strategien als auch gezielte Maßnahmen erforderlich sind, mit denen diejenigen, die arbeiten können, in die Lage versetzt werden, feste, hochwertige und sichere Arbeitsplätze zu sichern, die einen wirksamen, gleichberechtigten und allgemeinen Zugang zu sozialen und öffentlichen Dienstleistungen insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Wohnraum für alle ermöglichen und Lern- und auch Beschäftigungsmöglichkeiten umfassen, die von Akteuren der Sozialwirtschaft wie im Bereich der Arbeitsmarktintegration tätigen Sozialunternehmen angeboten werden;

18. fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, durch die verhindert wird, dass Begünstigte gezwungen werden, qualitativ minderwertige Stellen anzunehmen; ist der Ansicht, dass die Erwerbstätigenarmut dringend durch angemessene Löhne bekämpft werden muss, um sicherzustellen, dass Arbeit sich lohnt, und um zu verhindern, dass Menschen auf Mindesteinkommensregelungen angewiesen sind; stellt jedoch fest, dass der Erhalt eines Lohns nicht automatisch dazu führen sollte, dass Menschen von Mindesteinkommensregelungen ausgeschlossen werden, wenn das Gehalt nicht ausreicht, um in Würde zu leben, und dass bei der Entscheidung über den Zugang zum Mindesteinkommen konkrete Situationen berücksichtigt werden sollten;

19. betont, dass dauerhafte, hochwertige Arbeitsplätze für die Verringerung der Armut von entscheidender Bedeutung sind; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es wichtig ist, stabiles Wachstum, Investitionen und die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze zu fördern; fordert die Mitgliedstaaten auf, politische Maßnahmen umzusetzen, um diejenigen, die arbeiten können, (wieder) in den Arbeitsmarkt einzugliedern, unter anderem indem sichergestellt wird, dass sie ausreichende Anreize wie hochwertige Bildungs-, Ausbildungs-, Umschulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten bieten, eine formelle Beschäftigung fördern und nicht angemeldete Erwerbstätigkeit bekämpfen sowie Arbeitgeber einbeziehen, um den Erhalt des Arbeitsplatzes und den beruflichen Aufstieg zu fördern; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Maßnahmen durch Unterstützungsdienste wie Beratung, persönliches Coaching und Unterstützung bei der Arbeitssuche zu ergänzen, einschließlich spezieller Programme für Menschen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden, Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte sowie die Entwicklung zukunftsorientierter Kompetenzen im Hinblick auf den ökologischen und digitalen Wandel; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Kombination aus Unterstützung in Form eines Mindesteinkommens und Erwerbseinkommen als schrittweise Ausstiegsmaßahme in Erwägung zu ziehen, um die Begünstigten beim (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt zu unterstützen, damit sie nicht in Erwerbstätigenarmut geraten; ist besorgt über die Praxis einiger Unternehmen, nur Mindesteinkommensempfänger einzustellen, solange öffentliche Unterstützung vorhanden ist;

20. betont, dass inklusive Gesellschaften gefördert werden müssen, indem soziale Ausgrenzung und Diskriminierung bekämpft und gleichzeitig soziale Gerechtigkeit, hochwertige Beschäftigung und verbesserte Lebens- und Arbeitsbedingungen gefördert werden, und zwar durch sozialen Dialog und durch die Bereitstellung erschwinglicher und allgemein zugänglicher sozialer Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung und Bildung sowie starke Sozialschutzsysteme; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zu verstärken, um soziale und wirtschaftliche Aufwärtskonvergenz zu erreichen, gegen die zunehmenden Ungleichheiten innerhalb der und zwischen den Mitgliedstaaten vorzugehen und die Solidarität zu stärken; betont, dass angemessene Mindesteinkommen, angemessene Unterstützung, angemessene Leistungen bei Arbeitslosigkeit, angemessene Mindestlöhne und angemessene Renten zu diesen Zielen beitragen können;

21. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Sozialpartner und die einschlägigen Interessenträger, einschließlich zivilgesellschaftlicher Organisationen, von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffener Menschen und/oder ihrer Vertreter, in die Entwicklung und Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 30. Januar 2023 und der nationalen Mindesteinkommensregelungen einzubeziehen, um den Geltungsbereich, die Inanspruchnahme, die Zugänglichkeit und die Zweckdienlichkeit der Sozialschutzsysteme zu verbessern und erforderlichenfalls auszuweiten; fordert in diesem Zusammenhang eine angemessene Ausbildung und eine Erhöhung der Zahl der Sozialarbeiter und anderer Anbieter sozialer Dienstleistungen in den Mitgliedstaaten, damit sie unter optimalen Bedingungen arbeiten können und denjenigen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, Hilfe und individuelle Unterstützung angeboten wird;

22. betont, dass ein robustes und wirksames Überwachungs- und Bewertungssystem für die Mindesteinkommensregelungen in den Mitgliedstaaten entwickelt werden muss, das auf genauen quantitativen Zielen und Daten sowie auf qualitativen Informationen beruht, wobei entsprechende Interessenträger wie Begünstigte, von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohte oder betroffene Menschen und Organisationen der Zivilgesellschaft einzubeziehen sind, um eine echte Wirkung vor Ort sicherzustellen; betont, wie wichtig umfassende nationale Überwachungs- und Meldesysteme für Mindesteinkommensregelungen sind, die anderen Sozialschutzmechanismen und sozialpolitischen Maßnahmen in den jeweiligen Mitgliedstaaten Rechnung tragen; betont ferner, dass eine ausreichende Koordinierung und ein ausreichender Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten, insbesondere denjenigen, die für den Sozialschutz und die öffentlichen Arbeitsverwaltungen zuständig sind, sichergestellt werden müssen;

23. betont, dass Begünstigte von Unterstützung in Form eines Mindesteinkommens, die nicht arbeiten können, keine Arbeit finden können oder nicht Teil der Erwerbsbevölkerung sind, die Möglichkeit erhalten müssen, durch nicht wirtschaftliche Mittel wie Bildung, Ausbildung und Freiwilligentätigkeit, Bürgerbeteiligung und soziales Engagement auf freiwilliger Basis in die Gesellschaft integriert zu werden und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten;

24. fordert die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Sicherstellung nachhaltiger, menschenwürdiger und hochwertiger Beschäftigung auf, die Richtlinie (EU) 2022/2041 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union[26] zügig umzusetzen, unter anderem indem die Rolle von Kollektivverhandlungen und sozialem Dialog in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern gestärkt wird und geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um einen gerechten und angemessenen Lohn für alle sicherzustellen, wobei besonderes Augenmerk auf Frauen zu legen ist, um das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern zu beseitigen;

25. fordert die Kommission auf, die einschlägigen EU-Programme zu nutzen, um die Umsetzung aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten zu unterstützen und zu überwachen, auch im Rahmen der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, um die (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt sicherzustellen und zu erleichtern;

26. betont, wie wichtig wirksame Schiedsverfahren auf allen Ebenen sind, und fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang zur Justiz für Antragsteller und Begünstigte von Mindesteinkommen sicherzustellen und zu erleichtern, damit das Recht auf Einlegung von Rechtsmitteln für alle gewährleistet und leicht zugänglich ist;

27. fordert die Kommission auf, Maßnahmen zum Austausch bewährter Verfahren zwischen und unter den Mitgliedstaaten zu ergreifen, insbesondere in Bezug auf Roma, in Armut lebende Menschen, Frauen und andere benachteiligte Gruppen;

28. fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten mit flexibleren Mitteln auszustatten, die dazu beitragen, die Arbeitslosenquote von in der Union lebenden jungen Menschen, benachteiligten Gruppen wie etwa Roma, Menschen mit Behinderungen und anderen ausgegrenzten Gemeinschaften zu senken;

29. betont, dass insbesondere in benachteiligten Gebieten durch Gründerzentren, Ausbildungsprogramme, Workshops und andere lokale Programme zur Schaffung von Arbeitsplätzen Chancen geschaffen werden müssen, um die Eingliederung von Teilnehmern und Zielgruppen in den Arbeitsmarkt zu fördern;

30. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

 

Letzte Aktualisierung: 13. Februar 2023
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