Entschließungsantrag - B9-0146/2023Entschließungsantrag
B9-0146/2023

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Einrichtung eines unabhängigen Ethikgremiums der EU

14.2.2023 - (2023/2555(RSP))

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Daniel Freund
im Namen der Verts/ALE-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0144/2023

Verfahren : 2023/2555(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0146/2023
Eingereichte Texte :
B9-0146/2023
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B9‑0146/2023

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Einrichtung eines unabhängigen Ethikgremiums der EU

(2023/2555(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. September 2021 zu der Verbesserung von Transparenz und Integrität in den Organen der EU durch die Einsetzung eines unabhängigen Ethikgremiums der EU[1],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Dezember 2022 zum Korruptionsverdacht gegen Katar und zu der umfassenderen Notwendigkeit von Transparenz und Rechenschaftspflicht in den Organen der EU[2],

 unter Hinweis auf das Schreiben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vom 18. März 2022 an den Rat, in dem die Folgemaßnahmen der Kommission zu der nichtlegislativen Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. September 2021 zu der Verbesserung von Transparenz und Integrität in den Organen der EU durch die Einsetzung eines unabhängigen Ethikgremiums der EU enthalten sind,

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 16. September 2021 den Vorschlag der Einrichtung eines unabhängigen Ethikgremium mit breiter Mehrheit unterstützt hat;

B. in der Erwägung, dass die Kommission seit diesem Zeitpunkt keinen Vorschlag für eine interinstitutionelle Vereinbarung zur Einrichtung eines unabhängigen Ethikgremiums vorgelegt hat;

C. in der Erwägung, dass im Rahmen von Enthüllungen zum Einfluss und der Lobbyarbeit von Drittländern fortwährend aufgezeigt wurde, dass die Ethikrahmen innerhalb der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU unzureichend ist und dass das derzeitige System zur Eigenüberwachung der Einhaltung der geltenden Vorschriften versagt hat;

D. in der Erwägung, dass die jüngsten Enthüllungen über Korruption im Parlament erneut die größten Mängel der geltenden Vorschriften in Bezug auf Interessenkonflikte, Drehtüreffekte und Korruption sowie in Bezug auf die Durchsetzung dieser Vorschriften sowohl im Parlament als auch in der Kommission verdeutlicht haben;

E. in der Erwägung, dass das Vertrauen der Bürger in öffentliche Einrichtungen und Entscheidungsprozesse ein Grundpfeiler jeder demokratischen Regierung ist und Vorbildcharakter, Integrität, Transparenz, Rechenschaftspflicht sowie höchste Standards für ethisches Verhalten erfordert;

F. in der Erwägung, dass für einen Verstoß gegen den Verhaltenskodex für die Mitglieder nie eine einzige finanzielle Sanktion verhängt wurde, obwohl in den Jahresberichten des Beratenden Ausschusses zum Verhalten von Mitgliedern mindestens 26 Verstöße dokumentiert wurden;

1. bekräftigt nachdrücklich seinen in seiner Entschließung vom 16. September 2021 zu der Verbesserung von Transparenz und Integrität in den Organen der EU durch die Einsetzung eines unabhängigen Ethikgremiums der EU enthaltenen Vorschlag zum Abschluss einer interinstitutionellen Vereinbarung auf der Grundlage von Artikel 295 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zur Einrichtung eines unabhängigen Ethikgremiums der EU für das Parlament und die Kommission, das der Beteiligung aller Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU offensteht, das jedoch nicht von der Beteiligung eines einzigen Organs, einer Agentur oder Einrichtung mit Ausnahme des Parlaments und der Kommission abhängig ist;

2. weist darauf hin, dass in seinem Vorschlag ein Ethikgremium aus neun unabhängigen Sachverständigen vorgesehen ist, das in Zukunft die Vorschriften zu Interessenkonflikten, Drehtüreffekten und Korruption innerhalb der EU-Organe glaubwürdig durchsetzen muss;

3. ist der Ansicht, dass das derzeitige System der Eigenüberwachung angesichts der jüngsten Korruptionsenthüllungen Skandale in Bezug auf Interessenkonflikte, Drehtüreffekte und Korruption nicht verhindern konnte;

4. ist der festen Überzeugung, dass ein unabhängiges Ethikgremium Glaubwürdigkeit erlangen kann, indem es durch das Zusammenführen der Funktionen bestehender für Ethikfragen zuständiger Gremien zu einem Vorbild für die Kontrolle des Einflusses und der Lobbyarbeit von Drittländern wird;

5. bekräftigt daher seine Forderung, diesem unabhängigen Ethikgremium das Recht einzuräumen, eigene Untersuchungen einzuleiten und seine Empfehlungen, einschließlich möglicher Sanktionen, öffentlich auszusprechen und ethische Regeln für Kommissionsmitglieder, Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie Mitglieder anderer Organe und deren Mitarbeiter vorzuschlagen und so Entscheidungsträger zur Rechenschaft zu ziehen;

6. bedauert, dass die Kommission in den 17 Monaten, die seit der Annahme der Entschließung durch das Parlament vergangen sind, nicht in der Lage war, einen Vorschlag für eine interinstitutionelle Vereinbarung vorzulegen; besteht darauf, dass die Kommission dem Parlament dringend einen Vorschlag für ein unabhängiges Ethikgremium vorlegt, an dem sich alle Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU beteiligen können;

7. hebt hervor, dass die jüngsten Enthüllungen über Korruption im Parlament die Tatsache bestätigt haben, dass die geltenden Vorschriften nicht ausreichend umgesetzt und durchgesetzt wurden, und ist der Ansicht, dass deshalb versucht wird, verdeckt auf das Parlament Einfluss zu nehmen, weil es nicht genügend Schutzmechanismen aufgebaut hat, einschließlich robuster Vorschriften gegen Interessenkonflikte, Drehtüreffekte und Korruption und noch stärkere Instrumente zu ihrer Durchsetzung;

8. betont, dass zu einigen dieser Mängel, die durch die jüngsten Enthüllungen im Parlament aufgedeckt wurden, ein völlig unzureichender Kontroll- und Durchsetzungsmechanismus mit einem machtlosen Beratenden Ausschuss zum Verhalten von Mitgliedern, eine intransparente und nahezu nicht vorhandene Sanktionspolitik der Präsidentin, Vorschriften, die für ehemalige Mitglieder zu lax sind, einschließlich des Fehlens einer Karenzzeit, keine Durchsetzung der Verpflichtungen aus dem reformierungsbedürftigen Transparenz-Register, unzureichende Schutzvorkehrungen gegen Korruption in Bezug auf Nebenbeschäftigungen, Vermögenswerte, Geschenke und Reisen, eine gescheiterte Politik in Bezug auf „Freundschaftsgruppen“, mangelnde Transparenz in Bezug auf Ausgaben im Rahmen der allgemeinen Kostenvergütung und ein schwächerer Schutz von Hinweisgebern als in den geltenden Rechtsvorschriften in allen EU-Organen, aber insbesondere im Parlament, gehören;

9. verpflichtet sich, seine Geschäftsordnung in Bezug auf Transparenz, Integrität und Korruptionsbekämpfung zu reformieren, um sie klarer zu gestalten; verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass jeder Verstoß zumindest finanziell sanktioniert wird und dass sein Beratender Ausschuss zum Verhalten von Mitgliedern stark ausgerichtet am Vorschlag für ein unabhängiges Ethikgremium der EU reformiert wird und dass über diese Reformen so bald wie möglich, spätestens jedoch im Juni 2023, im Plenum abgestimmt wird;

10. weist darauf hin, dass jüngste Enthüllungen über die Kommission, wie z. B. ihre mangelnde Transparenz bei der Kommunikation mit Pharmaunternehmen, die Erkenntnisse im Rahmen der Uber-Dossiers über die Lobbyarbeit von Neelie Kroes, mangelnde Transparenz in Bezug auf die Reisen von Kommissionsmitglied Schinas in die Golfregion und die bezahlte Tätigkeit des ehemaligen Kommissionsmitglieds Avramopoulos für die Vereinigung „Fight Impunity“, zeigen, dass innerhalb der Kommission strengere Vorschriften erforderlich sind, dass sie nicht in der Lage ist, proaktiv zu überwachen, ob ihre Bediensteten die geltenden Vorschriften einhalten, und dass die verhängten Strafen keine Wirkung haben;

11. ist besorgt über den allgemeinen Mangel an Transparenz innerhalb der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU, insbesondere aber über das Versäumnis, den Transparenzrahmen im Rat zu verbessern, was eine vollständige Missachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darstellt;

12. fordert die Kommission nachdrücklich auf, die jüngsten Enthüllungen zu berücksichtigen und einen ehrgeizigen Vorschlag für ein starkes Ethikgremium vorzulegen, das in der Lage sein wird, die geltenden Vorschriften glaubwürdig durchzusetzen und Vorschläge zur Stärkung der derzeitigen Ethikrahmen zu machen; ist bereit, Verhandlungen über die Einrichtung eines unabhängigen Ethikgremiums aufzunehmen, damit es so bald wie möglich eingerichtet werden kann;

13. fordert seine Konferenz der Präsidenten auf, seine Verhandlungsführer zu benennen und ein Schreiben zur Aufnahme von Verhandlungen mit der Kommission und anderen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen zu übermitteln, die bereit sind, sich zu beteiligen;

14. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den Regierungen und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

 

Letzte Aktualisierung: 15. Februar 2023
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