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Ausführliche Sitzungsberichte
Freitag, 20. September 1996 - Straßburg Ausgabe im ABl.

4. Schutz von Kälbern

  Die Präsidentin . – Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A4‐0261/96) von Herrn Rosado Fernandes im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates (KOM(96)0021 – C4‐0133/96‐96/0029(CNS)) zur Änderung der Richtlinie 91/629/EWG über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern.

  Rosado Fernandes (UPE), Berichterstatter. – (PT) Frau Präsidentin! Meinen Bericht möchte ich in einem Augenblick erläutern, in dem sich alles um Rindfleisch dreht. Es ist ein in philosophischer Hinsicht wichtiger Bericht, da es verschiedene Strömungen des Denkens und des Verhaltens gibt, die bei der Untersuchung des Problems im Widerspruch zueinander stehen. Ich bin selbstverständlich der Ansicht, daß jegliche Bemühung um eine Verbesserung der Lage der Tiere zu begrüßen ist. Ebenso gut weiß ich, daß auch jegliche Bemühung begrüßenswert ist, die dazu führt, daß die Krise im Rindfleischsektor nicht noch schlimmer wird. Es ist allerdings schwierig, beides miteinander in Einklang zu bringen.

Ich bin jedoch der Meinung, daß alles, was wir in unseren BSE‐Forschungsausschüssen zur Nichterfüllung der sinnvollen Vorschläge dieses Hohen Hauses erfahren und hören, für mich Grund zur Vorsicht sein mußte. Ich meine, daß der Sektor für „weißes Kalbfleisch” rasch ruiniert werden wird, wenn die Fristen verkürzt werden, die die Kommission in ihrer ersten Richtlinie von 1991 festgelegt hatte, und wenn die Investitionsbemühungen der Kälbererzeuger aus den letzten Jahren dadurch ignoriert werden, daß keine Amortisierung ihrer Investitionen mehr erfolgen kann, und damit wird die Krise natürlich beschleunigt. Diese Krise kann ausufern, denn es stehen 840 000 Tonnen Kalbfleisch auf dem Spiel, das als „weißes Kalbfleisch” in Europa verkauft werden soll. Auf „rosafarbenes Kalbfleisch” entfällt nur ein geringer Prozentsatz, und in diesem Sektor wird dasselbe geschehen, wenn die Krise fortschreitet und die 40 000 Familien, die davon leben, in Konkurs gehen oder arbeitslos werden. Zweifellos wird das Milchpulver, das bislang in der Saugkalbphase zur Ernährung der Tiere eingesetzt wird, sich dann genausowenig noch verkaufen oder verwenden lassen wie das Milchserum, und letzteres wird dann sogar zu einer Umweltbelastung werden.

Wir alle wissen, daß diese Maßnahmen für ihre Durchführung Zeit brauchen. Wir schlagen vor, daß eine Wartezeit festgelegt wird, in der die Betriebe sich auf die neuen Vorschriften einstellen können. Es hat sich eingebürgert, daß die Kommission Veterinärausschüsse einberuft, um bestimmte Maßnahmen zu rechtfertigen, die rasch durchgeführt werden sollen. Ich habe viel Respekt vor der Wissenschaft, aber wie es im Mittelalter hieß, bin ich zwar ein Freund Platons, aber doch eher ein Freund der Wahrheit. Und die Wahrheit lautet, daß sogar die Wissenschaft nicht immer unparteiisch ist. Die Wissenschaft selbst gibt oftmals dem Druck derer nach, die sie finanzieren, vor allem, wenn die Wissenschaftler – und auch ich gehörte einst dazu – im öffentlichen Dienst arbeiten, was nicht heißen soll, daß sie nicht gewissenhaft arbeiten. Tatsächlich aber hat es widersprüchliche Berichte sowohl zum Wohlergehen der Kälber als auch zum Hämoglobin und zur Kälberernährung gegeben.

Wollte ich lediglich von der Art der Unterbringung der Tiere sprechen, dann wäre klar, daß ich das Problem isoliert und ohne jedes Interesse betrachten würde. Deswegen wollte ich diesen Aspekt aus einer Dialektik heraushalten, die mir irreführend zu sein scheint, und habe somit – wohl auch mit Erfolg – vorgeschlagen, die Kollegen sollten Änderungsanträge einreichen, die den Vorschlag der Kommission erheblich bereichert haben. Dafür bin ich ihnen auch dann dankbar, wenn sie gänzlich anderer Meinung sind als ich. Wir haben es aber mit einem sozialen Problem zu tun, da sich die Lage im Rindfleischsektor in Europa noch weiter verschlimmern kann. Wir alle wissen, daß die Tiere in einem Alter geschlachtet werden müssen, in dem sie noch wesentlich zarter sind als jetzt, und ich bezweifle keineswegs, daß eine Lösungsmöglichkeit für das Problem des Wohlergehens der Kälber darin besteht, daß sie in jüngerem Alter und mit weniger Gewicht geschlachtet werden können als jetzt, so daß sie stärker nachgefragt werden und nicht so lange gewartet werden muß. Was die Gruppenhaltung betrifft, so bin ich teilweise einverstanden, da ich, wie es wohl vernünftig war, zahlreiche Änderungsanträge akzeptiert habe und nun bereit bin, die Folgen dessen zu tragen, was ich geschrieben habe.

  Olsson (ELDR), Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz. – (SV) Frau Präsidentin! Während der letzen zehn Jahre ist der Verzehr von Kalbfleisch ständig zurückgegangen. Eine wahrscheinliche Ursache dafür ist die Diskussion über die Lebensbedingungen der europäischen Kälber. Der bewußte, moderne Verbraucher beurteilt nicht nur den Geschmack oder das Aussehen des Fleischs, sondern auch die Produktionsmethoden. Auch ethische Aspekte spielen natürlich eine Rolle. Eine effektive und glaubwürdige Gesetzgebung innerhalb der EU ist notwendig, wenn das Vertrauen der Konsumenten wiederhergestellt werden soll.

Als Vortragender für den Umweltausschuß schlage ich eine Reihe von Maßnahmen vor, um die Lebensbedingungen von Kälbern zu verbessern. Die Kälberställe müssen so gestaltet werden, daß trockene Liegeplätze vorhanden sind. In den Gesetzen ist die Größe der Boxen so zu regeln, daß die Einhaltung kontrollierbar ist. Außerdem sind die Kälber ab einem Alter von acht Wochen in Großboxen zu halten, so daß ihrem natürlichen Verhalten als Herdentiere Genüge getan wird.

Meine Vorschläge zur Verbesserung der Lebensbedingungen haben vorrangig das Ziel, eine bessere Fürsorge für die Tiere zu gewährleisten, aber sie sollen auch das Vertrauen der Verbraucher in europäisches Kalbfleisch wiederherstellen. Als einziges direkt gewähltes Organ der EU hat das Europäische Parlament natürlich eine besondere Verantwortung. Die Forderungen der Konsumenten nach guten Lebensmitteln, die mit großer Fürsorge für Tier und Natur produziert worden sind, müssen ernst genommen werden. Die verschärften, gemeinsamen Minimalforderungen des Europäischen Parlaments an die Aufzucht europäischer Kälber sind ein wichtiger Schritt, um dieses Ziel zu erreichen.

  Hardstaff (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Ich fürchte, daß ich der Auffassung unseres Berichterstatters widersprechen muß, der es offenbar für wichtiger hält, daß weißes Fleisch erzeugt wird, als die Tiere möglichst artgerecht zu halten. Es ist sehr wohl möglich, weißes Kalbfleisch zu erzeugen, ohne die höchst grausamen Methoden anzuwenden, die in der Europäischen Union oder zumindest in einigen Mitgliedsländern der Union üblich sind.

Auf Initiative unseres Kollegen Herrn Sonneveld erhielten ich und zwei weitere Kollegen aus Großbritannien in diesem Jahr Gelegenheit, einen Kälbermastbetrieb in den Niederlanden zu besuchen. Dort wurden die Jungtiere in Gruppen und nicht in Einzelbuchten gehalten. Sie wurden mit Mais und mit Milch gefüttert, so daß sie nicht anämisch waren, und uns wurde versichert, daß auf diese Weise weißes Fleisch von erster Qualität erzeugt werde, für das es in Europa sehr gute Absatzchancen gebe.

Selbstverständlich können sich für die Erzeuger, auf die Investitionen wegen des Umbaus ihrer vorhandenen Einzelbuchten in Ställe für Gruppenhaltung zukommen, Schwierigkeiten ergeben, und aus diesem Grunde haben wir einen Änderungsantrag aufgenommen, in dem Beihilfen vorgesehen sind. Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung für diesen Antrag. Ich bitte das Haus, allen Änderungsanträgen zuzustimmen, in denen gefordert wird, diese Vorschläge umzusetzen, und all diejenigen abzulehnen, in denen vorgeschlagen wird, diese Verbesserungen für die Tiere noch weiter in die Zukunft zu verschieben, oder gar Schlupflöcher geschaffen werden, so daß der jetzige Zustand auf immer und ewig bestehenbleiben kann.

Wir dürfen in der Europäischen Union Tiere nicht mehr in einer sehr grausamen Weise halten, der wir uns schämen sollten. Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung für die Änderungsanträge, die ich erwähnt habe.

  Provan (PPE).(EN) Frau Präsidentin! Ich danke dem Berichterstatter für seinen Bericht. Zwar bin ich bei diesem Thema nicht immer einer Meinung mit ihm, aber im großen und ganzen stimme ich dem Vorschlag der Kommission zu, auch wenn ich wie Frau Hardstaff eine raschere Umsetzung begrüßen würde.

Aus dem Bericht des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses geht eindeutig hervor, daß die Haltung von Kälbern in Einzelbuchten das Wohlergehen der Tiere ernsthaft beeinträchtigt, und deshalb sollte der Auslaufzeitraum höchstens fünf Jahre lang sein. Den meisten Menschen dürfte nicht bekannt sein, daß Kälber im Alter von ein bis drei Wochen in Einzelbuchten aus den unterschiedlichsten Gegenden bzw. aus der ganzen Gemeinschaft zu einem Betrieb gebracht werden. Drei Wochen reichen aus, damit sich die Kälber an ihre Umgebung gewöhnen und um eventuelle gesundheitliche Probleme zu erkennen und zu behandeln. In dieser Zeit ist es deshalb besser, die Kälber so rasch wie möglich zu Gruppen zusammenzufassen. Jungkälber sind Herdentiere und verhalten sich so rasch wie möglich ihrem Herdentrieb gemäß; wenn ihnen diese Möglichkeit vorenthalten wird, so erwächst daraus nach meiner Ansicht eine Gefahr für die Zukunft.

Ich bin der Auffassung, daß dem Haus ein Bericht und eine Reihe von Änderungsanträgen vorliegen, denen wir alle zustimmen können. Es handelt sich nicht um ein Thema von so großer Dringlichkeit, wie es bei einigen anderen Punkten der Fall war, die wir heute morgen erörtert haben. Die Angelegenheit zieht sich schon geraume Zeit hin, und deshalb ist es richtig, daß wir die Entscheidungen hier und heute treffen. Nach meiner Überzeugung ist es auch richtig, daß wir uns bemühen, etwas für die Zukunft der Kalbfleischerzeugung zu tun, und daß wir etwas unternehmen, um den Verbraucher die Erkenntnis zu vermitteln, daß Kalbfleisch auf gesunde und bekömmliche Art und Weise, ohne Beeinträchtigung des Wohlergehens der Tiere, erzeugt wird.

  Sjöstedt (GUE/NGL).(SV) Frau Präsidentin! Für mich geht es bei dieser Frage darum, ob man Tiere als lebende Wesen mit Empfindungen betrachtet, oder als tote Gegenstände. Ich finde, sie sollen als lebende Wesen gesehen werden. Dann muß der Ausgangspunkt sein, daß man ihre natürlichen Verhaltensweisen, ihren Bedarf an Raum und ihr Wesen als Herdentier berücksichtigt. Außerdem muß beachtet werden, was ihre natürliche Kost ist.

Die Einwände hiergegen sind in der Praxis plumper wirtschaftlicher Art, während wir von einem ethischen Ausgangspunkt argumentieren. Ich möchte jedoch jene bitten, die diese wirtschaftlichen Standpunkte vertreten, noch einmal nachzudenken. Warum wollen die Menschen denn heute dieses Fleisch nicht essen? Ja, wegen u. a. brutaler Aufzuchtmethoden, unnatürlichen Futterzusätzen und langen, unnötigen Tiertransporten. Das ist es, was einem gut funktionierenden Fleischsektor in Europa entgegensteht, und nicht die Tatsache, daß man keine Kälber mehr in Boxen haben darf, oder daß andere brutale Formen der Aufzucht nicht mehr erlaubt sind. Deshalb werden wir für die Änderungsvorschläge stimmen, welche die Vorschriften verschärfen wollen, und gegen jene, die den Vorschlag der Kommission noch schlechter machen wollen.

  Barthet‐Mayer (ARE).(FR) Vorgestern abend war ich in den Vogesen, ganz in der Nähe, bei einem Viehzüchter im Munstertal. Die Kälber standen dort in einer Reihe im Stall bei ihrer Mutter, andere standen zu zweit in mit Stroh ausgelegten Boxen von rund 6 m2 . Sie waren gesund, sahen gut aus und dürften eines Tages gut schmecken.

Ein leidendes Jungtier kann kein wohlschmeckendes Fleisch liefern. Die augenblickliche Haltung der Kälber in Einzelbuchten bedarf einer Reform, ohne dabei in Gefühlsduselei zu verfallen. Den Betrieben muß natürlich eine angemessene Zeit zur Anpassung eingeräumt werden, und sie brauchen finanzielle Unterstützung bei dieser Umstellung, ohne daß sie dabei jedoch ungerechtfertigterweise bestraft werden.

Im Namen meiner Fraktion habe ich mehrere diesbezügliche Änderungsanträge eingereicht; im ersten geht es um eine genaue Definition der Kälberkategorien, um jedem Mißverständnis vorzubeugen, und in einem anderen um eine Gewichtsgrenze für die Aufzucht – bis 110 kg je Schlachtkörper –, die leichter zu kontrollieren ist als das Alter des Tieres oder andere Faktoren. Ich würde mir wünschen, daß schon bald alle Kälber unter ähnlichen Bedingungen wie den eben von mir beschriebenen aufgezogen werden könne, im Namen einer neuen Produktionsethik und des Verbraucherschutzes und zur Förderung der traditionellen Aufzucht von Kälbern, die von ihrer Mutter genährt werden.

  Fischler , Mitglied der Kommission. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Tierschutz ist, wie wir wissen, eine Angelegenheit, die ständig an politischer Bedeutung gewinnt. Das Parlament wie auch zahlreiche Tierschutzverbände haben wiederholt den Wunsch geäußert, die Gemeinschaft solle effiziente Maßnahmen in diesem Bereich erlassen. Die Kommission teilt Ihre Ansicht, daß in Sachen Tierschutz wirksame Gemeinschaftsbestimmungen erforderlich sind.

Die allgemeine Öffentlichkeit in der Europäischen Union und insbesondere die Verbraucher verfolgen dieses heikle Thema mit großer Aufmerksamkeit. Die Kommission versteht diese Besorgnisse vollkommen und wird, wie ich Ihnen versichern kann, dem Tierschutz eine hohe Priorität einräumen. Der vorliegende Vorschlag zum Schutz von Kälbern, der auf der Grundlage der bestverfügbaren wissenschaftlichen und praktischen Gutachten ausgearbeitet wurde, wird die Anforderungen an die Haltung von Kälbern wesentlich verbessern. Ich möchte daher den Abgeordneten, insbesondere dem Berichterstatter, Herrn Rosado Fernandes, für den Ausschuß für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, und Herrn Olsson für den Ausschuß für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz, für ihre eingehende und positive Behandlung des Vorschlags recht herzlich danken.

Meines Erachtens bedeuten die Änderungsanträge Nr. 2, der zweite Teil von Änderungsantrag Nr. 7 und Änderungsantrag Nr. 25 eine echte Verbesserung und Verstärkung des Textes, und ich nehme diese Anträge gerne an. Bedauerlicherweise kann ich aber die übrigen Anträge aus folgenden Gründen nicht akzeptieren. Die Änderungsanträge Nr. 1, 4, 9, 10, 11, 23, 24 und 26 können deshalb nicht angenommen werden, weil damit das von uns vorgeschlagene Verbot der Haltung in Einzelbuchten verwässert würde. Nach Auffassung der Kommission ist die Haltung in Einzelbuchten dem Wohlbefinden der Tiere abträglich und gesundheitlich gesehen auch nicht notwendig, es sei denn, bei sehr jungen Kälbern oder wenn der Tierarzt entschieden hat, daß das Tier gesundheitsund verhaltensbedingt abgesondert werden muß, damit es entsprechend behandelt werden kann.

Änderungsantrag Nr. 4 würde den Geltungsbereich der Richtlinie auf Bestände mit über 10 Kälbern beschränken. Unseres Erachtens ist aber die Richtlinie für alle Kälber wichtig und nicht nur für diejenigen aus Beständen mit mehr als zehn Tieren. Die Änderungsanträge Nr. 3, 21, 28 und 33 sind für die Kommission deshalb nicht akzeptabel, weil der Rat darüber entscheidet, welche Teile der Richtlinie von der Kommission geändert werden können. Die Änderungsanträge 5, 7 (erster Teil), 22 und 31 kann ich nicht annehmen, da hierfür die Bestimmungen des Richtlinienanhangs gelten, die von der Kommission nur nach einem Verfahren des Ständigen Veterinärausschusses geändert werden können.

Was Änderungsantrag Nr. 6 anbelangt, so sind die Bestimmungen für Betriebsanlagen, die zwischen 1994 und 1998 neu gebaut oder renoviert worden sind, bereits in der jetzigen Richtlinie niedergelegt. Danach darf die Weiterbenutzung dieser Anlagen nicht über den 31. Dezember 2010 hinausgehen. Meines Erachtens besteht keine Veranlassung, von diesem zehnjährigen Übergangszeitraum jetzt wieder abzuweichen und ihn weiter hinauszuschieben.

Änderungsantrag Nr. 8 ist meiner Ansicht nach mit der derzeitigen Richtlinie bereits abgedeckt und wiederholt lediglich die Bestimmungen des Artikels 7. Änderungsantrag Nr. 13 kann nicht angenommen werden, da die Auswirkungen des Kommissionsvorschlags auf die Kosten der Kälberhaltung unseres Erachtens verkraftbar sind. Änderungsantrag Nr. 18 kann nicht akzeptiert werden, da es sich bei dem vorgeschlagenen Artikel um eine Standardformulierung handelt, die hier nicht notwendig ist.

Änderungsantrag Nr. 27 kann nicht angenommen werden, da der Vorschlag bezüglich des Raumes nicht auf dem Bericht des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses basiert. Die Änderungsanträge 12, 14, 15, 16, 17, 19, 20, 32 und 34, mit denen die zeitliche Umsetzung geändert werden soll, können ebenfalls nicht angenommen werden. Die Kommission hat aus zweierlei Gründen eine zehnjährige Auslaufphase beschlossen: Zum einen entspricht der neue Vorschlag mit dem Datum 2008 der derzeitigen Richtlinie, in der derselbe Zeitraum vorgesehen ist, und zum zweiten wurde diese zehnjährige Auslaufphase gewählt, damit den Landwirten keine zusätzlichen Kosten aufgrund von Zusatzinvestitionen entstehen, die vorgezogen werden müßten.

  Die Präsidentin . – Vielen Dank, Herr Kommissar!

Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Erklärungen zur Abstimmung

 

  Martinez (NI).(FR) Frau Präsidentin, in dieser Angelegenheit der Käfigkälber sind alle, wie in den meisten landwirtschaftlichen Fragen, nur Opfer: Die Kälber sind Opfer, und auch die Bauern, die in eine wahnsinnige Hyperproduktivität gedrängt sind, für die der Rinderwahnsinn ein schreckliches Beispiel ist, und ich bin mir nicht sicher, ob die Verbraucher dabei wirklich gewinnen.

Ich sehe durchaus den Sinn der von Herrn Rosado Fernandes vorgebrachten Argumente ob der 100.000 Tonnen Milchserum, die den Erdball vergiften werden, der 800.000 Tonnen Fleisch, die den Markt noch etwas mehr durcheinanderbringen werden, der 42.000 Familien, die arbeitslos werden, des Hämoglobins, des Eisens usw.

In Wirklichkeit gilt es jedoch nicht, eine Entscheidung zwischen Produktivitätsstreben und Gefühlsduselei zu treffen, sondern zwischen einer Ordnung der Dinge, die von der Natur vorgegeben ist, und einer Ordnung, die es eben nicht ist. Vorrang hat hier eindeutig die naturgegebene Ordnung, nach der die Tiere eben nicht in Konzentrationslagern gehalten werden dürfen.

Es ist doch ganz einfach: Es gibt ein Haushaltsproblem bei der Anpassung der Buchten; es muß gelöst und einer unsinnigen Landwirtschaft ein Ende bereitet werden, die uns schließlich den Rinderwahnsinn eingebracht hat. Das war"s, Frau Präsidentin.

  van der Waal (EDN), schriftlich. – (NL) Die Probleme im Zusammenhang mit dem Tierschutz sind zu einem großen Teil Folge der allgemeinen Tendenz zur Intensivierung und Vergrößerung in der Landwirtschaft. Diese Entwicklung wurde durch die politische Orientierung in den letzten Jahrzehnten stark gefördert. Es wäre deshalb nicht gerechtfertigt, die Tierschutzprobleme bei der Haltung von Kälbern einseitig diesem Sektor anzulasten. Die sozioökonomischen Konsequenzen der neuen Regelung müssen ebenfalls ernsthaft berücksichtigt werden.

Der Haltung von Kälbern in Einzelbuchten muß Einhalt geboten werden. Bei dieser Produktionsmethode werden die elementaren Anforderungen, die für die Bewegungsfreiheit, Nahrungsaufnahme etc. gestellt werden müssen, nur unzureichend berücksichtigt. Im großen und ganzen bin ich deshalb auch mit den Vorschlägen der Kommission einverstanden. Dadurch, daß die neuen Richtlinien im Prinzip ab dem Jahre 2008 inkrafttreten, hat man sich für einen realistischen Ansatz entschlossen, da die Betriebe genügend Zeit erhalten, um sich anzupassen.

Es ist jedoch zu bezweifeln, ob die Betriebe finanziell in der Lage sind, die notwendigen Investitionen zu tätigen. Trotz der ablehnenden Haltung der Gesellschaft gegenüber der Einzelhaltung von Kälbern stellt sich die Frage, ob der Verbraucher bereit ist, für ein tierfreundlicher produziertes Fleisch mehr zu bezahlen. Deshalb appelliere ich an die Kommission, die finanziellen Auswirkungen näher zu untersuchen und gegebenenfalls Vorschläge für eine zeitweise Beihilferegelung auszuarbeiten, die zur Umstellung auf die Gruppenhaltung anreizt.

Darüberhinaus mache ich mir über die Betriebe Sorgen, die bereits freiwillig zur Gruppenhaltung übergegangen sind. Diese Betriebe haben kräftig investiert, z.B. in den Umbau von Ställen, und befinden sich nunmehr in einer prekären finanziellen Lage. Viele dieser Mastbetriebe entsprechen noch nicht den vorgeschlagenen Normen. Wenn diese Vorläufer ebenfalls im Jahre 2008 den neuen Tierschutzanforderungen entsprechen müssen, werden sie gezwungen, den Aufwand für die bereits durchgeführten tierfreundlichen Maßnahmen vorzeitig abzuschreiben. Damit werden sie für ihre positive Einstellung bestraft. Der Vorschlag des Berichterstatters, den bestehenden Betrieben mit Gruppenhaltung einen Aufschub bis zum Jahre 2013 zu gewähren, wird deshalb von uns unterstützt.

Schließlich habe ich noch meine Zweifel, ob die neuen Regeln kontrolliert werden können. Die Kommission schlägt vor, die Größe der Buchten anhand der Größe des Kalbs zu ermitteln. Damit wachsen die Normen sozusagen mit dem Wachstum der Kälber, was die Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen erschwert. Vorschriften, die die Größe der Buchten in Zentimetern ausdrücken, würden die Kontrolle vereinfachen. Durch die Ablehnung des betreffenden Änderungsantrags des Umweltausschusses hat man die Gelegenheit zu einer solchen Regelung verpaßt.

(Das Parlament nimmt den Entwurf der legislativen Entschließung an.)

***

  Breyer (V). ‐ Da wir meines Erachtens ein dringendes Interesse haben, daß das Thema Bioethik heute noch behandelt wird, und es vorhin bei der Abstimmung möglicherweise vielen nicht klar war, daß der Dolmetscherdienst um 13.00 Uhr endet, und Sie meinten, die Dolmetscher würden noch länger arbeiten, so daß die Gefahr bestünde, daß wir zum zweiten Mal keine Entschließung verabschieden können, möchte ich ganz herzlich darum bitten, daß nur noch über den Bericht Lulling – weil eine Dringlichkeit – ohne Aussprache abgestimmt wird und die anderen Berichte verschoben oder alternativ ohne Aussprache verabschiedet werden. Ich möchte Sie herzlich bitten, daß wir uns noch einmal den Ablauf deutlich machen, denn wir laufen Gefahr, daß das Thema Bioethik von der Tagesordnung gestrichen wird.

Aus diesem Grund appelliere ich noch einmal an Sie – ich weiß, man könnte jetzt eine Geschäftsordnungsdebatte beginnen –, diese Angelegenheit als Dringlichkeit zu sehen und zu versuchen, den Bericht ohne Aussprache vorzuziehen und dann den Punkt Bioethik zu behandeln.

  Lulling (PPE). – Frau Präsidentin! Ich bin vollkommen damit einverstanden, denn ich brauche zu meinem Bericht nur einen Satz zu sagen. Ich muß nämlich ein mündliches Korrigendum zu unserem Änderungsantrag vortragen. Das ist das einzige. Das muß ich aber tun, sonst weiß das Haus nicht, worum es geht. Ich wäre mit dem Vorschlag einverstanden.

  Die Präsidentin . – Es ist schon sehr schwierig. Wir haben eine sehr volle Tagesordnung. Mir tut es leid, das hat das Haus beschlossen, auch mit Übereinstimmung der Fraktionsvorsitzenden. Ich habe jetzt noch acht Tagesordnungspunkte, und ich kann nicht hingehen und jetzt einen Tagesordnungspunkt einfach vorziehen. So können wir nicht arbeiten. Wenn der Tagesordnungspunkt noch aufgerufen wird und noch Zeit bleibt, dann müssen sich alle zurückhalten und schnell arbeiten. Wir können praktisch auf eine Aussprache verzichten, wenn die Redner dem zustimmen, aber ich kann jetzt keine Änderung der Tagesordnung vornehmen, denn darüber haben wir ja vorhin abgestimmt. Wir dürfen eben keine Zeit verlieren. Wenn wir schnell arbeiten, dann können wir auch darüber abstimmen. Eine andere Möglichkeit sehe ich im Moment nicht.

  Liese (PPE). – Nur ganz kurz. Ich denke, es muß jetzt eindeutig geklärt werden, ob das Haus damit einverstanden ist, daß die anderen Berichte ohne Aussprache behandelt werden. Dann können wir dies sehr schnell durchziehen. Wer das nicht möchte, muß aber auch wissen, daß er die Verantwortung dafür trägt, daß das Europäische Parlament sich überhaupt nicht zu diesem brisanten Thema „Menschenwürde und Biomedizin” äußert.

  Die Präsidentin . – Herr Dr. Liese, das ist zwar ein sehr schöner Vorschlag, aber ich muß sagen, der Bericht wurde von den Ausschüssen vorbereitet, die Leute haben die Möglichkeit, hier zu reden. Ich kann eines machen: Wenn der Bericht aufgerufen wird, kann ich fragen, ob die Redner auf ihre Beiträge verzichten. Das ist das einzige, was ich machen kann.

  Martinez (NI).(FR) Frau Präsidentin, gerade eben hat mein in zweifacher Hinsicht erzürnter Kollege Jean‐Pierre Cot etwas ganz im Sinne des gesunden Menschenverstandes gesagt. Wenn ein Thema wie die Bioethik so bedeutend ist, wie gesagt wird – und es ist bedeutend –, dann kann man es natürlich nicht in einem leeren Plenarsaal, zwischen zwei Zügen oder zwei Flugzeugen rasch abhandeln. Herr Liese, ich bin vollkommen einverstanden und bin dagegen, daß es rasch übergangen wird, weil es eben so wichtig ist. Deshalb ist es idiotisch, daß wir uns gegenseitig die Redezeit wegnehmen, um über eine so wichtige Aussprache hinwegzuhuschen.

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