6. Änderung der Geschäftsordnung des EP (Verhaltenskodex für Interessenvertreter)
Die Präsidentin. – Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A4‐0107/97) von Herr Ford im Namen des Ausschusses für Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Fragen der Immunität über den Verhaltenskodex für Interessenvertreter.
Ford (PSE), Berichterstatter. – Frau Präsidentin, die Abgeordneten werden sich daran erinnern, daß wir meinen Bericht über die Interessenvertreter zum ersten Mal im Januar 1996 erörtert haben. Die Sozialistische Fraktion und die Christdemokraten verweigerten damals zum größten Teil ihre Zustimmung, und so wurde der Bericht an den Ausschuß zurückverwiesen. Die öffentliche Reaktion darauf, daß es uns mißlungen war, Regelungen aufzustellen, war sehr negativ, deshalb legte ich für Juli 1996 einen neuen, geänderten Entwurf vor, der einigen der Überlegungen und Anliegen, die die Mitglieder zu dem ursprünglichen Bericht vorgebracht hatten, Rechnung trug und von diesem Hause, wenn ich mich recht entsinne, mit nur einer einzigen Gegenstimme angenommen wurde.
Es handelte sich dabei im wesentlichen um ein Rahmendokument, das noch mit Inhalt gefüllt werden mußte, und es wurde vereinbart, daß noch mindestens drei weitere Berichte folgen sollten, der erste über einen Verhaltenskodex, nämlich der Text, den wir heute vor uns haben, ein zweiter über die Kontrolle der Interessengruppen, den mein Kollege, Herr Spiers, ausarbeitet und der zur Zeit im Ausschuß für Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Fragen der Immunität erörtert wird, und einen dritten Bericht über parlamentarische Assistenten, den Herr Lehne erstellt und der ebenfalls zur Zeit im Ausschuß für Geschäftsordnung zur Diskussion steht. Vor uns liegt also der erste dieser drei Berichte zur Weiterentwicklung des Berichts, der im Juli 1996 verabschiedet wurde.
In diesem Zusammenhang bin ich versucht, ebenso zu sprechen wie der falsche Doktorand, der, als er zur Erläuterung seiner Dissertation aufgefordert wurde, sagte: ”Sie versteht sich von selbst”, aber ich werde dieser Versuchung nicht vollends erliegen. Die Hauptteile wurden vom Ausschuß für Geschäftsordnung fast einstimmig angenommen. Hierin heißt es, daß die Interessenvertreter ihr Interesse bzw. das von ihnen vertretene Interesse gegenüber Mitgliedern des Parlaments, ihren Mitarbeitern oder Beamten des Organs offenlegen sollen, daß sie sich bei Geschäften mit Dritten nicht auf eine formelle Beziehung zum Parlament berufen dürfen, daß sie Kopien von Dokumenten, die beim Parlament beschafft wurden, nicht mit Blick auf einen Vorteil an Dritte verbreiten dürfen und daß sie die Bestimmungen von Anlage I Artikel 2 Absatz 2 strikt einhalten müssen, wonach die Mitglieder keine Geschenke annehmen dürfen – d. h. daß Interessenvertreter Mitgliedern von nun an keinerlei Geschenke mehr anbieten dürfen. Die Interessenvertreter müssen auch sicherstellen, daß jede Hilfeleistung im Rahmen dieser Bestimmungen in das entsprechende Register eingetragen wird. Es liegt ein Änderungsantrag von Herrn Donnelly hierzu vor, dem ich wohl zustimmen werde, um diese Bestimmung hieb‐ und stichfest zu machen, aber sie bürdet ihnen trotzdem ein gewisses Maß an Verantwortung dafür auf, zu gewährleisten, daß ihre Betätigungen ordnungsgemäß erfaßt werden.
Es wird auch gesagt, daß sie bei der Einstellung ehemaliger Beamter der Organe die Bestimmungen des Statuts zu beachten haben. Zur Zeit stellt das Statut diesbezüglich nur eine leere Hülle dar. Es gibt Bestimmungen im Statut, die von bestimmten Gruppen ehemaliger Bediensteter verlangen, daß sie für die Annahme von Arbeitsplätzen in anderen heiklen Bereichen eine Erlaubnis einholen, aber gegenwärtig fällt kein Bediensteter unter diese Kategorie. Dies könnte sich jedoch in Zukunft ändern. Das gleiche gilt für Änderungsantrag 10, in dem wir die Interessenvertreter auffordern, sämtliche Bestimmungen des Parlaments über die Rechte und Befugnisse ehemaliger Mitglieder des Hauses zu beachten, was, so weit ich weiß, von den Quästoren überprüft wird. Es wird auch verlangt, daß ein Interessenvertreter, der den Assistenten eines Abgeordneten beschäftigen will, die Zustimmung des betroffenen Mitglieds einholen muß. Dies erscheint selbstverständlich.
Schließlich wird festgestellt, daß jeder Verstoß gegen den Verhaltenskodex zum Entzug des Ausweises führen kann, der für die betroffene Person und gegebenenfalls für ihr Unternehmen ausgestellt wurde. Nur wenn das Parlament gewillt ist, diese Sanktion zu verhängen, werden wir tatsächlich in der Lage sein, diese Vorschrift durchzusetzen.
Es gibt zwei weitere Änderungsanträge, die morgen wahrscheinlich in diesem Hause auf einigen Widerstand stoßen werden. Zum einen handelt es sich um Änderungsantrag 12, wonach Interessenvertreter alljährlich als Voraussetzung für die Verlängerung ihres Ausweises einen Bericht über ihre Tätigkeiten vorlegen müssen. Es besteht die Besorgnis, daß dies riesige Mengen Papier hervorbringen wird. Ich nehme an, daß es in diesem Hause Gruppen gibt, die dies nicht unterstützen werden. Wenn wir uns dafür aussprechen, würde ich vermutlich den Änderungsantrag von Herrn Ephremidis unterstützen, der fordert, daß die Interessenvertreter angeben, welcherlei besondere Unterstützung sie Mitgliedern gewährt haben; der in diesem Änderungsantrag enthaltene Bezug zu „Geschenken” hingegen ist unangebracht, weil wir bereits gesehen haben, daß Geschenke nach unseren gegenwärtigen Bestimmungen nicht zulässig sind.
Der letzte Punkt betrifft Änderungsantrag 1, der besagt, daß nur registrierte Assistenten, die ausschließlich als solche arbeiten, unter den gleichen Bedingungen Zugang zum Parlament erhalten wie die Mitarbeiter des Generalsekretariats oder der Fraktionen. Zur Zeit heißt es in unserer Geschäftsordnung, daß die Assistenten der Mitglieder bevorzugten Zugang erhalten. Die Sozialistische Fraktion sähe es gerne, wenn dieses Schlupfloch, das tatsächlich zu einer Situation führt, daß Assistenten von Mitgliedern gleichzeitig für Interessengruppen oder sogar direkt für Interessenvertreter arbeiten können, sofort geschlossen würde, aber ich vermute, daß die PPE es vorzöge, dies in den Bericht Lehne aufzunehmen, der das Thema der Assistenten von Mitgliedern insgesamt behandelt, wenn darüber abgestimmt wird. Fall dies so ist, erwarten wir von der PPE, daß sie dies verbindlich zusagen, sonst schaffen wir nicht etwa ein Hindernis für den Mißbrauch, sondern ebnen diesem geradezu eine Schnellstrecke, indem wir es Interessenvertretern gestatten, das System zu unterlaufen, indem sie unsere eigenen Assistenten für Arbeiten beschäftigen, die wir sie selbst nicht ausführen lassen.
Ich empfehle dem Hause meinen Bericht und hoffe, daß er morgen Unterstützung findet.
Wibe (PSE). – (SV) Ich möchte kurz Ford zu einem sehr guten Bericht gratulieren, und zu dem, was ich für eine bedeutende und dauerhafte Leistung dieses Parlaments halte, daß nämlich jetzt in zwei Berichten Regeln für den Lobbyismus ausgearbeitet worden sind. Wir müssen uns daran erinnern, daß dies eine Frage ist, die viele unserer Wähler tief berührt. Ich halte es nicht für eine Übertreibung zu sagen, daß der ungeregelte Lobbyismus, der in diesem Parlament bisher zugelassen war, unserem Ruf sehr geschadet hat. Ich finde deshalb, das Parlament sollte Ford für die Ausarbeitung dieser Regeln sehr dankbar sein.
Einen Punkt halte ich für besonders wichtig. Er betrifft die Pflicht der Lobbyisten, einen jährlichen Bericht über ihre Tätigkeiten einzureichen. Dieser Punkt ist wichtig, da ich finde, daß Journalisten und Forscher, Herr Wijsenbeek, einen Vorgang im nachhinein nachvollziehen können und sehen müssen, welche Lobbyisten welche Mitglieder beeinflußt haben und dadurch feststellen können, welche Mitglieder möglicherweise einem Druck ausgesetzt waren und welche nicht. In diesem Zusammenhang wäre ich gerne einen Schritt weiter gegangen und hätte Mettens ursprünglichem Vorschlag als ganzem zugestimmt, worin darüber hinaus stand, was in den Jahresberichten enthalten sein soll. Jetzt muß dies von den Quästoren festgelegt werden.
Manchmal kommt man nicht ganz ans Ziel. Aber ich finde, hier haben wir es mit einem sehr wichtigen Schritt in die richtige Richtung zu tun. Meine Gruppe wird mit großer Freude für diesen Bericht stimmen. Wir hoffen auch, daß wir nach den ersten Erfahrungen einen Schritt weiter gehen und Vorschriften aufstellen können, die vielleicht noch eindeutiger sind.
Donnelly, Brendan (PPE). – Frau Präsidentin, wie mein Vorredner möchte ich zunächst Herrn Ford zu seinem im wesentlichen ausgezeichneten Bericht beglückwünschen. Besonders möchte ich ihm für den konstruktiven und offenen Verlauf der Debatte danken, die er in unserem Ausschuß für Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Fragen der Immunität geleitet hat. Der Bericht, den er unterbreitet hat, spiegelt im großen und ganzen die Schlußfolgerungen dieses Ausschusses wider.
Völlig korrekt hat Herr Ford – auch zu seinen telepathischen Fähigkeiten gratuliere ich ihn – zwei Änderungsanträge vorausgesagt, die uns Schwierigkeiten bereiten. Ich meine die Änderungsanträge 1 und 12. Im Hinblick auf Änderungsantrag 1 betreffen unsere Bedenken hauptsächlich das Verfahren. Unserer Ansicht nach handelt es sich hier um einen etwas komplizierten Bereich, den man eingehender betrachten sollte. Herr Lehne wird einen Bericht vorlegen, und ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, um zu betonen, daß ich das von Herrn Ford dargelegte Problem durchaus erkenne. Es gibt Leute, die weder Fisch noch Fleisch sind, weder bloß Assistenten noch Leute, die als Dritte und Interessenvertreter anzusehen sind. Es gibt ein Problem, und wir sollten mit Herrn Lehne und im Ausschuß daran arbeiten, daß dieses Problem aus der Welt geschafft wird.
Die zweite Frage ist inhaltlicher. Sie betrifft Änderungsantrag 12. Wir haben uns hiermit bereits befaßt und im letzten Jahr beschlossen, daß wir diese doppelte Buchführung nicht haben wollen. Wir wollen nicht sowohl von den Mitgliedern als auch von Dritten Berichte erhalten. Die Fraktion der Europäischen Volkspartei hegt weiterhin Vorbehalte gegen diese Idee. Sie könnte im Vergleich zu jedwedem eventuell entstehenden politischem Nutzen unverhältnismäßig sein, und überdies habe wir das Gefühl, daß dem Änderungsantrag 12 der Gedanke zugrunde liegt, daß Kontakte zwischen Mitgliedern und Dritten etwas so Verdächtiges, fast von Grund auf Schäbiges sind, daß sie möglichst streng verfolgt und überwacht werden müssen. Wir teilen diese Sichtweise nicht, und wir sind vollkommen zufrieden damit, daß nur Mitgliedern Pflichten auferlegt werden und nicht Dritten.
Vorbehaltlich dieser Bedenken empfehlen wir dem Hause den Bericht von Herrn Ford und werden allen in seinem Bericht enthaltenen Änderungsanträgen außer den Nummern 1 und 12 zustimmen.
Wijsenbeek (ELDR). – (NL) Frau Präsidentin, ich gehöre vielleicht zu denjenigen, die seinerzeit hier noch den ersten Interessenvertreter erlebten, der von uns mit Jubel empfangen wurde, denn es bedeutete, daß das Europäische Parlament mitzählte. Als es dann 3.500 waren und Herr Metten nervös wurde, mußte in der Tat etwas geschehen. Damit sind wir im Grunde genommen einverstanden. Mehr noch, wir halten es an sich absolut für richtig, wenn vom Europäischen Parlament Regeln festgelegt werden, durch die das Parlament transparenter gestaltet wird. Damit sind wir wohl alle einverstanden und können Herrn Ford dazu beglückwünschen.
Andererseits sollte klar gesagt werden, daß wir gemeinsam überzeugt sein müssen, daß wir unsere Arbeit nicht durchführen können, wenn wir nicht durch verschiedene Interessenorganisationen über die Lage, wie sie in den einzelnen Mitgliedstaaten besteht, nähere Informationen und genauere Angaben erhalten. Noch heute haben wir den Bericht von Frau Mosiek‐Urbahn zurücküberwiesen, da es darin um eine komplizierte technische Materie ging, deren Konsequenzen von uns als einfachen Abgeordneten nicht voll übersehen werden können.
Ich möchte einige Bemerkungen anbringen. Erstens, wir sind mit den Christdemokraten bezüglich des Änderungsantrags 1 einverstanden. Zweitens, Änderungsantrag 4 ist meines Erachtens ganz einfach beleidigend. Es handelt sich hier um eine Bestimmung nach Art des „Thou shalt not commit sin”, und in einem Bericht des Europäischen Parlaments ist eine solche Bestimmung in dieser Form nicht möglich.
Auch mit dem Änderungsantrag 12 sind wir nicht einverstanden. Wir geben eigentlich Änderungsantrag 14 den Vorzug. In Änderungsantrag 12 geht es um jenen jährlichen Bericht, der jedoch völliger Unsinn und überflüssig ist und viel zu viel Arbeit bedeutet.
Ephremidis (GUE/NGL). – (EL) Frau Präsidentin! Das Thema, mit dem sich dieser Bericht auseinandersetzt, ist in der Tat von großer Bedeutung, jedoch gleichzeitig auch sehr schwierig, was im übrigen auch für die ihn ergänzenden und weiter ausgestaltenden Vorlagen gilt, die vom zuständigen Ausschuß noch zu behandeln sind. Die Schwierigkeit zeigt sich darin, daß diese Frage seit 1994 erörtert wird, wobei es im Januar 1996 zu dem bekannten Vorfall kam, daß nämlich der damalige Bericht von Herrn Ford auf Beschluß des Parlaments zurück überwiesen wurde. Heute kommt sie nun ins Plenum zurück.
Natürlich müssen wir die Angelegenheit mit außerordentlichem Verantwortungsbewußtsein erörtern, denn, ob wir es wollen oder nicht, es gibt Kräfte, die in voller Absicht oder auch durch Unachtsamkeit kollektive Institutionen, zu denen das Parlament gehört, und deren Mitglieder, z.B. die Abgeordneten, mit Behauptungen ins schiefe Licht setzen, sie würden auf diese oder jene Weise durch Geschenke oder finanzielle Zuwendungen von Interessenvertretern beeinflußt werden. Dem muß entschieden und durch klare Regeln begegnet werden. Obwohl ich die Bemühungen von Herrn Ford und des Ausschusses, dessen Mitglied ich bin, zu schätzen weiß, habe ich jedoch angesichts dieser Sachlage den Eindruck, daß der heutige Bericht nicht weit genug geht, um überzeugen zu können.
Ich möchte dazu nur zwei Bemerkungen machen. Erstens legen wir Regeln für bestimmte Lobbies fest, nämlich für spezielle, offensichtlich wirtschaftliche Interessensvertreter, die Zugang und eine Vorzugsbehandlung erhalten. Zwar gibt es diesbezüglich sehr viele Vorsichtsmaßregeln, dennoch besteht für sie eine Vorzugsbehandlung, während es gesellschaftliche Gruppen von Arbeitnehmern und anderen Bevölkerungsschichten gibt, denen diese Vorzugsstellung, diese Möglichkeit des „Kommens und Gehens” und des Gesprächs mit den Organen bzw. den Abgeordneten selbst nicht zuteil wird. Sie müssen folglich diese Lobbies mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen, obwohl es sich häufig um Lobbies handelt, die Gruppen mit entgegengesetzten Interessen angehören. Diese Ungleichbehandlung besteht also.
Meine zweite Bemerkung bezieht sich auf den Änderungsantrag 8, der offensichtlich angenommen wird und den ich nachdrücklich ablehne, Frau Präsidentin! Er rückt das Parlament, die Abgeordneten und auch den Bericht in ein schiefes Licht. Ich zitiere: ”Jede erhaltene Hilfeleistung” – eine elegante Ausdrucksweise! – ”ist von dem betreffenden Abgeordneten zu melden”. Das Problem besteht nicht darin, daß ich etwas melde oder nicht melde, sondern darin, daß ich ein Geschenk in Form einer Sache, in Form von Geld oder Dienstleistungen annehme, und daran ändert eine Meldung nichts, denn der Makel der Bestechlichkeit bleibt.
Da auch ich einen Änderungsantrag eingereicht habe, Frau Präsidentin, möchte ich ihn kurz erläutern. Es geht mir dabei konkret um folgende Frage: Welche Art von Hilfeleistugn können Abgeordnete von Lobbies und anderen in Anspruch nehmen? Ich denke an Daten, Argumente, Informationen und nicht an Geschenke, Gefälligkeiten oder sonstige materielle Zuwendungen. In diesem Sinne ist mein Änderungsantrag zu verstehen. Sollte er nicht klar sein, ziehe ich ihn zurück.
Aelvoet (V). – (NL) Frau Präsidentin, in Fortsetzung dessen, was von dem Vorredner gesagt wurde, möchte ich darauf hinweisen, daß es sich hier um einen zweiten Bericht und nicht um den ersten Bericht Ford handelt. Der erste Bericht wurde in der Tat zunächst an den Ausschuß zurücküberwiesen; danach wurde er jedoch im Plenum angenommen, und im vorliegenden Fall handelt es sich um eine weitere Ausarbeitung dieses Berichts. Grosso modo sind wir der Ansicht, daß bei der Ausarbeitung eines Verhaltenskodex von Interessenvertretern klare Fortschritte erzielt wurden, daß mehr Klarheit in dem Sinne gefordert wird, daß präzisiert wird, welche Angaben in dem Register erforderlich sind, insbesondere, daß von den Interessenvertretern offenzulegen ist, welche Interessen von ihnen vertreten werden, daß sie sich nicht auf ihre Beziehungen zum Parlament berufen dürfen, um sich von bestimmten Dingen zu befreien, daß sie ferner keine normal öffentlichen Dokumente des Parlaments für ihre eigenen Interessen usw. verkaufen dürfen. Alle diese Punkte sind zweifellos positiv, und sie werden jetzt dank des vorliegenden Berichts von Herrn Ford klar festgelegt.
Nicht zufriedengestellt werden wir dort – und dazu hatten wir im Ausschuß bereits einen Änderungsantrag eingebracht –, wo wir die Ansicht vertraten, daß die ursprünglich auch zwischen dem Bericht Ford und dem Bericht Nordman – in dem es um die Vorteile geht, auf die sich die Abgeordneten berufen können, sowie um die Notwendigkeit, diese Vorteile auch anzugeben und zu erklären – vorgesehene Parallele in bezug auf die Interessenvertreter ebenfalls erforderlich ist. Wir hatten im Ausschuß einen Änderungsantrag in diesem Sinne eingereicht, der jedoch leider nicht angenommen wurde. Daher halten wir es für sehr wichtig, daß der von Herrn Ephremidis und uns im Plenum gemeinsam eingereichte Änderungsantrag durchgebracht wird, damit hinsichtlich der möglichen Geschenke – welcher Art auch immer – solcher Interessenvertreter an Abgeordnete und ihre Mitarbeiter Klarheit besteht. Wenn dieser Änderungsantrag angenommen wird, können wir den Bericht unterstützen; wenn nicht, wird uns eine Unterstützung leider nicht möglich sein.
Natürlich sind wir auch völlig damit einverstanden, was von dem Kollegen Wijsenbeek bemerkt wurde, nämlich daß es etwas absurd ist, in einer Geschäftsordnung eine Formulierung der Art aufzunehmen, daß man sich jeglicher Handlung enthalten müsse, die dazu führen könnte, sich Informationen zu erschleichen. Hier handelt es sich um Forderungen, die derart moralisierend sind, daß damit nichts erreicht wird; für uns ist es jedoch äußerst wichtig, daß der von Herrn Ephremidis und den Grünen eingereichte Änderungsantrag angenommen wird.
Lambraki (PSE). – (EL) Frau Präsidentin! In einer Zeit, in der die Glaubwürdigkeit von Politik und Politikern in allen Ländern der Europäischen Union in Frage gestellt wird, glaube ich, daß der Bericht von Herrn Ford und insbesondere die Bemühungen, die in diesem Bericht zum Ausdruck kommen, nämlich die Funktion und Tätigkeit der Interessensvertreter zu kontrollieren, unser Lob verdienen, und ich bin der Ansicht, daß sie zu einer Verbesserung unser Funktionsweise beitragen werden.
Die Tätigkeit der Interessensvertreter im Europäischen Parlament erweist sich häufig als völlig unkontrolliert, und oft empfand ich Erstaunen und, ich sage es offen, auch Entrüstung darüber, daß die Lobbyisten noch vor uns, den europäischen Abgeordneten, Zugang zu Dokumenten und Informationen haben. Häufig verfügen sie über Unterlagen, die wir erst sehr spät erhalten, und deswegen halte ich den Änderungsantrag 1 für besonders wichtig und möchte die Kollegen aller Fraktionen bitten, ihre Haltung zu diesem Antrag noch einmal zu überdenken. Es genügt nicht zu sagen, daß wir die Tätigkeit und Funktion der Lobbyisten kontrollieren wollen! Es bedarf dafür auch eines entsprechenden Mechanismus, und ich meine, daß der Änderungsantrag 1 ein erster Mechanismus in Richtung Kontrolle der Tätigkeit der Interessensvertreter darstellt.
Natürlich sind wir uns alle darüber im klaren, daß der im Bericht von Herrn Ford zum Ausdruck kommende Versuch das Problem nicht wirksam lösen kann und auch nicht die absolute Transparenz schafft, die wir wohl alle in diesem Saale wünschen. Er ist jedoch ein mutiger Schritt in die richtige Richtung, wobei wir alle nach der Annahme des Berichtes dahin wirken sollten, daß sein Inhalt in unserer täglichen Arbeit im Europäischen Parlament kein toter Buchstabe bleibt.
Mosiek‐Urbahn (PPE). – Frau Präsidentin, die Vorredner haben bereits ausgeführt, worum es im Ford‐Bericht im einzelnen geht. Der Vorschlag hält die Interessenvertreter zu einer fairen und offenen Haltung an. Eine größere Transparenz in diesem Bereich ist zu wünschen. Die Frage kann dabei nur sein: Welche Mittel sind angemessen?
Der Änderungsantrag 1 gehört in diesem Zusammenhang ganz sicher nicht zu den Regelungen des Verhaltenskodex. Schon formal bezieht er sich auf Artikel 2 und nicht auf Artikel 3, und er sollte im geeigneten Kontext, nämlich dem Lehne‐Bericht, diskutiert werden. Dort können wir uns dann auch mit einer genauen Definition des Mitarbeiters befassen.
Hinsichtlich des Änderungsantrags 12, in dem ein Bericht der Interessenvertreter verlangt wird, möchte ich anmerken, daß dieser Änderungsantrag zum einen nicht klar ist, denn es geht nicht daraus hervor, was berichtet werden soll, und wer dann vor allen Dingen das, was berichtet wird, bewerten soll.
Unabhängig davon habe ich weitere Bedenken gegen diesen Änderungsantrag, denn er gibt einem Dritten nur ein unvollständiges Bild wider. Wenn – wie es eben von Herrn Wibe gefordert wurde – dieser Bericht dazu dienen soll, daß sich zum Beispiel Journalisten darüber informieren, mit wem Kontakte bestanden haben, dann muß man doch sehen, daß diese Information unvollständig ist und deshalb falsch. Ich möchte das Beispiel, das vorhin schon aufgegriffen wurde, noch einmal anführen. Bei dem Bericht betreffend die Aufsicht über Versicherungsgruppen würde dann stehen: Gespräche wurden geführt mit Versicherungsverbänden. Nicht darin steht, daß auch mit den Aufsichtsämtern, mit der Kommission und mit den Regierungsvertretern gesprochen wurde. Erst die Nennung all dieser verschiedenen im weitesten Sinne Interessenvertreter würde ein vollständiges und korrektes Bild liefern.
Auch aus diesem Grunde scheint mit dieser Änderungsantrag nicht angemessen. Es ist mir aber ein Anliegen, generell darauf hinzuweisen, daß durch die hier durchgeführte Debatte in der Öffentlichkeit ein schiefes Bild entstanden ist. Wir brauchen die Interessenvertreter, um uns über die verschiedenen Facetten der verschiedenen Problemkreise vollständig informieren zu können, und diese Zusammenarbeit muß sich im Rahmen einer transparenten, für jedermann nachvollziehbaren Zusammenarbeit vollziehen. Die Beachtung des Verhaltenskodex wird dies unterstützen.