Der Präsident. – Ich möchte das Haus zunächst darüber informieren, daß ich einen förmlichen Einspruch gegen die Anwendung des Verfahrens ohne Bericht in bezug auf den Verkauf von genetisch verändertem Mais in Österreich erhalten habe (Dok. C4‐0373/98). Dieser Antrag wurde gemäß Artikel 99 der Geschäftsordnung von Frau Flemming und anderen eingereicht. Der Vorschlag wird deshalb gemäß Artikel 99 Absatz 2 an den Ausschuß zurücküberwiesen.
Ich möchte das Haus ebenfalls darüber informieren, daß ich einen förmlichen Einspruch gegen die Anwendung des Verfahrens ohne Bericht in bezug auf den Verkauf von genetisch verändertem Mais in Luxemburg erhalten habe (Dok. C4‐0374/98). Dieser Antrag wurde gemäß Artikel 99 der Geschäftsordnung von Frau Roth‐Behrendt und anderen eingereicht. Der Vorschlag wird deshalb gemäß Artikel 99 Absatz 2 an den Ausschuß zurücküberwiesen.
Fayot (PSE). – (FR) Herr Präsident, ich habe den Antrag auf Rücküberweisung dieses Vorschlags unterzeichnet, damit er an den Ausschuß für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz zurücküberwiesen wird, aber ich würde mir wünschen, daß dieser uns zusichert, daß er den Bericht auch tatsächlich prüft. Am 24. Juni haben die Koordinatoren des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz die Entscheidung der Kommission hinsichtlich des Verkaufs von genetisch verändertem Mais erörtert, aber das Thema ist nicht im Ausschuß geprüft worden. Ich würde mir also wünschen, daß dies diesmal wirklich geschieht.
Der Präsident. – Lassen Sie es mich deutlich sagen. Wir haben keine andere Wahl, als die Angelegenheit gemäß der Geschäftsordnung an den Ausschuß zurückzuüberweisen. Die Entscheidung, wie weiter verfahren wird, ist Sache des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz.
Breyer (V). – Herr Präsident! Auch wir unterstützen natürlich den Antrag auf Rücküberweisung. Nur kann ich mir nicht die Bemerkung verkneifen, daß die Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament genau das vor der Sommerpause beantragt hat, und damals haben es genau diejenigen Abgeordneten, die jetzt den Antrag gestellt haben, abgelehnt, im Ausschuß für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz zu diskutieren. Mir geht es aber um folgendes ...
(Der Präsident unterbricht die Rednerin)
Der Präsident. – Werte Kollegen, wir führen keine Aussprache zu diesem Thema. Die Geschäftsordnung ist klar und deutlich. Der Vorschlag muß an den Ausschuß zurücküberwiesen werden. Erklärungen und Begründungen sind an dieser Stelle nicht angebracht.
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Bericht (A4‐0294/98) von Frau Schaffner im Namen des Ausschusses für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten zu dem Jahresbericht 1997 der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht über den Stand der Drogenproblematik in der Europäischen Union
Bericht (A4‐0305/98) von Herrn Schulz im Namen des Ausschusses für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten zu dem Jahresbericht 1996 der EUROPOL‐Drogenstelle
(Gemäß Artikel 52 gelten diese Berichte als angenommen.)
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Bericht (A4‐0180/98) von Herrn Tomlinson im Namen des Haushaltsausschusses über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung des Rates (EG) Nr. 1734/94 vom 11.7.1994 über die finanzielle und technische Zusammenarbeit mit den Besetzten Gebieten (KOM(97)0552 – C4‐0048/98‐97/0316(SYN))
Bericht (A4‐0300/98) von Herrn Tomlinson im Namen des Haushaltsausschusses über I. einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) des Rates Nr. 1734/94 vom 11. Juli 1994 über die finanzielle und technische Zusammenarbeit mit den Besetzten Gebieten (KOM(97)0552 – C40048/98‐97/0316(SYN))
II.einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) des Rates Nr. 1734/94 vom 11. Juli 1994 über die finanzielle und technische Zusammenarbeit mit den Besetzten Gebieten (KOM(98)0392 – C40432/98‐98/0220(SYN))
Tomlinson, The Lord (PSE), Berichterstatter. – (EN) Herr Präsident, dies ist ein sehr komplizierter Bericht, und es wäre im Interesse des Parlaments, wenn ich kurz erklären würde, daß das Europäische Parlament jetzt über zwei Vorschläge der Kommission zur Änderung ein und derselben Verordnung über die finanzielle und technische Zusammenarbeit mit dem GazaStreifen und dem Westjordanland abstimmen soll.
Der erste Vorschlag wurde zu Beginn dieses Jahres vorgelegt und der zweite im Juli. Die Kommission besteht jedoch darauf, daß beide Berichte getrennt voneinander bestehenbleiben. Daher werden sie zusammen behandelt. Sie bilden die Grundlage für den Kompromiß zwischen Parlament und Kommission, der nach der am 18. Juni vom Parlament getroffenen Entscheidung, den ersten Bericht gemäß Artikel 60 Absatz 2 an die Kommission zurückzuüberweisen, angestrebt wurde. Bei dieser Gelegenheit nahm das Parlament zwölf Änderungsanträge hinsichtlich des ersten Vorschlags an. Diese zwölf Änderungsanträge wurden samt und sonders von der Kommission abgelehnt. Einige dieser Änderungsanträge zum ersten Vorschlag sind nun in den zweiten Vorschlag der Kommission aufgenommen worden. Nach Verhandlungen mit der Kommission über einen allgemeinen Kompromiß über beide Vorschläge gelang es mir als Berichterstatter, die Kommission davon zu überzeugen, fast alle Änderungsanträge anzunehmen, mit Ausnahme der Änderungen hinsichtlich der Komitologie. Hier und heute untersucht das Parlament den neuen Vorschlag der Kommission zur Komitologie und fordert, daß die in diesem Zusammenhang getroffene Entscheidung auch hier gilt.
Bevor wir zur Abstimmung kommen, sollte die Kommission daher zunächst hier im Plenum bestätigen, daß die Änderungsanträge Nr. 1, 2, 7 und 8 betreffend A4‐180/98, die im letzten Juni von der Fraktion der Europäischen Volkspartei im Rahmen des ersten Vorschlags der Kommission angenommen wurden, bereits in ihren zweiten Vorschlag integriert sind. Wenn die Kommission dies bestätigen kann, so können die Änderungen als zurückgezogen betrachtet werden.
Zweitens sollte sich die Kommission dazu verpflichten, ihren zweiten Vorschlag unverzüglich dahingehend zu ändern, daß die Änderungsanträge Nr. 5 und 12 aufgenommen werden, über die bereits im letzten Juni abgestimmt wurde. Ferner sollte der zum Kompromiß gehörige Änderungsantrag Nr. 1 betreffend den ersten Vorschlag, der zu den sechs neuen zur Abstimmung vorgelegten Änderungsanträgen gehört, und der Änderungsantrag Nr. 6 betreffend den zweiten Vorschlag aufgenommen werden. Wenn die Kommission den ersten Punkt bestätigen und den zweiten zusichern kann, so würde ich dem Europäischen Parlament empfehlen, hinsichtlich der neuen Änderungsanträge im Dokument A4‐300/98 für den zum Kompromiß gehörigen Änderungsantrag Nr. 1 und die Änderungsanträge 4, 5 und 6 zu stimmen. Dann könnten die Änderungsanträge Nr. 2 und 3 zugunsten von Änderungsantrag Nr. 6 zurückgezogen werden. Der Erfolg dieser Übereinkunft hängt davon ab, wie schnell die Kommission den geänderten Text ihres zweiten Vorschlags vorlegt, in dem die politische Haltung dieses Parlaments berücksichtigt wird.
Der Präsident. – Vielen Dank, ich bin froh, daß Sie das zur Sprache gebracht haben.
Marín, Vizepräsident der Kommission. – (ES) Herr Präsident, verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich zunächst dem Haushaltsausschuß und insbesondere dem Berichterstatter Lord Tomlinson meinen Dank für die hervorragende Arbeit aussprechen. Am 25. Juni hat die Kommission dem Parlament und dem Rat einen zweiten Vorschlag zur Änderung der Verordnung über finanzielle und technische Zusammenarbeit mit den Besetzten Gebieten vorgelegt. In diesen Vorschlag sind gemäß meinem auf der Plenarsitzung vom 17. Juni gegebenen Versprechen einige der vom Parlament im Hinblick auf unseren ersten Vorschlag angeregten Änderungen aufgenommen worden. Konkret meine ich die Änderungsanträge 1, 2, 7 und 8 zum ersten Vorschlag, und ich bestätige hiermit, daß die Kommission sie annimmt.
Da das Parlament zu einer pragmatischen Lösung gelangen wollte, hat es einen einzigen Bericht vorgelegt, in dem die beiden Vorschläge dann getrennt behandelt wurden. Dadurch konnte eine ganze Reihe von Fragen, die zwischen beiden Institutionen bestanden, geklärt werden, insbesondere das Problem der Komitologie. Wie Sie wissen, möchte die Kommission diesen Bereich ja reformieren.
Trotzdem mußte über einige Themen noch beraten werden, und heute lege ich Ihnen unseren Standpunkt diesbezüglich vor. Zunächst einige Worte zum Zeitraum der Finanzverordnung. Die Kommission hatte ein Programm mit einer Laufzeit von acht Jahren, von 1999 bis 2006, vorgeschlagen, aber im zweiten Vorschlag akzeptieren wir eine Laufzeit von fünf Jahren, von 1999 bis 2003. Die Kommission übernimmt auch drei weitere hinsichtlich ihres zweiten Vorschlags vom Parlament angeregte Änderungen. Ich spreche von den Änderungsanträgen 5 und 12 und dem Kompromißänderungsantrag 1, den das Parlament zum ersten Vorschlag unterbreitet hatte, sowie Nr. 6 zum zweiten Vorschlag. Diese Übernahme kann ich Ihnen bestätigen.
Dank dieses Kompromisses und dank der Unterstützung des Europäischen Parlaments wird die Kommission am 1. Januar 1999 über eine flexiblere und pragmatischere Methode zur Durchführung von Unterstützungsmaßnahmen der Europäischen Union für das palästinensische Volk und den Friedensprozeß verfügen.
Herr Tomlinson, leider hängt der Erfolg oder Mißerfolg dieses ehrgeizigen Programms für den Friedensprozeß aber von der Entwicklung des Friedensprozesses ab, und wir dürfen keinesfalls vergessen, daß die Lage gegenwärtig kritisch ist.
Die Kommission wird diese Instrumente also unverzüglich vorschlagen, aber ich weise Sie darauf hin, daß die Anwendung dieser Instrumente auf palästinensischem Gebiet in hohem Maße vom Friedensprozeß abhängt. Wenn im Friedensprozeß Fortschritte erzielt werden, können wir ein sehr wichtiges Programm der Wirtschaftshilfe durchführen. Wenn der Stillstand des Friedensprozesses anhält, werden wir Probleme haben, auf die ich Ihnen gegenüber nicht näher eingehen muß.
(Das Parlament nimmt beide legislative Entschließungen nacheinander an.)
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Verfahren ohne Bericht:
‐Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs‐ und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen hinsichtlich der Fristen für die Einreichung von Beihilfeanträgen im Rahmen der Ausgleichszahlungsregelung für Reiserzeuger (KOM(98)0228 – C4‐0276/98‐98/0136(CNS)) Ausschuß für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
‐Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1221/97 mit allgemeinen Durchführungsbestimmungen für Maßnahmen zur Verbesserung der Erzeugung und Vermarktung von Honig (KOM(98)0313 – C4‐0429/98‐98/0171(CNS)) Ausschuß für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
‐Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über ein gemeinschaftliches Verfahren zur Unterrichtung und Konsultation über die Kosten der Versorgung mit Rohöl und die Verbraucherpreise für Mineralölerzeugnisse (KOM(98)0363 – C4‐0446/98‐98/0205(CNS)) Ausschuß für Forschung, technologische Entwicklung und Energie
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
‐Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Kriterien und Bedingungen für die Strukturmaßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Fischerei und Aquakultur sowie der Verarbeitung und Vermarktung der entsprechenden Erzeugnisse (kodifizierte Fassung) (KOM(97)0723 – C4‐0139/98‐98/0008(CNS)) Ausschuß für Recht und Bürgerrechte
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
‐Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Schaf‐ und Ziegenfleisch (kodifizierte Fassung) (KOM(98)0088 – C4‐0210/98‐98/0062(CNS)) Ausschuß für Recht und Bürgerrechte
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
‐Vorschlag für eine Verordnung (EGKS, EG, Euratom) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 259/68 zur Festlegung des Status der Beamten der Europäischen Gemeinschaften, der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie der anderen auf die Beamten und sonstigen Bediensteten anwendbaren Verordnungen hinsichtlich der Festsetzung der Dienst‐ und Versorgungsbezüge und der sonstigen finanziellen Ansprüche in Euro (KOM(98)0324 – C4‐0426/98‐98/0190(CNS)) Ausschuß für Recht und Bürgerrechte
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
‐Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG, EURATOM, EGKS) Nr. 259/68 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften (KOM(98)0421 – C4‐478‐98/0235(CNS)) Ausschuß für Recht und Bürgerrechte
(Das Parlament billigt den Vorschlag der Kommission.)
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Bericht (A4‐0301/98) von Frau Leperre‐Verrier im Namen des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung und Medien über den Vorschlag für einen Beschluß des Rates über den Standpunkt der Gemeinschaft im Assoziationsrat zur Teilnahme Bulgariens, der Tschechischen Republik, Estlands, Ungarns, Litauens, Polens, Rumäniens und der Slowakischen Republik an den Gemeinschaftsprogrammen im Bereich Kultur (KOM(98)0239 – C4‐0319/98 bis C40326/98‐98/0145(CNS) bis 98/0152(CNS))
(Das Parlament nimmt die acht Entwürfe der legislativen Entschließungen nacheinander an.)
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Bericht (A4‐0306/98) von Frau Leperre‐Verrier im Namen des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung und Medien über den Vorschlag für einen Beschluß des Rates über den Standpunkt der Gemeinschaft im Assoziationsrat zur Teilnahme Lettlands an einem Gemeinschaftsprogramm im Bereich Kultur (KOM(98)0358 – C4‐0403/98‐98/0203(CNS))
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(Das Parlament nimmt den Entwurf der legislativen Entschließung an.)
Bericht (A4‐0108/98) von Frau Schaffner im Namen des Ausschusses für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten über den Bericht der Hochrangigen Expertengruppe über den freien Personenverkehr unter dem Vorsitz von Frau Simone Veil (C4‐0181/97)
Betreffend Änderungsantrag 4:
Pirker (PPE). – Herr Präsident, mir ist inhaltlich nicht ganz klar, worüber wir abstimmen. Ich bitte jemanden aus der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas, das zu klären. In Änderungsantrag 4 heißt es, daß die Kommission aufgefordert wird, Vorschläge vorzulegen, wonach das Recht auf Familienzusammenführung auf nicht unterhaltsberechtigte Kinder sowie auf nicht unterhaltsberechtigte Verwandte in aufsteigender Linie ausgedehnt wird.
Ist das für Unionsbürger gedacht, oder ist das gedacht für alle Drittstaatenangehörigen? Die Konsequenz wäre selbstverständlich, daß hier eine Zuwanderungswelle ausgelöst würde. Deshalb bitte ich um eine Klärung, was hier gemeint ist. Sind nur Unionsbürger gemeint bei dieser Familienzusammenführung, oder sind auch Angehörige von Drittstaaten hier einbezogen? Davon hängt natürlich auch die Abstimmung ab.
Zimmermann (PSE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, daß der Text in der vorliegenden Fassung klar ist. Es geht um diejenigen, die in der Union wohnen, und da um die Zusammenführung der Familie. Das geht eigentlich klar aus dem Text hervor. Es sind all diejenigen gemeint, die schon einen rechtmäßigen Wohnsitz in der Union haben.
Betreffend Änderungsantrag Nr. 8:
Lindeperg (PSE). – (FR) Herr Präsident, ich möchte einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen. Ich möchte das Parlament auffordern, eine gesonderte Abstimmung über ein Wort zu genehmigen. Ich gebe zu, daß dieser Antrag sehr spät eingebracht wird, und dafür möchte ich mich entschuldigen. Es geht um das Wort “politiques” im letzten Satz. Dieser Satz besagt, daß Bürger von Drittstaaten, die sich legal in der Union aufhalten, hinsichtlich ihrer politischen, sozialen und wirtschaftlichen Rechte ebenso behandelt werden sollen wie die Bürger der Union.
Ich beantrage im Namen der französischen Abgeordneten eine gesonderte Abstimmung zum Wort “politiques”, denn unsere Abgeordneten sind zwar bei den Wahlen auf regionaler Ebene für das Wahlrecht, sprechen sich aber bei den Wahlen auf Landesebene dagegen aus. Die Idee der Gleichheit der politischen Rechte bezieht sich jedoch sowohl auf regionale als auch auf nationale Wahlen. Kurz, wenn die gesonderte Abstimmung genehmigt und das Wort “politiques” abgelehnt wird, dann stimmen wir dafür. Im gegenteiligen Fall stimmen wir dagegen.
Der Präsident. – Ich würde Ihnen gerne helfen, aber die Dienste müssen innerhalb strenger Fristen über die Absicht informiert werden, eine gesonderte Abstimmung zu beantragen. Ich kann an der Stimmung in diesem Hause erkennen, daß es zu langen Diskussionen kommen wird, wenn wir zu diesem Thema eine getrennte Abstimmung durchführen.
(Das Parlament lehnt die Entschließung ab)
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Empfehlung für die zweite Lesung (A4‐0278/98) im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz über den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf die Annahme der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Kaffee‐ und Zichorien‐Extrakte (C4‐0306/98‐96/0117(COD)) (Berichterstatter: Herr Lannoye)
(Der Präsident erklärt den so geänderten Gemeinsamen Standpunkt für gebilligt.)
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Empfehlung für die zweite Lesung (A4‐0286/98) im Namen des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte über den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf die Annahme der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die zusätzliche Beaufsichtigung der einer Versicherungsgruppe angehörenden Versicherungsunternehmen (C4‐0308/98‐95/0245(COD)) (Berichterstatterin: Frau Mosiek‐Urbahn)
Falconer (PSE). – (EN) Herr Präsident, wie Sie wissen, interessiere ich mich für namentliche Abstimmungen. Könnten Sie mir bitte mitteilen, ob wir gerade fünf namentliche Abstimmungen durchgeführt haben oder nur eine?
(Heiterkeit)
Der Präsident. – Wie oft haben Sie auf den Knopf gedrückt? Ich überlasse es Ihnen, diese Frage zu beantworten.
(Der Präsident erklärt den so geänderten Gemeinsamen Standpunkt für gebilligt.)
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Bericht (A4‐0279/98) von Herrn Valverde López im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz über den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Registrierung und zum Einsatz innerhalb der Gemeinschaft von bestimmten Typen ziviler Unterschall‐Strahlflugzeuge, die zur Einhaltung der in Band I, Teil II, Kapitel 3 des Anhangs 16 zum Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt, dritte Ausgabe (Juli 1993), festgelegten Normen umgerüstet und neubescheinigt worden sind (KOM(98)0098 – C4‐0212/98‐98/0070(SYN))
(Das Parlament nimmt den Entwurf der legislativen Entschließung an.)
Killilea (UPE). – (EN) Herr Präsident, eine Bemerkung zur Anwendung der Geschäftsordnung. Zum Thema der namentlichen Abstimmungen möchte ich aus persönlichem Interesse und im Interesse einiger anderer Abgeordneter dieses Parlaments folgende Aussage machen und werde diese Angelegenheit überprüfen lassen.
Fast während des gesamten ersten Halbjahres – ich habe die Datumsangaben leider nicht bei mir – wurde ich nicht als Teilnehmer an Abstimmungen aufgezeichnet, und dies trotz der Tatsache, daß ich sehr wohl hier gewesen bin und abgestimmt habe. Ich selbst habe im Anschluß die Frage zur Sprache gebracht, ob meine Stimmkarte in Ordnung sei. Herr Präsident, Sie selbst haben sogar einmal veranlaßt, daß das Abstimmungsgerät ausgetauscht wird. Ich hatte aber weiterhin Zweifel bezüglich der Funktionsfähigkeit meiner Stimmkarte.
Heute hatte ich meine neue Karte, die ich im Juni bekommen hatte, nicht bei mir und wandte mich an die Büros auf der Rückseite des Gebäudes, um mir eine Ersatzkarte zu besorgen. Ich erhielt meine alte Karte zurück. Danach ging ich ins Büro des Technikers, um die Karte überprüfen zu lassen und fand so heraus, daß die Karte, von der ich vier oder fünf Monate dieses Jahres hier in diesem Parlament abhängig gewesen bin, nicht richtig funktioniert. Das wußte ich allerdings die ganze Zeit über selbst schon. In finanzieller Hinsicht habe ich den Preis bezahlt, aber darum geht es hier nicht. In diesem Haus ging man davon aus, ich sei nicht da und könne deshalb meine Stimme nicht abgeben, obwohl ich doch anwesend war, meine Karte aber nicht funktionierte. Ich möchte diese Angelegenheit heute hier im Interesse anderer Mitglieder des Hauses zur Sprache bringen, die genau das gleiche Problem haben.
Der Präsident. – Vielen Dank.
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Bericht (A4‐0296/98) von Herrn Christodoulou im Namen des Haushaltsausschusses über den Vorschlag für eine interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission zu den Rechtsgrundlagen und der Ausführung des Haushaltsplans
Vor der Abstimmung:
Fabre‐Aubrespy (I‐EDN). – (FR) Herr Präsident, ich möchte die Rücküberweisung dieses Berichts an den Ausschuß beantragen. Der Präsident unseres Parlaments hat diese Sitzungsperiode eröffnet, indem er seiner Sorge darüber Ausdruck verlieh, daß der Vertrag auch eingehalten werde und dem Parlament nicht ein bestimmter Text vorgelegt werden könne, der ihm schadet. Wie Sie sich erinnern werden, ging es dabei um den Bericht Bösch.
Meiner Meinung nach müssen wir heute hinsichtlich des Berichts Christodoulou die gleiche juristische Härte an den Tag legen. Artikel 4 und 209 des Vertrags schreiben für alle Ausgaben die Notwendigkeit einer doppelten Rechtsgrundlage vor, sowohl im Hinblick auf den Haushalt als auch im Hinblick auf die rechtliche Seite. Der Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 12. Mai in Absatz 26 nachdrücklich auf diese Grundlage verwiesen und nur nichtsignifikante Gemeinschaftsmaßnahmen, die keinen solchen Basisrechtsakt erfordern, davon ausgeschlossen.
Der Vorschlag für eine interinstitutionelle Vereinbarung, der uns vorgelegt wurde, muß in zweifacher Hinsicht kritisiert werden, und zwar einerseits, weil er für 1998 die Ausführung von Mitteln aus Haushaltslinien ohne Rechtsgrundlage vorsieht, obwohl der Gerichtshof eine solche Ausführung nur für bereits gebundene Mittel vorgesehen hat. Andererseits werden im Vorschlag bei gleichzeitiger Festsetzung von Höchstbeträgen die Begriffe Pilotvorhaben, vorbereitende Maßnahmen und punktuelle Maßnahmen entwickelt.
Dieses Konzept zeitlich befristeter Maßnahmen wurde jedoch vom Gerichtshof verurteilt, der ausführte, daß nichts dagegen spricht, daß eine signifikante Gemeinschaftsmaßnahme beschränkte Ausgaben nach sich zieht oder nur innerhalb eines begrenzten Zeitraums Auswirkungen hat. Der Gerichtshof schloß also nichtsignifikante Maßnahmen aus. Wir stehen also vor einer juristischen Unregelmäßigkeit. Um diese zu korrigieren, schlage ich Ihnen vor, den Text an den Ausschuß rückzuüberweisen, wie wir es auch mit dem Bericht Bösch getan haben.
Samland (PSE), Vorsitzender des Haushaltsausschusses. – Herr Präsident! Das Urteil, auf das sich dieser Beitrag bezieht und das der Gerichtshof auf Ersuchen der britischen Regierung bezüglich der Rechtsgrundlagen für Ausgaben der Europäischen Union gefällt hat, macht in seiner Begründung deutlich, daß nichtsignifikante Ausgaben keiner Rechtsgrundlage bedürfen. In dem Begründungstext wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Nichtsignifikanz sich nicht durch die Höhe und die Dauer der Ausgaben definiert, sondern daß die Nichtsignifikanz durch Entscheidung der beiden Teile der Haushaltsbehörde festgelegt werden muß. Genau diesem Prinzip sind wir gefolgt, als wir die interinstitutionelle Vereinbarung zwischen den 15 Mitgliedstaaten, der Kommission und dem Europäischen Parlament vereinbart haben, die jetzt zur Abstimmung vorliegt. Damit erfüllt gerade diese Vereinbarung die Aufgabe, das Urteil an der Stelle zu interpretieren und auszufüllen, an der der Gerichtshof diese Aufgabe an die beiden Institutionen Rat und Parlament zurücküberwiesen hat. Insoweit gibt es keine Begründung für die Nichtbehandlung des Berichts von Herrn Christodoulou. Ich bitte darum, daß jetzt darüber abgestimmt wird.
Christodoulou (PPE). – (EL) Herr Präsident, ich stimme dem, was Herr Samland sagt, voll und ganz zu.
(Das Parlament beschließt, den Bericht nicht an den Ausschuß zurückzuüberweisen.)
Betreffend Änderungsanträge 1‐4:
Christodoulou (PPE). – (EL) Herr Präsident, diese vier Änderungsanträge enthalten sehr gute Grundsätze. Ich sehe mich jedoch gezwungen, dafür zu plädieren, daß gegen sie gestimmt wird, weil sie nicht in den von uns erwähnten Text gehören. Wir haben uns auf einen schlanken Text geeinigt, und obwohl die Grundsätze, wie ich bereits sagte, gut sind, sind sie doch überflüssig. Dasselbe gilt für den Änderungsantrag 5 von Frau Ewing. Nach der Antwort von Kommissar Liikanen in bezug auf die Frage der weniger verbreiteten Sprachen ist dieser Änderungsantrag überflüssig. Folglich bin ich gegen alle Änderungen.
Müller (V). – Herr Präsident! Ich bedanke mich bei dem Berichterstatter, dessen Bericht inhaltlich mit der Position unserer Fraktion übereinstimmt. Die Anträge greifen in der Sache das auf, was wir im Rahmen der interinstitutionellen Vereinbarung versucht haben zu klären. Da Herr Liikanen in der Aussprache gestern deutlich signalisiert hat, daß alles darangesetzt wird, in Zukunft zusammen mit dem Parlament diese Rechtsgrundlagen herzustellen und auch für das Jahr 1998 ein Maximum an Ausführung des Haushaltes zu garantieren, würde ich die Änderungsanträge im Namen meiner Fraktion zurückziehen.
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
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Gemeinsamer Entschließungsantrag(1) über die transatlantischen Beziehungen (Echelon)
Dell"Alba (ARE). – (FR) Herr Präsident, wir stehen hier vor einem echten Problem, da dieser Text den Titel Transatlantische Beziehungen und Echelon‐System” trägt. Da sich jedoch eine gewisse Anzahl Kollegen, nicht nur zwei, aktiv dafür eingesetzt haben, daß nirgends im Text das Wort “Echelon” auftaucht, schlage ich vor, daß man auch im Titel das Wort “Echelon” streicht, wenn der Text so bleibt, wie er jetzt ist. Dann hätten diese Kollegen zu 100 % erreicht, was sie wollten.
Pompidou (UPE). – (FR) Herr Präsident, in den Entschließungsanträgen wird von Problemen der Wirtschaftsinformation gesprochen, die sich direkt auf das Echelon‐System beziehen. Unter diesen Bedingungen muß man den Begriff “Echelon” im Titel des Entschließungantrags stehenlassen.
Roth (V). – Herr Präsident! Ich möchte Sie bitten, daß Sie keine Blockabstimmung machen, sondern auf jeden Fall über die Änderungsanträge 4, 12 und 13 getrennt abstimmen lassen. Außerdem gab es bedauerlicherweise einen Fehler bei der Abstimmung zum Bericht Schaffner. Hier war die Schlußabstimmung als eine namentliche Abstimmung beantragt worden, und ich wüßte gerne von Ihnen, warum Sie diese namentliche Abstimmung nicht zugelassen haben.
Der Präsident. – Die Dienste haben mir gerade mitgeteilt, daß sie dafür verantwortlich sind. Es war ein Versäumnis der Verwaltung. Wir möchten uns dafür entschuldigen.
(Das Parlament nimmt den gemeinsamen Entschließungsantrag an.)
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Roth (V). – Herr Präsident! Darf ich noch einmal zurückkommen auf Ihre Aussage auf meine Frage von vorhin. Sie haben gesagt, es sei ein Versehen der Dienste gewesen, daß der Antrag auf namentliche Abstimmung zum Bericht von Frau Schaffner an Sie nicht weitergegeben worden ist. Das kann ja mal passieren, jedem passiert sowas. Aber Sie als Sitzungspräsident können die Abstimmung durchaus noch einmal als namentliche Abstimmung wiederholen lassen. Darum bitte ich Sie nun. Wenn ein Versehen vorlag, gibt es überhaupt keinen Grund, das nicht zu tun. Ich bitte Sie also um die namentliche Abstimmung zum Bericht Schaffner!
Der Präsident. – Oberflächlich betrachtet ist dies ein vollkommen gerechtfertigter Antrag. Das Problem liegt jedoch darin, daß die Abgeordneten in diesem Saal ein‐ und ausgehen, so daß jetzt nicht die gleichen Abgeordneten hier sind wie bei der Abstimmung. Der Fehler liegt auf meiner Seite, und ich kann nur um Entschuldigung bitten. Ich glaube nicht, daß wir die Abstimmung wiederholen können.
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Bericht (A4‐0235/98) von Herrn Campoy Zueco im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz über die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und an den Rat über die Anwendung der Richtlinien 75/439/EWG, 75/442/EWG, 78/319/EWG und 86/278/EWG über die Abfallbewirtschaftung (KOM(97)0023 – C4‐0368/97))
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
Graefe zu Baringdorf (V). – Herr Präsident! Ich komme nochmals auf den Bericht von Frau Schaffner zurück. Sie haben gesagt, es sei nicht möglich, jetzt nochmal abzustimmen, weil sich möglicherweise die Zusammensetzung des Parlaments geändert habe. Nun ist es aber möglich, daß Sie diese Abstimmung auf die morgige Abstimmung vertagen und die Fraktionen im Bewußtsein, daß diese Abstimmung stattfindet, die eigene Gewichtung vornehmen können. Dann kommen wir zu einer namentlichen Abstimmung. Es ist ein Unterschied, ob namentlich abgestimmt oder ob geheim abgestimmt wird, auch in dem Verhalten der Abgeordneten. Deswegen wird es ja beantragt.
Der Präsident. – Ich habe meinen Fehler zugegeben und mich dafür entschuldigt. Es ist jedoch klar, daß wir nicht zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Abstimmung zurückkehren können, sobald diese Abstimmung in diesem Haus abgeschlossen worden ist. Das Ergebnis der Abstimmung ist bekanntgegeben worden. Damit ist die Angelegenheit abgeschlossen.
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Entschließungsantrag (B4‐0801/98) von Herrn De Giovanni im Namen des Institutionellen Ausschusses über die Änderung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse – “Ausschußwesen” (Beschluß des Rates vom 13. Juli 1987)
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
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Bericht (A4‐0167/98) von Herrn Mohamed Alí im Namen des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung und Medien über den Islam und den europäischen Averroes‐Studientag
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
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Green (PSE). – (EN) Herr Präsident, ich möchte auf den Wortbeitrag von Herrn Killilea antworten. Leider ist er nicht hier, um diese Antwort zu hören. Als Quaestorin dieses Hauses bin ich überrascht, daß er ein solches Thema in diesem Parlament zur Sprache gebracht hat. Er sollte besser wissen als jeder andere, wie man mit dieser Angelegenheit umgeht. Man kann über die Gründe nur rätseln, warum er dies hier zur Sprache gebracht hat.
Erklärungen zur Abstimmung
‐Bericht Schulz (A4‐0305/98)
Kirsten Jensen, Blak, Sindal und Iversen (PSE), schriftlich. – (DA) Die dänischen Sozialdemokraten haben heute für den Jahresbericht der EUROPOL‐Drogenstelle gestimmt. In Anbetracht der zunehmenden internationalen organisierten Kriminalität, unter anderem im Drogenbereich, ist es sehr wichtig, daß die EUROPOL‐Drogenstelle effektiv funktioniert. Die Bekämpfung der organisierten Kriminalität wird am effektivsten sein, wenn die europäischen Polizeikräfte zusammenarbeiten.
EUROPOL muß die polizeilichen Ermittlungen in den einzelnen Mitgliedsländern erleichtern, indem sie einen Rahmen für den schnellen Austausch zwischen den Polizeibehörden schafft. Zum anderen soll EUROPOL übergreifende Analysen zur Entwicklung der Kriminalität durchführen – zum Nutzen der nationalen Polizei.
Wir können uns der Aufforderung nicht anschließen, EUROPOL echte Ermittlungsbefugnisse zu erteilen. EUROPOL darf nicht den Charakter einer europäischen Polizeibehörde haben, und die eigentliche Ermittlung krimineller Umstände muß wie bisher von der Polizei der Mitgliedsländer geführt werden. EUROPOL muß statt dessen die sehr wichtigen Aufgaben vorantreiben, die sie schon jetzt innehat, z. B. den Austausch von Informationen und Expertisen, die Unterstützung von Untersuchungen, Analysen und Ausbildung.
‐GMO für Reis (C4‐0276/98)
Fabre‐Aubrespy (I‐EDN), schriftlich. – (FR) In dem Moment, in dem wir uns über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Einführung eines integrierten Verwaltungs‐ und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen insbesondere für Reiserzeuger aussprechen, möchte ich meine Kollegen, die Kommission und den Rat, auf die dramatische Situation der französischen Reiserzeuger hinweisen, die vor allem in der Camargue und in Guayana leben.
Wir haben in diesem Parlament lange diskutiert, um die Unzulänglichkeiten der Kommission bei der Verwaltung des Getreidemarktes hervorzuheben. Zu Beginn der Kampagne im letzten Jahr, d. h. zu einem Zeitpunkt, da die Preise am höchsten waren, hat die Kommission keine Exporte mehr genehmigt. So hat die Union wichtige Märkte in den arabischen Ländern verloren.
Beim Thema Reis war es genauso, und man sollte daran erinnern, daß die europäische Produktion in bezug auf die Bedeutung unseres Binnenmarktes stark defizitär ist. Die Kommission hat zugestimmt, Reis aus Drittländern zu importieren – zugegebenermaßen infolge des von der WTO ausgeübten Drucks – und dabei die Verwaltung unseres Binnenmarktes “vergessen”.
Heute sind die Silos unserer Erzeuger und Genossenschaften voll; es gibt keine speziell für Reis ausgelegten Lagerkapazitäten mehr (belüftete Silos usw.), und die Ernte der Produktion von 1998 steht kurz bevor. Welche Lösungen schlägt uns die Kommission vor, um diese dramatische Situation zu bewältigen? Keine.
Ich fordere die Kommission deshalb an dieser Stelle dringlich auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um unseren Reiserzeugern und Genossenschaften zu ermöglichen, mit der Ernte zu beginnen bzw. unsere Erzeugnisse zu lagern.
Da nun schon seit einigen Jahren die Beihilfen für Reiserzeuger gekürzt werden und unsere Silos überquellen, frage ich mich, ob die Kommission überhaupt wünscht, daß die Reisproduktion in Europa fortbesteht. Oder hat sie ganz einfach entschieden, daß die Europäische Union zur Deckung ihres gesamten Reisbedarfs von Drittstaaten abhängig sein soll?
‐Bericht Schaffner (A4‐0108/98)
Posselt (PPE). – Herr Präsident! Wir haben den Bericht Schaffner abgelehnt, obwohl es hierbei um ein sehr wichtiges Thema geht, und zwar wegen einer Reihe von inakzeptablen Änderungsanträgen, nicht zuletzt der Kollegin Zimmermann, die erklären, warum die SPD in Bayern sich in freiem Fall befindet auf die 20 %‐Marke. Der Änderungsantrag 4 hat zum Beispiel die unkontrollierte Einwanderung von Großeltern, von unverheirateten und gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern und dergleichen mehr beinhaltet. Ich glaube, wenn das Parlament weiterhin fortfährt, unter dem Druck der Sozialisten und der Grünen derart wichtige Themen derart unseriös zu behandeln, wird dies in weiten Teilen der Bevölkerung Proteste auslösen. Wir haben die Aufgabe, bei diesen wichtigen Zuständigkeiten, die wir jetzt bekommen, zu einer sachlichen Zusammenarbeit zurückzufinden und derart demagogische Spiele hinter dem Rücken unserer Bürger und Steuerzahler zu unterlassen.
Es war doch sehr eindrucksvoll, daß ein ähnliches Papier von den Sozialisten selbst zurückverwiesen wurde, als Herr Schröder hier in Straßburg war, weil sie sich dessen geschämt haben. Aber kaum ist Herr Schröder abgereist, geht die Sache wieder los.
(Zurufe von Herrn Schulz)
Berthu (I‐EDN), schriftlich. – (FR) Gerade wurde der Bericht Schaffner über den freien Personenverkehr in diesem Parlament von einer Koalition mit widersprüchlichen Beweggründen abgelehnt. Man muß jedoch betonen, daß zuvor mit der Mehrheit der Stimmen – 276 gegen 250, darunter die meinige – der Änderungsantrag Nr. 8 angenommen wurde, was nicht vergessen werden darf. Der Änderungsantrag besagt, daß der in Artikel 7A des EG‐Vertrages (Artikel 14 der konsolidierten Fassung des Vertrages von Amsterdam) geregelte freie Personenverkehr auch für Bürger von Drittstaaten gelten muß, die sich legal in der Union aufhalten. Diese Bürger müssen in bezug auf ihre politischen, sozialen und wirtschaftlichen Rechte ebenso behandelt werden wie die Bürger der Union.
Der erste Teil des Änderungsantrags stammt aus dem Entwurf des Vertrages von Amsterdam, der die Abschaffung aller Personenkontrollen an den Binnengrenzen der Union innerhalb von fünf Jahren vorsieht, und zwar sowohl für die Bürger der Mitgliedstaaten als auch für Bürger von Drittländern. Die Fraktion der Unabhängigen für das Europa der Nationen ist gegen diese Bestimmung, die uns die Kontrolle über unser Gebiet nehmen würde, die eine wesentliche Grundlage unserer Souveränität darstellt. Wie kann die Unversehrtheit des Gebiets, deren Verteidigung von der französischen Verfassung gefordert wird – dies geht sogar soweit, daß die nach Artikel 16 möglichen Sonderbefugnisse umgesetzt werden können –, gewahrt werden, wenn wir nicht mehr das Recht haben, unsere Grenzen zu kontrollieren?
Aber der Änderungsantrag Nr. 8 geht noch weiter. Es wird nämlich die Gleichheit von Staatsbürgern des jeweiligen Landes und Bürgern von Drittländern gefordert, und zwar im Hinblick auf wirtschaftliche, soziale und sogar politische Rechte – letztere Rechte umfassen ohne Unterschied das Wahlrecht bei regionalen und bei nationalen Wahlen. Dieser Text ist nicht das Produkt des Zufalls. Er spiegelt die ständige Philosophie dieses Parlaments wider, die hier ihren Ausdruck findet: die Bereitschaft, die Unterschiede zwischen einem Unionsbürger und einem Ausländer in allen Bereichen auszumerzen, was unserer Meinung nach nicht zum Aufbau, sondern zur Zerstörung Europas führen wird.
Die Franzosen sollten Vorsicht walten lassen: Der Vertrag von Amsterdam sieht für das Thema des internationalen Personenverkehrs die Möglichkeit vor, Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit im Rat zu treffen, wobei das Europäische Parlament durch das Mitentscheidungsverfahren beteiligt ist. Wenn wir dem Parlament eine solche Macht geben, wird es sich dieser Macht auf eine Art und Weise bedienen, wie sie heute zum Ausdruck gebracht wurde und die auch morgen noch genauso aussehen wird. Dieses Parlament wird auch morgen noch zu weit von den Bürgern entfernt sein und von Gruppen beeinflußt werden, die Druck ausüben, um die Wünsche der einzelnen Länder außer acht zu lassen und Europa zu zerstören. Die Franzosen sollten sich daran erinnern, wenn sie den Vertrag von Amsterdam ratifizieren!
Lis Jensen und Krarup (I‐EDN), schriftlich. – (DA) Wir können den Bericht Schaffner unter keinen Umständen unterstützen. Der Bericht entspricht unserer Meinung nach in keiner Weise der Realität und ist Ausdruck eines ungehemmten EU‐Föderalismus. Im Bericht von Frau Schaffner kommt eine unzulässige Verachtung der nationalen Demokratien zum Ausdruck, zum Beispiel in Ziffer 1, wo vorgeschlagen wird, daß der Rat Artikel 7 a umsetzt, in dem es um die Abschaffung der Binnengrenzen und die Stärkung der Außengrenzen geht, ohne besondere Rücksichtnahme auf nationales Recht. Gleichzeitig möchten wir die dänische Regierung dazu auffordern, an ihrer Position im Rat festzuhalten und den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Verordnung 1408/71 auch weiterhin zu blockieren.
Wir möchten nicht nur gegen die elitäre Auffassung ankämpfen, wie politische Entscheidungen gefällt werden können, wir werden uns auch jederzeit für das alleinige Recht der nationalen Parlamente einsetzen, die nationale Grenzpolitik, die Visumpolitik, die Sozialpolitik usw. festzulegen. Gleichzeitig möchten wir unter Berufung auf die Grundlage unserer Wahl auch die Verpflichtung demokratischer Staaten betonen, sich an internationale Konventionen zu halten, die zum Beispiel vom Europarat und den UN angenommen worden sind, und ihre Prinzipien aktiv zu vertreten. In diesem Zusammenhang möchten wir uns aufs entschiedenste vom Vorschlag der österreichischen Präsidentschaft distanzieren, in der EU eine gemeinsame Einwanderungs‐ und Flüchtlingspolitik zu betreiben, die eindeutig gegen u. a. die Flüchtlingskonvention der UN und die allgemeine Menschlichkeit verstößt. Leider ist der österreichische Vorstoß nicht der einzige EU‐Vorstoß zum Thema Flüchtlinge, der eine „Festung Europa‐Haltung” erkennen läßt. Der dänische Staatsminister hat im Zusammenhang mit der Volksabstimmung über den Vertrag von Amsterdam selbst gesagt, ein Ja zum Amsterdamer Vertrag würde weniger Flüchtlinge in Dänemark bedeuten.
Wir zweifeln nicht daran, daß der Bericht Schaffner nicht nur als weiterer Stein zum Aufbau der Vereinigten Staaten Europas gesehen werden muß, sondern auch zum Aufbau einer „Festung Europa”. Deshalb stimmen wir gegen den Bericht Schaffner.
Thors (ELDR), schriftlich. – (SV) Mit Bestürzung haben ich und viele andere Mitglieder der liberalen Fraktion festgestellt, daß es dem Europäischen Parlament nicht gelungen ist, eine Stellungnahme zu den Berichten der sogenannten Hochrangigen Expertengruppe über den freien Personenverkehr abzugeben, die von unserem ehemaligen Mitglied Simone Veil geleitet wurde, einer sehr geschätzten Europäerin.
Bei der Abstimmung haben die konservativen Mitglieder des Parlaments demonstriert, daß sie nicht vorhaben, gleiche Bedingungen z. B. für Personen aus Drittländern zu schaffen, die sich rechtmäßig in der Union aufhalten. Was ist das für eine Freizügigkeit, die nur für die Bürger der Union gilt? Wie soll sie eigentlich funktionieren?
Die Mitglieder, offenbar Labour‐Abgeordnete aus Großbritannien, die sich der Stimme enthalten haben, tragen ebenfalls eine große Verantwortung dafür, daß das Parlament eine seiner wichtigsten Aufgaben nicht erfüllen kann, nämlich ein Europa der Bürger zu schaffen. In dem Bericht wurde versucht, alltägliche Probleme zu behandeln, mit denen viele Menschen in Europa zu tun haben. Die Beseitigung dieser Probleme gehört zu unseren wichtigsten Aufgaben.
‐Empfehlung für die zweite Lesung Lannoye (A4‐0278/98)
Bonde und Sandbæk (I‐EDN), schriftlich. – (DA) Wir stimmen für den Bericht Lannoye und sind sehr damit einverstanden, daß der Abänderungsantrag 4 zurückgezogen worden ist, da wir nicht möchten, daß Vereinfachungen der derzeitigen Standards durch Ausschüsse vorgenommen werden können. Wir haben soeben mit Genugtuung festgestellt, daß die Kommission – obwohl sie es ursprünglich vorhatte – in ihrem Vorschlag keine Formulierungen untergebracht hat, die es in Zukunft ermöglichen, derzeitige Standards über Ausschußprozeduren zu vereinfachen, was wir natürlich wegen des geschlossenen undemokratischen Charakters der Ausschüsse strikt ablehnen.
‐Empfehlung für die zweite Lesung Mosiek‐Urbahn (A4‐0286/98)
Caudron (PSE), schriftlich. – (FR) Ich beglückwünsche unsere Berichterstatterin, Frau Mosiek‐Urbahn, zu ihrer Arbeit und ihren Bemühungen um eine Übereinkunft hinsichtlich dieser wichtigen Richtlinie über die zusätzliche Beaufsichtigung der einer Versicherungsgruppe angehörenden Versicherungsunternehmen.
Frau Mosiek‐Urbahn ist es gelungen, die verschiedenen Ansichten fast vollständig miteinander zu vereinbaren. Der Rat hat die meisten Änderungsanträge, die in der ersten Lesung angenommen wurden, übernommen. Der Gemeinsame Standpunkt, der mit 14 gegen 15 Stimmen angenommen wurde, scheint uns heute ein guter Kompromiß zu sein.
Frau Mosiek‐Urbahn schlägt jedoch in zweiter Lesung einige Änderungen vor. Wir bedauern, daß wir in diesem Punkt nicht mit ihr übereinstimmen können. Wir halten das durch den Gemeinsamen Standpunkt geschaffene Gleichgewicht für richtig und befürchten, daß die vorgeschlagenen Änderungen die Ausgewogenheit der Richtlinie beeinträchtigen könnten, was auf Kosten der Versicherten und des – in unseren Augen wichtigen – Sektors der Versicherungsvereine gehen könnte.
Die französischen Sozialisten wie auch die Mehrheit der gesamten sozialistischen Fraktion werden den Gemeinsamen Standpunkt ohne Änderung annehmen. Ich persönlich fordere die Kommission auf, ihre kritische Haltung zu den französischen Versicherungsvereinen nochmals zu überprüfen und die diesbezügliche Diskussion mit dem französischen Staat wiederaufzunehmen.
Rovsing (PPE), schriftlich. – (DA) Für die Bürger und Unternehmen im Binnenmarkt ist es von entscheidender Bedeutung, daß die Versicherungsbranche volles Vertrauen genießt. Es ist deshalb sehr positiv, daß die Europäische Union Versicherungsgesellschaften jetzt effektiv daran hindern will, die Solvenzforderungen der Versicherungsrichtlinien der EU zu umgehen, indem dasselbe Kapital zwei Mal gezählt wird, um Risiken abzudecken, für die eine Versicherung von verschiedenen Gesellschaften gezeichnet wird.
Nach der ersten Lesung hat sich der Rat sehr kooperativ gezeigt, indem er die meisten Änderungsanträge des Parlaments in seinen Gemeinsamen Standpunkt übernommen hat. Ich begrüße daher diesen Willen zur Zusammenarbeit.
‐Bericht Valverde López (A4‐0279/98)
Bonde und Sandbæk (I‐EDN), schriftlich. – (DA) Wir stimmen für den Bericht, da verhindert werden muß, daß noch mehr luftverschmutzende und lärmende Kapitel−2‐Flugzeuge aus den USA in Länder der EU wechseln, wenn diese in den USA nicht mehr zugelassen sind. Auch umgebaute Kapitel−2‐Flugzeuge verschmutzen und lärmen nämlich mehr als echte Kapitel3‐Flugzeuge. Um die Lärmbelästigung zu verringern, unterstützen wir auch das nächtliche Start‐ und Landeverbot für neubescheinigte Flugzeuge. Es gibt nämlich einen allgemeinen Bedarf an mehr und verschärften Lärmschutzmaßnahmen im europäischen Luftverkehrsbereich und in der Welt insgesamt.
Allerdings lehnen wir den Änderungsantrag 1 strikt ab. Die Regulierung muß auf dem Weg einer Richtlinie geschehen, nicht über eine Verordnung. Durch Verordnungen werden den nationalen Parlamenten weitere Kompetenzen entzogen, und eine solche Übertragung der legislativen Befugnisse von vom Volk gewählten Organen auf die EU‐Kommission können wir nicht unterstützen.
Díez de Rivera Icaza (PSE), schriftlich. – (ES) Dieses Parlament hat die Änderungsanträge, die ich in meiner Eigenschaft als Berichterstatterin des Umweltausschusses zum Grünbuch zur zukünftigen Lärmpolitik gemacht habe, fast einstimmig angenommen. Daher ist es bedauerlich, daß uns jetzt diese völlig unzureichenden Änderungen zur Lärmminderung im Flugsektor vorgelegt werden.
Es ist nicht zu fassen, daß in der Europäischen Union immer noch mit “Hushkits” ausgerüstete Flugzeuge zugelassen werden. Es besteht auch ein Mißbrauch der unter Artikel 4(1) gewährten Freistellungen.
Auch Änderungsantrag 5, mit dem der Traum der Bürger – ein Nachtflugverbot – in Erfüllung gehen sollte, erscheint uns vernünftig. Ich komme gerade von den Balearen zurück und kann nur betonen, wie sehr der auch nachts geöffnete Flughafen von Menorca in der Hochsaison zur Lärmbelastung beiträgt.
Wie es scheint, hat es wenig genutzt, daß sich das Parlament bei dem Grünbuch einmütig gegen Lärm ausgesprochen hat. Bei der diesbezüglichen Debatte hat uns die Kommissarin für Umwelt übrigens nicht mit ihrer Anwesenheit beehrt. Das hielt sie aber nicht davon ab, auf der vor kurzem abgehaltenen Konferenz von Kopenhagen über den Lärm großartige, “schallgedämpfte” Botschaften von sich zu geben.
‐Bericht Christodoulou (A4‐0396/98)
Berthu (I‐EDN), schriftlich. – (FR) Herr Präsident, bereits im letzten Juli hat die Fraktion der Unabhängigen für das Europa der Nationen gegen die Maßnahme der Kommission protestiert, die nach ihrer Verurteilung durch den Gerichtshof, weil sie Ausgaben ohne Rechtsgrundlage gebunden hatte, das Europäische Parlament dazu aufforderte, sie zu unterstützen. Sie wurde von einer wahren Flut von Briefen von Vereinen und Organisationen unterstützt, die in den Genuß solcher illegalen Mittel gekommen waren und nun natürlich behaupteten, die Gesellschaft würde zusammenbrechen und die Ärmsten müßten schrecklich leiden, wenn die Europäische Union ihnen nicht weiterhin diese Beihilfen zukommen lassen würde.
Wir beteiligen uns nicht an diesem Spiel. Wir sind der Auffassung, daß die Beihilfen für soziale Zwecke angemessener und wirksamer verteilt werden können, wenn sie weiterhin von den Ländern und den Gebietskörperschaften zugewiesen werden.
Es gibt heute in der Tat überhaupt keinen Grund, dieses Prinzip zu verletzen, außer vielleicht dem Bestreben der Kommission, sich überall einzumischen und sich eine Gruppe zu schaffen, die ihr zu Dank verpflichtet sind. Da der geltende Vertrag darüber hinaus die Existenz einer Rechtsgrundlage vorschreibt, ist die von der Kommission vorgeschlagene Lösung – eine Vereinbarung zwischen den Institutionen, die den Vertrag in sehr weitgehender Weise auslegt, um die Fortsetzung dieser Praktiken zu ermöglichen – unserer Meinung nach alles andere als akzeptabel. Der Vertrag wurde von den Völkern Europas angenommen, und die Institutionen in Brüssel sind nicht berechtigt, seinen Sinn zu verändern, ohne damit wiederum vor das Volk zu treten.
Wir werden in unserer prinzipiellen Haltung, die wir im Juli zum Ausdruck gebracht haben, noch bestärkt, wenn wir heute den vorläufigen Text der Vereinbarung lesen, der uns übermittelt wurde. Im Text werden alle Forderungen der Kommission gutgeheißen, damit sie nach eigenem Gutdünken Mittel für angebliche Pilotvorhaben, vorbereitende Maßnahmen und andere punktuelle oder sogar dauerhafte Maßnahmen binden kann, wobei für die letzte Kategorie von Maßnahmen noch nicht einmal ein Höchstbetrag festgelegt wurde.
Dieser Vorschlag für eine Vereinbarung ist unserer Meinung nach untragbar, und wir fordern den Rat auf, ihn abzulehnen.
Fabre‐Aubrespy (IEDN). – (FR) Herr Präsident, ich habe gegen diesen Bericht gestimmt, sowohl aus juristischen Gründen als auch aufgrund von prinzipiellen Erwägungen.
Den juristischen Grund habe ich bereits vor der Schlußabstimmung dargelegt. Der Vertrag sieht vor – ich möchte es noch einmal wiederholen –, daß eine doppelte Rechtsgrundlage vorhanden sein muß, bevor gemeinschaftliche Mittel gebunden werden können: eine Haushaltsbasis, d. h. die Einsetzung in den Haushalt der Gemeinschaft; und eine juristische Basis, d. h. die Annahme eines Rechtsaktes des abgeleiteten Rechts.
Der Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 12. Mai daran erinnert. Er hat diese Notwendigkeit nur für nichtsignifikante Maßnahmen ausgeschlossen. Er war der Auffassung, daß zeitlich befristetete Maßnahmen und Maßnahmen mit begrenzten Mitteln keine nichtsignifikanten Maßnahmen sein können. Der Vorschlag der interinstitutionellen Vereinbarung steht nicht im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs. Er sieht Pilotvorhaben experimenteller Natur sowie vorbereitende und punktuelle Maßnahmen vor. Wie mein Kollege, Herr George Berthu, bereits betont hat, kann man sich sehr wohl punktuelle Maßnahmen vorstellen, bei denen es um hohe Beträge geht und die ohne Rechtsgrundlage möglich sind.
Zweitens gibt es prinzipielle Erwägungen. Die Frage nach dem Prinzip ist sehr einfach. Wir können nicht weiterhin eine Europäische Union auf der Basis von interinstitutionellen Vereinbarungen haben, wie es heute der Fall ist. Es werden zwar Verträge eingefordert, man verlangt vom Parlament, daß es diese Verträge ratifiziert, verweigert es aber der Bevölkerung, ihre Meinung zu diesen Verträgen kundzutun, indem wir interinstitutionelle Abkommen abschließen, die weder dem Volk noch den nationalen Parlamenten vorgelegt werden. Auf diese Weise ergänzt, modifiziert und verändert man die Verträge.
(Beifall)
‐Echelon‐System
Crampton (PSE), schriftlich.‐ (EN) Das ausgezeichnete STOA‐Arbeitspapier – An appraisal of technologies of political control – hat anscheinend nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die es verdient: sicherlich nicht von der Kommission, die jegliche Kenntnis von Vereinbarungen leugnet, obwohl doch bekannt ist, daß die Mitgliedstaaten der EU 1995 eine Absichtserklärung unterzeichnet haben, die allerdings weiterhin unter Verschluß gehalten wird. Darüber hinaus habe ich den Eindruck, daß nur die Fraktion der Grünen dieses Problem wirklich versteht.
Die wichtigste Sammelstelle der Vereinigten Staaten für Informationen in der EU ist der Stützpunkt des Geheimdienstes in Menwick Hill in North Yorkshire, England. Dieser Stützpunkt wurde 1948 auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen der britischen Regierung und den Vereinigten Staaten eingerichtet, um u. a. die Mitteilungen zwischen West‐ und Osteuropa und, während des kalten Krieges, den Austausch von Informationen innerhalb Osteuropas zu überwachen.
Viele Stützpunkte der USA sind zwar seit Ende des kalten Krieges geschlossen worden, aber Menwick Hill wurde beträchtlich ausgebaut. Im Moment werden dort neue Sicherheitsvorkehrungen getroffen. In Anbetracht seiner leistungsfähigen Überwachungssysteme deutet alles darauf hin, daß die Militärspionage zwar weitergeführt wird, daß aber auch ein großer Teil der Überwachung auf Privat‐ und Geschäftsgespräche entfällt. Daraus resultiert angeblich ein großer kommerzieller Vorteil, der dazu benutzt wird, US‐Firmen im internationalen Wettbewerb einen Vorteil gegenüber europäischen Firmen zu verschaffen.
Die Aktivitäten auf dem Stützpunkt von Menwick Hill unterliegen keinerlei demokratischen Rechenschaftspflicht, und in Anbetracht aller Beweise sollte er meiner Ansicht nach unverzüglich geschlossen werden.
Rübig (PPE), schriftlich . – Eine Klärung durch UCLAF ist dringend notwendig. Transparenz Grundlage.
Theonas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Es versteht sich wohl von selbst, daß die beiden größten Handels‐ und Wirtschaftsmächte der Welt in einen Dialog treten können und müssen. Es stellt sich jedoch die Frage, unter welchen Bedingungen, mit welchen Zielen und zu wessen Nutzen.
Es kann nicht angehen, daß der Entwurf für ein Abkommen vom Rat abgelehnt wird, daß bestimmte Länder sogar öffentlich machen, daß sie ein Veto gegen seine Annahme eingelegt haben, da es in grundsätzlichem Widerspruch zu den Interessen der europäischen Länder steht, und daß nach nur wenigen Monaten dieser Entwurf unter dem Druck der USA und des Großkapitals angenommen wird, wobei im Grunde nur der Titel des Abkommens geändert wurde.
Es kann nicht angehen, daß Organisationen, die von der Gemeinschaft selbst finanziert werden, eine weitgehende Überwachung und Bespitzelung des wirtschaftlichen und privaten Lebens der Bürger der EU und der Telekommunikationsund elektronischen Systeme ihrer Organe feststellen, und zwar durch das Echelon‐System, das in die weltweiten Telekommunikationssysteme eindringt; es kann nicht angehen, daß die Informationen, die auf diese Weise erlangt werden, zum Nutzen der USA verwendet werden, wie beispielsweise im Fall der GATT‐Verhandlungen, und daß die Kommission behauptet, ihr wären keine derartigen Vorwürfe bekannt.
Es kann nicht angehen, daß die EU ein Abkommen mit den USA unterzeichnet, das angeblich die Interessen der europäischen Unternehmen gegenüber der extraterritorialen Gesetzgebung der USA schützt, beispielsweise gegenüber dem Helms‐BurtonGesetz, bei dem es um Sanktionen gegen Unternehmen geht, die gegen das von den USA gegen Kuba verhängte Wirtschaftsembargo verstoßen, und daß Frau Albright im Kongreß genau das Gegenteil verkündet, daß also Europa der Gesetzgebung der USA unterliegen würde.
Auf diesen fortgesetzten Druck der USA und der Großinteressen reagiert die Europäische Union mit ständigen Zugeständnissen und gehorcht auf diese Weise selbst genau jenen Monopolinteressen.
Auf die unzulässige Überwachung der elektronischen und Telekommunikationssysteme und allgemein der Instrumente des digitalen Netzes der Verbunddienste durch die USA reagiert die Europäische Union laut vorliegender Informationen mit der Entscheidung, in Zusammenarbeit mit dem FBI ein entsprechendes System zu schaffen, außerhalb und weitab von jeder demokratischen Kontrolle und ganz offensichtlich in Verletzung selbst der Richtlinie über den Schutz natürlicher Personen bezüglich der Verarbeitung personenbezogener Daten.
Ziel eines jeden Dialogs sollte die Entwicklung zum Nutzen der Werktätigen sein, die Festigung und Erweiterung ihrer demokratischen und Arbeitnehmerrechte sowohl in der Europäischen Union als auch in den USA, und zwar unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der eine der wichtigste Partner des anderen ist, sowohl im Handel wie in den Investitionen.
Leider ist dies jedoch nicht möglich, denn beide Seiten sind Vorkämpfer des weltweiten kapitalistischen Systems und des Angriffs, die dieses gegen die Werktätigen gestartet hat, und so gesehen ergänzt das lancierte Abkommen nur die Mechanismen zur Erreichung dieser Ziele und ihrer Bestrebungen. Ein typisches Beispiel sind auch die Forderungen nach einem verstärkten Schutz von Investitionen durch die Annahme grundlegender Prinzipien wie Enteignung und Entschädigung in dem diesbezüglichen Memorandum über ein Abkommen zwischen den USA und der Europäischen Union, das sogar versucht, noch dem Multilateralen Investitionsabkommen im Rahmen der OECD vorzugreifen, das auf Grund der gewaltigen Reaktionen, die es hervorgerufen hat, noch nicht angenommen wurde.
‐Bericht Campoy Zueco (A4‐0235/98)
Pinel (NI). – (FR) Herr Präsident, das Thema Abfälle ist von wesentlicher Bedeutung für die Volksgesundheit. Ein Land, das mit seinen Abfällen nicht nach ökologischen Gesichtspunkten verfahren kann oder will, wird mit verschmutzten Gewässern konfrontiert, mit einer Luft voller Giftstoffe, die aus mangelhaften Verbrennungsanlagen stammen. Die Bevölkerung in einem solchen Land wird die geballte Ladung dieser Giftstoffe obendrein über die Nahrung aufnehmen. Denn neben spongiformer Enzephalophathie, Hormonen und Genmanipulationen muß man zum Beispiel auch mit Dioxinen und anderen chlororganischen Verbindungen rechnen, die zunehmend in die Nahrungskette gelangen.
In dieser Hinsicht muß die Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft, wenn sie denn schon selbstverständlich zu sein scheint, sehr strengen gesundheitlichen Normen gerecht werden, um so mehr, da diese Schlämme oftmals mit Schwermetallen und anderen schädlichen Stoffen belastet sind.
Der Berichterstatter ist also zu Recht beunruhigt über eine zu große Nachgiebigkeit auf seiten der Mitgliedstaaten. Wie kann er aber Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten vorsehen, wenn es dem Gemeinschaftsrecht – wie er selbst zugibt – an Transparenz und Geschlossenheit mangelt? Die Rolle der Kommission muß darin bestehen, beratend tätig zu sein und Instrumente zum Erreichen einer gewissen Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten zur Verfügung zu stellen, aber es ist nicht ihre Aufgabe, politischen und steuerlichen Interventionismus zu betreiben.
Diese Idee verfälscht den Sinn dieses Berichts ein wenig, und das ist meines Erachtens ausgesprochen schade!
Malone (PSE). – (EN) Herr Präsident, ich möchte nur bemerken, daß es wenig Sinn hat, seine Zeit darauf zu verwenden, über Umweltgesetze zu diskutieren und sie anzunehmen, wenn sie dann später nicht umgesetzt werden. Wir wissen, daß es in diesem Bereich nur ein sehr geringes Maß an Harmonisierung gibt, was für den Binnenmarkt von entscheidender Bedeutung ist. Ist es nicht höchst erstaunlich, daß der Binnenmarkt hinsichtlich der zollfreien Verkäufe mit geradezu frenetischer Entschlossenheit umgesetzt wird, während auf diesem Gebiet gar nichts geschieht? Man kann sich nur wundern.
In meiner kurzen Redezeit möchte ich auch eine Bemerkung korrigieren, die gestern im Plenum von einer Kollegin aus meinem Wahlkreis, Frau McKenna, geäußert und heute von der Irish Times gedruckt wurde. Meines Wissens bezieht sich die Studie im Magazin Lancet über Gefahren für schwangere Frauen, die in der Nähe von Mülldeponien leben, auf Deponien, wo gefährliche Abfälle und Giftmüll gelagert werden und kein Normalmüll. In dieser Hinsicht haben sich die irische Regierung und Behörden nichts zuschulden kommen lassen. Viele im Bericht enthaltene Aussagen über Irland sind sogar veraltet.
Zur Zeit gibt es nur zwei schwebende Verfahren gegen die irische Regierung. Eines davon bezieht sich auf die Bereitstellung von Abfallbewirtschaftungsplänen (ähnliche Klagen sind auch gegen andere Mitgliedstaaten erhoben worden). Die irischen Pläne werden im Moment überarbeitet und können bald vorgelegt werden. Also ist es wahrscheinlich, daß diese Klage fallengelassen wird.
Das zweite schwebende Verfahren gegen die irische Regierung betrifft das Versäumnis, der Kommission Informationen über Anlagen mit gefährlichen Abfällen zukommen zu lassen. Wiederum hat mir die Kommission zugesichert, daß diese Angelegenheit nun angegangen wird, und wahrscheinlich wird das Verfahren eingestellt.
Abschließend möchte ich die irischen Behörden dringlich dazu auffordern, die entsprechenden Mängel unverzüglich zu beseitigen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Recyclinganlagen und der Tatsache, daß in Irland Agrarabfälle nicht als Abfälle betrachtet werden, so daß wunderschöne Seen – wie zum Beispiel die Lakes of Killarney – voll mit Phosphaten etc. sind und Fische sterben, weil die Agrarabfälle in diese Seen geleitet werden. Ich würde mir wünschen, daß die Behörden etwas gegen die Tatsache tun, daß wir immer noch eine Mülldeponie bei Rogerstown im Norden des County Dublin haben, einer Gegend, die einen natürlichen Lebensraum für Vögel und andere Tiere bietet.
Ahern (V), schriftlich. – (EN) Ich bin tief besorgt über die schwelende Abfallkrise in Irland. Im Moment klagt die EU gegen Irland, weil versäumt wurde, einen angemessenen nationalen Abfallbewirtschaftungsplan umzusetzen und insbesondere angemessen mit gefährlichen Abfällen umzugehen. Irland hat nicht die nötigen Maßnahmen ergriffen. Die EU verlangt nun eine gründliche Überprüfung und einen nationalen Plan über gefährliche Abfälle sowie einzelne Pläne der örtlichen Behörden. Wieder einmal hinkt Irland hinterher.
Im Vereinigten Königreich sind Untersuchungen über giftige und gefährliche Abfälle angestellt worden, die aufzeigen, daß schwangere Frauen auch dann gefährdet sind, wenn sie in einem Umkreis von zwei Meilen von einer Deponie mit gefährlichen Abfällen leben. Bei im Umkreis von zwei Meilen um eine Mülldeponie mit gefährlichen Abfällen geborenen Babys besteht ein hohes Risiko, daß sie behindert zur Welt kommen. Bei Kindern, deren Mütter in der Nähe von Industriemülldeponien leben, sind Mißbildungen und Krankheiten wie Spina bifida, ein Loch im Herzen und ein nicht einwandfrei funktionierender Blutkreislauf festgestellt worden. Irland hat offiziell gefährliche Abfälle exportiert. Es sind jedoch auch im ganzen Land illegal gelagerte Abfälle gefunden worden, und die Kommission wird die Beschwerden untersuchen.
Die wichtigste Frage ist: Wer wird für die höheren Kosten für die Abfallbeseitigung bezahlen, wenn sich die Schlinge der EU um den Hals Irlands enger zieht? Wenn der Umweltverschmutzer bezahlt, so würde dies eine Revolution bedeuten, bei der die Abfälle reduziert würden und das Recycling die wichtigste Rolle spielen würde. So würde der Bedarf an Mülldeponien auf 20 % gesenkt.
In diesem Zusammenhang wird die laxe Einstellung dieses Landes hinsichtlich der Durchführung der Abfallgesetze angeklagt. Unser “grünes” Image wird untergraben. Die Landwirtschaft ist zum großen Teil verantwortlich für die Verschmutzung von Flüssen und Seen in Irland, und doch sind die Agrarabfälle in früheren Abfallbewirtschaftungsplänen außer acht gelassen worden. Die Kommission ist sich dessen sehr wohl bewußt. Ein kürzlich vorgelegter Plan für County Waterford ließ die Bewirtschaftung von ca. 1 Million Tonnen Agrarabfällen pro Jahr außer acht. Während sich die irische Regierung um die Gesetze herumdrückt, wird der Müllberg immer größer und zerstört unsere Umwelt.
Die Kommission hat eine Frist für die Einreichung von Berichten bis September 1998 gefordert. Wird Irland diese Frist einhalten oder müssen Geldstrafen verhängt werden?
Bonde und Sandbæk (I‐EDN), schriftlich. – (DA) Mit großem Bedauern stellen wir fest, daß das europäische Abfallverzeichnis noch von keinem Mitgliedsland in die nationalen Rechtsvorschriften übernommen worden ist und daß die Definitionen von Abfall deshalb unterschiedlich ausfallen und große Schlupflöcher bei der Durchführung nachhaltiger Umweltgesetze offenlassen. Es ist insbesondere bedauerlich, daß die Mitgliedstaaten die beschlossene gemeinsame Abfallpolitik mit Hilfe der vier betreffenden Richtlinien nicht effektiver verfolgen und auch ihrer Berichtspflicht gegenüber der Kommission nicht nachkommen.
Die einzelnen Mitgliedstaaten unterlassen es also, wesentliche Umweltprinzipien zu befolgen und eine Abfallpolitik zu unterstützen und durchzuführen, die dem Wohlergehen und der Gesundheit der Menschen dient. Wir begrüßen es deshalb, daß die Europäische Umweltagentur die Möglichkeit erhält, die nötigen Daten zur Umsetzung der gemeinsamen Politik der Abfallbewirtschaftung in den einzelnen Staaten zu sammeln, wenn diese komparativen Analysen die Kodifizierung der europäischen Abfallpolitik fördern können.
Trotzdem stehen wir diesem Bericht sehr kritisch gegenüber. Zum einen sind wir nicht der Meinung, daß Abfall als Ware angesehen werden kann, mit der über die Grenzen hinweg Handel getrieben und die daher als Teil des Binnenmarktes reguliert werden kann. Abfallpolitik ist in Wirklichkeit eine Umweltangelegenheit und darf deshalb nur als Umweltpolitik behandelt werden. Im Bericht wird zum einen in Ziffer 3 die Regulierung über eine Verordnung gefordert, statt wie bisher über eine Richtlinie. Das ist weder der richtige Weg zur Verwirklichung der gemeinsamen Umweltpolitik noch zu einer prinzipiell effektiveren, engagierteren und demokratischeren Gemeinschaftspolitik.
Durch Verordnungen, die in den einzelnen Mitgliedsländern eine direkte gesetzgebende Wirkung haben, werden den nationalen Parlamenten Kompetenzen entzogen. Ihnen wird Einfluß auf Entscheidungen über die konkrete nationale Umsetzung des gemeinschaftlichen Rechtsakts genommen. Diese Übertragung der Gesetzgebungskompetenz von den vom Volk gewählten Organen auf die EU‐Kommission können wir nicht billigen. Eine echte und verantwortungsvolle Umweltpolitik kann nicht durch Gesetze erzwungen werden – dann hätten weit mehr Mitgliedstaaten ihre Verpflichtungen erfüllt –, sondern sie verlangt eine grundlegende Änderung der Einstellung. Eine gemeinsame Umweltpolitik ist zwar notwendig, aber nicht ausreichend.
Caudron (PSE), schriftlich. – (FR) Zunächst möchte ich unseren Kollegen zur Klarheit und Offenheit seines Berichts beglückwünschen. Eine solche Offenheit ist insgesamt gesehen recht selten, so daß sie unterstrichen werden sollte. Ich möchte mich den von Luis Campoy Zueco formulierten Forderungen anschließen und nochmals einige Tatsachen im Umweltbereich ansprechen.
Die mangelnde Bereitschaft der Mitgliedstaaten, die Richtlinien über die Abfallbewirtschaftung umzusetzen, geht leider über den Bereich der Umwelt hinaus. Auch ich möchte meine Entrüstung darüber zum Ausdruck bringen, daß unsere Regierungen zwar viele Absichtserklärungen abgegeben haben, daß ihre Maßnahmen aber weit hinter diesen Absichtserklärungen zurückbleiben.
Eine Liste mit solcherlei Verstößen führt im übrigen zu gar nichts. Unsere Exekutiven müssen jetzt, am Ende dieses Jahrhunderts, dringend berücksichtigen, was für unsere Umwelt auf dem Spiel steht. Ich habe es bereits gesagt, und ich möchte nochmals wiederholen, daß wir diese Probleme nicht ewig auf die zukünftigen Generationen abwälzen können. Die Bedrohung ist sehr real und besorgniserregend.
Darüber hinaus befürworte ich die Forderungen des Berichterstatters, die sich auf die endgültige Definition des Begriffs der Abfälle und auf die Maßnahmen beziehen, die notwendig sind, um den widerspenstigen Mitgliedstaaten entgegenzutreten. Ich bin im wesentlichen auch mit den Analysen und Vorschlägen unseres Kollegen einverstanden.
Abschließend möchte ich bemerken, daß ich mit bestimmten steuerlichen Anreizen einverstanden bin, daß wir aber dadurch Gefahr laufen, in eine Situation zu geraten, in der aufgrund geringerer Haushaltsmargen eine deutliche Blockierung entsteht. Man kann jedoch zu Recht hoffen, daß die Umweltpolitik in den kommenden Jahren besonders intensiv sein wird. Für diesen Bereich gilt das gleiche wie für andere Gebiete, nämlich daß wir Mut beweisen müssen: Wir müssen denen, die gegen das Gesetz verstoßen, helfen, das ist klar, aber zunächst müssen wir sie bestrafen.
Lis Jensen und Krarup (I‐EDN), schriftlich. – (DA) Trotz der guten Absichten im Bericht von Herrn Campoy Zueco und trotz der im Bericht behandelten kritischen Zustände können wir ihn nicht unterstützen. Wir meinen, daß der Bericht Campoy Zueco das grundlegende Problem der EU berührt, nämlich, daß die EU keine gesetzgeberische Legitimität besitzt. Das heißt, daß die Mitgliedsländer die Rechtsvorschriften der EU oft nicht beachten, obwohl sie selbst an den Beschlüssen mitgewirkt haben.
Der Bericht Campoy Zueco beschäftigt sich mit Verstößen gegen EU‐Vorschriften zur Abfallbewirtschaftung. Auch wir sind entschieden der Meinung, daß es verwerflich ist, wenn EU‐Länder – und im übrigen auch andere Länder – eine nachlässige Abfallbewirtschaftung betreiben, zum Nachteil für ihre eigenen Bürger, für die nationale und die globale Umwelt. Wir möchten daher alle Länder auffordern, nicht zuletzt die Industrieländer, ihre globale Verantwortung für die Umwelt ernst zu nehmen, auch in bezug auf die Abfallbewirtschaftung.
Wir sind der Ansicht, daß der Vorschlag im Bericht Campoy Zueco über eine erweiterte Rolle für die Kommission und den EG‐Gerichtshof im Verhältnis zu den Mitgliedsländern nicht viel weiterhelfen wird. Diese Vorschläge sind nicht geeignet, die Legitimität der EU gegenüber den Bürgern der EU‐Länder zu verbessern. Das beste Mittel, um den Willen der Länder zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die Umwelt zu fördern, ist die Stärkung der nationalen und lokalen Demokratie, so daß die Bürger selbst dafür sorgen können, daß die gewählten Behörden ihre Verantwortung ernst nehmen. Wir brauchen nicht mehr Management auf oberster EU‐Ebene, wir brauchen mehr Demokratie.
Souchet (I‐EDN), schriftlich. – (FR) Die Abfallbewirtschaftung ist von so großer Bedeutung für die Wirtschaft und die Umwelt, daß eine Intensivierung unserer Bemühungen unbedingt notwendig ist.
Zunächst möchte ich im Namen der Fraktion der Unabhängigen für das Europa der Nationen bemerken, daß es die Kommission absichtlich unterlassen hat, den Begriff “Abfälle” im Zusammenhang mit der Europäischen Union zu definieren, bevor der Binnenmarkt eingerichtet wurde und die Zölle im kommerziellen Handel aufgehoben wurden. Die verschiedenen Auslegungen des Begriffs “Abfälle” in den Mitgliedstaaten haben dazu geführt, daß gefährliche “Abfälle” in die nachgiebigeren Mitgliedstaaten umgeleitet werden. Dies ist einer der wichtigsten Gründe dafür, daß sich ein gewisser Handel mit gefährlichen “Abfällen” entwickeln konnte.
Unsere Fraktion hat zwei Änderungsanträge bezüglich der Ökosteuern eingebracht. Seit einigen Jahren haben die Ökosteuern auf Verpackungen immer mehr zugenommen. Gerade in diesem Bereich ist es notwendig, daß die Kommission alle von den Mitgliedstaaten festgelegten Bestimmungen auf Gemeinschaftsebene koordiniert. Nur allzu oft sind Ökosteuern festgelegt worden, um reale Handelshemmnisse für den Binnenmarkt zu schaffen. Dies können wir nur verurteilen. In Deutschland und Frankreich ist ein gemeinsames Logo geschaffen worden (der Grüne Punkt), der alle Verkäufer von verpackten Endprodukten in diesen Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, zur Lösung der von den Abfällen verursachten Umweltprobleme beizutragen und dafür einen Beitrag zu zahlen. Diese Art von einfachem, klarem und effizientem System muß verallgemeinert werden. Gleichzeitig müssen wir uns gegen Systeme in anderen Mitgliedstaaten wie zum Beispiel in Belgien stellen, die nur darauf abzielen, die nationale Produktion zu begünstigen, indem sie besonders langwierige und entmutigende administrative Verfahren schaffen.
Abschließend möchte ich bemerken, daß die Fraktion der Unabhängigen für das Europa der Nationen allgemein bedauert, daß die bestehenden europäischen Umweltgesetze im Bereich der Abfälle so kompliziert sind. Es gibt zwanzig verschiedene Rechtsakte zu dieser Frage. Dies läuft dem Grundsatz der Transparenz zuwider, um so mehr, als der Begriff “Abfälle” in jedem Mitgliedstaat anders definiert wird. Folglich fordern wir die Kommission auf, ihrer Rolle gerecht zu werden, anstatt sich ständig und bei allen Themen das politische Initiativrecht anzumaßen, was ihr nicht zusteht. Es ist Aufgabe der Kommission, auf einem so wichtigen Gebiet wie der Abfallbewirtschaftung im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Koordinierung und Vereinfachung der Gesetze sicherzustellen. Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn unser Parlament sie an diese Aufgabe erinnerte.
‐Bericht Mohamed Alí (A4‐0167/98)
Martinez (NI). – (FR) Herr Präsident, wir sind alle mit unserem Kollegen Mohamed Alí einer Meinung: Averroes ist mit gleichem Recht ein großer Mann wie der arabische Geschichtsschreiber Ibn Khaldun der arabische Montesquieu. Wenn man Maimonides und dem katalanischen Philosophen Raimundus Lullus Glauben schenkt, so könnte Avarroes vielleicht der Mann sein, der die Streitschrift “Die drei Betrügereien” verfaßt hat: der hebräische Betrug, der christliche Betrug und der muslimische Betrug.
Die Erwähnung dieses brillanten Denkers, dieses Freigeistes im Zusammenhang mit dem neuen Dogma der pluriethnischen Gesellschaft oder der abgeschmackten Forderungen nach dem Schutz der Menschenrechte verfälscht die Geschichte. Wir sind alle damit einverstanden, daß eine Universität oder der Mittelmeerraum, der diese fördert, den achthundertsten Todestag von Averroes feiert, ja, aber es ist doch erstaunlich, wie man diesen großen Geist in den Dienst einer arroganten und brutalen Einwanderungspolitik stellen kann. Kann man sich Averroes denn vorstellen, wie er in Córdoba ein Rap‐Konzert besucht, wie er in der Vorstadt mit Drogen handelt oder wie er am Steuer eines umfrisierten BMW auf den Straßen Touristen erpreßt?
Gibt es in Wahrheit zwei moslemische Welten? Die Welt des Al Mansur hat den Westen aufgrund ihrer intellektuellen Überlegenheit beherrscht, aber die muslimische Welt von heute beherrscht uns aufgrund der hinzugekommenden Barbarei.
Mißbrauchen wir Avarroes also nicht als Vater der Taliban, als Vater des Dschihad. Denn wenn er heute gelebt hätte, wäre von einer islamischen theologischen Autorität eine Fatwa ergangen, und die gleichen Muslime, in deren Dienst wir Avarroes heute stellen wollen, hätten ihm die Halsschlagader durchgeschnitten.
Flemming (PPE). – Herr Präsident! Ich habe gegen den Mohamed Alí‐Bericht gestimmt, aber nicht, weil ich den Intentionen des Berichts nicht voll und ganz folgen könnte. Ich glaube nur, daß ein Bericht, der so kurz ist, daß er das Thema nur oberflächlich streift, diesem diffizilen Thema, dem wir uns gegenübersehen, einfach nicht gerecht werden kann.
Es gibt vieles in dem Bericht, das ich voll und ganz unterstützen kann, z.B. die Darstellung der Situation der Frauen im Islam, aber es gibt auch Teile, denen ich nicht zustimmen kann. Ich glaube nur, es hat keinen Sinn, ein so heikles, diffiziles, großes und wichtiges Thema mit einem Bericht dieser Art abdecken zu wollen. Das ist der falsche Ansatz.
Berthu (I‐EDN), schriftlich. – (FR) Das Europäische Parlament hat gerade den Bericht von Herrn Mohamed Alí angenommen, in dem gefordert wird, daß Europa den achthundertsten Todestag von Ibn Rushd (Averroes) feiert, einem Philosophen des XII. Jahrhunderts, der eine liberale Auffassung des Islam vertrat.
Dieser Bericht wird von einer recht ungewöhnlichen Begründung begleitet, in der Averroes folgendermaßen vorgestellt wird: “Die Persönlichkeit, um die es hier geht, wurde im Jahr 520/1126 geboren und trug den Namen Abu‐L Walid Muhammad Ibn Ahmad Ibn Rushd, was vielleicht erklärt, weshalb wir seit dem Mittelalter den viel kürzeren Namen Averroes vorziehen, so wie wir auch den anderen großen islamischen Philosophen, Ibn Sina, gewöhnlich Avicenna nennen” ... „wird der Berichterstatter zunächst versuchen, Sie mit Averroes vertraut zu machen, indem er Sie ... ins Kino führt, um “Das Schicksal” von Youssef Chahine zu sehen. Die wunderschönen Bilder, begleitet von Musik und Tanz, werden Ihnen helfen, die Geschichte von Al Mansur, dem Wesir von Córdoba, Scheich Riad und Averroes zu verfolgen. Nur wenige von denen, die den Film gesehen haben, wußten vorher etwas über das Leben des Kadis von Córdoba, der auch Arzt der Emire Yussuf und Al Mansur und Philosoph war – angegriffen von den Anhängern der strengen religiösen Orthodoxie, in Ungnade gefallen, ins Exil geschickt, später rehabilitiert, beschließt er seine Tage am 10. Dezember 1198 als erster Arzt am Hofe von Marrakesch und als Spanier, der in bezug auf das menschliche Denken in der Geschichte sehr tiefe Spuren hinterlassen hat.”
Der vom Parlament angenommene Text ist auch sonst von ähnlicher Art, denn bereits in der ersten Erwägung heißt es: “die europäische Gesellschaft basiert auf plurikulturellen, pluriethnischen und plurireligiösen Fundamenten, die wesentliche Elemente ihres zivilisatorischen Erbes und ihrer mehrdimensionalen Identität darstellen ...” Leider muß ich sagen, daß ich mit diesen Behauptungen nicht einverstanden bin. Die Gesellschaften der Länder Europas sind zwar heute sicherlich unterschiedlich, aber sie verfügen über weitreichende Gemeinsamkeiten, die sich aus ihrer christlichen Identität ergeben und, in ferner Vergangenheit, aus ihren keltischen, gallischen, romanischen, griechischen oder germanischen Wurzeln. Selbst wenn mehrere Religionen zu unserem gemeinsamen europäischen Hintergrund beigetragen haben, so kann man diese Beiträge deshalb noch lange nicht auf die gleiche Stufe stellen. Und besonders der Islam hat eher einen negativen als einen positiven Beitrag zu unserer Identität geleistet.
Auf dieser Grundlage muß ich leider sagen, daß im Bericht Mohamed Alí unsere Identität verkannt wird. In der Schlußfolgerung werden außerdem noch abwegige Vorschläge genannt wie der Appell an die Mitgliedstaaten der Union, die berufliche und wissenschaftliche Ausbildung der Imame und anderer religiöser Führer in Europa zu begünstigen. Man kann die Bestrebung des Berichterstatters um Gleichheit nur bewundern, die ihn dazu veranlaßt hat, neben den Imamen auch die anderen religiösen Führer zu erwähnen. Trotzdem müssen wir auch hier widersprechen, denn unsere Regierungen können nicht die Aufgabe haben, mit Hilfe von Steuern Religionen zu finanzieren, die oftmals auf fundamentale Weise den Grundsätzen unserer Demokratie widersprechen.
Blot (NI), schriftlich. – (FR) Averroes war ein brillanter Gelehrter. Er ist gleichzeitig das Symbol eines Mißerfolgs: Es ist nicht gelungen, die griechische Philosophie mit dem Islam zu vermischen. Dies ist eine Lektion, die all diejenigen lernen müssen, die von einem veränderten, säkularisierten Islam träumen, dem die Ideologie der Menschenrechte beigemischt ist. Meiner Ansicht nach wird der Islam seinen eigenen Prinzipien treu bleiben.
Ich glaube allerdings auch, daß die Konzepte Europas anders sind. Sie sind von der griechischen Philosophie und der christlichen Religion geprägt. Aristoteles hat im Westen mehr Erfolg gehabt als Averroes in der Welt des Islam. Aristoteles erklärt jedoch in seiner Schrift “Politik”, daß es keine demokratische Polis ohne kulturelle Homogenität geben kann und daß eine unverhältnismäßige Einwanderung die Polis zerstören kann. Folgen wir seinem Beispiel. Was die in Europa lebenden Muslime betrifft, so müssen sie ihre Religion in Würde und fernab der Öffentlichkeit ausüben dürfen.
Der Islam hat in der europäischen Öffentlichkeit keinen Platz. Dies dient seinem eigenen Interesse, damit er rein und unverfälscht bleibt, und auch unserem Interesse. In anderen Wortbeiträgen wird möglicherweise auf demagogische Weise die Vermischung der Religionen gefordert. Mit den besten Absichten. Die Geschichte zeigt jedoch, daß dies nicht funktioniert. Aus diesem Grunde hat Averroes mehr Erfolg im Westen gehabt als in der islamischen Welt. Mit Mut und Weitsicht sollten wir daraus unsere Lektion lernen.
Féret (NI), schriftlich. – (FR) Unser Kollege Mohammed Alí hat ganz allein ein Kind bekommen. Sein Initiativbericht, der vor zwei Jahren verfaßt wurde, hat das Licht der Welt erblickt. In meinem Heimatdorf, an der Grenze zwischen Belgien und Frankreich, sagt man von einer schwangeren Frau, deren Schwangerschaft länger dauert als normal, daß sie einen Esel gebären wird.
Obwohl es 24 Monate lang ausgetragen worden ist, finde ich es recht armselig, dieses neugeborene Baby, das uns heute vorgestellt worden ist. Der Berichterstatter stellt uns Abu‐l Walid Muhammad Ibn Ahmad Ibn Rushd als Averroes vor, das Bindglied zwischen dem Islam und der griechisch‐römischen Zivilisation. So stellt er eine verlogene Hypothese auf, damit wir einige seiner Behauptungen leichtgläubig hinnehmen.
Ich möchte nochmals drei Tatsachen nennen. Zunächst fallen Religionsfragen nicht in den Zuständigkeitsbereich dieses Parlaments. Deshalb hätte dieser Bericht niemals vorgelegt werden dürfen. Außerdem wurde Averroes einerseits vom Islam abgelehnt und andererseits aufs heftigste von den christlichen Theologen kritisiert. Und drittens kann man nicht von Toleranz reden, wenn die Moscheen in Europa wie Pilze aus dem Boden sprießen, obwohl dies nicht für christliche Kirchen in den islamischen Ländern gilt.
Leperre‐Verrier (ARE), schriftlich. – (FR) Ein Gedenktag anläßlich des achthundertsten Todestages des Visionärs und Philosophen Averroës würde der Europäischen Union die Gelegenheit geben, über ihre Verbindungen mit dem Islam und den Muslimen nachzudenken, denn dieser Austausch ist nur allzu oft von gegenseitigem Mißtrauen und Unverständnis geprägt.
Auf der Grundlage des modernen und humanistischen Gedankenguts von Averroës könnten wir ohne ideologische Voreingenommenheit über den Stellenwert der Muslime in Europa nachdenken. Die angemessenen Vorschläge, die unser Ausschuß für Kultur, Jugend, Bildung und Medien vorgelegt hat, sollten in jedem Mitgliedstaat in die Tat umgesetzt werden. Diese Vorschläge wären viel wirksamer als unsere panischen Sicherheitsbestrebungen, um dem Einfluß der Minderheit entgegenzuwirken, die es ablehnt, Religion und Moderne miteinander in Einklang zu bringen.
Bedauerlicherweise ist im Bericht zu wenig vom Prinzip der Trennung von Religion und Staat die Rede, obwohl dieses Prinzip doch die Möglichkeit schafft, religiöse Leidenschaften zu überwinden und sich in Toleranz zu üben.
Darüber hinaus hoffe ich, daß es in Zukunft angemessenere Maßnahmen geben wird, damit wir nicht nur die Rückkehr der Hoffnungslosigkeit aufgrund der Unberechenbarkeit der Fundamentalisten vermeiden können, sondern damit auch die Integration der nicht praktizierenden Muslime und all jener erleichtert werden kann, die den Islam fern der Öffentlichkeit praktizieren. Ich möchte daran erinnern, daß mehr als die Hälfte dieser zuletzt genannten Gruppe die Staatsbürgerschaft einer unserer Mitgliedstaaten besitzt.
Lindqvist (ELDR), schriftlich. – (SV) Ich kann vielen Vorschlägen zustimmen, aber dies ist keine Sache für die EU und das Europäische Parlament. Die beschriebenen Probleme müssen anders angegangen werden, was auch für ähnliche Fragen in anderen Religionen gilt.
Seillier (I‐EDN), schriftlich. – (FR) Wir haben gegen den Bericht unseres Kollegen Mohamed Alí über den Islam und den europäischen Averroes‐Studientag gestimmt. Dies geschah zunächst aufgrund des Subsidiaritätsprinzips: Jeder Mitgliedstaat sollte die Fragen im Zusammenhang mit den dort lebenden Muslimen selbst untersuchen, zumal jedes Land eine völlig unterschiedliche Geschichte und unterschiedliche Vorstellungen von der Integration und Trennung von Kirche und Staat hat. Was die Ziffer 12 c betrifft, so fällt es nicht in den Zuständigkeitsbereich des Staates, sich um die Ausbildung der Imame zu kümmern, selbst wenn der Verfasser des Berichts dies als berufliche und wissenschaftliche Ausbildung bezeichnet. Diese Wortwahl ist merkwürdig und einschränkend, ja sogar skandalös im Zusammenhang mit dem muslimischen Glauben. Die Ausbildung der Imame fällt in den Zuständigkeitsbereich der Muslime selbst, und es liegt an ihnen, von Imamen, die aus Saudi‐Arabien oder anderen islamischen Ländern nach Europa gesandt werden, Abstand zu nehmen oder diese abzulehnen.
Unser Kollege trifft nach langen Diskussionen im Ausschuß für Kultur, Jugend, Bildung und Medien eine Unterscheidung zwischen der Doktrin und dem Prinzip der Trennung von Kirche und Staat. Wir müssen uns daran erinnern, daß Jesus Christus im Evangelium die Grundlage für diese Trennung schuf: “Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.” Ich möchte auf keinen Fall die Ernsthaftigkeit dieser Haltung in Frage stellen, aber leider gilt sie nur für den Verfasser, der im übrigen nicht vorgibt, der Sprecher seiner Glaubensgenossen zu sein.
Darüber hinaus erhält der Berichterstatter in der Begründung eine Doppeldeutigkeit aufrecht. Er bringt einerseits in rein kultureller Hinsicht Forderungen zugunsten des Islam zum Ausdruck, andererseits zugunsten des Islams als Religion: Ist eine solche Unterscheidung in Anbetracht der holistischen Auffassung des Koran überhaupt möglich, für den der islamische Glaube untrennbar mit einer bestimmten Religionsausübung, einer Kultur und auch mit Politik und Gesetz, der Familie etc. verknüpft ist, was die Gläubigen nach Möglichkeit auch anderen aufzwingen sollen.
Deshalb können wir mehreren Forderungen, die Herr Mohamed Alí stellt, nicht zustimmen. Eine Forderung in Ziffer 11 f erscheint uns jedoch interessant, vorausgesetzt sie wird geändert. Wäre es nicht anstelle einer “euro‐islamischen Universität” angemessener – und der Averroës‐Studientag wäre hervorragend dafür geeignet –, in einem unserer Länder eine Universität zu schaffen, in der diese für unsere Gesellschaft so wichtigen Fragen erörtert werden: Wie sind Glaube, Religion und Politik miteinander verknüpft, und zwar aus der Sicht des Judentums, des Islam, des Katholizismus und der anderen christlichen Konfessionen, zum Beispiel im Rahmen ihrer Konfrontation mit dem Laizismus und der Freimaurerei. In welchem Verhältnis stehen Philosophie und Theologie aus der Sicht der verschiedenen Standpunkte?
Eine solche Initiative würde das Andenken Averroës würdigen, dessen Gedankengut zweifellos eine große Bedeutung für die europäischen Philosophen hatte. Leider sind seine Erkenntnisse in der eigentlichen muslimischen Welt noch nicht entsprechend gewürdigt worden.
Vaz da Silva (PPE), schriftlich. – (PT) Der Bericht Mohamed Alí ist ein Sinnbild dafür, was es bedeutet, Demokratie zu verwirklichen. Nach einem langen und schwierigen Gang durch die Ausschüsse und Fraktionen wurde dem Plenum nun ein Text vorgelegt, mit dem ein anfänglich unmöglich scheinender Konsens erzielt werden könnte. Er ist ein Beweis dafür, daß die demokratischen Grundsätze, auf die Europa sich stützt – Toleranz, Achtung der Freiheit und der Vielfalt – zu guten Ergebnissen führen. Sie sind immer gültig, sogar oder vor allen Dingen dann, wenn es notwendig ist, einen Dialog mit politisch‐ideologischen Systemen zu führen, die diese Werte nicht umsetzen.
Der Bericht Alí führt an, daß der Islam sich nicht mit dem Fundamentalismus identifiziert und sogar ganz im Gegenteil seinen Ursprung in den Grundsätzen der Toleranz hat. Es wird an die Europäische Union appelliert, ihren Beitrag zur Stärkung der liberalen Seite des Islam zu leisten und dessen politische und religiöse Bestimmungen im Bildungswesen zu berücksichtigen und den Einwanderern die Möglichkeit zu geben, mit ihrer eigenen Kultur zu leben. Ich unterstütze diesen Appell des Islam an Europa. Aus diesem Grund stimme ich für den Bericht. Es ist an der Zeit, daß Europa den Abstand und seine Passivität gegenüber dem Islam – als ob dieser Europa nichts anginge oder als ob dieser nicht bereits Teil davon wäre – überwindet.
Aber Europa muß auch an den Islam apellieren. Wenn es Muslime gibt, die Europa zu ihrer Wahlheimat gemacht haben, haben sich damit auch entschieden, gemäß der Grundsätze und Gesetze Europas zu leben. Sie können die Demokratie nicht dazu benutzen, diese abzulehnen.
Die bürgerlichen Freiheiten und das Verhalten im Privatbereich sind eine Sache, der öffentliche Bereich und die Sozialpraktiken sind eine andere Sache. Es wird von den Muslimen gefordert, in den Schulen keinen Tschador zu tragen, so wie es von den Europäern gefordert wird, beim Betreten einer Moschee die Schuhe auszuziehen und sich zu bedecken.
Ein wirkliches Zusammenleben verschiedener Kulturen erfordert seitens der Mitgliedstaaten der Europäischen Union:
‐ die gegenseitige Achtung und das Wissen über die einzelnen Kulturen,
‐ ein Leben nach den eigenen Werten im Privatbereich und im öffentlichen Leben gemäß der allgemeinen Grundsätze der Gesellschaft,
‐ die Schaffung einer offenen Atmosphäre und einer sozialen Dynamik, damit jeder Mensch jeglicher Rasse oder Glaubens sich der Gruppe, der er sich zugehörig fühlt, anschließen kann.
Die europäische Gesellschaft – und ich glaube dies im Fall der portugiesischen Gesellschaft, die ich besser kenne – ist schon heute äußerst vielfältig und multikulturell. Durch unseren bewußten Beitrag muß sie nun noch interkulturell werden.
Wolf (V), schriftlich. – Die „euro‐mediterrane Partnerschaft” ist nicht nur ein dringender Wunsch. Sie beruht auf einer historischen Realität, die leider immer noch insgesamt verdrängt ist. Der europäische Westen wäre heute immer noch nichts, wenn er sich nicht lange Jahrhunderte als Nachkömmling und „armer Verwandter” des reichen und zivilisierten Orients hätte entwickeln können. Dies gilt ganz spezifisch auch für den Islam, ohne dessen Kultur, Literatur und Philosophie weder das moderne „aufgeklärte” Europa möglich geworden wäre noch jenes „lateinische Mittelalter”, in dem sich wesentliche gesellschaftliche und geistige Voraussetzungen dafür überhaupt erst herausgebildet haben. Ohne die jüdische und arabische, talmudische und islamische Rezeption der antiken, vor allem aristotelischen Philosophie etwa, deren Schlüsselbegriffe wie die Univozität des Seins (Avicenna/Ibn Sina) und die Differenziertheit der Wahrheit (Averroës/Ibn Ruschd) von den führenden arabisch‐islamischen Philosophen stammen, hätte es weder die Hochscholastik gegeben noch die Renaissance noch die modernen Naturwissenschaften mit ihrem von Bacon und Descartes ausformulierten Selbstverständnis.
Die mit der frühen westeuropäischen Moderne historisch verbundene Verdrängung des entscheidenden Beitrags des islamischen Orients zur Konstitution sowohl des christlichen als auch des humanistischen Okzidents ist spätestens heute zur ideologischen Fessel für Wirklichkeitsverständnis und transkulturellen Dialog geworden. Alles, was dazu beiträgt, die Voraussetzungen für den überfälligen breiten Dialog mit der islamischen Welt zu schaffen und zu verbessern, können wir daher nur nachdrücklich unterstützen: Kolloquien, Hochschulen, Bildungsinhalte, gleiche religiöse Rechte, Gedenktage usw.
Anstatt weiter dem Phantom einer christlichen Identitätsbestimmung Europas nachzujagen, sollten wir uns endlich der Wirklichkeit öffnen – der multireligiösen und philosophisch pluralistischen Wirklichkeit unserer gemeinsamen Geschichte, der multikulturellen Wirklichkeit unserer Gesellschaften und der plurizentrischen Wirklichkeit der Großregion des Mittelmeerraumes, deren friedliche gemeinsame Entwicklung auch ein tragfähiges transkulturelles Verständnis füreinander erfordert.
(Die Sitzung wird um 13.35 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wiederaufgenommen.)
Eingereicht von den Abgeordneten Alan J. Donnelly und Erika Mann im Namen der PSE‐Fraktion, Valdivielso de Cué und Kittelmann im Namen der PPE‐Fraktion, Pasty, van Bladel und Pompidou im Namen der UPE‐Fraktion und Plooji‐van Gorsel im Namen der ELDR‐Fraktion zur Ersetzung der Entschließungsanträge B4‐0803/98, B4‐0805/98, B4‐0806/98 und B4‐00809/98 durch einen neuen Text.