Zum Portal des Europäischen Parlaments zurückkehren

Choisissez la langue de votre document :

 Index 
 Zurück 
 Vor 
 Vollständiger Text 
Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 16. September 1998 - Straßburg Ausgabe im ABl.

9. Fragestunde (Rat)

  Der Präsident . – Nach der Tagesordnung folgt die Fragestunde (B4‐0482/98). Wir behandeln die Anfragen an den Rat.

Anfrage Nr. 1 von John McCartin (H−0724/98):

Betrifft: Schengener Abkommen

Kann der amtierende Ratspräsident mitteilen, ob auf Ratsebene Verhandlungen mit der britischen und der irischen Regierung geführt worden sind, um diese beiden Staaten in das Schengener Abkommen einzubinden und damit auch den Bürgern dieser Staaten die Möglichkeit zu eröffnen, ohne Paßkontrollen reisen zu können?

Frau Ferrero‐Waldner, ich heiße Sie willkommen und bitte Sie, die Anfrage von Herrn John McCartin zu beantworten.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin. – Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Vereinigte Königreich und Irland sind im Rat in alle Verhandlungen voll eingebunden und nehmen an allen Ratsarbeitsgruppen teil, insbesondere was die Übernahme des Schengen‐Besitzstandes in den acquis der Europäischen Union und die Verhandlungen mit Island und Norwegen betrifft. Irland und das Vereinigte Königreich sind derzeit durch den Schengen‐Besitzstand nicht gebunden und werden es gemäß Artikel 4 Schengen‐Protokoll auch nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam nicht sein. Allerdings können sie es jederzeit beantragen, daß der Besitzstand ganz oder teilweise Anwendung finden soll. Ein derartiger Antrag liegt jedoch derzeit nicht vor.

  McCartin (PPE).(EN) Ich danke der amtierenden Ratspräsidentin für ihre Antwort. Die Schwierigkeit in Irland ergibt sich daraus, daß es bereits Freizügigkeit zwischen Irland, Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs gibt. Wenn Irland also das Schengener Abkommen ohne das Vereinigte Königreich ratifizieren würde, so würde die Freizügigkeit der Iren erneut eingeschränkt, was zu enormen Problemen führen könnte.

Ich gebe jedoch zu bedenken, daß die von beiden Ländern ratifizierte Einheitliche Europäische Akte alle Mitglieder, die sie ratifiziert haben, dazu verpflichtet hat, alle Grenzen bis zum 1. Januar 1992 abzuschaffen. In der Zwischenzeit konnten wir beobachten, daß andere Länder der Europäischen Union ihre eigenen Wege gegangen sind und die Einheitliche Europäische Akte auf Umwegen umgesetzt haben. Das Vereinigte Königreich und Irland haben sich jedoch nicht beteiligt. Können wir diese Länder verpflichten, ihren Verpflichtungen im Rahmen der Einheitlichen Europäischen Akte nachzukommen?

  Ferrero‐Waldner . – Herr Abgeordneter! Es war ein Artikel 7 der Einheitlichen Akte, der aber nie wirklich akzeptiert wurde, und daher muß ich Ihnen noch einmal sagen: Solange nicht ein Antrag von Irland und dem Vereinigten Königreich vorliegt, einzelne oder alle Bestimmungen zu übernehmen, kann es auch noch keine Verhandlungen in diesem Bereich geben. Wenn ein Antrag dann vom Vereinigten Königreich oder Irland oder von beiden Ländern vorliegt, wird der Rat darüber beraten und einen Beschluß fassen. Dabei kommt gemäß Artikel 4 Schengen‐Protokoll der einstimmige Beschluß mit den Stimmen der 13 Schengen‐Mitgliedstaaten und der Stimme des oder der Antragsteller zustande. Das kann ich dazu sagen.

  Der Präsident . – Da der Fragesteller nicht anwesend ist, ist die Anfrage Nr. 2 hinfällig.

Anfrage Nr. 3 von Alan Gillis (H−0727/98):

Betrifft: Algerien

Was gedenkt der Rat in Anbetracht der schrecklichen Zustände in Algerien, wo Hunderte von unschuldigen Männern, Frauen und Kindern von militanten islamischen Extremisten umgebracht werden, und angesichts der offensichtlich mangelnden Bereitschaft der algerischen Regierung, Maßnahmen zum Schutz ihrer eigenen Bürger zu ergreifen, zu unternehmen, um die algerische Regierung von der Notwendigkeit der Einleitung drastischer Schritte zu überzeugen, damit diesen entsetzlichen Morden an unschuldigen Bürgern ein Ende bereitet wird?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Herrn Gillis.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin. – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Der Rat teilt die Besorgnis des Herrn Abgeordneten angesichts der fortdauernden Gewalttaten in Algerien, denen insbesondere unschuldige Zivilpersonen zum Opfer fallen. Er hat bei verschiedenen Gelegenheiten die algerische Regierung aufgefordert, alles zu unternehmen, um die Bürger ihres Landes vor terroristischen Angriffen und Gewalttaten zu schützen. Gleichzeitig hat der Rat vor dem Hintergrund der Kritik, die an den Maßnahmen der algerischen Regierung zur Bekämpfung des Terrorismus und der fundamentalistischen Gewalt laut geworden sind, hervorgehoben, daß diese Maßnahmen im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen und mit rechtsstaatlichen Grundsätzen geführt werden müssen.

Ferner betonte der Rat ebenfalls bereits, daß die tiefere Ursache der Gewalttätigkeit – nämlich die unzureichenden Fortschritte bei den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen – beseitigt werden muß, wenn die Bedrohung überwunden werden soll, die vor allem von extremistischen Gruppen für die algerische Gesellschaft ausgeht. Ich habe selbst an der Troika‐Mission des Rates am 19. und 20. Januar 1998 teilgenommen und mich daher mit der Situation sehr vertraut gemacht. Ich habe auch weiterhin mit verschiedenen Persönlichkeiten Kontakt, um mögliche Lösungsansätze zu überprüfen.

Auch wenn der Reformprozeß nicht mit dem nötigen Nachdruck vorangetrieben wurde, scheint es zumindest seit dem Besuch der Troika in Algier, aber auch seit dem anschließenden Besuch der Delegation des Europäischen Parlaments im Februar – und darüber liegen Ihnen ja ausführlichere Informationen vor –, doch einige Entwicklungen hin zu einer größeren Transparenz gegeben zu haben. Der Rat verfolgt die für Fortschritte beim politischen Reformprozeß erforderlichen politischen und gesetzgeberischen Entscheidungen sehr aufmerksam.

Der Rat hofft auch, daß der jüngste Besuch der Gruppe der vom UN‐Generalsekretär benannten bedeutenden Persönlichkeiten – Sie wissen, unter Leitung von Soares ‐die Zusammenarbeit zwischen Algerien und der internationalen Staatengemeinschaft verstärken wird, damit es so zu einer weiteren Verbesserung der Lage kommt. Der Vorsitz unterhält im übrigen aktiv Kontakte mit Algerien, um einen breit angelegten Dialog zu entwickeln. So erwarten wir, daß in naher Zukunft ein Treffen der Troika mit Außenminister Attaf in Wien stattfinden wird.

Eine der dabei zu erörternden Hauptfragen wäre natürlich, wie der Gewalt ein Ende bereitet werden kann und welche Rolle die Union dabei spielen könnte. Wir haben jedenfalls diese Bereitschaft immer angedeutet.

  Gillis (PPE).(EN) Ich danke der amtierenden Ratspräsidentin für ihre Antwort. Ich freue mich, daß es einige Entwicklungen gibt und daß wir möglicherweise einen Durchbruch erreichen. Tiefgreifende Reformen sind notwendig und müssen vorangetrieben werden. Ich würde gerne wissen, ob es weitere Maßnahmen geben wird. Wir müssen versuchen, so viele Maßnahmen wie möglich zu ergreifen, um diesem Blutvergießen und den Gewalttaten ein Ende zu machen. Wenn wir dies schaffen, dann haben wir meiner Meinung nach einen großen Schritt nach vorn getan.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Abgeordneter! Derzeit gibt es keine weiteren Kontakte. Allerdings hoffen wir, daß doch bei dem Troika‐Besuch, der ja an und für sich vorgesehen ist, der weitere politische Dialog möglich ist, und daß wir auf alle die Fragen wieder eingehen können, die damals während der Troika angesprochen wurden. Natürlich gehörte dazu auch die Frage, ob die Europäische Union nicht im humanitären Bereich Hilfe leisten könnte, die damals von Algerien absolut abgelehnt wurde. Sie wissen ja, daß Algerien immer wieder auf die Frage der Hilfestellung bei der Bekämpfung des Terrorismus einging und hier die Antwort der Europäischen Union jene war, daß die Union als solche nicht dafür zuständig sei, aber die einzelnen Staaten hier natürlich Algerien Hilfestellung leisten könnten. Hier sind selbstverständlich Kontakte im Gange.

  Der Präsident . – Anfrage Nr. 4 von Alexandros Alavanos (H−0728/98):

Betrifft: Gegen den Vertrag von Montreux verstoßende Schiffskontrollen am Bosporus (und Dardanellen)

Die Bestimmungen zur Regelung des Schiffsverkehrs durch Bosporus und Dardanellen sind im Vertrag von Montreux festgelegt. Wichtige wirtschaftliche und politische Interessen der Gemeinschaft, ihrer Mitgliedstaaten sowie der Anrainerstaaten am Schwarzen Meer hängen unmittelbar von der strikten Einhaltung dieser Vertragsbestimmungen ab. Indessen hat sich die Türkei in der Vergangenheit – und auch noch vor kurzem wieder – auf die Fracht gewisser Schiffe berufen, um Kontrollen zu rechtfertigen, womit sie den Schiffsverkehr am Bosporus behindert.

Kann der Rat in Anbetracht dieser Tatsachen mitteilen, ob die Türkei seines Erachtens aufgrund des Vertrags von Montreux das Recht hat, willkürliche Kontrollen bei Schiffen vorzunehmen, wenn keine konkreten Verdachtsmomente vorliegen? Hat sie rein theoretisch das Recht, ein Schiff zu kontrollieren und ihm die Durchfahrt durch den Bosporus zu verbieten, wenn das Schiff im Verdacht steht, Waffen zu transportieren?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Herrn Alavanos.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Ich muß Ihnen leider sagen, daß es nicht Sache des Rates ist, sich zur Auslegung eines internationalen Vertragswerkes und insbesondere auch zur Tragweite der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien zu äußern. Diese Antwort ist sehr kurz, aber ich kann wenig hinzufügen.

  Alavanos (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident, ich muß zugeben, daß die Ratspräsidentin mich mit ihrer Antwort, der ich in keiner Weise zustimmen kann, regelrecht entwaffnet hat. Meines Erachtens geht der Schiffsverkehr am Bosporus und an den Dardanellen alle Länder der Europäischen Union etwas an, insbesondere die des Südens, und in diesem Sinne bin ich der Auffassung, daß sie sich durchaus zu der Tatsache äußern sollte, daß trotz des Vertrags von Montreux Kontrollen durch die Türkei vorgenommen werden.

Meine Frage lautet folglich: Ist es für den Rat völlig ohne Bedeutung, wenn die Türkei durch illegale Kontrollen auf Schiffen, die diese Meeresengen passieren, gegen den Vertrag von Montreux verstößt?

Prüft der Rat zweitens die Möglichkeit, mit der Türkei die Frage der Internationalen Seerechtskonvention zu diskutieren, die von der Europäischen Union unterzeichnet, von der Türkei aber abgelehnt wird?

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Die Schiffahrtsfreiheit durch die vom Vertrag von Montreux geregelten Meeresengen gilt für alle Staaten und nicht nur für den engeren Kreis der Vertragsstaaten. Der Artikel 7 des Beschlusses Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG‐Türkei vom 22. Dezember 1995 über die Durchführung der Endphase der Zollunion hält fest, daß Einfuhr‐, Ausfuhr‐ und Durchfuhrverbote oder ‐beschränkungen, unter anderem aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zulässig sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch ein Mittel zur verschleierten Beschränkung des Handels zwischen den Vertragspartnern darstellen.

Hinsichtlich einer Streitbeilegungsmöglichkeit ist darauf hinzuweisen, daß die Türkei sich weder der obligatorischen Gerichtsbarkeit des internationalen Gerichtshofs unterworfen noch ein Streitbeilegungsverfahren gemäß der Seerechtskonvention akzeptiert hat, zumal sie nicht Vertragspartei dieser Konvention ist. Ich darf also wiederholen: Der Rat ist leider nicht befugt, sich zu der Frage zu äußern, wie die Bestimmungen eines internationalen – ich betone: internationalen – Vertragswerks auszulegen sind, zu dessen Vertragsparteien er doch offensichtlich nicht gehört.

  Der Präsident . – Anfrage Nr. 5 von Friedhelm Frischenschlager (H−0731/98):

Betrifft: Straßenbenutzungsgebühren

In den letzten Jahren har sich das Verkehrsaufkommen innerhalb der EU stark erhöht. Besonders beim Nord‐SüdTransit über die Alpen hat sich die Situation dramatisch verschlechtert. Dabei leiden Frankreich und vor allem Österreich nicht nur unter der allgemeinen Zunahme des Verkehrsaufkommens, sondern auch am durch Schweizer Sonderbestimmungen ausgelösten Umwegetransit.

Welche Maßnahmen wird die österreichische Präsidentschaft gerade hinsichtlich EU‐weiter, flächendeckender Straßenbenutzungsgebühren ergreifen, die einerseits die Internalisierung der externen Kosten des Straßenverkehrs ermöglichen und andererseits, aufbauend auf den daraus erzielten Einnahmen, die Möglichkeit der Quersubventionierung des europäischen Bahn(güter)verkehrs durch den umweltschädlicheren Straßenverkehr bieten würden?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Herrn Frischenschlager.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Die von dem Herrn Abgeordneten zur Sprache gebrachte Thematik fällt zum großen Teil unter den Vorschlag für eine Richtlinie über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge. Dieser Vorschlag, gemeinhin als „Euro‐Vignette”Richtlinie bezeichnet, wurde von der Kommission im Juli 1996 vorgelegt. Die diesbezüglichen Beratungen des Rates dauern noch an, und der österreichische Vorsitz wird alles daran setzen, um sie so bald wie möglich zum Abschluß zu bringen. Die Beratungen über das Dossier sollen daher in diesem Halbjahr zügig fortgesetzt werden, und der Punkt wurde dementsprechend auf die Tagesordnung der Ratstagung der Verkehrsminister gesetzt. Während des informellen Rates in Feldkirch hat es dazu keine Debatte gegeben.

  Frischenschlager (ELDR). – Frau Ratsvorsitzende! Ich möchte beim Feldkircher Verkehrsministertreffen anknüpfen. Die Problematik besteht ja darin, daß durch die Tatsache, daß die Verhandlungen mit der Schweiz nicht zu Ende geführt wurden, Österreich und Frankreich unter dem Umwegtransit sehr leiden. Da es zwar immer wieder heißt, daß die Verhandlungen kurz vor dem Abschluß stehen, im Grunde genommen die Dinge jedoch nicht weiter gehen, stellt sich auch folgendes Problem: Könnten die Länder Frankreich, Schweiz und Österreich von der Europäischen Union nicht die Möglichkeit erhalten, ihre Straßenbenutzungsgebühren anzugleichen, damit – wenigstens vorübergehend – der Umwegtransit beseitigt wird? Zu dieser Zusatzfrage ermuntert wurde ich durch den französischen Verkehrsminister, der sich bei der Tagung in Feldkirch ganz klar für eine ökologische Verkehrspolitik für die ja nicht nur österreichischen, sondern europäischen Alpen ausgesprochen hat.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Lassen Sie mich zu dieser Frage ein bißchen weiter ausholen. Der Transitverkehr kann innergemeinschaftlich nur durch bestimmte neue Bestimmungen der Wegekostenrichtlinie – EuroVignette ‐gelöst werden. Eine weitere Erleichterung würde die Rückverlagerung des durch die Schweiz verursachten Umwegverkehrs erbringen. Dies ist eben nur im Rahmen der Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz möglich. Die österreichischen Ziele sind die Beibehaltung der bestehenden Höhe der Brenner‐Maut und die Beseitigung des durch die in der Schweiz geltenden Begrenzungen verursachten Umwegeverkehrs. Derzeit begrenzt die Schweiz, wie wir wissen, die LKW‐Tonnage auf 28 Tonnen. Für Österreich entscheidend ist die Vergleichbarkeit der Abgabenhöhe und ‐struktur in Österreich und in der Schweiz. Höhere Gebührensätze für die Schweiz müßten ebenso höhere Sätze am Brenner zur Folge haben.

Beim Verkehrsministerrat am 10. und 11. Dezember 1997 forderten die Minister die Kommission auf, die Verhandlungen mit der Schweiz aktiv weiterzuführen, und zwar unter strikter Verfolgung des Grundsatzes, daß sich die Schweizer Gebühren sowie jene der Gemeinschaft auch an den Infrastrukturkosten zu orientieren hätten. Es gab einen Durchbruch bei den Verhandlungen EU‐Schweiz anläßlich des Treffens von Kommissar Kinnock und Bundesrat Leuenberger am 23.1., dem sogenannten Kompromiß von Kloten. Dieser brachte eine politische Einigung auf einen Gebührenmittelwert von 200 ECU für die längste Transitstrecke durch die Schweiz, nämlich Basel‐Chiasso.

Weitere Punkte waren: 40‐Tonnen‐Quote durch die Schweiz, jährlich zunächst 120 000 Fahrten, dann ab 2003 300 000 Fahrten. Ab 2005 keine Beschränkung mehr. Das Nachtfahrverbot in der Schweiz bleibt weiterhin bestehen. Dies war ebenfalls ein Teil der Regelung. Der Schweiz sollte außerdem für den Fall, daß die Bahnauslastung sinken sollte, eine Schutzklausel zugestanden werden. Die Europäische Kommission meinte dann im März des Jahres, daß kaum mehr Spielraum in den Verhandlungen mit der Schweiz bestehe und die 200 ECU Mautgebühr nun eine feste Größe seien. Die Kalkulationen, die die Schweiz vorgelegt hat, seien im großen und ganzen plausibel. Weiter verwies die Europäische Kommission auch auf den Vorteil, den ein Abkommen mit der Schweiz bringen würde, so vor allem, daß bei einem Scheitern der Verhandlungen die Schweiz autonom eine Straßenmaut erheben könnte, daß die Schweiz dann auch die externen Kosten berücksichtigen könnte, und daß der weitere Tunnelausbau in der Schweiz in Frage gestellt wäre. Auf der anderen Seite wäre durch den Abschluß des Vertrages mit der Schweiz ab dem Jahr 2005 die volle Freiheit für 40‐Tonnen‐LKW durch die Schweiz gegeben und ein faires System der Maut‐Erhebung gesichert. Die Europäische Kommission betrachtete also daher die Verhandlungen mit der Schweiz im Verkehrsbereich als abgeschlossen, Österreich und die meisten anderen Mitgliedstaaten sind allerdings nicht dieser Meinung.

In der Diskussion sprachen sich dann einige Mitgliedstaaten für eine weitere Verbesserung des Vertragsentwurfes und für den Fall, daß keine Verbesserungen möglich werden, auch für dessen Ablehnung aus, und zwar die Niederlande, Belgien, Frankreich, Spanien, Griechenland und Italien. Die anderen sprachen sich für eine Annahme aus. Wir glauben ebenfalls, daß es nur noch wenige Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Das heißt, für uns hängt daher eine Annahme oder eine Ablehnung davon ab, ob in der Frage der Euro‐Vignette für uns eine befriedigende Lösung gefunden werden kann. Nun muß ich sagen, daß das, was Sie erneut erwähnen, nicht viel anderes ist, als das, was wir schon diskutiert hatten. Es liegt nun an der Kommission zu sehen, ob die Chance besteht, zu einem einheitlichen Satz zu kommen, der von allen akzeptiert werden kann. Es gab dazu wie gesagt nur eine sehr kurze informelle Debatte, und als weitere Vorgehensweise ist eine erste Behandlung des Landverkehrs unter österreichischer Präsidentschaft am 1.10. beim Verkehrsministerrat vorgesehen, aber auch dort nur als Orientierungsdebatte. Denn voraussichtlich wird es vor den Wahlen in Deutschland zu keiner offiziellen Debatte über die Frage der Abgaben kommen.

  Der Präsident . – Da der Fragesteller nicht anwesend ist, ist die Anfrage Nr. 6 hinfällig.

Die Anfrage Nr. 7 von Jonas Sjöstedt (H−0738/98), die von Marianne Eriksson übernommen wurde:

Betrifft: Austreten aus der EU

In Schweden herrscht große Unzufriedenheit mit der Mitgliedschaft in der EU. Mehrere Meinungsumfragen zeigen, daß die Mehrheit der Bevölkerung gegen die Mitgliedschaft ist. Gleichzeitig läuft eine Diskussion darüber, was geschehen würde, wenn Schweden in einer Volksabstimmung die dritte Stufe der WWU ablehnt und ob dies dazu führen kann, daß das Land die Union verläßt. Es wird beispielsweise die Möglichkeit diskutiert, eine Volksabstimmung über einen Austritt durchzuführen, nachdem die Bevölkerung Nein zur WWU gesagt hat.

Diese Frage wird dadurch kompliziert, daß der Vertrag keine klaren Regeln über den Austritt eines Landes aus der Union enthält. Welche Ansicht vertritt der Rat dazu? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Land aus der EU austreten kann? Wie soll der Austritt praktisch abgewickelt werden?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte antworten Sie Frau Eriksson.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin . – Herr Präsident, Frau Abgeordnete! Nach Artikel 240 des EG‐Vertrags gilt dieser Vertrag auf unbegrenzte Zeit. Der einseitige Austritt eines Mitgliedstaates aus den Europäischen Gemeinschaften ist im Vertrag nicht vorgesehen. Der Rat wurde bisher auch nie mit einer solchen Frage befaßt und hat auch nie darüber beraten.

  Eriksson (GUE/NGL).(SV) Ich weiß, daß der Rat über dieses Problem nicht gesprochen hat, aber ist der Rat nicht der Ansicht, da der Beitritt eine freiwillige Vereinbarung ist, daß auch darüber diskutiert werden sollte, wie man aus einer Vereinigung freiwillig wieder austreten kann, der man vielleicht nicht mehr länger angehören will? Ist es nicht an der Zeit, darüber zu diskutieren, nicht nur im Hinblick auf den Unwillen der schwedischen Bürger?

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Frau Abgeordnete! Ich kann nur theoretisch noch einiges dazu sagen, was grundsätzlich in der Lehre überlegt wird, aber das ist eben nie zum Tragen gekommen und nicht einmal im Vertrag vorgesehen. Ein einzelstaatliches Austrittsrecht ist weder im EU‐Vertrag noch in den drei Gemeinschaftsgründungsverträgen vorgesehen. Daraus wird gefolgert, daß ein Austritt oder die Kündigung durch einen Mitgliedstaat grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Die Mitgliedstaaten sind die Herren der Verträge, die ihre Gebundenheit an diese Verträge mit dem Willen zur langfristigen Mitgliedschaft begründet haben, diese Zugehörigkeit aber letztlich natürlich – zumindest nach der Lehre – durch einen gegenläufigen Akt, einen actus contrarius , wieder aufheben können.

Der Austritt eines Mitgliedstaates bedürfte jedenfalls der Zustimmung aller übrigen Mitgliedstaaten und müßte wohl im Wege der Vertragsänderung sowie unter Einhaltung aller allgemeinen Erfordernisse der Wiener Vertragsrechtskonvention erfolgen.

  Bonde (I‐EDN).(DA) Vielen Dank, Frau Ratspräsidentin, für die Antwort. Heißt das, daß durch die Mitgliedschaft in der EU jede Verbindung zum Völkerrecht und zur Wiener Konvention unterbrochen ist? Kann man gemäß der Wiener Konvention eine Mitgliedschaft nicht kündigen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, oder aus anderen Gründen? Das war die eine Sache. Die andere ist, daß gestern eine Anfrage an Herrn de Silguy gerichtet wurde, auf die er antwortete, daß Schweden verpflichtet sei, an der Wirtschafts‐ und Währungsunion teilzunehmen und nicht die Freiheit hätte, selbst zu entscheiden, was Deutschland durch das Karlsruher Urteil zugestanden wurde. Ist dies auch die Meinung der Ratspräsidentschaft, daß Schweden zur Teilnahme an der Wirtschafts‐ und Währungsunion verpflichtet ist und nicht die Freiheit hat, die der deutsche Bundestag hat?

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Ich habe schon in meiner ersten Antwort ganz klar gesagt, daß diese Frage erstens im Vertrag nicht vorgesehen ist und sich zweitens noch nie gestellt hat; auch die herrschende Lehre habe ich Ihnen vorgetragen. Hier theoretische, hypothetische Überlegungen anzustellen, ist eine Sache, aber eine zweite Sache ist die reale Situation, und im großen gibt es ja, wie bereits angedeutet, die Wiener Vertragsrechtskonvention. Das heißt, ich kann Ihnen nur mehr das wiederholen, was ich soeben gesagt habe. Wenn Sie wollen, wiederhole es noch einmal.

  Der Präsident . – Vielen Dank, Frau Ferrero‐Waldner!

Herr Krarup, sind Sie nicht der Meinung, daß dies schon wiederholt erklärt wurde? Die Präsidentin hat ja auch festgestellt, daß sie nur das wiederholen kann, was sie schon gesagt hat. Wenn Sie darauf bestehen, erteile ich Ihnen für eine Minute das Wort, aber ich weise Sie darauf hin, daß Themen nicht erschöpfend behandelt werden können, wenn es dazu nichts mehr zu sagen gibt. Sie haben für eine Minute das Wort.

  Krarup (I‐EDN).(DA) Ich stimme mit dem Präsidenten überein, daß die Ratspräsidentin eine Antwort gegeben hat, die bedeutet, daß ein Mitgliedstaat kündigen kann, wenn alle anderen Mitgliedstaaten damit einverstanden sind, und das ist ja eine juristische Selbstverständlichkeit, kann man sagen. Gleichzeitig verwies die Ratspräsidentin auf Artikel 240, in dem festgelegt ist, daß dieser Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist. Ich muß die Stellungnahme der Ratspräsidentin also so auslegen, daß der Ministerrat der EU der Meinung ist, daß ein Mitgliedstaat nicht austreten kann, wenn es nicht von allen anderen Mitgliedstaaten akzeptiert wird. Aufgrund der herrschenden Unklarheit möchte ich die Ratspräsidentin bitten, diese Auffassung zu bestätigen.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt: Ich spreche hier für den Rat, und nach Artikel 240 des EG‐Vertrages gilt dieser Vertrag auf unbegrenzte Zeit, und der einseitige Austritt ist dort nicht vorgesehen. Ich habe aber auch gesagt, daß es dazu theoretische Diskussionen gibt, und mehr kann ich dazu nicht mehr sagen. Ich glaube, wenn Sie diese Frage weiter ausführen wollen, dann müssen Sie sich an einen Völkerrechtler wenden, nicht an den Rat, den ich hier vertrete.

  Der Präsident . – Die Anfrage Nr. 8 von Maj Theorin (H−0742/98), die von Maj‐Lis Lööw übernommen wurde:

Betrifft: Frauenhandel

Ein gravierendes Problem, dem nicht besonders viel Aufmerksamkeit zukommt, ist der Frauenhandel. Tausende junge Frauen arbeiten als Prostituierte in den EU‐Mitgliedstaaten. Häufig werden diese Frauen, die in Armut und Arbeitslosigkeit im Osten leben, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen überredet oder geraubt, um im Westen als Prostituierte ausgebeutet zu werden. Sie werden von den Zuhältern eingesperrt und vollständig von der Umwelt isoliert. Ihnen werden Paß und Bewegungsfreiheit genommen, und sie werden vollständig rechtlos dazu gezwungen, den Betrag abzuarbeiten, für den der Zuhälter sie gekauft hat. Dies ist eine moderne Form des Sklavenhandels, und es ist erschütternd, daß es so etwas im Europa unserer Zeit gibt.

Welche Maßnahmen gedenkt der Rat zu ergreifen, um einen solchen Mißbrauch von Menschen zu verhindern?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Frau Lööw.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin. – Herr Präsident, Frau Abgeordnete! Der Rat ist sich sehr bewußt, daß dieses zunehmend besorgniserregende Phänomen, das die Frau Abgeordnete anspricht, ernsthafte Probleme aufwirft, und hat sowohl im allgemeinen Kontext des Menschenhandels als auch speziell mit Blick auf den Frauenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung eine Reihe von Initiativen ergriffen, um diesem Phänomen ein Ende zu setzen.

Was den Menschenhandel im allgemeinen anbetrifft, so hat der Rat in Anbetracht der verschiedenen Dimensionen dieser Problematik Maßnahmen auf mehreren Ebenen getroffen, die Aspekte der Wanderungspolitik sowie der Zusammenarbeit von Justiz und Polizei einbeziehen. Am 29. November 1996 nahm der Rat auf der Grundlage von Artikel K3 des Vertrags über die Europäische Union eine gemeinsame Maßnahme zur Aufstellung eines Förder‐ und Austauschprogramms für Personen an, die für Maßnahmen gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Kindern zuständig sind, das sogenannte STOPProgramm.

Am 16. Dezember 1996 nahm der Rat ebenfalls auf der Grundlage von Artikel K3 des Vertrags über die Europäische Union eine weitere gemeinsame Maßnahme zur Ausdehnung des Mandats der EUROPOL‐Drogenstelle an, um unter anderem den Austausch von Informationen und Erkenntnissen über Schleuserkriminalität und Menschenhandel einzubeziehen.

Am 24. Februar 1997 nahm der Rat auf der Grundlage von Artikel K3 des Vertrags über die Europäische Union eine gemeinsame Maßnahme zur Bekämpfung des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung von Kindern an. Aufgrund dieser gemeinsamen Maßnahmen sind die Mitgliedstaaten gehalten, auf einzelstaatlicher Ebene die entsprechenden Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, daß Menschenhandel nach dem nationalen Recht als Straftatbestand gilt. Ferner werden im Rahmen dieser Maßnahme gewisse Formen der justitiellen Zusammenarbeit bei den Untersuchungen und den Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Menschenhandel eingeführt.

Vom 24. bis 26. April 1997 fand in Den Haag eine Ministerkonferenz der Europäischen Union statt, die das Ziel hatte, einen Maßnahmenkatalog im Einklang mit der Resolution Nr. 5/66 der UN‐Generalversammlung zur Bekämpfung des Frauenhandels zu erteilen. Die diesbezüglichen Maßnahmen sind in der Abschlußerklärung der High Ministerial Declaration and European Guidelines for Effective Measures to prevent and combat Trafficking in Women for the Purpose of Sexual Exploitation zusammengefaßt.

Darüber hinaus verfolgt der Rat sehr aufmerksam die diesbezüglichen Entwicklungen der Vereinten Nationen, speziell die Initiativen im Hinblick auf den Abschluß weltweiter Übereinkünfte gegen Kinderhandel und Schleuserkriminalität. Der Rat koordiniert die Standpunkte der Mitgliedstaaten, damit diese Initiativen bald zu einem erfolgreichen Ende geführt werden können. Was speziell den Frauenhandel zwecks sexueller Ausbeutung angeht, so leitete die Europäische Union im April 1998 gemeinsam mit den Vereinigten Staaten – übrigens im Rahmen der neuen transatlantischen Agenda – Informationskampagnen in Polen und der Ukraine ein, um diese Art von Menschenhandel zu bekämpfen.

  Lööw (PSE).(SV) Ich möchte dem Rat eigentlich nur für seine erschöpfende Antwort danken. Frau Theorin hatte diese Frage gestellt, da sie sicherstellen wollte, daß auch der Rat, wie das Parlament und die Kommission, diesem Problem seine Aufmerksamkeit widmet.

Wir sind uns alle im klaren darüber, wie schwierig dies ist. Es ist ein großes Problem, da es ein verstecktes Problem ist, dem man nur schwer beikommen kann. Außerdem ist ein sehr qualifizierter Einsatz der Polizei notwendig. Ich begrüße die Tatsache, daß Europol dafür ein erweitertes Mandat erhalten hat.

Außerdem ist es sehr wichtig, daß wir dieser Frage im Zusammenhang mit der Erweiterung Aufmerksamkeit schenken. Wir haben eine einmalige Gelegenheit im Zusammenhang mit der Diskussion über die Erweiterung, auch einen vernünftigen Dialog mit den osteuropäischen Staaten zustande zu bringen. Zumindest in meinem Land, Schweden, ist es nämlich so, daß Frauen aus den osteuropäischen Staaten wahrscheinlich am stärksten ausgebeutet werden.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Frau Abgeordnete! Gerade in dieser Frage habe ich durchaus noch einiges anzumerken. Der Bundesminister hat im Herbst letzten Jahres in der UN‐Generalversammlung einen Entwurf einer Schlepperkonvention präsentiert. In seiner Rede vor der 52. Generalversammlung hat der Bundesminister in Aussicht gestellt, diesen Entwurf bei der nächsten Tagung der UN‐Verbrechensverhütungskommission einzubringen. Das ist inzwischen geschehen.

Nach den überaus positiven Rückmeldungen auf die Schlepperinitiative wurde mit Italien vereinbart, gemeinsam diese Initiative vorzuführen, wobei sich die italienischen Bemühungen eher auf die Frage der Schlepperei über die hohe See konzentrieren. Die UN‐Verbrechensverhütungskommission hat dann auf ihrer Tagung im April des Jahres beschlossen, das Projekt einer internationalen Rahmenkonvention gegen das organisierte Verbrechen weiter zu verfolgen, deren Regelungsbereich jedoch auch auf allgemeine Rechtshilfe und Auslieferungsbestimmungen beschränkt würden.

Spezifische Verbrechen sollten in Protokollen zur Rahmenkonvention geregelt werden. Es wurde vereinbart, auch ein Protokoll eben gegen das Schlepperwesen zu formulieren. Daneben ist vereinbart, auch Protokolle in den Bereichen Frauenund Kinderhandel und Handfeuerwaffen zu erarbeiten. Um die Verhandlungen über diese Rahmenkonvention und die Protokolle zu formalisieren, hat die Verbrechensverhütungskommission der UN‐Generalversammlung die Verabschiedung einer Resolution empfohlen, die die Einrichtung eines Ad‐hoc‐Komitees zur Ausarbeitung einer Rahmenkonvention vorsieht.

Dieses Komitee hat das Mandat erhalten, sofort auf der Basis dieses österreichisch‐italienischen Entwurfs Verhandlungen über ein Schlepperprotokoll aufzunehmen. Auf einer ersten informellen Tagung dieses Ad‐hoc‐Komitees in Buenos Aires vom 31. August bis zum 4. September d.J. haben dann Österreich und Italien schon einen von der EU unterstützten Entwurf für ein Schlepperprotokoll vorgelegt, der von den anwesenden ca. 60 Delegationen auch begrüßt wurde. Im Januar werden in Wien formelle Verhandlungen in bezug auf das Protokoll aufgenommen, wobei zu erwarten ist, daß wir bis März abgeschlossen haben werden. Die Konvention soll im Jahr 2000 fertiggestellt sein.

Für den Bereich Frauen‐ und Kinderhandel wurde dabei betont, daß es besonders wichtig sei, den Prozeß im Rahmen der Menschenrechtskonvention zur Ausarbeitung eines Zusatzprotokolls zur Kinderrechtskonvention sorgfältig zu beachten. Da es aber noch keinen Textentwurf für das gegenständliche Protokoll zu Frauen‐ und Kinderhandel gibt, sagten die USA zu, spätestens bis März eine solche vorzulegen, also auch das ist im Werden.

Das Protokoll sieht neben speziellen Bestimmungen betreffend die polizeiliche Zusammenarbeit und die Bekämpfung der Schlepperei zur See vor allem vor, daß die Schlepper entweder zu bestrafen oder an andere Vertragsparteien auszuliefern sind, aut dedere aut iudicare . Dabei sind jedoch die geschleppten Personen nicht als Mittäter zu bestrafen. Diese können nur wegen Verletzung der Einreisebestimmungen belangt werden, aber nicht strafrechtlich. Das wollte ich hinzufügen.

  Der Präsident . – Anfrage Nr. 9 von Nuala Ahern (H−0744/98):

Betrifft: Maßnahmen des Rates gegen die durch nukleare Anlagen bestehenden unvertretbaren Risiken für die Bevölkerung und die Umwelt

Welche Schritte wird der Rat während des österreichischen Ratsvorsitzes unternehmen, um in Fällen wie Mochovce in der Slowakei und Sellafield im Vereinigten Königreich zu intervenieren, wo durch nukleare Anlagen unvertretbare Risiken für die Bevölkerung und die Umwelt in Nachbarstaaten bestehen?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Frau Ahern.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin . – Frau Abgeordnete, wie ich bereits in der Antwort auf die von der Frau Abgeordneten und Herrn Rübig während der Juli‐Tagung gestellten Fragen hervorgehoben habe, mißt der Rat dem Schutz der Bevölkerung vor der Gefährdung durch ionisierende Strahlung sowie der Frage der nuklearen Sicherheit sowohl innerhalb als auch außerhalb der Grenzen der Europäischen Union größte Bedeutung bei. So widmet er der Einhaltung der international anerkannten Grundsätze im Bereich der nuklearen Sicherheit seine volle Aufmerksamkeit. Diesem Anliegen wird übrigens insbesondere im Bereich der Außenbeziehungen und vor allem in den Beziehungen zu den mitteleuropäischen Ländern, die der Europäischen Union beitreten wollen, Rechnung getragen.

Die Grundsätze, Prioritäten und Ziele der Beitrittspartnerschaft mit der Slowakei, über die Ihr Hohes Haus unterrichtet wurde, sehen ausdrücklich vor, daß die international anerkannten Grundsätze im Bereich der nuklearen Sicherheit bei der Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes von Mochovce angewandt werden müssen.

Des weiteren sieht die Beitrittspartnerschaft die Durchführung eines realistischen Programms zur Schließung von Bohunice vor. Die betreffenden Maßnahmen müssen sich in den Rahmen einer langfristigen energiepolitischen Gesamtstrategie einfügen, die auf Effizienz und Diversifizierung beruht. Der Rat hat sich regelmäßig mit dem Stand der Arbeiten am Kernkraftwerk Mochovce befaßt und keine Gelegenheit versäumt, um die slowakische Seite auf die Bedeutung der nuklearen Sicherheit hinzuweisen.

Nachdem der Rat von der österreichischen Regierung anläßlich seiner Tagung am 25. Mai über die bevorstehende Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Mochovce unterrichtet worden war, hat der Ratsvorsitzende in einem Schreiben an das slowakische Außenministerium erneut seine Besorgnis geäußert und gleichzeitig sein Vertrauen in die Kompetenz der slowakischen Nuklearaufsichtsbehörde und in die enge Zusammenarbeit der slowakischen Behörden mit der internationalen Atomenergieagentur zum Ausdruck gebracht. Im übrigen ist noch zu erwähnen, daß auch Herr Van den Broek eine gleichartige Demarche bei den slowakischen Behörden unternommen hat.

Mit der Annahme der Richtlinie 96/29 von Euratom zur Festlegung der grundlegenden Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die Gefahren durch ionisierende Strahlungen hat der Rat im übrigen den wesentlichen Teil der bestehenden gemeinschaftlichen Vorschriften in diesem Bereich verschärft, indem er die betreffenden Normen verbindlicher gestaltet hat. In dieser Hinsicht ist auch anzumerken, daß diese Richtlinie in allen Mitgliedstaaten gilt, was die Nuklearanlagen von Sellafield einschließt, auf die sich die Frau Abgeordnete in ihrer Anfrage bezieht.

Außerdem ist auf die Bestimmungen des Kapitels 3 des Euratom‐Vertrages, die den Gesundheitsschutz betreffen, sowie die des Kapitels 7, die die Überwachung der Sicherheit bei Nuklearanlagen innerhalb der Europäischen Union betreffen, hinzuweisen.

Wie ich bereits im Juli sagte, wird der Rat die Vorschläge, die die Kommission ihm zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung und der Sicherheit der Kernkraftanlagen unterbreiten wird, mit aller gebotenen Sorgfalt prüfen. Ich versichere der Frau Abgeordneten, daß diese Fragen wirklich zu den zentralen Anliegen der Europäischen Union und unserer Präsidentschaft gehören.

  Ahern (V).(EN) Ich muß sagen, daß es, abgesehen von den geäußerten Bedenken, keine konkreten Vorschläge zu geben scheint. Dies steht im Widerspruch zu den Angaben eines Regierungsministers, der sich im Juli bei meinem Besuch in Österreich zusammen mit der Fraktion der Grünen anläßlich des Beginns der österreichischen Präsidentschaft dazu geäußert hat. Uns wurde zugesichert, daß Österreich aktiv handeln und Vorschläge unterbreiten würde.

Hat sich die österreichische Präsidentschaft bemüht, Vorschläge hinsichtlich der grenzüberschreitenden Kontaminierung, der Emissionen oder Unfälle im Zusammenhang mit radioaktiver Strahlung vorzulegen? Hat sie in Betracht gezogen, Änderungsanträge einzubringen oder Vorschläge im Zusammenhang mit dem Euratom‐Vertrag vorzulegen, um einem anderen Mitgliedstaat zu ermöglichen, ein benachbartes Kernkraftwerk einer Beurteilung durch eine Peer‐Group zu unterziehen?

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Frau Abgeordnete! Ich möchte noch einmal betonen, daß wir die mögliche Bedrohung sehr ernst nehmen, die sich für die Sicherheit der Bevölkerung Europas aus etwaigen Mängeln bestimmter Kernkraftanlagen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Gemeinschaft ergeben könnte.

Der österreichische Vorsitz vertritt die Auffassung, daß eine vernünftige Politik im Bereich des Schutzes vor atomarer Strahlung darin bestehen muß, die geltenden gemeinschaftlichen und internationalen Vorschriften in vollem Umfang einzuhalten und letztere gegebenenfalls noch zu verbessern. Eben in der Anwendung dieser Grundsätze beabsichtigt der Vorsitz, der Prüfung der Vorschläge der Kommission zum Beitritt der Gemeinschaft zu dem Übereinkommen über die nukleare Sicherheit und dem gemeinsamen internationalen Übereinkommen über die Sicherheit der Bewirtschaftung bestrahlter Brennstoffe und radioaktiver Abfälle neue Impulse zu verleihen.

  Der Präsident . – Frau Ferrero‐Waldner, bitte bleiben Sie gedanklich noch bei diesem Thema. Mir liegt nämlich eine Zusatzfrage von Herrn Smith vor. Bevor ich ihm aber das Wort erteile, möchte ich doch anmerken, daß ich gesehen habe, wie sich Herr Smith zusammen mit Herrn Falconer in die rechte Seite des Plenarsaals begeben hat. Ich frage mich, ob dem politische Bedeutung beizumessen ist. Nun, ich würde einfach gerne den Grund wissen.

Herr Smith, Sie haben das Wort, um eine Zusatzfrage zu stellen.

  Smith (PSE).(EN) Natürlich bin ich nach links gerückt, und Herr Falconer ist sogar noch weiter nach links gerückt. Dies sollte Sie nachdenklich stimmen.

Ich möchte der amtierenden Ratspräsidentin für ihre Antwort auf die Frage von Frau Ahern und für ihre gut formulierten Bemerkungen zur Sicherheit danken.

Deshalb möchte ich ihre Aufmerksamkeit auf einen Bericht des britischen Amtes für Gesundheit und Sicherheit über die Sicherheit in der Wiederaufbereitungsanlage Dounreay lenken, in dem festgestellt wurde, daß das Team (Amt für Gesundheit und Sicherheit) viele chronische Sicherheitsprobleme aufgedeckt hat und daß die Bedingungen im Bereich des Brennstoffkreislaufs von gut bis ganz schlecht reichten.

Meines Wissens ist die Richtlinie auch im Vereinigten Königreich anwendbar. Auch der Euratom‐Vertrag gilt im Vereinigten Königreich. Warum hat es so lange gedauert, bis diese beunruhigenden Zustände in Dounreay aufgedeckt wurden?

  Der Präsident . – Vielen Dank, Herr Smith! Ich weiß ja nicht, wo für Sie in diesem Plenarsaal rechts und links ist, aber ich weise Sie darauf hin, daß Sie, wenn Sie weiter in Richtung “links” gehen, bald unter den Abgeordneten der Fraktion der Europäischen Volkspartei sitzen werden. Wie dem auch sei, Sie haben die Wahl.

Nun jedoch haben Sie das Wort, Frau Ferrero‐Waldner, um die Zusatzfrage von Herrn Smith zu beantworten.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Was die kerntechnische Anlage Dounreay betrifft, so würde ich Sie bitten, diese Frage an die Kommission zu richten, denn dieser obliegt es, für die Einhaltung des Vertrages und gerade auch der im Rahmen des Vertrages erlassenen Vorschriften Sorge zu tragen. Sie verfügt daher über alle erforderlichen Informationen für verläßliche Antworten. Insgesamt und im übrigen möchte ich Ihnen noch einmal sagen, daß der Rat selbstverständlich immer wieder darauf achten wird, daß die geltenden Gemeinschaftsnormen und internationalen Grundsätze auf dem Nuklearsektor gerade im Rahmen der Beitrittsverhandlungen auch genauestens eingehalten werden.

  Der Präsident . – Die Anfrage Nr. 10 von Sören Wibe (H−0749/98), die von Alexander Falconer übernommen wurde:

Betrifft: Beziehungen zwischen Israel und Palästina

Es ist unerhört wichtig, daß von außen Druck auf Israel ausgeübt wird, damit es seinen Beitrag zum Friedensprozeß leistet. Welche Initiativen plant daher die österreichische Präsidentschaft, damit die Mitgliedstaaten gemeinsam Druck auf Israel ausüben können, um es beispielsweise dazu zu bewegen, die konfiszierten Gebiete an die Palästinenser zurückzugeben und für die Repatriierung der palästinensischen Flüchtlinge zu sorgen?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Herrn Falconer.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Die europäische Union ist äußerst besorgt über den anhaltenden Stillstand im Nahost‐Friedensprozeß, der eine ständige Bedrohung der Stabilität in der Region darstellt. Die Union betrachtet den Friedensprozeß als den einzigen Weg zur Erreichung von Frieden und Sicherheit für Israel, die Palästinenser und die arabischen Nachbarstaaten. Die Union beteiligt sich aktiv an den Bemühungen, um den Friedensprozeß voranzubringen. Sie setzt dabei ihr ganzes politisches Gewicht zur Erreichung einer Lösung ein.

Die österreichische Präsidentschaft ist in diesem Zusammenhang bemüht, mit allen Konfliktparteien einen Dialog zu führen. In diesem Zusammenhang ist der Besuch von Präsident Arafat am 30. Juli in Wien zu sehen, bei dem die österreichische Präsidentschaft aktuelle Informationen aus erster Hand über die palästinensische Haltung bekommen konnte. Trotz unserer Ambitionen, die politische Rolle der Europäischen Union in der Region zu stärken, sind wir uns dessen bewußt, daß die USA derzeit der entscheidende Faktor für die Vermittlungsbemühungen im Friedensprozeß bleiben müssen.

Die EU wird daher die Vermittlungsbemühungen der Vereinigten Staaten in jeder Hinsicht weiterhin nachdrücklich unterstützen und koordiniert ihr eigenes Vorgehen eng mit den Vereinigten Staaten. Die USA haben vor einigen Monaten nachdrückliche Vermittlungsbemühungen eingeleitet, um einen weiteren israelischen Truppenabzug aus dem Westjordanland gemäß dem Interimsabkommen und den Vereinbarungen von Hebron von 1997 zu erreichen. Die Europäische Union ist der Ansicht, daß die amerikanischen Bemühungen, in deren Gefolge die direkten bilateralen Verhandlungen zwischen den Israelis und den Palästinensern wieder aufgenommen wurden, gute Aussichten dafür bieten, daß der Friedensprozeß wieder in Gang kommt.

Mit der Ernennung eines EU‐Sonderbeauftragten für den Friedensprozeß im Jahr 1996 hat die Union ihr Engagement und ihre Präsenz in der Region beträchtlich verstärkt. Der Sonderbeauftragte Moratinos ist mit allen Parteien in ständigem Kontakt. Er vertritt den Standpunkt der Europäischen Union und setzt sich für spezifische EU‐Initiativen ein, beispielsweise um die Auswirkungen der israelischen Absperrungspolitik zu überwinden. Ein anderes Betätigungsfeld der EU ist die Stärkung der Fähigkeit der Palästinenser zur Terrorismusbekämpfung.

Die EU bereitet außerdem Beiträge zu den Gesprächen über den endgültigen Status des Autonomiegebiets vor. Einer dieser Bereiche, auf die sich die EU hier ganz besonders konzentriert, ist die Flüchtlingsfrage, die ein zentraler und schwieriger Punkt der Statusverhandlungen sein wird.

Seit Anfang 1997 beobachtet die Europäische Union über ihre Missionsleiter in Tel Aviv die israelischen Siedlungsaktivitäten, die Lage in Jerusalem und die Menschenrechtssituation im Westjordanland und im Gaza‐Streifen. Die Union hat ihre Informationen hierzu in äußerst gedrängter Form veröffentlicht. Die Europäische Union ist für die Palästinenser – wie Sie wissen – bei weitem der wichtigste Geber und wird diese unterstützende Rolle zweifellos auch im nächsten Förderzeitraum ab 1999 fortsetzen.

Die wirtschaftliche und humanitäre Unterstützung des palästinensischen Volkes ist bereits für sich allein ein klares politisches Signal an Israel, daß der Friedensprozeß wieder in Gang gebracht werden muß.

  Falconer (PSE).(EN) Herr Präsident, ich danke der amtierenden Ratspräsidentin für ihre Antwort auf die Frage. Israel ist eine Oase der pluralistischen Demokratie in diesem Teil der Welt, und wir haben die besten Wünsche für das Land. Trotzdem können wir nicht tatenlos zusehen, wie Israel illegal Land besetzt, das anderen zusteht, und dies trotz der UNO‐Resolutionen, in denen Israel aufgefordert wird, das Land zurückzugeben. Dies ist das Kernstück des Abkommens, das Sie eben angesprochen haben.

Ich möchte gerne die Aufmerksamkeit des Rates auf seine Äußerungen zu seiner Rolle in bestimmten Bereichen lenken. Dieses Parlament ist bedeutungslos, weil Sie der Rat sind, Sie sind der Eckpfeiler der demokratischen Rechenschaftspflicht, und es reicht nicht aus, dies auf die Kommission zu übertragen. Deshalb fordere ich Sie auf, gemeinsam mit der Kommission zu reagieren, indem Sie unsere Handelsabkommen untersuchen, um diese Angelegenheit zu beschleunigen. Vielleicht können Sie so auch dazu beizutragen, dieses Chaos zu beseitigen, in das wir uns hineinmanövriert haben.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Der in dem Interimsabkommen zwischen Israel und den Palästinensern vorgesehene weitere israelische Truppenabzug aus dem Westjordanland ist seit langem überfällig. Die USA unternehmen seit mehreren Monaten Vermittlungsbemühungen mit dem Ziel, den israelischen Rückzug aus weiteren 13 % des Westjordanlands zu erreichen. Eine Einigung würde es den Parteien ermöglichen, die Verhandlungen über den endgültigen Status des palästinensischen Autonomiegebiets, die nach ursprünglichem Zeitplan des Friedensprozesses bis zum 4. März 1999 abgeschlossen sein sollen, wieder aufzunehmen.

Obwohl die Vorschläge der USA hinter den palästinensischen Wünschen zurückbleiben, hat Arafat sie akzeptiert. Die Israelis lehnen sie unter Hinweis auf Sicherheitsinteressen ab, haben aber eine 10 + 3 %‐Formel vorgeschlagen, die 3 % Land rings um israelische Siedlungen als Naturschutzgebiet vorsieht, über das Israel in Sicherheitsfragen die letzte Verantwortung behalten würde. Selbstverständlich weiß ich, daß hier die von Ihnen angesprochenen Resolutionen des Sicherheitsrats eine große Rolle spielen. Wir bemühen uns auch, die Rolle der Europäischen Union im Friedensprozeß sichtbarer zu machen, denn die Grundpfeiler für eine Lösung des Konfliktes bleiben – da stimme ich Ihnen zu – die Prinzipien von Madrid und Oslo, besonders „Land für Frieden”, die volle Durchführung bestehender vertraglicher Bestimmungen des erwähnten israelischpalästinensischen Interimsabkommens und die einschlägigen Beschlüsse des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen.

Wir unterstützen nachdrücklich die Fortsetzung der EU‐Wirtschaftshilfe für das palästinensische Volk. Eine positive Entwicklung der palästinensischen Wirtschaft ist die Vorbedingung für politische Stabilität. Was Sie weiter angesprochen haben, nämlich die Frage eines Handelsabkommens, betrifft tatsächlich in erster Linie die Kommission. Ich würde Sie bitten, diese Frage an die Kommission zu stellen.

  Der Präsident . – Anfrage Nr. 11 von Jens‐Peter Bonde (H−0751/98):

Betrifft: Akteneinsicht und Berufung auf die Pflicht zur Geheimhaltung der Beratungen des Rats

1996/1997 hat man sich in 6.890 Fällen einer verweigerten Akteneinsicht im Vergleich zu 4.490 Fällen 1994/1995 auf die Pflicht zur Geheimhaltung der Beratungen des Rates berufen. Welche Begründung gibt es dafür, daß die Geheimhaltung offensichtlich zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, während offiziell in hohem Maße die Werbetrommel für mehr Offenheit gerührt wird?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Herrn Bonde.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Die dem Rat vorliegenden diesbezüglichen Angaben scheinen sich nicht mit den Angaben des Herrn Abgeordneten zu decken. Aus dem zweiten Bericht über die Durchführung des Beschlusses 731/93/EG des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Ratsdokumenten geht nämlich hervor, daß der Anteil der weitergegebenen Dokumente von 58, 7 % im Zeitraum 1994/95 auf 78, 3 % im Zeitraum 1996/97 gestiegen ist, obwohl die Zahl der beantragten Dokumente wesentlich zugenommen hat. Das bedeutet, daß der Rat von 3.325 Dokumenten, die im Zeitraum 1996/97 in Betracht gezogen wurden, 2.605 Dokumente zugänglich gemacht hat. Während der Periode 1994/95 wurden nur 378 Dokumente beantragt, wovon den Antragstellern dann Zugang zu 222 Dokumenten gewährt wurde. Diese Entwicklung spiegelt die Erfahrungen wider, die der Rat und sein Generalsekretariat bei der praktischen Durchführung dieser Politik gesammelt hatten, und beweist – wie der Rat übrigens auch in den am 29. Juni 1998 angenommenen Schlußfolgerungen festgestellt hat – die Wirksamkeit des Beschlusses 731/93/EG in bezug auf die Öffnung und Transparenz.

Der Rat wird zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um seine Tätigkeiten transparenter zu machen. In diesem Bestreben hat der Rat in seinen Schlußfolgerungen vom 29. Juni dieses Jahres den Willen zum Ausdruck gebracht, einen möglichst umfassenden Zugang zu Dokumenten mit Bezug zu Akten zu gewährleisten, die er als Gesetzgeber erläßt, und nur im unbedingt erforderlichen Maß Artikel 4 Absatz 2 des Beschlusses 731/93/EG in Anspruch zu nehmen.

  Bonde (I‐EDN).(DA) Es ist uns allen nicht entgangen, daß die Kommission und der Rat viel mehr Unterlagen herausgeben als früher. Es ist erfreulich, daß der Kampf des Parlaments für mehr Offenheit eindeutige Ergebnisse bringt. Das begrüßen wir. Im letzten Bericht ist aber eine unerfreuliche Tendenz zu erkennen, daß das Argument, das im Parlament sehr unbeliebt ist, nämlich die Vertraulichkeit der Verhandlungen, jetzt als Begründung für die – zugegeben relativ wenigen – Ablehnungen immer öfter auftaucht. Aber die Begründung – die Vertraulichkeit der Verhandlungen – taucht also immer häufiger auf, und ich kann nicht ganz einsehen, welche Argumente dafür sprechen sollen. Die Rücksicht auf die Bürger dürfte doch in fast allen Fällen wichtiger sein als die Rücksicht auf die Vertraulichkeit alter Verhandlungen.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Ich habe vorhin schon detailliert aufgezählt, daß die Vertraulichkeit eigentlich immer weniger in Anspruch genommen wird. Wir werden demnächst auf dem außerordentlichen Treffen der Staatsund Regierungschefs, das am 24./25. Oktober in Pörtschach/Österreich stattfinden wird, die Fragen der Bürgernähe, der Transparenz, der Subsidiarität usw. ansprechen. Sicher ist auch das wieder eine Möglichkeit, weitere Transparenz einzufordern. Aber insgesamt glaube ich, daß die Bilanz des Rates – ich spreche hier nur für den Rat – zeigt, daß wir inzwischen eine ganz andere Praxis verfolgen als in der Vergangenheit.

Ich möchte auch noch hinzufügen, daß am 19. März 1998 ergänzend zum derzeitigen System der elektronischen Dokumentenablage der Öffentlichkeit jetzt möglichst rasch ein Datenregister zugänglich gemacht werden soll. Dieses mehrsprachige Datenregister wird über das Internet abrufbar sein und Abfragemöglichkeiten anbieten, damit dann jeder Bürger Ratsdokumente mit Titel, Datum und Nummer ermitteln kann.

  Der Präsident . – Anfrage Nr. 12 von Olivier Dupuis (H−0752/98):

Betrifft: Georgien

Georgien schickt sich an, Vollmitglied des Europarates zu werden, ist mit einem ernsten internen Konflikt in Abchasien konfrontiert – weitgehend verursacht durch externe Kräfte und Interessen –, es hat einseitig beschlossen, seine Rechtsvorschriften an die der Union anzupassen, es liegt am Kreuzungspunkt des – für die Union strategischen – Weges nach Zentralasien und bietet einen privilegierten Zugang zu den enormen Ölreserven Zentralasiens, steht aber auf keiner der „Listen” der Beitrittskandidaten.

Ist der Rat angesichts dieser deutlichen europäischen Berufung Georgiens und der enormen wirtschaftlichen und politischen Bedeutung dieser Region für die EU nicht der Auffassung, daß es im wohlverstandenen Interesse der Union liegen und politisch äußerst opportun und dringlich wäre, den georgischen Behörden mitzuteilen, daß ein Antrag ihres Landes auf Beitritt zur Union von dieser mit größter Aufmerksamkeit geprüft würde? Welches sind die Initiativen, die der Rat diesbezüglich bereits getroffen hat?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Herrn Dupuis.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Bei der Unterzeichnung des Partnerschafts‐ und Kooperationsabkommens mit Georgien am 22. April 1996 hat die Europäische Union die gemeinsamen Werte, für die sie sich wie Georgien einsetzt, hervorgehoben und anerkannt, daß beide Seiten die bestehenden Bindungen stärken und ihre Beziehungen erweitern wollen.

Die Europäische Union hat ferner in diesem Zusammenhang anerkannt, daß die Unterstützung der Unabhängigkeit, der Souveränität und der territorialen Integrität Georgiens zur Erhaltung des Friedens und der Stabilität in Europa beitragen wird. Mit dem Partnerschafts‐ und Kooperationsabkommen ist ein regelmäßiger politischer Dialog über bilaterale, regionale und internationale Fragen von beiderseitigem Interesse eingerichtet und dem Wunsch Georgiens, eng mit den Europäischen Institutionen zusammenzuarbeiten, absolut entsprochen worden.

In Erwartung der Ratifizierung und des Inkrafttretens des Partnerschafts‐ und Kooperationsabkommens hat die Europäische Gemeinschaft in dem Bestreben, einen raschen Ausbau der Handelsbeziehungen zu Georgien sicherzustellen, am 29. April 1997 ein Interimsabkommen mit Georgien geschlossen, das am 1. September 1997 in Kraft trat. Das Interimsabkommen zielt darauf ab, eine zügige Durchführung der Handelsbestimmungen und der handelsbezogenen Vorschriften des Partnerschaftsund Kooperationsabkommens zu gewährleisten. Der Rat vertritt die Auffassung, daß mit Vorrang das volle Potential des Partnerschafts‐ und Kooperationsabkommens ausgeschöpft werden sollte, bevor neue Initiativen oder Abkommen zwischen der Gemeinschaft und Georgien in Aussicht genommen werden.

  Dupuis (ARE).(FR) Ich danke der Ministerin für ihre ausführliche Antwort. Ich befürchte jedoch auch hier, daß zwar viel getan wurde, aber eben nicht das Wesentliche.

Die Lage Georgiens ist von strategischer Bedeutung. Das Land hat gemeinsame Grenzen zu einem Staat, der sich in keiner sonderlich guten Lage befindet: Rußland. Die Lage Georgiens ist für die Union und bestimmte Mitgliedstaaten von strategischem Interesse, wie zum Beispiel für das Heimatland der Ministerin. Meiner Meinung nach könnte man viel mehr tun. Wir müssen ein politisches Zeichen setzen, und zwar eines, das die georgischen Behörden noch nie zuvor vernommen haben, ein Zeichen, das im übrigen auch von den jugoslawischen Behörden noch nie vernommen wurde, was zur sattsam bekannten Tragödie führte, obwohl wir bereits seit Anfang der achtziger Jahre davon wußten.

Gleichzeitig gibt es ein Problem mit Abchasien und in Georgien auch mit Ossetien. Die Probleme sind mannigfaltig, aber die Möglichkeiten auch. Aserbaidschan befindet sich ganz in der Nähe. Es wäre möglich, ehrgeizige Pläne zu schmieden und mit Hilfe von Georgien einen Ruhepol in dieser Region zu schaffen.

Frau Ministerin, glauben Sie nicht, daß wir noch etwas weiter gehen und uns endlich auf politische Lösungen konzentrieren könnten?

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Zuerst lassen Sie mich hervorheben, daß ein Beitrittsantrag die politische Willensbekundung eines Drittstaates darstellt, Teil eines umfassenderen Staatsgefüges wie der EU zu werden. Derzeit ist aber die EU jedenfalls mit keinem Beitrittsantrag seitens Georgiens befaßt. Im übrigen – wie Sie wissen – besteht die übliche Praxis der Europäischen Union in ihren Beziehungen zu Drittländern darin, zunächst einmal sämtliche Möglichkeiten auszuschöpfen, die durch bestehende Vertragswerke, wie beispielsweise das Partnerschaftsabkommen, geboten werden, all das ist noch keinesfalls ausgeschöpft.

Vor jeder anderen Demarche muß die EU in allererster Linie in dem vorgenannten Rahmen handeln, wenn es darum geht, ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu entwickeln und die Zusammenarbeit mit Georgien auszuweiten. Dann möchte ich Ihnen noch sagen, daß die österreichische Ratspräsidentschaft sehr wohl grundsätzlich eine neue Diskussion begonnen hat, und zwar während des informellen Rates in Salzburg, wo wir überlegt haben, wie wir jene Staaten, die derzeit noch keine Beitrittsperspektive haben, einbinden können in eine eigene Partnerschaft, beispielsweise eine Partnerschaft für Europa, ähnlich der NATO‐Partnerschaft für den Frieden. Das wurde derzeit innerhalb des Rates informell diskutiert, aber von vielen derzeit als noch nicht reif bezeichnet und abgelehnt.

  Der Präsident . – Anfrage Nr. 13 von Alex Smith (H−0753/98):

Betrifft: Radioaktive und giftige Abfälle

Welche Pläne hat der Ratsvorsitz, um im Anschluß an die im Juli in Sintra (Portugal) auf dem Ministertreffen des Ospar‐Übereinkommens über die Begrenzung der Einleitung radioaktiver und giftiger Abfälle ins Meer erzielten Einigung die politischen Verpflichtungen der EU‐Mitgliedstaaten zu überwachen, Nachbarstaaten keiner radioaktiven Verunreinigung auszusetzen?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Herrn Smith.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Dem Rat wurde seit der Konferenz der OSPAR‐Vertragsparteien im Juli noch kein einschlägiger Vorschlag unterbreitet, und wie dem Herrn Abgeordneten bekannt sein dürfte, verfügt der Vorsitz nicht über die Befugnisse, die ihm ermöglichen würden, ein Instrument oder einen Mechanismus einzuführen, mit dem die Einhaltung der von den Mitgliedstaaten eingegangenen Verpflichtungen im Bereich der Umweltverschmutzung überwacht werden könnte.

Der Rat stellt fest, daß insbesondere die Artikel 21 und 23 des Übereinkommens Bestimmungen enthalten, die es ermöglichen, die Einhaltung der von den Vertragsparteien eingegangenen Verpflichtungen zu überwachen und zu gewährleisten. Das heißt, innerhalb der Vertragsparteien ist eine Möglichkeit gegeben, aber nicht im Rat.

  Smith (PSE).(EN) Frau amtierende Ratspräsidentin, es ist ein recht trauriger Zustand, wenn wir keine Instrumente dafür haben, die Verpflichtungen zu überwachen, die auf Ministerkonferenzen freiwillig eingegangen wurden. Ich möchte den Rat bitten, uns vor Ende der gegenwärtigen Präsidentschaft einen Fortschrittsbericht darüber vorzulegen, wie diese Verpflichtungen während der Präsidentschaft umgesetzt wurden.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter, diese Bitte, die Sie geäußert haben, muß ich leider bedauernd ablehnen, denn es fällt nicht in die Kompetenz des Rates, Überwachungsmaßnahmen im Umweltbereich durchzuführen.

  Rübig (PPE). – Frau Präsidentin, nukleare Sicherheit ist uns allen ein Anliegen. Wie sehen Sie eine neue legale Basis, um Sicherheitsfragen in diesem Bereich in Zukunft gesamteuropäisch regeln zu können?

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Dies ist eine Frage, mit der der Rat sich bisher noch nicht beschäftigt hat. Ich glaube, wir sollten das in den Arbeitsgruppen einmal diskutieren. Da bin ich gerne bereit, darauf einzugehen. Aber wir haben ja keinen Vorschlag der Kommission, und das ist normalerweise der erste Schritt. Wir müssen ja einen Vorschlag der Kommission haben, um überhaupt Möglichkeiten diskutieren zu können.

  Pirker (PPE). – Frau Präsidentin, Slowenien betreibt ein Kernkraftwerk in der Nähe der österreichischen Grenze. Nun sind wir darüber informiert, daß dort verstrahlte Abfälle in einem Oberflächenlager gelagert sind, die Endlagerung ist jedoch noch nicht geklärt. Sie ist für uns nicht nachvollziehbar und sicher geklärt. Wie weit werden, wenn Beitrittsgespräche mit Slowenien geführt werden, auch die atomare Sicherheit und die Frage der Endlagerung Gegenstand der Beitrittsgespräche mit Slowenien sein?

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Generell darf ich sagen, daß diese und ähnlich gelagerte Fragen selbstverständlich eine Rolle spielen im Rahmen der Beitrittsverhandlungen, vor allem die Frage der nuklearen Sicherheit. Der Rat wird immer darauf achten, daß die geltenden Gemeinschaftsnormen und vor allem alle internationalen Grundsätze auf dem Nuklearsektor im Rahmen der Beitrittsverhandlungen genauestens eingehalten werden. Im übrigen führt die österreichische Ratspräsidentschaft ja auch bilateral immer wieder Gespräche mit Slowenien. Das ist zwar ein Thema, das ich hier nicht ausführen will, das aber gerade auch diese Bereiche betrifft.

  Der Präsident . – Da die Fragestellerin nicht anwesend ist, ist die Anfrage Nr. 14 hinfällig.

Anfrage Nr. 15 von Wayne David (H−0756/98):

Betrifft: Menschenrechte im Irak

Ist dem Rat bekannt, daß das muslimische geistliche Oberhaupt Al‐Shaik Mohammed Al‐Ghorawi und drei seiner Helfer am 18. Juni in Najaf im Irak vermutlich durch Agenten Saddam Husseins umgebracht wurden?

Welche Pressionen übt der Rat auf das irakische Regime aus, um Menschenrechtsverletzungen dieser Art zu beenden?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Herrn David.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Der Rat ist tief besorgt über die massive und systematische Verletzung der Menschenrechte im Irak. Angesichts der Tatsache, daß die Vereinten Nationen scharfe Sanktionen gegen den Irak verhängt haben, und die EU auf diplomatischer Ebene in Bagdad nur sehr schwach vertreten ist, hat die Union jedoch wenig Möglichkeiten für eine Überwachung und für ein Einschreiten im Zusammenhang mit konkreten Fällen von Menschenrechtsverletzungen im Irak.

  David (PSE).(EN) Ich danke der amtierenden Ratspräsidentin für ihre Antwort. Ich freue mich zu hören, daß der Rat über die Lage im Irak und im besonderen über den Tod dieser vier Geistlichen besorgt ist. Ich möchte die Tragweite dieses Problems nochmals betonen. Diese vier Mordfälle sind furchtbar, und es besteht der starke Verdacht, daß die Regierung von Saddam Hussein versucht, die gesamte Führungsspitze der schiitischen Moslems in diesem Land aus dem Weg zu räumen. Das ist völlig untragbar. Ich möchte den Rat dringlichst auffordern, sein Möglichstes zu tun, damit die Menschenrechte im Irak zumindest in geringem Maße geachtet werden. Deshalb fordere ich die amtierende Ratspräsidentin dringlich auf, sicherzustellen, daß keine Mühe gescheut wird, den größtmöglichen Druck auf den Irak auszuüben, damit die Situation verbessert werden kann.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Lassen Sie mich folgendes dazu sagen: Die Europäische Union hat in ihrer Entschließung auf der 54. Tagung der UN‐Menschenrechtskommission im März/April 1998 zur Lage im Irak Stellung genommen und die verbreiteten systematischen Verstöße gegen die Menschenrechte sowie die Terrormaßnahmen verurteilt. Die Union wird dies auch in einer Entschließung tun, die auf der nächsten UN‐Generalversammlung vorgelegt wird, und wird Irak erneut dringend auffordern, mit den UN‐Menschenrechtseinrichtungen, insbesondere mit dem Sonderberichterstatter für Irak, Herrn Max van der Stoel, zusammenzuarbeiten, dessen Mandat auf der 54. Tagung der UN‐Menschenrechtskommission um ein weiteres Jahr verlängert wurde.

Die Anwesenheit der Europäischen Union im irakischen Hoheitsgebiet ist leider auf ein Mindestmaß beschränkt, was es unmöglich macht, die Menschenrechtsverletzungen durch das Regime von Saddam Hussein anzuprangern und die Achtung der Menschenrechte wirksam zu überwachen. Der Vorsitz wird es aber nicht verabsäumen, sich über diesen Fall, den Sie hier angesprochen haben, im Detail zu informieren und dann diese Frage nochmals im Zusammenhang mit der UNGeneralversammlung und Herrn van der Stoel zu diskutieren.

  Der Präsident . – Anfrage Nr. 16 von José Apolinário (H−0758/98):

Betrifft: Politische Lage in Ost‐Timor

Angesichts der jüngsten Entwicklungen bezüglich Ost‐Timors, vor allem der Standpunkte des Ministerrats, frage ich die Präsidentschaft, welche Initiativen sie in der Frage der politischen Lage in Ost‐Timor einzuleiten gedenkt.

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Herrn Apolinário.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin. – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Die Europäische Union wird im Hinblick auf die in ihrem Gemeinsamen Standpunkt vom 25. Juni 1996 genannten Ziele auch weiterhin im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen und entsprechend den in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegten Grundsätzen die im Rahmen der UN ergriffenen Initiativen unterstützen. Dadurch soll eine gerechte, umfassende und international annehmbare Lösung der Ost‐Timor‐Frage erreicht werden, mit der die Rechte des osttimoresischen Volkes uneingeschränkt gewahrt werden.

Die Europäische Union hat eine Troika‐Mission nach Ost‐Timor entsandt, welche sich dort vom 26.−30. Juni aufhielt. Der Bericht der Troika‐Mission wurde aufgrund eines Ratsbeschlusses am 24. Juli veröffentlicht. Das wichtigste Ergebnis dieser Mission ist erstens: Laut Beurteilung der Mitglieder der Troika‐Mission ist eine langfristige Lösung der Ost‐Timor‐Frage nur unter Berücksichtigung der Wünsche der osttimoresischen Bevölkerung möglich.

Zweitens sollte ein Dialog unter Einbeziehung der Repräsentanten der osttimoresischen Bevölkerung unverzüglich in die Wege geleitet werden. Drittens ist in den Verhandlungen die Flexibilität aller Partner erforderlich. Viertens sollte die Umsetzung sichtbarer vertrauensbildender Maßnahmen sogleich beginnen.

Ich möchte auch betonen, daß der all‐inclusive intra‐timorese dialogue bereits dreimal stattgefunden hat, wobei Österreich dreimal als Gastgeber fungierte. Die nächste Gesprächsrunde dafür ist im Oktober wieder in Österreich vorgesehen. Am 3. und 4. August haben die Dreiparteiengespräche in New York zwischen dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und den Außenministern Indonesiens und Portugals stattgefunden, dessen Ergebnisse von der Europäischen Union mit Genugtuung zur Kenntnis genommen wurden. Diese beinhalten auch eine engere Einbeziehung der Osttimoresen bei der Findung einer Lösung. Im selben Sinne haben sich auch die Mitglieder der Troika‐Mission geäußert.

Ich halte es für enorm wichtig, daß wir die Vertrauensbildung unter den verschiedenen osttimoresischen Gruppierungen weiter voranbringen, und ich glaube, daß in Zukunft eine noch wichtigere Rolle bei den Bemühungen um eine zufriedenstellende und für alle Seiten akzeptable Lösung gespielt werden muß.

  Apolinário (PSE).(PT) Herr Präsident, zunächst möchte ich die vollständige, ausführliche und engagierte Weise hervorheben, in der der österreichische Ratsvorsitz auf meine Frage geantwortet hat und mich dafür bedanken; unterstreichen möchte ich ferner, daß angesichts der Besonderheit, daß Österreich Gastgeber der Treffen zum Dialog zwischen Timoresen war, unsere Erwartungen an die Rolle dieses Ratsvorsitzes höher sind. Und wir möchten diese Herausforderung bereits jetzt äußern, damit dieser Vorsitz den Erwartungen gerecht wird, die an eine aktive Politik für Fortschritte in der Frage von OstTimor gestellt werden.

Ich möchte nicht davon absehen, den Vorsitz zu fragen, welche Initiativen weiterverfolgt werden sollen. Dies geschieht unter dem Hinweis auf die von diesem Parlament geforderte bedingungslose Freilassung aller politischen Gefangenen, insbesondere von Xanana Gusmão, und ferner unter Hinweis darauf, daß es im Rahmen der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den ASEAN‐Ländern notwendig geworden ist und angemessen erscheint, den Schutz der Menschenrechte, die Achtung der Grundrechte sowie schließlich das Recht des Volkes von Ost‐Timor auf Selbstbestimmung durch Beratungen zu stärken.

Ich möchte ferner die Antwort des Vorsitzes hervorheben und noch einmal meine Zuversicht äußern, daß der österreichische Vorsitz, da er als Gastgeber fungiert und als Mitgliedstaat viele Initiativen zur Förderung des Dialogs unter den Timoresen eingeleitet hat, erneut dazu beitragen kann, daß Fortschritte in dieser Problematik erzielt werden.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Vielen Dank für Ihre ermunternden Worte. Ich möchte noch einiges anfügen. Zum einen habe ich selbst am 22. Juli – also knapp vor der Sommerpause – in Lissabon ein Gespräch mit Ramos Horta geführt, wobei er seine Bereitschaft zur Unterstützung des Autonomievorschlags zum Ausdruck brachte, unter der Voraussetzung, daß es sich dabei nur um eine Übergangslösung handle, und daß nach einigen Jahren ein Referendum über den endgültigen Status abgehalten würde.

Ich möchte auch noch ein Wort zu den Gefangenen sagen, die hier angesprochen wurden. Die gesundheitliche Situation der Häftlinge im Gefängnis von Dili wird von uns auch mit großer Besorgnis verfolgt. Letzte Woche war dies auch Gegenstand der Diskussionen in der Arbeitsgruppe Asien/Ozeanien. Der Vertreter der Präsidentschaft in Djakarta ist hier in ständigem Kontakt mit dem Roten Kreuz, um laufend über das Befinden vor allem der sich im Hungerstreik befindenden Gefangenen unterrichtet zu sein. Er hat auch bei den indonesischen Behörden darauf gedrängt, daß die entsprechende medizinische Versorgung und Betreuung gewährleistet wird. Es gibt laut Bericht der österreichischen Botschaft in Djakarta, die als Präsidentschaft fungiert, auch einen Arzt, der regelmäßig die Hungerstreikenden besucht und bestätigte, daß die Gesundheitssituation unter Kontrolle ist.

Was Xanana Guzmão anbetrifft, möchte ich erwähnen, daß selbstverständlich in dem Gespräch mit Ramos Horta auch die Frage der Gefangenen und die Freilassung von Xanana Guzmão angesprochen wurde, aber dazu sind eben offensichtlich noch weitere Gespräche in New York im Rahmen der Vereinten Nationen notwendig. Wie Sie auch wissen, gibt es immer noch in der österreichischen Botschaft in Djakarta einige Osttimoresen, die dort Zuflucht gesucht hatten. Auch hier bemühen wir uns um eine Lösung, die sowohl den Osttimoresen als auch den beiden Konfliktparteien entspricht.

  Posselt (PPE). – Sehr verehrte Frau Ratspräsidentin! Ich habe zwei ganz konkrete Fragen. Die erste bezieht sich auf den Vorschlag der Demilitarisierung von Ost‐Timor, die ja immer wieder im Gespräch ist. Der zweite Punkt bezieht sich auf die Neubildung von Parteien in Indonesien, wobei etwas für Indonesien Neues beobachtet wird, daß es teilweise zur Bildung islamischer Parteien kommt. Wir wissen, daß Ost‐Timor eine großenteils christliche Bevölkerung hat. Es werden Spannungen befürchtet, und ich möchte fragen, ob es nicht möglich wäre, die neu entstehenden Parteien in Indonesien auf partnerschaftliche Weise in die Demokratieprogramme einzubeziehen.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Zur ersten Frage zur Demilitarisierung darf ich Ihnen sagen, daß die Gespräche, die in New York im Rahmen der Vereinten Nationen gelaufen sind, zweifellos eine Zurücknahme des indonesischen Militärs bewirken sollen, so daß also eine erste Stufe der Demilitarisierung eingeleitet werden kann. Dasselbe ist auch von seiten der Freiheitskämpfer vorgesehen.

Was die Frage der politischen Parteien anbetrifft, kann ich nur insofern Stellung nehmen, als ich weiß, daß die österreichische Präsidentschaft sich darum bemüht, so viele zukünftige Parteien wie möglich im Rahmen des innerosttimoresischen Dialogs einzuladen, um auch hier fördernd zu wirken, denn ohne politische Parteien wird es in Zukunft wohl kaum zu einer Befriedung kommen.

  Der Präsident . – Da die Fragestellerin nicht anwesend ist, ist die Anfrage Nr. 17 hinfällig.

Anfrage Nr. 18 von Jan Andersson (H−0765/98):

Betrifft: Strukturhilfen für größere Städte

Beihilfen für besonders problematische Stadtgebiete in größeren Städten sind ein ganz neues Element in der europäischen Strukturpolitik. Daher ist die Anwendung der Regeln für die Beihilfe für Städte im Vorschlag der Kommission für ein Städteprogramm innerhalb der Europäischen Union ein etwas unpassendes Instrument in Ländern mit geringer oder wenig dichter Bevölkerung, da diese Regeln auf Regionen abgestimmt sind und nicht auf Gebiete innerhalb von Städten. Die Kommission sollte versuchen, für bestimmte Gegenden mit geringer Bevölkerung eine Ausnahme von dem theoretischen Kriterium von 100 000 Einwohnern zu machen.

Wie gedenkt man im Rat mit dieser Frage umzugehen, um die etwas inkonsequente Sonderbehandlung, die sich aus dem vorliegenden Vorschlag ergibt, zu vermeiden?

Frau Ferrero‐Waldner, bitte beantworten Sie zum Abschluß der Fragestunde die Anfrage von Herrn Andersson.

  Ferrero‐Waldner, amtierende Ratspräsidentin . – Herr Präsident! Dem Rat liegt kein Vorschlag der Kommission für ein Programm zugunsten der Städte der Europäischen Union vor. Wie dem Herrn Abgeordneten bekannt ist, sind im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative URBAN für den Zeitraum 1994 bis 1999 generell bestimmte Gemeinschaftsbeihilfen für Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern vorgesehen. Diese Maßnahme fällt aufgrund ihrer Beschaffenheit in die ausschließliche Zuständigkeit der Kommission.

Im übrigen hat die Kommission dem Rat am 18. März 1998 einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates mit allgemeinen Bestimmungen zu den Strukturfonds unterbreitet, in dem Strukturbeihilfen für Problemgebiete in den Städten vorgesehen sind. Der Rat hat die Prüfung dieses Vorschlags noch nicht abgeschlossen. Ein Standpunkt hinsichtlich der Auswahlkriterien für die Problemgebiete in den Städten wurde auch noch nicht festgelegt. Daher ist der Rat nicht in der Lage, die Frage des Herrn Abgeordneten zu beantworten.

  Andersson (PSE).(SV) Ich möchte dem Rat für die Antwort danken. Ich kann verstehen, daß Sie keine Stellung bezogen haben, aber ich möchte Sie doch auf das Problem hinweisen, das in dem von der Kommission vorgelegten Vorschlag enthalten ist.

Ich kann ein Beispiel aus meinem eigenen Land anführen, aus Schweden, das Problem wird es aber sicher auch in Österreich und in vielen anderen Ländern geben. Da nur zwei Prozent der Bevölkerung in den Genuß dieser Hilfe kommen können, bedeutet das für mein Land 185 000 Personen. Wir haben keine Gebiete mit 100 000 Menschen, aber mit vielleicht 30 000 bis 50 000 Menschen, die allerdings fiktiv als 100 000 Menschen gerechnet werden. Das würde im Falle meines Landes bedeuten, daß nur ein Gebiet Hilfe erhalten würde und daß uns diese Unterstützung nur sehr wenig zugute käme. Ich hoffe deshalb, daß Sie dies bei der weiteren Behandlung dieses Problem beachten werden.

  Ferrero‐Waldner . – Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Ich kann nur folgendes sagen: In zwei Artikeln gibt es die Möglichkeit von Ausnahmeregelungen bei der Größe des Zielgebietes. Artikel 9 besagt, daß in Ausnahmefällen auch städtische Gebiete in kleineren Städten, also solchen mit weniger als 100 000 Einwohnern berücksichtigt werden können. Artikel 10 der genannten Mitteilung der Europäischen Kommission präzisiert diese Regelung und gibt an, daß in ordnungsgemäß begründeten Fällen auch Aktionen in Mittel‐ und Kleinstädten unterstützt werden, die unter einem allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang leiden. Hier besteht also die Möglichkeit, daß auch kleinere Städte im Rahmen des Programms URBAN zum Zuge kommen.

  Der Präsident . – Vielen Dank, Frau Ferrero‐Waldner!

Da die für die Anfragen an den Rat zur Verfügung stehende Zeit abgelaufen ist, werden die Anfragen Nr. 19 bis 43 schriftlich beantwortet.(1)

Ich darf der amtierenden Ratspräsidentin erneut für Ihre Anwesenheit und Ihre fundierten Antworten danken.

Damit ist die Fragestunde beendet.

(Die Sitzung wird um 19.05 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wiederaufgenommen.)

VORSITZ: GUIDO PODESTÀ
Vizepräsident

(1) Nicht behandelte Anfragen: siehe Anlage “Fragestunde”.

Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen