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Plenardebatten
Donnerstag, 18. Mai 2000 - Straßburg Ausgabe im ABl.

7. Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Fortsetzung)
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  Ludford (ELDR). (EN) Es war mir eine Freude, mit Frau Buitenweg zusammenarbeiten zu können. Sie hat eine exzellente und umfassende Arbeit geleistet und einen ausgewogenen Text erstellt, der die Möglichkeiten der Kommission auf zweckdienliche Weise stärkt. Dieser Richtlinienvorschlag ist ein Meilenstein für Europa. Es ist richtig, daß Europa das Grundrecht auf Menschenwürde ungeachtet der ethnischen Herkunft rechtlich garantieren muß und Diskriminierung nicht dulden darf. Es ist auch der richtige Zeitpunkt, daß Europa jetzt angesichts der alarmierenden Zunahme der rechtsextremistischen und rassistischen Gewalt ein Rechtsinstrument erläßt.

Ich möchte einige Aspekte des Textes besonders hervorheben. Erstens, die sehr wichtige Einbeziehung des indirekten und institutionellen Rassismus und die Änderungsanträge, die diesen Punkt bekräftigen. Zweitens, die spezielle Aufnahme der Funktionen öffentlicher Wohnungs-, Gesundheits- und anderer staatlicher Behörden, einschließlich polizeilicher Funktionen. Das ist keine Einmischung in einzelstaatliche Zuständigkeiten, sondern ein Beweis dessen, daß die nichtdiskriminierende Gewährung dieser Dienstleistungen eine europäisches Anliegen ist.

Drittens, die Einbeziehung von verdeckter Rassendiskriminierung über die Änderungsanträge Nr. 15 und 29. Mein Fraktion ist nicht dafür, Religion oder Glauben zum Geltungsbereich dieser Richtlinie zu rechnen, da das weit umfassenderer Überlegungen bedarf. Allerdings sind wir der Meinung, daß Ungleichbehandlung dazugehören sollte, wenn sie nur scheinbar auf Religion oder Nationalität beruht, es sich aber in Wirklichkeit um reine und simple Rassendiskriminierung handelt.

Viertens, wie bereits erwähnt, die Aufnahme von Aufstachelung oder Nötigung zur Diskriminierung das ist ganz besonders wichtig. Fünftens, die Rolle der Europäischen Beobachtungsstelle zur Unterstützung der Kommission bei der Überwachung der Umsetzung dieser Richtlinie ich hoffe, die Kommission wird das begrüßen. Sechstens, daß private Clubs oder Vereine einbezogen werden sollen, hält meine Fraktion, auch wenn sie den Änderungsantrag 38 zugrunde liegenden Gedanken versteht, für ziemlich problematisch. Ich will ihnen ein Beispiel geben: Ich vertrete London, und es könnte für Leute aus der Karibik zu einem Problem werden, wenn sie zusammenkommen, um Erinnerungen an ihr Leben in der Karibik während der fünfziger Jahre auszutauschen, und Weiße davon ausgeschlossen wären. Meiner Auffassung nach ist Änderungsantrag 38 nicht gut formuliert.

Schließlich zur Regelung der Beweislast. Ich entlehne hier die Formulierung von Herrn Oostlander, der es ganz richtig ein „Teilen“ oder „Verteilen“ der Beweislast nennt. Es betrübt mich, wenn die sozialistische Fraktion darauf beharrt, es als Umkehr der Beweislast zu bezeichnen, weil das etwas irreführend ist. Es trifft auf die begrenzten Fälle des Rechts auf Chancengleichheit zu, das zum Zivil- oder Verwaltungsrecht gehört. Meine Fraktion stimmt darin zu, daß die Instanz des Arbeitgebers, da sie über die meisten Informationen verfügt, nachweisen muß, daß es keine Verletzung der Gleichbehandlung gab, sobald der Kläger einen prima-facie-Beweis vorgelegt hat.

Ein Letztes. Es wird bei einigen Rednern heute mehr Hitzigkeit als Aufhellung geben, und ich fürchte, vielleicht Herrn Helmer dazurechnen zu müssen, von dessen Bemerkungen ich gestern abend auf dem Rückweg von dem köstlichen Spargelessen einen Vorgeschmack bekam.

(Beifall)

 
  
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  Boumediene-Thiery (Verts/ALE).(FR) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, drei Jahre nach dem Vertrag von Amsterdam und der Aufnahme des berühmten Artikels 13, über den soviel geschrieben worden ist, schlägt der Rat zwei Richtlinien vor, um die Grundsätze des Vertrages umzusetzen.

Wir können diese Absicht des Rates nur begrüßen, gerade in dieser Zeit, da einige traditionelle Rechtsparteien sich nicht scheuen, Vereinbarungen mit der extremen Rechten zu schließen, wie es gestern in Frankreich der Fall war und heute in Österreich und morgen vielleicht in Italien.

So ist es dringend erforderlich, einen europäischen Mindestrahmen für den Kampf gegen Diskriminierungen festzulegen. Die Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft geht in dieser Richtung, indem sie vor allem die Umkehr der Beweislast, die allmähliche Einführung der positiven Diskriminierung – die effizienter ist als die einfache theoretische Gleichstellung – sowie die Anerkennung der indirekten Diskriminierung vorsieht. All diese Aspekte bringen den echten Willen zum Ausdruck, Fortschritte zu erzielen.

Es sind allerdings noch Unzulänglichkeiten hervorzuheben. Einige hat unsere Berichterstatterin genannt. So hat sie die Frage der Kostenlosigkeit der Verfahren für Kläger und die notwendige Ausweitung des Klagerechts auf Gruppen und Vereinigungen angesprochen. Lassen Sie mich jedoch noch auf zwei weitere Mängel hinweisen. Der erste ist allgemeiner Art. Wie kommt es, daß der Rat sich darauf beschränkt, sich ethnischer und rassischer Diskriminierungen anzunehmen, und sich nicht dafür einsetzt, daß ein globaler Rechtsrahmen für alle Diskriminierungen geschaffen wird? Wenn man eine Art von Diskriminierung unter vielen herausgreift, ließe sich daraus schließen, daß bestimmte Diskriminierungen weniger verurteilungswürdig sind als andere. Das ist inakzeptabel.

In Kürze soll über eine zweite Richtlinie, und zwar über Diskriminierungen am Arbeitsplatz, beraten werden. Der Rat sollte also umgehend einen Richtlinienentwurf unter Einbeziehung aller Formen der Diskriminierung vorlegen. Das ist dringend erforderlich, denn am stärksten sind jene ausgegrenzt, die mehrere Arten von Diskriminierungen zu erleiden haben. Wenn man sie nur gegen eine Art von Diskriminierung schützt, so bedeutet das für sie nur eine partielle Hilfe.

Der zweite Mangel liegt darin, daß in dieser Richtlinie nicht von den Diskriminierungen religiöser Art die Rede ist. Persönlich finde ich es äußerst bedauerlich, daß die Diskriminierungen aus religiösen Gründen nicht zusammen mit denen aus rassischen und ethnischen Gründen behandelt wurden, denn diese verschiedenen Arten von Diskriminierungen sind aus meiner Sicht eng miteinander verbunden. Wie soll man beispielsweise die jüdische Identität definieren? Ist der in zahlreichen Ländern nach wie vor ausgeprägte Judenhaß nicht ebenso auf den Antisemitismus, also die ethnische Herkunft, wie auf religiöse Aspekte zurückzuführen? Die Diskriminierungen gegen maghrebinische Volksgruppen in Europa sind ebenfalls doppelter Natur. Man kann vielfach sagen, daß die Angst vor dem Islam als Katalysator für einen Rassismus gegenüber diesen Volksgruppen dient. Wenn man also diese Richtlinie auf Diskriminierungen rassischer und ethnischer Art reduziert, so besteht die Gefahr, daß Raum für widersprüchliche Auslegungen bleibt, mit denen sich dann die Richter herumschlagen müßten.

Abschließend möchte ich sagen, daß ich es für vordringlich halte, daß der Rat sich hinsichtlich der für die Umsetzung des Artikels 13 einzusetzenden Rechtsinstrumente von einem integralen Ansatz leiten läßt. Wenn man den Kampf gegen die Diskriminierungen in verschiedene Texte aufsplittert, so sehe ich dies als abträglich für die Gesamtkohärenz des Instrumentariums zur Bekämpfung der Diskriminierung an.

 
  
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  Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident, ich danke, daß Sie Kommunalpolitiker begrüßt haben, die das umzusetzen haben, was hier beschlossen wird. Aber wir müssen erst einmal unsere Arbeit tun. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß heute vormittag von den Änderungsanträgen, die die Kollegin Ludford genannt hat, immer noch nicht alle Sprachfassungen vorlagen. Ich bitte Sie, bis zur Abstimmung vom Sitzungsdienst klären zu lassen, ob hier nicht die 24-Stunden-Frist greift und ob wir das nicht auf morgen verschieben müssen Ich will das jetzt nicht zum Diskussionsgegenstand machen, aber ich bitte Sie, dies definitiv zu klären, weil heute große Verwirrung geherrscht hat.

 
  
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  Der Präsident. – Herr Kollege Posselt, wir sind daran gewöhnt, daß hier im Haus große Wirrnis herrscht. Aber ich lasse das prüfen.

 
  
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  Krivine (GUE/NGL).(FR) Herr Präsident, die Entschließung ist positiv, und wir werden dafür stimmen. Aber sie wird nur glaubwürdig sein, wenn die Mitgliedstaaten zunächst vor ihrer eigenen Tür kehren. Wie steht es denn um die Glaubwürdigkeit Belgiens, wenn man dort massiv Asylbewerber aus der Gruppe der Sinti und Roma aufgreift und entgegen den Empfehlungen des Parlaments und dem ausdrücklichen Ersuchen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in die Slowakei und nach Bulgarien ausweist? Wie ist es mit der Glaubwürdigkeit der Mitgliedstaaten bestellt, wenn sie bei der Einstellung in ihrem öffentlichen Dienst die Bürger von Drittstaaten diskriminieren und auf diese Weise die Einwanderer, die sie beschäftigen, zu ewiger Arbeitsplatzunsicherheit verdammen?

Was ist von der Glaubwürdigkeit Frankreichs zu halten, wenn ein Vorschlag für ein Verfassungsgesetz das Stimmrecht für Einwanderer aus Drittstaaten bei den Lokalwahlen vorsah, der am 3. Mai von der Nationalversammlung angenommen wurde, heute durch die ablehnende Haltung des Senats, des Präsidenten und den bösen Willen der Regierung blockiert wird? Wie kann man behaupten, jene gegen Diskriminierungen schützen zu wollen, denen man jede Staatsangehörigkeit verweigert?

Man kann Diskriminierungen nur wirksam bekämpfen, indem man der Doppelzüngigkeit der Regierungen ein Ende setzt. Aber dieser Text ist schon ein Schritt auf diesem Wege, den es fortzusetzen gilt.

 
  
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  Ribeiro e Castro (UEN).(PT) Herr Präsident, liebe Kollegen! Es wäre wünschenswert gewesen, daß das Europäische Parlament einen positiven, klärenden und maßgebenden Beitrag zum Vorschlag für eine Richtlinie des Rates leistet, wie es der Initiative der portugiesischen Präsidentschaft entspricht. Leider sind wir nicht sicher, daß dem so ist. Die Änderungsanträge stellen punktuelle Verbesserungen des genannten Textes dar. Abgesehen von Einzelheiten möchte ich persönlich auf das kollektive Klagerecht, die Prozeßkostenhilfe und anderes verweisen, was übrigens im portugiesischen Recht bereits verankert ist. Doch im Mittelpunkt steht die Gefahr, daß die Änderungsanträge, die wir erörtern, alles zunichte machen. Anscheinend wollten die Berichterstatter und andere, die sich mit ihnen identifizieren, zu weit gehen, und in ihrem Drang, zu weit zu gehen, können sie allem erheblichen Schaden zufügen. Uns beunruhigen vor allem drei Punkte: die ungeklärte Frage der Umkehr der Beweislast, die Frage der Nationalität und die Frage der Religion. Das Thema der Beweislastumkehr ist an sich schon schwierig genug. Auch so gibt es Bereiche, in denen sie sich eindeutig rechtfertigen läßt, Unzulässig ist jedoch, daß man anstelle des klassischen Grundsatzes in dubio pro reo eine Regel in dubio pro auctore einführt, vor allem, wenn man nicht klarstellt, ob sich diese Umkehr der Regel auf strafrechtliche Fälle anwenden läßt – und wir wissen, daß es hier Fälle gibt, die den Bereich der Strafgerichtsbarkeit betreffen können. Das wäre eine Verletzung der Grundprinzipien unserer Rechtskultur und von elementaren Verfahrensgarantien, die so alt sind, daß sie in ihrer lateinischen Formulierung erscheinen, also aus dem römischen Recht stammen.

Zweitens die Frage der Nationalität. In uns Portugiesen hat sich im Lauf der Geschichte wohl die größte Vielfalt von Herkunft und ethnischer Abstammung vermischt. Ich selbst und die Freunde, mit denen ich zusammenkomme, wir haben nicht die geringste Vorstellung von unserem Abstammungsregister. Wir wären ein schwieriges Problem sowohl für einen Naziforscher als auch für die Tabellen zur Erfassung ethnischer Daten, die hier vor ein paar Wochen in einem anderen Bericht der Frau Baroness Ludford so gefielen. Wir kennen das Thema Rassismus, der für uns nicht den geringsten Sinn hat, obwohl man ihn bekämpfen muß. Vor allem rassistische Gewalt gilt es mit aller Entschlossenheit zu bekämpfen. Doch man darf die Probleme nicht durcheinanderbringen. Es gibt unterschiedliche Ebenen, und die ethnische Zugehörigkeit ist eine Sache und die Nationalität eine andere. Wenn ein Schwarzer gegenüber einem Weißen diskriminiert wird oder wenn umgekehrt zum Beispiel ein weißer Portugiese zugunsten eines schwarzen Portugiesen oder auch ein schwarzer Portugiese zugunsten eines weißen Portugiesen diskriminiert wird, dann handelt es sich eindeutig um rechtswidrigen Rassismus, der verfolgt werden muß. Wenn es jedoch um den Zugang zu bestimmten Stellen geht und ein Portugiese, unabhängig davon, ob es sich um einen Asiaten, Schwarzen oder Weißen handelt, für diese Stellen geeignet ist, die Bedingungen aber für einen Simbabwer nicht gelten, unabhängig davon, ob es sich um einen Weißen, Schwarzen oder Asiaten handelt, dann geht es hier nicht um Rassismus, sondern um die Staatsangehörigkeit, und das kann rechtmäßig sein. Darin liegt das Problem, und in vielen Änderungsanträgen werden die Begriffe durcheinandergebracht, was verhängnisvolle Folgen haben kann, vor allem in Bereichen wie dem öffentlichen Dienst oder dort, wo man es gar nicht erwartet. Ein anderes wesentliches Thema ist die Religion. Wir wollen klar machen, daß die Organisationsfreiheit der Religionen eine bürgerliche Grundfreiheit ist, die nicht in Frage gestellt, bedroht oder gefährdet werden darf, wie dies in einigen Anträgen geschieht, die gegenwärtig gewürdigt werden.

 
  
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  Turco (TDI).(IT) Herr Präsident, als erstes danken wir der Berichterstatterin, weil es ihr gelungen ist, den Vorschlag der Kommission zu verbessern. Ein besonderer Dank sollte unseres Erachtens jedoch auch an die Kommissarin, Frau Diamantopoulou, gerichtet werden, die verstanden hat, welche Bedeutung die Aufnahme von Artikel 13 in die Verträge hat, und die eine abstrakte Vorschrift in ein Richtlinienpaket umzusetzen vermochte.

Europa entwickelt sich von Tag zu Tag mehr zu einem Kontinent, der, wie wir den Berichten der Vereinten Nationen über den Bevölkerungstrend in Europa entnehmen, Bürger aus Drittstaaten aufnimmt, jedoch insbesondere deren Mitwirkung, Kultur, Fähigkeiten und Initiativen benötigt. In einem derartigen Kontext muß die Union die Grundsätze der Demokratie verwirklichen, indem sie allen Bürgern und allen Gebietsansässigen dieselben Rechte und Pflichten garantiert.

Unter dieser Voraussetzung sind wir sowohl gegenüber dem Bericht als auch gegenüber der Richtlinie in drei Punkten skeptisch: Wir sind entschieden gegen das Prinzip der Beweislastumkehr und lehnen sie ab, weil sie im Widerspruch zu den elementaren Rechtsgrundsätzen steht. Wir glauben nicht, daß der Zweck die Mittel heiligt, sondern daß die verwendeten Mittel auf den Zweck ausgerichtet sein müssen.

Ferner sind wir gegen die Schaffung unabhängiger Stellen in den Mitgliedstaaten, deren Aufgabe darin besteht, die Fragen der Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft zu überwachen. Und zwar weil wir generell kein Vertrauen in Institutionen haben, die sich, im Widerspruch zum Prinzip der Gewaltenteilung, mit den anderen Institutionen überschneiden, mit dem Ergebnis, daß sie entweder das Gleichgewicht zwischen der Legislativen, Exekutiven und Judikativen beeinträchtigen oder keine spezifische Aufgabe finden, weil sie bereits von anderen Einrichtungen wahrgenommen wird.

Und schließlich lehnen wir auch die Hinweise auf die positiven Diskriminierungen ab. Wir sind gegen positive Diskriminierungen von staatlicher Seite im allgemeinen, weil nach unserem Dafürhalten das Verdienst über den Quotenregelungen stehen muß, die letztendlich zu einer unterschiedlichen Behandlung der Individuen führen, die man doch eigentlich damit bekämpfen will. Mit diesen Einschränkungen werden die Abgeordneten der Bonino-Liste den Bericht und die Richtlinie unterstützen, wobei wir uns wünschen, daß das Europäische Parlament und die Kommission die soeben von uns hervorgehobenen Punkte überdenken und die entsprechenden Änderungen vornehmen mögen.

 
  
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  Blokland (EDD).(NL) Herr Präsident! Ich liefere mit gemischten Gefühlen einen Beitrag zu dieser Debatte. Das hängt vor allem mit der Art und Weise zusammen, wie die Behandlung dieses Berichts entgegen dem üblichen Verfahren erzwungen wurde.

Selbstverständlich ist mir klar, welche Bedeutung der Gleichbehandlung von Personen ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft zukommt. Aber gerade weil es sich um ein so wichtiges Thema handelt, hätten das Parlament und vor allem die portugiesische Präsidentschaft gut daran getan, mehr Zeit darauf zu verwenden. Das Zustandekommen des allgemeinen Gesetzes zur Gleichbehandlung hat in den Niederlanden seinerzeit viel Blut, Schweiß und Tränen gekostet. Derartige Erfahrungen, die sicherlich auch andere Mitgliedstaaten gemacht haben, sollten uns zumindest zur Vorsicht und zu einer guten Vorbereitung bei der Behandlung dieses Vorschlags für eine Richtlinie mahnen. Das erfordert die nötige Zeit, nicht zuletzt, weil mit der Umsetzung des heutigen Vorschlags einige Konsequenzen für die bestehenden Rechtsvorschriften und Systeme in den einzelnen Mitgliedstaaten verbunden sind. Man denke nur an die Umkehr der Beweislast.

Die Änderungsanträge des Parlaments gehen noch einen Schritt weiter als der Vorschlag der Kommission. Die Kommission sagt, das Subsidiaritätsprinzip bleibe gewahrt. Ich bezweifle das jedoch. Die Richtlinie habe eine ergänzende Wirkung zu dem von ihr ausgehenden politischen Signal. Solche Signale gehen jedoch mindestens genauso stark von bereits seit langem bestehenden nationalen Gesetzen, die dem Bürger viel näher stehen, und von der allseits bekannten EMRK aus. Vor allem angesichts der weitreichenden Folgen, die diese Richtlinie für die Rechtsetzung und die Rechtssysteme der Mitgliedstaaten haben kann, und der Beeinträchtigung der Souveränität der Mitgliedstaaten, die sie nach sich ziehen wird, wäre eine ausführliche Diskussion über diesen Bericht wünschenswert gewesen.

 
  
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  Raschhofer (NI). – Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Bestürzt über die Vorverurteilung Österreichs durch die 14 Mitgliedstaaten möchte ich den Vorschlag der Kommission ausdrücklich begrüßen. Die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft stellt eine Selbstverständlichkeit dar. Diskriminierung aus diesen Gründen darf in einer modernen Gesellschaft keinen Platz haben. Aber auch bei einem so unbestrittenen Thema kann man über das Ziel hinausschießen. Die von der Kommission vorgeschlagene Beweislastumkehr zöge eine unzumutbare Belastung vor allem der Klein- und Mittelbetriebe nach sich, die fortan über jedes Bewerbungsgespräch Protokoll führen müssen, um im Ernstfall einen Nachweis erbringen zu können. Eine solche Regelung schafft kein Verständnis für Diskriminierungsopfer. Sie ist im Gegenteil der Sache selbst abträglich. Die Präzision der dem Kommissionsvorschlag beigefügten Folgeabschätzung ergibt sich allein aus der Verwendung des Wortes "anscheinend". "Anscheinend", heißt es dort nämlich, "ziehen schon bestehende Regelungen dieser Art keine größeren Probleme nach sich".

 
  
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  Diamantopoulou, Kommission.(EL) Herr Präsident, ich möchte den Damen und Herren Abgeordneten zunächst darlegen, wie die Kommission zum Vorschlag des Parlaments steht und welche Änderungsanträge sie akzeptiert, da dies auch die gesamte Aussprache erleichtert.

Bekanntlich habe ich als zuständige Kommissarin vor wenigen Monaten ein Paket zur Bekämpfung von Diskriminierungen vorgelegt, das zwei Richtlinien und ein Programm umfaßt. Heute debattieren wir eine der beiden Richtlinien, und Sie werden mir gewiß die Bemerkung gestatten, daß dies nur dank der ausgezeichneten Kooperation und der besonders effizienten Arbeit der beiden Parlamentsausschüsse möglich geworden ist, deren Bemühungen meines Erachtens alle Erwartungen übertroffen haben. Zu einer außerordentlich komplizierten Richtlinie mit vielschichtigen Konsequenzen wurde unter Berücksichtigung nationaler Besonderheiten und unterschiedlicher Auffassungen sowie unter Einbeziehung diverser Beiträge aller beteiligten Ausschüsse am Ende ein Bericht erstellt, über den zudem weitgehend Einmütigkeit herrscht. Dazu beglückwünsche ich Frau Buitenweg und Herrn Howitt, alle anderen, die mitgearbeitet haben, sowie die portugiesische Ratspräsidentschaft.

Aus zwei Gründen halte ich die heutige Sitzung für historisch bemerkenswert: Erstens liegt die Forderung nach einem solchen Rechtsakt nun schon seit über zwanzig Jahren auf dem Tisch. Gesellschaftliche Gruppen, politische Parteien, Parlamente, Europaabgeordnete und internationale Konferenzen haben Vorschläge unterbreitet und beharrlich darauf hingearbeitet, daß die großen Probleme des Rassismus und des Verhaltens organisierter Gesellschaften endlich auch auf legislativer Ebene angegangen werden. Nach zwanzig Jahren ist diese Forderung nun erfüllt worden. Wir führen eine Aussprache über diese Richtlinie.

Zweitens: Angesichts der politischen Rahmenbedingungen, angesichts der politischen Probleme, die wir innerhalb der Union in den letzten Monaten mit Fällen von Rassismus auf politischer und gesellschaftlicher Ebene hatten, gehen wir mit dem heute zur Debatte stehenden Dokument zum ersten Mal über reine Absichtserklärungen, über Entschließungen und allgemeine politische Feststellungen hinaus und vollziehen einen konkreten politischen Akt. Die Europäische Kommission hat nach der Vorlage des Berichts durch Ihren Ausschuß äußerst zügig gearbeitet, wobei alle betroffenen Dienste mitgewirkt haben. Ich kann Ihnen nun mitteilen, daß wir mehr als die Hälfte der Änderungsanträge akzeptieren, sei es sinngemäß, sei es zum Teil auch in der vorliegenden Formulierung. Hinzufügen will ich, daß die übrigen Änderungsanträge vor allem aus administrativen oder rechtlichen Gründen nicht angenommen werden können bzw. weil wir nach unseren Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Rat im gesamten Zeitraum meinen, dieser werde sie nicht akzeptieren können. Bekanntlich gehen wir auf der Grundlage von Artikel 13 vor, der nur einen begrenzten Spielraum bietet. Wir müssen uns also innerhalb des vorgegebenen Rahmens bewegen.

Ich möchte nun auf einige Änderungsanträge eingehen. Einverstanden sind wir mit den Änderungen zur Einbeziehung der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts (Änderungsanträge 7 und 59), zum materiellen und persönlichen Geltungsbereich (Änderungsanträge 5, 30, 31, 34, 36 und 37) sowie zu den positiven Maßnahmen (Änderungsantrag 40). Wir unterstützten gleichfalls die in Änderungsantrag 42 enthaltene Idee von Vermittlungsverfahren, den Dialog mit den Nichtregierungsorganisationen (Änderungsanträge 21, 50 und 51) sowie die Änderungsanträge, in denen auf vorangegangene Rechtsakte des Europäischen Parlaments und des Rates verwiesen wird (Änderungsanträge 3, 4, 8, 9 und 12). Ich stimme Ihrem Vorschlag zu, die Rolle der Europäischen Beobachtungsstelle klarer zu akzentuieren – dieses Element werden wir in den Änderungsantrag 59 aufnehmen –, obwohl ich anmerken muß, daß nach den Erfahrungen der Kommission die Vorlage von Berichten durch die Mitgliedstaaten alle zwei Jahre einen außerordentlich hohen Aufwand erfordert, so daß es uns nicht möglich sein wird, die Auswirkungen der entwickelten Politiken korrekt zu bewerten. Sie schlagen weiterhin eine Änderung der Definition des Begriffs indirekte Diskriminierung vor, worauf eine Rednerin noch einmal hingewiesen hat. Ich bin mit den in dem Änderungsantrag enthaltenen Punkten einverstanden, muß aber betonen, daß wir sie so verwenden werden, daß sich die Formulierung weitestgehend mit der Definition des Begriffs durch den Europäischen Gerichtshof in der Sache O' Flynn deckt.

Ich möchte nun etwas zu der in Änderungsantrag 43 vorgeschlagenen Präzisierung des Artikels über die Teilung der Beweislast sagen, obwohl es da wohl erhebliche Probleme bei der Annahme geben wird, wie sich bei der Aussprache hier wie auch im Rat gezeigt hat. Da die Kommission mit diesem Ansatz konform geht, möchte ich jedoch betonen, daß schon vor etlichen Jahren zum Thema Diskriminierung auf Grund des Geschlechts die gleiche Diskussion mit den gleichen Argumenten geführt wurde. Auch damals war man sehr besorgt, welche Auswirkungen solche Maßnahmen auf die Gerichte, wo man ein Überhandnehmen derartiger Fälle befürchtete, sowie auf die Unternehmen haben könnte. Nachdem die Regelung nun viele Jahre angewandt wird, hat sich gezeigt, daß die Befürchtungen unbegründet waren und keinerlei Probleme aufgetreten sind. Vielleicht können wir, gestützt auf diese Erfahrung, den vorgeschlagenen Ansatz dennoch wagen.

Ich bin damit einverstanden – und freue mich über Ihre diesbezügliche Beharrlichkeit –, daß die Richtlinie für alle Personen gelten soll, die sich auf dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhalten, und nicht nur für die Bürger der Gemeinschaft. Ich unterstütze auch Ihren Vorschlag, klarzustellen, daß die Richtlinie für natürliche und juristische Personen gelten soll, muß aber betonen, daß Ihr Hinweis auf nichtformalisierte Zusammenschlüsse von Personen nicht berücksichtigt werden kann, denn dies ist kein juristisch anerkannter Terminus. Grundsätzlich ist natürlich verständlich, was der Begriff besagt, doch solange er juristisch nicht festgeschrieben ist, würde seine Verwendung zu viele Probleme verursachen.

Ich möchte außerdem auf ein Thema eingehen, das das Hohe Haus ganz besonders zu beschäftigen scheint, nämlich die Unterscheidung zwischen Diskriminierung auf Grund der Rasse und der ethnischen Herkunft einerseits und der Religion andererseits. Bei der Ausarbeitung des Vorschlags gab es in der Kommission eine heftige Diskussion darüber, ob das Verbot der Diskriminierung auf Grund der Religion in die betreffende Richtlinie aufgenommen werden solle. Wir haben Verständnis für das Argument, es sei oft schwer, hier deutlich zu differenzieren. Häufig betrifft dies die Situation am Arbeitsplatz, vor allem bei Problemen im Zusammenhang mit der Möglichkeit, sein Gebet zu verrichten, der Freistellung für religiöse Zeremonien sowie besondere Ernährungsvorschriften, die auch an der Arbeitsstelle einzuhalten sind. Deshalb wird auch in der zweiten Richtlinie des Pakets, in der es um Fragen der Beschäftigung und Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt geht, ganz klar auf diese spezielle Form der Diskriminierung Bezug genommen. Sie können sich jedoch sicher vorstellen, wie schwierig und komplex die ganze Sache wird, wenn es beispielsweise um ein weitgehendes Verbot der Diskriminierung auf Grund der Religion im Bildungswesen geht, und wie schwierig sich die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten über die Richtlinie gestalten würden, wo diametral entgegengesetzte Auffassungen herrschen. Wir begrüßen jedoch Ihren Ansatz, wenn in den Änderungsanträgen 15 und 29 darauf hingewiesen wird, daß mancher möglicherweise versuchen wird, Diskriminierung auf Grund der ethnischen Herkunft als unterschiedliche Behandlung auf Grund der Religion hinzustellen. Ich stimme zu, daß die Richtlinie in diesem Punkt gestärkt werden muß und daß auch die Mitgliedstaaten die Justiz- und anderen zuständigen Behörden unbedingt darauf aufmerksam zu machen haben, daß diese Gefahr besteht, wenn es um das Recht geht, sich auf dem Gerichtsweg gegen Diskriminierung zur Wehr zu setzen.

Ich möchte auch noch kurz etwas zu den unabhängigen Stellen sagen: Einige Vorstellungen, die Sie über deren Rolle formuliert haben, finden meine Zustimmung, vor allem insofern, als sie wirklich unabhängig sein müssen. Allerdings können wir uns nicht weiter im Detail mit deren Aufbau und Arbeitsweise befassen, denn das ist Sache der Mitgliedstaaten.

Die Zahl der von uns angenommenen Änderungsanträge ist in der Tat außerordentlich hoch, und Sie werden mir sicher zustimmen, daß es nun zu prüfen gilt, wie diese Vorstellungen so in den geänderten Vorschlag zu integrieren sind, daß die Struktur und Ausgewogenheit des Textes gewahrt bleibt und der Vorschlag auch noch Chancen hat, vom Rat gebilligt zu werden. Der goldene Mittelweg – soweit dürften wir uns alle einig sein – verläuft doch zwischen dem Wünschenswerten und dem Machbaren.

Gestatten Sie mir eine ganz kurze Bemerkung zu den wichtigsten Änderungsanträgen, die nicht akzeptiert werden können. Zunächst haben Sie Bedenken dagegen, daß konkrete Institutionen wie die Polizei oder die Justizbehörden in dem Entwurf nicht im einzelnen genannt werden. Wie die Berichterstatterin ganz richtig betont hat, kann die Richtlinie nur dort zur Wirkung kommen, wo der Gemeinschaft auch Zuständigkeiten übertragen wurden. Dies gilt nicht für die justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen sowie für die polizeiliche Zusammenarbeit. Beides fällt in den Geltungsbereich des Vertrages über die Europäische Union. Wir sind deshalb damit einverstanden, daß im Änderungsantrag 37 allgemein von öffentlichen Gremien die Rede ist, dem speziellen Verweis auf Polizei sowie zivilrechtliche Justizbehörden kann ich jedoch konkret nicht zustimmen.

Eine Bemerkung zu einem sehr umfassenden Thema, nämlich den besonderen Problemen im Bereich der Einwanderungs- und Asylpolitik: Die Kommission möchte hier auf Grund der enormen Kompliziertheit der Problematik lieber schrittweise vorgehen, und bei der Ausarbeitung konkreter Rechtsetzungsinstrumente für die Politik hinsichtlich der Aufnahme von Asylsuchenden und Immigranten wird sie die Situation bewerten und prüfen, inwieweit die Aufnahme einer Ad-hoc-Klausel gegen Diskriminierungen die am besten geeignete Lösung darstellt. Es gibt noch andere Punkte, zum Beispiel öffentliche Aufträge, bei denen die Rahmenbedingungen die Berücksichtigung solcher Kriterien nicht zulassen, oder das Problem der statistischen Angaben. Hier verstehe und teile ich Ihre Befürchtungen, es werde möglicherweise an Daten fehlen, möchte aber hinzufügen, daß eines der Hauptziele des Aktionsprogramms die Erstellung von Datenbanken auf europäischer Ebene ist. Schließlich sei darauf verwiesen, daß wir als europäische Institutionen natürlich verpflichtet sind, die den Mitgliedstaaten unterbreiteten Vorschläge auch umzusetzen. Bei der Reform, an der gegenwärtig im Rahmen der Kommission gearbeitet wird, ist die Richtlinie in vollem Ausmaß berücksichtigt worden.

Ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihr Verständnis und dafür, daß Sie meinen Ausführungen so geduldig gefolgt sind, doch mußte ich auf eine Reihe außergewöhnlich komplizierter Änderungsanträge und Artikel eingehen, damit dem Hohen Haus möglichst verständlich dargelegt wird, welche Punkte akzeptiert werden können – wie Sie festgestellt haben, sind es sehr viele.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, wenn der gemeinsame politische Wille besteht und wir weiter so ausgezeichnet zusammenarbeiten, können wir eine kleine Vision Wirklichkeit werden lassen, daß nämlich Europa eine grundsätzliche Verpflichtung hinsichtlich des Rassismus eingeht.

(Beifall)

 
  
  

VORSITZ: DAVID MARTIN
Vizepräsident

 
  
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  Martens (PPE-DE).(NL) Herr Präsident! Wir sprechen hier über einen außerordentlich wichtigen Bericht, und ich danke der Frau Kommissarin für ihre Erläuterungen zu den Änderungsanträgen. Die internationale Gemeinschaft mißt der Bekämpfung von Rassismus sehr viel Bedeutung bei, und dies steht auch auf der Agenda der Mitgliedstaaten ganz oben. In bezug auf die Verteidigung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhaß und Intoleranz gibt es jedoch noch viel zu tun.

Es wird auch immer deutlicher, daß die Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union unentbehrlich ist. Vor allem in einem offenen Binnenmarkt mit dem freien Verkehr von Waren, Personen und Dienstleistungen ist eine weitere Abstimmung in bezug auf den Anwendungsbereich, den Inhalt und die Möglichkeiten der Durchsetzung sehr wichtig.

Ich beglückwünsche Frau Buitenweg zu ihrem Bericht. Es ist ein außerordentlich guter Bericht über die Gleichbehandlung von Personen ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft im allgemeinen. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, daß vor allem Frauen überproportional von Diskriminierung betroffen sind. Innerhalb dieser Gruppe werden Frauen und Mädchen aufgrund ihrer Rasse oder ihrer ethnischen Herkunft häufig doppelt diskriminiert.

Ich habe noch vier Punkte. Organisationen oder andere juristische Personen, die den Kampf gegen Diskriminierung zum Ziel haben, sollten das Recht haben, ein Verfahren einzuleiten, um die Einhaltung bzw. Anwendung dieser Richtlinie zu fördern, oder aber Opfer bei ihrer Klage zu unterstützen. Es ist meiner Ansicht nach auch empfehlenswert, daß es in jedem Mitgliedstaat, wie es bei uns in den Niederlanden der Fall ist, eine unabhängige Stelle gibt, die über die Klagen urteilt. Bei uns nennt sich diese Stelle Ausschuß für Gleichbehandlung, und sie arbeitet außerordentlich gut und effektiv und ist eine unabhängige Einrichtung.

Ich begrüße den Änderungsantrag meiner EVP-Kollegin Frau Smet, in dem dafür plädiert wird, die Richtlinie auch auf Wahlen beispielsweise von Arbeitnehmervertretungen in den Betriebsräten anzuwenden. Das wäre meiner Ansicht nach eine Verbesserung.

Abschließend möchte ich noch kurz etwas zu dem Problem der Beweislastumkehr sagen. Es ist bereits angesprochen worden. Im Volksmund heißt das Umkehr der Beweislast bei möglicher Diskriminierung. Für Frauen gilt dieser Grundsatz bereits. Dasselbe System wird nun auch für diese Richtlinie vorgeschlagen.

Für eine wirkliche Bekämpfung von Diskriminierung ist es sehr wichtig, ich würde sogar sagen unentbehrlich, daß dieses System in Kraft tritt. Wie die Frau Kommissarin schon sagte, in der Praxis hat es in anderen Bereichen noch nie Schwierigkeiten gegeben. Ein Grund mehr, die Richtlinie hier im Parlament anzunehmen und rasch umzusetzen.

(Beifall)

 
  
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  Karamanou (PSE).(EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, zweifellos kommen diese äußerst wichtige und – wie Sie sagten – historische Richtlinie sowie die diesbezüglichen Vorschläge des Europäischen Parlaments zum richtigen Zeitpunkt. Jawohl, zum richtigen Zeitpunkt! Die Bekämpfung von Diskriminierungen auf Grund der Rasse oder der ethnischen Herkunft bzw. religiöser Überzeugungen ist gegenwärtig zu einer dringlichen Aufgabe auf dem europäischen Kontinent geworden. Das Wiederaufleben intoleranter, nachgerade mittelalterlicher Denkweisen, die Entstehung von Parteien auf der Basis rassistischer Überzeugungen sowie die um sich greifende Gewalt zeugen davon, daß sich der Respekt vor dem Anderssein, der ein Merkmal entwickelter Gesellschaften darstellt, noch nicht zur Gänze durchgesetzt hat.

Ganz eindeutig werden die ideologischen und politischen Auseinandersetzungen im 21. Jahrhundert zwischen einer fortschrittlichen, kosmopolitischen Auffassung, die den multikulturellen Charakter unserer Gesellschaft akzeptiert, und dem Fundamentalismus, der auf die Andersartigkeit von Menschen mit Angst und Ablehnung reagiert und Rassimus und Fremdenfeindlichkeit propagiert, ausgetragen. Deshalb muß sich die Europäische Union auch in rechtlicher Hinsicht wappnen und den Prozeß der Vollendung des gemeinsamen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für alle, die auf dem Hoheitsgebiet der EU-Mitgliedstaaten leben, beschleunigen.

Nach Billigung der Richtlinie durch den Rat werden die Mitgliedstaaten folgenden Punkten hoffentlich bald unmittelbare Priorität beimessen: erstens der justitiellen Zusammenarbeit und der Harmonisierung des Strafrechts, zweitens der Schulung der staatlichen Stellen sowie der Arbeitgeber bezüglich der Umsetzung der Richtlinie für alle natürlichen und juristischen Personen, drittens der Anwendung der Charta der Europäischen Parteien von 1997 für den Schutz der Grundrechte und die Bekämpfung aller Formen rassistischer Gewalt, viertens dem kollektiven Klagerecht einzelnder Diskriminierungsopfer, fünftens der Gewährleistung von Zugangsmöglichkeiten von Minderheiten zur beruflichen Bildung, zur Beschäftigung, zur Gesundheitsfürsorge, zum Sozialschutz sowie den Rentensystemen und deren Teilnahme an der Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie am kulturellen Leben.

Außerdem gilt es, die Bürger im Hinblick auf direkte und indirekte Diskriminierung zu sensibilisieren, die Anwendung des gemeinschaftlichen institutionellen Rahmens zu überwachen und eine Einwanderungspolitik der Union auf der Grundlage jener Prinzipien zu konzipieren, die in dieser so wichtigen Richtlinie festgeschrieben sind.

 
  
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  Lynne (ELDR). (EN) Dieses ist die erste Richtlinie, die wir auf der Grundlage von Artikel 13 debattieren, und es ist ein sehr guter Start in unserem Kampf gegen jegliche Diskriminierung überall in der EU. Mitglieder des Europäischen Parlaments und Nichtregierungsorganisationen haben äußerst hart daran gearbeitet, damit Artikel 13 in den Vertrag Eingang findet. Ich erhoffe mir weitere Richtlinien, als erstes vielleicht zum Problem der Behinderung.

Ursprünglich war ich gegen eine gesonderte Betrachtung des Rassismus. Ich hätte das Thema lieber im Zusammenhang mit der Richtlinie zur Beschäftigung und mit dem Aktionsprogramm gesehen. Die gegenwärtige Ausweitung des Rassismus überall in der EU hat mich jedoch von der Dringlichkeit überzeugt. Zahlreiche Abgeordnete haben heute einzelne Fälle angeführt.

Ich hoffe, der portugiesischen Präsidentschaft wird es in intensiver Arbeit gelingen, diese Richtlinie zu verabschieden und zu gewährleisten, daß wir dieses Rechtsinstrument zum Rassismus auch wirklich bekommen. Wir müssen die Botschaft vermitteln, daß wir gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der gesamten EU auftreten. Daher freue ich mich, daß wir heute die Abstimmung vornehmen.

Lassen Sie mich auf einige Änderungsanträge besonders eingehen. Mir ist sehr wohl bewußt, wie Menschen durch einen gewissen europäischen Jargon ausgegrenzt werden. Deshalb wollte ich, daß Änderungsantrag 48 über den Gebrauch einer einfachen Sprache aufgenommen wird. Zu Änderungsantrag 43: Über die Beweislast wurde bereits gesprochen. Hier läuft es auf eine Teilung der Beweislast hinaus. Der Kläger muß nun einmal Tatsachen beibringen, und es wurde bereits gesagt, daß das bei der Chancengleichheit von Männern und Frauen in europäischen Rechtsvorschriften ebenso ist. Änderungsantrag 51: Es freut mich, daß Wohltätigkeits- und Nichtregierungsorganisationen konsultiert werden sollen. Sie befinden sich an vorderster Front; sie wissen, wovon sie reden.

Schließlich möchte ich noch meinen Glückwunsch an Frau Buitenweg und Herrn Howitt vom Ausschuß für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zu der besonders engen Zusammenarbeit bei der Vorlage eines ausgezeichneten Berichts anfügen.

 
  
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  Ceyhun (Verts/ALE). – Danke, Herr Präsident. Seit dem Amsterdamer Vertrag und dem Innenpolitischen Gipfel in Tampere ist in Europa viel in Bewegung geraten. Dies ist ein erfreulicher Schritt. Das Aktionsprogramm gegen Diskriminierung, zwei Richtlinienvorschläge der Kommission, die Eröffnung der Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und letztendlich die Schaffung von Artikel 13 setzen unwiderruflich ein Signal. Eine derartige Nichtdiskriminierungsklausel war zuvor in den Verträgen nicht enthalten. Die europäischen Organe können nun auf der Grundlage von Artikel 13 geeignete Vorkehrungen treffen, um bestimmte Diskriminierungen zu bekämpfen.

Auch das Europäische Parlament hat nun seinen Beitrag geleistet. Meine Kollegin, Frau Buitenweg, hat unter Zeitdruck einen im Ausschuß für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten viel beachteten Bericht zu diesem Diskriminierungspaket vorgelegt, über den nun abgestimmt wird.

Insgesamt gestalten ihre rund 55 Änderungsanträge die Kommissionsvorlage sehr viel konkreter. Sie hat viel erreicht. Der vorliegende Vorschlag ist die erste Umsetzung von Artikel 13. Er betrifft die Gleichbehandlung ohne Unterschied der Hautfarbe oder der ethnischen Herkunft. Es werden nicht nur die wichtigsten Lebensbereiche, wie Zugang zur Beschäftigung und Gleichbehandlung am Arbeitsplatz, Bildung, Sozialschutz und soziale Sicherheit angesprochen. Die Kommission versucht auch, an die Erfahrungen in den Mitgliedstaaten anzuknüpfen. Die Regelung der Umkehr der Beweislast wird die Richtlinie zu einem wichtigen Instrument werden lassen. Nun muß der Beklagte glaubhaft beweisen, daß keine Diskriminierung vorliegt.

Auch der Anwendungsbereich wird erweitert. Der Schutz vor Diskriminierung wird auch auf Verbände und Gruppen von Personen ausgedehnt. Die große Mehrheit des Ausschusses ist der Berichterstatterin gefolgt. Die Abstimmung heute ist eine konsequente Fortsetzung dieser Entscheidung.

Ich danke meiner Kollegin ausdrücklich für ihre hervorragende Arbeit und gehe davon aus, daß wir heute mit großer Mehrheit diesen Bericht verabschieden werden, auch wenn die zuständige Kommissarin heute hier bekanntgegeben hat, daß sie die Hälfte der Änderungsanträge nicht übernehmen kann. Dennoch wird heute hier ein sehr wichtiger Schritt getan und ein Signal gesetzt.

 
  
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  Sylla (GUE/NGL).(FR) Herr Präsident, ich möchte ebenfalls unsere Kollegin Frau Buitenweg zu ihrer ausgezeichneten Arbeit beglückwünschen. Wenn man heute konkrete Maßnahmen gegen Diskriminierungen ergreift, so bedeutet das, gegen die Spitze des Eisbergs des Rassismus anzukämpfen, der sich schleichend im Herzen unserer Länder breitmacht. Jene täglichen Quälereien und Demütigungen können ernste Konsequenzen haben und auf jeden Fall die Logik der Integration in Frage stellen.

Lassen Sie mich hier, in Ihrer Gegenwart, Herr Präsident, Frau Kommissarin, noch einmal das Beispiel jenes jungen Straßburgers anführen, der vor zwei Monaten ein Unternehmen in dieser Stadt hereingelegt hat, indem er zwei Bewerbungsschreiben einsandte, die vollkommen identisch waren, mit einer Ausnahme, daß das eine einen französischen Namen und das andere einen ausländischen Namen trug. Natürlich wurde der Bewerber auf die Bewerbung mit dem französisch klingenden Namen hin zu einem Gespräch eingeladen, und auf die andere mit dem ausländisch klingenden Namen erhielt er eine Absage.

Oder denken wir an die jungen Menschen, denen der Zutritt zu Diskotheken verweigert wird, nur weil sie dunkelhäutig sind. Da ist es doch wohl verständlich, daß sie sich dann in ihre Wohngebiete, ihre Viertel zurückziehen, wo sie sich als Banden von sozial Ausgeschlossenen oder Banden gleicher ethnischer Zugehörigkeit zusammenfinden, um sich wenigstens miteinander zu amüsieren. Diese Diskriminierungen begünstigen doch die Abkapselung und grenzen diese Jugendlichen noch weiter aus.

Wenn Sie dann diesen Jugendlichen – und da wird es kompliziert – etwas von Bürgersinn und Staatsbürgerschaft erzählen, so betrachten sie dies als Beleidigung, denn für sie betreffen die Diskriminierungen alle Bereiche und alle Phasen ihres Lebens. Ihren jüngeren Geschwistern verwehrt man den Zugang zu Schulen, ihnen verwehrt man die Zulassung zu einem Praktikum, ihrer Familie verweigert man den Zugang zu einer Wohnung, zu Gesundheitsfürsorge. Es kam und kommt also darauf an, den Opfern einen Rechtsrahmen zu bieten, der sie schützt.

Die Annahme des Berichts und die Umsetzung der Richtlinie stellen eine starke politische Geste dar. Auf diese Weise könnte die Union beweisen, daß sie sich der Millionen Menschen annimmt, die auf ihrem Gebiet leben, und daß sie konkret etwas tut, um die rassistischen Spannungen zu verringern, aber auch, daß sie die Vielfalt ihrer Bevölkerung als ein Merkmal ihrer Identität anerkennt. Dies wäre die richtige politische Antwort auf das Wiederaufleben des Rechtsextremismus und profaschistischen Ideenguts in Europa.

Zu einem Zeitpunkt, da manche zu Recht an der Union zweifeln, könnte sie auf diese Weise auch beweisen, daß sie nicht nur eine Koalition zur Verteidigung der wirtschaftlichen Interessen der reichen Länder ist, sondern daß sie sich auf die Werte der Freiheit, der Toleranz und der Solidarität gründet. Aus all diesen Gründen müssen wir für diesen Bericht stimmen.

Wir sind uns bewußt, daß der Bericht und die Richtlinie ihre Grenzen haben, daß sie nicht alle Probleme regeln werden. Die meisten Länder haben bereits gesetzliche Bestimmungen gegen Rassismus und Diskriminierungen, die auch in einigen Verfassungen verankert sind. Aber die diskriminierenden Praktiken gehen weiter. Zugegebenermaßen fehlt es oftmals an einem echten politischen Willen zur Umsetzung dieser Texte.

In Frankreich gab es im vergangenen Jahr nur 14 Klagen und rechtskräftige Verurteilungen wegen Diskriminierung. Niemand wird sich von dieser geringen Anzahl von Klagen täuschen lassen, vor allem nicht die Menschenrechtsorganisationen, bei denen Tausende von Klagen eingehen. Zumeist werden die Klagen ohne weitere Bearbeitung bei der Polizei abgelegt. Sie haben keine staatsanwaltlichen Ermittlungen zur Folge. Man meint, wichtigeres zu tun zu haben. Meiner Meinung nach gibt es jedoch nichts wichtigeres als etwas für die Verbesserung des Schicksals und des Alltags von Menschen zu tun. Die Ausweitung der Befugnisse der Vereinigungen, wie es der Bericht von Frau Buitenweg zu Recht vorschlägt, ist eine gute Sache, aber die Staaten dürfen nicht ihre Verantwortung auf die Vereinigungen abwälzen. Die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes liegt in der Tat in der Verantwortung der Staaten.

Heute stehen die Vereinigungen an der Spitze des Kampfes gegen die Diskriminierungen. Sie müssen häufig die Klagen entgegennehmen, sich auf die Suche nach einem Anwalt und einer adäquaten Rechtshilfe machen und manchmal die Gerichtsvollzieher aufscheuchen, um diese Diskriminierungen selbst feststellen zu lassen. Der Bericht von Frau Buitenweg empfiehlt, die Vereinigungen mit finanziellen Mitteln auszustatten, aber ich bezweifle, daß die Staaten dies tun werden, da sie gleichzeitig durch den Stabilitätspakt gezwungen werden, ihre Haushaltsmittel zu kürzen.

Ich möchte auch nicht, daß man die Zahlung einiger Beihilfen an die Vereinigungen zum Vorwand nimmt, um die Verringerung der Zahl der heute auszubildenden Polizei- oder Justizbeamten zu rechtfertigen.

Abschließend möchte ich noch auf ein anderes Problem hinweisen: die unterschiedliche Anwendung des Staatsbürgerschaftsrechts. Ein Kind ausländischer Eltern in einem EU-Land sieht sich heute zwei Situationen gegenüber. Wurde der junge Mensch in Frankreich geboren und unterliegt dem Staatsbürgerschaftsgesetz, so kann er sich im Falle der Verweigerung einer Anstellung unter diskriminierenden Bedingungen auf die Schutzbestimmungen des Rundschreibens berufen. Zahlreiche junge Menschen der zweiten oder dritten Generation, die in einem Land wie Deutschland oder Österreich geboren wurden, wo das Recht des Blutes Vorrang hat, bleiben im Gegensatz dazu auf immer Ausländer und genießen keinerlei rechtlichen Schutz. Ich weiß, daß dies nicht Gegenstand des Berichts von Frau Buitenweg war, wollte aber darauf hinweisen, da ich es sehr bedauerlich finde, daß innerhalb der EU in ein und derselben Situation so unterschiedliche Behandlungen möglich sind.

Das Parlament und die Kommission sollten den Rat ersuchen, in dieser Frage tätig zu werden, um mehr Kohärenz in den Rechtsvorschriften herzustellen. Auf jeden Fall gebührt Frau Buitenweg unsere Anerkennung, und ich spende diesem Bericht meinen uneingeschränkten Beifall.

(Beifall)

 
  
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  Thorning-Schmidt (PSE).(DA) Der Beitrag des letzten Redners wurde nicht korrekt übersetzt, weil es zu schnell ging. Ich möchte deshalb die nächsten Redner bitten, so zu sprechen, daß die Dolmetscher nachkommen.

 
  
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  Der Präsident. Ja, ich habe Herrn Sylla gebeten, langsamer zu sprechen. Doch es steht ihm frei, meinen Rat anzunehmen oder nicht. Aber Sie haben recht: Die Folge davon ist, daß man ihn in anderen Sprachen nicht hört.

 
  
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  Callanan (PPE-DE). (EN) Herr Präsident! Im Mittelalter suchten sich Schlägertrupps und Rowdygruppen ältere Frauen aus und beschuldigten sie der Hexerei. Man stieß sie dann in den Dorfteich. Ertranken die armen Seelen, war ihre Unschuld erwiesen; überlebten sie, so zeugte das von ihrer Schuld, und sie wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt. In jedem Fall war das Ergebnis dasselbe.

Im 20. Jahrhundert gab es in China während der Kulturrevolution ein ähnliches Beispiel. Die Roten Garden beschuldigten Intellektuelle des bourgeoisen Denkens. Gaben sie es zu, waren sie schuldig aber natürlich zu heilen , doch wenn sie die Anschuldigung zurückwiesen, verurteilte man sie gerade deshalb, weil sie sich weigerten, ihre Schuld zuzugeben. An diesen beiden Fällen sehen wir, wie gefährlich es ist, wenn man die Beweislast dem Beschuldigten auferlegt. Unsere Rechtssysteme haben die Beweislast immer zu Recht dem Kläger zugeschrieben, nicht dem Beklagten. Sie sind immer davon ausgegangen, daß eine Person unschuldig ist, solange ihre Schuld nicht erwiesen ist.

Heute, im Europa des 21. Jahrhunderts, machen wir den Vorschlag, von diesem fundamentalen Rechtsgrundsatz abzugehen und statt dessen die Methoden der mittelalterlichen Hexensucher und der chinesischen Roten Garden zu übernehmen. Wir schlagen vor, die Beweislast dem Beschuldigten aufzuerlegen, und haben sogar Änderungsanträge, die darüber hinausgehen und im Zweifel für den Kläger und nicht für den Beklagten sprechen.

Dann gibt es da das leider stark um sich greifende Problem der böswilligen Behauptungen, die sehr vielen Arbeitgebern großen Aufwand und hohe Kosten verursachen. Meine eigene Partei wurde von zahlreichen Linken des Rassismus beschuldigt, weil sie zur Frage der Asylbewerber im Vereinigten Königreich deutlich ihre Meinung kundgetan hatte.

(Zwischenrufe)

Für den Arbeitgeber sind die mit einer Anhörung vor Gericht verbundene Zeit und die Unannehmlichkeiten, selbst wenn es ihm gelingt, sich gegen ungerechtfertigte Anschuldigungen erfolgreich zu verteidigen, eine enorme Belastung. Angesichts der Voreingenommenheit dieser Regelung für den Kläger und des herrschenden Klimas der political correctness, wovon wir besessen zu sein scheinen, werden viele unschuldige Arbeitgeber ihren Fall oft sogar verlieren, werden Strafen nebst Gerichtskosten zu bezahlen haben und Zeit einbüßen.

Dieses Gesetz, ich sage es mit Bedauern, ist eine Aufforderung an Störenfriede und Streitlustige, leichtfertige und schikanöse Klagen vorzubringen oder möglicherweise sogar die Androhung einer Klage auszunutzen, um sich einen finanziellen Vorteil zu sichern.

(Zwischenrufe)

Es droht natürlich noch eine andere Gefahr, und zwar die, daß Arbeitgeber angesichts möglicher Klagen erfolgloser Bewerber, die einer ethnischen Minderheit angehören, es vielleicht sogar vermeiden, diese überhaupt in die engere Wahl zu ziehen. Das wäre eine fürchterliche Katastrophe und widerspräche völlig dem Geist der Richtlinie. Wie so oft in diesem Hohen Hause haben wir es versäumt, die möglichen unbeabsichtigten Folgen zu durchdenken.

Dieses Rechtsinstrument ist auf europäischer Ebene unnötig. Die meisten Mitgliedstaaten haben bereits ihre eigenen Anti-Diskriminierungsmaßnahmen, die so gestaltet sind, daß sie ihrer eigenen Kultur und ihren eigenen Bedingungen gerecht werden.

Ich sage mit Stolz, daß ich gegen Diskriminierung und Rassismus in allen Formen bin, aber diese irrationale und ungerechte Gesetzgebung wird Europa bei vielen meiner Wähler weiter in Verruf bringen. Es freut mich sagen zu dürfen, daß sich auch die übrigen Mitglieder meiner Delegation dieser Ablehnung anschließen werden.

 
  
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  Ford (PSE). (EN) Herr Präsident! Ich will drei Bemerkungen machen. Erstens möchte ich der Berichterstatterin, all denjenigen, die den Entwurf erarbeitet haben, und der Kommission insbesondere Kommissarin Diamantopoulou für die Richtlinie und den vorliegenden Bericht danken.

Es hat lange gedauert. Ich war 1986 Vorsitzender des parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlaments über das Anwachsen von Rassismus und Faschismus in Europa, als unser Berichterstatter, Herr Evregenis, solch ein Gesetz vorschlug. 1990 war ich selbst Berichterstatter für den Ausschuß über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, der diese Forderung aufgriff.

Ich denke, in gewisser Hinsicht hat sich das Warten gelohnt. Wir haben jetzt ein Rechtsinstrument, das sich im Leben von zwölf bis vierzehn Millionen in der Europäischen Union lebenden Bürgern aus Drittländern und auf die vier Millionen schwarzen Europäer wirklich auswirkt.

Zweitens, und ohne ein Jota von meiner Unterstützung des Berichts und der Richtlinie als Ganzes abzugehen, wird der Rat eine Reihe offener Fragen klären müssen: Fragen zu repräsentativen Aktionen, zur Definition der indirekten Diskriminierung und, was der letzte Redner sagte, zur Beweislast.

Letztere muß handhabbar sein, weil wir andernfalls meinem Vorredner eine Freude bereiten würden! Die beste Grundlage bildet das bestehende Recht zur Beweislast, das durch nunmehr 25 Jahre Einzelfallrecht untermauert wird, und da, wo es keine Zahlen gibt, reicht die Expertenmeinung aus.

Drittens und letztens möchte ich meine Kolleginnen und Kollegen von der EVP-Fraktion warnen. Viele unter ihnen ich glaube die große Mehrheit waren ehrlich besorgt, daß die parlamentarischen Verfahren ihnen nicht genügend Zeit zur Abwägung aller Details lassen. Doch einige wenige haben eindeutig finsterere Motive. Wo Herr Haider und Herr Le Pen im Hintergrund lauern, der Vlaams Blok und die Movimento Sociale Fiamma Tricolore Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verbreiten, sollte die EVP-Fraktion in ihrer Gesamtheit nicht überrascht sein, wenn man angesichts fortgesetzter technischer Einwände zu dem Schluß kommt, daß das ein nur schlecht verhüllter Versuch ist, diese Vorschläge, die von der überwiegenden Mehrheit Europas so sehr begrüßt werden, zu blockieren. Wer mit Hunden zu Bett geht, wird mit Flöhen aufstehen.

 
  
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  Thors (ELDR).(SV) Herr Präsident! In The Economist ist zu lesen, daß wir bis zum Jahr 2015 13,5 Millionen Immigranten brauchen, um die anstehenden Aufgaben in Europa zu lösen. Die International Herald Tribune schreibt, daß wir diese Zuwanderung und Anwerbung nicht bewältigen werden. In den anderen Erdteilen weiß man um den wachsenden Rassismus in Europa und bevorzugt daher andere Kontinente, das heißt Amerika, anstatt Europa, eben wegen des Rassismus.

Wir sprechen uns im allgemeinen gegen Rassismus aus, weil wir Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit bekämpfen wollen. Vielleicht müssen wir aber auch, um unserer eigenen Zukunft willen, gegen ihn angehen. Diejenigen, die sich für Unternehmergeist und Kleinunternehmertum aussprechen, handeln wider besseres Wissen, wenn sie diesen Richtlinienvorschlag nicht unterstützen.

Ich persönlich befürworte die meisten Änderungsanträge, wobei mich jedoch ein Punkt beunruhigt. Es geht dabei um den Änderungsantrag 29, in dem vorgeschlagen wird, daß ethnische Herkunft, die sich in unterschiedlicher Behandlung aufgrund von Religionszugehörigkeit, Überzeugungen oder Nationalität manifestiert, als Diskriminierung zu betrachten ist. Ich befürchte, daß dies seinen Zweck verfehlt. Im schwedischen Gesetz über Maßnahmen gegen ethnische Diskriminierung steht ausdrücklich, daß ethnische Zugehörigkeit nach diesem Gesetz bedeutet, daß jemand einer Gruppe von Personen derselben Rasse, Hautfarbe, nationaler oder ethnischer Herkunft oder eines gemeinsamen Glaubensbekenntnisses angehört. Die von uns angestrebte Erweiterung kann in der Praxis eine Einschränkung bedeuten. Nach der allgemeinen Auslegung der ethnischen Zugehörigkeit schließt diese faktisch die Nationalität mit ein. Daher werde ich nicht für diesen Änderungsantrag stimmen. Er widerspricht dem, was ich für richtig halte.

 
  
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  Lambert (Verts/ALE). (EN) Ich möchte Frau Buitenweg und Herrn Howitt für die geleistete Arbeit danken, die sowohl von persönlichem als auch von politischem Engagement zeugt. Wie andere Redner schon sagten, ist dies eine Richtlinie, die unsere Bestrebungen wiedergibt und die zeigt, was für ein Europa wir erschaffen wollen. Sie ist, ausnahmsweise einmal, für das Leben vieler Menschen in der Europäischen Union von unmittelbarer Bedeutung. Für meinen Londoner Wahlkreis, in dem die Bevölkerung großenteils ethnischen Minderheiten angehört und wo es zunehmend mehr Kinder aus gemischten Beziehungen gibt, ist es eine äußerst wichtige Richtlinie. Sie ist sogar noch wichtiger für solche Gebiete, in denen die Leute zu Unrecht meinen, es bestehe keine Notwendigkeit für Gesetze gegen Rassismus und Diskriminierung, da es keine erkennbaren Nichtweißen gebe. Aber sie werden dennoch Parteien wählen, die für eine rassistische oder Anti-Asylantenpolitik eintreten, weil sie Angst vor dem Unbekannten und dem Anderssein haben.

Ich begrüße diese Richtlinie. Es freut mich, daß der Rat die Dringlichkeit verspürt. Das wird sich vermutlich in der Bereitschaft widerspiegeln, die Meinung des Parlaments zu übernehmen. Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, daß wir in diesem Hause regelmäßig andere Länder und Regierungen auffordern, die Rechte ethnischer Minderheiten zu respektieren und die allgemeinen Menschenrechte zu achten. Uns selbst müssen wir die höchsten Normen auferlegen.

Es wird nicht einfach sein, diese Richtlinie umzusetzen, und ich denke dabei nicht an die Stimmenzahl. Die Umsetzung verlangt von uns, daß wir die Funktionsweisen aller unserer Institutionen, auch die langjährig bewährten, sowie unsere eigenen Praktiken in Frage stellen. Das wird nicht einfach oder schmerzlos sein. Im Vereinigten Königreich gestehen wir uns nach und nach unseren institutionellen Rassismus ein und gehen daran, die Grundwerte unserer Institutionen zu untersuchen. Diese Arbeit kann nur geleistet werden, wenn der Einzelne seine eigenen Überzeugungen und Handlungen überprüft. Darum sind die Änderungsanträge in bezug auf Ausbildung, Überwachung und Durchführung so wichtig für diese Richtlinie.

(Beifall)

 
  
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  Rübig (PPE-DE). – Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Europa ist stark geworden; wir haben in den letzten fünfzig Jahren gelernt, Brücken zu bauen. Wir haben uns sehr intensiv um den sozialen Dialog bemüht: miteinander reden, auf Probleme eingehen, einander verstehen. Die Sozialpartnerschaft ist ein Idealmodell, bei der man nämlich den Partner in den Mittelpunkt stellt, aufeinander zugeht und sich gegenseitig hilft. Auch die Integration sollte uns allen ein Anliegen sein, die gute Nachbarschaft. Wir sollten uns bemühen, Anreize zu geben und Vorbild zu sein. Ich glaube, daß es in unserer menschlichen Gemeinschaft eine ganz wesentliche Eigenschaft ist, Vorbild zu sein.

Gerade als Österreicher kann ich sagen, daß wir in den letzten Jahrzehnten bei einer Bevölkerung von 7 Millionen eine Million Flüchtlinge aufgenommen haben. Wir sind damit in Europa das Land, das pro Einwohner die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat. Wir waren eine Rettungsinsel in Europa und sind es auch heute noch. Wir wehren uns gegen Links- und Rechtsextremismus und Gewalt.

Österreich hat die strengsten Verbotsgesetze der Welt, gegen Faschismus, gegen Nationalsozialismus. Wir haben aus der Geschichte gelernt, und wir wissen uns zu wehren.

Jetzt geht es um Diskriminierung. Hier rede ich vor allem für die kleinen und mittleren Betriebe. Wir sollten darauf achten, daß wir nicht die Arbeitszeit und den Erfolg der Betriebe gefährden, indem sie nur mehr mit dem Ausfüllen von Statistiken beschäftigt sind. Ich erlebe bei Betriebsbesuchen oft die Beschwerde, daß so viel Bürokratie und Formalaufwand zu leisten ist. Das Ausfüllen von Statistiken ist natürlich eine sehr ineffiziente Arbeit. Wenn dann zusätzlich noch Inspektoren kommen, wird Zeit gebunden, und ich glaube doch, daß sich der überwiegende Teil der Betriebe ordentlich und anständig verhält und daß das Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in der Regel sehr gut ist.

Deshalb glaube ich auch, daß das Absetzen von öffentlichen Aufträgen zu Provokationen führen kann. Hier komme ich auf die wesentliche Aussage zurück: Die Beweislastumkehr wird eine Folgewirkung haben, wenn sie kommt. Denn sie wird zum Mißbrauch einladen. Es wird notwendig sein, sich dagegen zu wehren. Es wird notwendig sein, eine verstärkte Beweissicherung durchzuführen. Risikobegrenzung, das heißt Überwachungsmethoden, Videoaufnahmen, Tonprotokolle; jeder wird versuchen, sich so gut wie möglich abzusichern, so daß er im Falle eines Angriffs vor Gericht beweiswürdig ist. Hier sehe ich eine große Gefahr. Die gilt es abzuwehren!

 
  
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  Moraes (PSE). (EN) Herr Präsident! Es ist ein Maßstab für die Effizienz und Bedeutung dieses Rechtsinstruments, daß wir selbst inmitten umfassender Reformen der Rassismusgesetzgebung in meinem Land eine Situation vorfinden, die noch weitere Verbesserungen ermöglicht. Ich wollte hier eigentlich einen ganz normalen Redebeitrag halten, doch nachdem ich einige Reaktionen quer durch das Parlament vernommen habe, möchte ich doch etwas anderes sagen, etwas, das mehr von Sorge als von Zorn getragen ist.

Dieses Hohe Haus sollte, was als Artikel 13 bezeichnet wird, anerkennen und den Ton dazu ändern. Von allen Rednern brachte es Frau Diamantopoulou genau auf den Punkt, als sie sagte, daß Worte in der Frage des Antirassismus billig sein können. Es ist ein Leichtes, sich in Pose zu werfen. Die Motivationen sind zahlreich und vielfältig. Meinem Freund, Herrn Sylla, und mir geht es um zwei wesentliche Dinge. Das eine ist, daß wir mit Artikel 13 gleiche Möglichkeiten für alle schaffen. Die Beweislast, die Möglichkeit, daß Organisationen im Namen von Einzelpersonen klagen, die schikaniert oder diskriminiert wurden alle diese Gesetze bringen für die Mehrheit der Gesellschaft keinen Vorteil. Sie bieten talentierten und fähigen Menschen die Chance zur Entfaltung ihrer Talente und Fähigkeiten, um das zu bereichern, was wir in Europa haben, um Wohlstand zu schaffen, um Kultur und Vielfalt zu schaffen, und sie bedeuten nicht, daß kleine und mittlere Unternehmen oder sonst jemand Nachteile hinnehmen müssen.

Wir sollten endlich konstruktiv über diese Vorschläge reden, vor allem weil die Kommission und die portugiesische Präsidentschaft, viele, die diesen Bericht erarbeitet haben, viele meiner Kollegen und Kolleginnen, die um ihre Meinung gerungen haben, so wie wir reagiert haben, weil wir begriffen haben, daß es in diesem Rechtsinstrument nicht um Opfer geht, sondern um eine Bereicherung der Länder der EU. Viele der in diesem Parlament vertretenen EU-Staaten sind nicht wählerisch in ihrer Rassismusgesetzgebung viele von ihnen haben nämlich gar keine. Wir haben eine wir können unsere verbessern. Jetzt ist die Gelegenheit, eine symbolische Gelegenheit und eine wichtige praktische Gelegenheit, daß dieses Hohe Haus eine historische Entscheidung fällt und vollzählig abstimmt, und zwar während einer Präsidentschaft, die mithalf, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das ich als Bereicherung dieses Hauses ansehe und auf das wir bald sehr stolz sein werden.

(Beifall)

 
  
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  Thorning-Schmidt (PSE).(DA) Herr Präsident, es war schwierig, dem letzten Redner zu folgen, der sehr engagiert sprach. Das tue ich auch, denn ich begrüße es sehr, daß die Kommission diesen Entwurf so schnell vorgelegt und Artikel 13 umgesetzt hat. Ich möchte auch dem Berichterstatter zu einem guten Bericht gratulieren. Natürlich bin ich dafür, daß diese Richtlinie so schnell wie möglich in den Mitgliedstaaten eingeführt wird. Ich möchte insbesondere auf vier Umstände hinweisen, die ich im Zusammenhang mit dieser Richtlinie für besonders wichtig halte. Erstens, daß wir ein weites Anwendungsfeld haben, und zweitens, daß direkte und indirekte Ungleichbehandlung abgedeckt sind, u.a. Schikanen. Gleichzeitig wird die Teilung der Beweislast vorgeschlagen. Wir begrüßen das, da es unserer Erfahrung nach ein großer Vorteil im Zusammenhang mit der Ungleichbehandlung der Geschlechter ist. Und schließlich ist es auch vorteilhaft, daß es sich um eine Mindestrichtlinie handelt, so daß die Mitgliedstaaten die Möglichkeit weitergehender Maßnahmen haben, wenn sie solche für erforderlich halten. Der Entwurf hat allerdings auch einen fundamentalen Mangel. Er behandelt nämlich nur Diskriminierung auf Grund der Rasse und ethnischen Herkunft, berücksichtigt aber nicht die übrigen Diskriminierungsgründe des Artikel 13. Dadurch teilt die Kommission die Diskriminierungsgründe in ein hierarchisches System ein, was meiner Ansicht nach dem Wortlaut und dem Sinn von Artikel 13 widerspricht. Es wäre interessant zu erfahren, was die Kommission zur Einführung einer solchen Hierarchie der Diskriminierungsgründe bewogen hat.

 
  
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  Cashman (PSE). (EN) Herr Präsident! Ich möchte Frau Buitenweg und Herrn Howitt für ihre exzellente Arbeit und der Kommission für ihre Vorschläge danken. Wichtig ist, daß wir die in den Kommissionsvorschlägen zum gesamten Artikel 13 enthaltenen Möglichkeiten nutzen. Es ist der rechte Zeitpunkt dafür. In den letzten Jahren waren wir überall in Europa Zeugen einer steten Zunahme von rassistischen Verbrechen, von Gewalt, Diskriminierung und es tut mir leid, das sagen zu müssen von „politischer Rhetorik“, die rassistische Diskriminierung geschickt ausnutzt.

Mein Gefühl für die Dringlichkeit hat sich noch verstärkt, da wir über den Erweiterungsprozeß nachdenken und ihn in Angriff nehmen. Aus diesem Grund ist diese Debatte so wichtig, denn sie trifft genau den Kern dessen, wie wir Europa und uns als Europäer definieren. Wir sind mehr als ein Handelsblock. Wir sind eine Gruppe von Nationen, die auf einem Wertesystem beruht einem System von Idealen, die in alle unsere Unternehmungen einfließen und die wir in all unserem Tun bekräftigen müssen.

Ich hoffe, daß wir dessen eingedenk sind, wenn wir die Situation aller Minderheiten betrachten. Der Preis des Unterlassens wäre ein Europa, das weit hinter seinem wahren Potential zurückbliebe. Darum sind diese Richtlinie und der Artikel 13, als Paket zusammengenommen, so bedeutsam. Sie beweisen, daß es den Mitgliedstaaten, dem Parlament und der Kommission ernsthaft um die langfristige Ausrottung von Diskriminierung und Rassismus geht. Dieses Paket ist nicht perfekt. Nicht alle meine Ambitionen werden erfüllt, doch stellt es einen Anfang im Kampf gegen Rassismus in Europa dar, in unseren Ländern, in unseren Regionen und, was noch wichtiger ist, in unseren Gemeinden.

Eines Tages hoffe ich, in diesem Plenarsaal Richtlinien zur Beseitigung der Diskriminierung speziell beispielsweise auf Grund der Behinderung, des Alters und der sexuellen Orientierung zu diskutieren. Diese gegenwärtigen Schritte sind zu begrüßen, doch liegt noch ein langer Weg vor uns.

Schließlich sei gesagt, daß man über das Spektakel eines weißen britischen männlichen Mittelklasse-Tory, der einen Vortrag über Diskriminierung und die Folgen von Diskriminierung hält, lachen sollte, wenn es nicht so abstoßend und erbärmlich wäre. (Beifall). Im Grunde tötet Diskriminierung und zerstört die Seelen jener, die sie praktizieren, und jener, die dazu ermuntern.

 
  
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  Swiebel (PSE).(NL) Herr Präsident! Unsere Berichterstatterin Frau Buitenweg verdient ein großes Kompliment für ihren ausgezeichneten Bericht und den Sachverstand, mit dem sie die Beratungen und Verhandlungen geführt hat. Wir müssen diesen Bericht daher schnellstens verabschieden.

Diese Richtlinie ist Bestandteil eines größeren Pakets zur Ausgestaltung von Artikel 13 des EG-Vertrags. Es geht daher nicht nur, wie andere Redner es bereits gesagt haben, um die Bekämpfung von Diskriminierung aus Gründen der Rasse und ethnischen Herkunft, sondern auch um Diskriminierung aus anderen Gründen.

Ich kann nachvollziehen, warum sich die Kommission dafür entschieden hat, die Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund der Rasse in einen gesonderten Richtlinienvorschlag aufzunehmen. Ich verstehe auch, warum wir dieses Dokument hier jetzt in Eile behandeln und hoffentlich nachher annehmen.

Weitaus weniger Verständnis kann ich dafür aufbringen, daß dieser Vorschlag für eine Richtlinie gegen Diskriminierung aufgrund der Rasse auf einen breiteren gesellschaftlichen Bereich Anwendung findet und inhaltlich stärkere Rechtsgarantien und Kontrollmechanismen enthält als der zweite Vorschlag für eine Richtlinie, der jetzt noch auf dem Tisch liegt und zum Ziel hat, den Kampf gegen andere Formen der Diskriminierung aufzunehmen.

Zusammen mit der zeitlich versetzten Behandlung bringt dieser inhaltliche Unterschied die Gefahr mit sich, daß eine Hierarchie der Diskriminierungsformen entsteht. Das wäre eine falsche politische Botschaft, die sich vor allem auf die Bekämpfung der Diskriminierung aus solchen Gründen wie Alter, Behinderung und sexuelle Neigungen negativ auswirken wird. Diese sogenannten neueren Themen verdienen jedoch gerade mehr anstatt weniger Aufmerksamkeit. Ich würde es daher begrüßen, wenn die Kommission und der Rat zusagten, diese Form der Diskriminierung zwischen Diskriminierungsgründen zu beseitigen.

Noch weniger Verständnis habe ich dafür, daß Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in dem gesamten Paket, das die Kommission im November vorgelegt hat, unberücksichtigt gelassen wird, als ob deren Bekämpfung bereits einwandfrei geregelt wäre. Vielleicht ist es überflüssig, das hier zu erwähnen, aber das ist keineswegs der Fall. Die bestehenden europäischen Rechtsvorschriften zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen beziehen sich nur auf den Bereich der Arbeit. Darüber hinaus weisen sie eine Reihe von Lücken auf, die vor allem im Vergleich mit der Richtlinie zur Rassendiskriminierung, die wir heute besprechen, unbedingt geschlossen werden müssen. Die Zeit ist zu kurz, um alle diese Mängel zu erläutern, aber ich habe nicht den Eindruck, daß das Problem darin besteht, die Kommission sei darüber nicht ausreichend informiert.

Ich hoffe, die Frau Kommissarin wird zusagen, sich dieser Aufgabe unverzüglich anzunehmen, und uns bald Vorschläge unterbreiten, durch die die Gleichbehandlung ungeachtet des Geschlechts am Arbeitsplatz und außerhalb des Arbeitsplatzes, vor allem außerhalb des Arbeitsplatzes, mit der Richtlinie, die wir heute hier besprechen und hoffentlich annehmen, gleichgestellt wird.

 
  
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  Tannock (PPE-DE). (EN) Herr Präsident! Wir alle sind gegen Diskriminierung und Gewalt in jeglicher Form. Allerdings denke ich, daß eine Ausweitung der EU-Kompetenz auf dieses Gebiet weder notwendig ist, noch der Sache nützt. Neue Gesetze werden nicht die Herzen und Hirne der Menschen in Europa verändern. Was wir brauchen, ist Bildung, Zeit und Vertrauensbildung im Geiste der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen ethnischen Gemeinschaften. Wir haben in unserer eigenen Fraktion zwei Angehörige ethnischer Minderheiten als Mitglieder der Delegation der Konservativen, die sehr aktiv und stolz darauf sind, britische Konservative zu sein, trotz der Äußerungen, die vorhin von anderen Fraktionen kamen, und sie werden auch gegen diese Maßnahmen stimmen.

Die in diesem Richtlinienentwurf geforderte Verlagerung der Beweislast ist sowohl beängstigend als auch extrem. In Großbritannien plant Herr Straw bereits, daß in Vergewaltigungsfällen der beschuldigte Mann als schuldig gilt, solange seine Unschuld nicht erwiesen ist, und zwar auf Grund der Aussage einer Person nämlich der betreffenden Frau. Dies ist ein sehr gefährlicher Präzedenzfall, der sich gegen alle Formen natürlicher Gerechtigkeit richtet.

Selbstverständlich verurteilt jeder von uns rassistische Gewaltverbrechen und Überfälle. Ich war nicht anwesend, aber ich glaube, es wurden bisher in dieser Debatte von anderen Fraktionen zahlreiche Behauptungen aufgestellt und Fälle genannt. Das Strafrecht muß das Vorrecht der Mitgliedstaaten bleiben. Im Unterschied zu den Vorrednern, die solche Fälle angeführt haben, lehne ich jegliche Aushöhlung nationaler Souveränität im Bereich des Strafrechts ab. Es muß das Vorrecht der Mitgliedstaaten bleiben, die die Kontrolle über ihre eigene Gerichtsbarkeit beibehalten werden. Die EU hat in diesem Bereich keinerlei Kompetenz.

Je öfter das Wort „rassistisch“ in den Mund genommen wird wird, desto bedeutungsloser wird es und desto mehr wird es entwertet und von der breiten Öffentlichkeit ignoriert. Ich appelliere an alle, die über ein wenig Verstand verfügen, sich diesen Maßnahmen zu widersetzen.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet unmittelbar im Anschluß an die Dringlichkeitsdebatte statt.

 
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