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Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 6. September 2000 - Straßburg Ausgabe im ABl.

10. Klonen von Menschen (Fortsetzung)
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  Fiori (PPE-DE). - (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, jedem vom Glauben an den Menschen beseelten Wesen muss vom ersten Augenblick seiner Existenz an der bedingungslose, dem Menschen in seiner Gesamtheit moralisch gebührende Respekt garantiert werden.

Deshalb muss Experimenten, welche die Vernichtung menschlicher Embryonen beinhalten, eine klare und entschiedene Absage erteilt werden: Der Embryo ist bereits ein menschliches Wesen mit einer klaren Identität, und jeder Eingriff, der nicht zum Wohle des Embryos erfolgt, stellt eine Verletzung des Rechts auf Leben dar. Unser Parlament muss daher seine Auffassung bekräftigen, die es in den letzten Jahren schon mehrfach, u. a. im Mai dieses Jahres, geäußert hat. Es ist unmoralisch, menschliche Embryonen zu Forschungszwecken zu verwenden; ganz speziell zu jenen Zwecken, für die USA-Präsident Bill Clinton die Bereitstellung öffentlicher Mittel zugesichert hat und die von der britischen Regierung Tony Blairs gebilligt wurden.

Leider scheinen kommerzielle Interessen zu Forschungen anzuspornen, bei denen durch die Hintertür jedwede Erwägung hinsichtlich des Schutzes des menschlichen Lebens, das für uns mit der Empfängnis beginnt, außer Acht gelassen wird. Der menschliche Körper fällt nicht in die Domäne des Habens, sondern in die des Seins, der Existenz einer lebenden Person, weshalb er nicht auf einen Apparat, bestehend aus verschiedenen Teilen und einem Getriebe, aus Geweben und Funktionen, reduziert werden kann.

Was man hier in die Tat umsetzen will, ist quasi eine Vorstellung vom Raub des Lebens, was gegen die Ethik verstößt, gegen die Liebe zum Menschen, zu seinem Körper, auch in diesem ersten Stadium des Lebendig-Seins, des Auf-der-Welt-Seins, auf der menschlichen Welt, mit dem Körper, der er ist. Diejenigen, die den menschlichen Embryo nehmen und aushöhlen, indem sie ihm die Zellmasse entnehmen und Leben vernichten, befleißigen sich jedenfalls zu behaupten, darin befände sich kein Leben, denn wenn dem so wäre, würde es Liebe verdienen oder hätte in einer Welt ohne Liebe zumindest das Recht auf die Wahrung seiner menschlichen Würde, andernfalls würde die Welt nur aus Gewalt, Brutalität und Zynismus bestehen.

Sich gegen Forschungen, bei denen Embryonen vernichtet werden, zu wenden, ist nicht nur eine Frage der Religion, sondern auch eine Frage der Kultur: Es geht um das absolute Verbot, über einen anderen Menschen zu herrschen, das noch stark in unserer Kultur verwurzelt sein müsste. Man darf nicht zulassen, dass ein Mensch über einen anderen so viel Macht gewinnt.

Aber deshalb sind wir nicht gegen die Forschung, ganz im Gegenteil. Es sind alternative Forschungsmethoden möglich, wie beispielsweise die Entnahme von Stammzellen von Erwachsenen oder aus der Nabelschnur Neugeborener. Zudem werden bereits Forschungen an Erwachsenenzellen durchgeführt, die sehr viel versprechend sind. Viele Wissenschaftler bemühen sich um Alternativen zur Klonierung und sind im Begriff, wichtige nationale Forschungsgruppen auf diesem spezifischen Gebiet zu bilden.

Schließlich wird die Einsetzung eines nichtständigen Ausschusses vorgeschlagen, der sich mit diesen Fragen befassen soll. Wir sind an der genauen Untersuchung der neuen durch die Biowissenschaften aufgeworfenen Probleme interessiert, sofern Klarheit darüber besteht, dass die Positionen des Europäischen Parlaments nicht in Frage gestellt werden können. Auf sie muss sich der Ausschuss stützen, um uns dabei zu helfen, fundierte Empfehlungen zu geben.

 
  
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  Goebbels (PSE).(FR) Herr Präsident, in Artikel 1 des Entwurfs der Charta der Grundrechte heißt es, ich zitiere: „die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen“. In Artikel 3 heißt es, dass im Rahmen der Medizin und der Biologie folgende Grundsätze eingehalten werden müssten: das Verbot eugenischer Praktiken, besonders derjenigen, welche die Auswahl von Personen zum Ziel haben; das Verbot, den menschlichen Körper oder Teile davon zur Erzielung von Gewinnen zu nutzen; das Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen.

Derart feierliche Erklärungen reichen nicht unbedingt aus. Der wissenschaftliche Fortschritt ist verblüffend. Die wissenschaftliche Forschung schreitet zuweilen mit einer für den normal Sterblichen und sogar für die politisch Verantwortlichen schwer nachvollziehbaren Geschwindigkeit voran. Dieses Entwicklungstempo der Techno-Wissenschaften, also der Vereinigung von Wissenschaft und Technologie, wirft folgenschwere ethische Fragen auf, die vor allem den neuen Umgang mit den Biomechanismen betreffen. In diesem Zusammenhang hat der Vorschlag der britischen Regierung, das Parlament von Westminster mit einer Gesetzgebung zu befassen, mittels derer bestimmte wissenschaftliche Forschungsvorhaben zum Klonen zu therapeutischen Zwecken, einschließlich am menschlichen Embryo, genehmigt werden, die unterschiedlichsten positiven und negativen Reaktionen und Kommentare hervorgerufen.

Einige Fraktionen dieses Parlaments schlagen die Verabschiedung einer so genannten Dringlichkeitsentschließung vor. Nach Auffassung der Sozialdemokraten sind derartige Fragen von zu grundlegender Bedeutung für die Zukunft der Medizin, der Biologie und der menschlichen Gesellschaft und erfordern daher von unserem Parlament umfangreichere Bemühungen, als eine hastig zusammengeschusterte Entschließung. Wir sind hier nicht in OK Coral. Es geht hier nicht darum, wer als Erster zieht.

Die Erörterungen des heutigen Vormittags über die Beobachtungsstelle für den industriellen Wandel haben gezeigt, dass dieses Parlament in der Lage ist, innerhalb weniger Minuten über die unterschiedlichsten Sachverhalte abzustimmen. Die Sozialdemokraten bedauern, dass die Abstimmung auf diese Weise erfolgen musste, die mehr an russisches Roulette als an fundierte parlamentarische Arbeit erinnert. Wir fordern bei einem so gravierenden Problem eine ausführliche Debatte über die Möglichkeiten der Genforschung und über die Grenzen, die in diesem Bereich nicht überschritten werden dürfen.

Mit all diesen Fragen sind mehrere ständige Ausschüsse unseres Parlaments befasst. Tatsächlich handelt es sich hierbei ganz klar um ein horizontales Problem, mit dem sich ein nichtständiger Sonderausschuss beschäftigen und zu diesem Zweck Experten anhören und kritische „Hearings“ veranstalten sollte, um in der Lage zu sein, eine objektive, von lähmenden Vorurteilen freie Debatte gründlich vorzubereiten.

Herr Präsident, abschließend möchte ich Sie und uns alle bitten, unsere Arbeit ernst zu nehmen. Wir sind bereit, unsere Entschließung zurückzuziehen, wenn die anderen Fraktionen dies ebenfalls tun, und gemeinsamen etwas Sinnvolles zu unternehmen.

 
  
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  Wallis (ELDR). – (EN) Ich begrüße die wohlüberlegte und ernsthafte Erklärung des Kommissars.

In dem von der ELDR vorgelegten Entschließungsantrag wird dieselbe Auffassung vertreten. Uns ist nicht an einer schnellen, unüberlegten Reaktion auf die Ereignisse in meinem Heimatland und die Ankündigung der britischen Regierung gelegen. Das ist ein ernstes Thema, das unsere Bürger mit großer Besorgnis verfolgen, aber wir sollten den gesamten Kontext der britischen Ankündigung und das Subsidiaritätsprinzip berücksichtigen, auf das der Kommissar verwiesen hat.

Bisher liegt nur ein Vorschlag vor, keine Entscheidung. Der Vorschlag basiert auf einem sehr sorgfältigen und wohldurchdachten Bericht der medizinischen Sachverständigengruppe zum Thema Klonen. Über dieses Thema wird schon seit zwei Jahren diskutiert, viel zu lange schon, meinen einige, wenn man an diejenigen denkt, die an Krebs, der Parkinsonschen Krankheit oder einem Organversagen leiden, und denen durch diese Forschung geholfen werden könnte. Von der Sachverständigengruppe wird lediglich die Ausweitung der britischen Rechtsvorschriften auf die Zwecke vorgeschlagen, zu denen Embryonen für Forschungszwecke herangezogen werden können.

Ich betone, dass es sich hier um eine Ausweitung der bestehenden Rechtsvorschriften und der Kontrollen in diesem überaus sensiblen Bereich handelt. Wir müssen respektieren, dass die Öffentlichkeit, und zwar auf beiden Seiten, sehr besorgt ist, und in unserem Entschließungsantrag versuchen wir, beiden Seiten gerecht zu werden. Die britische Regierung hat dies in ihrem Vorschlag ebenfalls berücksichtigt und wird deshalb eine Abstimmung ohne Fraktionszwang über dieses Thema noch im Laufe dieses Jahres durchführen. Ich bin der Auffassung, dass die britische Regierung, die zwar nicht von meiner Partei gestellt wird, sich maßvoll verhalten hat. Ich bitte das Parlament, sich in seiner Reaktion auf diese wichtige Angelegenheit ebenso maßvoll zu verhalten.

 
  
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  Lannoye (Verts/ALE).(FR) Herr Präsident, erneut werden wir angesichts des Fortschritts der auf den Menschen angewendeten Biotechnologie mit einer ethischen Grundsatzdebatte konfrontiert. Dabei liegen zwei Ansichten im Widerstreit. Die einen lehnen die Instrumentalisierung des Menschen und ganz besonders des Embryos ab und warnen vor den möglichen Gefahren der generellen Freigabe bestimmter Verfahren wie des Klonens für die menschliche Gesellschaft. Die anderen sind der Auffassung, dass das Recht von an einer schweren und bis heute unheilbaren Krankheit leidenden Menschen, von den Möglichkeiten der medizinischen Forschung zu profitieren, Vorrang vor jeder anderen Erwägung, wie sie auch lauten möge, haben müsse.

Die britische Regierung scheint sich angesichts des Fehlens internationaler Absprachen, und dies möchte ich besonders betonen, für die zweite Haltung entschieden zu haben, indem sie sich für das Klonen zu therapeutischen Zwecken ausspricht. Dieser Entscheidung liegt die Annahme zugrunde, dass das Klonen zu therapeutischen Zwecken, also die Klonierung undifferenzierter Embryozellen, die aus für die Forschung und die Produktion zur Verfügung stehenden menschlichen Embryos stammen, ein vielversprechender Weg sei. Auch wenn diese Annahme begründet sein mag, verleiht diese Entscheidung dem menschlichen Embryo dennoch den Stellenwert eines Zelllagers für medizinische Zwecke und führt zunächst zu der Erzeugung von Embryonen zu Forschungs- und bald darauf mit Sicherheit auch zu Produktionszwecken.

Meiner Ansicht nach sollte man an diesem Punkt zwei Anmerkungen machen. Zunächst möchte ich an die im April 1997 in Oviedo verabschiedete Konvention des Europarates über Menschenrechte und Biomedizin erinnern. Sicherlich hat sie den Nachteil, bezüglich einiger Punkte ungenau zu sein, doch in Artikel 18 heißt es ganz klar, dass menschliche Embryonen nicht für die Forschung verwendet werden dürften. Bis vor kurzem herrschte in Europa Einvernehmen über diesen Punkt. Die Regierung des Vereinigten Königreichs hat diesen Konsens mit ihrer Stellungnahme gebrochen.

Zweite Anmerkung: zahlreiche Experten, und Forschungskommissar Busquin hat soeben darauf hingewiesen, sind der Ansicht, dass es andere Möglichkeiten gibt, um die legitimen Erwartungen von Menschen mit schweren genetisch bedingten Krankheiten zu erfüllen. Hierzu gehören vor allem Verfahren, bei denen die Verwendung von durch Klonen erzeugten Embryonen nicht erforderlich ist, weil dafür Zellen von Erwachsenen herangezogen werden. Warum sollten wir also angesichts dieser Möglichkeiten einen ethisch und sozial umstrittenen Vorstoß wagen?

Abschließend denke ich, dass das im Rahmen der Gentherapie gesammelte Wissen der Menschheit ausgesprochen hilfreich sein kann, es jedoch auch extreme Risiken und Gefahren birgt. Dementsprechend benötigen wir strenge Rechtsvorschriften und klare rechtliche Bezugspunkte. In dieser Hinsicht ist es dringend erforderlich, das Verbot des Klonens von Menschen beizubehalten, und ich spreche hier ganz klar von beibehalten und nicht davon, es zu erlassen. Es liegt in der Verantwortung unseres Parlaments, dies zu bekräftigen, und zwar nicht durch überstürztes Handeln, sondern unter Berücksichtigung früherer Stellungnahmen.

 
  
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  Thomas-Mauro (UEN).(FR) Herr Präsident, vor zweihundert Jahren schlug der Arzt und Philosoph der Aufklärung, Pierre Jean George Cabanis, vor, man sollte den Schritt wagen, das Werk der Natur zu revidieren und zu korrigieren, denn wenn man sich bereits so ausführlich mit den Möglichkeiten befasst habe, die Tierrassen zu verschönern und zu verbessern, sei es dann nicht eine Schande, dass man dabei völlig die Menschenrasse vergessen habe, als ob es wichtiger sei, große und starke Rinder zu haben, als kräftige und gesunde Menschen, duftende Pfirsiche zu züchten, als weise und gute Erdenbürger.

Heute befindet sich der Traum des Philosophen auf dem besten Wege dazu, Wirklichkeit zu werden. Und dieser Traum hat einen Namen: Eugenik. Dieser Traum ist ein Alptraum, der vielerlei Gesichter hat, wobei eines grässlicher ist als das andere, ob es sich dabei z. B. um die pränatale Diagnostik handelt, die bei der Vernichtung von Embryonen mit Trisomie 21 behilflich ist, damit man sich die Mühe ersparen kann, die Krankheit selbst auszurotten, um die Vermehrung überschüssiger Embryonen, die sich in Gefrierschränken stapeln, oder schließlich um das Klonen von Menschen.

Doch diese Embryonen sind menschliche Wesen, deren Leben heilig ist. Es handelt sich um Menschen. Ihre Würde zu wahren ist unsere Pflicht. Welchen Wert haben unsere großartigen Menschenrechtserklärungen, wenn wir die Würde des Menschen in der Verborgenheit unserer Labors mit Füßen treten. Ganz ohne Zweifel würde das Klonen von Menschen eine neuen Form der Sklaverei hervorbringen, wobei das Reagenzglas die Funktion der Ketten und die Labors die der Sklavenschiffe übernehmen.

Natürlich werden uns unsere guten Seelen vorwerfen, wir verwehrten der wissenschaftlichen Forschung die Mittel für weitere Fortschritte, und noch schlimmer, für die Heilung der Kranken. Doch ich akzeptiere diese Form des geistigen Terrorismus nicht. Zudem bin ich fast geneigt anzunehmen, dass die Forschung all diesen Leuten nur als Vorwand dient, um Zauberlehrling zu spielen. Als Ehefrau eines Arztes liegt mir der Fortgang der Forschung sehr am Herzen.

In diesem Zusammenhang wäre es zweifellos angebrachter, die Wissenschaftler dazu aufzufordern, ihre Forschungen bezüglich der Möglichkeit zu vertiefen, differenzierbare Stammzellen zu therapeutischen Zwecken vorzugsweise aus den Organen Erwachsener zu gewinnen. Gegenüber denen, die nur davon träumen, sich des Geheimnisses des Lebens zu bemächtigen, haben wir das Recht, die Würde eines jeden Menschen zu verteidigen, indem wir das Klonen von Menschen unmissverständlich untersagen.

 
  
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  Bonino (TDI). - (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach meinem Dafürhalten hat der Kollege Fiori die Dinge vorhin klargestellt: Er hat eindeutig bekräftigt, dass hier die religiösen - d. h. seine - Grundsätze und die kulturellen Grundsätze gleichgesetzt werden müssen.

Ich persönlich glaube allerdings, dass die Institutionen den Grundsatz der Weltlichkeit bekräftigen müssen; sie müssen klarstellen, dass das, was einigen moralisch verwerflich erscheinen mag, deshalb nicht unbedingt als rechtlich nicht machbar gelten muss. Es geht also um die Bekräftigung des Unterschieds zwischen den Rechtsnormen und den religiösen Grundsätzen. Wenn wir das versäumen, wird meines Erachtens ständig alles aus dem Ruder laufen.

Zurück zum eigentlichen Thema: Wir sind uns bewusst, dass die normale, althergebrachte Reaktion auf das Neue - auch wenn es im Hinblick auf die Heilung von Krankheiten vieler Millionen Menschen viel verspricht - stets das Verbot, der Kreuzzug, der Ruf „Nieder mit den Barbaren!“ ist, ohne sich zu fragen, ob dieses Verbot dann auch funktioniert bzw. funktionieren würde, oder ob wir in der Lage sind, es durchzusetzen und zu überwachen.

Das ist dieselbe Haltung, die schon seit geraumer Zeit gegenüber normalen gesellschaftlichen Erscheinungen eingenommen wird, sei es beispielsweise in Bezug auf die Schwangerschaftsunterbrechung, die Einwanderung oder sogar die Drogensucht. Man erlässt ein Verbot, und damit ist alles erledigt.

Ich glaube jedoch, dass die - vielleicht schwierigere, umfassendere - Verantwortung der Politik darin besteht, bestimmte Phänomene zu beherrschen, Grenzen zu setzen, das Far West zu verhindern. Eben das müssen die Institutionen tun, unabhängig von der religiösen Überzeugung eines jeden von uns, sofern wir eine solche besitzen. Speziell aus diesem Grund meinen wir Radikalen von der Bonino-Liste, dass wir den Kompromiss der ELDR-Fraktion unter einigen Vorbehalten unterstützen können. Wir wollen versuchen, die Kluft zwischen Wissenschaft und Politik, zwischen Kultur und Politik, zu verringern und das Neue auf weltliche Art, mit dem Pragmatismus der Erprobung sowie der anschließenden Annäherung, zu verwalten, ohne uns wie üblich gleich in Verbotskampagnen zu stürzen, von denen wir bereits wissen, dass sie zu nichts führen.

Gegenwärtig ist man dabei, genau wie im Falle der illegalen Abtreibung schlichtweg den medizinischen Tourismus von Millionen von Bürgern, die sich anderswo illegal behandeln lassen werden, wieder anzukurbeln. Ich stelle eine äußerst schwer wiegende Behauptung auf, die mich selbst mit Besorgnis erfüllt, aber bedenken Sie bitte: Der Weg der Verbote hat unter dem Gesichtspunkt der Wissenschaften und der gesellschaftlichen Erscheinungen noch nie etwas gebracht.

Unsere Verantwortung besteht darin, die Grenzen für spätere Annäherungen festzulegen bzw. das Risiko ihrer Festlegung einzugehen, ohne zu versuchen, unsere eigenen ethischen Grundsätze - sofern vorhanden - als Grundsätze der Kultur durchzusetzen. Die wahrhafte Kultur der Institutionen ist die der Weltlichkeit, des Experimentierens und des Meinungsaustauschs.

 
  
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  Wurtz (GUE/NGL).(FR) Herr Präsident, ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich vorhin nicht anwesend war, ich hatte den Sitzungsdienst von meiner vorübergehenden Verhinderung in Kenntnis gesetzt.

Meine Fraktion lehnt die Entscheidung der britischen Regierung über das Klonen menschlicher Zellen ab. In unseren Augen berücksichtigt diese weder die einschlägigen europäischen Rechtsvorschriften noch die Stellungnahme, die die Ethikkommission der Europäischen Union derzeit zu den Auswirkungen der Klonierungsforschung erarbeitet. Wir sprechen uns für ein generelles Verbot der Erforschung des Klonens von Menschen aus und widersetzen uns jeglicher kommerziellen Nutzung biotechnologischer Erfindungen, die das Klonen betreffen.

Nachdem über diese Grundprinzipien Einigkeit herrscht, steht die Debatte über die Haltung gegenüber der biotechnologischen Forschung erst an ihrem Anfang. Es geht darum, die ethischen Auswirkungen dieser Forschung in ihrer ganzen Tragweite zu ermessen, ohne dabei jedoch das Risiko einzugehen, Vorhaben zu behindern, die zu einer Verbesserung der menschlichen Gesundheit beitragen können.

Angesichts des äußerst sensiblen Charakters dieser gesellschaftlichen Problematik war meine Fraktion gegen die übereilte Aushandlung von Entschließungen. Vielmehr haben wir uns von Anfang an dafür ausgesprochen, einen nichtständigen Ausschuss zum Klonen und zur biotechnologischen Forschung einzusetzen, damit die erforderlichen Anhörungen vorgenommen werden können, um zum gegebenen Zeitpunkt eine sachkundige Stellungnahme abgeben zu können.

Aus diesem Grund hat meine Fraktion keine der uns heute vorliegenden Kompromissentschließungen unterzeichnet. Beim derzeitigen Stand der Dinge wird sich jeder von uns nach den von mir soeben genannten Grundsätzen seinem Gewissen entsprechend äußern.

 
  
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  Blokland (EDD).(NL) Herr Präsident! Im Januar 1998 haben wir eine Aussprache über das Protokoll des Europarats geführt, mit dem das Klonen von Menschen verboten wurde. Damals äußerte ich die Befürchtung, Länder wie das Vereinigte Königreich und die Niederlande, die es seinerzeit ablehnten, das Protokoll zu unterzeichnen, wollten sich eventuell nicht auf ein so absolutes Verbot festlegen.

Das liegt nun über zwei Jahre zurück. Mittlerweile ist die britische Regierung bereit, das therapeutische Klonen von Embryonen für Forschungszwecke zuzulassen. Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass ständig ein Schritt weitergegangen wird. Zuerst war es nicht erlaubt, jetzt darf zu therapeutischen, nicht aber zu Fortpflanzungszwecken geklont werden. Als würde damit alles erklärt und gerechtfertigt. Worin besteht überhaupt der große Unterschied zwischen therapeutischem und reproduktivem Klonen menschlicher Embryonen? Und was soll geschehen, wenn demnächst darauf gedrungen wird, die Forschungsergebnisse für pharmazeutische Zwecke anzuwenden? Oder für reproduktives Klonen?

Ich sehe in jedem neuen menschlichen Leben ein Geschenk Gottes. Jede Form menschlichen Lebens muss achtungsvoll behandelt werden. Das ist auch die einzige Möglichkeit, die Menschenwürde zu schützen. Deshalb widerstrebt es mir, wenn menschliche Embryonen als Gebrauchsartikel verwendet werden und dies mit dem Argument gerechtfertigt wird, es gehe sozusagen um Forschung, zumal auch andere Möglichkeiten bestehen, Stammzellen zu klonen. Weshalb entscheidet man sich dann trotz aller weltweit bestehenden ethischen Bedenken dennoch dafür?

Ich richte an die britische Regierung den nachdrücklichen Appell, ihre folgenschwere Entscheidung zu überdenken, und fordere das britische Parlament auf, diesen Vorschlag nicht zu unterstützen.

 
  
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  Paisley (NI). – (EN) Herr Präsident, der Mensch will Gott spielen. Er gibt sich nicht damit zufrieden, nur ein Geschöpf zu sein. Er will der Schöpfer sein. In der heutigen Debatte geht es um den Streit zwischen der Schöpfung und den von Menschen gemachten Entdeckungen. Heute gibt es Wissenschaftler, die sind so arrogant, dass sie sich ihre Entdeckungen bereits patentieren lassen, so, als ob sie gerade auf ihre eigene Schöpfung gestoßen wären. Dr. William Hesseltine, der Direktor von Human Gene Sciences Inc., hat bereits 100 menschliche Gene patentieren lassen und seine Firma hat 8 000 Patentanmeldungen eingereicht. Es wird behauptet, das Klonen von Menschen geschehe im Interesse des Gesundheitsschutzes. Ich behaupte hier und heute, dass es beim Klonen von Menschen um die Bereicherung bestimmter Wissenschaftler und deren Unternehmen geht. Einige Wissenschaftler haben den faschistischen Wahnsinn von Hitler vom Schlachtfeld geholt und sind dabei, ihn im Labor auf den Prüfstand zu stellen. Das Parlament muss diesen Versuch zurückweisen, und als Mitglied des britischen Parlaments werde ich in meinem eigenen Parlament diesen Vorschlag ablehnen.

 
  
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  Liese (PPE-DE). - Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir als EVP-Fraktion sind erschüttert über die Pläne der britischen Regierung zum Klonen von menschlichen Embryonen. Bisher waren sich alle Verantwortlichen in der Europäischen Union einig, dass das Klonen von menschlichen Wesen in keinem Fall akzeptiert werden darf.

Der Rat, einschließlich der britischen Regierung, hat beim fünften Forschungsrahmenprogramm einstimmig einer Formulierung zugestimmt, die das Klonen, auch das so genannte therapeutische Klonen, ausschließt. Bei der Richtlinie über die Patentierung biotechnologischer Erfindungen haben Parlament und Rat einem Text zugestimmt, der einen umfassenden Ausschluss des Klonens von menschlichen Wesen vorsieht, da diese Technik gegen die guten Sitten und die öffentliche Ordnung verstößt.

Sehr geehrter Herr Kommissar! In einigen Veröffentlichungen in der Presse der vergangenen Tage und auch in Ihrer Rede gab es einige Unklarheiten bezüglich des fünften Forschungsrahmenprogramms und vor allem bezüglich der Patentrichtlinie. Es wurde der Eindruck erweckt, als sei nur das reproduktive Klonen ausgeschlossen. Dies ist falsch! Ich habe an beiden Texten sorgfältig mitgearbeitet, und beide Richtlinien schließen sowohl therapeutisches als auch reproduktives Klonen aus.

Schauen Sie sich die Dokumente ganz genau an, Herr Kommissar, und stellen Sie dies klar, sonst bekommen Sie Ärger mit dem Europäischen Parlament. Und ich glaube nicht, dass Sie das möchten. Jetzt wird diese allgemeine Übereinstimmung zwischen den Staaten der Europäischen Union und den Institutionen durch die Regierung eines Mitgliedstaats aufgekündigt.

Wir als Parlament müssen diesem Tabubruch widerstehen. Aber es ist auch wichtig, dass wir nicht nur unsere Meinung zum Ausdruck bringen, sondern dass unsere Meinungsäußerung auch Folgen hat. Deswegen haben wir als EVP-Fraktion beantragt, dass in die Charta der Grundrechte ein strenges Verbot des Klonens von Menschen in allen Stadien ihrer Entwicklung aufgenommen wird.

Schließlich fordere ich die Kommission auf, dass die Forderung aus dem fünften Forschungrahmenprogramm, alle Formen des Klonens von Menschen nicht zu unterstützen, streng umgesetzt wird. Das bedeutet auch, die Quersubventionen innerhalb von Forschungsinstitutionen in Großbritannien zu vermeiden. Der sicherste Weg, dies zu erreichen, ist, dafür zu sorgen, dass die Institutionen, die am Menschen klonen, überhaupt nicht mehr von der Europäischen Union gefördert werden.

(Beifall)

 
  
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  Gebhardt (PSE). - Herr Präsident! Man sollte dem Kommissar zuhören! Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es besteht überhaupt kein Zweifel, dass die Bio- und Gentechnologie heute eine bedeutende Rolle spielt. Sie wird in der Forschung und mit all ihren Anwendungen weiter an Bedeutung gewinnen. Auch daran zweifelt niemand. Ist aber auch der Umgang mit diesem schwierigen Feld voller Hoffnungen und Ängste über jeden Zweifel erhaben? Ich fürchte nein.

Den besten Beweis für dieses Nein liefern wir mit der heutigen Debatte. Wir reagieren mit einem parlamentarischen Schnellschuss auf ein Gesetzesvorhaben in einem Mitgliedsland der Europäischen Union, das vor wenigen Tagen die Öffentlichkeit in Alarmstimmung versetzt hat. Und wie sieht diese Reaktion aus? Ein einziger Blick in die vorliegenden Entschließungsentwürfe zeigt, dass dem Europäischen Parlament in der Eile nicht viel mehr bleibt, als seine bereits mehrfach ausgedrückte Haltung zu kritischen Bereichen der Forschung und der Anwendung der Bio- und Gentechnologie zu wiederholen. Das ist zwar richtig, aber nicht genug!

Wir müssen die Bio- und Gentechnik, vor allem aber die Bioethik, zu einem zentralen Thema des Europäischen Parlaments machen. Mit dieser Forderung stehe ich nicht alleine. Meine Fraktion steht hinter mir. Die Bürgerinnen und Bürger verlangen in diesem Bereich mehr vorausschauendes Engagement von uns. Wir dürfen den Ereignissen nicht länger hinterherhinken. Wir dürfen nicht länger mit heraushängender Zunge bereits fortgeschrittene Entwicklungen kommentieren. Das Europäische Parlament muss Wege weisen, damit sich die Bio- und Gentechnik zum Segen der Menschheit entwickelt und sich nicht durch Überschreitung ethischer Grenzen gegen sie wendet.

Deshalb sollten wir mit großer Mehrheit den vorgeschlagenen Ausschuss beschließen, der das Fundament für eine vorausschauende Gesetzgebung liefert. Wir müssen uns bewusst sein, dass mit der Biotechnologie die vermutlich größte Revolution der Medizin und der Technik verbunden ist. Diese Revolution darf nicht von einer sorglosen Gesetzgebung begleitet sein. Wir müssen den Rat der besten Experten einholen und für eine kohärente Gesetzgebung in den Staaten der Europäischen Union sorgen. Insbesondere die Fragen der Ethik und des Schutzes der Menschenwürde sind so wichtig, dass wir sie nicht einer zersplitterten, möglicherweise sogar widersprüchlichen einzelstaatlichen Gesetzgebung ausliefern dürfen.

Wir müssen dringend alle Fragen der Ethik in der Medizin, in der Technik und in den Wissenschaften aufarbeiten. Deshalb muss der notwendige Ausschuss des Europäischen Parlaments seine Arbeit so schnell wie möglich aufnehmen. Unsere Abstimmung wird den Startschuss dazu geben.

 
  
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  Plooij-Van Gorsel (ELDR).(NL) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Biotechnologie ist derzeit eine der verheißungsvollsten Technologien, die in der Medizin zu einem Durchbruch führen können. Werden die Klonungsverfahren in Europa nicht weiterentwickelt, so bewirkt das lediglich, dass die Forschung anderswo, beispielsweise in den USA oder schlimmstenfalls in Ländern mit weniger hohen ethischen Normen als in der Europäischen Union fortgesetzt wird. Damit geht ein Abzug von Spezialisten, Forschungstätigkeiten und Arbeitsplätzen ins Ausland einher. Darüber hinaus werden die Produkte jedoch in der Europäischen Union vermarktet.

Worum geht es nun eigentlich? Wer sind wir denn, dass wir Menschen das Recht auf Gesundheit absprechen? Ist es nicht kinderleicht, eine äußerst viel versprechende potentielle Technologie aus ethischen Gründen zu verbieten? Hat nicht jeder Mensch Anspruch auf Gesundheit und Wohlergehen? Wer wagt es, daran ein sittliches Gebot zu knüpfen? Ich kann Ihnen mitteilen, dass ich zusammen mit der Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas den vorliegenden Entschließungsantrag uneingeschränkt unterstütze.

 
  
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  Breyer (Verts/ALE). - Herr Präsident! Wir haben die schreckliche Situation, dass in einem Mitgliedstaat der EU therapeutisches Klonen erlaubt wird, was wir immer kritisiert haben. Dazu erwarten die Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union eine Position des Europäischen Parlaments. Wenn man das versteckt, indem man sagt, wir geben euch nur eine Beruhigungspille, wir richten einen Endlos-Debattierclub, einen nichtständigen Ausschuss ein, finde ich das unverantwortlich. Zu dieser Entscheidung, die in den nächsten Monaten - ja sogar in den nächsten Wochen - getroffen wird, müssen wir heute und jetzt Position beziehen, und dann selbstverständlich auch zu den Themen, die in der Zukunft anstehen. Aber bitte lassen Sie uns dies nicht verbrämen, indem man keine Stellungnahme bezieht, indem man versucht, das in Ausschüssen zu verstecken und somit die Bevölkerung zu beruhigen.

Ich glaube, es ist so wichtig, was jetzt passiert. Wer therapeutisches Klonen akzeptiert, der öffnet die Büchse der Pandora; damit rückt auch der Alptraum des geklonten Menschen näher, des Menschen nach Maß. Die willkürliche Unterscheidung zwischen reproduktivem und nicht reproduktivem Klonen ist ein semantischer Trick. Genauso problematisch ist die Bezeichnung therapeutisches Klonen, denn von einer Therapie kann nicht die Rede sein. Klonen, auch therapeutisches Klonen, öffnet die Tür dazu, den Menschen nur noch als biologisches Material zu sehen.

Es ist unverantwortlich, vorsätzlich - ich betone vorsätzlich - Leben zu erzeugen, um es als Forschungsmaterial zu nutzen. Dies widerspricht den Menschenrechten. Dies ist auch eine Spaltung der Menschenwürde, wenn wir gezielt Embryonen als Ersatzteillager herstellen. Von daher muss das Parlament seine Handlungsmöglichkeit nutzen.

Herr Forschungskommissar, ich erwarte mir heute auch von Ihnen eine eindeutige Aussage darüber, wie Sie vorzugehen gedenken, wenn ein Mitgliedstaat die Beschlüsse des Parlaments und des Rates missachtet. Wir brauchen ein klares Signal, und ich glaube, es wäre ein politisches Armutszeugnis, wenn wir aus Treue zu Blair sämtliche ethischen Bedenken über Bord werfen.

 
  
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  Grossetête (PPE-DE).(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Es versteht sich von selbst, dass das Klonen von Menschen, das ausschließlich der Herstellung eines einem anderen Lebewesen gleichenden Geschöpfes dient und zum alleinigen Ziel hat, dieses zu verbessern, ganz klar verboten werden muss. Dies ist immer der Standpunkt unseres Parlaments gewesen, und meiner Ansicht nach ist es richtig, diesen zu bekräftigen. Heute jedoch geht es um die Nutzung des Klonens zu therapeutischen Zwecken, und das zieht zahlreiche Konsequenzen nach sich.

Diese Konsequenzen sind medizinischer Natur. Man muss einen klaren Unterschied zwischen dem Klonen zu therapeutischen und dem Klonen zu reproduktiven Zwecken machen. Die Zelltherapie ist heute eine Quelle der Hoffung für zahlreiche Patienten, die an genetischen oder auch degenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Krebs leiden.

Die Konsequenzen sind auch ethischer und philosophischer Natur. Welchen Stellenwert hat ein Embryo? Eine Antwort auf diese Frage können die zahlreichen Aussprachen liefern, die wir über die Abtreibung oder die In­vitro­Befruchtung geführt haben. Welchen Stellenwert haben überschüssige Embryonen, die durch eine Befruchtung im Reagenzglas entstanden sind und vernichtet werden sollen? Könnten sie nicht auch Leben schenken?

Weiterhin sind die Konsequenzen wirtschaftlicher und sozialer Art. Es handelt sich um eine gesellschaftliche Debatte. Welchen Standpunkt vertreten die US-Amerikaner oder die Japaner in diesem Zusammenhang? Europa muss diese Frage aus einem internationalen Blickwinkel betrachten und das Forschungspotential des Klonens zu therapeutischen Zwecken berücksichtigen.

Wir müssen eine Grundsatzdebatte einleiten. Sie haben diese gefordert, und wir sind damit einverstanden. Es wäre vielleicht angebracht, zunächst die Verbote zu definieren, die man sich auferlegt, und klar abzustecken, welche Praktiken annehmbar sind. Wir können nicht auf Sicherheitsvorkehrungen verzichten. Diese Fragen rufen in den einzelnen Ländern aufgrund der kulturellen Unterschiede verschiedenartige Reaktionen hervor.

Daher kann das Handeln der Europäischen Union in diesem Bereich nur auf Grundprinzipien beruhen. Diese Grundsätze gibt es bereits. Es handelt sich um die Achtung des Menschen, des Lebens und der Freiheit, aber auch um den Fortschritt, der allen Menschen zugute kommt.

(Beifall)

 
  
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  Muscardini (UEN). - (IT) Herr Präsident, das Klonen und die Patentierbarkeit aller den Menschen betreffenden Bereiche sind verboten und müssen es auch bleiben. Es gibt keinen Unterschied zwischen dem Klonen zu therapeutischen und dem zu Reproduktionszwecken; der Zweck heiligt keineswegs die Mittel, wenn die menschliche Würde, die zu allererst gewahrt werden muss, auf dem Spiel steht.

Die Verwendung menschlicher Embryonen zur Herstellung von Organen kann daher durch nichts gerechtfertigt werden. Mit deren Verwendung wird nämlich ein potentielles menschliches Wesen ausgelöscht, was augenscheinlich dem Wert, der dem erklärten Ziel der Rettung menschlichen Lebens beigemessen wird, widerspricht. Selbstredend wäre es eine ganz andere Frage, wenn es nur um die Verwendung von Stammzellen und nicht von Embryonen ginge.

Der Versuch, in die Natur, in die Grundregeln des Ursprungs menschlichen Lebens einzugreifen, verstößt gegen die Ethik. Hier müssen wir einhalten und darüber nachdenken, welche Konsequenzen es haben kann, wenn das natürliche System aus den Angeln gehoben wird. Das Vorsorgeprinzip muss auch beim etwaigen therapeutischen Klonen herangezogen und angewandt werden. Nicht zufällig werden nämlich im für den Zeitraum 1998-2002 geltenden Fünften Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung die Förderung von Projekten auf dem Gebiet des Klonens von Embryonen zu Reproduktionszwecken ausgeschlossen und auch keine Finanzierung von Forschungsarbeiten im Bereich des therapeutischen Klonens vorgesehen.

Bei Wahrung der unterschiedlichen Auffassungen zu diesem Thema halten wir es für unerlässlich, ethische Normen festzulegen, die auf der Achtung der menschlichen Würde im Bereich der Biotechnologien basieren.

Wir fordern die europäische Beratergruppe für ethische Fragen im Bereich der Wissenschaft und der neuen Technologien auf, die Gefahren in Betracht zu ziehen, die mit der Überschreitung gewisser Grenzen, jenseits derer alles den Anschein des Erlaubten erwecken kann, wenn die menschliche Würde nicht gewahrt wird, verbunden sind. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Europäer, wie Kommissionspräsident Prodi meint, um gemeinsame Werte zusammenfinden.

Hierzu muss die Kommission eine offene Debatte voranbringen, mit dem Ziel, das richtige Gleichgewicht zu finden zwischen ethischer Strenge, beruhend auf der Ablehnung der Ausbeutung des menschlichen Körpers zu kommerziellen Zwecken, und der Pflicht, therapeutischen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Wir fordern den Rat auf, die Initiative für eine internationale Konvention zur Verwendung lebender Materie zu ergreifen, um zu verhindern, dass menschliche Embryonen vermarktet und für widernatürliche Zwecke genutzt werden. Es geht darum, keine neue menschliche Spezies zu schaffen, wie es offenbar auch aufgrund von Natur- und Umweltkatastrophen geschieht.

 
  
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  Linkohr (PSE). - Herr Präsident! Schade, dass von den britischen Kollegen, die die Haltung der Regierung unterstützen, niemand das Wort ergriffen hat. Es wäre interessant gewesen, auch deren Argumente zu hören, denn ich kann mir schon denken, dass sie sich auch etwas dabei gedacht haben. In Großbritannien ist ja seit 1990 Embryonenforschung bis zum 14. Tag erlaubt. Ich glaube, es ist eine logische Folge, wenn jetzt diesem Schritt der nächste folgte.

Warum verhält sich Großbritannien anders als der Kontinent? Das ist doch eine interessante Frage. Der Unterschied besteht offensichtlich unabhängig von den Regierungen. Es war vorher eine konservative und jetzt ist es eine Labour-Regierung, und es hat sich nichts geändert. Warum ist die öffentliche Meinung in Großbritannien anders als auf der anderen Seite des Kanals? Das wäre zum Beispiel eine Frage, die zu diskutieren in dieser Runde durchaus angebracht wäre, denn wir haben das Privileg, Volksvertreterinnen und Vertreter aus der gesamten Europäischen Union zu haben. Das war meine erste Bemerkung.

Die zweite Bemerkung ist, dass mir sehr gut gefallen hat, was Frau Bonino gesagt hat. Das geht mir sehr nahe. Ich würde auch befürworten, dass wir uns bei unseren Prinzipien von der Laizität leiten lassen. Der Staat ist nicht religiös. Der Staat hat die Religion zu respektieren. Auch ich respektiere, dass jemand katholisch, evangelisch, jüdisch oder was auch immer ist. Aber ich verlange auch, dass meine Meinung respektiert wird. Das kann man aber nur im Rahmen der Laizität. Dieser Anspruch auf Unfehlbarkeit hat Europa schon wahnsinnig viel geschadet. Wir sollten versuchen, davon abzukommen. Niemand hat ein Privileg auf Ethik. Auch die, die eine andere Meinung haben, sind ethisch.

Wir haben im übrigen immer wieder erlebt, wie Verbote durch die Praxis aufgeweicht wurden. Dafür kann jeder Beispiele nennen. Deswegen bin ich der festen Überzeugung - was immer wir auch hier entscheiden -, dass sich in einer weltoffenen Gesellschaft bei der Forschung, die unter verschiedenen Gesichtspunkten betrieben wird, das Wissen seinen eigenen Weg suchen wird. Wir werden am Schluss nicht umhin kommen, mit diesem Wissen in der Weise verantwortlich umzugehen, dass wir versuchen, es einzugrenzen. Ein Verbot jeglicher Forschung, Francis Wurtz, kann man fordern. Aber es ist außerordentlich naiv zu glauben, dass dieses Verbot eingehalten wird. Am Schluss werden wir nicht umhin kommen, Grenzen aufzuzeigen.

In diesem Fall geht es mir ähnlich wie vielen anderen. Mir sträubt sich auch alles bei dem Gedanken, dass an Embryonen rumgepfuscht, rumgeforscht usw. wird. Es gibt durchaus Grenzen. Aber die praktische Erfahrung zeigt mir, dass man am Schluss vielleicht nicht viel mehr tun können wird, als dies alles schlicht einzugrenzen. Wir haben keinen Handlungsbedarf im Moment. Wir haben Zeit. Wir sollten uns sehr genau überlegen, wie wir uns in dieser Angelegenheit verhalten. Wir haben dazu Ausschüsse, und manchmal ist es auch nützlich, ein gutes Buch zu lesen.

 
  
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  Ahern (Verts/ALE). – (EN) Ein wichtiger gemeinsamer Wert in Europa, dem wir uns ungeachtet unserer weltlichen oder religiösen Anschauungen alle verbunden fühlen, ist, dass Experimente an Menschen nur ausschließlich zu deren eigenem und direktem Nutzen durchgeführt werden dürfen. Wenn wir von diesem Prinzip abweichen, schaden wir uns selbst, und in dieser Angelegenheit sind wir bereits klar von diesem Prinzip abgerückt. In keinem Stadium der Entwicklung dürfen Experimente an Menschen durchgeführt werden, und wir müssen die Massenproduktion von Embryonen zu Forschungszwecken mit allem Nachdruck verhindern. Die nächste Stufe wird die kommerzielle Nutzung sein, die nach unserer eigenen Richtlinie über die Patentierung biotechnischer Erfindungen zulässig ist.

Von Seiten der britischen Behörden wird argumentiert, das menschliche Klonen sei trotz ethischer Bedenken erforderlich, da dies der einzige Weg sei, um Patienten mit den unterschiedlichsten Erkrankungen zu helfen. Viele Wissenschaftler bezweifeln diese Behauptung und empfehlen die intensivere Forschung an erwachsenen Stammzellen, mit denen sich dieselben Ergebnisse bei der Heilung von Krankheiten erzielen ließen. Können wir uns nicht einigen und einen Weg finden, Stammzellen ohne direkte Experimente an Menschen zu erforschen? Ich hoffe, das Haus stimmt mir darin zu, dass dieser Wert zu den Grundwerten des europäischen Aufbauwerks gehört.

 
  
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  Purvis (PPE-DE).(EN) Dies ist ein sehr emotionales Thema, und zur Emotionalisierung trägt auch der Titel der Debatte „Klonen von Menschen“ bei. „Forschung an Stammzellen“ wäre ein neutralerer Titel. Mit meiner Wortmeldung möchte ich aber vor allem um Reflektion in aller Ruhe und um Berücksichtigung sämtlicher Fakten und Auswirkungen bitten, die dies für die Menschheit, für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden, für die Zukunft der Wissenschaft und der Gesundheitsindustrie in Europa und nicht zuletzt für unser geistiges Wohlbefinden hat.

Lassen Sie uns einige Fakten klären. Tatsache ist, dass das reproduktive Klonen von Menschen im Vereinigten Königreich verboten ist. Es besteht nicht die Absicht, dies zu ändern, und in der britischen Fachbranche besteht weder jetzt noch zukünftig die Absicht, mit dem reproduktiven Klonen von Menschen zu beginnen. Die Nutzung von Embryonenstammzellen zu Forschungszwecken ist eine kurzfristige Reaktion auf einen wissenschaftlichen Bedarf, der darin besteht, Wege zur Neuprogrammierung adulter Zellen zu finden.

Tatsache ist, dass die Forschung an Stammzellen strikten gesetzlichen Vorschriften unterliegt, deren Einhaltung von der angesehenen und strengen Human Fertilisation and Embryology Authority überwacht wird. Es wäre sicher sinnvoll, wenn auch in anderen Mitgliedstaaten eine ähnliche Einrichtung geschaffen würde.

Tatsache ist, dass unlängst interessante Fortschritte in der Forschung an adulten Stammzellen erzielt worden sind, dass im Vergleich zu den embryonalen Stammzellen mit ihren einzigartigen Merkmalen jedoch noch immer erhebliche Nachteile bestehen. Das Ziel der Forschung an embryonalen Stammzellen besteht nun darin, Möglichkeiten zu finden, wie adulte Stammzellen ohne diese Nachteile genutzt werden können.

Damit kommen wir nun zum grundsätzlichen Dilemma. Ist ein Embryo bis zum Alter von 14 Tagen ein menschliches Wesen mit den vollen Rechten einer lebenden Person oder mit den Rechten eines Fötus? Ob zu Recht oder zu Unrecht sei dahingestellt, Tatsache ist jedoch, dass diese Art der Forschung im Vereinigten Königreich und in den USA seit zehn Jahren erlaubt ist und viele positive Ergebnisse erbracht hat. Nach monatelangen und weltweiten Konsultationen wird nun im Donaldson-Bericht die Ausweitung dieser Forschungen zu therapeutischen Zwecken empfohlen.

Die Entscheidung liegt nun bei Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie müssen Ihre Entscheidung Ihrem Gewissen und Ihrem Glauben gegenüber verantworten können, aber Sie müssen dabei auch an die zukünftigen Möglichkeiten und das Wohl Ihrer Mitmenschen denken. Sich um das Wohlergehen seines Nächsten zu kümmern, der an Alzheimer, an der Parkinsonschen Krankheit oder an Diabetes leiden könnte, gehört auch zu den christlichen Pflichten.

 
  
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  Hermange (PPE-DE).(FR) Herr Präsident, das durch die britische Entscheidung ausgelöste Thema ist ernst und äußerst kompliziert. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die nationalen Gesetzesvorschriften in diesem Bereich stark voneinander abweichen. Dies ebnet den Weg für unkontrollierte Praktiken, angesichts derer wir uns, wie auch Françoise Grossetête soeben gesagt hat, fragen können, welche Bedeutung einige Länder der Verwirklichung des Grundsatzes der Achtung des menschlichen Lebens vom embryonalen Stadium an beimessen, der auf Artikel 18 der europäischen Menschenrechtskonvention beruht, in dem die Herstellung von Embryonen zur humanen Verwendung untersagt wird.

Die Verschiedenartigkeit der Instrumentarien zeigt, wie komplex die Debatte ist, und wirft einige ineinander greifende Fragen auf. Was bedeutet die Achtung des Lebens? Was ist ein Präembryo im Vergleich zum Embryo? Können Forschungen am Embryo zu therapeutischen Zwecken genehmigt werden? Woher kommen die Stammzellen? Müssen Embryos geklont werden? Stammen die Stammzellen nicht sowohl aus erwachsenem als auch aus fötalem Gewebe? Kann man die Herstellung von Embryonen für Vorhaben genehmigen, die nicht dem Leben dienen? Hat man angesichts von schweren und bis zum heutigen Tage unheilbaren Krankheiten das Recht, Forschungsvorhaben zu verhindern, die uns als vielversprechend angepriesen werden?

Das sind schwere Fragen, bei denen es um den Sinn des Lebens geht. Daher bedarf es eines Dialogs, der zunächst innerhalb unserer europäischen Institutionen erfolgen muss, und ich bedaure, Herr Kommissar, dass Präsident Prodi seine Überlegungen am Montag zuerst der Presse kundtat, bevor er sie dem Europäischen Parlament vortrug. Ich stelle fest, dass seine Worte sehr zurückhaltend und wohl abgewogen waren.

Zweitens bin ich der Ansicht, dass unser Parlament für diese Debatte eine parlamentarischen Ad­hoc­Ausschuss einrichten sollte, der rasch die Initiative zur Anhörung europäischer und überseeischer Experten aller Fachrichtungen ergreifen könnte. Jedoch muss diese Debatte auch in der Öffentlichkeit stattfinden. Deswegen empfehle ich, ein europäisches Bioethik-Forum zu veranstalten und in einer Zeit, da wir unnötigerweise alle möglichen Beobachtungsstellen ins Leben rufen, endlich die Regelungen für die Tätigkeit in diesem Bereich zu schaffen. Ich schlage die Einrichtung einer europäischen Agentur für Fortpflanzungsmedizin und Biotechnologie vor.

 
  
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  Busquin, Kommission. – (FR) Herr Präsident, ich erlaube mir zu antworten, da Herr Liese im Verlauf der Aussprache eine konkrete Frage gestellt hat. Es ging um das Fünfte Rahmenprogramm. Dabei ist es ganz klar, wie Herr Liese sicher weiß, da dies Gegenstand eines Mitentscheidungsverfahrens ist, dass im Fünften Forschungsrahmenprogramm eindeutig gesagt wird, dass Forschungen über Klonverfahren zu reproduktiven und therapeutischen Zwecken ausgeschlossen sind.

Daher ist es im Zusammenhang mit dem Rahmenprogramm ganz klar, dass dies zurzeit völlig ausgeschlossen ist. Ich wollte auf diesen Punkt nur noch einmal hinweisen, Herr Liese, weil Sie die Frage gestellt haben.

Was dagegen die Debatte betrifft, möchte sich die Kommission, wie ich es bereits in meiner einleitenden Erklärung gesagt habe, an einer Debatte mit dem Parlament zu diesen Fragen beteiligen, die, wie wir gesehen haben, sehr komplex und ausgesprochen interessant sind.

 
  
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  Der Präsident. – Ich habe acht Entschließungsanträge gemäß Artikel 37 Absatz 2(1) der Geschäftsordnung erhalten.

Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.

 
  
  

VORSITZ: ALONSO JOSÉ PUERTA
Vizepräsident

 
  

(1) Siehe Protokoll.

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