Die Präsidentin. – Ich erkläre die am Donnerstag, dem 21. September 2000, unterbrochene Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments für wieder aufgenommen.
2. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung
Die Präsidentin. – Das Protokoll der Sitzung vom Donnerstag, dem 21. September, wurde verteilt.
Gibt es Einwände?
Thors (ELDR). – (SV) Frau Präsidentin! Ein Kommentar zum Protokoll. Aus unerfindlichem Grund taucht mein Name in der Anwesenheitsliste nicht auf. Ich bitte um Korrektur und möchte gleichzeitig mitteilen, dass ich heute die Strecke Finnland – Straßburg in nur neun Stunden zurückgelegt habe. Das ist für mich fast persönlicher Rekord in diesem Herbst.
Die Vorsitzende. – Sie haben vollkommen Recht, Frau Thors, wir werden das Protokoll berichtigen.
(Das Parlament genehmigt das Protokoll.)
3. Mitteilung der Präsidentin über die Lage im Nahen Osten
Die Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie wissen, ist es in den letzten Tagen in Jerusalem sowie in anderen Städten und in den palästinensischen Gebieten bedauerlicherweise zu Zusammenstößen gekommen, die bereits zahlreiche Opfer gefordert haben. Auch heute wurden Ziele in Gaza von Hubschraubern bombardiert, was die Lage verschärft. Angesichts dieses erneuten Aufflammens der Gewalt möchte ich im Namen des Europäischen Parlaments meine tiefe Betroffenheit zum Ausdruck bringen und den Familien der Opfer mitteilen, dass wir ihren Schmerz und ihr Unglück teilen.
Zu einem Zeitpunkt, da sich der Friedensprozess in einer entscheidenden Phase befindet und reale, wenn auch schwache Fortschritte erzielt wurden, kann der Besuch von Ariel Sharon auf dem Tempelberg nur als Provokation gewertet werden. Der Status von Jerusalem spielt, wie die traurigen Ereignisse der jüngsten Zeit zeigen, eine Schlüsselrolle für den Frieden im Nahen Osten. Diese Stadt beherbergt für die drei monotheistischen Religionen außerordentlich symbolträchtige Stätten. Mit jedem darauf gerichteten Angriff wird der Friedenswille negiert und die Suche nach einer für alle annehmbaren Lösung behindert.
Wir wissen jedoch, dass es auf beiden Seiten friedliebende Menschen gibt, die den Wunsch haben voranzukommen. Die Tatsache, dass der Vorsitzende des Palästinensischen Legislativrates, Herr Ahmed Qurie, und der Präsident der Knesset, Herr Avraham Burg, hier gemeinsam bei unserer Tagung im September zugegen waren, ist ein weiterer Beleg dafür. Die Offenheit und die Fähigkeit zuzuhören, die sie in der Jerusalem-Frage an den Tag gelegt haben, waren ein hoffnungsvolles Zeichen.
Anlässlich der Eröffnung der Tagung des Europäischen Parlaments rufe ich die internationale Gemeinschaft auf, alles dafür zu tun, damit der Dialog so bald wie möglich wieder aufgenommen wird. Seitens der Europäischen Union gab es bereits Reaktionen. Ich hoffe, dass sie ihre Bemühungen verstärkt, an denen sich das Europäische Parlament voll und ganz beteiligen wird.
Ich bitte Sie, eine Schweigeminute einzulegen.
(Das Parlament erhebt sich zu einer Schweigeminute.)
* * *
Barón Crespo (PSE). – (ES) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich mich im Namen der Sozialistischen Fraktion Ihren Worten anschließen und unsere völlige Übereinstimmung zum Ausdruck bringen. Gestatten Sie mir nunmehr, namens meiner Fraktion vorzuschlagen, dass diese außerordentlich wichtige Frage der Zuständigkeiten innerhalb der Europäischen Union noch einmal in der morgigen Aussprache im Zusammenhang mit dem Gipfel in Biarritz zur Sprache kommt.
Mit Sicherheit ist die Lage im Nahen Osten eines der Themen, die auf diesem Gipfel angesprochen werden sollten, wenn er auch keinen offiziellen Charakter hat. Des Weiteren möchte ich hervorheben, dass Sie, Frau Präsidentin, zutreffend auf die völlig inakzeptable Provokation durch einen Führer der extremen Rechten in Israel verwiesen haben, der bereits für sein extremistisches Auftreten in der Vergangenheit bekannt ist. Meines Erachtens sollten wir gegenüber unseren israelischen Freunden die Position vertreten, dass eine demokratische und rechtsstaatliche Regierung – wie im Fall von Israel – keine Geschütze und Panzerläufe auf Steine werfende Kinder und Jugendliche richten darf. Dies ist absolut unverhältnismäßig und fördert den Friedensprozess nicht im Geringsten.
(Beifall)
Nach dem Besuch der Präsidenten der Parlamente Israels und Palästinas – der aufgrund Ihrer Einladung, Frau Präsidentin, zustande kam – verfügen wir über eine ausreichende moralische Legitimität, um gegenüber unseren Partnern im Nahen Osten auf unmissverständliche Weise unsere Haltung zu vertreten und ihnen gleichzeitig unsere guten Dienste anzubieten.
Wurtz (GUE/NGL).– (FR) Frau Präsidentin, ich habe Sie in einem Schreiben im Namen meiner Fraktion um eine Änderung der Tagesordnung im Zusammenhang mit der Frage gebeten, die Sie soeben auf sehr würdevolle Weise angesprochen haben.
Da Herr Barón das Wort ergriffen hat, schlage ich vor, dass wir uns dieser Frage sofort zuwenden. Nach meinem Dafürhalten können wir als Parlament heute nicht schweigen, nachdem wir vor einem Monat richtigerweise den Präsidenten der Knesset und den Vorsitzenden des Palästinensischen Legislativrates zusammen eingeladen haben, um zu bekunden, dass das Parlament willens ist, sich aktiv für den Friedensprozess einzusetzen.
Sie haben die dramatische Lage, die derzeit in Palästina und in Israel herrscht, mit Worten dargelegt, denen ich zutiefst zustimme. Ich verstehe sehr gut, dass sich Herr Prodi am morgigen Tag, der Rat, wir selbst, einige von uns, an der allgemeinen Debatte beteiligen. Es wird wohl hingegen niemand wollen, dass dieses dramatische Thema als eines unter vielen anderen wichtigen Themen behandelt wird, so dass ein Redner von der Charta sprechen kann, während sich der nächste zum französischen Vorsitz und zum Gipfel von Biarritz äußert, der dritte auf das Nein der Dänen bei der Volksbefragung zur WWU eingeht und der vierte schließlich etwas zum Nahen Osten sagt. Das wäre der Sache nicht angemessen.
Ich schlage deshalb zusammen mit meiner Fraktion vor, dass wir morgen oder gegebenenfalls an einem anderen Tag versuchen, diesem so wichtigen Thema nach Möglichkeit eine Stunde zu widmen und eine Entschließung anzunehmen. Sollte dies nicht möglich sein, so schlage ich vor, dass das Thema zumindest Gegenstand einer Anfrage im Rahmen der Dringlichkeitsdebatte sein sollte. Auf jeden Fall aber fordere ich ausdrücklich, so zu verfahren, dass niemand am Ende dieser Tagung behaupten kann, dass das Parlament als solches sich nicht im Sinne und in Weiterführung Ihrer wunderbaren Erklärung für die Wiederherstellung des Friedens in Israel und im Nahen Osten ausgesprochen hat.
Die Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie möchten, stelle ich eine Art Verfahrensantrag. Wir sind noch nicht bei der Prüfung der Tagesordnung. Ihren Antrag habe ich erhalten. Ich schlage Ihnen daher vor, dann darüber zu diskutieren, ob es angemessen ist, diese Frage auf die Tagesordnung für den Dienstag zu setzen.
Zunächst liegen mir jedoch einige Verfahrensanträge vor, über die wir befinden werden. Ferner habe ich Ihnen gegenüber einige Erklärungen abzugeben. Anschließend werden wir uns dann mit der Tagesordnung befassen.
Poettering (PPE-DE). – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was im Nahen Osten passiert, ist eine Tragödie. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie das angesprochen haben. Unsere Fraktion kann sich dem inhaltlich voll anschließen.
Was die Frage der Behandlung dieses schwerwiegenden Themas hier im Plenum angeht, fände ich es angemessen, wenn morgen die Redner des Parlaments, die Fraktionsvorsitzenden oder wer auch immer für die Fraktion redet, das Problem des Nahen Ostens in der Debatte mit dem Ratspräsidenten und dem Kommissionspräsidenten ansprechen würde.
Ich glaube nicht, dass es möglich ist, die gesamte Tagesordnung zu ändern, weil wir eine große Fülle von Themen in dieser Woche zu behandeln haben. Ich erinnere auch an die Ereignisse in Belgrad am letzten Donnerstag und möchte anregen, dass wir in die morgige Debatte über Biarritz auch die Frage des Friedensprozesses im Nahen Osten einbeziehen. Damit würden wir sehr angemessen auf diese Problematik antworten.
Hautala (Verts/ALE). – (FI) Frau Präsidentin, meine Fraktion ist natürlich äußerst besorgt angesichts der Ereignisse vom Wochenende im Nahen Osten. Von all dem, was hier vorgeschlagen worden ist, möchte ich insbesondere die Anregung von Herrn Wurtz unterstützen, einen angemessenen Zeitpunkt zu finden, zu dem ich den Rat – möglichst auch die Kommission – ersuche, eine Entschließung zu erarbeiten. Unsere Fraktion befürwortet weiterhin, dass das Parlament hierzu eine eigene Entschließung einreicht. Alle haben sicher mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln darauf hingearbeitet, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen, dennoch erscheint mir die Anregung des Kollegen Wurtz dieses Mal als der beste und der Situation angemessenste Vorschlag.
Die Präsidentin. – Vielen Dank, Frau Hautala, aber wie ich bereits Herrn Wurtz erklärt habe, greifen Sie der Festlegung unserer Tagesordnung gewissermaßen vor.
Cox (ELDR). – (EN) Frau Präsidentin! Ich habe eine Bemerkung zur Anwendung der Geschäftsordnung. Ihre Worte haben die Empfindungen aller Mitglieder dieses Hohen Hauses und ganz speziell meiner Fraktion widergespiegelt. Dieser Punkt muss diskutiert werden, und zwar als eigenständiges Thema, nicht im Rahmen einer langen Liste von Fragen, die wir nach Möglichkeit noch vor dem Treffen von Biarritz abhandeln wollen. Meine Fraktion würde es sehr begrüßen, wenn ein Weg gefunden würde, diesen Punkt gesondert zu behandeln.
Sterckx (ELDR). – (NL) Frau Präsidentin! Am 21. September dieses Jahres hat ein Bauer in der Gemeinde De Panne, sie liegt am äußersten westlichen Rand meines Landes nahe der französischen Grenze, eines Abends 45 Flüchtlinge auf seinem Acker angetroffen, darunter 15 Kinder. Diese Menschen wurden von der Gemeinde aufgenommen und betreut. Das Seltsame jedoch war, dass sie behaupteten, von der französischen Polizei über die Grenze geführt worden zu sein. Die Polizei habe sie in Calais aufgegriffen, sie von Calais an die belgische Grenze gebracht und sie dann einfach in Belgien abgesetzt. Das ist eine recht merkwürdige Angelegenheit, umso mehr, als das anderen Zeugenaussagen zufolge nicht zum ersten Mal geschieht.
Glücklicherweise wurde die Angelegenheit zwischen Frankreich und Belgien auf höchster Ebene ausdiskutiert, und offenbar wurde ein Mittel gefunden, darüber zu sprechen. Meine Überraschung war jedoch groß, als ich von einem Belgier, der mir Informationen gab, hörte, dass das nicht nur die Franzosen tun, sondern auch die Niederländer und die Deutschen. Als ich ihn dann fragte, ob das auch die Belgier täten, antwortete er, ja, hin und wieder. Offenbar hat also noch jeder den richtigen europäischen Reflex, nämlich: Wir bringen unser Problem über die Grenze zu den anderen.
Ich halte es für dringend geboten, dass wir als europäischer Gesetzgeber, als Europäisches Parlament, hier doch zumindest auf einen europäischen Reflex drängen. So wie es Europa bei der Ölkrise zu wenig getan hat, ist Europa auch bei diesem heiklen Problem nicht ausreichend präsent.
Die Präsidentin. – Vielen Dank, Herr Sterckx, wir werden diese Erklärung zu Protokoll nehmen.
Berès (PSE). – (FR) Frau Präsidentin, ich möchte mich zu einem ganz anderen Thema äußern. Wie dem Parlament bekannt ist, hat der Konvent zur Ausarbeitung einer Charta der Grundrechte der Europäischen Union seine Arbeiten kürzlich beendet. Darüber können wir uns freuen. Das Parlament hat sehr viel für den erfolgreichen Abschluss der Tätigkeit dieses Konvents getan, vor allem hat es mehrfach seine Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Anlässlich der heutigen Eröffnung unserer Plenartagung hier in Straßburg stelle ich jedoch mit Bedauern fest, dass es nicht möglich war, eine würdige Übergabe der Charta hier in Straßburg durchzuführen, nachdem ihre Ausarbeitung abgeschlossen ist. Ich hätte darin ein starkes Symbol für unsere Institution gesehen, und halte das für schade.
Hatzidakis (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin, als Vorsitzender des Ausschusses für Regionalpolitik, Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments, aber auch als griechischer Abgeordneter möchte ich mich zum Untergang der Fähre Express Samina vom vergangenen Dienstag äußern. Bisher sind 79 Tote und 2 Vermisste zu beklagen. Es handelt sich um ein wirklich ungeheuerliches und entsetzliches Unglück. Offensichtlich hat der menschliche Faktor – die Fahrlässigkeit der Besatzungsmitglieder – eine entscheidende Rolle gespielt. Dennoch gibt es sehr ernst zu nehmende Anzeichen für eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts, vor allem hinsichtlich der Registrierung der Fahrgäste und der Einhaltung der in den Gemeinschaftsrichtlinien festgelegten Sicherheitsnormen. Deshalb sollten wir zunächst einmal die Reaktion der Europäischen Kommission begrüßen, die bereits untersucht, ob das Gemeinschaftsrecht eingehalten worden ist.
Wir als Europäisches Parlament sollten uns erneut verpflichten, so rasch wie möglich die Vorschläge der Kommission betreffend die Sicherheitsbestimmungen im Seeverkehr zu prüfen. Dies gilt vor allem für das so genannte Erika-Paket, das die Vorschläge der Kommission zur Sicherheit im Seeverkehr in der nach dem Tankerunglück im letzten Jahr erarbeiteten Form enthält. Und natürlich meine ich, dass wir, gemeinsam mit der Kommission insbesondere auch untersuchen sollten, ob der Zeitplan der Richtlinie 98/18 betreffend die Sicherheit der Passagiere auf Fährschiffen verkürzt werden kann, da in dieser Richtlinie in manchen Fällen Fristen bis zum Jahr 2009 vorgesehen sind.
In diesem Zusammenhang darf es keine Ausnahmen für Mitgliedstaaten geben, so wie dies derzeit in Griechenland für Fährschiffe der Fall ist, die älter als 27 Jahre sind. Außerdem ist die bis zum Jahr 2004 geltende Ausnahmeregelung für Griechenland in Bezug auf die Liberalisierung der Verkehrsdienstleistungen meiner Meinung nach nicht angemessen, da die Sicherheitsnormen in diesem Land, das zufällig auch mein Land ist, damit weiter ausgehöhlt werden. Meiner Auffassung nach kann der Wettbewerb zu einer Verschärfung der Sicherheitsnormen beitragen. Die Fraktion der Europäischen Volkspartei hat einen in diese Richtung gehenden Entschließungsantrag eingereicht, und ich denke, alle Fraktionen werden damit einverstanden sein, dass wir diese äußerst ernste Angelegenheit erörtern. Es geht um den Tod von 80 Mitmenschen.
Die Präsidentin. – Bevor ich Herrn Watts zum selben Thema das Wort erteile, möchte ich Sie nur davon in Kenntnis setzen, dass ich nach dieser schrecklichen Katastrophe selbstverständlich an den griechischen Parlamentspräsidenten, Herrn Kaklamanis, geschrieben habe, um ihm in Ihrem Namen meine tief empfundene Trauer und unsere Solidarität mit den Familien der Opfer zu bekunden.
Watts (PSE). – (EN) Frau Präsidentin! Nach den tragischen Ereignissen der letzten Woche in der Ägäis wird die gestrige Außerdienstnahme von mehr als 60 griechischen Passagierschiffen, die nicht den Rechtsvorschriften der EU entsprechen, sicherlich von allen Mitgliedern dieses Hohen Hauses begrüßt. Über die Bekundung unseres Beileids hinaus – und ich nehme mit Befriedigung zur Kenntnis, dass dies bereits geschehen ist – und neben unserem Dank an jene, die bei diesen tragischen Ereignissen an den Rettungsarbeiten beteiligt waren, könnte der Präsident den Ausschuss für Regionalpolitik, Verkehr und Fremdenverkehr in der kommenden Woche bitten zu untersuchen, warum erst 79 Menschen sterben mussten, ehe diese Schiffe aus dem Verkehr gezogen wurden?
Der Ausschuss muss umgehend die Frage stellen, warum Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften der EU zur Sicherheit im Seeverkehr ignorieren – und das betrifft nicht nur Griechenland. Wir müssen den Ausschuss auffordern, zu untersuchen, warum bestimmten Mitgliedstaaten überlange Fristen für die Nichtteilnahme an Rechtsvorschriften zur Sicherheit im Seeverkehr eingeräumt werden.
Κatiforis (PSE). – (EL) Frau Präsidentin, ich danke Ihnen sehr für das Mitgefühl, das Sie gegenüber dem Präsidenten des Griechischen Parlaments angesichts dieser beispiellosen Tragödie, die sich in den griechischen Gewässern ereignet hat, zum Ausdruck gebracht haben. Unbestreitbar hat es bei der Durchführung der einzelstaatlichen wie der europäischen Vorschriften Unzulänglichkeiten gegeben, und die griechische Regierung hat sich dieser Frage mit der größten nur denkbaren Sorgfalt angenommen.
Was die 65 Schiffe betrifft, denen jede weitere Fahrt untersagt wurde, so sollte meiner Meinung nach präzisiert werden, dass der Betrieb dieser Schiffe ohnehin am 1. Oktober verboten worden wäre, unabhängig von der Tatsache, dass 79 Menschen ums Leben gekommen sind. Diese beiden Dinge haben nichts miteinander zu tun, denn die IMO-Verordnungen sehen eine Frist vor, die ebenfalls auf den 1. Oktober fällt und ab der diese Schiffe als seeuntauglich gelten. Aus eben diesem Grund wird der Betrieb dieser Schiffe eingestellt und nicht etwa, weil diese Menschen leider ihr Leben lassen mussten.
Diese Angelegenheit ist zu ernst, als dass sie parteipolitisch ausgeschlachtet werden sollte, und sie ist auch zu ernst, als dass sie als Dringlichkeit und lediglich in Form einer einfachen Entschließung abgehandelt werden könnte. Die sozialdemokratische Fraktion wird deshalb gegen die Aufnahme des Themas in die Dringlichkeitsdebatte stimmen, was jedoch keineswegs bedeutet, die Tragödie habe uns nicht erschüttert und wir als Regierung und als sozialdemokratische Fraktion würden nicht alles in unserer Macht Stehende unternehmen, um die Sicherheit des Schiffsverkehrs in der Ägäis zu verbessern, die dreieinhalbtausend Inseln umfasst und in der zahlreiche Fährschiffe verkehren. Angesichts der Zahl der Schiffsfahrten, die jeden Sommer in der Ägäis stattfinden, ist dieses Unglück, so schlimm es auch sein mag, ein Unglück unter einer sehr großen Zahl von reibungslos verlaufenden Schiffsfahrten.
Gleichwohl ist es natürlich eine Tragödie, und die Umstände erfordern eine neuerliche und weitaus gründlichere Untersuchung der Bedingungen des Schiffsverkehrs in unserem Land und in ganz Europa. Das bedeutet aber nicht, die griechischen Meere seien in irgendeiner Hinsicht unsicherer als die Meere eines anderen Mitgliedstaats.
Sandbæk (EDD). – (DA) Frau Präsidentin, in einem Kommentar zur dänischen Ablehnung des Euro haben Sie, Frau Fontaine, die Ansicht vertreten, dass die Gegner des Euro an eine irrationale Angst appelliert haben. Wenn Sie besser informiert gewesen wären, hätten Sie gewusst, dass Ihre Beschreibung nur – und auch das nur annähernd – auf etwa 20 % der dänischen Eurogegner zutrifft. Für die meisten ging es bei der Abstimmung um die demokratische Legitimität in Bezug auf Entscheidungen, die unsere Wirtschaftspolitik betreffen. Man wollte es ja gerade vermeiden, dass wichtige Entscheidungen auf der Grundlage so unzureichender Informationen getroffen werden, wie Sie leider auch für ihre Äußerungen gehabt haben. Die dänische Bevölkerung wünscht eine weitaus deutlichere Abgrenzung dahingehend, welche Entscheidungen von der EU und welche auch weiterhin von den nationalen Parlamenten getroffen werden sollen.
Aber bereits im Dezember in Nizza möchte man die Zulassung von Mehrheitsentscheidungen in den Bereichen Soziales und Arbeitsmarkt in die Artikel 42 und 137 aufnehmen. Wenn dann auf der Grundlage von Artikel 42 in der Verordnung 1408 eine Erweiterung des Personenkreises vorgenommen wird und auf der Grundlage von Artikel 137 Mehrheitsentscheidungen z. B. in Bezug auf die Kriterien für die Gewährung von Arbeitslosenunterstützung zugelassen werden, dann hat das erhebliche Auswirkungen auf die dänische Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Wir sind das einzige Land innerhalb der EU, das seine Sozialausgaben mit Steuern finanziert, und der Arbeitsmarkt wird durch Tarifverträge reguliert. Auf diesen Voraussetzungen beruht unser System, und das Nein zum Euro ist u. a. Ausdruck unseres Wunsches, dem dänischen Parlament die Entscheidungskompetenzen in diesen Bereichen auch nach Nizza zu erhalten.
Die Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte dringend um Ihr Verständnis bitten. Es ist uns allen sehr wohl bewusst, dass es sich hier nicht um einen Verfahrensantrag gehandelt hat. Ich bitte um Entschuldigung, aber Verfahrensanträge sind nicht dazu da, um Kampagnen im Nachhinein wieder aufzunehmen.
(Beifall
Αlyssandrakis (GUE/NGL). – (EL) Frau Präsidentin, ich danke Ihnen für das Beileidsschreiben, das Sie im Namen des Europäischen Parlaments verschickt haben und das unser aller Gefühle zum Ausdruck bringt. Die 79 oder 80 Menschen fielen beklagenswerterweise dem Profit des Reedereikapitals zum Opfer. So sehr manche Leute auch die Verantwortung der Besatzung zuzuschieben versuchen, so steht doch außer Frage, dass das Schiff älter als 35 Jahre war, dass es also normalerweise nicht mehr in Betrieb hätte sein dürfen und dass es viel zu schnell gesunken ist, als dass noch mehr Menschen hätten gerettet werden können.
Die Reeder wurden und werden in ihrer Zügellosigkeit stets von den griechischen Regierungen gedeckt. Nicht zum ersten, sondern zum zigsten Mal betrauern wir Opfer, und keine griechische Regierung hat jemals Maßnahmen ergriffen, die derartige Unglücke hätten verhindern könnten.
Abschließend möchte ich anmerken, dass mich die Weigerung der sozialdemokratischen Fraktion, das Thema als Dringlichkeit zu behandeln, erstaunt. Wenngleich man in der Dringlichkeitsdebatte nicht in die Tiefe gehen kann, so war das Unglück doch außerordentlich schwerwiegend, 80 Menschen haben ihr Leben verloren, und deshalb halte ich eine unverzügliche Stellungnahme des Europäischen Parlaments ganz besonders für geboten.
Caudron (PSE).– (FR) Frau Präsidentin, ich möchte einen Augenblick auf das von unserem belgischen Kollegen angesprochene Drama zurückkommen, das Flüchtlinge heutzutage an einigen unserer Grenzen durchmachen, und zwar möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich vor etwa acht Tagen das von der französischen Regierung eröffnete Zentrum von Sangatte aufgesucht habe, das vom Roten Kreuz verwaltet wird. In diesem Zentrum werden Flüchtlinge aufgenommen, die versuchen, nach Großbritannien zu gelangen. Angelockt werden sie offenbar durch die günstigeren Aufnahmebedingungen und auch dadurch, dass es an anderen Grenzen schwieriger ist einzureisen.
Ich möchte Sie davon in Kenntnis setzen, dass dieses Zentrum täglich Anlaufpunkt für durchschnittlich 800 bis 1000 Flüchtlinge ist, die aus der ganzen Welt kommen, insbesondere aus dem Iran, dem Irak und einem Teil der Türkei, nämlich dem Kurdengebiet. Seit seiner Eröffnung vor elf Monaten haben 16 000 Flüchtlinge dieses Zentrum durchlaufen. Das ist die direkte Folge der mangelnden Harmonisierung der Aufnahmebedingungen und des Flüchtlingsstatus in Europa. Die soeben angesprochene französisch-belgische Angelegenheit ist sicher sehr wichtig. Sie darf jedoch unseren Willen nicht verschleiern, sondern muss ihn vielmehr verstärken. Ich habe mich in diesem Sinne mit einem Schreiben an Kommissar Vitorino gewandt und ihm mitgeteilt, dass wir in diesem Bereich eine gemeinsame europäische Politik wollen, ja fordern, ehe es erneut zu Dramen kommt.
Ortuondo Larrea (Verts/ALE). – (ES) Frau Präsidentin! Ich danke Ihnen, dass Sie mir als Letztem das Wort erteilen, obwohl ich als erster Abgeordneter darum gebeten hatte.
Zunächst möchte ich Sie zu Ihrer Stellungnahme zu den bedauerlichen Ereignissen in Jerusalem beglückwünschen. Ihren Erklärungen gegenüber der spanischen Presse anlässlich ihres jüngsten Besuchs in Madrid, in denen Sie die Ansicht vertraten, Nationalismen seien gleichbedeutend mit Krieg, kann ich mich allerdings nicht anschließen. Wenngleich diese Auffassung von dem verstorbenen Herrn Mitterand geteilt wurde, halte ich diese eher für eng und intolerant als für offen und demokratisch. Die Definition, die immerhin dem Wörterbuch der „Real Academia Española“ entnommen ist, lautet (in deutscher Übersetzung): „Nation ist die Gesamtheit von Personen desselben Ursprungs, die dieselbe Sprache sprechen, über gemeinsame Traditionen und das gleiche Territorium verfügen sowie das Bewusstsein um dasselbe Geschick teilen.“ Dieses Wörterbuch definiert den Nationalismus als „das Zugehörigkeitsgefühl der Angehörigen einer Nation zu derselben“; nichts ist natürlicher, menschlicher und den Bürgern näher, als sich der eigenen Nation zugehörig zu fühlen.
Ich muss gestehen, dass es schlimme Formen von Nationalismus gibt: den extremistischen Nationalismus, den gewalttätigen Nationalismus. Aber nicht alle Nationalismen gehören in dieselbe Schublade. Mehr als hundert Völker konnten in der europäischen Geschichte für sich beanspruchen, eine Nation zu bilden, und Millionen Menschen in Europa sind Nationalisten, die sich ihrer Nation zugehörig fühlen. Nationalismus bedeutet das Gefühl der Zugehörigkeit zum Nationalstaat und das Eintreten für ihn.
Frau Präsidentin, ich bitte Sie um Respekt für uns Nationalisten dieses Parlaments, die wir gemäßigt, friedliebend und demokratisch sind. Ich bitte Sie um Respekt für die historisch gewachsenen Völker Europas, und ich bitte Sie um Respekt für Hunderte von Millionen Europäern, die sich als friedliebende und demokratische Nationalisten verstehen.
Vidal-Quadras Roca (PPE-DE). – (ES) Frau Präsidentin! Ich möchte das Parlament darüber informieren, dass ich gemeinsam mit den anderen beiden spanischen Vizepräsidenten dieses Parlaments die Ehre und das Privileg hatte, Frau Fontaine auf ihrer Spanien-Reise zu begleiten und auf bewegende Weise Zeuge eines mutigen, festen und für die Demokratie und die Werte, für die dieses Parlament eintritt, beispielhaften Bekenntnisses zu sein.
Der Satz von Frau Fontaine, auf den Herr Ortuondo anspielte, bezog sich auf ausgrenzende, reduktionistische und fremdenfeindliche Formen des Nationalismus und somit auf diejenigen, die Begriffe wie Rasse, Territorium und Blut über das demokratische Prinzip setzen. Davon sprach Frau Fontaine, und wie ich bereits sagte, war ich während ihres gesamten Besuchs dabei. Wenn sich Herr Ortuondo als Nationalist keiner dieser der genannten Formen des Nationalismus zurechnet, mag er unbesorgt sein.
Trakatellis (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin, die Haltung der Sozialdemokraten, die sich gegen einen Entschließungsantrag zu der Schiffstragödie, bei der 80 Menschen ums Leben gekommen sind, ausgesprochen haben, hat mich wirklich in Erstaunen versetzt. Das Parlament ist doch zu einer solchen Entschließung ganz einfach verpflichtet. Was besagt sie denn? Wir fordern eben von der Kommission, dass sie in der gravierenden Frage der Sicherheit des Schiffsverkehrs in der Europäischen Union Fortschritte erzielt. Wer kann denn da gegenteiliger Meinung sein? Das fordern wir, das fordert der Entschließungsantrag. Ist das so schlimm? Nun, ich meine, wir alle sollten dafür stimmen, um voranzukommen und um gerade die Sicherheit des Schiffsverkehrs in der Europäischen Union zu untersuchen. Genau darum geht es, Frau Präsidentin.
Die Präsidentin. – Herr Trakatellis, das Parlament wird darüber in wenigen Augenblicken bei der Festsetzung der Tagesordnung entscheiden.
Kirkhope (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich bin gerade von der letzten Tagung zur Charta der Grundrechte in Brüssel zurückgekehrt. Diese Rechte sind sehr wichtig, aber zu den Grundrechten der Bürger der Europäischen Union gehören Freizügigkeit und der freie Warenverkehr. Seit einigen Wochen sind viele Bürger an der Ausübung dieser Rechte gehindert, weil es an einer Reihe von Grenzübergangsstellen zu Störungen kommt, darunter in den Häfen am Ärmelkanal, aber auch bei Landverbindungen. Wir sind von der GD II gewarnt worden, es könne heute zu Schwierigkeiten kommen. Viele von uns haben deshalb ihre Reisepläne geändert.
Ich erinnere mich, dass sich Mitglieder der Kommission in diesem Sommer nach Ausgleichszahlungen erkundigten, wie sie für jene gelten, die Güter transportieren und an der Ausübung dieser Tätigkeit gehindert werden – vorausgesetzt, sie erheben Anspruch darauf und dieser wird anerkannt. Unsere Vorschriften enthalten jedoch keine Regelung, wonach Bürger – seien es Touristen oder Geschäftsreisende – eine solche Entschädigung einklagen können.
Ich habe um eine Dringlichkeitsdebatte in dieser Woche ersucht und verstehe ja, dass viele andere dringende Punkte beraten werden müssen. Die Konferenz der Präsidenten hat meine Bitte um Dringlichkeit abgelehnt, aber das Problem besteht weiterhin, Tag für Tag, Woche für Woche. Ich bitte Sie deshalb, die Kommission dringend aufzufordern, so schnell wie möglich Regelungen vorzulegen, die den Bürgern für den Fall, dass sie davon abgehalten werden, von ihrer Freizügigkeit Gebrauch zu machen, dieselben Rechte einräumen wie den Spediteuren.
Die Präsidentin. – Vielen Dank, Herr Kirkhope, ich nehme Ihren Wunsch gern zur Kenntnis.
Blak (PSE). – (DA) Frau Präsidentin, den Worten meines dänischen Kollegen können Sie entnehmen, auf welch albernem Niveau die Debatte in Dänemark stattgefunden hat, die ein Nein zum Ergebnis hatte. Aber die Entscheidung ist gefallen, und wir müssen sie respektieren. Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen und Frau Ulla Sandbæk zum Sieg gratulieren, denn außer albernen englischen Konservativen und Jürgen Haider haben ja auch andere das Ergebnis begrüßt.
Davies (ELDR). – (EN) Heute berichtet eine Arbeitsgruppe der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen über den Fall eines Einwohners meines Wahlkreises im Nordwesten Englands, Menschenrechtsaktivist James Mawdsley, der in Birma im Gefängnis sitzt. Es wird erwartet, dass diese Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu dem Schluss gelangt, dass die birmesischen Behörden mit seiner Inhaftierung geltendes Völkerrecht verletzt haben. Erst vor ein paar Tagen stellte der britische Konsul fest, dass Herr Mawdsley aufgrund seiner Proteste gegen die ihm auferlegte Einzelhaft von Gefängniswärtern drei Tage Schläge erhielt und ihm schwere Gesichtsverletzungen zugefügt wurden. Heute Abend werden wir das Gipfeltreffen Asien-Europa diskutieren, und es steht für mich außer Frage, dass in dem Entschließungsantrag, den wir letztlich annehmen werden, unser Eintreten für die Menschenrechte zum Ausdruck kommt.
Herr Mawdsley ist nur einer von Millionen Menschen in Birma, die unter der Willkür der dortigen Behörden zu leiden haben. Ich bitte Sie, bei der Mitteilung der Schlussfolgerungen dieses Parlaments unsere Sorge um diesen Menschen einfließen zu lassen, dessen Behandlung stellvertretend für so vieles steht, was in Birma im Argen liegt.
Die Präsidentin. – Das werde ich selbstverständlich tun, Herr Davies.
Schröder, Ilka (Verts/ALE). – Frau Präsidentin, die rassistischen Ereignisse in Deutschland seit der letzten Parlamentstagung machen es leider wieder notwendig, dass ich mich zu Wort melde. Seither wurden wegen rassistischer Äußerungen ein Stabsunteroffizier der Bundeswehr entlassen und drei Kölner Polizeibeamte vom Dienst suspendiert. Sie hatten einen tunesischen Taxifahrer beschimpft, niedergeschlagen und getreten. Bei einem Brandanschlag auf ein Übergangswohnheim in Wuppertal wurden zwei Kinder leicht verletzt; das Haus wurde mit einem Molotowcocktail beworfen. Es wird ein rassistisches Motiv vermutet, und es wird weiter in diese Richtung ermittelt. Es wurden bereits Leute festgenommen, die verdächtigt werden, diesen Anschlag begangen zu haben. In Düsseldorf griffen bis zu 20 Personen einen Schwarzen an und verletzten ihn. Er hatte sich gegen rassistische Pöbeleien geäußert und wurde daraufhin zusammengeschlagen.
In diesem Sinne kann ich nur erneut darauf aufmerksam machen, dass diese Vorfälle direkt in Zusammenhang mit einer rassistischen Politik zu bringen sind! Deswegen kann es nicht weiter darum gehen, anders Aussehende oder MigrantInnen zu kriminalisieren, sondern genau diese rassistischen Vorgänge zu kriminalisieren!
Schriftliche Erklärungen - Charta der Grundrechte - Prüfung von Mandaten - Zusammensetzung der Delegationen - Vorlage von Dokumenten - Weiterbehandlung der Stellungnahmen und Entschließungen des Parlaments: siehe Protokoll.
4. Arbeitsplan
Die Präsidentin. – Nach der Tagesordnung kommen wir nun zur Prüfung des endgültigen Entwurfs der Tagesordnung, wie er von der Konferenz der Präsidenten in der Sitzung vom Donnerstag, dem 28. September, gemäß Artikel 110 der Geschäftsordnung aufgestellt wurde.
Zum Dienstag:
Die Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken hat mich ersucht, Erklärungen des Rates und der Kommission über die Situation im Nahen Osten aufzunehmen. Wenn dieser Antrag angenommen wird, könnten die Erklärungen an diesem Tag zwischen 17.00 und 18.00 Uhr abgegeben werden. Das Wort hat Herr Wurtz, um den Antrag im Namen der Fraktion vorzubringen.
Wurtz (GUE/NGL).– (FR) Frau Präsidentin, ich werde nicht wiederholen, was wir soeben gesagt haben. Ich beziehe mich auf Ihre Erklärung aus Gründen, die Sie selbst schon sehr treffend dargelegt haben. Meines Erachtens ist es sehr angebracht, dass sich das Parlament in dieser Situation äußert, die von der von Ihnen ganz richtig als Ausgangspunkt bezeichneten Provokation gekennzeichnet ist, sowie von militärischen Repressalien, einer beispiellosen Gewalt, die bereits etwa vierzig Todesopfer gefordert hat, darunter auch Kinder. Jeder von uns konnte dies ja am Fernseher beobachten. Somit kann man heute feststellen, dass alles passieren kann, dass die Chancen für einen dauerhaften Frieden zu zerbrechen drohen und daher eine Initiative des Parlaments geboten ist.
Ich hatte in der Tat eingangs vorgeschlagen – und ich bleibe erst einmal bei diesem Vorschlag –, unsere Debatte über die Erweiterung morgen zwischen 17.00 und 18.00 Uhr zu unterbrechen, um die Anwesenheit von Herrn Moscovici als Vertreter des Rates zu nutzen. Dieser könnte eine Erklärung abgeben, in deren Anschluss eine Debatte und eine Abstimmung durchgeführt werden.
Sollte die Beratung ergeben, dass diese Option nach Auffassung verschiedener Fraktionen größere Nachteile mit sich bringt, dann gibt es, obgleich ich sie meinerseits als zweckmäßig betrachte, zwei weitere Möglichkeiten. Am Donnerstagmorgen in Anwesenheit von Frau Péry bzw. am Donnerstagnachmittag in Anwesenheit von Herrn Solana.
Worauf es nach meinem Dafürhalten vor allem ankommt, ist, dass das Parlament die Möglichkeit erhält, sich zu äußern, dass wir den Rat anhören und dass wir uns weiterhin aktiv am Friedensprozess im Nahen Osten beteiligen können. Alles andere ist zweitrangig.
Die Präsidentin. – Herr Wurtz, es geht hier um den Dienstag. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Herr Moscovici am Dienstag zwischen 17.00 und 18.00 Uhr noch da sein wird. Möchten Sie den Antrag zurückziehen und die Angelegenheit auf Donnerstag verschieben? Nur damit ich das richtig verstehe.
Herr Barón Crespo, wir werden keine erneute Debatte durchführen. Viele Kolleginnen und Kollegen haben sich bereits in Form von Verfahrensanträgen geäußert. Aber wenn Herr Wurtz den Antrag in Bezug auf Dienstag aufrechterhält, dann stelle ich die Frage, ob sich ein Redner dagegen aussprechen möchte, und es steht Ihnen frei, sich in dieser Eigenschaft zu Wort zu melden. Wenn Herr Wurtz eine Kompromisslösung vorschlägt, die darin besteht, seinen Antrag auf Donnerstag zu verschieben, dann hätte sich die Angelegenheit, was den Dienstag betrifft, erledigt. Ich glaube, dass dies der Fall ist.
Wurtz (GUE/NGL). – (FR) Ich spreche mich dafür aus, den von mir vorgeschlagenen Tagesordnungspunkt auf Donnerstagnachmittag zu verschieben, wenn Herr Solana hier sein wird.
Die Präsidentin. – Ich danke Ihnen. Zum Dienstag liegen mir keine weiteren Anträge vor.
Zum Donnerstag:
Ich schlage Ihnen also vor, die Frage des Friedensprozesses im Nahen Osten und der jüngsten Zwischenfälle in die Aussprache mit Herrn Solana aufzunehmen.
(Das Parlament stimmt dem Vorschlag zu.)
Zur Debatte über aktuelle, dringliche und wichtige Fragen, und zwar zu Punkt 4, „Mazedonien“, liegen mir zwei Anträge der Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken vor, die darauf abzielen, diesen Punkt durch den Punkt „Verhinderung des Starts des Solidaritätsflugs Paris-Bagdad“ oder, wenn diesem ersten Antrag nicht stattgegeben wird, durch den Punkt „Tragischer Schiffbruch der Samina in Griechenland“ zu ersetzen.
Van Velzen (PPE-DE). – (NL) Frau Präsidentin! Das große Problem besteht immer darin, dass nicht jeder weiß, was der andere Vorschlag beinhaltet, wenn man die Vorschläge einen nach dem anderen erhält. Die EVP schlägt vor, einen gesonderten Punkt als Punkt 5 aufzuführen, damit wir dort ausführlich über die Schiffskatastrophe in Griechenland sprechen können. Darauf wollte ich aufmerksam machen.
Die Präsidentin. – Ja, das ist eine wichtige Klarstellung im Hinblick auf die von den Kolleginnen und Kollegen zu treffende Entscheidung. Ich stelle also den Antrag zur Abstimmung, den Punkt „Mazedonien“ durch den Punkt „Verhinderung des Starts des Solidaritätsflugs Paris-Bagdad“ zu ersetzen.
Wurtz (GUE/NGL). – (FR) Da diese Angelegenheit wohl nicht unbedingt von allen verfolgt wurde, möchte ich dazu erklären, dass es sich um einen Flug handelte, für den alle erforderlichen Genehmigungen vorlagen, der jedoch aus zweifelhaften Gründen in letzter Minute gestrichen wurde. Keinesfalls jedoch, um jedes Missverständnis auszuschließen, wollten die mir persönlich bekannten Personen, die an diesem Flug teilnehmen sollten, dorthin fliegen, um die Macht von Saddam Hussein – der unser erklärter Gegner ist – auch nur im Mindesten zu unterstützen. Es ging ihnen lediglich darum – und das ist sehr wichtig –, die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit auf die wirkliche Tragödie zu lenken, die das Embargo für die Zivilbevölkerung dieses Landes, insbesondere für die Kinder, zur Folge hat. Deshalb möchte ich diesen Vorschlag unterstützen.
(Das Parlament lehnt den Antrag ab.)
Die Vorsitzende. – Ich stelle den Antrag zur Abstimmung, den Punkt „Mazedonien“ durch den Punkt „Tragischer Schiffbruch der Samina in Griechenland“ zu ersetzen.
(Das Parlament lehnt den Antrag ab.)
Mir liegen zwei Anträge vor, die beide die Aufnahme eines fünften Punkts betreffen. Bekanntermaßen sind nach der Geschäftsordnung nur fünf Punkte zulässig. Somit wird bei Annahme des ersten Antrags der zweite hinfällig. Zunächst geht es um den Antrag der Fraktion der Europäischen Volkspartei und der europäischen Demokraten, einen neuen Punkt 5 „Tragischer Schiffbruch der Samina in Griechenland“ aufzunehmen.
(Das Parlament nimmt den Antrag an.)
Barón Crespo (PSE). – (ES) Frau Präsidentin, da die Haltung meiner Fraktion zu diesem traurigen Ereignis bereits wiederholt angesprochen wurde, möchte ich bekunden, dass ich Verständnis dafür habe, dass es sich lediglich um eine Abstimmung über die Opportunität der Debatte gehandelt hat, denn das Parlament fühlt sich vereint in der Solidarität und im Mitgefühl mit den Angehörigen der Opfer. Meine Fraktion tritt – wie auch, so meine ich, die übrigen Fraktionen – dafür ein, die Frage, die bereits im Rahmen der maritimen Sicherheit im zuständigen parlamentarischen Ausschuss behandelt wird, schnellstmöglich zu untersuchen.
Die Präsidentin. – Die Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz hat – es geht immer noch um den Dienstag – den Antrag gestellt, den Bericht von Frau Klass über vegetatives Vermehrungsgut von Reben auf eine spätere Tagung zu verschieben. Mir liegt ein Antrag vor, über diese Frage namentlich abzustimmen.
Auroi (Verts/ALE). – (FR) Frau Präsidentin, ich möchte nur ganz kurz erklären, warum wir die Vertagung beantragen. Es geht um einen umstrittenen Bericht, der die Frage der GVO in einen Bereich aufnimmt, mit dem sich die Kommission nicht befasst hat. Darüber hinaus ist vorgesehen, die Aussprache über diesen Bericht am Donnerstagabend und die Abstimmung am Freitagmorgen durchzuführen. Nach unserem Dafürhalten sollte über umstrittene Berichte jedoch nicht am Freitagmorgen abgestimmt werden.
Die Präsidentin. – Frau Auroi, Sie haben diesen Antrag begründet, was vollkommen in Ordnung ist, und ich nehme an, dass Herr Poettering dagegen sprechen möchte.
Poettering (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Selbstverständlich möchte ich dagegen sprechen! Dieser Bericht wurde schon mehrfach verschoben, und es ist nicht oft der Fall, dass Ministerrat und unsere Fraktion einig sind, aber die französische Präsidentschaft hat ausdrücklich darum gebeten, dass dieser Bericht diese Woche behandelt und dass darüber abgestimmt wird. Wenn die Präsidentschaft etwas Vernünftiges fordert wie in diesem Fall, dann unterstützen wir das, und deshalb bitte ich darum, dass er auf der Tagesordnung bleibt.
(Das Parlament nimmt den Antrag an.)
Zum Freitag:
Die Präsidentin. – Herr MacCormick, Ihr Antrag zur Tagesordnung für Freitag ist nach Fristablauf eingegangen. Ich kann Ihnen also schon jetzt antworten, dass er nicht berücksichtigt werden konnte. Aus diesem Grund gibt es zur Tagesordnung für den Freitag keine Änderung. Ich erteile Ihnen jedoch, wenn Sie dies ausdrücklich wünschen, gern das Wort für einen Verfahrensantrag.
MacCormick (Verts/ALE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich stelle zum Freitag fest, dass der mündlichen Anfrage zu Sprachlehrern, die außerordentlich spät auf die Tagesordnung gesetzt wurde, kein Entschließungsantrag beigefügt ist. Ich verstehe, dass die von mir vorgebrachte Bitte, diesen anzufügen, unter den ziemlich chaotischen Umständen an diesem Montag zu spät eintraf.
Das ist eine wichtige Angelegenheit, und ich möchte die Frage stellen, ob nach Abschluss dieser Aussprache eine Einreichungsfrist für Entschließungsanträge zu diesem Punkt festgelegt werden kann.
Die Präsidentin. – Das ist bedauerlicherweise nicht möglich, Herr MacCormick. Es tut mir wirklich leid, aber das würde gegen die Geschäftsordnung verstoßen.
Souladakis (PSE). – (EL) Frau Präsidentin, hinsichtlich der Tagesordnung vom Donnerstag möchte ich um die folgende Korrektur bitten: In der griechischen Fassung wird bei den Dringlichkeiten korrekt von der Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien gesprochen, was zumindest bis heute auch die offizielle Bezeichnung dieses Staates ist. In vier mir vorliegenden Fassungen, nämlich der italienischen, der englischen, der deutschen und der französischen und vermutlich auch noch in anderen, steht als Staatenname „Mazedonien“. Ich halte es für erforderlich, dass in unseren offiziellen Dokumenten derartige Fehler nicht wieder auftreten und dass wir die – zumindest bis heute gültigen – offiziellen Bezeichnungen benutzen. Ich bitte also darum, dass dies in der Tagesordnung von Donnerstag korrigiert, aber ab sofort auch bei jedem Schriftstück berücksichtigt wird, das in unserem Haus offiziell in Umlauf ist.
Die Präsidentin. – Herr Souladakis, Sie haben vollkommen Recht, wir werden den Titel ändern. Er entspricht meines Erachtens wirklich nicht der Realität.
5. Europäisches System volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene (Steuern und Sozialbeiträge)
Die Präsidentin. – Nach der Tagesordnung folgt die Empfehlung für die zweite Lesung (A5-0230/2000) des Ausschusses für Wirtschaft und Währung betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der gemeinsamen Grundsätze des europäischen Systems volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Gemeinschaft (ESVG 95) im Hinblick auf Steuern und Sozialbeiträge und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 des Rates (8276/2/2000 – C5-0328/2000 – 1999/0200(COD)) (Berichterstatter: Herr Knörr Borràs).
Knörr Borràs (Verts/ALE),Berichterstatter. – (ES) Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Kommissar! Ich muss zunächst meine Befriedigung über die vorgeschlagene Verordnung zu den Grundsätzen des europäischen Systems volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene (ESVG 95) im Hinblick auf Steuern und Sozialbeiträge zum Ausdruck bringen. Ich spreche von Befriedigung, weil uns der Erlass dieser Verordnung einem System der Vergleichbarkeit und Transparenz bei der Berechnung der staatlichen Defizite in allen Mitgliedstaaten näher bringt.
Im Großen und Ganzen greift der Gemeinsame Standpunkt des Rates die in der Stellungnahme des Europäischen Parlaments enthaltenen Punkte weitgehend auf. Ich betone „im Großen und Ganzen“, weil – ungeachtet dessen, dass dank der bedauerlichen Abwesenheit einiger Abgeordneter der Linken von den Bänken der Rechten ein Abänderungsantrag durchgesetzt werden konnte, der die Möglichkeit vorsieht, dass sich der Rat auf einen Übergangszeitraum bei der Umsetzung dieser Verordnung einigt –, der Rat es so sieht, dass den Mitgliedstaaten das Recht zusteht, eine solche Verschiebung zur Inanspruchnahme diesen Übergangszeitraum einzufordern, die Kommission indes in jedem Fall ablehnen kann, sofern das Ersuchen nicht ausreichend begründet ist.
Wenn von einem vereinten Europa in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht die Rede ist, dann muss sich diese Vereinigung natürlich auf der Grundlage der Loyalität und Transparenz vollziehen, anders kann es nicht sein, und die Verordnung – von der ich hoffe, dass sie angenommen wird – besitzt eben dieses Potential, mit den in vielen Mitgliedstaaten leider verbreiteten Praktiken Schluss zu machen, die mit verschiedenen Verbuchungsmethoden Defizitpositionen zu verschleiern – so muss man es bezeichnen – suchen.
Wir begeben uns also, ganz im Gegensatz dazu, auf den Weg seriöser Rechnungslegung, um wenig transparente, wenn nicht gar betrügerische Verhaltensweisen zu verhindern.
Ich sage es noch einmal: Meines Erachtens sollte der Gemeinsame Standpunkt des Rates unterstützt werden, denn mit dieser Verordnung wird in das Europäische System volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 95 ein Anpassungsmechanismus eingefügt, der praktisch die Vergleichbarkeit und die Transparenz in der Rechnungslegung der Mitgliedstaaten in so sensiblen und wichtigen Bereichen wie der Berechnung des staatlichen Defizits gewährleistet. Mit diesem Erlass wird ebenso gesichert, dass dem Recht auf Ersuchen um Übergangszeiträume durch die Möglichkeit, ein solches Ersuchen abzulehnen, sofern es nicht ausreichend begründet ist, gegengesteuert wird.
Abschließend bitte ich den anwesenden Kommissar, wie ich es wiederholt getan habe, noch in dieser Plenarsitzung dem Parlament eine klare Zusage zu geben, dass die Kommission einen gesonderten Rechtsakt zur Verordnung bezüglich der Festlegung und Berechnung der MwSt.-Eigenmittel vorzulegen, denn – daran sei erinnert – die Verabschiedung des Gemeinsamen Standpunkts war meiner Ansicht nach an diese Zusage gebunden. Daher erneuere ich hier in der Plenarsitzung diese Forderung.
VORSITZ: ALONSO JOSÉ PUERTA Vizepräsident
Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Es gibt einen Aspekt im Bericht von Herrn Knörr, der für meine Fraktion von besonderem Interesse ist. Wie Ihnen bekannt ist, Herr Kommissar, hat das Parlament auf seiner Sitzung im April dieses Jahres in erster Lesung einen Änderungsantrag bezüglich des Rechts auf einen Übergangzeitraum für die Umsetzung angenommen, dem zufolge die Mitgliedstaaten bei der Kommission einen Übergangszeitraum von bis zu zwei Jahren beantragen können, um ihr Rechnungswesen an die Bestimmungen dieser Verordnung anzupassen.
In ihrer darauf folgenden Mitteilung an das Parlament erklärte die Kommission ihr Einverständnis mit dem Änderungsantrag, vorausgesetzt man legt ihn so aus, dass der Kommission die Möglichkeit bleibt, den Antrag eines Mitgliedstaates „gegebenenfalls“ abzulehnen. Auch wenn anzuzweifeln ist, dass die in einer Mitteilung der Kommission gegebene Begründung den Gesetzestext einschränken kann, könnte gerade dieser Ausdruck „gegebenenfalls“, Herr Kommissar, als eine Option der Kommission interpretiert werden, willkürlich den begründeten Antrag eines Mitgliedstaates abzulehnen, ohne dass die Kommission diese Entscheidung zu rechtfertigen bräuchte. Gerade um dieser Situation vorzubeugen, hat meine Fraktion einen Änderungsantrag eingebracht, der vorsieht, dass die Kommission stets dann die besagte Frist einräumt, wenn der Antrag stellende Mitgliedstaat die Existenz objektiver Kriterien nachweist, die die sofortige Anwendung der Bestimmungen der Verordnung erschweren.
Es versteht sich, Herr Kommissar, dass dieser Änderungsantrag ausschließlich das Ziel verfolgt, solche Situationen zu objektivieren und einem regulierten und alle Willkürlichkeit seitens der Kommission ausschließenden Prozedere zu unterwerfen. Da dieses der einzige vorliegende Änderungsantrag ist und um das Verfahren zu vereinfachen sowie die Annahme dieser Empfehlung zu beschleunigen, ist meine Fraktion bereit, den Antrag zurückzuziehen, wenn die Kommission, Herr Solbes, ihr Einverständnis mit dem Inhalt des Antrags erklärt. Ich erkläre noch einmal, dass dieser ausschließlich in der Objektivierung und Festlegung eines geregelten und Verfahrens im Zusammenhang mit derartigen Anträgen besteht und jedwede Möglichkeit der Willkür seitens der Kommission ausschließen soll.
Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, nicht nur als Mitglied der Fraktion der Europäischen Volkspartei und der europäischen Demokraten, sondern auch als Vertreter der italienischen Rentnerpartei halte ich diese Verordnung für wichtig, zeitgemäß und notwendig, und zwar nicht nur aus offenkundigen Gründen der Rechnungsführung und wegen der Möglichkeit des Europäischen Parlaments, sich mit der Finanzlage der Mitgliedstaaten vertraut zu machen – was bekanntlich sehr wichtig ist –, sondern weil diese Verordnung Gerechtigkeit schafft im Hinblick auf ein typisches Verhalten verschiedener EU-Staaten, insbesondere des durch mich in diesem Parlament vertretenen, nämlich Italien, dessen Rechnungsführung vor allem im Bereich der Steuern und Sozialbeiträge – die ja für die Rentner äußerst wichtig sind – mitunter den Eindruck eines Falschspiels erweckt. Es sitzen Falschspieler am Tisch: Das Geld erscheint und verschwindet mühelos und schnell. So wird beispielsweise behauptet, die von den Arbeitnehmern entrichteten Beiträge würde nicht mehr ausreichen, um ihnen später eine gerechte und angemessene Rente zu zahlen. Oftmals entspricht das nicht der Wahrheit, denn es gibt wirklich rechnerische Spiele, auf deren Grundlage dann gegenüber den Arbeitnehmern, die ihr Leben lang gearbeitet haben und ihre heiß ersehnte und inständig erwartete Rente beziehen wollen, behauptet werden kann, dass kein Geld mehr vorhanden sei! In Wirklichkeit stimmt das nicht, denn die Rechnungsführung wurde manipuliert. Willkommen sei daher der Bericht Knörr Borràs, der hoffentlich angenommen wird.
Solbes,Kommission. – (ES) Herr Präsident, zunächst bedanke ich mich bei allen Rednern für ihre Bemerkungen. Es steht fest, dass mit diesem Gesetz, wie Herr Fatuzzo sagte, die Absicht verfolgt wird, dass die Zahlen weitestgehend mit der Realität übereinstimmen und Unterbewertungen von nationalen Haushaltsdefiziten ausgeschlossen werden.
Die Arbeit, die Parlament und Rat geleistet haben, ist von außerordentlichem Nutzen. Die Kommission billigt uneingeschränkt den Gemeinsamen Standpunkt des Rates, der die verschiedenen Änderungsanträge aus der ersten Lesung des Parlamentes bereits einschließt. Dennoch sind zwei Punkte herauszugreifen, die einer näheren Erläuterung bedürfen. Erstens, was den Abschnitt 2 des Artikels 7 betrifft: Durch ihn wird der Kommission hinsichtlich der Gewährung von Übergangszeiträumen ein bestimmter Ermessensspielraum eingeräumt. Hier verlangt die Kommission lediglich, dass diese Zeiträume auch wirklich gerechtfertigt sind. Daher können wir ohne Weiteres akzeptieren, dass die Kommission sich dazu verpflichtet, diesen Forderungen unter der Bedingung nachzukommen, dass die betroffenen Mitgliedstaaten ihre Schwierigkeiten mit der sofortigen Umsetzung der Bestimmungen der Verordnung objektiv begründen.
Wir sind der Auffassung, dass Klarheit in beiden Richtungen herrschen sollte. Die Kommission darf die Übergangszeiträume nicht ablehnen, insoweit objektive Gründe vorgetragen werden, aber dafür ist es unerlässlich, dass diese objektiven Gründe auch wirklich bestehen. Andernfalls würden wir dem Ziel der Normierung einen schlechten Dienst erweisen.
Der zweite Punkt bezieht sich auf die Bewertung der Mehrwertsteuer und die Berechnung der MwSt.-Eigenmittel. Bezüglich der Änderungsanträge, die es seinerzeit zu dieser Frage gab, ist festzustellen, dass die Kommission hier die Pflicht hat, einen anderen Weg zu verfolgen, sofern wir keine Schwierigkeiten mit dem Fonds haben.
Bei diesem konkreten Punkt möchte ich darauf hinweisen, dass sich die Kommission in erster Lesung zur Vorlage eines weiteren Vorschlages für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates verpflichtet hatte, um diese Fragestellung im Detail anzugehen. Heute kann ich Ihnen mitteilen, dass die Kommission ihren Vorschlag am 20. September verabschiedet und bereits dem Parlament und dem Rat übermittelt hat. Somit ist dieses Thema hoffentlich abgeschlossen, sobald die neue Regelung angenommen ist.
Des Weiteren möchte ich meine Zufriedenheit über die Unterstützung der Arbeiten der Kommission seitens des Parlaments zum Ausdruck bringen und dem Berichterstatter, Herrn Knörr, für die gute Zusammenarbeit und seine hervorragende Arbeit an diesem Text danken.
Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.30 Uhr statt.
6. Risikokapital
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A5-0235/2000) von Herrn Skinner im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Risikokapital: Umsetzung des Aktionsplans – Vorschläge für weitere Fortschritte (KOM(1999) 493 – C5-0320/1999 – 1999/2208(COS)).
Skinner (PSE), Berichterstatter. – (EN) Herr Präsident! Risikokapital ist für die Schaffung von Arbeitsplätzen von grundlegender Bedeutung, da 80 % bis 90 % der als Wagniskapital bereitgestellten Mittel zur Einstellung von Mitarbeitern verwendet werden. Sechsundsechzig Prozent der Gesamtbeschäftigung der Gemeinschaft entfallen auf kleine und mittlere Unternehmen, deshalb müssen KMU, Unternehmensneugründungen und Risikokapital leichten Zugang zueinander haben. Obwohl das europäische Wagniskapital rasch zugenommen hat, ist doch der Rückstand gegenüber den USA immer noch erheblich.
Angesichts dieser Situation begrüße ich die Bedeutung, die der Gipfel von Lissabon dem Wagniskapital beigemessen hat. Wenngleich Fortschritte festzustellen waren, konzentriert sich das Risikokapital weniger stark auf wachstumsintensive und arbeitsplatzschaffende Sektoren der Informationstechnologie, der Biotechnologie und des Gesundheitswesens. Auf Ebene der EU und auf Ebene der Mitgliedstaaten ist deshalb ein koordiniertes Vorgehen in diesen Bereichen notwendig. Zu diesem Zweck muss ein Vorschriftenrahmen geschaffen werden, der für die Entwicklung von Risikokapital förderlich ist. Dazu bedarf es einer Reihe von Regulierungsmaßnahmen. Eine Richtlinie über zusätzliche Altersversorgung darf nicht länger zurückgestellt, sondern muss dringend behandelt werden; darüber hinaus brauchen wir eine Aktualisierung der EU-Berichterstattungsvorschriften, einheitliche Prospektrichtlinien für die grenzübergreifende Kapitalaufnahme, und die Richtlinie über den Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr muss rechtzeitig umgesetzt werden. Ebenso ist die Reform des europäischen Patentsystems hier von wesentlicher Bedeutung, da eine frühzeitige Annahme dieser Richtlinie erforderlich ist, um eine Online-Datenbank zu schaffen, mit deren Hilfe KMU feststellen können, ob Patente angemeldet sind oder nicht, und wie sie selbst Patentschutz erhalten können. KMU ignorieren das Patentsystem – vielleicht törichterweise.
Wir müssen die verwaltungsmäßigen Belastungen für KMU abbauen, und das Stigma eines Konkurses mindern. Dies ist seit langem überfällig, weil KMU und neugegründete Unternehmen trotz einer breiten Palette vorhandener Finanzierungsinstrumente nach wie vor große Schwierigkeiten haben, Kapital für einen Neustart zu finden. Es könnte eine Website eingerichtet werden, um dieses Problem auf europäischer Ebene anzugehen.
Die Gemeinschaftsinstrumente zur Unterstützung von Risikokapitalinvestitionen müssen überprüft und wirksamer gestaltet werden. Dabei ist zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten, der Europäischen Investitionsbank und dem Europäischen Investmentfonds kohärenter und integrierter vorzugehen. Die EIB, der EIF und die Europäische Kommission müssen auch ihre Unterstützung für Risikokapitalinvestitionen auf ein breiteres Spektrum von Institutionen und stärker innovativ geprägte Instrumente, zum Beispiel Business Angels, ausweiten. Erkenntnisse aus den USA belegen, dass informelle Wagniskapitalgeber bis zu fünf Mal mehr als formelle Wagniskapitalgeber investieren. Ebenso ist ein stärker gemeinschaftsorientiertes Konzept für Risikokapitalprojekte erforderlich.
Risikokapitalinvestitionen müssen für jedermann zugänglich sein, für alle Regionen und alle Kreise. Hier wie in anderen Bereichen müssen öffentliche Stellen bei der Bereitstellung von Risikokapital und finanzieller Unterstützung eine Schlüsselrolle übernehmen, wo private Investoren zögern. Hier haben sich Initiativen wie die individuelle Betreuung als sehr hilfreich erwiesen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die erfolgreiche Tätigkeit des Prince Trust im Vereinigten Königreich verweisen.
Schließlich stehen auch das Fehlen von Unternehmergeist, unzureichend qualifizierte Humanressourcen und ein Mangel an Hochtechnologie-KMU der Entwicklung von Risikokapital im Wege. Ich bin überzeugt davon, dass die EU ein weit größeres Potential hat, als gegenwärtig genutzt wird. Um dieses Potential freizusetzen, müssen wir Veränderungen vornehmen, nicht nur hinsichtlich des Vorschriftenrahmens, sondern auch der Kultur. Es ist wichtig, dass wir die Bedeutung des Risikokapitals für Wachstum und Beschäftigung begreifen und die Möglichkeiten ausloten, um im Bereich Wagniskapital einen Zuwachs an Effektivität zu erzielen, Vereinfachungen durchzusetzen und den Zugang dazu zu erleichtern.
Dazu müssen wir im Wesentlichen die von mir, von der Kommission und von anderen beschriebenen Maßnahmen ergreifen, um mit Hilfe eines stärker gemeinschaftsorientierten Herangehens den Umfang der Risikokapitalinvestitionen in der Europäischen Union zu erhöhen und den arbeitsplatzschaffenden Nutzen des Risikokapitals auf alle Teile der Europäischen Union auszudehnen.
Zu den neuen Änderungsanträgen, die nach der Abstimmung im Ausschuss vorgelegt wurden, möchte ich sagen, dass ich Herrn Tannocks Änderungsantrag 1 nicht unterstütze. Hingegen unterstütze ich die Änderungsanträge 2 bis 9. Von den Änderungsanträgen 10 bis 20 unterstütze ich nur die Änderungsanträge 14, 17 und teilweise Änderungsantrag 18.
Ich stimme mit den Ansichten jedes Mitglieds meines Ausschusses überein und denke, wir haben einen wirklichen Konsens. Ich hoffe, dies wird durch meine Unterstützung der genannten Änderungsanträge deutlich.
Kauppi (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. – (EN) Herr Präsident! Gestatten Sie mir zunächst, Herrn Skinner, dem Berichterstatter, für seine ausgezeichnete Arbeit bei der Erarbeitung dieses Berichts zu danken. Als Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und Schattenberichterstatter für die PPE-DE in dieser Angelegenheit im Ausschuss für Wirtschaft und Währung möchte ich Herrn Skinner meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Es ist ihm sehr gut gelungen, die Ansichten der Ausschüsse und Fraktionen des Parlaments zusammenzuführen und in harmonischer und ausgeglichener Weise zu Papier zu bringen.
In der Mitteilung der Kommission zum Risikokapital bestand die wichtigste politische Aussage darin, dass Wagniskapital für die Schaffung von Arbeitsplätzen, für die Steigerung der Produktivität und die Förderung von Wachstum in Europa von wesentlicher Bedeutung ist. Ich möchte dies noch nachdrücklicher formulieren als die Kommission. Wenn wir tatsächlich wollen, dass die Europäische Union die ehrgeizigen Ziele des Gipfels von Lissabon erreicht, führt kein Weg daran vorbei, das Funktionieren des einheitlichen europäischen Risikokapitalmarktes zu verbessern.
Die Unternehmen der Europäischen Union, insbesondere in wachstumsintensiven Sektoren der Informationstechnologie und der Biotechnologie, können ihr Potential nur durch besseren Zugang zu Wagniskapital voll ausschöpfen. Effiziente Risikokapitalmärkte sind auch eine Voraussetzung für die Entwicklung des Unternehmertums in Europa. Insofern stimme ich vollständig mit Herrn Skinner überein, wenn er sagt, es sei von größter Bedeutung, KMU einen offenen und fairen Zugang zu den neuen Risikokapitalmärkten zu verschaffen.
Einer erst kürzlich fertiggestellten Untersuchung zufolge, die in der Mitteilung der Kommission erwähnt wird, ist das auch ein sehr wirksames Mittel zur Verbesserung der Beschäftigungslage, da normalerweise 80 % bis 90 % der als Wagniskapital bereitgestellten Mittel zur Einstellung von Mitarbeitern verwendet werden; das bedeutet, mehr Risikokapital bietet uns die Möglichkeit, unser Humankapital effizienter einzusetzen.
Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sind auch konkrete Maßnahmen zur Verminderung der Besteuerung des Faktors Arbeit dringend erforderlich. Ich möchte hervorheben, wie wichtig es ist, Kosten und Verwaltungsverfahren bei Gründung eines Unternehmens sowie bei Gründung eines neuen Unternehmens im Anschluss an einen Konkurs zu verringern. Zur Zeit sind durch das geltende Insolvenzrecht zu viele potentielle Unternehmer von der Wirtschaft ausgeschlossen. In der vorliegenden Mitteilung wird aufgezeigt, dass zwar gewisse Fortschritte erzielt wurden, Europa aber nach wie vor unter erheblichen Schwächen leidet, zumal im Vergleich zu seinen wichtigsten Konkurrenten. Herr Skinner sagte, dass sowohl der Umfang als auch der Zugang zu Risikokapital im Vergleich zu den Vereinigten Staaten hinter den Möglichkeiten zurückbleiben, und leider wird dieser Abstand immer größer.
Das sollte uns hinsichtlich des von den Staats- und Regierungschefs in Lissabon vorgelegten Zeitplans mit einer gewissen Sorge erfüllen. Wir sollten uns die Frage stellen, ob die Zielsetzung 2003 für Europa zu spät ist. Ich begrüße die von Gordon Brown und anderen vertretene Auffassung, dass wir über eine Straffung des Zeitplans nachdenken sollten, und zwar sowohl beim Risikokapital-Aktionsplan als auch beim Aktionsplan für die Finanzdienstleistungen. Wir sollten zumindest sicherstellen, dass in diesem Jahr ein gewisser Fortschritt erzielt wird. Deshalb unterstütze ich voll und ganz die Ansicht des Parlaments unter Ziffer 23, in der die Kommission aufgefordert wird, uns regelmäßig über die jüngsten Entwicklungen zu berichten.
Der Vorschlag einer Richtlinie über ergänzende Pensionsfonds ist für das Wachstum des Risikokapitals in Europa von wesentlicher Bedeutung. Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten wollte auf die Ergebnisse des jüngsten Berichts über Formen der zusätzlichen Altersversorgung und insbesondere die aufsichtlichen Vorschriften verweisen. Institutionelle Anleger wie Versicherungsgesellschaften, Investmentfonds und Pensionsfonds spielen bei der Bereitstellung von Risikokapital eine immer wichtigere Rolle. Insbesondere Pensionsfonds sind in den vergangenen zehn Jahren aufgrund der demographischen Veränderungen und der damit zusammenhängenden Notwendigkeit von Produkten für die Altersvorsorge immer wichtiger geworden. Die Verlagerung hin zu stärker leistungsorientierten Instrumenten hat ebenfalls die Notwendigkeit verstärkt, das System zu reformieren.
In den letzten Tagen ist die Entwicklung der einheitlichen Währung ungünstig verlaufen. Der Euro wird nur dann stark und attraktiv sein, wenn die europäische Wirtschaft stark und attraktiv ist. Mit dem Risikokapital-Aktionsplan ist bereits eine politische Entscheidung getroffen worden. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass er schnell genug umgesetzt wird, um die sich bietenden Chancen zu nutzen.
Karas (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der Bericht ist ein sehr guter, wie wir bereits gehört haben. Er umfasst alle wichtigen Punkte zur Förderung der Entwicklung der Risikokapitalkultur in Europa. Dies ist besonders notwendig, weil die effizienten Risikokapitalmärkte eine sehr große Rolle für die Schaffung von Arbeitsplätzen auf der einen Seite, die Steigerung der Produktivität auf der anderen, die Finanzierung rasch wachsender Unternehmen und die Unternehmensgründung spielen.
Wir können dem Bericht auch entnehmen, dass 66 % der Gesamtbeschäftigung in der Gemeinschaft auf kleine und mittlere Unternehmen zurückzuführen ist und 80-90 % der aus Wagniskapital bereitgestellten Mittel für die Einstellung von Mitarbeitern bestimmt sind. Aus diesem Grund benötigen wir mehr Kapital für Investitionen in wachstumsintensiven kleinen und mittleren Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen, für Forschung und Entwicklung und für die Unternehmensgründungen, um die wesentlichen Punkte herauszugreifen.
Gerade weil wir in diesem Bereich stark hinter den Vereinigten Staaten herhinken, fordern wir auch, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission mehr Geld, mehr Risikokapital für Start- und Frühphasenkapital unterstützen. Wir fordern eine Verwaltungsvereinfachung; das one-stop-shop-Modell muss in allen Ländern gang und gäbe sein, und die neuen Medien sind dabei zu nutzen.
Wir fordern auch ein Steuersystem, das einerseits Innovationen fördert und andererseits auch Privatpersonen fördert, die Kapital in Unternehmen investieren. Ich begrüße daher auch, dass in Lissabon vereinbart wurde, ein Benchmarking einzuführen, um die besten Modelle zur Förderung des Risikokapitals in ihrer Vielfalt auf den Tisch zu legen, um hier weiter voranzukommen.
Ettl (PSE). – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich gratuliere zunächst dem Berichterstatter Skinner für seinen umsichtigen Bericht, gerade in einer Zeit, in der wir neue Impulse auf dem Sektor Risikokapital innerhalb der Europäischen Union brauchen.
Immer rascher wachsende Unternehmen, neue Firmengründungen mit großer Innovationskraft und die rasante industrielle Veränderung verlangen effizientere Risikokapitalmärkte. Wachstum muss besser abgestützt werden. Obwohl das Wagniskapital in den letzten fünf Jahren auch bei uns rasch zugenommen hat, liegt Europa diesbezüglich noch weit hinter den Vereinigten Staaten von Amerika, vor allem in den noch stark wachsenden Bereichen der Informations- und der Biotechnologie, aber auch in Fragen der Gesundheitsvorsorge oder -fürsorge, einem völlig neuen Bereich, der immer stärker wächst.
Darüber hinaus kann Wagniskapital für das Entstehen von modernen sozialen Diensten eingesetzt werden – auch das soll man nicht vernachlässigen –, Dienste, die gerade in Zukunft aufgrund der wachsenden Anzahl älterer Menschen gebraucht werden. Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten befasste sich im Besonderen mit den Formen der zusätzlichen Altersversorgung und den dazu notwendigen Aufsichtsvorschriften.
Für die Altersversorgungssysteme werden gerade aufgrund der steigenden Lebenserwartung immer mehr neue Finanzprodukte entwickelt. Daher spielen Pensionsfonds eine immer stärkere Rolle bei der Bereitstellung von Risikokapital. Aber Systeme der sozialen Sicherheit, wie immer sie auch konstruiert sein mögen, benötigen daher gerade beim Kapitaldeckungsverfahren besondere Reglements, Aufsichts- und Mitbestimmungsorgane, die das Vertrauen in diese neuen Systeme, in diese Produkte verstärken sollen. Darum ist es auch notwendig, dass alle interessierten Seiten in ständigem Dialog stehen, einschließlich des Europäischen Parlaments, des Rates, der Sozialpartner, der Europäischen Investitionsbank und des europäischen Investitionsfonds.
In der Europäischen Union kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass es auf die Bündelung der Kräfte ankommt. Alle verfügbaren Finanzinstrumente müssen für eine rasche Weiterentwicklung des Marktes eingesetzt werden, um den Umfang von Risikokapitalinvestitionen in der EU zu erhöhen, so dass wirklich Arbeitsplätze schaffender Nutzen des Risikokapitals allen Akteuren zugute kommen kann. Durch Investitionen in Unternehmensneugründungen werden auch Arbeitsplätze geschaffen. Um diese erfolgreich aufbauen zu können, spielen die Mitarbeiter eine entscheidende Rolle und sind treibende Kraft. Aus diesem Grund müssen auch Mitarbeiterbeteiligungssysteme, gebunden an Mitbestimmungsmechanismen, dabei sein. Das ist auch aus vielerlei Gründen von größter Wichtigkeit.
Alles in allem weise ich noch einmal darauf hin, dass die Mitteilung, gekoppelt an diesen Bericht, einmal mehr ganz starker Impulsgeber sein kann für die Bündelung der Kräfte im Risikokapitalsektor.
Theonas (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Das Europäische Parlament beweist bekanntlich schon seit einigen Jahren in aufeinander folgenden Berichten und Entschließungsanträgen sein Interesse und seine Sensibilität gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen und ihren Problemen.
Die wichtige Rolle, die kleine und mittlere Unternehmen bei der Förderung der Beschäftigung und der Einführung von technologischen Innovationen spielen, ist bereits auf vielerlei Art hervorgehoben worden. Dennoch erweist sich das von den Regierungen der Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen so häufig bekundete Interesse als scheinheilig, da die kleinen und mittleren Unternehmen im Grunde genommen nicht in der Lage sind, die Finanzierungsprogramme zu nutzen, von technologischen Neuerungen und von Programmen zur technologischen Modernisierung zu profitieren, von den Bildungs- und Ausbildungsprogrammen für ihr Personal Gebrauch zu machen oder mit ihrer ungerechten steuerlichen Behandlung zurechtzukommen. Diese Probleme könnten durch eine Revision der erniedrigenden Kreditvergabeverfahren der Banken sowie durch eine stärkere Einbeziehung von Verbänden und Kammern für die Förderung von Programmen für technologische Entwicklung und allgemeine Bildung bewältigt werden.
Während die Aktionsprogramme der Kommission diesbezüglich nur sehr wenig bewirkt haben, sollen heute mit der Mitteilung der Kommission und mit dem Bericht des Parlaments Optionen angeboten werden, die vor allem für das Großkapital von Interesse sind, und das sogar im Namen der kleinen und mittleren Unternehmen. Es kommt wirklich einer Provokation der Öffentlichkeit gleich, wenn hier die Förderung des integrierten, europäischen Kapitalmarktes vorgeschlagen wird, um angeblich den kleinen und mittleren Unternehmen entgegenzukommen. Das Gleiche gilt für die Vorschläge zur Einrichtung europaweiter Pensionsfonds, für die Verwendung der Rücklagen der Sozialversicherungen zur Finanzierung von Risikokapitalinvestitionen und für die günstigere Gewinnbesteuerung.
Zweifellos bedeutet es einen Schritt in die richtige Richtung, die Probleme zu lösen, die mit der ungerechten steuerlichen Behandlung der kleinen und mittleren Unternehmen verbunden sind, die Patente zu vereinfachen und zu modernisieren sowie die überhöhten Verwaltungskosten und verfahren bei der Inbetriebnahme von kleinen und mittleren Unternehmen zu verringern. Aber die Erfüllung der Forderungen des Großkapitals im Namen der kleinen und mittleren Unternehmen halten wir für eine Provokation und verurteilen sie.
Blokland (EDD). – (NL) Herr Präsident! Die Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union ist immer noch recht hoch: ungefähr 9 % der arbeitsfähigen Bevölkerung. Die Entwicklung des Risikokapitalsektors in Europa wird vor allem den KMU Anreize liefern, Geldmittel zu akquirieren. Das ist begrüßenswert, denn gerade hier liegt ein enormes Potential für die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Ich fordere die Europäische Kommission nachdrücklich auf, Druck hinter die Richtlinie für Zusatzrenten zu machen. Unter Beachtung von Vorsichtsmaßnahmen müssen die Einrichtungen vollkommene Anlagefreiheit haben. Daneben müssen die Mitgliedstaaten bezahlte Rentenbeiträge von der Steuer befreien. Dadurch kann eine Quelle von Privatkapital erschlossen werden.
Aber die Verfügbarkeit von Kapital ist nicht das einzige Hindernis. Häufig ist es auch der berüchtigte Dschungel von Vorschriften, Formularen und Anmeldungen, der einen Kleinunternehmer davon abhält, Personal einzustellen. Daraus erwächst vielen Mitgliedstaaten eine große Aufgabe, um Strukturreformen in Gang zu setzen und unnötige Hindernisse aus dem Weg zu räumen.
Im Hinblick auf die avisierte Reform des europäischen Patentsystems ersuche ich den Kommissar um Aufmerksamkeit für die Dreisprachen-Regelung des Europäischen Patentamts. Das führt zu Wettbewerbsverzerrung. Ein Antrag muss daher in jeder Amtssprache der Union eingereicht werden können. Eine rechtliche Gleichbehandlung der Sprachen liegt meines Erachtens zweifellos im Interesse der kleinen, innovativen Unternehmen und steht übrigens in Übereinstimmung mit dem EU-Vertrag.
Ein weiterer besorgniserregender Punkt ist die mögliche Patentierung von natürlichem Material, wie Gene und Pflanzen, von der meines Erachtens zu Recht in Ziffer 22 des Entschließungsantrags die Rede ist. Der Grundsatz, dass das Leben eine Gabe Gottes und kein von den Menschen erworbener Besitz ist, muss immer respektiert werden.
Ilgenfritz (NI). – Sehr geehrter Herr Präsident! Der Bericht Skinner ist zu begrüßen. Wer wagt, gewinnt! Dieser Spruch gilt leider nicht für zu viele europäische Unternehmen. Wir sind zwar reich an Erfindungen, aber arm an erfolgreichen kommerziellen Umsetzungen. Zu häufig wandern Verwertungsrechte an amerikanische oder asiatische Konzerne, bevor Klein- und Mittelunternehmen in Europa selbst die Verwertung wagen. Gerade Jungunternehmer sind oft nicht darüber informiert, wie sie Beteiligungskapital erlangen können. Erschwernisse gibt es vor allem in unseren Steuer- und Verwaltungssystemen. Diese Systeme sind viel zu kompliziert, sehr oft unverständlich, so dass gerade diese Gruppe von Unternehmen über diese Hürden sehr oft frustriert ist.
Alle Forderungen nach Schaffung eines reformierten Steuer- und Verwaltungssystems sind daher zu unterstützen. Diese nachteilige Situation muss deshalb rasch geändert werden. Die österreichische Regierung ist diesbezüglich bereits initiativ geworden. So wird ab sofort die Börsenumsatzsteuer abgeschafft und der Steuerfreibetrag für Mitarbeiterbeteiligungen verdoppelt. Es wäre gut, wenn diese Maßnahmen auch von anderen Regierungen nachvollzogen werden und man nicht abwartet, bis man von der Union dazu aufgefordert wird.
Randzio-Plath (PSE), Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung. – Herr Präsident! Zu Recht haben der Berichterstatter und alle anderen Redner und Rednerinnen in diesem Parlament unterstrichen, dass effizientere Risikokapitalmärkte bei der Stützung des Wirtschaftswachstums, der Schaffung neuer und dauerhafter Arbeitsplätze und der Förderung einer europäischen Wissensgesellschaft eine wichtige Rolle spielen, und das gilt natürlich auch für die KMU-Förderung und für die Förderung des Unternehmertums. Das sind Ziele, die wir nicht nur in unseren wirtschaftspolitischen, sondern auch in unseren beschäftigungspolitischen Leitlinien immer wieder als Eckpfeiler unterstreichen.
Die vorgeschlagene Umsetzung des Aktionsplans ist ein richtiger Weg und ein Teil der notwendigen Strukturreformen, derer es in Europa immer noch bedarf, trotz aller Fortschritte bei der Realisierung von Strukturreformen auf den Produkt-, Kapital- und Dienstleistungsmärkten. Hier muss noch mehr getan werden. Zu Recht ist das auch in Lissabon deutlich geworden, zu Recht ist das deutlich geworden auf dem Beschäftigungsforum, und insbesondere ist hier auch deutlich geworden, dass die Europäische Investitionsbank eine zusätzliche positive Rolle spielen wird. Das hat Herr Skinner ja auch zu Recht aufgezeigt.
Die Mitteilung der Kommission zeigt aber auch darüber hinaus – und das wurde ebenfalls zu Recht in den Bericht aufgenommen –, dass beim Aufbau eines integrierten europaweiten Risikokapitalmarktes immer noch nicht genügend Fortschritte erzielt worden sind und dass die Europäische Union hier unter einer Schwäche leidet. Die Zahlen sprechen für sich. Die Risikokapitalinvestitionen in Europa in den letzten vier Jahren haben sich mehr als verdoppelt, aber in Europa wurden nur 7 Milliarden Euro investiert, verglichen mit 12 Milliarden Euro in den USA.
Im Vergleich der Investitionen in der Frühphase von Unternehmen wird es noch deutlicher: 1,6 Milliarden Euro in Europa gegenüber 4,5 Milliarden Euro in den USA. Die europäischen Aktienmärkte für wachstumsstarke Unternehmen haben sich stark ausgeweitet, während wir im Vergleich zum amerikanischen Nasdaq nur Winzlinge sind.
Die Problematik ist uns allen bewusst, wir haben aber natürlich Hemmnisse, die das Eingehen von Risiken und Unternehmertum ernstlich erschweren. Auf die kulturellen Barrieren muss hier genau so hingewiesen werden wie auf bürokratische Prozesse, Genehmigungsproblematiken, die Schwierigkeiten bei der einfachen Patentanmeldung und Patenterteilung für kleinere und mittlere Unternehmen, die Kosten der Patentpflege, aber auch die unkoordinierten Steuersysteme.
Ein Europa der Unternehmen braucht Belohnungen und Chancen, die allen zugute kommen. Deswegen müssen die formulierten Forderungen voll unterstützt werden. Vielleicht könnte man auch noch mehr Engagement erreichen. Ich verweise darauf, dass auch Expertennetzwerke eine große und positive Rolle spielen können. Zwar sollte man auf die Bereitstellung von Risikokapital achten, aber sowohl bei der Neugründung wie auch bei der Ausweitung von Unternehmen sollte nicht nur darauf geachtet werden, sondern auch auf die Frage, welches Betriebskapital zur Verfügung steht.
Ich möchte noch anmerken und betonen, dass in diesem Bereich auch Frauen als Unternehmerinnen eine besondere Förderung zugute kommen sollte, und ich möchte noch unterstreichen, dass wir als Parlament doch auch die Kommission auffordern sollten, diesen Prozess der Fortschritte in diesem Bereich durch ein Benchmarking und einen Score-Board-Prozess zu begleiten.
Markov (GUE/NGL). – Herr Präsident, ich begrüße den vorliegenden Bericht zum Risikokapital, teile ich doch die Auffassung, dass damit die Chance besteht, Mittel zu akquirieren, die unbedingt notwendig sind für Forschung, Entwicklung, Produktion und Markterschließung neuer Produkte, die dann natürlich auch zusätzliche Arbeitsplätze schaffen können. Übereinstimmung gibt es in vielen Punkten, wie beispielsweise Bereitstellung öffentlichen und privaten Risikokapitals, Erleichterung der Zugangsbedingungen, vorrangiger Einsatz von Risikokapital für KMU, steuerliche Begünstigung bei Reinvestitionen von Gewinn in Risikokapitalfonds, Vereinfachung und Kostenminimierung für Patentanmeldungen.
Das Gesamtkonzept gibt aber auch Anlass zu Kritik. Erstens: Wenn es insbesondere um den Mittelstand in unterentwickelten Regionen geht, warum dann die absolute Konzentration auf innovative Dienstleistungen? Ich plädiere dafür, gleichfalls in neue Produkte des innovativen produzierenden Bereiches zu investieren, um Regionalentwicklung zu fördern.
Zweitens: Was nutzt der wirklich gute Wille, in Gründung neuer Unternehmen, in Forschung und Entwicklung zu investieren und Risikokapital einfließen zu lassen, wenn die für KMU sehr kostenintensive Markterschließung nicht mit integriert wird? Denn da haben die kleinen und mittleren Unternehmen ihre größten Probleme, wenn sie das Produkt haben, es dann auch in den Markt einzuführen.
Drittens: Wieso soll öffentliches Risikokapital nur dort eingesetzt werden, wo privates es nicht will? Das heißt doch a priori nichts anderes, als dass höheres Verlustrisiko sozialisiert und Gewinnerwartung privatisiert wird! Das ist eine Wettbewerbsverzerrung zuungunsten des öffentlichen Risikokapitals.
Viertens: Wie wollen Sie gewährleisten, dass die im Bericht gewünschte stärkere Einbeziehung von Rentenfonds in Risikokapital nicht zu möglichen Verlusten der eingezahlten Beträge führt und damit dem Ziel der Beitragszahler, sich einen sicheren Lebensabend zu verschaffen, konträr läuft?
Fünftens: Unklar bleibt, warum Fusionen auf dem Kapitalmarkt positive Effekte für die Bereitstellung von Risikokapital bringen sollen. Die Erfahrung zeigt das Gegenteil. Je weniger Anbieter, desto weniger Wettbewerb und desto höher die Kosten!
Torres Marques (PSE). – (PT) Herr Präsident! Auch ich möchte meinen Kollegen Peter William Skinner zu seinem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen, der ein Thema behandelt, das meiner Ansicht nach wirklich von größter Bedeutung ist. Wenn nämlich die Europäische Union, wie auf dem Gipfel in Lissabon beschlossen wurde, zur Region mit der weltweit dynamischsten Wirtschaft werden will, müssen die Investitionen, vor allem in den KMU, die Arbeitsplätze schaffen und auf zukunftsträchtige Sektoren setzen, mit Finanzierungen gefördert werden.
In Europa soll der unternehmerische Geist vorangebracht werden. Doch diejenigen, die als Unternehmer tätig sein möchten, haben bei der Umsetzung rentabler Projekte nach wie vor mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Schwierigkeiten, die es in den verschiedenen Ländern der Europäischen Union schnellstens auszuräumen gilt, beginnen schon bei verwaltungstechnischen Aspekten, die – wie die Zeit, Energie und Geld verschlingende Bürokratie – vielfach überflüssig sind, und enden bei der Finanzierung. Deshalb kommt den Risikokapitalunternehmen eine überaus wichtige Rolle in diesem Bereich zu, und die Europäische Union muss erheblich an Tempo zulegen, wenn sie den derzeit vor allem im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten bestehenden Rückstand aufholen will.
Der Vorschlag der Kommission geht unserer Ansicht nach in die richtige Richtung. Obwohl auch ich der Auffassung bin, dass man schneller vorankommen muss, stimme ich dem Vorschlag zu, die Kommission zu ersuchen, noch 2000 einen Aktionsplan für den Risikokapitalsektor vorzulegen und einen integrierten Ansatz unter Einbeziehung aller Gemeinschaftsinstrumente zu beschließen.
Vor allem muss Europa zunehmend auf die Nützlichkeit der Vorhaben und weniger, wie es derzeit noch geschieht, auf das persönliche Vermögen der Unternehmer setzen. Auch wenn die Forderung der Banken nach persönlichen Bürgschaften äußerst umstritten ist, ist sie doch für Risikokapitalgesellschaften unabdingbar. Zudem müssen die Unternehmer problemlos Zugang zu Risikokapital haben, was eine wesentlich zügigere und effizientere Information über die Form seiner Verwendung bedingt.
Bordes (GUE/NGL). – (FR) (Anfang akustisch nicht wahrnehmbar) ... die nur einer Minderheit der Bevölkerung nützen, die über Kapital zum Anlegen und Umschichten verfügt. Die Vorschläge insgesamt zeigen einmal mehr, dass die Europäische Union ausschließlich dazu errichtet wurde, die Bewegungen und Investitionen des Großkapitals und zusätzlich auch kleinerer Kapitalbeträge zu begünstigen. Betroffen ist jedoch die Mehrheit der Bevölkerung, weil es ihr Geld ist, mit dem die europäischen Institutionen die Maßnahmen zur Erleichterung privater Investitionen finanzieren wollen. Diejenigen, die nicht über Kapital verfügen, sondern für den Großteil der Steuereinnahmen aufkommen, insbesondere durch indirekte Steuern wie die Mehrwertsteuer, müssen also die für Investoren vorgesehenen Subventionen und Steuerabzüge sowie die Steuervorteile für Optionen auf die Zeichnung von Aktien finanzieren. Es ist geplant, Pensionsfonds zu begünstigen, aber das bedeutet unweigerlich, dass das umlagefinanzierte Rentensystem benachteiligt wird. Das Geld, das dazu dienen sollte, allen eine angemessenen Rente zu sichern, wird also eingesetzt, um es einer Minderheit zu ermöglichen, ihre privaten Profite zu erhöhen. Aus diesem Grund lehnen wir eine Maßnahme, mit der der arbeitenden Mehrheit der Bevölkerung immer mehr Geld aus der Tasche gezogen werden soll, um es den Kapitalinhabern zugute kommen zu lassen, insgesamt ab.
Solbes,Kommission. – (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die Kommission den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung und die Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten mit Genugtuung entgegengenommen hat. Vielen Dank an Herrn Skinner und Frau Kauppi für ihre Kommentare. In beiden Fällen wird die Strategie der Gemeinschaft zur Entwicklung des Risikokapitals in der Europäischen Union eindeutig unterstützt.
Ich glaube einen klaren Konsens im Hinblick auf die wichtige Rolle wahrzunehmen, die das Risikokapital als Motor des Wirtschaftswachstums und natürlich der Beschäftigung spielen kann.
Wie Sie wissen – einige Redner sind darauf eingegangen –, legte der Europäische Rat von Lissabon besonderes Augenmerk auf verstärkte Anstrengungen zur Entwicklung des Risikokapitals, so dass der Aktionsplan bis zum Jahr 2003 vollständig umgesetzt werden kann. Einige von Ihnen sprachen von der Möglichkeit, diesen Prozess zu beschleunigen. Zweifellos wird diese Beschleunigung vom Vermögen der Mitgliedstaaten abhängen, einige der Maßnahmen in Gang zu setzen.
Sie werden sich jedoch erinnern, dass der Risikokapital-Aktionsplan aus der Zeit vor Lissabon stammt, aus dem Jahr 1998. Nun interessiert die Vergangenheit nicht so sehr wie die Frage, was mit Blick auf die Zukunft zu tun ist. Und in diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen zur Kenntnis geben, dass die Kommission eine Mitteilung an den Rat und das Parlament über die Fortschritte in der Frage des Risikokapitals im Einklang mit der Zielsetzung von Lissabon vorlegen wird.
Die Mitteilung wird einen Mechanismus zur Beaufsichtigung und zum Benchmarking beinhalten, um die Entwicklungen in jedem einzelnen Mitgliedstaat genauestens zu verfolgen und entsprechende Schlussfolgerungen ziehen zu können und um Praktiken, die sich in einigen Staaten bewährt haben, auf andere zu übertragen, wenn sie dies für zweckmäßig erachten.
Ein wichtiges Element, das erwähnt wurde, ist das im Jahr 1999 zweifellos zu verzeichnende erhebliche Wachstum des Risikokapitals. Wenn wir die absoluten Zahlen analysieren, müssten wir mit diesem Ergebnis sehr zufrieden sein. Ziehen wir allerdings einen Vergleich mit den USA – das betonten einige Redner –, müssen wir zugeben, dass der Unterschied beträchtlich ist, deshalb sollten wir uns darauf konzentrieren, diesen noch bestehenden Abstand zu den USA zu verringern.
Dafür ist es unerlässlich, eine Reihe konkreter Aktionen durchzuführen, deren erste und wichtigste die Integration des Risikokapitalmarkts in der Europäischen Union ist.
Einige Redner sind auf zwei konkrete Beispiele eingegangen, die ich hervorheben möchte: die Frage der Pensionsfonds und die Möglichkeit der Schaffung eines effizienteren Gemeinschaftspatents zur besseren Nutzung des Risikokapitals. Was die Pensionsfonds angeht, so möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Kommission wohl in dieser Woche den Richtlinienvorschlag annehmen wird, der den Pensionsfonds größere Möglichkeiten für Wertpapieranlagen in der gesamten Union bietet.
Wir sprechen natürlich über Pensionsfonds, die zusätzlich und nicht obligatorisch sind. Wir sprechen über den Abbau bestehender Hindernisse, und deshalb dürften die Probleme künftiger Risiken, die hier von einigen Rednern erwähnt wurden, nicht auftreten. Natürlich erfordert die Öffnung zum Risikokapital ein korrektes Verhalten der Manager, um die etwaigen Risiken zu minimieren.
Zum Gemeinschaftspatent möchte ich lediglich anmerken, dass die Kommission bereits im Juli ihren Vorschlag für das Gemeinschaftspatent angenommen hat. Wir halten es für ein grundlegendes Instrument zur Kostensenkung sowie zur Gewährleistung und Erhöhung der Rechtssicherheit in jenen innovativen Unternehmen, die im Bereich der Union tätig sind.
Zweifellos wird das Gemeinschaftspatent praktische Probleme aufwerfen – hier wurden schon so komplizierte Themen wie die sprachliche Regelung erwähnt –, auf diese Frage können wir im Moment allerdings leider nicht näher eingehen.
Über diesen beiden konkreten Themen dürfen wir jedoch andere von Ihnen genannte Aspekte nicht vergessen, so die Verbesserung des wirtschaftlichen, verordnungsrechtlichen und normativen Umfelds, das die Grundlage für die Erreichung einer Dynamik des Risikokapitals bildet, wie sie die USA haben. Die rechtlichen, administrativen und steuerlichen Hürden für die Risikokapitalinvestitionen gehören zu den Hemmnissen in Europa, und in dieser Hinsicht – wie auch im Bereich der zweifellos existierenden kulturellen Barrieren – müssten uns diese Informationen gestatten, mit Hilfe eines Benchmarking die bewährten Praktiken in jedem der verschiedenen Mitgliedstaaten eingehender kennen zu lernen, um ein besseres praktisches Ergebnis zu erzielen, das letztendlich zur beschleunigten Nutzung des Risikokapitals in den Staaten der Union führt.
Es wurde hier auch das Problem der Finanzierung von Risikokapital aus öffentlichen Mitteln angesprochen. Natürlich muss die Verträglichkeit dieser öffentlichen Finanzierung mit den Wettbewerbsbestimmungen insgesamt geklärt werden. Einige fragten sich, warum die Finanzierung aus öffentlichen Mitteln nur in Ergänzung der privaten Finanzierung Anwendung finden soll. Dem liegt nicht der Wunsch nach einer Ausgrenzung, sondern einfach nach der bestmöglichen Form zur Nutzung der verfügbaren Mittel zugrunde. Es scheint keinen Sinn zu ergeben, dass die öffentliche Finanzierung mit der privaten in der Finanzierung von Risikokapitalprojekten wetteifert, sondern wir müssten diese Finanzierung aus öffentlichen Mitteln für jene Art von Projekten anwenden, bei denen größere Schwierigkeiten der Finanzierung durch den Privatsektor bestehen.
Was die Union angeht, so denken wir über die bestmögliche Nutzung der verfügbaren Instrumente, insbesondere der Europäischen Investitionsbank und des Europäischen Investitionsfonds, nach. Die Kommission wird auch Mitte Oktober eine zweite Mitteilung veröffentlichen, die wir dem Rat und dem Parlament übermitteln und in der die verschiedenen von der Kommission verwalteten Finanzierungsinstrumente sowie die Perspektiven dieses so wichtigen Aspekts des Risikokapitals analysiert werden.
Abschließend möchte ich bemerken, das ich den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung für einen ausgezeichneten, bedeutsamen und überaus konstruktiven Beitrag zu den Aktionen für die Entwicklung des Risikokapitalmarkts halte.
Mit Genugtuung kann festgestellt werden, dass die Empfehlungen dieses Ausschusses zum großen Teil mit unseren Vorschlägen zum Risikokapital-Aktionsplan übereinstimmen, und ich möchte sowohl dem Verfasser des Berichts als auch allen Ausschussmitgliedern für ihre Mitwirkung an dieser Debatte meinen Dank aussprechen.
Skinner (PSE). – (EN) Herr Präsident! Es ist üblich, der Kommission antworten zu können, wenn sich am Ende herausstellt, dass eine Frage nicht oder nicht umfassend beantwortet wurde. Unserer Meinung nach ist die Europäische Union in der Frage des Risikokapitals praktisch eine Wüste, und dies muss dringend geändert werden. In vielleicht ein oder zwei der 15 Länder gibt es tatsächlich Risikokapital. Alle anderen haben diese Entwicklung verschlafen. Und selbst dort, wo es Risikokapital gibt, unterscheidet sich der Umgang damit erheblich von dem System, das jenseits des Atlantik angewendet wird. Wenigstens Punkte wie der Pensionsfonds lassen sich recht schnell umsetzen. Diese Fragen dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden.
Der Präsident. – Herr Skinner, dies ist keine Frage zur Geschäftsordnung, sondern eine abschließende Überlegung Ihrerseits außerhalb der Tagesordnung. Sollte jedoch der Herr Kommissar jetzt eine Bemerkung dazu machen wollen, so hat er das Wort.
Solbes,Kommission. – (ES) Herr Präsident! Eine ganz kurze Antwort. Meiner Meinung nach habe ich die beiden von Herrn Skinner angeschnittenen Themen kommentiert.
Was die Beschleunigung der Zeitpläne angeht, so obliegt es nun den Mitgliedstaaten, die notwendigen Maßnahmen zur Ingangsetzung des Aktionsplans zu ergreifen. Wir werden unsererseits jetzt den ersten Bericht darüber vorlegen, was bereits getan wurde. Er wird die Mitgliedstaaten ohne jeden Zweifel zum Handeln anzuregen, indem sie das Vorgehen der Übrigen zum Vergleich heranziehen. Aus der Sicht der Verantwortung der Kommission ist es schwierig, noch mehr zu tun.
Zu den Pensionsfonds möchte ich nochmals festhalten, dass die Kommission vorgesehen hat, am kommenden Mittwoch die Regelung über Pensionsfonds anzunehmen, so dass von unserer Seite eine Beschleunigung des Prozesses gegeben ist.
Der Präsident . – Vielen Dank, Herr Solbes.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.30 Uhr statt.
7. Drittes Treffen Asien-Europa in Seoul am 20. und 21. Oktober (ASEM III)
Der Präsident . – Nach der Tagesordnung folgt die Erklärung der Kommission zum Dritten Treffen Asien-Europa in Seoul am 20. und 21. Oktober (ASEM III).
Solbes,Kommission. – (ES) Herr Präsident! Der dritte Gipfel im Rahmen des ASEM-Prozesses findet in drei Wochen in Seoul statt. Ich halte es für ein glückliches Zusammentreffen, dass er kurz nach dem historischen koreanischen Gipfel stattfindet, der das Tor zur Aussöhnung und zukünftigen Wiedervereinigung geöffnet hat. Das dürfte erhebliche positive Auswirkungen auf die Sicherheit haben, nicht nur auf regionaler Ebene, sondern im globalen Maßstab. Der Gipfel wird den Reifegrad eines Prozesses kennzeichnen, der vor vier Jahren in Bangkok seinen Anfang genommen hat. Dieser Prozess ergänzt unsere bilateralen Beziehungen mit unseren zehn asiatischen Partnern sowie unsere Beziehungen mit der ASEAN und trägt zum Integrationsprozess in Asien und Europa bei.
Der ASEM-Prozess rankt sich um drei Pfeiler: Politik, Wirtschaft und Kultur. Er hat den ASEAN+3-Prozess gefördert, indem er den Norden und Südosten Asiens einander noch näher brachte. Die zu seiner Struktur gehörenden Beratungen der Finanz-, Wirtschafts- und Außenminister sowie Gipfeltreffen folgen dem ASEM-Modell. Auch in der Union hatten und haben wir zu lernen, wie ein Prozess, der den politischen Dialog zur Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Regionen und zur Verstärkung der menschlichen und kulturellen Kontakte fördern soll, effektiv zu lenken ist.
Der Prozess basiert auf gleichberechtigten Beziehungen. Durch die Betonung der ursprünglichen Idee, diesen Dialog als einen Prozess zwischen gleichberechtigten Partnern zu entwickeln, und indem wir ihn so informell wie möglich, ohne institutionalisiertes Sekretariat geführt haben, konnten wir unsere asiatischen Partner trotz einiger Schwierigkeiten davon überzeugen, dass wir mit ihnen Beziehungen unter Bedingungen der Gleichberechtigung wünschen und ein Geber-Nehmer-Verhältnis sowie jedes postkoloniale Verhalten vermeiden wollen.
Dieses Konzept ist von besonderer Bedeutung für unsere Anstrengungen zur Konsolidierung, Vertiefung und Erweiterung des politischen Dialogs. Während unsere asiatischen Partner jenen Fragen den Vorzug geben, in denen Übereinstimmung besteht, und die übrigen ausklammern möchten, sprechen wir uns für eine breite Tagesordnung aus, ohne dass Themen ausgeklammert werden. Unsere Partner haben dieses Prinzip gegen die Zusicherung akzeptiert, dass die Auswahl der Diskussionsthemen mit Augenmaß und gesundem Menschenverstand erfolgt. Die Frage der Menschenrechte bereitet natürlich neben der Ablehnung der Einmischung in die inneren Angelegenheiten und anderen uns bekannten Argumenten die größten Probleme. Dennoch wird dieses Problem in der Erklärung der Präsidentschaft des Gipfels sowie im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Asien und Europa klar zur Sprache kommen.
Ich möchte auch hinzufügen, dass wir im erweiterten Rahmen des ASEM-Prozesses gemeinsam mit der Asien-Europa-Stiftung erfolgreich eine Reihe von Seminaren über Menschenrechte organisiert haben. Die in der Region besonders wichtigen Sicherheitsprobleme werden eine erhebliche Rolle in dem Prozess spielen, und zu erwähnen sei auch die Veröffentlichung einer gesonderten Erklärung zur koreanischen Halbinsel als Beispiel für diese Situation.
Die Staats- und Regierungschefs werden sich auch mit der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität befassen, insbesondere in Anbetracht der jüngsten Tragödie von Dover. Die Ausbeutung der illegalen Einwanderer, der Frauen und Kinder, vor allem in der mächtigen Sexindustrie, wird nicht nur Diskussionsgegenstand sein, sondern es werden auch Initiativen zur Bekämpfung dieser neuzeitlichen, mit Armut und Unsicherheit einhergehenden Plage ergriffen.
Im wirtschaftlichen Bereich ist das Jahr 1993 erwähnenswert, da es den entscheidenden Zeitpunkt kennzeichnet, in dem unsere Exporte nach Asien die in die USA überstiegen. Der zweite ASEM-Gipfel 1998 in London meisterte die Krise mit Erfolg. Wir unterstützten unsere asiatischen Partner und ergriffen konkrete Maßnahmen wie die bedeutende Verpflichtung im Bereich des Handels und der Investitionen, mit der der Trend umgekehrt wurde und die zu einem erheblichen Handelsdefizit gegenüber unseren Partnern führte. Die Einrichtung eines Treuhandfonds, die Schaffung des europäischen Netzwerks von Finanzexperten und die Annahme zweier Aktionspläne zur Erleichterung des Handels und zur Förderung der Investitionen sind weitere konkrete Maßnahmen, die das Interesse Europas an Asien nicht nur in guten, sondern auch in Krisenzeiten verdeutlichen.
Der bevorstehende Gipfel wird es ermöglichen, die Früchte unserer Anstrengungen zu messen und die Richtigkeit der zur Erreichung einer größeren Operativität und Effektivität unternommenen Schritte zu bestätigen. Darüber hinaus werden die Staats- und Regierungschefs über den Einfluss der neuen Wirtschaft, die Globalisierung, die aus der Krise gewonnenen Erfahrungen, die Errichtung einer transeuropäisch-asiatischen Superdatenautobahn zur Förderung der Kontakte zwischen Forschungsinstituten und den Einfluss der neuen Technologien auf das Wirtschaftsleben, einschließlich der Maßnahmen zur Bewältigung der immer stärkeren Digitalisierung, diskutieren
Angesichts der derzeitigen globalen Situation ist die Sicherung der Energieversorgung, einschließlich der Erdöllieferungen, in die Tagesordnung aufgenommen worden. Das Erfordernis eines allgemeinen multilateralen Rechtsrahmens für das Handelssystem, wie der Welthandelsorganisation, und die Notwendigkeit des Erhalts seiner Funktion in der Ära der Globalisierung stellen ebenfalls einen Themenkreis für die Beratungen der Staats- und Regierungschefs dar. Dies ist Teil unserer Strategie zur Förderung des Konsenses im Interesse der sofortigen Aufnahme einer neuen globalen Runde.
Es ist wichtig, das kulturelle Vakuum zwischen unseren beiden Regionen zu füllen. Die verstärkte Bewusstseinsbildung, die Vermittlung von Kenntnissen zur Förderung des Verständnisses und zum Abbau falscher Vorstellungen waren von Anfang an wichtige Ziele des ASEM-Prozesses. Die Asien-Europa-Stiftung trägt erheblich zur Erreichung dieses Ziels bei. So werden die Staats- und Regierungschefs neue Initiativen zur Verstärkung des Studentenaustauschs zwischen den Regionen, zur Modernisierung des Bildungseinrichtungen, zur Intensivierung der Zusammenarbeit zur Entwicklung der Humanressourcen und zum Austausch von Standpunkten über die jüngsten soziopolitischen Ereignisse beschließen.
In diesem Zusammenhang bedauern wir, dass unsere asiatischen Partner noch nicht bereit waren, die Einrichtung eines Sozialforums im Rahmen des ASEM-Prozesses zu prüfen, das die Zivilgesellschaft in gleicher Weise vertritt wie das Asien-Europa-Business-Forum die Unternehmerschaft. Dieser Vorschlag stammt von den Organisatoren des Forums der Völker.
Aus organisatorischer und logistischer Sicht wird die koreanische Präsidentschaft eine Erklärung veröffentlichen, die – neben den von den Staats- und Regierungschefs diskutierten Problemen – Punkte wie die Reform der Vereinten Nationen, die Abrüstung, die Rüstungskontrolle, den Kampf gegen AIDS und weitere Themen umfasst.
Der endgültige Text wird die Diskussion zwischen den Staats- und Regierungschefs widerspiegeln, doch ist bis zum jetzigen Zeitpunkt schon eine gute Arbeit geleistet worden. Die Präsidentschaft wird ihn somit während des Gipfels unter ihrer Verantwortung aktualisieren. Die bereits erwähnte Erklärung von Seoul zur koreanischen Halbinsel erkennt die Bedeutung der jüngsten Fortschritte an und billigt die Politik zur Aufnahme Nordkoreas in die internationale Gemeinschaft mit dem Ziel der friedlichen Vereinigung der beiden koreanischen Staaten.
Schließlich sind im Rahmen 2000 der Zusammenarbeit zwischen Asien und Europa, der aktualisierten Version des ersten, auf dem letzten Gipfel von London beschlossenen Rahmens, die Ziele und Verfahren für den ASEM-Prozess im nächsten Jahrzehnt im Einzelnen aufgeführt. Im Vergleich zur letzten Version sind die Bedeutung der Menschenrechte und die Zusammenarbeit zum Erhalt der Umwelt, um nur zwei Beispiele zu nennen, zusätzlich aufgenommen worden. Das einzige offene Problem ist die Frage der Mitgliedschaft, bei der sich die europäischen Partner bis jetzt den Versuchen widersetzt haben, bestimmte Grenzen einzuführen, die die Interpretation zulassen könnten, dass einige Partner von der künftigen Mitwirkung ausgeschlossen werden.
Zusammenfassend möchte ich unterstreichen, dass das wichtigste Merkmal des ASEM-Prozesses – meiner Meinung nach – in der Einrichtung eines regelmäßigen, auf halbjährlichen Gipfeln geführten Dialogs auf höchster Ebene besteht. Diese Gipfel werden durch die periodisch stattfindenden Tagungen der Außen-, Wirtschafts- und Handelsminister vorbereitet, ganz abgesehen von den zahlreichen sie begleitenden Beratungen hoher Beamter und Experten.
Der Dialog mit unseren asiatischen Partnern ist zu einer Normalität geworden, die weder der Wirtschaftseuphorie noch krisenbedingtem Pessimismus unterliegt. Der ASEM-Prozess stellt einen klaren Ausdruck der uneingeschränkten Verpflichtung der Union gegenüber unseren ostasiatischen Partnern unter gleichberechtigten Bedingungen dar und umfasst nicht nur den wirtschaftlichen Bereich, sondern auch die wichtige politische und menschliche Dimension. Angesichts der Bedeutung Asiens für Europa und umgekehrt werden das Lernen voneinander und die Vermittlung von Kenntnissen sowie die Errichtung eines Netzwerks zwischen den Staats- und Regierungschefs und den Völkern dazu beitragen, das für ASEM III gewählte Thema, nämlich die Zusammenarbeit für Prosperität und Stabilität im neuen Jahrtausend, Wirklichkeit werden zu lassen.
VORSITZ: JAMES PROVAN Vizepräsident
Nassauer (PPE-DE), Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen mit den Mitgliedsländern der ASEAN, Südostasien und der Republik Korea. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Asien ist eine der Regionen dieser Erde, in der die Europäische Union hinter ihren Möglichkeiten des politischen Wirkens zurückbleibt. Das ist kein Vorwurf. Das ist eher eine Feststellung. Man erfährt es, wenn man dort als Vertreter der Europäischen Union auftritt, unter anderem daran, dass sich niemand mit dem Hinweis begnügt, man vertrete die Europäische Union, sondern jeder fragt, aus welchem Mitgliedstaat man denn stamme. Daran wird festgemacht, welche Bedeutung man hat. Dort, wo die Europäische Union unter ihren Möglichkeiten bleibt, da bleibt sie möglicherweise auch hinter ihren Verantwortlichkeiten zurück. Deswegen ist dieser ASEM-Prozess so ungeheuer wichtig.
Die Kommission hat, das wage ich zu behaupten, weitgehend die Zustimmung des Parlaments zur Förderung dieses Prozesses. Für ihre Herangehensweise, für die Agenda, die vorbereitet ist, für all dies kann sich die Kommission sehr weitgehend auf das Parlament stützen. So kommt es heute nicht zuletzt darauf an, diesen ASEM-Prozess ins Bewusstsein der europäischen Öffentlichkeit zu rücken.
Was unsere Partner in Asien wenig verstehen, ist die Tatsache, dass wir uns praktisch ausschließlich mit uns selbst befassen, mit der Regierungskonferenz, mit der Erweiterung, gegebenenfalls mit den wichtigen drängenden Problemen vor unserer politischen Haustür wie im Nahen Osten. Aber sie verstehen nicht, dass wir bei allen Fragen, die für Wohlstand und Frieden auf dieser Erde von Belang sind, hinter unseren Möglichkeiten zurückbleiben.
Die Erwartungen an die Europäische Union sind immens. Man denkt an eine strategische Präsenz der Europäer in Asien. Dazu sind wir auch in absehbarer Zeit sicherlich nicht in der Lage. Es ist klar, was sich dahinter verbirgt: das Bewusstsein der ständigen Präsenz der Vereinigten Staaten von Amerika, das Bewusstsein vom Aufkommen Chinas. Da hätte man gern die Europäer als Gegengewicht. Wir müssen diese Chance nutzen und haben dabei eben auch die Gelegenheit und die Chance, unseren Grundsätzen dort Gehör zu verschaffen. Auch das kann im ASEM-Prozess transportiert werden.
Randzio-Plath (PSE). – Herr Präsident! Ich denke, dass es heute nicht nur darum geht, ob dieses Jahrhundert oder Jahrtausend ein europäisches oder ein asiatisches werden wird, sondern es geht darum, dass beide Regionen sich in einer neuen Partnerschaft zusammenfinden müssen. Von daher ist es richtig, dass sich die europäischen und asiatischen Regierungschefs in ihrem informellen multithematischen Dialog weiterhin zusammenfinden, und von besonderer Bedeutung ist, dass sie das in diesem Jahr in Seoul tun, vor einem historisch neuen Hintergrund, der Chance einer neuen Wiedervereinigung.
Das Interesse an gegenseitiger Verständigung zwischen diesen beiden Weltregionen ist noch immer unterentwickelt, obwohl Wirtschafts- und Handelspolitik, aber auch das gemeinsame Interesse an einer Sicherheitspartnerschaft bestehen. Die beiden Weltregionen müssen sich aber immer besser verstehen und koordinieren, damit gemeinsame Akzente in der Reform der Vereinten Nationen, der WTO mit Fragen der Währungs- und Finanzstabilität, aber auch bei wichtigen Fragen, die auf der Tagesordnung der Internationalen Arbeitsorganisation stehen, erfolgreich gestaltet und Fortschritte verzeichnet werden können.
Die Erfolge der beiden letzten Gipfeltreffen in Bangkok und London dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es dem ASEM-Prozess an Dynamik fehlt. Bangkok war Innovation und Lächeln, London die erste Antwort auf die Asienkrise. Normalität ist angesagt in den europäisch-asiatischen Beziehungen, damit endlich auch einmal konkrete und bürgernahe Kooperation sichtbar wird. Vom Kampf gegen Geldwäsche über Umweltengagement und vertrauensbildenden Maßnahmen in der Sicherheitspolitik bis zum Engagement in der Lebensmittel- und Wasserversorgungssicherheit, aber auch mit den Erfolgen gegen das organisierte Verbrechen und – Herr Kommissar, Sie haben völlig Recht – gegen Menschenhandel, die sexuelle Ausbeutung der Frauen und den Missbrauch von Kindern. Der Austausch zwischen Schulen, Universitäten und Geschäftsleuten ist vielversprechend, die Europa-Asien-Stiftung leistet gute Arbeit.
Im Jahr 2000 geht es aber nun darum, was ASEM wirklich leisten kann und leisten können soll, was am besten auf ASEM-Ebene organisiert wird. Hier hat die Vision Group eine sehr gute Vorlage geleistet, und die sollte auch konkretisiert werden.
Sicherlich war es richtig, dass ASEM sich den drei Säulen der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit verschrieben hat. Aber wir müssen das ergänzen, auch um sicherheitspolitische Fortschritte im OSZE-Prozess in Europa, aber auch in territorialen Fragen Asiens oder den die Region stabilisierenden Menschenrechts- und Demokratiefragen in Burma und anderswo zu erzielen. Wichtig wäre es auch, die zunehmend wichtigen Fragen der Unternehmensverlagerungen und Beschäftigungsstandards oder die sozialen Fragen auf einem sozialen Forum zu verhandeln, das auf einem dem Business-Forum vergleichbaren Niveau angesiedelt ist und den Dialog zwischen der politischen Ebene und der Ebene der Sozialpartner in Bezug auf Arbeitsbeziehungen und Sozialstandards möglich macht. Ein solches Forum muss wirklich geschaffen werden. Aber wir als europäische Parlamentarier sind auch daran interessiert, dass der europäisch-asiatische Parlamentarierdialog wieder belebt wird. Wir haben hier in Strassburg das erste Treffen zwischen Abgeordneten aus Europa und Asien organisiert. Nachdem Europa die erste Initiative ergriffen hat, ist es jetzt an unseren asiatischen Kollegen. Warum fangen Japan oder China diesen Ball nicht auf? Es ist bedauerlich, dass in Europa das Interesse an einer engen Zusammenarbeit mit Asien weniger weit entwickelt ist als an einer Zusammenarbeit mit anderen Weltregionen. Von daher ist ein parlamentarischer Dialog auch ein Einstieg in die Zusammenarbeit der Zivilgesellschaft aller Bürgerinnen und Bürger. Alle müssen dies auch als ihre Zukunftsaufgabe betrachten, denn beide Weltregionen haben viel zu sagen und viel zu tun.
Maaten (ELDR). – (NL) Herr Präsident! Das Treffen Asien-Europa unterscheidet sich von anderen Formen des Dialogs. ASEM hat einen informellen Charakter, den wir für diesen Dialog, der auch von herausragender strategischer Bedeutung ist, für wertvoll halten. Daneben ist es ein multidimensionaler Dialog, denn es geht um Politik, Wirtschaft und um Kultur.
Wie stellen wir nun einen Zusammenhang zwischen diesen Bereichen her? Das ist nicht einfach, und die ausgezeichnete Rede von Kommissar Patten zu diesem Thema im Juli in Korea ist unserer Ansicht nach ein guter Ausgangspunkt.
Ich möchte hier nun drei Punkte ansprechen. Erstens: Als Liberale messen wir der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die oft unterbewertet wird, große Bedeutung bei, nicht nur in Asien, sondern auch hier bei uns.
Wenn uns die Wirtschaftskrise in Asien eines gelehrt hat, dann, dass Liberalisierung, mit der größeren Transparenz der Wirtschaft und angemessenem Schutz auch ausländischer Investitionen, gut funktioniert. Wenn es jetzt noch zu gemeinsamen Initiativen in der WTO kommen kann, ist das eine gute Sache.
Zweitens, die kulturelle Zusammenarbeit: Den Austausch von Wissenschaftlern und Politikern, Frau Randzio-Plath hat das soeben auch angesprochen, halten wir für sehr wichtig; dabei muss auch dieses Parlament eine Rolle spielen. Des Weiteren möchte ich die Rolle der Asian-Europe-Foundation in Singapur hervorheben. Eine Verlängerung ihres Mandats ist zu begrüßen, dann aber mit den entsprechenden finanziellen Mitteln.
Drittens, der politische Dialog. ASEM ist ein Forum par excellence, um auch heikle Themen zur Sprache zu bringen. Wir sitzen dort an einem Tisch mit der Volksrepublik China und ihrem Verbot der Falun Gong, dem noch immer existenten System willkürlicher Untersuchungshaft und politischen Gefangenen. All diese Dinge müssen unbedingt zur Sprache gebracht werden.
Es wird über eine Erweiterung von ASEM diskutiert, unter anderem um Indien. Burma darf keinesfalls in dieses Vorhaben einbezogen werden. Die Behandlung von Aung San Suu Kyi, wo wir gerade über den britischen Menschenrechtsaktivisten James Maudsley gesprochen haben, ist ein weiteres Indiz dafür, dass wir mit diesem Regime zum jetzigen Zeitpunkt keinen Dialog aufnehmen können. Dann eher mit Taiwan, es wäre schön, wenn sich die Volksrepublik China und die Republik China an der Annäherung zwischen Nord- und Südkorea ein Beispiel nähmen.
Collins (UEN). – (EN) Herr Präsident! Der bevorstehende Gipfel Europa-Asien in Seoul bietet einen günstigen Rahmen für den Dialog und die Stärkung der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Regionen. Eine Reihe ostasiatischer Länder sähen es durchaus positiv, wenn Europa seine Präsenz in der Region verstärken würde. Das ist eine sehr günstige Voraussetzung für den schrittweisen Ausbau der Kooperation zwischen diesen beiden Regionen.
Ich würde jedoch allen Beteiligten nahe legen, Konsens dahingehend zu erzielen, in die Hauptdokumente von Seoul klare Aussagen zur Respektierung der Menschenrechte in der Region aufzunehmen. Auch das Problem der Kinderarbeit muss stärker in den Vordergrund rücken, damit sichergestellt ist, dass diese so bald wie möglich abgeschafft werden kann, in Asien wie überall auf der Welt.
Europa und Asien müssen zusammenarbeiten, um den Kampf gegen Drogenhandel, Geldwäsche, gegen das internationale Verbrechen, den Terrorismus und die sexuelle Ausbeutung Minderjähriger zu verstärken. Es ist sehr wichtig, während der nächsten Runde der WTO-Gespräche eine Einigung zwischen unseren beiden Regionen zu erzielen. Zum letztgenannten Punkt möchte ich feststellen, dass die schwache konjunkturelle Verbesserung in Asien durch die heikle politische Lage in der Region erschwert wird. Man vergisst manchmal, dass die Periode des beispiellosen Wirtschaftswachstums in Asien von mehr als 25 Jahren auch eine Periode anhaltender politischer und strategischer Stabilität war. Gegenwärtig ist von dieser Stabilität in der Region nicht mehr viel erhalten.
Die koreanische Halbinsel ist durch anhaltende strategische Instabilität gekennzeichnet. Der Wiederaufbau Osttimors ist noch im Gange. Eine größere Zahl asiatischer Länder könnte sich an der Bereitstellung dringend erforderlicher zusätzlicher Unterstützung für die Wiedereingliederung und den Wiederaufbau Osttimors beteiligen. Sicherlich werden noch viele Diskussionen erforderlich sein, um die Beziehungen zwischen der neuen taiwanesischen Regierung und der Volksrepublik China zu stabilisieren.
Alle interessierten Seiten sollten erkennen, dass zunächst politische Stabilität erreicht sein muss, ehe entscheidende Wirtschaftsentwicklungen stattfinden können, und ich wünsche allen, die an der Konferenz in Seoul in diesem Monat teilnehmen, viel Erfolg.
Frau Randzio-Plath schlug vor, den Dialog zwischen europäischen und asiatischen Parlamentariern stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Als Vorsitzender der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu den Ländern Südasiens würde ich das sehr begrüßen. Es reicht nicht, aller fünf oder sechs Jahre einen Dialog zwischen Vertretern dieses Hohen Hauses und Parlamentariern aus Indien, Nepal, Pakistan, Sri Lanka, Bangladesch und Butan zu führen – und ich habe hier nur die Länder genannt, die in die Zuständigkeit der von mir geleiteten Delegation fallen. Ich appelliere an Frau Randzio-Plath, die starken Einfluss im Haushaltsausschuss hat, sich dafür einzusetzen, dass Mittel bereitgestellt werden, damit diese Delegation – wie auch andere, bei denen ein solcher Schritt sinnvoll wäre – in kürzeren Abständen mit asiatischen Parlamentariern zusammentreffen kann.
Dupuis (TDI). – (FR) Herr Präsident, zunächst möchte ich Herrn Nassauer sagen, dass wir uns das mangelnde politischen Ansehen der Europäischen Union in den asiatischen Ländern auch ein wenig selbst zuzuschreiben haben und zugeben müssen, dass wir Gelegenheiten verpassen. So haben wir vor einem Monat den Bericht von Herrn Galeote über Diplomatie und Außenpolitik angenommen. In diesem Bericht geht es aber gar nicht um Diplomatie und Außenpolitik. Er beschränkt sich vielmehr auf die Frage der postgradualen Ausbildung, wenn man das so sagen kann, der Diplomaten bzw. der künftigen Diplomaten Europas. Auch das ist eine der verpassten Gelegenheiten.
Was die ASEAN-Problematik betrifft, sollten wir uns fragen, durch welche Art von Beziehungen die Europäische Union mit der ASEAN verbunden ist bzw. verbunden sein sollte. Zunächst einmal können wir nicht umhin festzustellen, dass sich das Integrationskonzept der Europäischen Union sehr stark von dem der ASEAN unterscheidet. Zwischen den ASEAN-Ländern besteht keine politische Integration, ja nicht einmal die Aussicht auf eine politische Integration, und man darf nicht vergessen, wie das offenbar meine Vorredner getan haben, dass große Unterschiede zwischen den in der ASEAN vertretenen Regimes bestehen: Da gibt es totalitäre Regime bzw. Diktaturen, ja sogar harte diktatorische Regime wie in China, und es gibt demokratische Länder. Daher ist es nicht verwunderlich, dass unter diesen Umständen weder wirkliche Integration besteht, noch wirklicher politischer Dialog stattfindet. Die Europäische Union müsste sich vielleicht eingehend mit diesem Problem befassen und wieder zu guten und soliden bilaterale Beziehungen zurückkehren, die sich deutlich voneinander unterscheiden könnten, je nachdem, ob es sich um eine Demokratie oder um einen diktatorischen bzw. totalitären Staat handelt.
Ich halte auch den Optimismus in Bezug auf den Prozess der Wiedervereinigung Koreas für etwas übertrieben. Vielleicht muss man ja in dem Gipfeltreffen zwischen dem Präsidenten der Republik Korea und dem Führer des diktatorischen Regimes in Nordkorea eine Schwalbe sehen, aber der Sommer ist deshalb für die Bürger Nordkoreas sicherlich noch nicht angebrochen. Ich erinnere Sie daran, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass während der letzten fünf Jahre in diesem paradiesischen Staat zwei bis vier Millionen Menschen verhungert sind.
Ich finde es gleichermaßen unzulässig, dass die Europäische Union in ihrem Dialog mit Asien die Indien-Frage ausklammert, da Indien doch eine Demokratie ist und es zahlenmäßig durchaus mit seinem Nachbarn China, aufnehmen kann, jedoch nicht das gleiche Regime aufweist und nicht die gleichen Vorzugsbeziehungen zur Europäischen Union unterhält. Ich bin ebenso wie Herr Maten der Auffassung, dass die Taiwan-Frage nicht länger vergessen werden darf, nicht nur im Rahmen des Prozesses zwischen Taiwan und der Volksrepublik China, sondern auch innerhalb der Mechanismen der internationalen Zusammenarbeit, auch wenn ich nicht zu denjenigen gehöre, die diese Mechanismen für besonders wirksam halten.
Ich denke also, dass wir nicht länger die Augen verschließen können vor dem chinesischen Ungeheuer, das sich langsam in eine kommunistische Diktatur, in eine neue nationalkommunistische Diktatur, verwandelt. Wir hatten einen Kalten Krieg zwischen der Sowjetunion und der demokratischen Welt, der vierzig Jahre andauerte, und es wäre meines Erachtens dringend geboten, Anlässe wie diese Gipfeltreffen nicht dazu zu nutzen, dieses schwerwiegende Problem zu verschleiern.
Schließlich, Frau Randzio-Plath, möchte ich sagen, dass, wenn wir die parlamentarische Zusammenarbeit verstärken wollen, wir dies nur mit den demokratischen Ländern dieser Region tun können, also mit den Ländern, in denen es Parlamente gibt. Wenn es hier eine parlamentarische Zusammenarbeit geben soll, dann mit diesen Ländern und ganz gewiss nicht mit den Funktionären der kommunistischen Partei Chinas oder anderer Länder der Region.
Maij-Weggen (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Ich möchte dem Kommissar für seinen Beitrag zu dieser Aussprache und für seine guten Absichten danken. Ich halte es für sehr begrüßenswert, dass die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Bande mit ASEAN und ASEM vertieft werden. Ich halte es ebenfalls für gut, NRO, das gesellschaftliche Mittelfeld und die Bürger dieser Länder mit einzubeziehen. Ich möchte mich jedoch auf die politischen Kontakte beschränken und eine Bemerkung zu zwei Ländern aus diesem Gebiet machen, Burma und Indonesien.
Burma ist zweifellos eine der schlimmsten Diktaturen der Welt. Eine Militärregierung hat vor 10 Jahren die gewählte Präsidentin, Frau Aung San Suu Kyi, kaltgestellt, das Parlament aufgelöst, zahlreiche Parlamentsmitglieder des Landes verwiesen, inhaftiert und sogar umgebracht und dann gegen die Bevölkerung und gegen die Minderheiten einen wütenden Terror entfesselt. Die Europäische Union hat bereits mehrere Maßnahmen in bezug auf Burma ergriffen, aber es hat nichts geholfen. Vor kurzem wurde Frau Aung San Suu Kyi wieder in ihrer Freiheit eingeschränkt, wurden einige hochrangige Parteimitglieder festgenommen und Menschenrechtsvertretern aus dem Westen in Burma erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Nichts scheint zu helfen. Darum möchte ich hier in Übereinstimmung mit den früheren Entschließungen des Europäischen Parlaments noch einmal für ein härteres Vorgehen plädieren, und das müsste gemeinsam mit den ASEAN- und ASEM-Ländern geschehen.
Nun zu Indonesien. Indonesien findet mühsam wieder den Weg zu einem demokratischen Rechtsstaat. Die Regierung Wahid ist guten Willens und beabsichtig aufrichtig, die Praktiken der alten Regimes rasch zu korrigieren. Aber es gibt erbitterte Gegner: korrupte Angehörige der alten Suharto-Clique, illoyale Teile der Armee, paramilitärische Milizen und aggressive islamische Fundamentalisten. In Indonesien gibt es inzwischen eine Million Flüchtlinge innerhalb des Landes, davon 130 000 in Timor und 300 000 auf den Molukken. Vor allem auf den Molukken, wo aggressive muslimische Gruppen Tod und Verderben verbreiten, ist die Situation einfach katastrophal. Die große molukkische Gemeinde in den Niederlanden – 50 000 EU-Bürger – ist zutiefst beunruhigt darüber, dass es schon mehr als 5 000 Tote, zehntausende von Verletzten und mehr als 300 000 Flüchtlinge gegeben hat.
Die Europäische Union muss die demokratischen Kräfte in Indonesien unterstützen. Gleichzeitig muss sie aber auch prüfen, wie sie Indonesien helfen kann, diesen negativen Kräften die Stirn zu bieten – vor allem, was die Molukken betrifft, da so viele europäische Bürger molukkischen Ursprungs deswegen in großer Sorge sind.
Ford (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich danke Herrn Solbes für seine Erklärung. Mir drängt sich manchmal der Gedanke auf, dass Asien, ASEAN und ASEM die Stiefkinder der europäischen Außenbeziehungen sind und in Wirtschaftsfragen, bei finanziellen, politischen und Sicherheitsaspekten viel weniger Aufmerksamkeit erfahren als ihnen gebührt. Ich begrüße das Versprechen, dass sich hier etwas ändern muss.
Was den Austausch von Politikern betrifft, so bin ich mir nicht ganz sicher – wen würden wir im Austausch gegen Herrn Haider und Herrn Le Pen bekommen?
Es sind vor allem drei Dinge, auf die ich hier eingehen möchte.
Erstens, die Ereignisse von Seattle und Prag beweisen, dass viele der wichtigen globalen Fragen nicht länger hinter verschlossenen Türen von kleinen, vom Alltag abgeschirmt lebenden Gruppen verhandelt werden können. Ich begrüße den parallel stattfindenden ASEM-Volksgipfel 2000 und den im Kompromiss enthaltenen Vorschlag, dies bei künftigen ASEM-Treffen zur Regel werden zu lassen.
Ich begrüße auch die vorgeschlagene Wiedereinführung gemeinsamer parlamentarischer Treffen mit Abgeordneten der ASEM-Mitgliedstaaten.
Zweitens möchte ich, wie schon Frau Maij-Weggen, auf Birma zu sprechen kommen. Ich bin sehr froh darüber, dass Birma zwar Mitglied der ASEAN, nicht aber der ASEM ist, und die ASEM in der Vergangenheit die Wiederherstellung der Demokratie in diesem leidgeprüften Land gefordert hat.
Wir hoffen nach wie vor, dass das Militärregime in Birma schließlich erkennen wird, dass nicht Konfrontation, sondern der Dialog mit Aung San Suu Kyi der einzig gangbare Weg ist. Wir hoffen, dass die Mitgliedstaaten dies weiterhin beobachten werden.
Drittens, dieser Gipfel findet in Seoul statt, auf der koreanischen Halbinsel. Wir haben einen historischen Durchbruch erlebt, vergleichbar den Entwicklungen in Nordirland und im Nahen Osten. Kim Dae-jung und Kim Jong-il hatten den politischen Mut, den ersten Gipfel auf der geteilten Insel durchzuführen. Allerdings haben wir unlängst sowohl in Nordirland als auch im Nahen Osten erlebt, wie zerbrechlich solche Friedensinitiativen sein können. Wir fordern die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten der ASEM sowohl in Asien als auch in Europa auf, wirtschaftlich und politisch alles in ihrer Macht stehende zu tun, um diesen Prozess weiter voranzubringen und zu unterstützen. Europa kann hier als ehrlicher Makler eine wichtige Rolle spielen.
Ribeiro e Castro (UEN). – (PT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich hier kurz äußern, um unsere große Besorgnis in Bezug auf Timor zu unterstreichen und darauf zu drängen, dass die Timorfrage einen besonderen Platz auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung erhält. Uns allen ist sicher noch die Ehrung gegenwärtig, die hier vor beinahe einem Jahr Xanana Gusmão zuteil wurde, der in diesem Parlament den Sacharow-Preis entgegennahm. Wir tragen eine ständige Verantwortung gegenüber Xanana Gusmão, gegenüber dem, was er repräsentiert, und gegenüber dem Volk von Timor. In jüngster Zeit hat sich die Lage verschlechtert. Deshalb möchte ich eine sehr eindringliche Botschaft an die Kommission richten und sie ersuchen, den indonesischen Behörden mit Nachdruck zu erklären, dass eine positive Entwicklung der Beziehungen zu Indonesien davon abhängig ist, inwieweit uns dieses Land Garantien für den Frieden und die Freiheit in Timor geben kann.
Jarzembowski (PPE-DE). – Herr Präsident, lieber Herr Kommissar! Drei kurze Anregungen zu dem offenen Dialog. Eine Anregung zum politischen Dialog. Über Indonesien, über Osttimor, über Burma haben wir bereits geredet. Ich möchte auf die Situation zwischen der Volksrepublik China und Taiwan eingehen. Ich glaube, wir sollten klarmachen, dass die Wahl des neuen taiwanesischen Präsidenten eine historische Chance ist, die Gegensätze auf beiden Seiten der Taiwan Strait zu überwinden, und das sollten wir tun. Wir sollten als Europäer auch endlich den Mut haben, das Verbindungsbüro der Europäischen Union in Taipeh zu eröffnen, denn Taiwan ist ein großes Wirtschaftsland, zu dem wir engste Beziehungen haben. Aber es geht um den politischen Dialog.
Zweiter Punkt: Wir sollten wirtschaftlich offen sein und auch einmal harte Dinge ansprechen. Gerade wenn wir in Seoul sind, dann müssen wir noch einmal darauf hinweisen, dass die Subventionen, die Korea seinen Werften zubilligt, unerträglich sind. Sie gefährden Arbeitsplätze in der ganzen Europäischen Union. Es kann nicht angehen, dass wir Korea in der ASEAN-Krise geholfen haben, über IWF-Darlehen usw., Korea jetzt aber seine Werften immer noch subventioniert, was unsere Werften in ungerechtfertigter Weise in Schwierigkeiten bringt.
Drittens: Das ist ein Punkt, der geht uns an, aber auch die Staaten Asiens. Wie bereits angesprochen, brauchen wir einen Dialog zwischen den Parlamenten, zwischen dem Europäischen Parlament und den Parlamenten der zehn asiatischen Staaten. Sie haben zu Recht als einen der großen Punkte auf dem Asientreffen den umfassenden Dialog angesprochen, also das Formulieren verschiedener Interessen. Es kann nicht angehen, dass die Interessen zwischen Asien und Europa immer nur zwischen Regierung und Beamten ausgetauscht werden, wobei großzügig auch die Ebene der Wissenschaftler, der Journalisten einbezogen wird. Die Parlamentarier müssen an dem Prozess ebenfalls beteiligt werden, denn reine Außenpolitik ist das nicht mehr. Das sind alles politische Fragen, die sehr stark in die Situation der einzelnen Länder eingreifen: Deswegen müssen die Abgeordneten beteiligt werden. Wenn die japanischen Abgeordneten im November zu uns nach Straßburg kommen, Herr Präsident, werden wir sie bitten, das nächste Treffen der Parlamentarier des Europäischen Parlaments und der asiatischen Staaten möglichst in Japan auszurichten.
Solbes,Kommission. – (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich allen Rednern für ihre Beiträge zur Debatte danken und einige kurze Bemerkungen machen.
Im Wirtschaftsbereich sei daran erinnert, dass zwei „action plans“ laufen, einer zur Erleichterung des Handels und ein weiterer zur Förderung von Investitionen, und um beide entfaltet sich eine rege Aktivität.
Was die sozialen Aspekte angeht, so haben wir seinerzeit ein neues Organ – das Sozialforum – vorgeschlagen, das die Zivilgesellschaft repräsentieren soll. Wie ich in meiner Erklärung sagte, stehen die Länder Asiens diesem Vorschlag leider nicht positiv gegenüber, was wir bedauern.
Zur parlamentarischen Zusammenarbeit möchte ich ins Gedächtnis rufen, dass es bereits zwei Treffen gab: eines auf den Philippinen und ein weiteres in Portugal zur Zusammenarbeit zwischen jungen Parlamentariern, an dem auch Europa-Parlamentarier teilnahmen. Jede zusätzliche Aktion auf interparlamentarischer Ebene erachten wir als überaus positiv.
Im Zusammenhang mit den Bemerkungen zu einigen konkreten Ländern möchte ich auf Folgendes hinweisen: Erstens, bei Birma ist klar, dass das Land nicht am ASEM-Prozess teilnimmt und auch nicht die Absicht besteht, es zuzulassen. Dieses Problem kommt in jedem politischen Dialog zur Sprache, und offensichtlich gestatten die Umstände objektiv keinen Fortschritt in dieser Richtung.
Was Indien betrifft, möchte ich daran erinnern, dass im Juli dieses Jahres ein erster Gipfel zwischen Indien und der Europäischen Union außerhalb des ASEM-Rahmens stattfand.
Mit Indonesien, das ebenfalls ein Thema von besonderem Interesse darstellt, wird ein regelmäßiger Dialog im Rahmen von ASEM geführt, bei dem wir stets die Notwendigkeit betonen, den demokratischen Prozess zu stärken. Um in diesem Punkt vorankommen zu können, hat Präsident Prodi bereits eine Botschaft an den indonesischen Präsidenten übermittelt.
Für Timor gibt es von unserer Seite natürlich eine klare politische Unterstützung und eine unseres Erachtens erhebliche humanitäre Hilfe.
Was schließlich das angesprochene ganz aktuelle Problem der Beziehungen mit Korea, speziell in Bezug auf die Werften und die Subvention des Schiffbaus, betrifft, so möchte ich daran erinnern, dass diese Frage nicht zum ASEM-Themenkreis gehört, dass sie aber in unseren Beziehungen mit Korea nicht vergessen wird. Sie ist Gegenstand einer ständigen, harten Diskussion. In der vergangenen Woche wurden diese Gespräche fortgesetzt, und ich bin ebenfalls der Meinung, dass die derzeit gewährten Beihilfen völlig inakzeptabel sind.
Maij-Weggen (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Ich habe keine Antwort auf meine Ausführungen zu den Molukken in Indonesien erhalten. Die Probleme sind dort derzeit größer als in Timor. Es gibt 300 000 Flüchtlinge, wahrscheinlich 10 000 Tote und Zehntausende von Verletzten. Es geht doch nicht an, dass die Molukken in den ASEM-Gesprächen unerwähnt bleiben. Ich frage den Herrn Kommissar daher noch einmal, welche Bedeutung man diesem Problem beimessen wird.
Solbes,Kommission. – (ES) Herr Präsident! Ich möchte nur bemerken, dass ich, als ich über die Unterstützung des demokratischen Prozesses in Indonesien sprach, natürlich alle Probleme im Zusammenhang mit den Menschenrechten und insbesondere die Frage der Molukken, der unsere besondere und ständige Sorge gilt, einbezogen habe.
Der Präsident. – Vielen Dank für diese Klarstellung.
Die Aussprache ist geschlossen.
Ich habe sechs Entschließungsanträge gemäß Artikel 37 Absatz 2 der Geschäftsordnung erhalten(1).
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über die Empfehlung für die zweite Lesung (A5-0232/2000) des Ausschusses für Regionalpolitik, Verkehr und Fremdenverkehr zu dem vom Rat angenommenen Gemeinsamen Standpunkt im Hinblick auf den Erlass der Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr. 1692/96/EG hinsichtlich Seehäfen und Binnenhäfen sowie des Vorhabens Nr. 8 in Anhang III (6658/1/2000 – C5-0271/2000 – 1997/0358(COD)) (Berichterstatter: W. Piecyk).
Piecyk (PSE), Berichterstatter. – Herr Präsident, wir haben hier einen Vorgang, zu dem ich gerne eine allgemeine Bemerkung machen möchte, denn ich finde, es ist ein klassisches Beispiel dafür, wie Mitentscheidung gerade nicht laufen soll. Da macht das Parlament seine erste Lesung, ein Jahr später bekommen wir den gemeinsamen Standpunkt des Rates, der von der parlamentarischen Position so gut wie gar nichts übernimmt, und bedingt durch Fristen – beispielsweise durch die Sommerpause – ist es so, dass dem Parlament praktisch nichts anderes übrig bleibt, als die erste Lesung und seine Position der ersten Lesung wieder in Kraft zu setzen mit der Folge, dass wir uns alle fröhlich im Vermittlungsverfahren wiedertreffen werden.
Das ist eigentlich nicht die Art, in der Mitentscheidungsverfahren laufen sollten, meiner Auffassung nach jedenfalls nicht! Ich sage das an den Rat gerichtet: Seit Amsterdam nimmt die legislative Arbeit gerade im Verkehrsbereich immer mehr zu. Wir würden im Verfahren Zeit, Kosten und Energie sparen, wenn der Rat zu der Überzeugung käme und es sich zu Eigen machen würde, dass ein gemeinsamer Standpunkt nicht das Ende des Entscheidungsverfahrens ist. Er ist ein wichtiger Schritt im Entscheidungsverfahren, aber dann geht es weiter, und er muss mit dem Parlament zusammenkommen.
Worum geht es? In der ersten Runde der Transeuropäischen Netze blieb die Frage der Häfen offen. Die Kommission sagte damals zu, für die Häfen einen entsprechenden Vorschlag zu machen. Sie hat das getan und den Vorschlag auch erweitert, nicht nur für Häfen, sondern für Binnenhäfen und intermodale Terminals, einschließlich des Projekts Nr. 8 der 14 großen Projekte von Essen, das geändert werden soll. Das Parlament hat diesen Vorschlag der Kommission vom Ansatz her begrüßt, dass Seehäfen, Binnenhäfen und Terminals zusammengefasst werden, weil es Knotenpunkte im Verkehrsnetz sind, die aufeinander bezogen sind. Der Rat hat nur bedingt die Position des Parlaments übernommen und sich bei den Kriterien für Knotenpunkte gar nicht dem Parlament angeschlossen.
Ich will mich auf die wichtigsten Dinge konzentrieren: Seehäfen. Das Parlament möchte an Kriterien 1,5 Millionen Tonnen Umschlag und 200 000 Passagiere, aber als ganz wichtiges Kriterium vor allem eine Verbindung mit einem anderen transeuropäischen Verkehrsnetz sehen. Der Rat will maximal 1 Million Tonnen, keine Verbindung mit einem anderen europäischen Verkehrsträger. Das führt dann aber dazu, dass beispielsweise in meinem geliebten Schleswig-Holstein – das ist die Region, aus der ich komme – ein Ort wie Langballigau, der maximal eine Brücke hat und zwei Poller, an dem ein Schiff festmachen kann, plötzlich als europäischer Seehafen ausgewiesen wird – das ist schlicht und ergreifend Unsinn! So etwas darf man als Parlament auch nicht durchgehen lassen!
Bei den Binnenhäfen möchte das Parlament als Kriterium 500 000 Tonnen jährlichen Umschlag, der Rat nur 300 000. Ergebnis: Weitere 200 kleinere Häfen werden in die Karten aufgenommen, was sich dann in der Praxis als Wimmelbild darstellt, wo man mit der Lupe genau nachschauen muss! So geht es nicht! Ich denke, wenn wir von einem transeuropäischen Netz reden, dann müssen Häfen und Binnenhäfen auch den Mindestanforderungen von europäischer Verkehrsfunktion gerecht werden.
Intermodale Terminals – das fanden wir in Ordnung, weil sie dazugehören, der Rat überhaupt nicht, obwohl in einer künftigen europäischen Verkehrspolitik natürlich Terminals eine wesentlich bedeutendere Rolle spielen werden als vielleicht heute. Die Häfen stehen miteinander im Wettbewerb. Das ist gut so. Aber um Wettbewerbsgleichheit herzustellen, hat das Parlament gefordert, dass wir den Bereich von Suprastruktur eben nicht fördern, sondern dass maximal die Infrastruktur gefördert wird. Diesem Grundsatzgedanken konnte sich der Rat bisher überhaupt nicht anschließen, die Kommission übrigens auch nicht. Daher müssen wir zusammen Lösungswege finden, dass diese Wettbewerbsgleichheit in Sachen Infrastruktur hergestellt wird.
Erfreulicher Punkt bei diesem Dossier ist, dass die Änderung des Projekts Nr. 8 offensichtlich vom Rat angenommen wurde. Das Parlament stimmt dem zu. Damit hat der Rat allerdings endgültig akzeptiert, dass auch bei den 14 wichtigen Projekten von Essen Mitentscheidung notwendig ist.
Was wir morgen beschließen werden, ist letztlich Material für das Vermittlungsverfahren. Ich möchte ausdrücklich das Bemühen der französischen Präsidentschaft anerkennen, auch jetzt bereits zu diesem Zeitpunkt zu gemeinschaftlichen Verfahren zu kommen. Der Rat ist da etwas sperrig. Mein Dank geht an die Dienste der Kommission, die in diesem Fall ja schon ganz hilfreich sind. Gleichwohl hätten wir alles ein wenig schneller haben können, als es im Ergebnis der Fall war. Nicht zuletzt geht mein Dank an die Kollegen im Ausschuss, die hier gemeinschaftlich an einem Strang gezogen haben. Ich möchte eine Bemerkung zu Änderungsantrag 15 machen. In der englischen Übersetzung sind die peripheren Gebiete wieder rausgefallen, die deutsche Originalfassung gilt. Deswegen hoffe ich, dass die Dienste das auch nachbessern, dass wir überall die peripheren Gebiete wieder drin haben. Nochmals herzlichen Dank für die Mitarbeit im Ausschuss! Ich denke, dass wir nach der morgigen Abstimmung dann auch zügig in ein Vermittlungsverfahren gehen und es nicht bis zu den letzten sechs Wochen auskosten müssen.
Der Präsident. – Herr Piecyk! Ich habe Ihre einleitenden Bemerkungen zum Vermittlungsverfahren zur Kenntnis genommen. Ich hoffe, Sie haben Gelegenheit, an dem Seminar am 6. und 7. November teilzunehmen, wo diese Punkte von Ihnen noch einmal zur Sprache gebracht werden könnten.
Jarzembowski (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion möchte zunächst einmal dem Berichterstatter Piecyk gratulieren. Er hat in konsequenter Weise wieder formuliert, was wir als Gemeinsamkeit in der Lesung beschlossen hatten. Er hat es wieder in einen klaren, nachvollziehbaren Bericht umgesetzt. Die große Linie dieses Berichts ist eben, dass es, wenn wir über europäische Häfen im transeuropäischen Verkehrsnetz reden, darauf ankommt, eine Politik zu betreiben, mit der europäisch relevante Häfen in das Netz aufgenommen werden. Sie können nur europäisch relevant sein, wenn sie eine Verbindung zu einem anderen Verkehrsträger im transeuropäischen Netz haben.
Zweitens: Die kleine Förderung, die wir überhaupt nur für transeuropäische Netze haben, muss dann natürlich auf die Hafeninfrastruktur und nicht auf Hafensuprastruktur konzentriert werden. Insofern ist dieser Bericht ganz klar. Im Ausschuss sind die Änderungsanträge ja auch einstimmig angenommen worden.
Ich möchte nur noch zwei Dinge erläutern. Wenn wir uns nicht auf die wirklich relevanten Häfen für den Export und den innergemeinschaftlichen Handel konzentrieren, dann haben wir wieder eine Situation, in der alle Häfen, auch jeder Sporthafen, europäische Häfen sind, und dann ist das Gießkannenprinzip und nicht die Konzentration der Mittel die größte Gefahr. Dies ist ja auch in der Regionalpolitik anerkannt, Kommissar Barnier hat darauf hingewiesen. Wir müssen Zeichen setzen, aber das kann man nur, wenn man wirklich konsequent wichtige Projekte fördert und nicht nach dem Gießkannenprinzip alles Mögliche.
Zweitens geht es um eine Wettbewerbssituation zwischen den Häfen, aber auch innerhalb eines Hafens. Wenn man nämlich Gebäude, Van Carrier, alles staatlich mitfördern könnte, dann hat man einen unzulässigen Wettbewerb zwischen Privatbetrieben und Staatsbetrieben in einem Hafen, aber auch zwischen verschiedenen Häfen.
Deshalb brauchen wir eine klare transeuropäische Hafenpolitik, die auch wirklich den Wettbewerb achtet!
Mastorakis (PSE). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kollegen und Kolleginnen! Der zur Debatte stehende Bericht des Kollegen Piecyk zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates, der in seiner abschließend von unserem parlamentarischen Ausschuss verabschiedeten Fassung eine wirklich seriöse Arbeit darstellt, enthält substantielle Vorschläge, die darauf abzielen, die intermodalen Terminals in das Verkehrsnetz einzubeziehen, für alle Häfen gleiche Bedingungen im Hinblick auf die Förderfähigkeit von Investitionen zu schaffen, strengere Kriterien und Voraussetzungen für die Aufnahme der Seehäfen in das transeuropäische Verkehrsnetz anzuwenden sowie die Binnenhäfen zu unterstützen.
So wird beispielsweise eine vernünftig erscheinende Anhebung der Schwellenwerte für das Güterumschlagsvolumen und das Passagieraufkommen vorgeschlagen. Natürlich ist die völlige Gleichstellung bei den diversen vorgeschlagenen Maßnahmen ohne eine entsprechende Übereinstimmung der objektiven Voraussetzungen nicht möglich, ohne immer wieder neue Probleme aufzuwerfen. So kann beispielsweise ein großflächiges Hinterland, das heute, sagen wir, über viele Häfen verfügt, nur einige wenige davon auswählen mit dem Ziel, diesen Häfen das nötige Verkehrsaufkommen zu sichern, um die strengeren Auflagen zu erfüllen und für eine Förderung in Frage zu kommen. Gibt es z. B. zwei Häfen, dann kann die Nutzung des einen Hafens stärker vorangetrieben werden. Wie aber kann eine relativ kleine oder mittelgroße Insel, die heute nur einen Hafen hat, dessen Verkehrsaufkommen entsprechend steigern? Und da sie dies, objektiv gesehen, nicht vermag, ist es dann gerecht, dass ein Inselstaat, der gezwungenermaßen viele solcher Häfen besitzt, für seine Hafeninfrastruktur nicht die entsprechenden Vorteile in Anspruch nehmen kann? Und wie ist es um den Zusammenhalt bestellt, für den wir alle kämpfen? Und wie um die im Amsterdamer Vertrag vorgesehene Sonderbehandlung, die für die Inselregionen offensichtlich notwendig ist?
Die Zeit, Herr Präsident, zwingt mich, mit meinen Ausführungen zum Schluss zu kommen. Ich möchte jedoch nicht versäumen, auch meinerseits, anlässlich dieser Debatte über den Schiffsverkehr, mein tiefes Bedauern für unsere Mitmenschen zum Ausdruck zu bringen, die vor kurzem bei einer Fahrt mit einem der zahlreichen Schiffe ums Leben gekommen sind, die für die Bedienung der vielen griechischen Inseln notwendig sind, die folglich in jeder Hinsicht unseres tatkräftigen Interesses bedürfen. Dieses Interesse muss immer wieder bekundet werden, denn auch diese zahlreichen Inseln mit ihren bewahrenswerten, naturgegebenen Besonderheiten wird es immer geben.
Pohjamo (ELDR). – (FI) Herr Präsident, Herr Solbes, verehrte Kollegen! Im Namen meiner Fraktion möchte ich dem Berichterstatter für die gründliche Arbeit in dieser wichtigen Frage danken. Das Ziel der Transeuropäischen Netze besteht insbesondere darin, die verschiedenen Gebiete der EU miteinander zu verbinden, damit der gemeinsame Markt effizient arbeiten kann. Der Berichterstatter hat die Frage jedoch vorrangig aus der Sicht großer Häfen betrachtet.
Das Güterumschlagsaufkommen ist ein wichtiges Maß, aber es gibt nicht immer die ganze Wahrheit wider. Das Aufkommen wird in entscheidendem Maße auch von der Qualität der Güter bestimmt. In den entlegenen Gebieten spielen die Häfen eine wichtige Rolle, obwohl die Fracht und die Passagierzahlen geringer sind als in den Kerngebieten. Zum Beispiel dient der Vorschlag, das Güterumschlagsaufkommen der Seehäfen auf 1,5 Millionen Tonnen zu erhöhen und die Hafenklassifizierung zu verändern, nach Auffassung unserer Fraktion nicht der Entwicklung der Transeuropäischen Netze. Das würde bedeuten, dass sich die zu den TEN zählenden Häfen in den dicht besiedelten Kerngebieten konzentrieren würden und viele dünn besiedelte Randgebiete entsprechend außen vor wären.
Eine zweite Verschlechterung besteht darin, dass nur das Passagieraufkommen des internationalen Verkehrs in den Passagierzahlen der TEN-Häfen berücksichtigt wird. Im Fährverkehr zwischen Schottland und Nordirland werden beispielsweise jährlich 1,8 Millionen Passagiere befördert, aber diese Häfen gehören nicht zu den Transeuropäischen Netzen, wenn lediglich der internationale Verkehr einbezogen wird. Diese Verbindung ist nicht nur für Schottland und Nordirland von Bedeutung, sondern auch für die Republik Irland. Die kleineren, wichtigen Häfen und auch der Binnenverkehr innerhalb der Union müssen stärker berücksichtigt werden. Deshalb ist unsere Fraktion unter anderem gegen die Änderungsanträge 3, 4, 5, 9 und 10. Hier ist der Standpunkt des Rates der Entwicklung der Transeuropäischen Netze eher dienlich.
Bouwman (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich einige Dankesworte an Herrn Piecyk richten, der diesen Bericht in sehr kurzer Zeit abschließen und lange arbeitsreiche Nachtsitzungen darauf verwenden musste.
Die Fraktion der Grünen hat zum Verkehr ein von Hassliebe geprägtes Verhältnis. Verkehr ist nun einmal eine umweltverschmutzende Modalität, wobei es Verkehrsträger mit noch verheerenderen Auswirkungen gibt. Wir unterstützen also nicht alle Elemente der TEN vorbehaltlos, sind aber dann dafür, wenn es um die Entwicklung der weniger umweltverschmutzenden Verkehrsträger geht, nämlich die Entwicklung von Häfen, die Entwicklung und Förderung der Binnenschifffahrt und den Einsatz von intermodalen Terminals.
Zu den Häfen: Wenn man sich den Standpunkt des Rats in Bezug auf Häfen anschaut – und das wurde bereits mehrfach gesagt –, bedient man sich meiner Ansicht nach eines zu groben und einfach zu sehr quantitativen Kriteriums, was zur Folge hat, dass manche Häfen im deutschen Wattenmeer, manche Häfen in den Niederlanden, wie der Hafen von Scheveningen, ein kleiner Fischerhafen, inzwischen als Häfen aufgeführt werden, die im transeuropäischen Netz eine Rolle spielen sollen. Das geht mir einfach zu weit.
In diesem Sinne unterstütze ich daher uneingeschränkt die Ausführungen des Berichterstatters, muss aber hinzufügen, dass – wenn man sich etwas anschaut, was im Standpunkt des Rates ebenfalls fehlt – die Bedeutung der intermodalen Terminals und vor allem auch der multimodalen Terminals, denn darüber sprechen wir sehr oft, vom Rat außer Acht gelassen wird. Das führt daher auch dazu, dass wir nicht wirklich gute qualitative Argumente haben, um Häfen, die häufig an der Peripherie liegen – das wurde ebenfalls bereits angesprochen –, in das ganze Schema aufzunehmen. Neben den quantitativen Kriterien muss also auch eine Reihe qualitativer Kriterien erarbeitet werden. Aber wir gehen in Kürze in das Vermittlungsverfahren, und dann werden wir diesem Punkt Beachtung schenken müssen.
Ich bin recht zufrieden damit, dass der Berichterstatter in jedem Fall diesen intermodalen Verkehr – das hat auch Herr Jarzembowski mit den richtigen Worten ausgedrückt – voll auf die Agenda setzt. Ich denke, dies wird einer der Streitpunkte, den wir hoffentlich mit oder ohne Konferenz aus dem Weg räumen können.
Ich begrüße es nachdrücklich, dass des Weiteren die strategischen Folgenabschätzungen zur Gänze aufgenommen worden sind. Ich hoffe nicht, dass das dem Vermittlungsverfahren zum Opfer fällt.
Was die Suprastruktur und ihre Finanzierung betrifft, so kann ich mir sehr gut vorstellen, dass wir Suprastruktur, deren Definition übrigens noch lange nicht unumstritten ist, nicht in die unklare und unpräzise Art und Weise der Finanzierung von Häfen aufnehmen. Hafenstruktur und deren eindeutige Begriffsbestimmung ist der eine Schritt, eine Suprastruktur ein zweiter. Wir sollten prüfen, ob wir in der Zwischenzeit Suprastruktur nicht noch besser definieren können.
Meijer (GUE/NGL). – (NL) Herr Präsident! In der Europäischen Union gibt es eine große Vielfalt, und dennoch neigen wir dazu, alles zu vereinheitlichen und zu zentralisieren. Das sehen wir auch wieder bei dem Bericht von Herrn Piecyk über Seehäfen und Binnenhäfen. Eigentlich geht es in dem Bericht und in den Änderungsanträgen um ganz unterschiedliche Situationen. Genau wie zuvor bei der Behandlung der Berichte über Abfall auf See und über den Luftverkehr müssen wir zwischen Norden und Süden, zwischen Groß und Klein sowie zwischen gewinnorientierter Politik und umweltorientierter Politik unterscheiden. Daher kann man nicht alle Häfen im gesamten Gebiet der Europäischen Union einfach nach demselben Maßstab beurteilen. Manche sehen in dem Bericht und in den Änderungsanträgen die Möglichkeit, die Position kleiner Häfen zu stärken, die für die Erreichbarkeit und das Überleben von Inseln und abgelegenen Küstengebieten unentbehrlich sind. Aus dieser Sicht muss jeder kleine Hafen und jeder Fährhafen mit regem Touristenverkehr auf die europäische Liste gesetzt werden. Ziel der Hafenpolitik ist dann vor allem die Unterstützung der Randregionen.
In dem am dichtesten bevölkerten Teil Europas rund um die Nordsee und am Ärmelkanal gibt es hingegen besonders große Häfen, darunter den meiner Heimatstadt Rotterdam. Dort findet ein erbitterter Konkurrenzkampf insofern statt, als beispielsweise Transportunternehmen zu möglichst niedrigen Tarifen möglichst viele Leistungen angeboten werden. Rotterdam will der größte Hafen der Welt bleiben und konkurriert mit Le Havre, Dünkirchen, Zeebrugge, Antwerpen, Amsterdam, Bremen und Hamburg um dieselben Ladungsströme. Es herrscht sogar die Auffassung, Rotterdam solle der „Mainport“ sein, in dem alle Güter, die von anderen Kontinenten die europäische Westküste erreichen, auf Schiffe umgeschlagen werden müssen, die sie dann auf die umliegenden Häfen verteilen. Auch andere große Häfen streben nach Wachstum und Vorherrschaft.
Dieser Konkurrenzkampf geht auf Kosten der Umwelt und zu Lasten des finanziellen Spielraums der großen Städte. Eine europäische Hafenpolitik müsste etwas dagegen unternehmen und eine Streuung der Ladungsströme über ein größeres Gebiet ermöglichen. Leider vermisse ich das bisher in den Vorschlägen.
VORSITZ: JAN-KEES WIEBENGA Vizepräsident
Van Dam (EDD). – (NL) Herr Präsident! Die Transeuropäischen Netze sind als Bindeglied zwischen den verschiedenen Regionen der Europäischen Union gedacht, nicht nur als Verkehrsverbindung, sondern auch als Mittel, um die Wettbewerbsfähigkeit in bestimmten Regionen zu verbessern und damit Arbeitsplätze zu schaffen.
Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Strecken zwischen einzelnen Mitgliedstaaten. Folgerichtig bedeutet dies, dass die Aufmerksamkeit Projekten gilt, die von grenzüberschreitender Bedeutung sind.
Die Verkehrssituationen in den einzelnen Mitgliedstaaten sind bei weitem nicht identisch. Wo in den südlichen Mitgliedstaaten vor allem der Straßen- und der Schienenverkehr den kontinentalen Transport übernehmen, spielt in den weiter nördlich gelegenen Ländern der Verkehr zu Wasser eine große Rolle. Vor diesem Hintergrund kommen in den TEN selbstverständlich auch diese Verkehrsträger und die Wechselbeziehung zwischen ihnen vor. Außerdem müssen vor allem diejenigen Modalitäten, die den geringsten Platz beanspruchen und die Umwelt am wenigsten belasten, in die TEN aufgenommen werden.
Das ist mein Bezugsrahmen für den Bericht des Kollegen Piecyk, der die Stellung der Häfen in den TEN zum Thema hat. Die Seehäfen sind nicht selten die Anfangs- und Endpunkte der Ladungsströme in Europa. Die Anbindung an das Hinterland kann in unterschiedlicher Weise erfolgen.
Demzufolge müssen nahezu alle Güter, die die Seehäfen passieren, ein oder mehrere Male die Transportart wechseln. Umschlag und damit Umschlagterminals sind erforderlich. Dass diese Terminals in den TEN unberücksichtigt bleiben, ist sicher keinerlei Transportform zuträglich. Den diesbezüglichen Bemerkungen des Berichterstatters kann ich mich daher voll und ganz anschließen.
Um die TEN effektiv und übersichtlich zu halten, können unmöglich alle Häfen in der EU in das Netz aufgenommen werden. Eine gewisse Mindestgröße ist daher unabdingbar. Die von dem Berichterstatter diesbezüglich formulierten Kriterien scheinen mir am besten in den vom EP gewünschten Rahmen zu passen.
Kurzum, der Berichterstatter hat Vorschläge unterbreitet, die sich der Rat hoffentlich zu Herzen nimmt.
Ripoll y Martínez de Bedoya (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident! Als erstes möchte ich den Berichterstatter zu seinem erschöpfenden Bericht beglückwünschen. Ich will hier nicht die Teile herausstellen, in denen wir übereinstimmen, sondern auf einige Themen eingehen, die mich und eine Reihe von Abgeordneten bewegen.
Zunächst muss ich sagen, dass ich – wie der Berichterstatter wohl weiß – von einer Inselgruppe im Mittelmeer komme, und wir den Eindruck haben, dass die großen Häfen, vor allem die Häfen des Nordens, gegenüber den Häfen des Südens bevorzugt werden. Die kleinen Häfen und hauptsächlich die Häfen der Randregionen und der Inseln stehen ein wenig abseits bei der Förderung des Seetransports.
In diesem Fall wäre es wünschenswert, dass zum Beispiel die bei den Flughäfen übliche Kategorisierung auch für die See- und Binnenhäfen Anwendung fände, damit wir uns nicht auf die Hafenkategorien, sondern auf die konkreten Vorhaben konzentrieren. Das eingereichte Vorhaben und dessen Ziele, die verfolgten Absichten und die Gesamtheit der bei diesem Vorhaben auszuführenden Aktionen, das wäre meiner Meinung nach der richtige Weg.
Im Fall der Balearen – ich komme von Palma de Mallorca – wäre der Hafen von Palma nach dem Vorschlag von Herrn Piecyk in seinem Bericht erfasst, aber andere Häfen derselben Inseln wären ausgeschlossen. Das würde letztendlich eine Begünstigung des Luftverkehrs bedeuten. Denn auf dem Luftweg würden Waren und Passagiere zu bestimmten Inseln und Randgebieten gebracht.
Wir versuchen derzeit, den Seetransport als Alternative zum Luftverkehr zu fördern. Das sollte man bedenken. Nach Darlegung dieser Punkte, in denen wir zwar keine völlig unterschiedliche, aber gewissermaßen doch eine abweichende Position einnehmen, bleibt mir nur, unsere Unterstützung für den Bericht und unseren Glückwunsch an den Berichterstatter zum Ausdruck zu bringen.
Ortuondo Larrea (Verts/ALE). – (ES) Herr Präsident! Auch ich möchte den Berichterstatter, Herrn Piecyk, zu seiner zügigen, ausgezeichneten Arbeit beglückwünschen, und ich möchte an dieser Stelle hervorheben, dass ich gerade einen Bericht der Vereinigung Friends of the Earth erhalten habe, die eine mir interessant erscheinende vergleichende Studie durchführen.
Vom Hafen Pasajes im Baskenland bis nach Vlissingen in Holland ist die Entfernung auf dem Seeweg, auf der Straße und mit der Eisenbahn etwa gleich. In einem bestimmten Umfang könnten Autos und Wohnwagen wunderbar mit einem kleinen Schiff von 2 000 Tonnen transportiert werden. Für den gleichen Transport würden 204 Sattelzüge bzw. 7 Eisenbahnzüge mit 102 Waggons benötigt.
Die Ergebnisse der drei Systeme bezüglich der externen Gesamtkosten im Hinblick auf Verkehrsstau, Unfälle, Lärm, Luftverschmutzung und Klimawandel weisen beträchtliche Unterschiede auf: 74 000 Euro für das Schiff, 130 000 für den Lkw und 99 000 für die Eisenbahn. Die Schlussfolgerung, die wir – meiner Meinung nach – unterstützen müssen, besteht darin, dass der Seetransport die zweckmäßigste Lösung ist und wir unsere öffentlichen Ressourcen vorrangig für diesen Transportweg einsetzen sollten. Dabei sollten wir die wichtigsten Häfen auswählen – so wie Herr Piecyk sagt, und in dieser Hinsicht pflichte ich ihm bei – und diejenigen nutzen, die für den intermodalen Verkehr ausgestattet sind, sowie vor allem die Häfen, die uns die größte Einsparung an Umweltkosten ermöglichen.
Bei den übrigen Schlussfolgerungen des Berichts teile ich die Haltung von Herrn Piecyk, was die vom Rat eingenommene, restriktivere Haltung betrifft. Einige werden sie für recht weitgehend halten, aber ich glaube, dass sie im Hinblick auf die Effektivität der europäischen Mittel, die wir für diesen Zweck einsetzen, doch restriktiver ist.
Lisi (PPE-DE).– (IT) Herr Präsident, auch ich möchte mich den Glückwünschen für den Berichterstatter anschließen, der in Anbetracht der knappen Zeit, die ihm zur Verfügung stand, eine äußerst bemerkenswerte Arbeit geleistet hat.
Nahezu alle Kolleginnen und Kollegen haben bereits darauf hingewiesen, dass die Verkehrssituation in unserer Union, vor allem in Bezug auf den Seeverkehr und die Seehäfen, in der Tat sehr unterschiedlich und vielschichtig ist: Die Situation in den südlichen Ländern ist nicht die gleiche wie in den nördlichen; Frachtumschlag und Passagieraufkommen haben nicht denselben Umfang und nicht dieselbe Bedeutung.
Wenn wir allerdings wollen – was wir ja tun, weil wir dies für absolut erforderlich halten –, dass auch die See- und die Binnenhäfen in das System der transeuropäischen Verkehrsnetze eingebunden werden und somit selbst ein System bilden, müssen wir unbedingt eine Hierarchie und eine Rangfolge festlegen.
Nun komme ich aus einem Land, das mit seinen 8 000 km langen Küsten ein großes Interesse an der Aufnahme möglichst vieler seiner Häfen in die Kategorie der „europäischen Seehäfen“ hätte; wir müssen jedoch den Mut zur Auswahl haben, die mitunter sehr schwierig sein kann, denn wenn wir keine strategischen Entscheidungen treffen und somit wirklich die Orte und Häfen ermitteln, welche die geforderten Merkmale aufweisen, laufen wir Gefahr, u. a. aufgrund der geringen Finanzausstattung – wir sollten gegebenenfalls auch darüber diskutieren, denn es stehen uns nur 400 Millionen Euro zur Verfügung –, die Maßnahmen zu vereiteln und im Sande verlaufen zu lassen. Auf jeden Fall bleibt eine Frage offen – für die ich mich einsetze, die von anderen Kolleginnen und Kollegen angesprochen wurde und die demzufolge auch im Mittelpunkt der Vermittlung stehen muss –, und zwar die Frage der Inseln und der Regionen in äußerster Randlage: anders gesagt, es geht um jene Situationen, die, auch wenn sie andere Dimensionen als die hier von uns beschriebenen aufweisen, dennoch nicht dazu führen dürfen, dass die Häfen dieser verschiedenen Orte und Gebiete benachteiligt werden.
Langenhagen (PPE-DE). – Herr Präsident! Seit Entstehung der Transeuropäischen Netze setze ich mich für die Wasserstraßen und die Schifffahrtsverbindungen ein, und deswegen wird es Sie nicht wundern, wenn ich jetzt eine etwas andere Sichtweise zum Ausdruck bringe. Was den Wettbewerb angeht, so ist der Markt entscheidend für die Entwicklung der Seehäfen. Da stimmen wir alle überein. Diese Basis sollten wir nicht antasten. Ich bitte daher dringend, auch wenn Georg neben mir sitzt, dass das Parlament seine Entscheidung vom März letzten Jahres überdenkt. Das Parlament will einen jährlichen Güterumschlag von 1,5 Mio. Tonnen, aber es ist unsinnig, das Potenzial der Häfen mit mindestens 1 Mio. Tonnen nicht zu nutzen, vor allem, wenn die strategischen Voraussetzungen im Rahmen der transeuropäischen Netze vorhanden sind. Vertrauen wir doch tatsächlich auf die Kräfte des Marktes und geben auch kleineren Häfen eine Chance!
Wir wollen den Kurzstreckenseeverkehr fördern. Dazu brauchen wir auch die kleineren Häfen. Diese können hier wertvolle Dienste leisten. Sie bilden Knotenpunkte, vielleicht kleine, aber wichtige Knotenpunkte, und da will man um eine halbe Million streiten und kleinere Häfen ausschalten? Was würde ein Mindestumschlag von 1,5 Mio. Tonnen bringen? Er würde zum Ausschluss – so sagen es meine Unterlagen – von vielleicht 30 Häfen in Europa führen und da vor allem die Gebiete in Randlage treffen oder eben strukturschwache Küstengebiete. Das kann nicht unser Interesse sein. Die Investitionen in das transeuropäische Verkehrsnetz machen nur Sinn, wenn wir echte Netze mit breiter Abdeckung schaffen, die für alle Bürgerinnen und Bürger der Union einen Vorteil bringen. Eine auf die Zukunft gerichtete maritime Strategie sollte nicht exklusiv sein, sondern inklusiv. Ich bitte den Berichterstatter und die Sprecher um ihre weise Unterstützung.
Solbes,Kommission. – (ES) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Piecyk für seine Arbeit danken. Das Thema Seehäfen, Binnenhäfen und intermodale Terminals ist sehr komplex, und ich möchte den erreichten breiten Konsens hervorheben. Wir stimmen alle darin überein, dass das transeuropäische Verkehrsnetz ein intermodales Netz sein muss. Ich glaube, wir sind uns auch darin einig, dass es die Hauptknotenpunkte umfassen muss und dass nach unserer Ansicht die gegenwärtigen Bestimmungen der Transeuropäischen Netze über Häfen nicht zufriedenstellend sind und die Stärkung der Rolle der Häfen innerhalb des Netzes auch zur Konsolidierung der transeuropäischen Netze beitragen wird.
Parlament und Kommission stimmen – denke ich – bei den meisten Diskussionsbereichen weitgehend überein. Wir sind uns darin einig, dass die Einbeziehung zu vieler Häfen in das Netz für diese transeuropäische Konzeption ungünstig wäre und deshalb die See- und Binnenhäfen mit der größten strategischen Bedeutung einbezogen werden sollten. Meines Erachtens sind wir uns in Parlament und Kommission darin einig, dass die intermodalen Terminals ein wichtiger Bestandteil des Netzes sind und eine grundlegende Rolle in dem gesamten Prozess spielen.
Heute sprechen wir nicht über wirtschaftliche Beihilfen, aber ich möchte zu diesem Punkt erwähnen, dass diese wirtschaftliche Unterstützung unserer Meinung nach korrekt eingesetzt werden muss und nicht für Suprastrukturvorhaben verwendet werden darf, die letztendlich eine negative Auswirkung auf den Wettbewerb haben können. Es gibt jedoch einige Punkte, bei denen es schwierig sein wird voranzukommen, denn selbst wenn wir zwischen Parlament und Kommission Fortschritte erreichen, darf man die grundlegende Rolle des Rates in diesem Entscheidungsprozess nicht vergessen.
Ich will einige Bemerkungen zu den wichtigsten Änderungsanträgen machen. Zum Änderungsantrag 4: Erhöhung des Mindestvolumens von 300 000 auf 500 000 Tonnen. Das ist ein Vorschlag, den die Kommission sehr gut akzeptieren kann. Der Bericht von Herrn Piecyk liefert genau die Begründung für diesen Gedanken, dass die Anzahl der als Teil der transeuropäischen Netze behandelten Einrichtungen am Ende nicht zu groß sein darf.
Für die Kommission wäre es ideal, nur die Häfen einzubeziehen, die über diese Grenzwerte hinaus über eine Kapazität von Umschlaganlagen verfügen. Wir denken, dass dies kein vom Rat akzeptierter Standpunkt ist, sind aber der Ansicht, dass die Menge an sich nicht ausreicht. Unserer Meinung nach müssen sowohl ein quantitatives als auch ein qualitatives Element eingeführt werden.
Seehäfen: Änderungsanträge 5, 9 und 10. Auch wir könnten mit der Anhebung des Grenzwerts auf anderthalb Millionen Tonnen bzw. 200 000 Passagiere sowie mit der Beseitigung der vom Rat vorgenommenen Kategorisierung einverstanden sein. Dies ist ein Punkt, der zweifellos Gegenstand einer späteren Debatte im Rat sein wird.
Die Änderungsanträge 6 und 7 führen die Karte der intermodalen Terminals erneut ein und sind für die Kommission annehmbar, obwohl für uns das wichtigste Problem darin besteht zu unterstreichen, dass die intermodalen Terminals Bestandteil des Netzes sind, und für uns nicht die Frage relevant ist, ob sie in einer Karte dargestellt werden oder nicht. Dies ist – nach unserer Meinung – ein Problem von untergeordneter Bedeutung. Wichtig ist, dass sie ohne jeden Zweifel Bestandteil des Netzes sind. Wir denken, dass die Lösung dazwischen liegen könnte: keine Karte der intermodalen Terminals und dafür eine präzisere, wenn Sie so wollen, überzeugendere Formulierung der Leitlinien, indem hervorgehoben wird, dass die intermodalen Terminals Bestandteil des Netzes sind, anstatt eine Debatte über die Karte zu beginnen, was alles erschweren würde.
Das Problem der Suprastrukturen, die in den Änderungsanträgen 8 und 10 aus der Gemeinschaftsfinanzierung herausfallen. Die Kommission kann auch diese Änderungsanträge unterstützen, aber wir denken, dass diese Debatte einige Schwierigkeiten aufwirft. Wir unterstützen das Ziel der Änderungsanträge, aber wir können nicht ihre Formulierung gutheißen. Einerseits, weil wir es für unangebracht halten, in diesen Leitlinien über Finanzierung zu sprechen, und zweitens, weil wir diesen Hinweis nicht für erforderlich erachten. Tatsache ist, dass die Arten von Vorhaben, auf die das Parlament Bezug nimmt, wenn es von Suprastrukturen spricht, nicht in den Vorhaben von gemeinsamem Interesse enthalten sind und somit keine Finanzierung erhalten. Folglich erübrigt sich eine Debatte gewissermaßen.
Eine Bemerkung zu Änderungsantrag 15. Änderungsantrag 15 ist als Ziel für die Kommission annehmbar. Wir halten den Gedanken für richtig, meinen aber, dass wir auch hier die Formulierung sorgsam überdenken sollten, um Probleme zu vermeiden.
Was schließlich die Gemeinschaftsausgaben und die öffentlichen Beihilfen sowie die Frage der Zuständigkeiten betrifft, so halten wir sie auch für wichtig und betrachten es als zweckmäßig, darüber in der Zukunft zu diskutieren. Unserer Meinung nach sollte an einer Lösung für dieses Problem und für die übrigen Probleme unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten gearbeitet werden, denn wir glauben, dass die Einigung auf der Grundlage der vom Parlament geleisteten ausgezeichneten Arbeit möglich ist.
Der Präsident. –Vielen Dank, Herr Kommissar.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.30 Uhr statt.
9. Innerstaatlicher und grenzüberschreitender Verkehr
Der Präsident. –Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A5-0231/2000) von Herrn Hatzidakis im Namen des Ausschusses für Regionalpolitik, Verkehr und Fremdenverkehr über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 96/53/EG des Rates zur Festlegung der höchstzulässigen Abmessungen für bestimmte Straßenfahrzeuge im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr in der Gemeinschaft sowie zur Festlegung der höchstzulässigen Gewichte im grenzüberschreitenden Verkehr (KOM(2000) 137 – C5-0164/2000 – 2000/0060(COD)).
Hatzidakis (PPE-DE),Berichterstatter. – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, es handelt sich um ein außerordentlich technisches Thema, allerdings mit Aspekten, die das tagtägliche Leben des europäischen Bürgers und den Binnenmarkt als solchen berühren.
Derzeit unterscheiden sich die gesetzlich zulässigen Grenzwerte für die Höchstlänge von Fahrzeugen zur Personenbeförderung unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union beträchtlich. In 7 Ländern beträgt die Höchstlänge 12 m, in einem Land ist sie mit 13,7 m festgelegt, in zwei weiteren Ländern beträgt sie 14,5 m und in 5 Ländern 15 m. Dieser gesetzlich zulässige Grenzwert wurde auf europäischer Ebene nicht ausdrücklich harmonisiert, da er nicht in die Richtlinie 96/53/EG aufgenommen worden war. Bis dato ist lediglich der freie Verkehr von Bussen bis zu 12 m Länge im gesamten EU-Raum möglich. Auf Antrag des Ministerrats arbeitete die Kommission an einem Vorschlag, durch den Fahrzeuge zur Personenbeförderung in die Richtlinie 96/53/EG aufgenommen werden sollten, um nicht nur die Länge starrer Busse zu harmonisieren, sondern auch eine klarere Situation im Hinblick auf abnehmbare Vorrichtungen an Bussen und Anhängern zu schaffen. Das Ergebnis dieser Arbeiten ist der vorliegende Vorschlag. Wir müssen bedenken, dass auch in den Ländern, in denen Busse mit einer Länge von 15 m erlaubt sind, diese in der Praxis an der Grenze zurückgewiesen oder zum Umkehren gezwungen werden. In diesem Sinne lässt sich argumentieren, dass der vorliegende Vorschlag versucht, das Problem durch die Festlegung von Binnenmarktregeln für die gesamte Europäische Union zu lösen.
Es gibt klar erkennbare kommerzielle Gründe für den Bau von Bussen mit größerer Länge. In einem Bus mit einer Länge von 15 m haben in etwa 67 Passagiere Platz, das sind 16 mehr als in einem Bus mit einer Länge von 12 m. Einige Busbetreiber tendieren daher offensichtlich aus Wettbewerbsüberlegungen zum Einsatz längerer Busse. In den Fällen, in denen ein vollbesetzter Bus im Verkehr eingesetzt werden kann, sprechen nicht zuletzt auch ökologische Überlegungen für längere Busse. Schließlich schafft dieser Vorschlag eine klarere Situation, was die abnehmbaren Vorrichtungen an Bussen, zumeist Skiboxen, betrifft, die in der zulässigen Höchstlänge berücksichtigt werden müssen.
Ich persönlich stimme dem Vorschlag zu, für Busse mit einer Länge von mehr als 12 Metern drei Achsen zwingend vorzuschreiben, da die höchstzulässige Achslast mit hoher Wahrscheinlichkeit überschritten wird. Die drei Achsen gewährleisten bessere Einsatzbedingungen und eine geringere Belastung der Straßen. Die weiteren vorgeschlagenen Maßnahmen, wonach für Fahrzeugkombinationen, die aus einem Bus plus Anhänger bestehen, und Fahrzeugkombinationen aus Lastkraftwagen plus Anhänger die gleiche Höchstlänge gilt, sind ebenfalls zufriedenstellend. Die Länge dieser Fahrzeugkombinationen beträgt insgesamt höchstens 18,75 m. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass ab 1. 1. 2000 die höchstzulässige Gesamtbreite von Bussen von 2,50 m auf 2,55 m angehoben wurde. Die Anpassung der höchstzulässigen Gesamtlänge von starren Bussen wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass eine ähnliche Änderung der Rechtsvorschriften für starre Lastkraftwagen zur Güterbeförderung gefordert wird, obzwar sich die Nachfrage nach diesen Fahrzeugen in Grenzen halten dürfte.
Die wichtigsten Kriterien zur Gewährleistung der Manövrierfähigkeit von Bussen sind der Wendekreis und der Überhang (outswing). Diese Kriterien werden in der Richtlinie 92/27/EG über die Massen und Abmessungen bestimmter Klassen von Kraftfahrzeugen und Kraftzeuganhängern festgelegt. Diese Richtlinie sieht zwar Ausnahmeregelungen durch die Mitgliedstaaten vor, doch ist es wichtig, sich auf europäischer Ebene an diese Kriterien zu halten, die auch – wie dies in dieser Richtlinie vorgeschlagen wird – für die längeren starren Busse gelten sollten. Der Grund besteht darin, dass sowohl Stadtbusse als auch Reisebusse oftmals während der Stoßzeiten im Stadtzentrum in schmalen Gassen manövrieren müssen, in denen auch viele andere Fahrzeuge, Motorräder, Radfahrer und Fußgänger am Verkehrsgeschehen beteiligt sind. Wenn der Verkehr von Bussen mit einer Länge von 15 m an manchen Stellen problematisch ist (historische Zentren, enge Gassen usw.), sollten die lokalen oder nationalen Behörden die Beschränkungen angeben, die beachtet werden müssen. Ich halte dies für eine vernünftige Regelung.
Ich möchte auf die drei Änderungsanträge eingehen, die in unserem Ausschuss angenommen wurden. Der erste Änderungsantrag sieht einen Übergangszeitraum vor, innerhalb dessen für den innerstaatlichen Verkehr der Einsatz von Bussen, die derzeit zugelassen sind, aber nicht den neuen Anforderungen der Richtlinie entsprechen, erlaubt ist. Diesen auf die Zeit bis zum 31. Dezember 2009 zu begrenzen, erscheint zu kurz bemessen, da hierdurch die Einsatzdauer der bisher zugelassenen Busse über 12 m erheblich eingeschränkt würde. Unangemessene wirtschaftliche Benachteiligungen für Unternehmen, die in gutem Glauben Fahrzeuge vor der Inkraftsetzung dieser Richtlinie zugelassen bzw. in Betrieb genommen haben, wären die Folge.
Mit dem zweiten Änderungsantrag sollte klar zum Ausdruck kommen, dass es sich um starre und nicht um Gelenkbusse handelt. Mit der Erhöhung der maximalen Länge für Busse mit zwei Achsen soll die Möglichkeit der Verwendung von abnehmbaren Einrichtungen wie Skiboxen an 12-Meter-Bussen eingeräumt werden. Darüber hinaus führt diese Erhöhung zu einer Herausforderung für Bushersteller, über Alternativen in der Materialverwendung und Variationen der Busausstattung zu Gewichtsreduzierungen zu kommen, so dass Busse mit über 12 m, aber weit unter 15 m Länge auch als zweiachsige Kraftfahrzeuge hergestellt und zugelassen werden können.
Und schließlich der dritte Änderungsantrag, der abnehmbare Vorrichtungen wie Skiboxen und die Manövrierfähigkeit von Bussen betrifft. Er stellt andere Kriterien als die Richtlinie aufgrund der Überlegung auf, dass bei Anwendung des von der Arbeitsgruppe Transport vorgelegten Vorschlags zur Änderung der Richtlinie 96/53/EG hinsichtlich der Messmethode und der Grenzwerte zum Ausschwenkmaß die maximale Länge der Busse auf 14,6 m begrenzt würde. Dies steht im Widerspruch zu der im Artikel 1 der Richtlinie festgelegten Länge von Bussen mit mindestens drei Achsen. Die Busse wären damit 40 cm kürzer.
Was nun die eingereichten Änderungsanträge angeht, so kann ich dem Änderungsantrag 4 der Liberalen nicht zustimmen, da er – wie ich bereits im Ausschuss gesagt habe – nicht dem Geist der Richtlinie entspricht. Zum Änderungsantrag 6 der Sozialdemokraten kann ich schon jetzt meine Zustimmung geben. Bei den beiden anderen Änderungsanträgen der Sozialdemokraten, den Anträgen 5 und 7, die Übergangsbestimmungen von bis zu zwei Jahren fordern, scheint mir der Zeitraum übertrieben lang. Ich möchte die Sozialdemokraten und die Kommission um Klarstellung bitten, bevor ich mich festlege, aber die zwei Jahre scheinen mir als Übergangszeitraum sehr lang bemessen. Ich könnte vielleicht über einen kürzeren Zeitraum diskutieren, sofern natürlich auch die Kommission damit einverstanden wäre.
Koch (PPE-DE). – Herr Präsident! Verehrter Herr Kommissar! Gestatten Sie mir, mit einem Dank an die Branche der Bushersteller, Unternehmer und Fahrer zu beginnen. In puncto Verkehrssicherheit und Umweltfreundlichkeit sind sie Spitze. Die Europäische Kommission hat bereits vor zweieinhalb Jahren einen Bericht über die Benutzung von 15 Meter langen Stadt- und Reisebussen veröffentlicht und darin nicht nur Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Transportunternehmen verschiedener EU-Mitgliedstaaten nachgewiesen, sondern dankenswerterweise auch Ausblicke für mehr Sicherheit und höheren Komfort gegeben. Heute endlich reden wir über eine entsprechende, von mir seitdem fast monatlich angemahnte Richtlinie.
Gerade angesichts der gegenwärtigen Verschärfung von Wettbewerbsverzerrungen durch die einseitigen Entscheidungen mancher Mitgliedsländer auf dem Energiepreissektor, wodurch Europa an Glaubwürdigkeit bei vielen Bürgern verloren hat, sind positive Zeichen dringend nötig. Lassen Sie uns heute welche setzen; erstens durch die Harmonisierung der zulässigen Höchstlängen von starren Bussen und starren Bus-Anhängerkombinationen, zweitens: die Klärung der Situation abkoppelbarer Einrichtungen wie Gepäckanhänger und Skiboxen, und drittens: die Anpassung der Prüfvorschriften für den Kurvenlauf an den wissenschaftlich-technischen Fortschritt und damit an die seit 1996 praxiserprobte aktuelle Fassung der ECE-Regelung.
Außerdem ist es ganz im Sinne der Subsidiarität, dass den Mitgliedstaaten ein langer Übergangszeitraum – nämlich bis 2015 – eingeräumt wird, innerhalb dessen sie für die innerstaatlichen Verkehre Busse zum Einsatz kommen lassen können, die derzeit zwar zugelassen sind, jedoch den neuen Anforderungen dieser Richtlinie noch nicht entsprechen. Und natürlich bleibt es den lokalen und regionalen Behörden unbenommen, den Verkehr mit 15 Meter langen Bussen an verkehrstechnisch problematischen Stellen wie engen Gassen in historischen Stadtzentren untersagen zu können. Darüber hinausgehende nationale Marktschutzzäune brauchen wir allerdings nicht.
Ich danke dem Berichterstatter und beglückwünsche ihn, und ich bitte um Zustimmung zu den Änderungsanträgen 1, 2, 3 und 6.
Honeyball (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich begrüße diesen Vorschlag sehr, weil er die ehemalige Richtlinie vervollständigt; er hilft, unlauteren Wettbewerb zu vermeiden und berücksichtigt Sicherheitsaspekte. Wir sind jedoch besorgt, weil wir es vorziehen würden, bei umweltfreundlicheren Beförderungsmitteln wie der Eisenbahn Fortschritte zu erzielen, statt die Straßenkapazität weiter zu erhöhen.
Was die Änderungsanträge anbetrifft, so unterstützen wir den Übergangszeitraum für derzeit zugelassene Busse, also Änderungsantrag 1, auch für die Industrie, damit die Hersteller sich auf die neuen Bedingungen einstellen können. Ich möchte Herrn Hatzidakis darauf aufmerksam machen, dass 24 Monate für die Industrie weniger sind, als in der ursprünglichen Richtlinie von 1996, die einen Übergangszeitraum von vier Jahren vorsah. Dieses Mal ist die Industrie mit zwei Jahren zufrieden. Die Übergangszeit muss nicht in Anspruch genommen werden, nur bei Bedarf.
Weiterhin unterstützen wir den Vorschlag, Busse von mehr als 12, jedoch weniger als 15 Meter Länge mit zwei Achsen weiterhin in einigen Mitgliedstaaten im öffentlichen Verkehr einzusetzen, weil dies unserer Meinung nach keine Gefährdung der Sicherheit darstellt.
Schließlich unterstützen wir nachdrücklich die Position der Kommission zu Artikel 1 Absatz 3b, der Anhang 1.1, 1.4 und 1.5 der Richtlinie von 1996 entspricht. Wir glauben, dass dies die beste Sicherheitsgarantie ist. Die PSE unterstützt Änderungsantrag 3 nicht, da das vorgeschlagene neue Prüfverfahren die Manövrierfähigkeit nicht sicherstellt und akzeptablen Sicherheitsanforderungen deshalb nicht in vollem Maße entspricht.
Sanders-Ten Holte (ELDR). – (NL) Herr Präsident, verehrter Herr Kommissar! Die vorliegende Richtlinie bezweckt, dass Reisebusse künftig ungehindert durch die verschiedenen Länder der Europäischen Union fahren können. Das ist zu begrüßen und wird auch von meiner Fraktion unterstützt. Die Fraktion der ELDR befürwortet das Prinzip, dass jetzt in allen Mitgliedstaaten auch längere Busse fahren dürfen, mit einer Höchstlänge von 15 m, die auch im Hinblick auf Sicherheit und Gewicht gleiche Normen erfüllen müssen. Für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr ist es erforderlich, dass auch im Verkehrssektor diese Dinge harmonisiert werden und dass die Wirtschaft auf ein level playing field zählen kann. Die von dieser Richtlinie nunmehr gebotene Möglichkeit, auch längere Busse auf internationalen Strecken einzusetzen, ist nach unserem Dafürhalten effizient. Das bringt auch Gewinne. Die große Kapazität macht den Verkehr im operationellen Bereich effizienter, und das bedeutet Gewinn sowohl für den Unternehmer als auch für den Kunden. Der längere Bus ermöglicht auch eine bessere Nutzung der Straßen, und das bedeutet einen Gewinn für die Umwelt.
Meine Fraktion hat jedoch auch Bedenken gegen den Vorschlag, vor allem gegen Artikel 1 Absatz 3a. Es kann auch überreguliert werden, und das trifft unserer Meinung nach auf die Vorschrift zu, dass alle Busse mit einer Länge von mehr als 12 m drei Achsen haben müssen, unabhängig davon, wie die Busse eingesetzt werden. Das halten wir für einen Verstoß gegen die Freiheit des Herstellers. Dieser muss in Absprache mit dem Kunden bestimmen können, wie viel Achsen nötig sind, um die Sicherheitsnormen zu erfüllen und dem zulässigen Höchstgewicht zu entsprechen, denn bei weitem nicht alle Busse und Reisebusse werden gleich schwer belastet, man denke beispielsweise an VIP-Reisebusse. Das bedeutet in der Praxis, dass die Betriebskosten durch den Einbau einer dritten Achse, die streng genommen nicht erforderlich ist, nicht unnötig negativ beeinflusst werden dürfen.
Viele haben diesen Überlegungen in der Ausschusssitzung zugestimmt, und daher habe ich den diesbezüglichen Änderungsantrag im Namen meiner Fraktion erneut eingereicht.
Der Berichterstatter hat die Richtlinie noch verschärft und mehr auf die Praxis ausgerichtet. Dazu beglückwünsche ich ihn.
Bouwman (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident, verehrter Herr Kommissar! Wir sprechen hier über Busse und darüber, dass in einigen Ländern Europas verschiedene Praktiken üblich waren, die von einer zulässigen Höchstlänge von 12 m bis zu einer Länge von sogar 15 m reichten. Es ist ohnehin sinnvoll, das soweit wie möglich zu harmonisieren.
Es wurden soeben ein paar vernünftige Dinge über Auswirkungen gesagt, die eine solche Harmonisierung beispielsweise hinsichtlich Effizienz, Sicherheit und Umwelt haben kann. Da liegt aber zugleich auch der Hund begraben. Es geht natürlich um manche Verkehrsmodalitäten, in diesem Fall den Straßenverkehr, die ebenfalls Umweltnormen unterliegen. Ich denke an die Euronormen, die für Lastkraftwagen gelten werden und durch die sich die Verhältnisse in den Umweltauswirkungen beispielsweise gegenüber der Schiene ändern können. Aber das ist bei weitem nicht immer der Fall.
Eine kurze Bemerkung noch zu einem Bus, einem größeren Bus, und der Umwelt. Auf der einen Seite kann, wie Frau Sanders-Ten Holte sagte, die Situation eintreten, dass Verkehr billiger und effizienter wird, wodurch kleine Gewerbetreibende auf diesem Gebiet möglicherweise mehr verdienen, Gewinn machen usw. Auf der anderen Seite gehen die Preise nach unten, und das führt zweifellos dazu, und das ist in diesem Moment eindeutig festzustellen, dass in großem Umfang auf den außerordentlich billigen Transport per Bus zurückgegriffen wird. Mit anderen Worten, die Verlängerung eines Busses aus ökologischen und anderen Überlegungen kann ich zwar billigen, aber es gibt einige Nebenwirkungen, die mit dieser Richtlinie einfach nicht geregelt werden und die auch hier nicht geregelt werden können, auf die wir aber doch aufmerksam machen wollen.
Der Industrie einen gewisse Zeit zu lassen, Anpassungen vorzunehmen, scheint mir berechtigt zu sein. Drei Achsen, wie Frau Sanders-Ten Holte sagte, sind nicht immer erforderlich, aber man kann doch besser eine gute Richtlinie erlassen.
Vatanen (PPE-DE). – (FI) Herr Präsident, Herr Solbes! Zunächst möchte ich Herrn Hatzidakis für die aktive Arbeit an seinem Bericht Anerkennung zollen. Die Frage der europäischen Abmessungen für Busse hört sich trivial an, aber so ist es keineswegs. Unser Ziel, einen dynamischen Binnenmarkt zu entwickeln, können wir nur umsetzen, wenn alle Akteure die gleichen Regeln einhalten. Der Wettbewerb als Motor für eine wirkliche Entwicklung entsteht dann, wenn die Transportunternehmen ihre Dienste grenzüberschreitend anbieten können. Griechische Fuhrunternehmen gibt es bei uns in Finnland bisher nicht. Aber die Schotten haben bereits Fuß gefasst. Geiz lohnt.
Damit sich ein positiver Wettbewerb weiter ausbreiten kann, müssen wir die Normen von Bussen harmonisieren. Gleiche Abmessungen bedeuten auch für den Hersteller eine Kosteneinsparung, was sich im Preis für die Fahrkarte und im Portemonnaie des EU-Bürgers widerspiegelt. Die derzeitig geltende Richtlinie ist mangelhaft, weil sie zu einer großen Mannigfaltigkeit von Bussen in den verschiedenen Mitgliedstaaten führt, was die Schaffung von Sicherheitsstandards erschwert. Die tragischen Nachrichten der letzten Tage, die uns aus Griechenland erreicht haben, erfordern, dass wir uns unbedingt mit der Schaffung und Einhaltung von Sicherheitsvorschriften befassen müssen.
Die Kommission hat Recht, wenn sie die Zulassung von Bussen mit einer Länge von 15 m vorschlägt. Je mehr Leute in einem Bus sitzen, umso billiger wird das Reisen, ganz zu schweigen von der Stimmung, die bei zunehmender Anzahl von Reisenden immer weiter steigt. Auch aus Umweltgründen ist der Einsatz von langen Bussen zu befürworten. Die Begünstigung von öffentlichem Personennahverkehr verringert Staus in Ballungsgebieten. Die Insassen von mehreren nicht voll besetzten Autos finden bequem in einem Bus mit 60 Sitzen Platz.
Herr Hatzidakis hat Recht, wenn er sagt, dass es angemessen wäre, hinsichtlich der Busse im innerstaatlichen Verkehr die Frist bereits im Jahr 2009 auslaufen zu lassen. Damit machen wir uns in der EU keine Freunde, wenn Busse, die noch in einem guten Zustand sind, vor ihrer Zeit verschrottet werden. Gleichzeitig zerstören wir damit auch leicht den Glauben des Unternehmers und des einfachen Bürgers an die Vernunft der EU-Entscheidungsträger.
Solbes,Kommission. – (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Hatzidakis für die ausgezeichnete Arbeit danken, die er im Zusammenhang mit diesem technisch sehr komplizierten Vorschlag geleistet hat. Die Kommission nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass der Bericht auf die Notwendigkeit verweist, ein Gleichgewicht zwischen den kommerziellen und den mit dem Wettbewerb verknüpften Aspekten zu finden, aber gleichzeitig einerseits den technischen Fortschritt und andererseits die Sicherheit zu gewährleisten. Diese Ziele sind natürlich auch die unsrigen.
Das Ziel des Textes ist eindeutig, dazu wurde hier bereits gesprochen: Es geht um die Schaffung einer einheitlichen Norm in Bezug auf die Abmessungen von starren Bussen in den Verkehrsunternehmen. Die gegenwärtigen Gesetzgebungen sind sehr unterschiedlich, weichen sehr voneinander ab, und die Notwendigkeit dieser Harmonisierung dürfte auf der Hand liegen.
Um richtig zu verstehen, was ich anschließend über die Reaktion der Kommission zu den einzelnen Änderungsanträgen anmerken werde, muss man wissen, dass der Vorschlag aus unserer Sicht das Ziel hat, eine maximale Länge von 15 m in der gesamten Europäischen Union zu genehmigen, sofern zwei Voraussetzungen erfüllt sind: erstens, dass Busse zwischen 12 und 15 m Länge drei Achsen haben – ein wichtiges Thema, auf das ich noch zu sprechen komme und das zur Diskussion Anlass gab –, und zweitens, dass die Busse manövrierfähig sein müssen, das heißt, ihre Manövrierfähigkeit muss mit der Gemeinschaftsgesetzgebung in Einklang stehen.
Kommen wir zur ersten Voraussetzung: den drei Achsen. Das Problem der drei Achsen ist nach der These der Kommission von grundlegender Bedeutung, um angesichts der Größe dieser Busse zu gewährleisten, dass die Masse gleichmäßig verteilt wird und keine Probleme für die Straßeninfrastruktur auftreten. Das ist der Hauptpunkt. Wir können verstehen, dass eine Debatte darüber geführt wird, ob alle Busse gleich sind oder nicht, aber eine weitschweifige Festlegung spezifischer Lösungen wäre nach unserer Meinung letztendlich eine schlechtere Formel. Wir denken, dass die drei Achsen für die Busse über 12 m Länge die einfachste Formel sind, mit der die Probleme am besten gelöst werden. Aus diesem Grund betrachtet die Kommission die Änderungsanträge 2 und 4, die auf eine Abschwächung der Voraussetzung gerichtet sind, indem die obligatorische dritte Achse nur für Busse zwischen 13,5 und 15 m vorzusehen sei, als nicht akzeptabel. Wir denken, dass dies – wie gesagt – negative Auswirkungen auf die Infrastrukturen hätte.
Die zweite Voraussetzung unseres Vorschlags besteht darin, dass ein bestimmter Nachweis der Manövrierfähigkeit erbracht wird. Was für ein Manövrierfähigkeitsnachweis? Nun, es geht um dieselben Bedingungen, die gegenwärtig in der Richtlinie 97/27 enthalten sind, die diesen Nachweis auch mit den Herstellungsnormen verknüpft. Unserer Meinung nach ist dies der entscheidende Punkt und auch der Grund dafür, dass es für die Kommission insofern nicht möglich ist, den Änderungsantrag 3 zu akzeptieren, als mit ihm beabsichtigt ist, andere, weniger strenge Normen der Manövrierfähigkeit als die gegenwärtig gültigen festzulegen. Natürlich wären sie leichter einzuhalten, würden aber Sicherheitsrisiken für diesen Fahrzeugtyp mit sich bringen.
Die Änderungsanträge 5 und 7 sind für die Kommission ebenfalls nicht annehmbar. In beiden Fällen wird beabsichtigt, das Inkrafttreten der Richtlinie hinauszuschieben. Da wir den Aufbau des Binnenmarkts beschleunigen wollen, bringt dies natürlich praktische Probleme mit sich: Jede Beschleunigung des Prozesses ist positiv, aber Verzüge würden beträchtliche Schwierigkeiten aufwerfen. Und einige Schwierigkeiten bereitet uns auch die Akzeptierung des Änderungsantrags 6, da nach unserer Meinung keine ausreichende technische Begründung dafür vorliegt. Dagegen scheint uns vernünftig, dass für die gegenwärtig zugelassenen Busse mit einer Länge von 15 m, die nicht die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen, nämlich drei Achsen und Manövrierfähigkeit, ein Übergangszeitraum vorgesehen wird und dass dieser Übergangszeitraum länger ist als ursprünglich geplant. Seinerzeit war ein Zeitraum bis zum Jahre 2009 vorgeschlagen worden. Die Kommission ist der Ansicht, dass diese Ausnahmegenehmigung möglicherweise zu restriktiv ist, und wir könnten akzeptieren, dass die Richtlinie den Einsatz dieser Busse bis zum Jahre 2015 zulässt.