Der Präsident.–Nach der Tagesordnung folgt die Vorlage des Vorentwurfs des Gesamthaushaltsplans durch die Kommission – Haushaltsjahr 2003.
Schreyer,Kommission. – Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete! Die Kommission hat am 30. April den Vorentwurf des Haushaltsplans für 2003 beschlossen. Ich freue mich, dass ich Ihnen heute diesen Vorentwurf des Haushaltsplans 2003 in seinen groben Zügen präsentieren kann.
Lassen Sie mich zunächst die allgemeinen Eckzahlen des Haushalts 2003 darlegen. Wir hatten gestern Abend im Haushaltsausschuss auch schon Gelegenheit, kurz darüber zu sprechen.
Der Haushaltsvorentwurf der Kommission hat ein Volumen von 98,2 Mrd. Euro. Das ist im Vergleich zum laufenden Haushalt eine Steigerung von 2,7 %. Diese Steigerungsrate ist verglichen mit den prognostizierten Steigerungsraten für die öffentlichen Haushalte der Mitgliedstaaten geringer als die durchschnittliche Steigerungsrate der Mitgliedstaaten. Vor allen Dingen möchte ich auch betonen, der Haushaltsvorentwurf bleibt damit 4,7 Mrd. Euro unter dem Betrag, der in der Finanzplanung Agenda 2000 als Maximum beschlossen wurde. Ich glaube, es ist auch eine gute Nachricht, wenn man einen Haushaltsvorentwurf trotz der vielen neuen Anforderungen, die da sind, so aufstellen kann, dass noch eine große Marge für den Fall bleibt, dass Unvorhergesehenes auftritt, und dies dann auch innerhalb der Finanzplanung aufgefangen werden kann.
In Prozent des Bruttonationaleinkommens macht der Haushalt 1,03 % aus, das heißt, die europäische Staatsquote liegt für das nächste Jahr bei 1,03 %. Das ist eine sehr geringe Staatsquote. Sie ist geringer als in den Vorjahren. Ich betone dies deshalb, weil es zeigt, dass Haushaltsdisziplin auch auf europäischer Ebene sehr ernst genommen wird. Ich betone es auch deshalb, weil in der öffentlichen Diskussion oft gesagt wird, ja, dann haben wir diese und jene Entwicklungen, die werden den Haushalt sprengen. Nein, das ist nicht der Fall, sondern wir haben wieder einen Haushaltsvorentwurf unterhalb der Grenzen, die als Obergrenzen in der Finanzplanung festgelegt wurden.
Vor allen Dingen sollten wir auch deutlich machen, was mit dieser Staatsquote von knapp über einem Prozent der wirtschaftlichen Leistung der EU innerhalb des europäischen Haushalts finanziert wird, in welche Politikbereiche dieses Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler fließt.
Zunächst zur Landwirtschaft. Dies ist weiterhin der bedeutendste Bereich. Rechnet man alle Ausgaben für die Agrarpolitik zusammen, sind es insgesamt 48,7 Mrd. Euro, die für diesen Bereich vorgesehen sind.
Diese Zahl schließt beispielsweise auch die Beihilfen für die Kandidatenstaaten, d. h. für die Landwirte in den Kandidatenstaaten ein, sie schließt auch das Personal in der zuständigen Generaldirektion ein. Mit anderen Worten: Wenn wir das wiederum in Prozent des Bruttovolkseinkommens der EU umrechnen, sind es knapp 0,5 % des Bruttovolkseinkommens der EU, die über den europäischen Haushalt für Agrarausgaben verwendet werden sollen.
Diese Darstellung, die ich eben für den Agrarbereich vorgenommen habe, entspricht dem neuen Ansatz der Gliederung des Haushalts nach Politikbereichen. In der Vergangenheit war es sehr oft der Fall, dass die Bürgerinnen und Bürger den Haushaltsplan schlecht lesen konnten – wenn überhaupt ein Zugang da war –, weil hier nur die Haushaltslinien aufgeführt waren, die Rechtsgrundlagen, sozusagen der politische Inhalt, was mit dem Geld erreicht werden soll, aber nicht. Dies ist nun mit der neuen Gliederung des Haushalts geschehen, und es ist mit einem Blick erkennbar, wie viel für welche Politikbereiche aufgewendet werden soll.
Um noch ein paar Zahlen zu nennen – bevor ich auf andere Inhalte komme: Für Regionalpolitik sind 21,8 Mrd. Euro vorgesehen, für Fischereipolitik 940 Mio. Euro, für die Außenbeziehungen 3,2 Mrd. Euro, für die Entwicklungspolitik 1,1 Mrd. Euro, für Beschäftigung und Soziales 9,8 Mrd. Euro und zur Förderung alleine der Informationsgesellschaft 1 Mrd. Euro. Eine solche Gliederung ist in der Tat sehr viel aussagefähiger als die alleinige Gliederung nach den Kategorien der Finanzplanung. Trotzdem will ich jetzt auf diese Kategorien noch eingehen.
Ich nannte bereits den Agrarbereich. Im Agrarbereich besteht nach dem Vorschlag der Kommission eine Marge von 2,3 Mrd. Euro, das heißt, der Vorentwurf der Kommission bleibt 2,3 Mrd. Euro unterhalb des Maximums, das in der Finanzplanung für den Agrarbereich vorgesehen war. Dieses positive Ergebnis ist das Zusammenspiel mehrerer Faktoren: zum einen die Prognose relativ günstiger Marktentwicklungen im Agrarbereich, dann die Situation relativ niedriger Lagerbestände und eine zugrunde liegende Euro-Dollar-Parität von 1 Euro = 0,88 Dollar. Ich muss hier noch einmal darauf hinweisen, dass das keine Prognose der Kommission für die zukünftige Entwicklung der Euro-Dollar-Parität ist, sondern dass die Vorschrift besteht, dass wir bei der Aufstellung des Haushaltsvorentwurfs den Durchschnitt der vergangenen Monate zugrunde legen müssen. Aber ich weise darauf hin, dass, wenn sich die Euro-Dollar-Parität verändert, also mit anderen Worten der Euro steigt, auch die Ausgaben im Agrarbereich steigen werden. Das ist aber kein Risiko für den Haushalt, weil diese große Marge, die verbleibt, dies dann abfangen kann.
Wir werden im Juni im Agrarbereich in der Kommission die so genannte Mid-Term-Review vorlegen. Mein Kollege Fischler wird dann eine Übersicht, wie die Entwicklung der Agrarausgaben auch für die Zukunft einzuschätzen ist, und Vorschläge für Reformen vorlegen. Das wird jedoch das Haushaltsjahr 2003 nicht unmittelbar betreffen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass wir in der Agrarpolitik unterschiedliche Steigerungssätze haben. Zum einen soll für den Bereich der ländlichen Entwicklung wie auch in den letzten Jahren nach dem Vorschlag der Kommission die gesamte in der Finanzplanung vorgesehene Summe verwendet werden, und dieses Instrument wird ja auch in Zukunft eine sehr große Rolle spielen und sicherlich innerhalb der Mid-Term-Review der Agrarreform besondere Aufmerksamkeit finden, weil es notwendig ist, mit Förderungsmaßnahmen im ländlichen Raum auch alternative Erwerbsmöglichkeiten zu fördern. Vor allen Dingen beinhaltet diese Kategorie ja auch agrarpolitische Umweltmaßnahmen und ist von daher für eine nachhaltige Agrarentwicklung von hoher Bedeutung.
Innerhalb der Marktmaßnahmen und der direkten Beihilfen für die Agrarpolitik möchte ich darauf hinweisen, dass 2003 das erste Jahr sein wird, in dem die neue Agrarmarktordnung für Ziegen und Schafe gilt. Dadurch haben wir hier in diesem Bereich eine leichte Erhöhung, weil die Beschlusslage ja die ist, dass dann für Schafe beispielsweise pro Tier eine Prämie von 21 Euro pro Jahr gezahlt wird. Dies ist eine Steigerung im Vergleich zu vorher.
Die Verpflichtungsermächtigungen für die Strukturmaßnahmen – nun komme ich zur Strukturpolitik – entsprechen der geltenden Finanzplanung. Allerdings wird hier der Deckel der Haushaltsplanung geringfügig überschritten, da die Kommission, wie es der Beschlusslage des Parlaments und des Europäischen Rates entspricht, hier vorgesehen hat, die zweite Tranche von 27 Mio. Euro für die Sondermaßnahmen zur Umstellung der Fischereiflotte in Spanien und Portugal vorzulegen. Dies soll nach dem Vorschlag der Kommission aus der Flexibilitätsreserve finanziert werden, und ich denke, dass dies auch dem Einverständnis entspricht, das in der Beschlussfassung des letzten Jahres enthalten war.
Bei den Zahlungsermächtigungen für die Strukturpolitik insgesamt war die Bedarfsschätzung in den vergangenen zwei Jahren wegen der Anlaufphase der Programme sehr schwierig. Wir hatten hier in den Jahren 2000 und 2001 eine Unterimplementierung. Teilweise konnten die Mittel reprogrammiert werden. Durch diese Verzögerung bei der Implementierung haben wir hier nun natürlich einen starken Anstieg der zu erwartenden Zahlungsverpflichtungen, und entsprechend sieht die Kommission in ihrem Haushaltsvorentwurf eine Steigerung der Zahlungsverpflichtungen für die Strukturpolitik von 4,4 % vor. Insbesondere ist hiervon auch ein großer Teil für die Abschlusszahlung für die alten Programme bestimmt, die in den Jahren 1994-99 von den Mitgliedstaaten ausgeführt wurden. Hier hat es in allen Mitgliedstaaten Verzögerungen gegeben und dadurch auch Verzögerungen bei den Abschlusszahlungen. Wir hoffen aber, dass dann im Jahr 2003 alle Abschlusszahlungen erledigt werden können.
Ich möchte nun auf die Kategorie 3, also die Maßnahmen der internen Politiken zu sprechen kommen, und das ist ja eine breite Palette. Der vorgeschlagene Mittelansatz beträgt 6,7 Mrd. Euro und lässt eine Reserve von 81 Mio. Euro, die dann sicherlich im Zuge der Haushaltsberatungen auch in Anspruch genommen werden. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass sehr viele neue Maßnahmen aufgenommen wurden. Das Hohe Haus hat gerade eben eine Debatte über das neue 6. Forschungsrahmenprogramm geführt, und ich freue mich sehr, dass nun ein Beschluss gefasst werden kann und – wie ich hörte – morgen dann die Abstimmung über das 6. Forschungsrahmenprogramm erfolgen wird. Insgesamt ist es ja mit einer sehr hohen Summe ausgestattet, nämlich mit 17,5 Mrd. Euro bis zum Jahr 2006. Das sollte auch immer wieder betont werden, weil dem europäischen Haushalt oft vorgeworfen wird, er würde mit seiner besonderen Konzentration auf Agrarpolitik keine neuen Entwicklungen fördern. Ich glaube, das Forschungsrahmenprogramm zeigt das Gegenteil auf, dass hier nämlich eine wirklich große Summe in die gemeinsame Forschungsförderung investiert wird, und, sobald der Beschluss dann gefasst ist, die Vorbereitungen für die Umsetzung erfolgen können. Im nächsten Jahr sind dann schon über 4 Mrd. Euro für dieses neue Forschungsprogramm im Vorentwurf des Haushalts etatisiert.
Ich möchte auch ein anderes Beispiel für neue Maßnahmen nennen, beispielsweise den Verkehrssektor. Für die Fortsetzung der Maßnahmen zur Verkehrssicherheit sind 53 Mio. Euro vorgesehen. Das Haushaltsjahr 2003 steht dann auch im Zeichen der Einrichtung der Europäischen Agenturen für Flugsicherheit und Sicherheit im Seeverkehr. Das ist ja auch etwas, was die Bevölkerung von der Europäischen Union erwartet, nämlich dass Maßnahmen getroffen werden, um zum einen solche Unglücke, wie wir sie in der Vergangenheit erlebt haben, zu verhindern, und zum anderen zu erreichen, dass die Maßnahmen sehr schnell wirken. Das wird dann auch eine der Aufgaben der Agentur für Sicherheit im Seeverkehr sein.
Ferner sind die Mittel für das neue so genannte Marco-Polo-Programm aufgenommen worden. Das sind Finanzhilfen der Gemeinschaft zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit der Güterverkehrssysteme. Lassen Sie mich schließlich noch als Beispiel für Kategorie 3 erwähnen, dass die Maßnahmen für eine intelligente Energiepolitik, nämlich die Förderung innovativer Energieformen, hier mit fast 50 % die größte Steigerungsrate aufweisen. Ich glaube, das ist nochmals ein Beispiel dafür, dass hier der Priorität, nachhaltige Entwicklung zu fördern, auch entsprechende finanzielle Ansätze folgen.
Ich möchte nun auf den Bereich der Außenpolitik, also die Kategorie 4 eingehen. Hier sind Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 4,9 Mrd. Euro vorgesehen. Das entspricht einer Steigerung von 2,3 % im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr. Die Kommission hält in ihrem Entwurf an den Prioritäten und den Verpflichtungen, die wir außenpolitisch eingegangen sind, fest. Ich möchte den Bereich Balkan erwähnen. Hierfür sind im nächsten Jahr 685 Mio. Euro vorgesehen. Ferner entspricht die Hilfe für Afghanistan den Verpflichtungen, die die Kommission im Namen der Europäischen Union im Dezember 2001 in Tokio eingegangen ist. Auch hier sind die Mittel entsprechend etatisiert, wobei es natürlich bei all diesen Mitteln auch erforderlich ist, eine gute Finanzkontrolle auszuüben.
Ferner möchte ich betonen, dass für die Finanzierung des Mittelmeerprogramms eine Steigerung von 4,2 % vorgesehen ist. Dieses beinhaltet zum einen die Vorbeitrittshilfen für die Türkei, Malta und Zypern, aber auch neue Mittel für die im Rahmen des Barcelona-Prozesses eingegangene Verpflichtung, hier zusätzliche Mittel von Seiten der Europäischen Investitionsbank zur Verfügung zu stellen, also hier eine besondere Fazilität aufzulegen. Die Kommission schlägt vor, hierfür 25 Mio. zu reservieren, um dann beispielsweise ein Risikokapitalprogramm finanziell zu unterstützen.
Einen Schwerpunkt setzt die Kommission in der Außenpolitik bei der Bekämpfung schwerer ansteckender Krankheiten in vielen Teilen der Welt. So werden im Jahr 2003 die Mittelansätze für Gesundheitsmaßnahmen nach dem Vorschlag der Kommission um rund 55 Mio. aufgestockt, wovon 35 Mio. als ein weiterer Beitrag zum Weltgesundheitsfonds vorgesehen sind.
Erwähnen möchte ich im außenpolitischen Bereich vor allen Dingen auch, dass die Kommission vorschlägt, für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik 40 Mio. Euro vorzusehen. 20 Mio. davon wären für die gemeinsame europäische Polizeimission in Bosnien-Herzegowina reserviert. Hieran wird deutlich, dass gerade auch diese neue Form von Aktivitäten der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik aus dem operativen Teil des Gemeinschaftshaushalts mit finanziert wird.
Lassen Sie mich schließlich noch auf die Verwaltungsausgaben zu sprechen kommen. Hier sind die Mittelansätze quasi mit einer besonderen Situation konfrontiert. Wir haben hier einerseits eine sehr hohe Steigerung bei den Pensionsausgaben. Auf der anderen Seite haben wir in der Finanzplanung keine Vorsorge dafür getroffen, dass natürlich auch die Institutionen der Europäischen Gemeinschaft – also sowohl das Parlament als auch die Kommission, der Europäische Gerichtshof und der Rat – Vorbereitungsmaßnahmen im Hinblick auf die Erweiterung treffen müssen. Aus diesem Grund geht der Haushaltsvorentwurf der Kommission über die Obergrenze hinaus, und zwar speziell nur für diese Vorbereitungsmaßnahmen. Die Kommission schlägt vor, hier die notwendigen Mittel aus dem Flexibilitätsinstrument zur Verfügung zu stellen.
Ich bin mir sicher, dass dies noch einer der Hauptpunkte der Diskussion auch mit dem Rat sein wird. Der Rat selbst hat für seine Personalmittel eine Steigerung von 11 % in Aussicht gestellt. Das ist nicht die Steigerung, die die Kommission vorsieht. Aber ich glaube, dass wir gerade in diesem Bereich sehr konkret gemeinsam debattieren müssen, wie die notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen in Angriff genommen werden können, damit die Erweiterung auch im institutionellen Sinne ein Erfolg wird.
Ich gehe davon aus, dass dies nun ein Schwerpunkt in den Debatten sein wird, natürlich ebenso wie die Frage der Finanzierung eventueller neuer Anforderungen im außenpolitischen Bereich. Ich möchte als Stichwort nur Palästina und auch Zypern nennen. Ich hoffe, dass wir hier bei der Konzertierung im Juli eine gemeinsame Orientierung finden können. Die Kommission hat den Haushaltsvorentwurf einstimmig beschlossen. Es war eine sehr sachlich orientierte Diskussion. Die Einstimmigkeit kam auch dadurch zustande, dass der Haushaltsvorentwurf wieder von der Generaldirektion und vor allen Dingen von dem Generaldirektor, Herrn Mingasson, exzellent vorbereitet war. Da es quasi in seiner Funktion als Generaldirektor für die Generaldirektion Haushalt der letzte Entwurf ist, den er vorgelegt hat, möchte ich ihm an dieser Stelle sehr herzlich für die geleistete Arbeit danken.
(Beifall)
Ich freue mich sehr über diesen Zwischenbeifall für Herrn Mingasson. Danke sehr!
Wir haben eine Diskussion über die Prioritäten geführt, und es hat sich gezeigt, dass die Prioritäten aufseiten des Parlaments und aufseiten der Kommission doch sehr weit reichend übereinstimmen. Dies schlägt sich auch im Haushaltsvorentwurf nieder. Ich glaube, es ist ein gelungener Entwurf, der die Finanzierung neuer Anforderungen vorsieht und gleichzeitig auch die Haushaltsdisziplin als Leitlinie hat. Ich freue mich natürlich auf die Debatten und bin sehr optimistisch, dass wir auch in diesem Jahr wieder zu einem guten Abschluss kommen können.
(Beifall)
Färm (PSE), Hauptberichterstatter. (SV) Herr Präsident! Zunächst einmal möchte ich Herrn Terence Wynn, den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, entschuldigen, der heute leider nicht hier sein kann und mich gebeten hat, auch in seinem Namen zu sprechen.
Danken möchte ich sowohl Frau Kommissarin Schreyer und Herrn Generaldirektor Gazon für eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit. Diese gute Atmosphäre wird uns im Laufe des Jahres noch sehr zustatten kommen, denn es bleiben noch eine Menge Probleme zu lösen.
Dies ist nur eine erste Diskussion über den Haushaltsvorentwurf, auf den wir noch mehrfach zurückkommen werden, so u. a. auf der Tagung im Juli und bei mehreren Gelegenheiten im Herbst.
Dennoch möchte ich einige einleitende Bemerkungen machen, da es eine Reihe positiver Aspekte gibt, die meiner Ansicht nach angesprochen werden sollten.
Da sei in Bezug auf den diesjährigen Haushaltsvorentwurf zunächst einmal die Verbesserung des eigentlichen Verfahrens genannt. Endlich sind wir auf dem Weg hin zu einer maßnahmebezogenen Budgetierung und damit einem überschaubareren und transparenteren System, das es uns leichter macht, den Bürgern Europas den Gemeinschaftshaushalt zu erläutern. Das halte ich, mit Blick auf das Vertrauen in die Europäische Union, für außerordentlich wichtig.
Jetzt gehen wir dabei den ersten Schritt, indem wir parallel zu der alten Methode die neue MBB-Methode anwenden, was ein großer Fortschritt ist.
Ein weiterer positiver Aspekt ist die Verbesserung des politischen Dialogs. Durch die etwa gleichzeitige Annahme der jährlichen Strategieplanung der Kommission und der politischen Leitlinien für den Haushalt des kommenden Jahres durch Rat und Parlament haben wir bereits in einem früheren Stadium des Verfahrens einen politischen Austausch und Dialog schaffen können. Das ist wirklich ein Erfolg. Sicherlich gab es seitens des Parlaments gewisse Kritik an inhaltlichen Mängeln der jährlichen Strategieplanung der Kommission, dennoch betrachte ich die Methode als solche eindeutig als Fortschritt.
Ich hoffe ferner, dass wir auch die eigene Haushaltsdebatte des Parlaments erneuern können, indem wir in einer großen Aussprache im Juli nicht nur den Haushalt des kommenden Jahres behandeln, sondern auch die Durchführung des laufenden Haushalts und die Verknüpfung dieser Prozesse miteinander, was ich für außerordentlich wichtig im Hinblick auf die Zukunft halte.
Für den Herbst wünsche ich mir ferner, hoffentlich auf der Sitzung im September, eine ausführliche und interessante Haushaltsdebatte, bei der wir dann auch den Haushalt besser mit den politischen Gesetzesinitiativen verknüpfen können.
Soviel also zum Verfahren an sich, das eine positive Entwicklung kennzeichnet. Positiv ist darüber hinaus auch, dass weitgehende Einigkeit bezüglich der grundlegenden politischen Prioritäten herrscht. Ein Vergleich der Prioritäten auf Seiten der Kommission mit den vom Parlament angenommenen Leitlinien zeigt, dass wir in einer Reihe von Punkten übereinstimmen.
Wir sind uns darüber einig, dass die Erweiterung jetzt an erster Stelle kommen muss. Dabei wird es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Beginn um zehn Länder Anfang 2004 handeln und damit die größte bisher durchgeführte Erweiterung sein. Dies ist unsere wichtigste Aufgabe, auf die wir uns bereits im Haushalt 2003 vorbereiten müssen.
Eine weitere Übereinstimmung betrifft die Notwendigkeit der Behandlung der Sicherheitsfragen im weitesten Sinne. Das betrifft zum einen die Diskussion über die Sicherheit Europas nach den Terroranschlägen vom September vergangenen Jahres und zum anderen eine umfassendere Sichtweise auf die Sicherheit – Lebensmittelsicherheit, Verkehrssicherheit usw. – die bereits im Haushalt des nächsten Jahres eine Reihe von Maßnahmen erforderlich machen
Auch in einem dritten Bereich stimmen wir überein. Das betrifft die stärkere Betonung einer nachhaltigen Entwicklung auf wirtschaftlichem, sozialem und ökologischem Gebiet, was große Anstrengungen seitens der Union erfordern wird. Hier sind wir bisher relativ schwach gewesen, nicht zuletzt hinsichtlich der Durchsetzung der Initiativen des Parlaments in Bezug auf kleine Unternehmen, E-Learning und einige weitere Bereiche, bei denen wir das Tempo noch wesentlich erhöhen müssen.
Mit Blick auf all diejenigen, nach deren Auffassung der Gemeinschaftshaushalt ein ständig wachsender Koloss ist, kann auch festgestellt werden, nicht zuletzt in pädagogischer Absicht, dass wir nun einen Haushalt haben, dessen Anteil an den Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten sich verringert.
Aber auch wenn wir also eine Reihe grundlegend positiver Zeichen erkennen können, müssen doch einige Punkte erwähnt werden, die uns beunruhigen. Das alles überschattende Problem dabei ist die Durchführung des Haushalts.
Wir haben einen zunehmenden Rückstand bei den Zahlungen sowie andere Verzögerungen, so genannte Reste à liquider oder auch Altlasten, zu verzeichnen. Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang an die Aussprache der vorigen Plenartagung über den zweiten Nachtragshaushalt 2002 erinnern sowie an die von den Mitgliedstaaten wegen der Nichterfüllung von Aufgaben durch die Union geforderte Rückzahlung von 10 Mio. Euro. Die Kommission verlangt darum, die Zahlungen schneller ansteigen zu lassen als neue Mittelbindungen, was natürlich ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Es steht jedoch zu befürchten, dass diese Maßnahme zur Aufarbeitung der gegenwärtigen Verzögerungen völlig unzureichend ist. Nicht zuletzt bei den Strukturfonds, aus denen wir früher oder später Mittel auszahlen müssen, besteht die Gefahr, dass wir einen Berg nicht gezahlter Haushaltslinien aufbauen. Das wird in den kommenden Jahren zu großen Problemen führen, insbesondere wenn diese Zahlungen dann geleistet werden sollen, wenn hohe Kosten für die Erweiterung anstehen. Diese Frage ist also von entscheidender Bedeutung und muss diskutiert werden.
Ein weiteres Problem, das uns ebenfalls Sorgen macht und darum angesprochen werden muss, ist die Durchführung der Erweiterung. Dabei sind die Maßnahmen zur direkten Vorbereitung der Erweiterung in den europäischen Institutionen am dringendsten. Die Kosten für die Erweiterung als solche belasten zwar nicht den Haushalt 2003, aber wir müssen uns bereits jetzt vorbereiten, vor allem, wenn bereits Anfang 2004 zehn neue Länder zu uns stoßen werden.
Die Kommission schlägt in diesem Zusammenhang den Einsatz des Flexibilitätsinstruments zur Finanzierung der steigenden Verwaltungsausgaben vor. Dazu werden wir möglicherweise gezwungen sein, aber ich meine, wir sollten zunächst den Druck auf die Generalsekretäre erhöhen, mit neuen, radikalen Vorschlägen zu kommen, beispielsweise zur Senkung der Kosten durch eine verstärkte Zusammenarbeit der Institutionen, wodurch wir einen Einsatz des Flexibilitätsinstruments vermeiden könnten.
Meiner Ansicht nach gibt es noch zahlreiche neue Wege, die wir gehen können, u. a. hinsichtlich der Sprachregelung und der Einstellung neuer Beamter für die Union. Ehe wir uns für den Einsatz des Flexibilitätsinstruments entscheiden, sollten wir zunächst den Druck ernsthaft verstärken.
Was die Fragen der Sicherheit betrifft – ich habe ja bereits die Lebensmittel- und die Verkehrssicherheit genannt –, macht uns auch die zunehmende Anzahl neuer Behörden, so genannter Organe, Sorgen. Genannt seien da nur Eurojust und Europol sowie die Behörden für Lebensmittel-, Eisenbahn- und Flugsicherheit usw.
Die Organe an sich sind dabei nicht das Problem, aber sie verursachen Schwierigkeiten bei der Aufstellung des Haushalts und der Möglichkeit, die Kosten der Union zu überblicken. Ferner besteht durch sie die Gefahr doppelter Kosten, indem die Arbeit sowohl in den neuen Behörden als auch in der Kommission erfolgt. Probleme ergeben sich auch hinsichtlich der Praktiken für die Durchsetzung von Rechenschaftspflicht und Transparenz.
Wir müssen diese Aspekte gründlich analysieren, bevor wir weitere neue Behörden einrichten, auch wenn deren Arbeitsaufgaben natürlich außerordentlich wichtig sind.
Ein weiterer Punkt, den wir nicht außer Acht lassen dürfen, was ja auch die Kommission betont hat, ist unzweifelhaft die Außenpolitik. Hier schlägt die Kommission jetzt eine Marge im Haushalt in Höhe von 60 Mio. Euro vor.
Das mag viel erscheinen, ist aber eigentlich unzureichend, denn wir sind mit großen Unwägbarkeiten konfrontiert, u. a. mit Blick auf die weitere Entwicklung im Nahen Osten. Ferner wissen wir nicht, welche Anforderungen auf die Union in Bezug auf Einsätze in Palästina und Afghanistan zukommen oder welche globalen Anstrengungen zur Bekämpfung von armutsbedingten Krankheiten usw. notwendig sind. Wir haben ebenfalls keinen Überblick darüber, ob die Mittel für das CARDS-Programm auf dem Balkan so schnell verringert werden können wie jetzt von der Kommission vorgeschlagen. Auch auf diesem Gebiet ist vor einer Beaschlussfassung meines Erachtens eine intensivere Debatte und die Auswertung der von der Union geleisteten Hilfe erforderlich.
Zu allen diesen Unsicherheitsfaktoren können wir noch die Fischereiabkommen in der Rubrik 4 als weiteren Diskussionspunkt hinzufügen.
Lassen Sie mich abschließend noch etwas zur ferneren Zukunft sagen. Zwei der absolut wichtigsten Haushaltsprobleme betreffen zwar nicht den Haushalt 2003, müssen aber dennoch angesprochen werden. Das sind die Reform der Agrar- und Fischereipolitik einerseits und die tatsächlichen Kosten der Erweiterung andererseits. Der Haushaltsausschuss wird uns dazu noch einen Sonderbericht vorlegen.
Diese Diskussion müssen wir rechtzeitig einleiten und darüber hinaus auch versuchen, unsere außerordentlich fruchtbare Zusammenarbeit und gemeinsame Sichtweise in Bezug auf die interessante Entwicklung bei der Erweiterung zu bewahren. Ich hege große Hoffnungen, dass wir gemeinsame Lösungen finden werden.
Der Präsident.–Die Vorlage des Vorentwurfs des Gesamthaushaltsplans – Haushaltsjahr 2003 – ist beendet.