Medina Ortega (PSE). – (ES) Herr Präsident, ich möchte mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass mein guter Freund und Kollege Isidoro Sánchez García unser Parlament verlässt, aber ich melde mich aus einem anderen Grund zu Wort. Gestern Morgen ergriffen zwei Abgeordnete das Wort, Herr Sturdy, ein britischer Abgeordneter, und Herr Ripoll y Martínez de Bedoya, ein spanischer Abgeordneter, um sich über die Probleme zu beschweren, denen sich Unionsbürger bei der Eintragung in Wählerlisten gegenüber sehen.
Wie Herr Ripoll y Martínez de Bedoya stamme ich aus einer Touristenregion, von den Kanarischen Inseln. Auch ich habe zahlreiche Beschwerden von Unionsbürgern, die ihre Eintragung in Wählerlisten betreffen, erhalten. Ich habe die erforderlichen Informationen eingeholt, und das Problem besteht darin, dass die spanische Gesetzgebung zur Eintragung sehr detailliert ist. Ich habe hier beispielsweise zwei Seiten, bei denen es sich um die handelt, die ausgegeben werden und auf denen Beschwerdefristen etc. angegeben sind. Diese sind in der Regel für Unionsbürger sehr schwierig auszufüllen. Es scheint, dass das Problem in der fehlenden Kommunikation zwischen den spanischen Behörden allgemein liegt.
Ich schließe mich daher Herrn Ripoll y Martínez de Bedoya dahingehend an, die europäischen Institutionen aufzufordern sicherzustellen, dass Unionsbürger für die in diesem Monat in ganz Spanien stattfindenden Wahlen in den autonomen Gemeinschaften und den Regionen in die Wählerlisten eingetragen werden.
Der Präsident. – Ohne Frage gehört die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen und Europawahlen zu den entscheidenden Merkmalen der Unionsbürgerschaft, und die Verträge sind in dieser Hinsicht eindeutig. Ich denke daher, dass Ihre Bemerkungen sehr wichtig sind, und wir werden uns mit dieser Angelegenheit näher beschäftigen.
Alyssandrakis (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie darüber in Kenntnis setzen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kürzlich ein Urteil zum Prozess des Kurdenführers Abdullah Öcalan gefällt hat. Unter anderen stellt der Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass das Gericht, das Öcalan verurteilt hat, weder unabhängig noch unparteiisch war und ihm weder die Mittel noch die Zeit zu einer wirksamen Verteidigung eingeräumt wurden.
Außerdem, Herr Präsident, befindet sich Herr Öcalan schon seit mindestens drei Monaten in Einzelhaft. Ihm ist weder erlaubt worden, sich mit seinen Rechtsanwälten, noch mit seinen Angehörigen in Verbindung zu setzen. Meiner Meinung nach sollte das Europäische Parlament bei der türkischen Regierung Protest einlegen - ich erinnere daran, dass die Türkei Bewerberland ist - und sie auffordern, Herrn Öcalan die jedem Gefangenen zustehenden Grundrechte zu gewähren.
Der Präsident. – Herr Alyssandrakis, Ihre Bemerkung wird gebührend zur Kenntnis genommen.
Uca (GUE/NGL). – Herr Präsident! Ich möchte mich der Aussage von Herrn Alyssandrakis anschließen. Ich habe gestern in der Parlamentarischen Delegation EU-Türkei dem türkischen Botschafter auch die Frage gestellt, warum den Rechtsanwälten und Familien nicht genehmigt wird, die Häftlinge zu besuchen. Man hat uns geantwortet, Vertreter des Europarats hätten Herrn Öcalan vor etwa einem Monat besucht, und wir sollten uns an den entsprechenden Ausschuss im Europarat wenden.
Für uns - wie wir auch zu ihnen stehen, sympathisierend oder nicht - sollte jeder Häftling eine gerechte Behandlung bekommen, auch das Recht, sich mit Rechtsanwälten und Familienangehörigen zu treffen. Das ist ein Wert im Sinne der Menschenrechte und der Demokratie im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit, und dafür setzen wir uns ein. Deshalb bitte ich Sie noch mal, bei der türkischen Regierung zu intervenieren, dass den Rechtsanwälten in Zukunft Zugang gewährt wird.
Der Präsident. – Frau Uca, das Präsidium pflichtet Ihnen bei, dass der beste Schutz unbestritten der Rechtsstaat im Verein mit polizeilichen und gerichtlichen Anti-Terror-Maßnahmen ist.
Flemming (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich habe bei der Diskussion zum Bericht Karas meinen Kollegen García-Margallo y Marfil gerügt, weil er das Wort Vergreisung für alte Menschen gebraucht hat. Es dürfte aber ein Übersetzungsfehler gewesen sein. Der sehr geehrte spanische Kollege hat das Wort „Alterung“ gebraucht und nicht das Wort „Vergreisung“. Ich spreche leider kein Spanisch, Herr Präsident.
Der Präsident. – Das Präsidium nimmt Ihr scharfsinniges sprachliches Urteil zur Kenntnis, Frau Flemming.
Zusammensetzung des Parlaments - Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
1. Verbraucherpolitische Strategie 2002-2006
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über folgende Berichte:
- Bericht (A5-0023/2003) von Herrn Whitehead im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik über die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Verbraucherpolitische Strategie 2002-2006“ (KOM(2002) 208 - C5-0329/2002 - 2002/2173(COS))
- Bericht (A5-0423/2002) von Frau Patrie im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik über die Auswirkungen des Grünbuchs der Kommission zum Verbraucherschutz in der europäischen Union auf die Zukunft der Europäischen Verbraucherpolitik (KOM(2001) 531 - C5-0295/2002 - 2002/2151(COS))
- (A5-0054/2003) von Frau Thyssen im Namen des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt über die Perspektiven im Bereich des Rechtsschutzes für Verbraucher im Lichte des Grünbuchs über Verbraucherschutz in der Europäischen Union (KOM(2001) 531 - C5-0294/2002 - 2002/2150(COS))
Whitehead (PSE),Berichterstatter. −(EN) Herr Präsident, wenn wir uns heute Vormittag mit den Bedürfnissen der Bürger als Verbraucher befassen, so ist das eine angenehme Ablenkung vom fernen Kriegsgedröhn. Um diese Bedürfnisse geht es in dem Aktionsplan für Verbraucher 2002-2006 und in dem Grünbuch sowie in den Folgemaßnahmen zum Verbraucherschutz. Ich werde eine Einführung zu meinem eigenen Bericht und zu dem unserer heute nicht anwesenden verehrten Kollegin Patrie geben.
Es ist zurzeit eine große Debatte über Verbraucherpolitik im Gange. Auf dem Konvent werden in diesem Zusammenhang Zweifel laut, die ich teile, Zweifel über die offensichtliche Abwertung der Verbraucherprioritäten durch einen zusammengewürfelten Rat, der sich auch mit sozialen Angelegenheiten, Beschäftigung und Gesundheit befassen muss. Die Zweifel sind allgegenwärtig in finanziellen Ängsten, die das eine Gebiet befallen haben – die Lebensmittelsicherheit -, von dem wir meinten, dass es eigenständig und nicht länger Teil dieser allgemeinen Debatte sei. Ich teile die geäußerten Bedenken, dass die Finanzierung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit – für die dieses Parlament einen Teil der Verantwortung trägt – auf längere Sicht effizient fortgeführt werden kann.
Die Zweifel sind auch erkennbar an unseren eigenen Meinungsverschiedenheiten darüber, welche Art von Rahmenrichtlinie die Frage der Verbraucherbeziehungen am besten regelt, darüber, wo und wie unlautere Praktiken aufgedeckt werden können und um Wiedergutmachung nachgesucht werden kann.
Für meinen eigenen Bericht bin ich der Kommission, den Schattenberichterstattern aller Parteien und allen, die mit mir an diesem Konsensbericht zusammengearbeitet haben, zu Dank verpflichtet, namentlich meiner ehemaligen Recherche-Mitarbeiterin Michelle Smyth, deren vermittelnde Fähigkeiten jetzt auf unseren Nationalen Verbraucherverband übergegangen sind.
Ich war stets bemüht, die im Aktionsplan dargelegten Prioritäten einfach zu halten und schwerpunktmäßig an sie heranzugehen. Ich werde auf Änderungsanträge eingehen, die in der Sache etwas verschwommen sind, indem versucht wird, andere Debatten in etwas hineinzutragen, was doch eigentlich eine klare Darlegung von Prioritäten sein sollte. Änderungsanträge, die unseren eigenen Bericht mit anderen guten Gründen überladen hätten, wurden von mir abgelehnt. Deshalb sah ich mich ich in meiner heutigen Antwort außerstande, mehr unterzubringen, als es auf dieser Ausschussebene für mich möglich war, sei es von den Linken oder den Rechten, die diese Aussprache einerseits auch zu einer Debatte über Öko-Kennzeichnung und über die Vorzüge ökologischer Produkte beziehungsweise andererseits über die erwiesenen Vorteile der gentechnischen Manipulation machen wollen. Der Kommissar weiß, dass es dafür andere Gelegenheiten gibt, bei denen man diese Dinge diskutieren wird. Und er wird, was zu begrüßen ist, in Kürze entsprechende Vorschläge unterbreiten.
Ich kann jedoch einen anderen, neuen Änderungsantrag akzeptieren, den Frau Thyssen unterbreitet, deren Bericht wir ebenfalls diskutieren und die in diesen Debatten einen sehr konstruktiven Beitrag geleistet hat. Was ich nicht akzeptieren kann ist, dass wir über den in den sehr ausführlichen Ausschussdebatten festgelegten Bereich hinausgehen.
Mehrere Abgeordnete haben ein oder zwei weitere Änderungen in Frage gestellt, namentlich den ursprünglichen Text von Ziffer 15, der dem Ausschuss als Änderungsantrag von Frau Thyssen eingereicht wurde. Abgeordnete aus ihrer Partei stellten die Frage, warum das da stehen sollte. Frau Thyssen wird – wenn sie später redet – ganz bestimmt seine Vorzüge erläutern, auch zum Verständnis ihrer eigenen Fraktion.
Ich komme jetzt zu den allgemeinen Prinzipien des Aktionsplans, über den wir hier beraten. Sie wurden in Form von drei Vorschlägen dargelegt. Beim Ersten geht es um ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes. Alle Ihnen vorliegenden Berichte stimmen dem zu und sind sich darin einig, dass dazu die Rechtsgrundlage in den Verträgen verstärkt werden muss. Einig ist man sich auch, dass wir in der wichtigen Frage der Harmonisierung auf Mindest- oder auf Höchstniveau mit Bedacht den Einzelfall betrachten sollten.
Zweitens, zur wirksamen Durchsetzung der Rechtsvorschriften des Verbraucherschutzes. Hier stimmen wir ebenfalls zu – vielleicht von etwas unterschiedlichen Standpunkten aus. Nur fünf von fünfzehn Staaten haben die Ziele von Barcelona zur Umsetzung erfüllt. Wir müssen den Beitrittsländern zeigen, dass wir das besser können, und ihnen helfen, es uns gleich zu tun.
Drittens, die Einbeziehung der Verbraucherverbände in EU-Politiken ist für die Erweiterung der Gemeinschaft äußerst wichtig. Der Herr Kommissar muss uns sagen, wie die erforderlichen Mittel in diesem Jahr zugewiesen werden, wenn die derzeitigen Fonds für die Beitrittsstaaten versiegt sind.
Schließlich haben wir einen neuen Grundsatz hinzugefügt: die Einbeziehung des Verbraucherschutzes in EU-Politikziele. Der Punkt ist gestern von einer Delegation des Europäischen Büros der Verbraucherverbände, die mit Mitgliedern des Konvents zusammentraf, mit Nachdruck angesprochen worden. Die nächsten drei Jahre werden darüber entscheiden, ob wir in einem erweiterten Europa den Bedürfnissen der Verbraucher nachkommen können. Dazu bedarf es der ganzen Kraft der Kommission und der Mitgliedstaaten. Gegenwärtig kennen nur etwa die Hälfte unserer Bürger ihre Rechte als Verbraucher. Ein informierter Verbraucher ist ein mündiger Bürger. Es ist unsere Pflicht und unser Privileg, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen.
Ich komme nun zum Bericht von Frau Patrie. Vor mir habe ich ihren eigenen Vorschlag und ihre Notizen. Was das Grünbuch zum Verbraucherschutz anbelangt, das uns erstmals im Oktober 2001 vorlag, sind wir nun endlich zu einer anspruchsvollen Debatte über diese Vorschläge für einen echten Binnenmarkt für Verbraucher gelangt. Die Kommission hat im Rahmen einer breit angelegten Konsultation der Mitgliedstaaten, der Unternehmen und der Verbraucherverbände die Frage untersucht, welche Rechtsinstrumente am besten geeignet sind, um ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten und gleichzeitig die Barrieren auszuräumen, die der Weiterentwicklung des innergemeinschaftlichen Handels entgegenstehen.
Im Grünbuch wird festgestellt, dass die Zersplitterung der Regelungen das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts behindert hat. Wir alle stimmen dem zu. Die Erfahrung zeigt, dass die Verbraucher kein Vertrauen in grenzüberschreitende Kaufabschlüsse haben, weil Unterschiede in der Gesetzgebung bestehen und weil ihnen die rechtlichen Garantien, auf die sie Anspruch haben, nicht ausreichend bekannt sind. Vom Standpunkt des Verbrauchers aus stellt die fehlende Sicherheit bei den Beziehungen nach Abschluss des Vertrags das größte Hindernis für die Weiterentwicklung des internationalen Handels dar. Aus diesem Grund wollen wir den Verbrauchern einen einfachen, homogenen Rechtsrahmen schaffen, der sich aus einer begrenzten Zahl von wesentlichen Bestimmungen zusammensetzt, die unabhängig von der Art der Geschäftspraktiken angewandt werden können. Der globale Ansatz der Kommission ist daher zu begrüßen.
Dieses Herangehen sollte jedoch nicht zu einer Senkung des durch einzelstaatliche Rechtsinstrumente erreichten Verbraucherschutzniveaus führen. Insofern sollte es bei der Wahl der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen unmöglich sein, dass die Verbraucher des Schutzes verlustig gehen, den ihnen die Rechtsvorschriften des Landes, in dem sie ihren Wohnsitz haben, einräumen, vorausgesetzt, sie sind in diesem Land den Vertrag eingegangen, dessen Einhaltung sie erwarten. Ebenso wenig sollte die Annahme allgemeiner Regelungen die Möglichkeit spezieller Regelungen nicht ausschließen. Es wird auch notwendig sein, den Verbrauchern in bestimmten Sektoren einen besonderen Schutz zu gewähren.
Insofern müssen also in der Rahmenrichtlinie die allgemeinen Grundsätze, die das Verhalten der Gewerbetreibenden in allen Stadien der Geschäftsbeziehung regeln sollen, deutliche Gestalt annehmen, um die Wirksamkeit der Verbraucherrechte zu gewährleisten. Eine Generalklausel, die auf der Forderung nach lauterem Geschäftsverhalten fußt, scheint dieser Rolle besser gerecht zu werden als lediglich das Verbot von irreführenden und täuschenden Praktiken, vorausgesetzt, dass diese Klausel präzise und handhabbar definiert wird.
Im Bemühen um Transparenz müssen die Gewerbetreibenden dazu verpflichtet werden, den Verbrauchern die Informationen über das Angebot von Waren oder Dienstleistungen vor Vertragsabschluss zur Verfügung zu stellen. Auch in diesem Bereich darf die Anwendung allgemeiner Kriterien Sonderbestimmungen zu den den Verbrauchern bereitgestellten Informationen nicht ausschließen.
Der Versuch der Kommission, ein Verhaltenskriterium zu definieren, das auf einen „durchschnittlich begabten“ Verbraucher ausgerichtet ist, will nicht recht überzeugen. Es ist eine sehr ungenaue Definition, und der Gedanke, die menschliche Intelligenz auf diese Weise zu eichen, könnte beleidigend sein. Es wäre also besser, eine Reihe von als unzulässig geltenden Verhaltensweisen als unlautere Praktiken zu definieren. Dazu könnte die Kommission eine nicht erschöpfende „schwarze Liste“ der als unlauter geltenden Verhaltensweisen erstellen.
Ferner müssen besonders gefährdete Verbraucher geschützt werden. Dies gilt für körperlich Behinderte oder Personen mit Lernschwächen, die aufgrund ihrer Behinderung stärker durch aggressive oder irreführende Geschäftspraktiken gefährdet sind. Auch gilt dies für Kinder, Jugendliche und ältere Menschen. Es sollte möglich sein, Gewerbetreibende, die ihre Pflicht zur Lauterkeit verletzen, zumindest auf dem Wege einer von den Verbraucherverbänden veranlassten gerichtlichen Anordnung abzustrafen. Ferner sollte es möglich sein, rechtliche Schritte als Präventivmaßnahme einzuleiten, um unlautere Geschäftspraktiken zu unterbinden, die −sollte an ihnen festgehalten werden −den Verbraucherinteressen Schaden zufügen könnten.
Schließlich ist es ratsam, den einzelnen Verbrauchern ein Mittel der Wiedergutmachung anzubieten, nicht nur bei eklatanten und gravierenden Verstößen gegen die Bestimmungen −wie die Kommission vorschlägt −, sondern auch in allen Fällen, in denen aus unlauteren Geschäftspraktiken nachweislich ein unmittelbarer, tatsächlicher Schaden eingetreten ist. So sinnvoll auch alternative Methoden der Beilegung von Streitigkeiten sein mögen, dem Verbraucher sollte die Möglichkeit einer Wiedergutmachung nicht verschlossen sein.
Die Kommission hat noch nicht genügend Informationen vorgelegt, so dass ein sinnvoller Kommentar über den Inhalt von Selbstregulierungs- und Ko-Regulierungsverfahren abgegeben werden könnte. Angesichts der unterschiedlichen einzelstaatlichen Traditionen und der Ungewissheit hinsichtlich der Begriffsbestimmungen ist es unerlässlich, die Abstimmung mit den Mitgliedstaaten fortzusetzen und gleichzeitig zu sichern, dass strenge Regelungen für die Verhaltenskodizes im Rahmen der Gemeinschaftsregelungen aufgestellt werden.
Es ist dringend notwendig, einen Rahmen für die Organisation der Zusammenarbeit zwischen den für die Anwendung des Verbraucherrechts zuständigen einzelstaatlichen Behörden zu schaffen. Rücksichtslose Gewerbetreibende erliegen nämlich viel zu oft der Versuchung, die Lücken bei der europäischen Kooperation auszunutzen. Wünschenswert wird die Einführung von Datenbanken sein, die den Austausch von Informationen erleichtern, sowie die Schaffung eines Warnsystems, das es den Mitgliedstaaten ermöglicht, erforderlichenfalls konzertierte Maßnahmen zu Gunsten der Verbraucher durchzuführen. Ich möchte diese Berichte dem Hohen Haus noch einmal anempfehlen und bitte um Entschuldigung für die Abwesenheit von Frau Patrie, die wegen anderer Verpflichtungen verhindert war, hier teilzunehmen.
Thyssen (PPE-DE), Berichterstatterin. – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Obgleich wir diesmal keine Legislativvorschläge behandeln, sollte die Bedeutung dieser Aussprache nicht unterschätzt werden.
Das Grünbuch zum Verbraucherschutz – und ich werde mich in den ersten fünf Minuten meiner Redezeit darauf beschränken und in den noch verbleibenden zwei Minuten dann auf die Fragen des Kollegen Whitehead eingehen – ist nicht nur von rechtlichem und wirtschaftlichem Interesse, sondern auch politisch von Bedeutung. Es kann uns helfen, den Mythos zu widerlegen, der Binnenmarkt sei nur etwas für die Unternehmen und der Verbraucher profitiere eigentlich nicht davon. Ein befriedigendes Verbraucherrecht ist ein hervorragendes Instrument, die Europäische Union ihren Bürgern näher zu bringen, und uns allen obliegt es, auf dieses Ziel hinzuarbeiten.
Ein weiteres Missverständnis, das ich aus der Welt schaffen möchte, ist der vermeintliche und aufgebauschte Widerspruch zwischen der Vollendung des Binnenmarkts und der Verwirklichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus. Beides sind Vertragsziele und sie können sich gegenseitig unterstützen. Unsere Aufgabe ist es, darum bemüht zu sein, doch muss ich leider sagen, dass die Kompetenzverteilung zwischen den Parlamentsausschüssen uns hierbei nicht immer behilflich ist. Dies ist ein Thema, mit dem wir uns meines Erachtens in der nächsten Legislaturperiode nochmals befassen sollten.
Sodann gibt es drittens eine weitere tief verwurzelte Vorstellung, von der wir abkommen sollten, nämlich die von vielen vertretene Überzeugung, dass das Verbraucherrecht und Rechtsvorschriften über lautere Geschäftspraktiken aus der Sicht des Wettbewerbs völlig voneinander getrennte Bereiche sind. Nun, werte Kolleginnen und Kollegen, im Ausschuss für Recht und Binnenmarkt sind wir der Auffassung, dass es sich oft um zwei Seiten derselben Medaille handelt, und deshalb fordern wir eine gründliche Folgenabschätzung sowohl für die business to business-Beziehungen als auch für das business to consumer-Verhältnis. Dadurch werden wir zu mehr Gerechtigkeit, jedenfalls bezüglich der KMU, zu mehr Rechtssicherheit und zu mehr Stabilität in der Gesetzgebung gelangen, alles Ziele, wie sie von uns angestrebt werden.
Herr Kommissar, im Ausschuss für Recht und Binnenmarkt stimmen wir Ihrer Analyse über den Sachstand auf dem Gebiet des Verbraucherrechts zu, und auch wir sind der Meinung, dass die Zeit für eine Evaluierung und eventuell einen neuen Ansatz reif ist. Wir sollten allerdings nicht übermütig sein. Nicht alles nämlich, was der Verbraucher auf seinem heimischen Markt bevorzugt, stellt ein Hindernis für den Binnenmarkt dar, das es zu beseitigen gilt. Es gibt noch natürliche Grenzen der Marktintegration – sie sind in meinem Bericht aufgeführt –, und wir müssen sie hinnehmen. Infolgedessen kommt es darauf an, dass wir die wirklichen Hindernisse ausmachen und uns darauf konzentrieren, dann werden wir unser Ziel nicht verfehlen.
Der neue Ansatz, so es denn dazu kommt, muss nach Ansicht des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt auf ein hohes Verbraucherschutzniveau – ein Vertragsziel übrigens –, auf genügend Flexibilität, auf deutliche, einfache Rechtsvorschriften sowie auf Rechtsvorschriften von hoher rechtlicher Qualität ausgerichtet sein. Deshalb unterstützen wir den im Grünbuch enthaltenen Vorschlag, für die Verbraucher wirksame und bezahlbare Möglichkeiten der Konfliktbeilegung sicherzustellen, denn dies gehört dazu.
Auch die Idee einer Rahmenrichtlinie lehnen wir nicht ab, Herr Kommissar, als verantwortungsvolle Gesetzgeber wollen wir uns jedoch zuvor vergewissern, dass eine solche Rahmenrichtlinie mit allem, was sie beinhaltet, auch tatsächlich zu mehr Vereinfachung, zu mehr Rechtssicherheit sowie zu einer wirksameren Verbraucherpolitik führen würde. Deshalb ersuchen wir Sie, uns zuvor ein vollständiges Tableau zu präsentieren, d. h. sowohl die Rahmenrichtlinie als auch die zugehörigen Richtlinienvorschläge.
Um der Rechtssicherheit willen bevorzugen wir eine allgemeine Klausel, die ein Verbot unlauterer Geschäftspraktiken enthält. Selbstredend muss dieses Verbot genau definiert sein. Wir anerkennen, dass die maximale Harmonisierung zwar ein geeignetes Mittel sein kann, wie der Kollege Whitehead in seinem Bericht im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik fordern wir jedoch, vorsichtig zu sein und eine Bewertung auf Einzelfallbasis vorzunehmen, denn sonst laufen wir Gefahr, zu weit vorzugreifen. Jedenfalls sind auch wir im Ausschuss für Recht und Binnenmarkt der Überzeugung, dass die maximale Harmonisierung nicht möglich ist, solange kein hohes Verbraucherschutzniveau erreicht ist, es sei denn, die Harmonisierung ziele darauf ab.
Ein hohes Verbraucherschutzniveau ist unserer Ansicht nach übrigens auch eine Voraussetzung für die uneingeschränkte Anwendung der Grundsätze der gegenseitigen Anerkennung und des Rechtes des Ursprungslandes.
Herr Kommissar, wir befürworten eine Rechtsgrundlage für einen europäischen Verhaltenskodex, vorausgesetzt, dass die Bedingungen in Ziffer 17 meines Berichts erfüllt sind, da jedoch niemandem mit einem falschen Gefühl der Rechtssicherheit gedient ist, sind wir gegen jeglichen bürokratischen Billigungsmechanismus, der nur zu einer widerlegbaren Vermutung von Rechtmäßigkeit führen könnte. Dass in Verhaltenskodizes eingegangene Verpflichtungen durchsetzbar sein müssen, ist auch für die Mitglieder des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt selbstredend.
Werte Kolleginnen und Kollegen, Sie werden feststellen, dass der Bericht Patrie im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik in vielen dieser Punkte inhaltlich von dem abweicht, was wir im Ausschuss für Recht und Binnenmarkt gesagt haben. Wir haben im Rechtsausschuss unser Bestes getan, uns auf die rechtlichen Aspekte des Themas zu konzentrieren. Wir haben auf der Grundlage wohl durchdachter juristischer Erwägungen Entscheidungen getroffen. Deshalb möchte ich die Kolleginnen und Kollegen des Umweltausschusses sowie die anderen Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus darum ersuchen, vor der Festlegung ihres Stimmverhaltens nochmals sorgfältig darüber nachzudenken, und sie um Unterstützung dieser Punkte des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt bitten.
Abschließend, Herr Präsident, bleibt mir nur noch den Kolleginnen und Kollegen für ihre überaus konstruktive Zusammenarbeit zu danken, und dem Kollegen Whitehead kann ich sagen, dass ich in den zwei Minuten, die ich gleich noch bekomme, seine konkreten Fragen beantworten werde.
Byrne,Kommission. −(EN) Herr Präsident, lassen Sie mich zu Beginn den Berichterstattern Herrn Whitehead, Frau Patrie und Frau Thyssen für ihre engagierte und schwierige, qualitativ hoch stehende Arbeit danken und Ihnen meine Anerkennung aussprechen.
Zunächst will ich einige Worte über die neue, im Mai vergangenen Jahres von der Kommission angenommene verbraucherpolitische Strategie sagen, die eine klare Vorstellung von der politischen Richtung in den nächsten fünf Jahren vermitteln soll.
Mit ihr werden drei Hauptziele verfolgt. Das Erste ist die Erreichung eines gleichmäßig hohen Verbraucherschutzniveaus. Zum Zweiten soll die „wirksame Durchsetzung der Rechtsvorschriften zum Schutz der Verbraucher“ gesichert werden. Mit dem dritten Ziel soll die „Einbeziehung der Verbraucherverbände in die EU-Politiken“ erreicht werden.
Ich möchte betonen, dass der Formulierung dieser drei Ziele die folgenden drei, sich wechselseitig beeinflussenden Ideen zugrunde lagen: zur Integration der Verbraucherbelange in alle EU-Politiken beizutragen, so in die Wettbewerbspolitik, in den Bereich Verkehr und in die Justiz; die Vorteile des Binnenmarkts für Verbraucher zu maximieren – dies ist ein Ergebnis, das den Unternehmen wie den Verbrauchern gleichermaßen zugute kommt; und nicht zuletzt, die Erweiterung vorzubereiten. Alle drei Ziele der Strategie – ein gleichmäßig hohes Verbraucherschutzniveau, wirksame Durchsetzung der Rechtsvorschriften des Verbraucherschutzes und richtige Einbeziehung der Verbraucherverbände – wurden wesentlich mit der Perspektive aufgestellt, dass sich in unmittelbarer und in weiterer Zukunft der EU neue und künftige Länder anschließen werden.
Im Aktionsplan für Verbraucherschutz und im Grünbuch zum Verbraucherschutz werden eine Reihe von Optionen vorgeschlagen und zahlreiche Fragen über die Zukunft der EU-Verbraucherschutzpolitik aufgeworfen. Insbesondere wird der Gedanke einer Rahmenrichtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vorgetragen.
Die Kommission schlug ferner die Ausarbeitung eines Rechtsinstruments für die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung zuständigen Behörden vor.
Die positive Reaktion auf das Konsultationsverfahren hat uns ermutigt, diese Idee einer Rahmenrichtlinie weiter zu verfolgen. Man war jedoch allgemein der Auffassung, dass mehr Informationen, mehr Klarstellung und Konsultation zum Inhalt einer solchen Rahmenrichtlinie notwendig seien. Die Folgemitteilung vom Juni 2002 wurde diesem Bedürfnis gerecht.
Wir erkannten auch die Notwendigkeit, die Liste bestehender Probleme und Möglichkeiten zu vervollständigen. Die Berichte von Frau Patrie und Frau Thyssen tragen diesem Erfordernis Rechnung. Wir gaben darum drei größere Studien in Auftrag. Erstens, eine Befragung von 16 000 Verbrauchern über ihre Erfahrung und ihre Einstellung zum grenzüberschreitenden Einkauf. Zweitens, parallel dazu eine Studie, in der ähnliche Fragen an nahezu 3 000 Unternehmen, hauptsächlich KMU, gestellt wurden, die um Verbraucher werben und an sie verkaufen. Daraus erhalten wir eine klare Vorstellung von den voraussichtlichen Auswirkungen einer Rahmenrichtlinie auf kleine und mittlere Unternehmen. Drittens beauftragten wir einen unabhängigen Berater, eine Folgenabschätzung der in dem Grünbuch vorgeschlagenen gesetzgeberischen Optionen vorzunehmen.
Die Schlussfolgerungen aus dieser Folgenabschätzung und aus den Erhebungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen. Achtzig Millionen Europäer würden mehr im Ausland einkaufen, wenn sie sich dabei eben so sicher wie zu Hause fühlen könnten. Von den Unternehmen erwarten 46 % eine Zunahme ihres grenzüberschreitenden Verkaufs mit der Harmonisierung. Nur 1 % vermutet einen Rückgang. 68 % der europäischen Unternehmen sind der Ansicht, eine Harmonisierung in diesem Bereich sei ein wirksamer Weg zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Verkaufs. Die Folgenabschätzung kommt zu dem Ergebnis, dass eine auf vollkommener Harmonisierung beruhende Rahmenrichtlinie der wirksamste Weg zur Überwindung der dem grenzüberschreitenden Einzelhandel entgegen stehenden Barrieren wäre.
Darüber hinaus haben sich meine Dienste damit befasst, welcher Art die rechtlichen Barrieren sind, denen sich Unternehmen und Verbraucher gegenüber sehen. Zum Ersten haben wir mit einer Gruppe nationaler Regierungsexperten gearbeitet, um einzelstaatliche Gesetze zu unlauteren Geschäftspraktiken zu untersuchen und zu vergleichen. Zweitens wurde ein Wissenschaftlerteam gebildet, das zurzeit eine umfassende vergleichende Gesetzesstudie erstellt. Und drittens haben wir einen zweitägigen Workshop mit allen Beteiligten zu verschiedenen Kernproblemen organisiert.
Dieser sehr sorgfältige Konsultations- und Rechercheprozess hat die Kommission in die Lage versetzt, die verschiedenen Nuancen einzelstaatlicher Vorschriften über unlauteren Handel und die Belange aller Beteiligten umfassend zu verstehen. Ich hoffe, er hat uns auch befähigt, einen breiten Konsens in der Frage einer praktikablen Rahmenrichtlinie zu erreichen.
Die Meinung des Europäischen Parlaments spielt in den Überlegungen der Kommission eine sehr wichtige Rolle. Darum schätze ich die konstruktiven Berichte des Ausschusses für Umwelt, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik sowie des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt hoch ein. Sie bestätigen einen zunehmenden Konsens auf dem weiteren Weg. Ich hoffe, mit der heutigen Debatte wird es uns gelingen, die verbliebenen Divergenzen zwischen den beiden Berichten auszuräumen. Ich sehe Ihren Auffassungen in dieser Aussprache mit Interesse entgegen.
Glase (PPE-DE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Haushaltsausschusses. - Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die Mitteilung der Kommission und der Bericht von Herrn Whitehead zur verbraucherpolitischen Strategie 2002-2006 sind ganz entscheidende Berichte. Die Bevölkerung in unseren EU-Mitgliedstaaten baut darauf, dass das Europäische Parlament den Verbraucherschutz stets hoch hält und ihn im Rahmen des EU-Binnenmarktes als sehr wichtiges und entscheidendes Element betrachtet. Die Qualität des Verbraucherschutzes ist in unseren Landen ein wichtiger Gradmesser unserer wirksamen Arbeit.
Verschiedene Ausschüsse haben ihre Stellungnahmen abgegeben. Die Aufgabe des Haushaltsausschusses war es, den Finanzbogen für diese verbraucherpolitische Strategie zu prüfen und zu bewerten. Dem federführenden Ausschuss wurden zusammen mit der Zustimmung zur Mitteilung der Kommission einige ordnungspolitische Korrekturen vorgeschlagen. Außerdem bedauert der Ausschuss, dass bei der vorgelegten Strategie nicht bereits der Versuch einer Bewertung oder Qualifizierung der Finanz- und Haushaltsauswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen unternommen wurde.
Weiterhin weist der Ausschuss darauf hin, dass die Finanzbeträge, falls die in der Strategie vorgesehenen Maßnahmen bei Übernahme in den Vorschlag für einen neuen Rechtsrahmen noch über 2006 hinausreichen, entweder durch eine Vereinbarung über eine neue finanzielle Vorausschau, oder durch jährliche Haushaltsbeschlüsse bestätigt werden müssen. Ich hoffe also, es wird noch genügend Zeit sein, die notwendigen Korrekturen vorzunehmen bzw. die vorgeschlagenen Änderungsvorschläge in die praktische Umsetzung einfließen zu lassen.
Radwan (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. - Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar, ich freue mich, dass wir heute zu diesem wichtigen Thema eine Aussprache führen können. Wir haben ja demnächst den Frühjahrsgipfel, in dem wir nach drei Jahren erneut darüber nachdenken werden, wie Europa zur wettbewerbsfähigsten und zur innovativsten Region in der Welt wird.
Unbestritten ist Verbraucherschutz ein wichtiges Thema. Wir müssen uns damit auseinander setzen, wie wir ihn umsetzen. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass - und da appelliere ich an die Stringenz der Kommission - Verbraucherschutz diesen Kriterien nicht zuwiderläuft. Wir verfolgen zum Beispiel auf der einen Seite das Ziel, in Europa weniger Bürokratie zu haben. Ich habe aber den Eindruck, dass wir immer mehr Bürokratie aufbauen, uns also von dem Ziel, weniger Bürokratie zu erreichen, ein Stück zusätzlich entfernen.
Ich möchte in dieser Debatte auch das Bild ansprechen, das wir vom Konsumenten und vom Bürger haben. Ich bin ein großer Anhänger von Transparenz im Bereich des Verbraucherschutzes - d. h. dem Bürger die notwendige Information zu geben -, aber letztendlich sollte dann der Bürger nicht Stück für Stück durch die Politik entmündigt werden. Ich spreche hier ein ganz konkretes Beispiel aus meinem Tätigkeitsbereich an, die Verbraucherkreditrichtlinie, bei der auch die Kommission einen aus meiner Sicht nicht ganz nachvollziehbaren Schwenk vollzieht, indem sie weggeht von einem Standard der Minimalharmonisierung und gegenseitigen Anerkennung hin zu einem Bereich der Maximalharmonisierung, indem zum Beispiel eine Beweislastumkehr für Banken aufgenommen wird, indem die Pflicht entfällt, künftig genauestens zu prüfen, inwieweit der Kreditnehmer in der Lage ist, den Kredit zurückzuzahlen.
Das ist selbstverständlich im Interesse jedes Kreditgebers, jedes Ratenverkäufers, aber letztendlich haben wir auch eine Selbstverantwortung des Bürgers. Hier geht es letztlich auch darum - im Interesse dieses Zieles, die wettbewerbsfähigste Region der Welt zu werden - welche Kräfte wir in der Wirtschaft, welche Kräfte wir im Mittelstand loslassen.
Darum freut es mich, dass der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hierzu vielleicht ein wenig konträre, aber doch wichtige Meinungen beitragen kann und dass die Kommission bezüglich dieses Ziels künftig eine einheitliche Linie verfolgt.
(Beifall)
Thyssen (PPE-DE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Recht und Binnenmarkt. – (NL) Ich kann mich hier im Grunde genommen kurz fassen und möchte dem Kollegen Whitehead danken. Im Ausschuss für Recht und Binnenmarkt haben wir unser Bestes getan, um uns auf die rechtlichen Aspekte des verbraucherpolitischen Strategiepapiers zu konzentrieren, und offensichtlich wurde dies von Herrn Whitehead und den Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik respektiert und gewürdigt, denn ich habe festgestellt, dass nahezu sämtliche Punkte unserer Stellungnahme in den Bericht Whitehead übernommen worden sind. Ich kann dafür nur meinen Dank aussprechen.
Mir bleibt somit nur noch auf die vorhin gestellte Frage des Kollegen Whitehead zur Ziffer 15 seines Entschließungsantrags, die auf einer ursprünglichen Ziffer in meiner Stellungnahme beruht, zu antworten. Ziffer 15 betrifft das internationale Privatrecht. In meiner Stellungnahme wollte ich zum Ausdruck bringen, dass, wenn Aspekte des internationalen Privatrechts im Verbraucherrecht zum Tragen kommen, wir diese auf der Grundlage von Artikel 95, des den Binnenmarkt betreffenden Artikels, regeln können sollten. Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik hat noch Artikel 153 hinzugefügt, und meiner Meinung nach kann diese Ergänzung durchaus bestehen bleiben. Damit dürfte es wohl kaum Probleme geben, Kollege Whitehead. Vermutlich handelt es sich hier eher um ein Übersetzungsproblem als um einen Punkt, über den der Sache nach viel diskutiert werden könnte. Ich hoffe, hiermit etwas Klarheit geschaffen zu haben, und ferner möchte ich dem Sitzungspräsidenten eine halbe Minute meiner Redezeit zurückgeben, als Ausgleich dafür, dass ich vorhin zu lange gesprochen habe.
Oomen-Ruijten (PPE-DE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit. – (NL) Herr Präsident! Ich werde zwei Minuten im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit sprechen und in meiner restlichen Redezeit auf den Bericht von Frau Patrie und den Bericht von Frau Thyssen eingehen. Herr Präsident, es ist mir ein Vergnügen, mit der verbraucherpolitischen Strategie zu beginnen und zu dem Stellung zu nehmen, was Herr Whitehead geschrieben hat.
Als Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit bin ich Herrn Whitehead dankbar, dass viele unserer Änderungsanträge in den – wie stets, so darf ich sagen, Phillip – gründlichen Bericht, den du erstellt hast, übernommen wurden. Der Ausschuss für die Rechte der Frau und Chancengleichheit möchte eine enge Beteiligung der schwächeren Gruppen an der Verbraucherpolitik, und dieser Wunsch wurde meines Erachtens sehr treffend zum Ausdruck gebracht. Besondere Aufmerksamkeit muss den Verbrauchern und den Verbraucherorganisationen in den Beitrittsländern geschenkt werden, da der Binnenmarkt unseres Erachtens nur dann einwandfrei funktionieren kann, wenn die Marktteilnehmer ebenbürtig sind. Das bedeutet, dass wir die Verbraucher dafür rüsten müssen, durchdachte Entscheidungen zu treffen.
Die Verbraucherorganisationen in den Beitrittsländern sind noch nicht, wenn ich es mal so sagen darf, optimal für ihre Aufgabe als Vertreter der Verbraucher gerüstet. Die Notwendigkeit einer speziellen Aufmerksamkeit ist hier gerechtfertigt, und wir haben dies sehr oft gefordert. Infolgedessen kann ich den Schwerpunkten der Strategie 2002-2006 zustimmen: ein hohes Verbraucherschutzniveau, wirksame Durchsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften sowie die Rolle der Verbraucherorganisationen. Ich habe dies bereits ausdrücklich erwähnt.
Herr Präsident, ich komme nun zum Grünbuch. Ziel des Grünbuchs ist eine Rahmenrichtlinie für die Verbraucherpolitik. Ich bin für eine solche Rahmenrichtlinie, vorausgesetzt, dass einige Bedingungen erfüllt werden. Tatsächlich sind die geltenden Rechtsvorschriften zu fragmentiert, und eine Rahmenrichtlinie kann dazu beitragen, Klarheit zu schaffen. Ich finde es hervorragend, dass die für die Entscheidungen vor dem Kauf einer Dienstleistung oder eines Produkts und beim Kauf selbst notwendige Bereitstellung von Informationen, der Kundendienst, die Regelung von Klagen und der Zugang zum Recht in der Rahmenrichtlinie verankert werden. Unlautere Geschäftspraktiken müssen dabei den Ausgangspunkt bilden, und deshalb kann ich dem Bericht von Frau Thyssen uneingeschränkt zustimmen.
Die Bestimmungen dieser Rahmenrichtlinie können und dürfen jedoch nicht zu dem bereits bestehenden Dickicht an Rechtsvorschriften zusätzlich hinzukommen. Damit würde alles nur noch verworrener, nicht nur für die Verbraucher, sondern sicherlich auch für die Geschäftswelt. Deshalb möchte ich nachdrücklich dafür plädieren, dass wir, wenn wir diese Rahmenrichtlinie vorlegen, gleichzeitig die verschiedenen vertikalen Richtlinien sofort zurückziehen – die Wasserrahmenrichtlinie ist dafür ein gutes Beispiel. In diesem Sinne könnte die Rahmenrichtlinie wohl eine Lösung bringen. Sehr wichtig bei einem solchen horizontalen Rahmen ist unseres Erachtens, dass europaweit die gleichen Pflichten gelten, nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die Verbraucher. Damit wird Transparenz gewährleistet, und es werden mehr Möglichkeiten geschaffen, insbesondere für die kleineren Betriebe, die durch den Binnenmarkt gebotenen Chancen zu nutzen.
Herr Präsident, ich möchte ferner sagen, dass diese Rahmenrichtlinie von einem hohen Verbraucherschutzniveau ausgehen, aber auch den Grundsatz der maximalen Harmonisierung als Ausgangspunkt haben sollte, allerdings in Verbindung mit dem hohen Verbraucherschutzniveau. Dies erscheint mir notwendig, weil andernfalls weiterhin Unklarheit bestehen wird. Wir möchten, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert, dass wir überall in Europa einen einwandfreien Service haben, dass Qualitätsdienstleistungen verkauft werden und dass jeder genau weiß, woran er ist. In diesem Sinne können wir für eine Rahmenrichtlinie stimmen. Ich hoffe ferner, dass die von unserer Fraktion zu dem Bericht von Frau Patrie eingereichten Änderungsanträge, mit denen dieser Bericht besser mit dem Bericht von Frau Thyssen in Einklang gebracht werden kann, unterstützt werden. Auf diese Weise könnten wir wohl zu einer sehr präzisen Abgrenzung gelangen. Ich wünsche daher den Dienststellen der Kommission viel Erfolg und ersuche sie, uns, und die stakeholders, an der Ausarbeitung der neuen Rechtsvorschrift bitte beteiligen zu wollen.
Bushill-Matthews (PPE-DE). −(EN) Herr Präsident, ich freue mich, dass wir heute Vormittag drei so starke Berichte über Verbraucherschutz besprechen und dass sie übergreifend so viele verschiedene Ausschüsse einbeziehen. Das ist gut und richtig. Fragen der Verbraucherpolitik sollten nicht das Vorrecht eines speziellen Ausschusses, sondern grundlegend für unser gesamtes Arbeiten sein.
Meine Bemerkungen werden sich im Wesentlichen auf den Bericht Whitehead beschränken, obwohl sie natürlich auch Implikationen für verschiedene andere Berichte haben. Adam Smith hat erklärt, dass Ziel und Zweck aller wirtschaftlichen Tätigkeit allein der Konsum ist. Der Kunde ist König, und wir im Parlament – und natürlich auch die Kommission – täten gut daran, dessen eingedenk zu sein.
Der Kommissionsbericht ‘Verbraucherpolitische Strategie 2002-2006’ und auch der Whitehead-Bericht sind zwei äußerst positive Schritte in diese Richtung. Ich gehöre nicht zu denen, die automatisch jedem Berichterstatter gratulieren, besonders, das darf ich wohl sagen, wenn sie von der PSE-Fraktion kommen, aber in diesem Fall freue ich mich, diesem Berichterstatter meinen uneingeschränkten Glückwunsch und meine Unterstützung für eine ausgezeichnete Arbeit auszusprechen.
In seiner üblichen bescheidenen Art hat er auch geäußert, dass Änderungsanträge anderer Fraktionen und Kollegen den Bericht noch verbessert hätten, und in der Tat hat er Anträge zahlreicher Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher politischer Gruppierungen und anderer Ausschüsse aufgenommen. Ich bin sehr dankbar für seine bereitwillige Akzeptanz einiger meiner Änderungsanträge, zum Beispiel, dass ein Leitgedanke der Verbraucherpolitik die größtmögliche Wahlfreiheit der Verbraucher sein muss, dass die Vollendung des Binnenmarkts darum eine Priorität für Verbraucher und nicht nur für Unternehmen ist, dass eine Überarbeitung der Richtlinie über Pauschalreisen als Priorität aufgenommen werden sollte und dass Länder, die auf Verbraucherschutzgesetze pfeifen, schneller und gründlicher abgestraft werden sollten.
Ich möchte auch auf die ganze Reihe von Abschnitten, beginnend mit Ziffer 5, aufmerksam machen, die sich auf das Ziel Nr. 1 beziehen −ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes −und in denen er seine Besorgnis über den Vorschlag feststellt, von Maßnahmen der Harmonisierung auf Mindestniveau zu Maßnahmen einer Harmonisierung auf Höchstniveau überzugehen. Dieser Punkt wurde bereits von Frau Thyssen und von Herrn Radwan aus zwei anderen Ausschüssen aufgegriffen. Ich stimme voll und ganz zu, dass dies von Fall zu Fall getan werden sollte, wie explizit unter Ziffer 13 über die Grundsätze der Subsidiarität, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ausgeführt wird. Ich hoffe, die Kommission macht sich diese Punkte zu Eigen.
Besonders bewundere ich, dass der Bericht nicht nur mit guten Absichten angefüllt ist. Er fordert vernünftige, praktische und konkrete Schritte, um besseren Verbraucherschutz in der gesamten Europäischen Union herbeizuführen. Ich hoffe, die Kommission gestattet mir, auch noch auf Ziffer 44 über die Gefahren passiven Rauchens aufmerksam zu machen, obwohl es vielleicht überrascht, dass diese Frage in diesem speziellen Bericht auftaucht. Es ist ein grundlegendes Verbraucherrecht, frische Luft atmen zu können. Ich hoffe, er wird persönlich, gemeinsam mit den Quästoren, dafür sorgen, dieses Recht zu gewährleisten.
Schließlich erwarte ich bei der Abstimmung heute Vormittag eine überwältigende Unterstützung für den Whitehead-Bericht. Ein solches Votum wäre wirklich wohl verdient. Ich hoffe, der Bericht wird auch von der Kommission und dem gesamten Rat mit gleichem Enthusiasmus aufgenommen. Der Verbraucher muss überall regieren. Lang lebe der König!
Corbey (PSE). – (NL) Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Verbraucher sind, wie soeben gesagt wurde, einer der Gründe für das Bestehen der Europäischen Union. Bessere und billigere Produkte sowie eine größere Wahlmöglichkeit sind die Beweggründe für den Binnenmarkt. Von den Verbrauchern wurde dies bislang noch nicht voll erkannt. Einige Verbraucherrechte machen an den nationalen Grenzen Halt. Deshalb begrüße ich aufrichtig eine allgemeine Initiative, eine Rahmenrichtlinie für die Verbraucherpolitik. Ich unterstütze auch die Berichterstatter Whitehead, Patrie und Thyssen und gratuliere ihnen.
Ich möchte vier Punkte hervorheben. Der Erste betrifft faire Handelspraktiken, eine hohe Grundnorm, die in ganz Europa gelten muss, wobei europäische Rechtsvorschriften einzelstaatliche Errungenschaften nicht beeinträchtigen dürfen. Aufklärung über Rechte und zusätzliche Verhaltenskodizes sind notwendig.
Zweitens: Das Recht auf Information. Informationen über die Produkte und die Art ihrer Herstellung sind von entscheidender Wichtigkeit. Selbstverständlich geht nicht jeder Verbraucher selbst zum Hersteller, um sich über die Produktionsprozesse zu informieren. Untersuchungen zufolge sind nur 10 % der Verbraucher daran interessiert, aber diese 10 % sind tonangebend, zumindest dann, wenn sie von starken Verbraucherorganisationen gestützt werden. Diese 10 % haben bewirkt, dass beispielsweise dem Tierschutz, dem Agrarsektor und den Arbeitsverhältnissen im Textilsektor mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, und diese 10 % werden auch dazu beitragen, dass sich die Globalisierung in einer akzeptablen Richtung entwickelt.
Drittens: Mitsprache der Verbraucher, Unterstützung der Verbraucherorganisationen, speziell in den Beitrittsländern, sowie Suche nach neuen Möglichkeiten für weniger Anonymität der Verbraucher. Ferner Experimente mit öffentlichen Foren, in denen Verbraucher Ideen zur Entwicklung neuer Produktionsverfahren und -prozesse beisteuern können.
Mein letzter Punkt betrifft die politische Verantwortung. Eine solide Verbraucherpolitik muss selbstredend dazu beitragen, dass sich die europäische Politik, von der Chemikalienpolitik bis zum elektronischen Geschäftsverkehr, an den Verbrauchern orientiert.
In Europa geschieht eine Menge im Namen der Verbraucher. Die Liberalisierung öffentlicher Dienste sollte ein billigeres und besseres Dienstleistungsangebot für die Verbraucher ermöglichen. Das ist zwar ein lobenswertes Ziel, was aber ist daraus geworden? In ganz Europa klagen Reisende über die nachlassende Qualität des öffentlichen Verkehrs. Auf dem Telefonmarkt sind die Preise unübersichtlich geworden, und was die Wahlmöglichkeiten zwischen den Stromanbietern betrifft, so werden letztendlich wenig Verbraucher dafür Schlange stehen. Was haben 10 Jahre Binnenmarkt dem Verbraucher im Grunde genommen gebracht? Oder nehmen Sie als weiteres Beispiel den Euro. Durch den Euro sollte alles billiger werden. Mittlerweile wissen wir, dass der Euro zu drastischen Preiserhöhungen geführt hat. Selbstredend kann es auch Fehlschläge geben. Jeder Verbraucher hat Verständnis dafür. Wenn jedoch die Liberalisierung, der Euro und der Binnenmarkt nicht die gewünschte Wirkung zeitigen, an wen können sich dann die Verbraucher wenden? Können sich die Verbraucher an die europäische Politik, an ihre nationalen Regierungen, an die Wirtschaft wenden? Oder eigentlich an niemanden?
Die Verbraucher müssen Rechte haben, aber sie müssen auch die Politik zur Verantwortung ziehen können. Kurzum, wir müssen aufhören, vage Versprechungen über die Verbraucher und an die Verbraucher zu machen. Für die Verbraucher müssen konkrete und präzise Ziele gesetzt werden, und es muss klar sein, wer die politische Verantwortung trägt. Vielen Dank.
Maaten (ELDR). – (NL) Herr Präsident! Wir behandeln hier drei selbstverständlich wichtige Berichte. Zwar geht es nicht um eine Rechtsvorschrift, aber ich sehe mit Interesse der Rechtsvorschrift entgegen, die auf diese Berichte folgen wird. Dabei bin ich sehr zuversichtlich, denn auch diesbezüglich haben wir volles Vertrauen in den Kommissar. Ich bin ich sehr gespannt, ob er angeben kann, bis wann wir die verschiedenen Legislativvorschläge erwarten dürfen.
Die Herausforderung besteht selbstredend darin, die Verbraucherpolitik und die Vollendung des Binnenmarkts richtig zu koordinieren. Die Verbraucherpolitik darf keinen Vorwand bilden, Handelshemmnisse zu errichten. Die soeben von dem Kommissar genannten Zahlen bezüglich der allgemeinen Vorteile einer Harmonisierung sprechen diesbezüglich meiner Meinung nach Bände.
Die Verbraucher profitieren vom Freihandel dadurch, dass sie billigere und bessere Produkte kaufen können, und selbstverständlich muss ein hohes Verbraucherschutzniveau erreicht werden. Vertrauen ist der Motor des Wirtschaftswachstums. Die Verbraucher müssen Vertrauen in die Produkte haben, sonst werden sie sie nicht kaufen. Die Industrie muss Vertrauen in den Binnenmarkt besitzen, und die Verbraucher müssen den Lieferanten vertrauen. Wir können zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Wir müssen auf eine Situation hinwirken, in der es für den Verbraucher gleichgültig ist, ob er seine Erzeugnisse in den Niederlanden oder in Griechenland kauft. Das ist nicht einfach.
Die Verbraucher wissen oftmals nicht, welche Rechte sie haben. Verbraucherorganisationen können dabei behilflich sein. Verbraucherzeitschriften werden eifrig gelesen und enthalten nützliche Hinweise. Die Leute haben viel Vertrauen in solche Organisationen. Deshalb sollte meines Erachtens – und erfreulicherweise wird dies auch von dem Kommissar angestrebt – die Union diese Organisationen an der Vorbereitungsarbeit für die künftige Politik eng beteiligen.
Unlautere Handelspraktiken sind ferner dem Vertrauen in den Markt abträglich. Ein unehrlicher Autoverkäufer kann den Markt für seine Wettbewerber verderben. Gegen unlautere Händler muss daher energisch vorgegangen werden, weshalb die Entscheidung richtig ist, dass unerwünschte Geschäftspraktiken auf europäischer Ebene angegangen werden sollen. Dazu bedarf es natürlich einer eindeutigen Definition dessen, was unerwünschte Geschäftspraktiken sind. Nach meinem Dafürhalten gehören dazu nicht nur, aus der physischen oder psychischen Verletzbarkeit Nutzen zu ziehen, oder eine physische oder moralische Nötigung. Auch verhinderndes Verhalten muss darunter fallen, wie zum Beispiel es den Verbrauchern schwer zu machen, den Erbringer von Dienstleistungen zu wechseln. Nur wenn man den Dienstleistungserbringer problemlos wechseln kann, besteht ein optimaler Wettbewerb, der zu niedrigeren Preisen und besserer Qualität führt. Man denke nur an den Fall, die Bank wechseln zu wollen. Das wird einem ungemein erschwert. Die Übertragbarkeit von Nummern existiert nicht, und nach meinem Dafürhalten sind dies künstliche Grenzen.
Abschließend, Herr Präsident, bin ich der Meinung, die Kommission sollte Artikel 153 des Vertrags häufiger als Rechtsgrundlage im Bereich des Verbraucherschutzes heranziehen. Wir haben diesen Artikel nicht umsonst geschaffen, und er wird sowohl dem Verbraucher als auch dem Binnenmarkt zugute kommen.
Caudron (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Da ich heute Morgen im Namen meiner Fraktion in der Debatte zum Verbraucherschutz das Wort ergreife, möchte ich im Hinblick auf diesen Bereich - wie viele meiner Kollegen auch - erneut zum Ausdruck bringen, dass man zwar die Ziele der Europäischen Kommission - hohes Niveau des Verbraucherschutzes, effektive Anwendung der Bestimmungen und Mitwirkung der Verbraucherorganisationen - gutheißen kann, wohl aber feststellen muss, dass die Vorschläge, die uns unterbreitet werden, immer noch viel zu verschwommen und nicht konkret genug sind.
Daher befürworte ich voll und ganz die Vorschläge von Philipp Whitehead und Béatrice Patrie vor allem im Hinblick auf Sicherheit, Verkehr, Chemikalien, elektronischen Geschäftsverkehr sowie die auf alle Fälle von Anfang an bereitzustellenden Informationen, damit gegebenenfalls wirksame Schutzmechanismen und geeignete Rechtsmittel in die Wege geleitet werden können. Ich möchte auch noch eine spezielle Bemerkung zur Verständlichkeit des Umweltkennzeichens und vor allem zur Notwendigkeit fundierter Informationen zu den GMO, die bekanntlich unter uns große Diskussionen auslösen, anbringen. Schließlich will ich noch auf die Spielzeug-Richtlinie und die Kontrolle der CE-Kennzeichnung eingehen.
Da ich vor mehreren Jahren Berichterstatter zu diesen Themen war, weiß ich, dass die Spielzeug-Richtlinie baldigst überarbeitet werden muss und die CE-Kennzeichnung in vielen Fällen aufgrund unzulänglicher Kontrollen ihren Sinn verloren hat. Übrigens habe ich zu diesem Punkt mehrfach an die Kommission geschrieben, erhielt jedoch leider keine wirklich befriedigende Antworten. Im Übrigen möchte ich im gegenwärtigen Stadium der Debatte über die Verbraucherpolitik und den Verbraucherschutz auch klar und deutlich zwei grundsätzlich kritisch gemeinte Fragen ansprechen, die mir Sorge bereiten. Erstens: Die Verbraucherschutzpolitiken sind unabhängig von ihrem Anliegen zu stark an das Ziel der forcierten Durchsetzung des gemeinsamen Marktes gebunden und daher zu stark davon abhängig. Diese Politiken dienen nur selten eigenständigen Zielen, sondern sind zumeist Folge des freien Wettbewerbs. Zweitens: Diese Politiken dienen häufig, um nicht zu sagen immer, als Vorwand, um den Begriff der Leistungen der öffentliche Daseinsvorsorge zu verwässern oder gar ganz aus der Welt zu schaffen, wobei dieser viel mehr umfasst als der Verbraucherschutz, da er langfristig angelegt ist und, insbesondere über die Gebührengestaltung und die Zugangsbedingungen, Solidarität sowie Raumplanung beinhaltet. In einigen Ländern und Fraktionen sind die besten Verbraucherschützer auch häufig die heftigsten Gegner der öffentlichen Daseinsvorsorge, da sie den freien Wettbewerb und den Vorrang des Privatsektors befürworten.
Daher möchte ich es heute Morgen nicht versäumen - auch wenn ich die Bemühungen der Europäischen Kommission begrüße und die Vorschläge unserer Berichterstatter unterstütze - auch auf diese Meinungsverschiedenheiten oder gar konträren Standpunkte zu verweisen.
VORSITZ: JOSÉ PACHECO PEREIRA Vizepräsident
Rod (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident! Das Grünbuch der Kommission und die heute Morgen vorgelegten Berichte gehen in die richtige Richtung. Es geht doch darum, zügig alle notwendigen Voraussetzungen zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus zu schaffen. Die Verbraucher müssen sicher sein, dass ihre Rechte überall gleichermaßen und umfassend gewahrt werden. Um dieses hohe Schutzniveau zu erzielen, müssen die Verbraucherorganisationen in die Erarbeitung sowohl der gemeinschaftlichen als auch der internationalen Verbraucherschutzpolitiken einbezogen werden.
Bei den zahlreichen Veränderungen, die gegenwärtig im Bereich des Handels vor sich gehen, ist es unbedingt erforderlich, die Zivilgesellschaft zu konsultieren. Sie muss die Möglichkeit haben, an den entsprechenden Debatten teilzunehmen und auf Entscheidungen Einfluss zu nehmen, die in erster Linie sie selbst betreffen. Der Verbraucher soll mittels seines Verbrauchs eine aktive Rolle spielen. Künftig soll nicht mehr unbewusst konsumiert, sondern eine bewusste Wahl getroffen werden. Demzufolge muss der Verbraucher geschützt, aber auch informiert werden. Daher muss er Zugang zu allen Informationen haben, die er für wesentlich hält. So sollte er beispielsweise die Möglichkeit haben, sich über die Produktionsabläufe, einschließlich der Arbeitsbedingungen der Angestellten, zu informieren. Die auf der Ebene der Gemeinschaft festgelegten Logos für fairen Handel oder für Unternehmen, die soziale Standards einhalten, sind daher wertvolle und wirksame Instrumente - ebenso wie jene, die bereits in der biologischen Landwirtschaft gelten.
Wenn wir einen nach ethischen Kriterien ausgerichteten, fairen Handel anstreben, müssen wir deutlich machen, dass wir Wert auf hochwertige Erzeugnisse legen, die - in so unterschiedlichen Bereichen wie der Kaffee- oder der Kinderspielzeugproduktion - die menschliche Würde nicht infrage stellen und die den im Rahmen des Vorsorgegrundsatzes geltenden Kriterien genügen. In diesem Zusammenhang wird ein weiteres Mal deutlich, von welch grundsätzlicher Bedeutung die Rückverfolgbarkeit von GMO ist. Wir dürfen nicht zulassen, wie aus einigen Änderungsanträgen hervorgeht, dass die Verbraucher den GMO zunehmendes Vertrauen entgegenbringen. Im Gegenteil, unsere Aufgabe ist es, die Verbraucher zu schützen und ihnen ausführliche und zuverlässige Informationen zu vermitteln, so dass sie voll aufgeklärt und bewusst die richtige Wahl für sich und ihre Kinder treffen können. Wir müssen auch darauf verweisen, dass die Verbraucher in ihrer Eigenschaft als Bürger bei der Errichtung eines nachhaltigen Gesellschaftsmodells mitwirken müssen. Wir dürfen den Bürger nicht auf den simplen Verbraucher reduzieren. Im Gegenteil, er muss voll in die Ermittlung der Bedürfnisse einbezogen werden, die dann eine gesellschaftliche Entscheidung darstellt.
Nobilia (UEN). – (IT) Herr Präsident, die Berichte von Frau Patrie, Frau Thyssen und Herrn Whitehead scheinen trotz aller Unterschiede das gemeinsame Gefühl einer gewissen Enttäuschung zum Ausdruck zu bringen, der wir uns – wenn sie wirklich existiert – ebenso wie dem Inhalt der Berichte anschließen. Die von der Kommission getroffene Feststellung, dass die Zersplitterung der EU-Regelungen und der einzelstaatlichen Bestimmungen das Funktionieren des Binnenmarkts behindert, ist in der Tat unbestreitbar, wie dies im Übrigen auch die Tatsache ist, dass zahlreiche Verbraucher kein Vertrauen in grenzüberschreitende Kaufabschlüsse haben, weil Unterschiede in der Gesetzgebung bestehen, aber vielleicht noch mehr, weil ihnen die rechtlichen Garantien nicht ausreichend bekannt sind. Ebenso unbestreitbar ist daher die Notwendigkeit eines einfachen, homogenen Rechtsrahmens, der sich aus einer begrenzten Zahl von wesentlichen Bestimmungen zusammensetzt, die unabhängig von der Art des Kaufabschlusses angewandt werden können und den Verbraucherschutz durchgängig regeln, einschließlich der Beziehungen nach Abschluss des Vertrags und des Kundendienstes.
Deshalb haben wir den von der Kommission vertretenen Standpunkt begrüßt, wonach ein globaler Ansatz für das Problem erforderlich ist, der zum einen auf die Festlegung von Verpflichtungen, angefangen bei einem lauteren Geschäftsverhalten, abzielt und zum anderen auf objektiven Kriterien beruht, um Auslegungsunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden. Aber obwohl all das einen Sinn hat, kann man nicht umhin, bisweilen vonseiten der Kommission selbst ein widersprüchliches Verhalten festzustellen: vor allem wird die Behandlung des Problems übermäßig in die Länge gezogen, aber nicht nur das. Das Grünbuch zum Verbraucherschutz von 2001 hat z. B., wie bekannt ist, eine Periode umfangreicher Konsultationen und eine beachtliche Debatte über die Zukunft des gemeinschaftlichen Verbraucherrechts eingeleitet. Gleichwohl hat die Kommission inzwischen, noch bevor die Ergebnisse des Konsultationsprozesses bekannt waren, den Vorschlag für eine Verordnung betreffend die Verkaufsförderung im Binnenmarkt vorgelegt, was zum einen von der geringen Beachtung des Standpunkts des Europäischen Parlaments bezüglich des globalen Ansatzes zeugt, und zum anderen den absurden Eindruck erweckt, dass man der Weiterführung der sektoralen Harmonisierung den Vorzug gibt.
Mehr noch: Die unterschiedlichen Herangehensweisen an im Grunde ähnliche Probleme lassen sich schlecht mit dem angestrebten Ziel vereinbaren, wie – um ein weiteres Beispiel zu nennen – bei der Kennzeichnung, wo nach wenigen Monaten das Vorhandensein gleicher Substanzen uneinheitlich geregelt wird. Man könnte meinen, Einwände dagegen, dass von ursprünglich für Anwendungen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge bestimmten Präparaten in anderen Bereichen Gebrauch gemacht wird, seien nutzlos: jüngstes Beispiel sind die Kosmetika und die Waschmittel.
Wir glauben, um noch einen Augenblick bei diesem Thema zu bleiben, dass die Verbraucher Kenntnisse über die verwendeten Produkte besitzen müssen, aber wir sind auch der Meinung, dass sie dafür brauchbare Informationen benötigen, die sie in die Lage versetzen, selbst eine Wahl, auch eine „politische“ Wahl, zu treffen. Damit soll die Bedeutung der Arbeit der Verbraucherschutzorganisationen – für die wir eine hohe Wertschätzung haben – keineswegs geschmälert werden.
Wenn also vom Grundsatz her ein hohes Verbraucherschutzniveau erreicht und gleichzeitig eine akzeptable Harmonisierung der Vorschriften innerhalb des Binnenmarkts angestrebt werden soll, sind offenbar zwei Wege einzuschlagen, wobei sich der eine aus dem anderen ergibt: Der eine Weg wurde vom Kollegen Whitehead genannt, dem zufolge bei der Änderung geltender oder bei der Aufstellung neuer Rechtsvorschriften die Eignung der Bestimmungen zur Harmonisierung auf Mindest- bzw. Höchstniveau im Einzelfall begutachtet werden sollte. Sobald dies erfolgt ist, besteht der andere Weg in der korrekten Umsetzung und der praktischen Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch die Mitgliedstaaten. Hier kommt der Kommission erneut eine entscheidende Rolle zu, wenn es stimmt, dass nur fünf Mitgliedstaaten die auf der Tagung des Europäischen Rates in Barcelona gesetzten Zielvorgaben bezüglich der Umsetzungsquoten erfüllen.
Bernié (EDD). – (FR) Herr Präsident! Mit dem Rechtsschutz für Verbraucher wird ein umfassendes und anspruchsvolles Vorhaben in Angriff genommen, das ein hohes Verbraucherschutzniveau sichern soll. Hohes Niveau ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit pauschalem Schutz. Unserer Ansicht nach setzt es die Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität, der Notwendigkeit und der Proportionalität voraus.
Ich persönlich trete für eine Mindestharmonisierung ein, was die einzelnen Mitgliedstaaten nicht daran hindern soll, die ihren Besonderheiten am besten entsprechenden Rechtsvorschriften einzuführen. Ich teile auch den Gedanken, Artikel 151 Absatz 3 EG-Vertrag durchweg anzuwenden, der die alleinige Rechtsgrundlage für den Erlass von Rechtsvorschriften sein sollte. Wir sollten aufhören, uns regelmäßig auf Artikel 95 zu berufen, in dem es allein um den gemeinsamen Markt geht. Allen Bürgern einen universellen und erschwinglichen Zugang zu qualitativ hochwertigen Leistungen zu garantieren, ist eine unserer Hauptforderungen. Unsere Forderung muss lauten, dass die WTO unsere öffentliche Daseinsvorsorge nicht aufweicht. Darüber hinaus stimme ich der WTO-Kennzeichnung als einem Instrument zu, das über den Ursprung und die Herstellungsverfahren informiert. Hingegen habe ich weiterhin hinsichtlich der Errichtung eines europäischen Verbraucherzentrums Vorbehalte, denn daraus würde sich eine Überschneidung mit den nationalen Organisationen ergeben, die ihrer Rolle durchaus gerecht werden und deren Vernetzung für sie von Vorteil sein könnte.
Skeptisch bin ich auch hinsichtlich des Inhalts des Berichts Thyssen: die Kommission aufzufordern, eine gründliche Folgenabschätzung über die Möglichkeit einer Harmonisierung auf Höchstniveau durchzuführen, erscheint nicht realistisch. Außerdem muss zwischen dem Verbraucherschutz und der Verordnung über den Werbeverkauf eine Verbindung hergestellt werden. Was die Einführung von Verhaltenskodizes anbelangt, so scheint mir der Gedanke in dieser Form kein gangbarer Weg zu sein. Woher würden diese Verhaltenskodizes ihre Legitimität beziehen? Und wie sollte ihr Fortbestand gewährleistet werden? Alles das sind Fragen, die es nahe legen, sich besser nicht auf diesen Weg zu versteifen.
Ilgenfritz (NI). – Herr Präsident! Selbstverständlich sollen wir die Verbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken schützen, weil wir dadurch ein Klima des Vertrauens schaffen. Wir dürfen dabei aber nicht über das Ziel hinausschießen, indem wir die Verbraucher vor sich selbst schützen und sie für unmündig erklären. Ein Beispiel dafür ist die Verbraucherkredit-Richtlinie. In dem Sinne sind alle Maßnahmen zu unterstützen, die sich auch verkaufsfördernd auswirken und die Verwirklichung des Binnenmarktes fördern. Keinesfalls darf sich der bürokratische Aufwand bei den Unternehmen erhöhen, weil dadurch vor allem auch KMU benachteiligt werden. Unser Ziel muss sein, mehr Vertrauen zu schaffen, aber gleichzeitig den bürokratischen Aufwand nicht zu erhöhen!
Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Ilgenfritz. Mir liegt ein Antrag zur Wortmeldung zu einem Tagesordnungspunkt von einem Abgeordneten vor, der vor sich ein Plakat postiert hat, um dessen Entfernung ihn das Präsidium bereits gebeten hat. Es ist eine Frage des Respekts gegenüber dem Präsidium und seinen Kollegen, der meiner Meinung nach vor dem Antrag auf eine Wortmeldung stehen sollte.
Das Präsidium hat den Abgeordneten bereits gebeten, das Plakat zu entfernen. Es ist allgemein üblich in diesem Haus, dass, wenn das Präsidium Abgeordnete um die Entfernung von Plakaten oder Fahnen ersucht, die sie aufgestellt haben, diese auch sofort aus Respekt gegenüber dem Präsidium und dem Parlament gegenüber entfernen. Wenn der Herr Abgeordnete zu einem Tagesordnungspunkt sprechen möchte – das Einzige, was ihm laut Geschäftsordnung gestattet ist –, sollte er zunächst einmal Respekt gegenüber dem Präsidium und dem Parlament zeigen und das vor ihm stehende Plakat entfernen.
Gorostiaga Atxalandabaso (NI). −(EN) Herr Präsident, in diesem Augenblick finden im ganzen Baskenland Demonstrationen statt...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Der Präsident. – Herr Abgeordneter, bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um den Ablauf der Arbeiten. Das Präsidium lässt keine Redebeiträge zu, die kein Tagesordnungspunkt sind.
Grossetête (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident! Ich halte die Diskussion, die wir heute zum Grünbuch und zu der uns von der Kommission zur Verbraucherpolitik vorgelegten Strategie führen, für begrüßenswert. Begrüßenswert, weil es im Zuge der EU-Erweiterung und damit auch der Erweiterung des Binnenmarktes deutlich wird, wie wichtig eine bessere Angleichung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für die Verbraucher ist. Wir sind uns auch über die Rolle im Klaren, die der Konsum in der Wirtschaft spielt. Und den haben wir momentan weiß Gott nötig!
Aus zurückliegenden Studien geht hervor, dass der europäische Verbraucher - abgesehen von den Grenzregionen - die Vorteile nicht zu nutzen vermag, die sich ihm dank der Europäischen Union bieten. Warum ist das so? Einfach, weil er noch nicht genügend Vertrauen hat, weil er nicht immer über geeignete Informationen und Angaben zu den Produkten und Leistungen verfügt, und weil er nicht immer über die erforderlichen Mittel und Wege verfügt, um sich mit der Qualität der Erzeugnisse und den Preismaßstäben vertraut zu machen, und weil er auch, vor allem im Streitfall, nicht Bescheid weiß, welche Gerichte zuständig sind. Aus all diesen Gründen kommen dem Verbraucher die durch Europa gebotenen Möglichkeiten nicht zugute. Er benötigt Kenntnisse und Informationen und ist dann durchaus zu verantwortungsvollem Verhalten - beispielsweise der Berücksichtigung von Umweltzeichen - bereit.
Folglich bedarf es, um hier eine Änderung herbeizuführen, der Angleichung der Rechtsvorschriften mit dem Ziel der Herausbildung eines wirklichen europäischen Verbraucherrechts, bei dessen Anwendung in den Mitgliedstaaten jedoch die erforderliche Flexibilität zu wahren ist. Daher befürworten wir bessere Informationen für den Verbraucher, die verständlich in seiner jeweiligen Muttersprache abgefasst sein sollten, damit er in voller Sachkenntnis seine Wahl treffen kann. Die Entwicklung einer Rahmenstrategie für den Verbraucher bedeutet auch, den Rechtsschutz des Verbrauchers zu gewährleisten, Streitfällen im Zusammenhang mit unlauteren Praktiken der Unternehmen ein Ende zu setzen und auch die Unternehmen selbst zu schützen.
Wir befürworten also ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes, Transparenz, die vermittels der Verbraucherschutzorganisationen erzielt werden kann, und wir erwarten diesbezüglich viel von der Kommission. Wir können Ihnen garantieren, Herr Kommissar, dass wir hinter Ihnen stehen, um zu gewährleisten, dass diese Verbraucherpolitik fortgesetzt werden kann.
McCarthy (PSE). −(EN) Herr Präsident, in der heutigen Welt sind die Verbraucher eindeutig aufgeklärter und anspruchsvoller. Sie haben höhere Erwartungen und sind nicht immer nur auf den niedrigsten Preis aus. Sie wünschen Qualität und Kundendienst und wollen Klarheit über ihre Rechte und die Rechtsmittel für eine Entschädigung.
In einer idealen Welt würden verantwortungsvolle Unternehmen den Verbraucherbedürfnissen nachkommen. Einige mögen sagen, dass es die große Mehrheit so macht, doch wenn das so wäre, bräuchten wir kein Gesetz. Aber wir müssen den Verbraucher vor den Cowboys unter den Geschäftsleuten schützen, vor denjenigen, die sich an unsauberen Geschäften beteiligen, und vor den Wucherern unter den Händlern. Das Dilemma der Gesetzgeber besteht darin, dass sie ein gutes und effizientes Rechtsinstrument, das die Verbraucher schützt, schaffen und andererseits den Unternehmen ermöglichen müssen, sich in einem dynamischen und wettbewerbsfähigen Umfeld erfolgreich zu entwickeln.
Die gegenwärtige Debatte über die soziale Verantwortung von Unternehmen bietet diesen die Gelegenheit, ihren Verbraucherschutz als gutes Geschäftsmodell und als Verkaufsargument zu verbessern, was ihnen zu einem Wettbewerbsvorsprung und zu kommerziellem Nutzen verhilft, während dem Verbraucher ein Mehrwert geboten wird.
Wenn wir einen funktionierenden Binnenmarkt wollen, brauchen wir flankierende Maßnahmen zur Förderung des Verbrauchervertrauens, besonders beim grenzüberschreitenden Einkauf, und wir wissen, dass die Verbraucher beim Online-Shopping noch dazu neigen, auf ihren eigenen Heimatmärkten einzukaufen.
Mit der Einführung einer Generalklausel über lauteren Handel wird es ganz entscheidend auf das Detail der Richtlinie ankommen, wenn sie zum Wohl der Verbraucher wirken und nicht von den Unternehmen als mehr Papierkrieg und Bürokratie empfunden werden soll. Wir brauchen eine einfache, konkreter ausgerichtete Gesetzgebung, die leichter durchzusetzen ist. Wie Sie wissen, Herr Kommissar, haben die Mitgliedstaaten einen unterschiedlichen Begriff von Fairness, je nach ihrem Rechtssystem. Wir wissen auch, dass in Ländern mit einer allgemeinen Klausel diese Klausel unterschiedlich wirkt. Das stellt Sie vor die Herausforderung, einen gemeinsamen Ansatz zu finden. Als gelernter Anwalt weiß ich, dass Sie verpflichtet sind, Rechtssicherheit für Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen zu gewährleisten. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass jede künftige Richtlinie in ihrer Wirkung den Binnenmarkt fördert und nicht zersplittert, da die Mitgliedstaaten eine solche Richtlinie so auslegen, anwenden oder umsetzen, dass sie sich in ihre eigenen unterschiedlichen einzelstaatlichen Herangehensweisen einfügt. Der Verbraucher ist bereits jetzt mit zersplitterten Verordnungen und Durchführungsbestimmungen konfrontiert.
Letztendlich müssen die Verbraucher wissen, welche Entschädigung sie erwarten können, wenn sie Opfer unsauberer Geschäftspraktiken oder von Wucher werden, während Unternehmen in einer Welt des Wettbewerbs tätig werden müssen. Unternehmen brauchen Klarheit über die Normen und Praktiken, nach denen sie streben müssen, um dieser Richtlinie gerecht werden zu können. Ich persönlich bin eher für hartes Durchgreifen bei irreführenden und betrügerischen Praktiken, als zu versuchen, eine gemeinsame Definition für faire Handelspraxis zu finden.
Ich begrüße den Vorschlag der Kommission, Verhaltenskodizes aufzustellen und die Selbstregulierung einzuführen, nicht als Geste oder als Ersatz für Rechtsvorschriften, sondern als ein Mittel, das uns in die Lage versetzt, rascher auf auftretende unsaubere Geschäftspraktiken zu reagieren, als es das Gesetz vermag.
Wie Herr Kommissar Prodi sagte, müssen alle europäischen Institutionen verstärkt für die Vereinfachung von Verordnungen eintreten, um die Kosten der Geschäftstätigkeit in Europa zu reduzieren und die Rechtssicherheit für die Bürger zu erhöhen. Im Bericht Thyssen hat das Parlament deutlich gemacht, dass es eine umfassendere Folgenabschätzung in diesem Bereich wünscht.
Herr Kommissar, Sie haben von drei Studien gesprochen und die Vorzüge dieser Richtlinie sehr deutlich dargelegt. Weniger deutlich haben Sie sich über die möglichen Kosten dieser Richtlinie für die Unternehmen geäußert. Es ist wichtig, dass wir den Unternehmen ihre Pflichten aufzeigen und ihnen erläutern, was sie zur Erreichung Ihrer Ziele des Verbraucherschutzes zu tun haben.
Wallis (ELDR). −(EN) Herr Präsident, meine Bemerkungen beziehen sich auf den Bericht von Frau Thyssen, den ich begrüße. Ich beglückwünsche sie zu solch einer ausgewogenen Arbeit. Wir wissen wohl um das Dilemma eines Berichts, der die Interessen von Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen behandeln muss.
Vor uns liegen sehr gute und innovative Gedanken der Kommission – eine übergreifende Politik, eine Rahmenrichtlinie –, etwas, das wir brauchen, wenn wir den Binnenmarkt wirklich funktionsfähig und aus eEurope einen Erfolg machen wollen. Um das alles zu erreichen, müssen wir jedoch bei unseren Verbrauchern Vertrauen schaffen. Der Bereich, um den es mir geht, ist in Absatz 17 des Berichts enthalten, den ich uneingeschränkt billige. Er betrifft diese Verbindung zwischen Verhaltenskodex, Rechtssicherheit und Durchsetzung und wie wir es schaffen, diese drei Dinge wirklich zum Schutz der Verbraucher in Einklang zu bringen.
Ich werde in diesem Jahr einen Bericht über die Überwachung des Gemeinschaftsrechts ausarbeiten, und daher ist mir sehr darum zu tun, dass wir mit der Hinwendung zu Verhaltenkodizes auch dafür Sorge tragen, die Rechtssicherheit und Durchsetzbarkeit zu bewahren, sonst machen wir genau die Erfolge zunichte, die wir auf dem Binnenmarkt erreicht haben.
Ich will versuchen, das an einem Beispiel zu veranschaulichen. Gestern erhielt ich einen Brief von einem Wähler, der in einem anderen Mitgliedstaat ein Grundstück erworben hat. Mit dem Kauf war irgend etwas schief gelaufen: Es wurde fälschlich Geld von dem Geld abgezogen, das er übergeben hatte. Er wandte sich an das zuständige übergeordnete Fachgremium. Er schrieb in seiner Muttersprache, in Englisch. Eine Antwort erhielt er in der Sprache des genannten Gremiums mit der Feststellung, dass man sich außerstande sehe, seine Beschwerde zu behandeln, wenn sie nicht in der Sprache des Gremium abgefasst sei. Wenn wir wirklich gemeinsam überall in Europa Geschäfte machen wollen, müssen wir fair und vernünftig miteinander umgehen. Verhaltenskodizes müssen ordnungsgemäß durchgesetzt werden.
Fiebiger (GUE/NGL). – Herr Präsident! Es ist notwendig, dass alle Entscheidungen zum Verbraucherschutz die Erwartungen, die Hoffnungen, aber auch die Befürchtungen der 425 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher der erweiterten Union angemessen aufgreifen. Das Parlament ist gefordert, in seinen Rechtsakten der Komplexität, den Risikodimensionen und den Zukunftsauswirkungen des Verbraucherschutzes Rechnung zu tragen.
Die Berichte über die Zukunft der europäischen Verbraucherschutzpolitik erfüllen diesen Anspruch und fordern zugleich auch, mit der Disziplinlosigkeit gegenüber den Verbrauchern Schluss zu machen. In den Augen vieler Menschen haben die Vorschriften im Bereich Lebensmittelsicherheit, Dienstleistungen, Gesundheit und Sicherheit angesichts der Marktentwicklung ihre moralische Unschuld bereits verloren.
Es gibt einen großen Handlungsbedarf, um beispielsweise mit Missbrauchstatbeständen im Bereich Telekommunikation Schluss zu machen und durch Reformen im Wettbewerbsrecht und bei den Finanzdienstleistungen die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen. Das Initiativrecht im Sinne des Verbrauchers mit Leben zu erfüllen, das erfordert eine feste Verankerung des Verbraucherschutzes im öffentlichen Beratungssystem, Aufklärung und vor allen Dingen mehr Informationen.
Die Verbraucherschutzpolitik hat die Menschen vor Täuschung und gesundheitlichen wie finanziellen Schäden zu schützen. Auch beim Verbraucherschutz gilt der Grundsatz der Effizienz. Allerdings darf es keinen Effizienzgewinn zum Nachteil oder Schaden von Verbraucherinnen und Verbrauchern geben. Deshalb schließe ich mich der Forderung an, dass eine vollständige Harmonisierung von Rechtsvorschriften auf klare Sonderfälle zu beschränken ist. Bedingung hierfür ist jedoch, dass dieser Grundsatz nicht missbraucht wird und eine Deregulierung auf dem Niveau von Mindeststandards stattfinden wird.
Breyer (Verts/ALE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es ist ganz wesentlich - das hat mir auch in der Ansprache des Kommissars heute Morgen gefehlt -, dass wir die Hierarchie noch einmal deutlich machen, dass es selbstverständlich um Sicherheit und Verbraucherschutz gehen muss, aber auch um die Transparenz. Für mich hat das Thema Transparenz bei der ganzen Debatte heute Morgen eine viel zu kleine Rolle gespielt. Herr Kommissar, ich möchte Sie ganz konkret auffordern, sich wirklich darum zu bemühen, eine Verbraucherinformationsrichtlinie analog zur Umweltinformationsrichtlinie zu schaffen. Wenn es z. B. Probleme gibt, sollte man wirklich offen legen, welche Unternehmen sie verursachen. Wir müssen damit auch Anreize für die Unternehmen schaffen, wirklich für Sicherheit zu sorgen.
All das brauchen wir. Es gibt sehr viele Ansatzpunkte in der Entschließung des Parlaments, genau diese Verbraucherinformationsrichtlinie einzuführen. Es reicht nicht, nur zu sagen: mehr Wahlfreiheit oder mehr Information! Da gebe ich all denjenigen Recht, die das schon kritisiert haben. Es geht nicht darum, viele Unterstützungskampagnen für die Gentechindustrie zu machen, sondern es kommt darauf an, eine Verbraucherinformationsrichtlinie zu machen, in der ganz klar das Recht der Verbraucher auf Information festgelegt ist, aber auch die Pflicht der Unternehmen, wenn es zu Verstößen kommt, auch genau diese offen zu legen. Dann möchte ich Sie auch noch einmal dringend bitten, die Spielzeugrichtlinie sehr viel früher zu machen.
Ich kann mir eine Bemerkung ganz zum Schluss nicht verkneifen, weil der Kollege aus dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung Vorschriften für das Kreditgewerbe angemahnt hat. Selbstverständlich bin auch ich für Mindestharmonisierung und zwar auf hohem Niveau. Aber solange es Skandale gibt wie in der Bundesrepublik mit der Berliner Bankgesellschaft, wo die Kollegen der CDU skandalöserweise illegale Spenden angenommen haben, solange, denke ich, brauchen wir auch wirklich Regelungen im Kreditgewerbe. Da darf man sich nicht hinstellen und sagen, das sei eine Selbstverständlichkeit!
Blokland (EDD). – (NL) Herr Präsident! Bei der Lektüre der drei Berichte über den Verbraucherschutz habe ich mich gefragt, ob es hier nicht vielmehr um die Förderung des Konsumerismus geht. Der Binnenmarkt ist bereits ein Ausfluss des Gebots „Du sollst konsumieren“. Offensichtlich müssen wir jetzt noch das Gebot „Du sollst in ganz Europa konsumieren“ hinzufügen. Herr Präsident, Sie werden verstehen, dass ich dem sehr kritisch gegenüberstehe. Wir können nicht leugnen, dass Sprache, Entfernung sowie kulturelle Unterschiede die Hauptschranken für die Verbraucher sind. Diese Tatsache wird völlig ignoriert, wenn wir die Ursache darin suchen, dass man die Rechtsvorschriften in anderen EU-Ländern nicht kennt. Darüber hinaus wird damit unterstellt, der Verbraucher wisse über die Rechtsvorschriften im eigenen Mitgliedstaat durchaus Bescheid.
Wenn wir in das Vertrauen der Verbraucher investieren wollen, müssen wir vor allem in die Zuverlässigkeit von Produkten und Dienstleistungen investieren. Gut informierte Verbraucher können meiner Meinung nach selbst ihre Entscheidungen treffen. Zwischen Schutz und Eigenverantwortlichkeit der Verbraucher muss ein Gleichgewicht bestehen. Einen einheitlichen Rechtsrahmen halte ich nicht für erforderlich. Wir sollten zuerst mit Mindestnormen in den Fällen beginnen, in denen es wirkliche Probleme gibt. Der Erlass von Rechtsvorschriften auf der Grundlage von Artikel 153 ist insofern forciert, als dieser nur ein einziges Mal in der Praxis als Rechtsgrundlage angewandt worden ist. Die Befürchtung einer Diskriminierung von Vertragsartikeln dadurch, dass von den einen weniger als von den anderen Gebrauch gemacht wird, wird von mir nicht gehegt.
Borghezio (NI). – (IT) Herr Präsident, der Bericht Whitehead hat mich in einigen Punkten nicht vollständig überzeugt, denn ich kann manchen der genannten Prioritäten der Verbraucherschutzstrategie nicht beipflichten, während andere meiner Einschätzung nach nicht genügend hervorgehoben oder in den vorliegenden Dokumenten überhaupt nicht erwähnt werden.
Ich möchte diesbezüglich einige Vorschläge unterbreiten, die mir für eine effektive Politik zum Schutz der allgemeinen Verbraucherinteressen dringend und notwendig erscheinen. Zunächst die Notwendigkeit, eine europäische Beobachtungsstelle für die Entwicklung der Verbraucherpreise und der Preise für öffentliche Dienstleistungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu errichten, um Umfang und Modalitäten des Anstiegs, insbesondere seit Einführung des Euro, zu kontrollieren. Sodann erscheint mir in Bezug auf das heikle Thema der öffentlichen sowie der Bank- und Versicherungsdienstleistungen ein Kurs in Richtung Öffnung der Verwaltungsräte der öffentlichen Gesellschaften, die solche Dienste verwalten – Kreditanstalten, Versicherungsgesellschaften und öffentliche Dienstleistungsunternehmen -, für eine angemessene Vertretung der allgemeinen Interessen der Kunden als absolut erforderlich. Die Europäische Union muss die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Beteiligung der Kunden und Verbraucher an der Verwaltung dieser Tätigkeiten zu gewährleisten, wenn eine wirkliche Wirtschaftsdemokratie erreicht werden soll.
Darüber hinaus halte ich die Vorschläge für den Schutz, speziell der Jugendlichen, vor den ernsten Gefahren des Tabakkonsums weder für angemessen noch für ausreichend. Die Verbreitung dieses Phänomens, insbesondere in jugendlichen Kreisen, geht mit zunehmenden, wirklich erschreckenden Angaben über die geometrische Ausbreitung der Fälle von Lungenkrebserkrankungen einher, was Europa zwingt, die bereits geplanten Maßnahmen entschlossener umzusetzen. Es wird Zeit, dass die Union den Gefahren des Rauchens mit effizienteren Aufklärungskampagnen und durch maximale Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Verhütung des Nikotinmissbrauchs den Kampf ansagt.
Santini (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, eine Aussprache, in der drei Berichte über die Probleme der Verbraucher gemeinsam analysiert werden, ist wirklich eine seltene und kostbare Gelegenheit, nachdem dieses Parlament und die Kommission der Gruppe der Verbraucher jahrelang verhaltene Aufmerksamkeit gewidmet haben. Der erste Bericht bezieht sich, wie wir gehört haben, auf das Grünbuch zum Verbraucherschutz in der Europäischen Union, der zweite auf die Verbraucherpolitische Strategie 2002-2006 und der dritte, ein sehr gewichtiges Dokument, auf den Rechtsschutz für Verbraucher. Die von der Kommission vorgeschlagene Strategie legt diese drei mittelfristigen Ziele fest, die durch ein sofort umzusetzendes Programm verwirklicht werden sollen, das jedoch regelmäßig anhand von Dokumenten der Kommission, die seine Durchführung testieren, zu überprüfen ist.
Die Verwirklichung eines gemeinsamen Verbraucherschutzniveaus bedeutet nicht nur Harmonisierung in Bezug auf die Sicherheit der Waren und Dienstleistungen, sondern vor allem in Bezug auf die verschiedenen rechtlichen Verfahren, durch welche die Verbraucher ihre Rolle als Garanten bei Kaufabschlüssen im Binnenmarkt ausüben. Die effektive Durchsetzung der Verbraucherpolitik geht von der Voraussetzung aus, dass den Verbrauchern die gleiche Bedeutung wie einer identischen Garantie, die das gesamte Hoheitsgebiet der Gemeinschaft abdeckt, beigemessen wird.
Das Programm sieht auch einen Plan für vorrangige Maßnahmen vor, durch welche die Verbraucher dank eines Systems der echten Verwaltungszusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Kontrollverfahren und eventuell die Rechtsmittel vereinbaren können. Die Verbraucher und ihre verschiedenen Ketten müssen über die Fähigkeit und die erforderlichen Mittel verfügen, um auf einer Ebene der Chancengleichheit und der gleichen Interventionsmöglichkeiten wie die anderen Akteure des Binnenmarkts aktiv zu werden, und zwar in jeder Richtung, gegenüber den Unternehmen und den verschiedenen Produktionsorganisationen.
Im Übrigen ist der Grundsatz der Mindestharmonisierung des Verbraucherschutzes im Vertrag verankert. Nun kommt es darauf an, durch eine effektivere und vollständigere Politik eine allgemeine Unterstützung für die Mindestharmonisierung zu gewinnen. Um das zu erreichen, bedarf es neuer gemeinsamer Vorschriften, durch welche insbesondere die vorhergehenden aufgehoben werden.
Myller (PSE). – (FI) Herr Präsident! Ich möchte allen drei Berichterstattern danken. In der Debatte wurde gesagt, es gehe hier nicht um Rechtsvorschriften, aber meines Erachtens müssen solche Fragen gerade in dieser Phase behandelt werden, in der wir mit der Kommission erörtern, welche Erwartungen wir an künftige Rechtsvorschriften knüpfen. Aus diesem Grunde möchte ich mich selbst auf drei Prinzipien konzentrieren, die meiner Meinung nach in den Rechtsvorschriften der EU zum Verbraucherschutz enthalten sein sollten.
Der wichtigste Grundsatz, der hier mehrfach angesprochen wurde, ist, das Niveau für den Verbraucherschutz so hoch wie möglich anzusetzen. Das hat zur Folge, dass ich den Ansatz für harmonisierte Rechtsvorschriften, wie sie von der Kommission vorgeschlagen werden, nur dann akzeptieren kann, wenn mit der Harmonisierung dieser höchste Standard des Verbraucherschutzes umgesetzt wird. Ich stimme aber der Harmonisierung nicht zu, wenn auch nur ein Mitgliedstaat bei seinen eigenen hohen Verbraucherschutzniveaus Zugeständnisse machen muss. Deshalb begrüße ich den Standpunkt, den Kollege Whitehead in seinem Bericht zum Ausdruck bringt, dass jede Rechtsvorschrift im Einzelfall geprüft werden muss.
Der gleiche Grundsatz muss auch für die gegenseitige Anerkennung gelten. Auch dabei ist zu berücksichtigen, dass kein einziger Mitgliedstaat, ob es sich nun um einen bereits bestehenden oder künftigen handelt, am Standard seines Verbraucherschutzes Abstriche machen muss. Ein Vorteil der Mindestharmonisierung besteht für den Verbraucherschutz ja gerade darin, dass national strengere Rechtsvorschriften erlassen werden können, wenn die Europäische Union dieses Niveau nicht erreicht. Dabei ist ebenso notwendig, die bereits bestehenden Rechtsvorschriften über den Verbraucherschutz vollständig umzusetzen, damit die Verbraucher darauf vertrauen können, dass sie Handel treiben und im gesamten Gebiet des Binnenmarktes als Konsumenten auftreten können.
Künftige Rechtsvorschriften müssen darüber hinaus auch hinreichend eindeutig abgefasst sein, wobei die Grundsätze der Subsidiarität, der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit zu beachten sind. Für ebenso wichtig halte ich es, keine zu detaillierten Rechtsvorschriften zu erlassen, sondern uns darauf zu konzentrieren, das Ziel, also ein möglichst hohes Verbraucherschutzniveau, zu erfüllen. Sind die Rechtsvorschriften zu detailliert formuliert, dann finden diejenigen, die sich nicht an die Grundsätze halten wollen, Schlupflöcher, was für die Behandlung von Rechtsstreitigkeiten problematisch sein dürfte.
Paulsen (ELDR). – (SV) Herr Präsident, Herr Kommissar! Natürlich gäbe es sehr viel über die zukünftige Verbraucherpolitik der Europäischen Union zu sagen, doch in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit werde ich versuchen, mich auf einen einzigen Punkt zu konzentrieren, der sich auf den Bericht der Kollegin Patrie bezieht.
Es herrscht große Einigkeit darüber, dass ein freier und fairer Markt den Zugang zu umfassenden und zuverlässigen Verbraucherinformationen voraussetzt.Diese Voraussetzung ist relativ einfach zu erfüllen, wenn es um die „alten“ Forderungen der Verbraucher nach einem Preis-Leistungs-Verhältnis oder um beispielsweise Inhaltsangaben oder Waschanweisungen geht. Der moderne Verbraucher jedoch ist ein ganz anderer Typ von Bürger, was sich natürlich auch beim Kaufabschluss widerspiegelt. Verbraucher von heute fordern viele verschiedene Arten von Informationen, Antworten auf Fragen nach ethischen, ökologischen und sozialen Aspekten. Hinzu gesellen sich nunmehr auch eine Reihe mehr oder weniger sonderbarer Behauptungen übergesundheitliche Aspekte.
Wie sollen wir einen Rechtsrahmen gewährleisten können, der all diese Bedürfnisse nach merkwürdigen Kennzeichnungen erfüllt, die dennoch diskutiert werden und zu respektieren sind? Wir müssen wahrscheinlich auf den im juristischen Sprachgebrauch Schwedens als Ehrlichkeits- oder Anständigkeitsprinzip bezeichneten Grundsatz zurückgreifen, gemäß dem der Hersteller Behauptungen über seine Ware aufstellen darf, aber in der Lage sein muss, auf Nachfrage alle Angaben über das Produkt oder die Dienstleistung zu belegen. Ich glaube, dass dies der einzige Weg ist, das neue Kennzeichnungssystem umzusetzen. Die allgemeine Regel lautet: Alles ist erlaubt, nur lügen dürfen Sie unter keinen Umständen.
Piétrasanta (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident! Ich begrüße die fundierte Arbeit, die meine Kollegen Whitehead, Patrie und Thyssen im Zusammenhang mit dem Grünbuch zum Verbraucherschutz geleistet haben. Wir befürworten die Forderung, einfachere und gezieltere legislative Maßnahmen zu erlassen, um die Anwendung des im Binnenmarkt geltenden Regelwerkes zu erleichtern, das unseres Erachtens zu wenig transparent und zu zersplittert ist, um den Verbrauchern Vertrauen einzuflößen. Mit Genugtuung vermerken wir die Herausbildung des Begriffs des mündigen Verbrauchers, an dessen Grundrechte ich erinnern möchte, nämlich das Recht auf Sicherheit, Information und Wahlfreiheit, das Vertretungsrecht, das Recht auf Rechtsmittel, auf Zufriedenheit und auf eine unbelastete Umwelt.
Die Verbraucherpolitik der Zukunft muss alle drei Pfeiler der nachhaltigen Entwicklung, nämlich Wirtschaft, Umwelt und Soziales berücksichtigen, denn bislang wurden die beiden letzteren allzu häufig vernachlässigt. Ich schlage vor, darüber nachzudenken, ob eine allgemeine Richtlinie über die Umweltqualität der Erzeugnisse und Leistungen für Verbraucher durchsetzbar ist, in der vor allem ein europäisches Umweltkennzeichen und ein hohes Verbraucherschutzniveau eine Rolle spielen sollten. Wir meinen, der mündige Verbraucher muss mehr in den Mittelpunkt rücken, und zwar nicht nur in seiner Eigenschaft als Kunde, sondern auch als Entscheidungsträger und engagierter Verbraucher, der sich auch um den ethischen Aspekt des Erzeugnisses sorgt, das er konsumiert. In diesem Sinne wird an ihm als einem der wichtigsten Akteure im Prozess der nachhaltigen Entwicklung kein Weg mehr vorbeiführen.
Hager (NI). – Herr Präsident! Ich möchte mich auf das Grünbuch beziehen, und zwar auf das Grünbuch über den Verbraucherschutz. Man könnte das lang machen, man könnte die Ausführungen auch sehr kurz gestalten. Ich habe mich angesichts meiner Redezeit für die zweite Alternative entschieden. Wesentliche Teile des Grünbuchs sind meiner Meinung nach zufriedenstellend geregelt. Ich denke daher nur an die Richtlinien über irreführende und vergleichende Werbung oder daran, dass Gewaltanwendung und Nötigung vom Recht aller Mitgliedstaaten erfasst ist. Aus der Sicht der praktischen Anwendung kommt beim grenzüberschreitenden Betriebsverkehr, wenn man den Wirkungskreis der Fernabsatzrichtlinien in der geänderten Fassung und des Verordnungsvorschlags zur Verkaufsförderung im Binnenmarkt berücksichtigt, nur noch der Tourist als Konsument in Frage. Das wiederum ist ein wenig wenig.
Ich sehe daher keinen Bedarf für eine Rahmenrichtlinie in diesem Bereich. Vielmehr wäre eine Klärung des Zusammenspiels der dort geltenden Richtlinien wichtig, um den Dschungel im Sinne des Verbraucherschutzes zum Schutz der Konsumenten etwas zu lichten. Das kann ich mir von einer zusätzlichen Rahmenrichtlinie - anders als einige meiner Vorredner - nicht erwarten.
Schnellhardt (PPE-DE). – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit über fünfundzwanzig Jahren arbeiten wir am europäischen Verbraucherschutz. Keine Sitzung des Europäischen Parlaments vergeht, auf der nicht Verbraucherfragen behandelt werden. Die über Jahre arbeitenden Regelungen haben sich bewährt – und da widerspreche ich einigen, die heute hier gesprochen haben – und auch ihre Wirkung hinterlassen, führten aber letztendlich zu einem unübersichtlichen Gesetzespaket. Es bestehen außerdem noch Lücken. Es ist deshalb richtig, dass die Kommission mit den Vorschlägen zum Verbraucherschutz Wege aus dem Wirrwarr sucht und vorschlägt.
Ich plädiere für eine Rahmenrichtlinie mit einer Generalklausel, die auf dem Grundsatz lauterer Geschäftspraktiken fußt. Immer öfter führen im Binnenmarkt entweder fehlende Regelungen oder der Spielraum in den Richtlinien zur Behinderung des Binnenmarktes. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung sollte hier schnellstens Abhilfe geschaffen werden. Dabei sind nicht nur unlautere Geschäftspraktiken gegenüber den Verbrauchern, sondern auch zwischen allen Teilnehmern des Binnenmarktes zu bekämpfen.
Die Versuche mancher Mitgliedstaaten, mit dem Schild Verbraucherschutz oder Gesundheitsschutz nationale Märkte und nationale Industrien vor dem Wettbewerb zu schützen, gehören in diese Kategorie. Es gibt auch so genannte Verbraucherschützer, die sich vor diesen Karren spannen lassen und beim Verdrängen von Wettbewerbern vom Markt helfen. Deshalb halte ich es für erforderlich, dass die Rechtsform der Verordnung stärker verwendet und somit mehr Rechtssicherheit erreicht wird. Das führt auch zur Harmonisierung, und die brauchen wir im Binnenmarkt. Die Kommission hat im Anhang eine umfangreiche Liste erstellt. Diese Punkte sind alle wichtig. Mit den neuen Schwerpunkten im Bericht Whitehead führen wir aber eine rangvolle Folge von wichtig bis weniger wichtig ein. Herr Whitehead hat eigentlich mit seinen Ausführungen heute dieser Reihenfolge widersprochen.
Verbraucher können ihre Rechte nur nutzen, wenn sie sie kennen. Die Informationspolitik sollte ein Schwerpunkt der Arbeit im Rahmen des Verbraucherschutzes sein. Dabei spielen die Verbraucherverbände eine wichtige Rolle. Sie müssen von den Regierungen unterstützt werden. Das liegt in unseren Mitgliedstaaten im Argen. Deshalb müssen wir diese Verbraucherzentren in unseren Mitgliedstaaten schaffen, um hier weiter voranzukommen.
Koukiadis (PSE). – (EL) Herr Präsident! Die neue verbraucherpolitische Strategie der Kommission ist überaus ambitioniert, symbolisiert sie doch Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken, Abbau unbegründeter Preisdifferenzen zwischen den Ländern, Vertrauen auf den Zugang zu einem 350 Millionen Menschen umfassenden Markt und die Sicherstellung der Glaubwürdigkeit der Verbraucherschutzorganisationen.
Wir haben der Kommission zu ihrer bedeutenden Untersuchung und natürlich auch den Berichterstattern zu ihren Änderungsanträgen zu gratulieren. Der Weg, den wir vor uns haben, ist allerdings steinig, zahlreich die Hemmnisse und technischen Schwierigkeiten sind. Zunächst müssen die Wirtschaft und einige Kollegen davon überzeugt werden, dass eine Rahmenregelung nicht im Widerspruch zum Wettbewerb steht, sondern vielmehr eine der Grundvoraussetzungen für einen gesunden Wettbewerb ist.
Zweitens müssen wir alle begreifen, dass das Bemühen um den Verbraucherschutz nicht allein an den Beziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern, sondern angesichts der Tatsache, dass das gemeinsame Ziel das bessere Funktionieren des Marktes ist, auch am Verhältnis der Unternehmen untereinander ansetzen muss. Beispielsweise muss im Rahmen der Grünbuch-Vorschläge auch die geplante Verordnung zur Verkaufsförderung geprüft werden.
Was den Ansatz betrifft, so ist es richtig, sich vorrangig für eine kohärente Rahmenrichtlinie auszusprechen, in der Grundsätze wie das Verbot unsittlichen und unlauteren Geschäftsgebarens und der Grundsatz von Treu und Glauben verankert sind. Dieses Verfahren vermindert den Bedarf an Detailregelungen und ermöglicht es, der Zunahme unlauterer Praktiken rasch entgegenzutreten. Übrigens stützen sich selbst die Gesetzgeber in Mitteleuropa, die an die Regelung im Detail gewöhnt sind, zunehmend auf allgemeine Klauseln, die es ihnen erlauben, flexibel auf die Änderung der Umstände zu reagieren. Dieses Verfahren hat sich bewährt und ermöglicht eine ständige Aktualisierung des Rechts.
Spezifische Regelungen sind letzten Endes unvermeidlich, jedoch sollten sie nur ergänzenden Charakter haben. Der mit einer Rahmenrichtlinie gewählte flexible Ansatz entspricht zudem in höherem Maße der Strategie zur Förderung der Selbstkontrolle, der unter Berücksichtigung von zwei Voraussetzungen Vorrang einzuräumen ist. Erstens bedarf es eines Zeitrahmens, innerhalb dessen sich die betroffenen Parteien einigen müssen, und zweitens eines allgemeinen Rahmens, mit dem im Falle der Selbstkontrolle festgelegt wird, wer für die Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen verantwortlich ist.
Eine andere Frage ist die Wahl zwischen Maximal- und Minimalharmonisierung. Die Wahl fällt insofern schwer, als wir zum einen nicht wollen, dass die Harmonisierung zur Senkung des Schutzniveaus führt und zum anderen maximalistische Vorschläge für gewöhnlich die Harmonisierung selbst erschweren. Meiner Meinung nach müssen wir einer möglichst großen Harmonisierung den Vorrang geben und nur in Einzelfällen gelegentlich auf minimale Harmonisierung zurückgreifen.
Abschließend noch ein Wort zur besonderen Bedeutung der Verbraucherorganisationen. Wir müssen darauf achten, dass sie repräsentativ und transparent sind, weil die Verbraucherorganisationen derzeit selbst ein Verbraucherschutzproblem sind.
Flemming (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, ich bin sehr froh, dass es mir gelungen ist, einige meiner Änderungsanträge durchzubringen. Ich hoffe, dass auch der sehr geehrte Herr Kommissar damit zufrieden ist.
In dem einen Änderungsantrag zum Patrie-Bericht geht es mir darum, dass unbeschadet des Schutzes der Verbraucher auch der Schutz der Mitbewerber vor unlauteren Geschäftspraktiken im Interesse eines homogenen Rechtsrahmens zu berücksichtigen ist. Ich glaube, Herr Kommissar, dass das insbesondere für kleinere und mittlere Betriebe von ganz großer Bedeutung ist.
Besonders glücklich macht es mich, dass ich im Whitehead-Bericht zwei für mich ganz entscheidende Änderungsanträge durchgebracht habe. Bei dem einen geht es darum, dass bei den selbstverständlich besten Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften im Zuge der laufenden Bewertung im Bereich Chemikalien zu gewährleisten ist, dass soweit wie möglich In-Vitro-Testverfahren angewandt werden. Das ist jetzt einmal ein Grundsatz, ein Prinzip, aber wenn er einmal verankert ist, ist das schon ein ganz großer Fortschritt.
Das Zweite: Wir fordern Sie, sehr geehrter Herr Kommissar, auf, die Anwendung von Kennzeichnungen in der WTO zu fördern und dadurch sicherzustellen, dass die Verbraucher über den Ursprung und die Produktionsmethoden informiert sein können. Um ein einfaches Bespiel zu bringen: Ob Eier nun von gequälten Hühnern in Batteriekäfigen stammen oder von glücklichen Hühnern, die frei herumlaufen, ist für den Verbraucher wichtig, auch wenn er ein bisschen mehr zahlen muss. Er hat ein besseres Ei, es schmeckt besser. Nachdem ich weiß, dass Sie ein besonders liebenswürdiger Mensch sind, Herr Kommissar, bin ich sicher, dass Sie mit diesen Änderungsanträgen auch sehr glücklich sein werden!
Scheele (PSE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte es am Ende der Aussprache nicht versäumen, vor allem dem Berichterstatter Phillip Whitehead zu danken, vor allem auch für den fokussierten Zugang, den er anfangs genannt hat, um uns hier etlicher Themen zu entledigen, die wir sonst sicher auf der Tagesordnung gehabt hätten.
Wir haben gesehen, dass die bisherige Diskussion ganz klar zeigt, dass es Einhelligkeit gibt bei dem Ziel, ein gleichmäßig hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen. Es wird schon schwieriger, Einhelligkeit zu erzeugen, wenn es darum geht zu klären, welche Priorität das Ziel im Paket der anderen politischen Ziele hat, und es hat einen Kollegen gegeben, der gesagt hat: Alle Maßnahmen, die verkaufsfördernd sind, sind zu unterstützen! Ich glaube, da kann man nur ganz klar sagen, wenn wir die verbraucherpolitische Strategie diskutieren: Werter Kollege, Sie sind auf dem falschen Dampfer, vor allem nicht auf dem verbraucherpolitischen Dampfer! Verbraucherpolitik ist Verbraucherinformation, Wahlfreiheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Verbraucherschutz.
Es ist auch schon schwieriger geworden, Einhelligkeit zu erzeugen bei dem Thema: Wie reguliert man auf minimaler oder auf maximaler Ebene? Ich unterstütze hier voll und ganz den Zugang unseres Berichterstatters Phillip Whitehead und möchte auch unterstreichen, dass es bei dieser Überprüfung, die von Fall zu Fall erfolgt, natürlich notwendig ist zu schauen, ob es bewährte einzelstaatliche Maßnahmen gibt, die einer Harmonisierung zum Opfer fallen würden. Ich glaube, dass alle Berichte und alle Beiträge gezeigt haben, dass wir sehr weit von dem Ziel eines hohen Verbraucherschutzniveaus in unserer Gemeinschaft entfernt sind, und es ist deshalb kohärent und logisch, zu hinterfragen, ob in Zukunft das Herkunftslandprinzip und der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung weiterhin angewandt wird. Ich möchte als letzten Satz noch sagen, dass ich Ziffer 18 im Whitehead-Bericht für sehr wichtig halte, nämlich den Zugang zu erschwinglichen und qualitativ hochwertigen Leistungen der Daseinsvorsorge.
Harbour (PPE-DE). −(EN) Herr, Präsident, zunächst möchte ich unseren drei Berichterstattern meine Hochachtung zollen. Das Parlament darf sich sehr glücklich schätzen, so hervorragende Abgeordnete zu haben, die Experten auf ihrem Gebiet sind. Das spiegelt sich in der Qualität ihrer Arbeit, die sie uns vorgelegt haben, wider.
Ich möchte aus Sicht des Berichterstatters über die Binnenmarktstrategie für den Ausschuss für Recht und Binnenmarkt sprechen. Die deutliche Billigung dieses Berichts in der letzten Plenartagung hat mich sehr gefreut. Wir alle teilen die Auffassung, dass Verbraucher, die Vertrauen haben, gut informiert und in der Lage sind, eine Auswahl zu treffen, die Basis für einen erfolgreichen Binnenmarkt bilden. Wir wollen solche Wahlmöglichkeiten, damit die Unternehmen, die Qualität, Wert und einen ausgezeichneten Kundendienst bieten, belohnt werden, und wir wollen dafür Sorge tragen, dass die Rahmenrichtlinie nicht von Innovationen abhält; ja, sie muss innovative Unternehmen fördern.
Auch wollen wir verantwortliche und erfolgreiche Unternehmen dazu anregen, Vorschriften als Hilfe zu verstehen, sich Verhaltenskodizes anzuschauen, verantwortungslose Unternehmen zu verdrängen. Das ist der Rahmen, in dem wir alle Ihre Vorschläge beurteilen müssen. Ich hoffe, Sie werden mir zustimmen, dass es Verbrauchern überhaupt nichts nützt, erfolgreiche und verantwortungsvolle Unternehmen mit übermäßigen Kosten für die Bürokratie zu bestrafen, wenn die Halsabschneider unter den Händlern die Gesetze einfach ignorieren und ungeschoren davon kommen. Die Durchsetzung von Rechtsvorschriften gehört zu den Dingen, auf die Sie achten müssen.
Gut, dass Sie uns die in Auftrag gegebenen Studien, einschließlich der Studie zur Folgenabschätzung, erläutert haben. Ich hätte heute gern von Ihnen die Zusicherung, dass diese Folgenabschätzung die den Unternehmen aufgebürdeten Kosten berücksichtigt und gewährleistet ist, dass die Ergebnisse verhältnismäßig sind und ein echter Verbrauchervorteil erwächst.
Abschließend möchte ich im Namen aller meiner Kolleginnen und Kollegen im Binnenmarktausschuss unser echtes Interesse an Verbraucherpolitik bekunden. Gern würden wir Sie häufiger in unserem Ausschuss begrüßen, denn wir sind der Meinung, dass einige Ihrer uns übergebenen Vorschläge den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht den Nutzen bringen, den wir uns wünschten.
Ich sage Ihnen von ganzem Herzen: Gehen Sie bitte öfter nach draußen, verbringen Sie mehr Zeit mit uns, und lassen Sie uns gemeinsam einen echten, von den Verbrauchern in Schwung gehaltenen Binnenmarkt aufbauen.
Moreira da Silva (PPE-DE). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar! Zunächst möchte ich den drei Berichterstattern zu ihrer ausgezeichneten Arbeit gratulieren und sagen, dass in den vergangenen Jahren europaweit gewaltige Fortschritte im Verbraucherschutz erreicht wurden, ganz besonders natürlich bei der Lebensmittelsicherheit. Sicher, es musste erst zu viele Lebensmittelskandale geben, damit dies möglich war, aber dennoch haben wir Grund, auf die legislative Arbeit der EU in diesem Bereich stolz zu sein.
Jetzt, da wir beginnen, Lösungen für andere Probleme des Verbraucherschutzes zu entwerfen, äußerten viele Zweifel an der Notwendigkeit gemeinsamer Lösungen auf EU-Ebene. Man erinnere sich daran, dass der Erfolg der Europäischen Union in der Lebensmittelsicherheit sowohl für den Verbraucherschutz als auch für das Gleichgewicht des Binnenmarktes nicht durch strengere Vorschriften für Nahrungsmittel für den Menschen und für Tierfuttermittel allein erreicht wurde. Er ist auch das Resultat der Vergemeinschaftung dieser Vorschriften. Angesichts der großen Zersplitterung, ja Inkompatibilität der Handels- und Verbraucherschutzvorschriften in den Mitgliedstaaten, die nur den Wettbewerb verzerren, die Qualitätsstandards heruntersetzen und das Vertrauen der Bürger schwächen, bin ich deshalb dafür, dass das gesamte Verbraucherschutzrecht so weit wie möglich harmonisiert wird.
Mit Blick auf diese Harmonisierungsbemühungen muss die Europäische Union meiner Ansicht nach zunächst eine Rahmenrichtlinie über Handelspraktiken festlegen, in der die Pflichten der Wirtschaftsakteure in der Beziehung zu den Verbrauchern klar definiert werden. Ich meine jedoch, dass die Europäische Union und die Kommission ihre Arbeit auch in anderen Bereichen fortsetzen müssen, vor allem bei den Rechtsvorschriften zum Schutz der Gesundheit des Menschen vor den Auswirkungen elektromagnetischer Felder, vor allem der Mobiltelefone. Die Tatsache, dass die größten Mobiltelefonunternehmen europäische Unternehmen sind, darf uns nicht daran hindern.
Byrne,Kommission. −(EN) Herr Präsident, lassen Sie mich eingangs zum Ausdruck bringen, wie sehr ich diese konstruktive und lebhafte Debatte begrüße und wie erfreut ich darüber bin, dass die Auffassungen der Kommission in diesem Hohen Haus so weitgehend unterstützt worden sind. Das ist nicht nur für mich, sondern auch für meine Mitarbeiter, die sehr angestrengt an diesem Vorschlag gearbeitet haben, eine Genugtuung.
Beginnen will ich mit den Punkten, die die Rahmenrichtlinie betreffen, und anschließend werde ich einige Bemerkungen zum Aktionsplan machen.
Mehrere Mitglieder sprachen von der vollständigen Harmonisierung. Wie Sie wissen, ist die Kommission entschlossen, den Binnenmarkt zu vollenden, aber den Gemeinschaftsmarkt für Unternehmen und Produzenten funktionsfähig zu machen, ist nur eine Seite der Medaille. Die Regeln des Binnenmarkts sollten auch das Vertrauen der Verbraucher in den Kauf von Waren und Dienstleistung fördern, ohne dass er ihnen durch gegebenenfalls zwischen dem Käufer und Verkäufer liegende nationale Grenzen verleidet wird.
Ich weise den Gedanken zurück, dass man das Eine ohne das Andere haben kann. Die Forderungen des EU-Vertrags über Verbraucherschutz und der Binnenmarkt sind völlig kompatibel.
Die Geschichte des Verbraucherschutzes in der EU ist weitgehend eine Geschichte der Mindestharmonisierung, die es den Mitgliedstaaten freistellt, über das Basisniveau der Harmonisierung hinauszugehen, wenn sie es wünschen. Das hat zu einer Zersplitterung der Rechtsvorschriften geführt und auch Hindernisse für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts errichtet.
Jüngste Erhebungen zeigen, dass nur 13 % der Verbraucher in der EU in den letzten zwölf Monaten einen Kauf in einem anderen Land getätigt haben. Und wie ich schon sagte, nannten 68 % der Unternehmen unter mehreren Optionen zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Verkaufs die Harmonisierung der Rechtsvorschriften zum Verbraucherschutz als eine der effizientesten.
Darum müssen wir einfachere und stärker gemeinsame Regeln und Praktiken anstreben, um das Verbrauchervertrauen in grenzüberschreitende Handelsgeschäfte zu fördern. Die Bedeutung wächst noch durch die Erweiterung. Wenn wir das außer Acht ließen, würde die Zersplitterung der Vorschriften zum Verbraucherschutz erheblich zunehmen.
Konkret müssen wir die realen Barrieren überwinden, die aufgrund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und der einzelstaatlichen Rechtsprechung zu unlauteren Handelspraktiken entstehen. Nehmen Sie beispielsweise den Referenzverbraucher – an ihm wird irreführende Werbung beurteilt. Hierbei handelt es sich laut EuGH-Rechtsprechung – zum Beispiel beim Clinique-Fall – um den Durchschnittsverbraucher, der einigermaßen gut informiert und umsichtig ist.
Aber dieser Test wird in der EU nicht einheitlich angewendet. So entschied im Saint-Brice-Fall aus dem Jahr 2000 der belgische Cour de Cassation, dass der Referenzverbraucher, an dem die Wirkung werbewirksamer Angaben gemessen wird, die geeignet sind, den Verbraucher irrezuführen, der wehrlose Verbraucher ist. Im Werbe-Fall Scanner entschied das höchste deutsche Gericht, dass der Referenzverbraucher der Gelegenheitsbeobachter und nicht der einigermaßen umsichtige Verbraucher ist. Daher beabsichtigen wir, die Voraussetzungen für eine vollständige Harmonisierung der Rechtsvorschriften über unlautere Handelspraktiken und die Kodifizierung des Durchschnittsverbrauchertests zu schaffen, um so wesentliche Barrieren zu beseitigen.
Ich komme kurz auf die gegenseitige Anerkennung zu sprechen. Die Rahmenrichtlinie sieht die volle Harmonisierung der Rechtsvorschriften über unlautere Handelspraktiken vor. Diese Konvergenz und das erreichte effektive Niveau des Verbraucherschutzes sollten die politischen Voraussetzungen bilden, um den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und das Herkunftslandprinzip akzeptabel zu machen.
Das allgemeine Schutzniveau wird sich in der EU erhöhen, da eine Reihe von Mitgliedstaaten zurzeit über kein umfassendes Regelwerk über unlautere Handelspraktiken verfügt.
Natürlich gehen wir davon aus, dass die Rahmenrichtlinie zu einem effektiv hohen Verbraucherschutzniveau führen muss. Das soll nicht der kleinste gemeinsame Nenner der bestehenden einzelstaatlichen Systeme sein. Sie ist auch keine Zusammenfassung aller bestehenden stringenten einzelstaatlichen Bestimmungen. Wir müssen den goldenen Mittelweg finden zwischen den Interessen der Verbraucher bezüglich des Schutzes vor betrügerischen Händlern beim grenzüberschreitenden Kauf und den Interessen der Unternehmen, ihre Kosten für das Marketing und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu verringern.
Eine Reihe von Abgeordneten warf die Frage der Vereinfachung auf. Die Kommission wird versuchen, aus dem gemeinschaftlichen Besitzstand so viel wie möglich in die Rahmenrichtlinie zu übernehmen. Diejenigen Elemente des Besitzstands, die in eine Rahmenrichtlinie aufgenommen wurden, würden aufgehoben. Natürlich wird dies nicht für die Bestimmungen des Vertragsrechts gelten, die im Zusammenhang mit dem kürzlich von der Kommission angenommenen Aktionsplan aufgegriffen werden. Die Rahmenrichtlinie wird den ordnungspolitischen Rahmen im Bereich unlauterer Geschäftspraktiken durch Aufhebung der vorherrschenden Unternehmer-zu-Verbraucher-Bestimmungen der Richtlinie über irreführende Werbung und durch Aufhebung beispielsweise von Trägheitsverkaufsbestimmungen aus der Fernabsatzrichtlinie vereinfachen. Diese Dinge, die gegenwärtig Gegenstand einer Mindestharmonisierung sind, werden durch die Rahmenrichtlinie vollständig harmonisiert werden. Außerdem wird die Generalklausel in der Richtlinie alle divergierenden Generalklauseln in den Mitgliedstaaten ersetzen und so einen einheitlicheren ordnungspolitischen Rahmen schaffen. Ich weiß, dass die Menschen das fordern. Das ist ein wichtiger Aspekt dieses Vorschlags, der ihn für Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen generell akzeptabler macht.
In der Frage ‚lauter und unlauter’ würde es in der Rahmenrichtlinie auf eine Generalklausel ankommen, die unlautere Handelspraktiken verbietet. Die zentrale Frage ist dabei natürlich: Was ist unlauter? Das war einer der wichtigsten Konsultationspunkte. Die Ergebnisse der Konsultation, unserer Arbeit mit den nationalen Experten und der von uns in Auftrag gegebenen rechtsvergleichenden Studie machten deutlich, dass es einfacher wäre zu definieren, was unlauter ist, als festzulegen, was lauter ist.
Die Definition einer unlauteren Handelspraxis sollte zu mehr Rechtssicherheit führen. Unternehmen, die fairen Handel treiben, werden an ihrem Geschäftsverhalten nichts ändern müssen. Zur Erreichung dieser Rechtssicherheit wird eine nicht erschöpfende Liste von Unlauterkeitskategorien und eine Liste mit Beispielen verbotener Handelspraktiken die Generalklausel ergänzen.
Mehrere Abgeordnete erwähnten Verhaltenkodizes. Im Lichte der EU-Konsultation zur Idee der Registrierung von Kodizes auf EU-Ebene traten unterschiedliche Standpunkte zutage. Einige sprachen sich dafür, andere dagegen aus. Die Berichte von Frau Patrie und Frau Thyssen spiegeln diese unterschiedlichen Haltungen wider. Ich will verantwortungsbewussten Unternehmen nahe legen, ihre Kunden fair zu behandeln und anzuerkennen, dass freiwillige Verhaltenskodizes zur Erreichung dieses Ziels in ihrem speziellen Sektor eine Schlüsselrolle spielen können. Jegliche Registrierung eines solchen Kodex sollte freiwillig sein. Wer über einen Kodex verfügt, würde darüber entscheiden können, ob er ihn registrieren lässt, und eine Firma würde demzufolge entscheiden, ob sie sich diesem Kodex anschließt oder nicht.
Bei der Frage gefährdeter Verbraucher handelt es sich um ein ziemlich komplexes Problem. Wir befassen uns gerade damit. Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Aspekte. Bevor wir an die Formulierung der Rechtsvorschriften gehen, was hoffentlich in sehr naher Zukunft geschieht, werden wir uns eine Meinung bilden.
Zu Herrn Whiteheads Frage in Bezug auf die Finanzierung. Ich möchte betonen, dass es ebenso wichtig ist, die Qualität der Ausgaben zu verbessern wie deren Umfang. Dies ist ein Punkt, an den wir ebenfalls denken.
Abschließend danke ich den Abgeordneten nochmals für ihre konstruktiven Bemerkungen und den Berichterstattern für ihre Berichte. Gern will ich die hier heute Vormittag geäußerten Meinungen im endgültigen Entwurf der Richtlinie, den ich dem Parlament sehr bald vorzulegen hoffe, berücksichtigen.
Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar Byrne.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet heute um 12.00 Uhr statt.
VORSITZ: GÉRARD ONESTA Vizepräsident
Der Präsident.– Zwei Kollegen haben um das Wort zur Geschäftsordnung gebeten. Zunächst hören wir, was Herr Knolle zu sagen hat.
Knolle (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich bitte um folgende Maßnahme hier im Haus: Mir ist heute aufgefallen, dass im Innenhof des Parlaments Transparente hängen. Ich möchte auf den Inhalt dieser Transparente nicht eingehen, aber das hat in diesem würdigen Haus nichts zu suchen. Sollte das Schule machen, würde das Parlament demnächst aussehen wie eine Litfasssäule oder wie eine Plakatwand, und das würde die Würde des Hauses beeinträchtigen. Ich bitte darum, diese Transparente zu entfernen.
(Beifall)
Der Präsident. – Ich nehme das zur Kenntnis und werde die zuständigen Stellen darüber informieren.
Evans, Robert J.E. (PSE). −(EN) Herr Präsident, ich freue mich, dass Herr Kommissar Byrne heute Vormittag anwesend ist, denn als Vorsitzender der Interfraktionellen Arbeitsgruppe „Tierschutz“ des Europäischen Parlaments war ich sehr enttäuscht über ein Schreiben von Kommissar Byrne, in dem er mitteilte, dass er nicht in Lage sei, in den nächsten drei, vier, fünf oder sechs Monaten zu uns in die Arbeitsgruppe zu kommen, um über Fragen des Tierschutzes zu diskutieren, insbesondere über den Lebendtransport von Tieren. Ich hoffe, der Herr Kommissar wird das noch einmal überdenken und ein wenig Platz in seinem gewiss sehr hektischen Terminplan finden.
Der Präsident. – Es dürfte Ihnen meiner Ansicht nach wohl schwer fallen, verehrter Kollege, mir den Artikel zu nennen, der diese Wortmeldung zuließe. Ich hoffe jedoch, dass inzwischen alle Kollegen wieder Platz nehmen konnten, denn ich habe Ihnen eine Mitteilung zu machen.
2. Erklärung des Präsidenten
Der Präsident. – Ich möchte Ihnen ein Schreiben verlesen, das der Präsident des Europäischen Parlaments, Pat Cox, im Zusammenhang mit der Ermordung von Zoran Dzindzic übermittelt hat.
„Die Nachricht von der Ermordung des serbischen Ministerpräsidenten Zoran Dzindzic hat mich zutiefst erschüttert, und ich verurteile diese Tat mit allem Nachdruck. Ich hoffe, dass die Täter rasch vor Gericht gestellt werden können.
Zoran Dzindzic war in vieler Hinsicht das Symbol des neuen demokratischen Staates Serbien. Insbesondere sein persönliches Engagement für eine demokratische Reform in Serbien und seine Rolle bei der Festnahme von Slobodan Milosevic und dessen Auslieferung an das Haager Tribunal wird uns stets in Erinnerung bleiben.
Im Namen des Europäischen Parlaments übermittle ich der Familie von Zoran Dzindzic sowie seinen Freunden und dem ganzen serbischen Volk mein aufrichtiges Beileid.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schlage vor, eine Schweigeminute einzulegen.
(Das Parlament erhebt sich zu einer Schweigeminute.)(1)
Zusammensetzung des Parlaments - Änderungen zur Tagesordnung der Sitzung am 26. März in Brüssel - Genehmigung zur Ausarbeitung einer Empfehlung - Gemeinsame Standpunkte des Rates: siehe Protokoll
3. Abstimmungen
Bericht (A5-0059/2003) von Frau Avilés Perea im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit über die Ziele der Chancengleichheit von Frauen und Männern im Rahmen der Strukturfonds (2002/2210(INI))
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
⁂
Bericht (A5-0063/2003) von Herrn Ingo Friedrich im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über die Empfehlung für einen Beschluss des Rates über eine Änderung des Artikels 10.2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (6163/2003 – C5-0038/2003 – 2003/0803(CNS))
(Das Parlament nimmt den Antrag für eine legislative Entschließung an.)
⁂
Bericht (A5-0036/2003) von Herrn Jorge Salvador Hernández Mollar im Namen des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur zehnten Änderung der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, im Hinblick auf Ausnahmeregelungen zum Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen (KOM(2003) 41 – C5-0048/2003 – 2003/0015(CNS))
(Das Parlament nimmt den Antrag für eine legislative Entschließung an.)
⁂
Entschließungsantrag (B5-0157/2003) von Herrn de Brok im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik zu der militärischen Operation der Union in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)
- Vor der Abstimmung
Der Präsident. – Herr von Wogau, Sie bitten um das Wort. Ich hoffe, es handelt sich um einen Antrag zum Verfahren, denn bei einem Thema wie dem jetzigen kann ich die Debatte nicht neu eröffnen, wie Sie verstehen werden.
von Wogau (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass die Abstimmung, die wir jetzt durchführen, einen besonderen Charakter hat. Ab 1. April wird die Europäische Union von der NATO die Verantwortung für die Friedenssicherung in Mazedonien übernehmen. Das ist das erste Mal, dass ein militärischer Einsatz unter der Führung der Europäischen Union stattfindet. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass hier die Frage der demokratischen Kontrolle noch wichtiger ist als in anderen Fällen, dass deswegen ein Mandat eines Parlamentes - und zwar des Europäischen Parlaments - notwendig ist und dass es notwendig sein wird, dieses Prinzip der demokratischen Kontrolle von derartigen Einsätzen auch in der zukünftigen europäischen Verfassung zu verankern.
Der Präsident. – Herr von Wogau, das war kein Antrag zum Verfahren.
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
⁂
Entschließungsantrag (B5-0187/2003) von Herrn Jorge Salvador Hernández Mollar im Namen des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten zur Übermittlung personenbezogener Daten durch Luftfahrtgesellschaften bei transatlantischen Flügen
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
⁂
Bericht (A5-0060/2003) von Frau Lissy Gröner im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit über Gender Mainstreaming im Europäischen Parlament (2002/2025(INI))
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
⁂
Bericht (A5-0055/2003) von Herrn Herbert Bösch im Namen des Ausschusses für Haushaltskontrolle über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften und die Betrugsbekämpfung - Jahresbericht 2001 (2002/2211(INI))
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
⁂
Bericht (A5-0023/2003) von Herrn Phillip Whitehead im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik über die Mitteilung der Kommission „Verbraucherpolitische Strategie 2002-2006“ (KOM(2002) 208 – C5-0329/2002 – 2002/2173(COS))
- Vor der Abstimmung über Ziffer 15
Whitehead (PSE). −(EN) Herr Präsident, wir haben heute Vormittag von den juristischen Diensten des Parlaments gehört, dass wir, wenn wir den Satz ‚einschließlich der Bestimmungen aus dem internationalen Privatrecht’ unter Ziffer 15 beibehalten, nicht die beiden Artikel des Vertrags nennen könnten, die der Zweck dieses Änderungsantrags sind. Darum beantrage ich mit Unterstützung von Frau Thyssen und Herrn Bushill-Matthews, die ursprünglich die Änderungsanträge im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik gemeinsam eingebracht hatten, diese Worte zu streichen.
Der Präsident. – Gibt es Einwände gegen die Berücksichtigung dieses mündlichen Änderungsantrags unseres Berichterstatters?
(Das Parlament erhebt keine Einwände gegen den mündlichen Änderungsantrag.)
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
⁂
Bericht (A5-0423/2002) von Frau Béatrice Patrie im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik über die Auswirkungen des Grünbuchs zum Verbraucherschutz in der Europäischen Union auf die Zukunft der Europäischen Verbraucherpolitik (KOM(2001) 531 – C5-0295/2002 – 2002/2151(COS))
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
⁂
Bericht (A5-0054/2003) von Frau Marianne L.P. Thyssen im Namen des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt über die Perspektiven im Bereich des Rechtsschutzes für Verbraucher im Lichte des Grünbuchs über Verbraucherschutz in der Europäischen Union (KOM(2001) 531 – C5-0294/2002 – 2002/2150(COS))
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.)
Lulling (PPE-DE),schriftlich. –(FR) Ich habe nicht für den Bericht Avilés des Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit gestimmt, aber nicht etwa, weil ich nicht mit den Grundzügen dieses Berichts einverstanden wäre. Beispielsweise bin ich einverstanden, ja sogar überzeugt, wie wichtig es ist, dass die derzeitigen und künftigen Mitgliedstaaten die bei der Programmplanung im Rahmen der verschiedenen Interventionsformen der Strukturfonds vorhandenen Möglichkeiten zur Förderung eines integrierten Ansatzes zur Gewährleistung der Chancengleichheit und zur Unterstützung spezifischer Gleichstellungsmaßnahmen voll und ganz ausschöpfen. Ich bin auch der Ansicht, dass die Strukturfonds eine wichtige flankierende Rolle bei der wirtschaftlichen und sozialen Umstrukturierung in den Beitrittsländern spielen sollten, vor allem, was die Auswirkungen dieser Umstrukturierung auf die Beschäftigungslage der Frauen, die Betreuungsangebote für Kinder und andere pflegebedürftige Personen anbelangt.
Ich habe gegen diesen Bericht gestimmt, weil ich mit den Formulierungen nicht einverstanden bin, die unterstellen, dass die wirtschaftliche Umstrukturierung, das heißt der Übergang vom kommunistischen System zur Marktwirtschaft nur negative Auswirkungen hätte. Das läuft auf eine nachträgliche Glorifizierung der kommunistischen Ideologie hinaus, die nicht nach meinem Geschmack ist. Ich hatte versucht, eine Änderung des Textes durch eine differenziertere Formulierung zu bewirken, bin aber im Ausschuss damit nicht durchgekommen, und es wurde beschlossen, im Plenum auf Änderungsanträge zu verzichten. Ich bedaure das, und mir war daran gelegen, hier meinen diesbezüglichen Standpunkt zu erläutern.
(Gemäß Artikel 137 Absatz 1 GO gekürzte Erklärung zur Abstimmung)
Marques (PPE-DE),schriftlich. – (PT) Ich beglückwünsche Frau Avilés Perea zu ihrem ausgezeichneten Bericht über die „Ziele der Chancengleichheit von Frauen und Männern im Rahmen der Strukturfonds“, den ich voll und ganz unterstütze, insbesondere hinsichtlich der Notwendigkeit der Stärkung des Ziels, die Chancengleichheit von Frauen und Männern in den von den Strukturfonds kofinanzierten Operationen (wie in den Allgemeinen Bestimmungen zu den Strukturfonds festgelegt, die auf die Programme der drei Fonds und auf die vier Gemeinschaftsinitiativen Anwendung finden) zu fördern.
Ferner möchte ich die Notwendigkeit hervorheben, dass die Interventionen des Europäischen Sozialfonds sich nicht nur auf die Verbesserung der Einbeziehung der Frauen in die Bildung, Berufsausbildung und den Arbeitsmarkt, sondern auch auf die Verringerung der Trennung auf dem Arbeitsmarkt, die Reduzierung von Lohnunterschieden, die Förderung der Frauen in den Bereichen der Informations- und Kommunikationstechnologien, den Unternehmergeist und den Entscheidungsprozess auswirken müssen. Die Interventionen des Europäischen Sozialfonds und der anderen Gemeinschaftsfonds und -initiativen müssen so formuliert werden, dass sie innerhalb des Staatsaufbaus nicht nur die nationale, sondern auch die regionale und lokale Ebene erfassen.
Meijer (GUE/NGL),schriftlich. – (NL) Der Ausschuss für die Rechte der Frau und Chancengleichheit hat zu Recht auch die Möglichkeiten und Verpflichtungen, die sich durch das Bestehen der EU-Strukturfonds für die Förderung der Chancengleichheit ergeben können, geprüft. Im Vertrag von Amsterdam und in den Strukturfondsverordnungen sind diese Verpflichtungen ebenfalls verankert. In den Bereichen Infrastrukturen, Verkehr, Umwelt, städtische Entwicklung, Entwicklung des ländlichen Raums, Fischerei, Unternehmenspolitik, Informationsgesellschaft, Forschung und technologische Entwicklung, Bildung und Fortbildung wurde diesbezüglich wenig in die Praxis umgesetzt. Die Berichterstatterin fordert Unterstützung für eine bessere Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Personen wie alte Menschen, eine Neugestaltung der Arbeitszeit sowie eine ausgewogene Aufteilung der familiären Aufgaben auf Frauen und Männer. Sie fordert ferner eine gleichgewichtige Beteiligung von Frauen an den für die Beschlussfassung über und die Auswahl von Projekten auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene zuständigen Stellen sowie Sanktionen gegen solche Vorhaben, die diesen Kriterien nicht entsprechen. Ich stimme diesem Vorschlag zu, weil sämtliche darin enthaltenen Empfehlungen gerechtfertigt und zu begrüßen sind. Allerdings glaube ich nicht, dass die bestehenden Probleme dadurch wesentlich gelöst werden. Die Strukturfonds werden für die jetzigen EU-Mitgliedstaaten eine immer geringere oder sogar überhaupt keine Rolle mehr spielen zu Gunsten von Projekten für die Neuankömmlinge. Bei diesen neuen Vorhaben sollten von Anfang an feministische Kriterien sorgfältig berücksichtigt werden.
Patakis (GUE/NGL),schriftlich. – (EL) Für die Europäische Union liegt der Grund für Arbeitslosigkeit und Armut der Frauen nicht in der kapitalistischen Ausbeutung, sondern darin, dass Frauen weniger qualifiziert sind und in größerem Maße familiäre Verantwortung tragen sowie in reaktionären Auffassungen, die die Diskriminierung fördern. Anstatt stabile Vollbeschäftigungsverhältnisse sicherzustellen, wird vorgeschlagen, die Teilzeitarbeit auszuweiten und kurzfristige Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen, womit das Ziel verfolgt wird, Frauen in billige und flexible Beschäftigungsverhältnisse zu drängen.
Das dritte GFK stärkt die Stellung der Frau nicht, sondern unterstützt die Arbeitgeber beim Abbau von Arbeitnehmerrechten, während der Hauptanteil der Finanzmittel in Infrastrukturprojekte investiert wird, die dem Großkapital zugute kommen.
Die Verankerung der Chancengleichheit in allen Politikbereichen hat als Teil der rigorosen und gegen das Volk gerichteten Wirtschaftspolitik dazu geführt, dass für Frauen günstige Regelungen beseitigt worden sind und sich ihre Lage weiter verschlechtert hat. Die vorgelegten Vorschläge sehen weitere Einschnitte bei den staatlichen Familienleistungen vor und für die Bereitstellung von sozialen Leistungen wie der medizinischen Versorgung, Bildung und Wohlfahrt die Nutzung von Programmen und Strukturen, die vom Privatsektor getragen werden.
Wir sprechen uns für Regelungen zugunsten der Arbeitnehmerinnen unter der Voraussetzung aus, dass sie unentgeltlich sind. Nicht einverstanden sind wir mit der Förderung der Arbeitszeitflexibilisierung unter dem Vorwand, die Vereinbarkeit beruflicher und familiärer Verpflichtungen zu ermöglichen. Wir treten für stabile Vollbeschäftigungsverhältnisse und die Stärkung und Ausweitung der Arbeits- und Sozialgesetzgebung ein.
(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 137 Absatz 1 GO)
Ribeiro e Castro (UEN),schriftlich. – (PT) Ich stimme dem Inhalt dieses Berichts zu, denn aus meiner Sicht erfordert die Gleichberechtigung von Frauen und Männern einen gleichberechtigten Zugang zu den Vorteilen der Strukturfonds. Praktisch gesehen erlässt das Europäische Parlament zwar keine Gesetze in Bezug auf die Geschlechterperspektive, aber vor allem als privilegiertes Forum und als Gremium zur Vertretung der Bürger, aber Leitlinien sowohl für die Bürger im Allgemeinen als auch für die Mitgliedstaaten, auf die einige im Bericht vorgeschlagene Maßnahmen gerichtet sind. Deshalb muss es in der Lage sein, die verschiedenen Standpunkte umzusetzen und zu vertreten.
Dieser Bericht bietet eine gute Gelegenheit für weitere Schritte hin zu einer größeren Chancengleichheit von Frauen und Männern und nicht zu vergessen auch einer größeren Gleichheit von Frauen und Männern innerhalb ihrer eigenen Welt. Die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen darf nicht außer Acht gelassen werden und spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Ungleichheiten in Bezug auf diese unterschiedlichen persönlichen Entscheidungen auszuräumen, und sicherzustellen, dass diese Entscheidungen respektiert werden.
Besonders interessant im Bericht ist der Vorschlag, die Neugestaltung der Arbeitszeit für Männer und Frauen zu fördern, und die Notwendigkeit, die Sensibilisierung in Bezug auf die ausgewogene Verteilung der häuslichen Aufgaben zu fördern. Ich halte es für zweckmäßig und unerlässlich, den hohen Stellenwert der Arbeit in Haushalt und Familie entsprechend zu schützen und zu behandeln. Tun wir dies nicht, weiten wir die Ungleichstellung aus und vertiefen sie.
Vairinhos (PSE),schriftlich. – (PT) Die Strukturfonds müssen auch in den Ländern der Europäischen Union zur Bekämpfung der in der Entwicklungspolitik bestehenden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern beitragen.
Die negativen Auswirkungen der wirtschaftlichen und sozialen Umstrukturierung müssen dem besonderen Charakter der doppelten Aufgabe der Frau Rechnung tragen, und Maßnahmen zur Unterstützung der Kinder und älteren Menschen müssen von den derzeitigen Mitgliedstaaten und denen, die sich auf die Erweiterung vorbereiten, beachtet werden.
Berthu (NI),schriftlich. – (FR) Dem Bericht Friedrich kann in doppelter Hinsicht zugestimmt werden: erstens der Feststellung, dass das derzeitige Abstimmungsverfahren im EZB-Rat („ein Mitglied, eine Stimme“) nach der Erweiterung der Eurozone kaum mehr anwendbar sein wird; zweitens, dass die Reform, die die EZB heute selbst vorschlägt (Aufteilung der Länder in Gruppen mit unterschiedlichem Rotationssystem), undurchsichtig, kompliziert und ebenfalls sehr schwer umzusetzen ist.
Zwei wichtige Punkte wurden im Bericht jedoch vergessen: Erstens wurde das System „ein Zentralbankpräsident, eine Stimme“ bewusst in den Vertrag von Maastricht aufgenommen, weil damit ein auf Gleichheit basierendes Modell einer Wirtschaftsunion zur Verfügung stand, das für den Wähler attraktiv sein würde. Zweitens funktioniert dieses Modell schon heute, vor der Erweiterung, sehr schlecht. Es ist ein wesentlicher Grund für die Untätigkeit der EZB angesichts der Probleme der größten Wirtschaft der Eurozone, d. h. Deutschlands.
Die von der EZB vorgeschlagene, dem Anschein nach technisch begründete Reform ist also keineswegs harmlos. Die von Herrn Friedrich vorgeschlagene Alternative (Einführung einer Gewichtung der Stimmen entsprechend der Bevölkerungsgröße) stellt dagegen einen wichtigen Gleichheitsgrundsatz in Frage, den die Völker feierlich angenommen haben. Daher fordern wir mehr als eine überstürzte Aussprache.
Andersson, Färm, Hedkvist Petersen, Karlsson, Sandberg-Fries (PSE), schriftlich. – (SV) Wir haben uns entschlossen, gegen den Bericht über die Empfehlung für einen Beschluss des Rates über eine Änderung des Artikels 10.2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbankzu stimmen und auch die Empfehlung der EZB abzulehnen.
Unseres Erachtens besteht für eine Empfehlung zur Reformierung der Arbeit der EZB kein Grund zur Eile. Die WWU wird frühestens im Jahr 2007 um mehr als fünfzehn Mitglieder erweitert. Deshalb sehen wir keinen Grund, bereits jetzt in aller Eile eine Empfehlung vorzulegen. Unserer Auffassung nach wäre es besser, eine gründlichere Analyse vorzunehmen und den neuen Mitgliedstaaten Gelegenheit zu geben, sich in dieser Angelegenheit zu äußern. Darüber hinaus sollte eine zukünftige Empfehlung auf eine Verbesserung der Transparenzinnerhalb der EZB drängen. Die Transparenz ist ein Aspekt, der in den vorliegenden Dokumenten bedauerlicherweise nicht berücksichtigt wurde.
Figueiredo (GUE/NGL),schriftlich. – (PT) Die Erweiterung und die Notwendigkeit wirksamer Beschlüsse dienten dazu, die Ausweitung der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit – wie in Nizza – zu rechtfertigen, als der föderale Weg und die Beherrschung des Beschlussverfahrens durch die großen europäischen Mächte verstärkt wurden.
Die EZB, die Gemeinschaftsinstitution, die mit dem Grundsatz der Vertretung aller Mitgliedstaaten in ihrem Direktorium gebrochen hat und die wahrscheinlich am wenigsten demokratische und transparente aller Institutionen ist, hat dem Rat eine Empfehlung zur Bewahrung ihrer Fähigkeit einer wirksamen Beschlussfassung vorgelegt. Sie schlägt vor, dass die „Zahl der Präsidenten mit Stimmrecht unter der Gesamtzahl der Präsidenten mit Sitz im EZB-Rat liegt“ und will ein Rotationssystem einführen, um zu bestimmen, wer wann abstimmt, was bedeuten würde, dass die Zentralbankpräsidenten ihr dauerhaftes Stimmrecht verlieren, Repräsentativitätskriterien eingeführt werden, die sich auf die Größe des Finanzsektors und das BIP der Mitgliedstaaten stützen, und ein System, das die Präsenz der Großmächte zum Nachteil der kleinen Länder sicherstellt. Das ist völlig inakzeptabel. Daher unser Appell an die portugiesische Regierung, diesen Vorschlag nicht zu akzeptieren und die Entschließung des Europäischen Parlaments zu berücksichtigen, in der es diese Empfehlung ablehnt.
Flesch (ELDR),schriftlich. –(FR) Weder der Vorschlag der Europäischen Zentralbank zur Reform der Abstimmungsregeln im EZB-Rat noch das im Bericht Friedrich vorgeschlagene Modell sind zufriedenstellend.
Der Vorschlag der EZB würde es den „großen“ Mitgliedstaaten erlauben, die Währungspolitik zu diktieren. Das Modell im Bericht Friedrich sieht „eine Stimme je Mitglied“ des EZB-Rates vor und erweckt so den Eindruck, die Gleichheit der Mitgliedstaaten zu achten.
Dies ist jedoch nicht der Fall, denn den größten Teil der Entscheidungen wird das neunköpfige Direktorium treffen. Die Änderungsanträge 3 und 4, die mein Kollege Christopher Huhne eingereicht, hat, stellen zweifellos eine wirkliche Verbesserung dar.
Dennoch sollte sich die Regierungskonferenz auf einen Vorschlag einigen, der ein besseres Gleichgewicht zwischen Gerechtigkeit und Effizienz ermöglicht.
Meijer (GUE/NGL),schriftlich. – (NL) Ich schließe mich der Mehrheit an, die den Vorschlag ablehnt, aber meine Kritik geht noch weiter als die der Mehrheit. Jede Zentralbank trifft wichtige Entscheidungen über Zinssätze und Wechselkurse, die für Einkommen, Beschäftigung, Investitionen und das Niveau öffentlicher Versorgungsleistungen erhebliche Folgen haben. Weil eben diese Beschlüsse so wichtig sind, haben Banken, die Banknoten in Umlauf bringen, in der Vergangenheit unter staatlicher Kontrolle gestanden. Dadurch konnten wichtige Entscheidungen den Banken entzogen und den Regierungen und Parlamenten überantwortet werden. Die Europäische Zentralbank droht von den Mitgliedstaaten immer weiter abgeschnitten zu werden. Es besteht die große Gefahr, dass sich die zentrale Notenbank letztendlich wie eine von der Gesellschaft getrennte Institution verhält, die sich jeglicher Kontrolle entzieht. Ein Rotationssystem für das Direktorium bedeutet, dass die Mitglieder aus den einzelnen Mitgliedstaaten nicht mehr an der Beschlussfassung beteiligt sind, während ihre Länder die negativen Auswirkungen dieser Beschlüsse zu tragen haben. Die Erhöhung der Mitgliederzahl in der EU und WWU darf nicht dazu führen, dass die einzelnen Mitgliedstaaten bei dieser für unsere Bürger in sämtlichen betroffenen Ländern wichtigen Institution keine Mitsprache mehr besitzen. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr öffentliche Kontrolle über die EZB.
Moreira da Silva (PPE-DE),schriftlich. – (PT) Die Erweiterung der EU wird die Beschlussfassung der EZB erschweren, nicht nur, weil das Direktorium mehr Mitglieder mit Stimmrecht haben wird, sondern auch, weil die Standpunkte weniger homogen sein werden. Es ist deshalb verständlich, dass die EZB eine Änderung ihrer Satzung vorgeschlagen hat, die ihre Beschlussfassung vereinfachen soll. Ich denke jedoch, die gefundene Lösung (Rotation des Stimmrechts nach dem BIP jedes einzelnen Mitgliedstaats ) ist inakzeptabel. Erstens, weil das geltende Prinzip „ein Land eine Stimme“ aufgehoben wird, zweitens, weil es die Öffentlichkeit so schwerer hat zu durchschauen, wie die EU-Währungspolitik definiert wird. Deshalb meine ich, dass im Zuge der notwendigen Reform des Beschlussfassungssystems in der EZB ein System der doppelten Mehrheit geschaffen werden sollte, bei dem 1. jedes Mitglied des Rates der Präsidenten immer ein Stimmrecht hat; 2. Vorschläge mit einfacher Mehrheit der Stimmen der nationalen Präsidenten angenommen sind, sofern diese Staatenmehrheit mindestens 62 % der Bevölkerung repräsentiert. Die Reform des Abstimmungssystems in der EZB sollte jedoch erst auf der nächsten, für 2004 geplanten Regierungskonferenz umgesetzt werden.
Piscarreta (PPE-DE),schriftlich. – (PT) Unter Ausnutzung des kürzlichen In-Kraft-Tretens des Vertrags von Nizza hat die Europäische Zentralbank bereits ihre neuen Befugnisse genutzt und Änderungen zu den Arbeitsmethoden des Rates der Präsidenten vorgelegt. Auch wenn es ohne Zweifel notwendig ist, dass die EZB ihre Arbeitsweise an die kommende Erweiterung der EU anpasst, stellen sich doch einige Fragen in Bezug auf das von ihr vorgestellte Modell. Wie die Vereinten Nationen würde die EZB in Zukunft über ein Direktorium von fünf Mitgliedstaaten mit dauerhaftem Stimmrecht verfügen. Die anderen Mitgliedstaaten der Eurozone, darunter auch Portugal, würden in eine oder zwei Gruppen mit einem System der Rotation der Stimmrechte und der Gewichtung der Stimmen nach dem BIP eingebunden.
In der Praxis birgt diese Reform die Gefahr, dass die kleinen Mitgliedstaaten an den Rand gedrängt werden, indem das Prinzip „ein Land eine Stimme“ missachtet und die Arbeitsweise der EZB komplizierter und undurchsichtig wird. Die EZB muss ein starkes Organ mit größerer Autonomie gegenüber den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten sein. Es geht nicht darum, dass Portugal mehr oder weniger an Macht einbüßt, sondern um eine grundlegende Frage der Form des europäischen Aufbauwerks, die wir erreichen wollen.
Sacrédeus (PPE-DE), schriftlich. – (SV) Ich habe gegen den Bericht gestimmt, da ich den Vorschlag in Artikel 3, Beschlüsse im EZB-Rat „nach Maßgabe der Bevölkerung der Mitgliedstaaten, des Gesamtumfangs der Wirtschaft und des relativen Umfangs des Sektors der Finanzdienstleistungen“ auf der Grundlage einer doppelten Mehrheit zu fassen, nicht unterstützen kann.
Ich lehne auch die Empfehlung des EZB-Rates ab,die Mitgliedstaaten der Euro-Zone in ein aus drei Gruppen bestehendes Rotationssystem einzuteilen.
In beiden Fällen würde der Grundsatz „Ein Mitglied – eine Stimme“ aufgegeben, was ich in keinster Weise billigen kann. Stattdessen gibt es allen Anlass zur Verteidigung dieses Grundsatzes, da er von der Gleichheit der Mitgliedstaaten und von deren gemeinsamer Verantwortung ausgeht.
Figueiredo (GUE/NGL),schriftlich. – (PT) Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung wurden die Entwicklung und Umsetzung eines umfangreichen und komplexen Mechanismus der Beschneidung von Freiheiten in Gang gesetzt. Die Missachtung der grundlegenden Garantien der Rechte und Freiheiten kommt in auf EU-Ebene geförderten Initiativen und skandalös oberflächlichen Verfahren zum Ausdruck, die angewandt werden, um Maßnahmen des Kampfes gegen den Terrorismus, einschließlich des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und anderer Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung, zu beschließen.
Obwohl ich bedauere, dass mehrere von meiner Fraktion eingereichte Änderungsanträge abgelehnt wurden, bei denen es um die Achtung wesentlicher Rechtsgrundsätze ging (beispielsweise der Grundsatz, dass eine einer Straftat beschuldigte Person so lange als unschuldig gilt, bis ihre Schuld legal nachgewiesen ist; das Recht auf ein ungeteiltes Urteil, das Recht auf Verteidigung und das Recht, nicht zweimal für dieselbe Straftat verurteilt oder strafrechtlich bestraft zu werden), wurden in den vorliegenden Verordnungsvorschlag Änderungen aufgenommen, die es uns ermöglichen, ohne Abschluss eines Verfahrens das Überleben von Personen zu sichern, die auf Listen von Terroristen oder von Personen mit Verbindungen zu Terroristen aufgeführt sind.
Deshalb haben wir für den Bericht gestimmt.
Meijer (GUE/NGL),schriftlich. – (NL) Seit der Katastrophe in New York vom 11. September 2001 hat man versucht, die internationale Finanzierung terroristischer Tätigkeiten zu unterbinden. Bestimmte Personen und Organisationen wurden auf Listen gesetzt und sofort mit einem Ausreiseverbot belegt. Diesen gleichen Personen und Organisationen war ferner der Empfang oder die Ausgabe von Geld durch Banküberweisungen verwehrt. Dies konnte für Personen den Verlust ihrer gesamten Einkünfte, mit denen sie ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familie bestreiten, bedeuten, ohne einer strafbaren Handlung beschuldigt zu werden, gegen die sie sich rechtlich verteidigen können. Für diejenigen, die einmal auf einer Liste stehen, wie ungerechtfertigt dies auch sein mag, ist es extrem schwierig, wieder davon gestrichen zu werden. Im Allgemeinen sind nicht die eigentlichen Terroristen davon betroffen, denn sie haben illegale Kanäle entwickelt, die dadurch nicht tangiert werden können. Betroffen sind Flüchtlinge und demokratische Oppositionelle im Exil, die von dem in ihrem Herkunftsland an der Macht befindlichen Regime gehasst werden. Ich habe um Aufmerksamkeit für dieses Problem in früheren schriftlichen Anfragen ersucht, in denen es um Organisationen von Personen aus dem ehemaligen Staat Somalia und um die aus den Philippinen verjagte linke Opposition ging. Die jetzt vorliegenden Vorschläge gehen in die richtige Richtung. Die betroffenen Personen sind nunmehr in der Lage, Verpflegung, Unterkunft, medizinische Versorgung und Rechtsvertretung selbst zu finanzieren, und die Streichung von der Liste ist nicht mehr unmöglich.
- Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (B5-0157/2003)
Figueiredo (GUE/NGL),schriftlich. – (PT) Die „Ersetzung“ der NATO-Streitkräfte durch eine militärische Streitkraft im Rahmen der ESVP wird als die erste militärische Operation im Rahmen dieser EU-Politik vorgestellt, einer Politik, die wir ablehnen. Es handelt sich um eine militärische Operation, die im Ergebnis der EU-NATO-Erklärung zur ESVP vom 16. Dezember 2002 durchgeführt wird, in der man die strategische Partnerschaft zwischen der EU und der NATO für das Krisenmanagement, die auf gemeinsamen Werten, der Unteilbarkeit unserer Sicherheit und der Entschlossenheit, sich den Herausforderungen des neuen Jahrhunderts zu stellen, basiert, begrüßt.
Es handelt sich um eine militärische Kraft, wenn auch mit Symbolcharakter, mit Zugriff auf die Mittel und Fähigkeiten der NATO und unter der Führung des stellvertretenden NATO-Oberbefehlshabers in Europa - eine militärische Operation im Rahmen der ESVP als europäischer Stützpfeiler der NATO.
Dies ist der Versuch, die unrechtmäßige und illegitime Operation der NATO fortzuführen, die der Einmischung und imperialistischen Aggression auf dem Balkan entspricht. Es ist dies die erste militärische Operation, die anderen den Weg ebnet, wobei die „Ersetzung“ der NATO-Streitkräfte in Bosnien-Herzegowina als nächste anvisiert wird.
Deswegen stimme ich dagegen.
Meijer (GUE/NGL),schriftlich. – (NL) Militärinterventionen externer Truppen sind gewöhnlich eine schlechte Sache, da es dabei darum geht, dass eine externe Großmacht den Konfliktparteien ohne deren Zustimmung ihren Willen aufzuzwingen versucht oder dass aufgrund der Eigeninteressen bzw. Ideologien dieser Großmacht eine der streitenden Parteien favorisiert und unterstützt wird. Dies wird als „peace-enforcing“, als Aufoktroyierung des Friedens bezeichnet. Frieden, der nicht von den Beteiligten selbst mitgetragen wird, führt dazu, dass nach dem Abzug der neuen Besatzer Konflikte erneut ausbrechen. Meine Partei, die Sozialistische Partei in den Niederlanden, lehnt Kriege wie im Kosovo, in Afghanistan und im Irak ab, und wir befürworten auch nicht den Aufbau einer integrierten EU-Streitmacht. Wir sind allerdings für „peace keeping“, für Friedenserhaltung auf Ersuchen beider Konfliktparteien. Ihr Ziel besteht darin, die streitenden Parteien auseinander zu halten und neue Zwischenfälle zu vermeiden. Deshalb unterstützen wir eine solche Militärpräsenz in Zypern, im Kosovo und in Mazedonien. Wenn die UN nicht die direkte Verantwortung dafür trägt, ist die EU besser für diese Aufgabe geeignet als die gegenüber der amerikanischen Kriegspolitik befangene NATO. Deshalb stimme ich in Abweichung des Standpunkts der Mehrheit der GUE/NGL-Fraktion dafür, dass die EU friedenserhaltende Aufgaben im Nordwesten der Republik Mazedonien übernimmt.
Ribeiro e Castro (UEN),schriftlich. – (PT) Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir selbst unser schlimmster Feind sind.
Die Sorge, die dieses Thema hervorruft, ist begründet. Es ist richtig, dass die verfolgten Verfahren verbessert wurden, indem sie mit den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen an den Datenschutz harmonisiert werden. Nachdem jedoch in dem im Fachausschuss angenommenen Text Ausgewogenheit erreicht wurde – von dem der Basisvorschlag ausging – ist es wahrlich bedauerlich, dass mehrere Änderungen diese sinnvolle Ausgewogenheit verkehrt und eine Sprache bevorzugt haben, die nur als hemmungsloses Abgleiten in die Demagogie bezeichnet werden kann.
Diese völlig verfehlte „Wut“ ist nur durch die Verquickung politischer Agenden und dem unterbewussten Wunsch, sich verbal auf die US-Amerikaner bzw. alles, was nach USA riecht oder klingt zu stürzen, erklärbar. Im Übrigen ist diese zugespitzte Sprache an sich völlig unverständlich, nach den Erklärungen, die die Kommission gestern in der Plenarsitzung abgegeben hat.
Deshalb blieb mir angesichts der Annahme dieser Änderungsanträge nur, gegen den endgültigen Bericht zu stimmen.
Ich bedauere, dass die Mehrheit dieses traurige Bild vor den Bürgern abgeben und zeigen wollte, dass die entsprechende Sicherheit, wenn sie vom Europäischen Parlament abhängen sollte, in schlechten Händen liegt. Indem wir außer Acht lassen, dass das alles mit schrecklichen terroristischen Anschlägen durch die Nutzung der zivilen Luftfahrt begann, richtet sich diese missbräuchliche Sprache gegen die Polizei statt gegen die Terroristen (und die real existierenden Gefahren), und sendet damit ein bedauerliches Signal, dass wir nicht imstande sind, die harte Wirklichkeit zu verstehen...
(Gemäß Artikel 137 Absatz 1 GO gekürzte Erklärung zur Abstimmung)
Lulling (PPE-DE),schriftlich. –(FR) Das Präsidium des Parlaments hat dem Ausschuss für die Rechte der Frau und Chancengleichheit im Mai 2002 die Ausarbeitung eines Initiativberichts über Gender Mainstreaming im Europäischen Parlament genehmigt.
Ich muss sagen, dass dieses vom Ausschuss für die Rechte der Frau ausgesuchte Thema in meinen Augen nicht die höchste Priorität zukommt, da es viele andere Themen gibt, die es verdienen, in einem Initiativbericht behandelt zu werden, da sie Millionen von Frauen in der Europäischen Union betreffen, wie beispielsweise die Frage der unabhängigen sozialen Sicherung der in kleinen und mittleren Unternehmen und in der Landwirtschaft mithelfenden Ehefrauen, diesen unsichtbaren, nicht bezahlten, vor allem bei Scheidung diskriminierten Arbeitnehmerinnen.
Diejenigen, die das Glück haben, beim Europäischen Parlament angestellt zu sein, und diejenigen, denen es gelungen ist, Mitglied des Europäischen Parlaments zu werden, gehören sicherlich nicht zu den am stärksten diskriminierten und am meisten zu bedauernden Frauen des weiblichen Bevölkerungsanteils, der die Mehrheit der Unionsbürger darstellt. Aber nun sind wir mit diesem Bericht befasst, der, nach vielen anderen, auf die er sich im Übrigen beruft, hartnäckig noch einmal wiederholt, was seit Jahren bereits festgeschrieben ist, und was, in Hinblick auf das Personal, in Richtlinien, im Statut verankert ist. Ist es wirklich notwendig, einen Initiativbericht auszuarbeiten, um zum Ausdruck zu bringen, dass sich das Parlament für die Bestimmung von Artikel 13 des Vertrags ausspricht, die jegliche Diskriminierung untersagt?
(Gemäß Artikel 137 Absatz 1 GO gekürzte Erklärung zur Abstimmung)
Raschhofer (NI),schriftlich. – Maßnahmen zur Verbesserung und Förderung der Gleichstellung der Frauen zu ergreifen ist in unserer Gesellschaft heutzutage unentbehrlich. Die Europäischen Institutionen, insbesondere das Europäische Parlament, können hier eine Vorreiterrolle für die gesamte Arbeitswelt spielen.
Im EG-Vertrag und in der Charta der Grundrechte ist die Gleichstellung von Mann und Frau verankert. Gender-Mainstreaming ist hier die geeignete langfristige Strategie, die Geschlechterperspektive bei politischen und administrativen Entscheidungsprozessen einzubeziehen und eine Gleichstellung in allen Politikbereichen und auf allen Ebenen zu sichern.
Als Frau kann ich aber sagen, dass ich nach meiner Leistung und nicht nach meinem Geschlecht beurteilt werden möchte. Der Begriff der „positiven Diskriminierung“ ist in sich schon widersprüchlich, denn Diskriminierung kann nicht positiv sein. Man sollte also vorsichtig sein und das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.
Berthu (NI),schriftlich. –(FR) Wir haben für den Bericht Bösch über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft gestimmt, denn dies ist ein seriöser und fundierter Bericht, in dem Mängel in der Arbeit der Kommission bzw. beeindruckende Betrugsfälle aufgeführt sind, und der das bestätigt, was wir seit langem sagen.
Im Laufe dieser Sitzungsperiode wurde aufgedeckt, dass dem Europäischen Parlament in dem Streitfall Andreasen (angefochtene Entlassung einer für die Buchführung der Kommission Verantwortlichen, die im Vergleich zu den üblichen Buchungsvorschriften absurde Praktiken aufgedeckt hatte) Dokumente bewusst verheimlicht worden waren. Wir protestieren gegen diese Verschleierungstaktik. Dieser Skandal könnte sich also weiter zuspitzen und zu den Anklagen des Berichts Bösch erschwerend hinzukommen.
Wir haben jedoch Vorbehalte gegen den im Bericht Bösch – im Übrigen sehr diskret – wiederholten traditionellen Aufruf zur Einsetzung eines europäischen Staatsanwalts. Ohne dieses Thema weiter ausführen zu wollen, möchte ich lediglich daran erinnern, dass die betreffende Arbeitsgruppe im Konvent, trotz ihrer föderalistischen Gesinnung, diesen Vorschlag ebenfalls für fragwürdig hielt. Andere Mittel (Eurojust etc.) können ebenso effizient sein und haben den Vorteil, keine ganze Kette von Problemen auf institutioneller Ebene nach sich zu ziehen.
Raschhofer (NI),schriftlich. – Die Tatsache, dass die Fälle von Betrugsverdacht und Unregelmäßigkeiten im Jahre 2001 gegenüber dem Jahr davor um 37 % zurückgegangen sind, täuscht über die wahre Aussagekraft des Berichts hinweg. In Wirklichkeit ist es nämlich im Vergleich zu den vergangenen Jahren der zweithöchste bezifferte Stand an Betrugsverdachten. Diese dem Bericht entnommenen Ergebnisse geben Anlass zur Besorgnis. Trotz Verbesserungen im Bereich der Betrugsbekämpfung scheint es schier unmöglich, den Missbrauch oder die nicht ordnungsgemäße Verwendung von EU-Geldern unter Kontrolle zu bringen.
Ich wiederhole meine alte Kritik, dass der Missbrauch auf Grund der Strukturen systemimmanent ist. Ich appelliere an die Mitgliedsländer, hier mehr Anstrengungen zu unternehmen, um diesem Missbrauch ein Ende zu setzen. Die Kooperation mit anderen Mitgliedstaaten sowie die schärfere Überprüfung im eigenen Land ist nicht nur im Hinblick auf die bevorstehende Erweiterung absolut notwendig.
Meijer (GUE/NGL),schriftlich. – (NL) Der Schutz der Verbraucherrechte darf ebenso wenig wie der Gesundheitsschutz, der Umweltschutz und der Schutz der Sicherheit am Arbeitsplatz an nationalen Grenzen Halt machen. Selbst wenn es keine EU gäbe, müssten zwischen verschiedenen Ländern Vereinbarungen über eine gemeinsame Förderung dieser Rechte getroffen werden. Wie stets geht es jedoch letztendlich um den Inhalt der Vereinbarungen und nicht darum, dass alles einheitlich geregelt wird. Alles kann dadurch harmonisiert werden, dass so wenig wie möglich geregelt wird, dass geltende einzelstaatliche Vorschriften aufgehoben werden und dass soviel wie möglich der freiwilligen Mitarbeit beteiligter Unternehmen überlassen wird. Das mag zwar der vorherrschenden neoliberalen Ideologie entsprechen, doch ist der Schutz dann nicht viel wert und werden diejenigen, die gegen die Bestimmungen verstoßen, nicht daran gehindert, ihre üblen Praktiken fortzusetzen. Bei der Beschlussfassung über die verbraucherpolitische Strategie und das Grünbuch zum Verbraucherschutz in der Europäischen Union ist die Versuchung groß, den Verbraucherschutz als Hebel zu missbrauchen, Rechtsvorschriften auf EU-Ebene noch mehr zu harmonisieren, ohne damit die wirklichen Probleme zu lösen. Ich unterstütze die vom Verbraucherverband in den Niederlanden diesbezüglich ausgesprochene Warnung. Unlautere Handelspraktiken müssen bekämpft werden. Verhaltenskodizes können nicht an die Stelle von Rechtsvorschriften treten, sondern ergänzen sie höchstens in Details. Die Einhaltung dieser Ergänzung durch alle Betroffenen muss erzwingbar sein. Zum Glück gehen die Vorschläge der beiden Berichterstatterinnen Frau Thyssen und Frau Patrie sowie des Berichterstatters Herrn Whitehead mehr oder weniger in diese Richtung. Über den Schluss von Ziffer 23 habe ich verkehrt abgestimmt.
Piscarreta (PPE-DE),schriftlich. – (PT) Der Bericht Whitehead ist eine beachtenswerte Initiative in der europäischen Strategie für die Verbraucherschutzpolitik. Es ist wichtig, das in diesem Bericht der Fremdenverkehrssektor in den Mittelpunkt gerückt wird, der für das Überleben der Region der Algarve, die ich hier vertrete, von so großer Bedeutung ist. Es handelt sich um einen Sektor, in dem der Verbraucherschutz ein Synonym für Qualität ist. Im Zusammenhang mit der Förderung eines hochwertigen Tourismus fordert der Bericht vor allem ein hohes gemeinsames Verbraucherschutzniveau und eine wirksamere Einhaltung der bereits bestehenden Vorschriften. Obwohl diese Prioritäten für sich genommen wichtig sind, sind sie unzureichend, weil es ihnen an Kühnheit fehlt.
Deshalb stimme ich voll und ganz mit dem Berichterstatter überein, wenn er auf die Notwendigkeit hinweist, dass die EU entscheidende legislative Initiativen zum Verbraucherschutz, speziell im Bereich des Fremdenverkehrs, verabschieden muss. Dazu gehören insbesondere die rasche Annahme einer Richtlinie über Brandschutz in Hotels, die Revision der geltenden Timesharingregelung und ferner die Erweiterung der Verbraucherschutzmaßnahmen im Luftverkehr.
Ich begrüße auch die Initiativen, die eine Aufklärung der Verbraucher über ihre Rechte beinhalten. Zurzeit fühlen sich kaum mehr als 52 % der Verbraucher informiert. In diesem Zusammenhang befürworte ich eine größere Einbeziehung der Verbraucherschutzorganisationen bei der Aufstellung von Sensibilisierungs- und Informationskampagnen.
Ribeiro e Castro (UEN),schriftlich. – (PT) Ich habe für den vorliegenden Bericht gestimmt und begrüße es vor allem, dass diese Frage im Fachausschuss einen so breiten Konsens gefunden hat. Die verbraucherpolitische Strategie 2002-2006 wird in der Tat zu Legislativvorschlägen führen, die – wie wir ebenso wie der Berichterstatter hoffen – die wichtigen, im Paket der Europäischen Kommission festgelegten Kriterien in Bezug auf eine bessere Regelung beachten werden, und zwar insbesondere: die Grundsätze der Subsidiarität, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit; die Vorlage stichhaltiger Nachweise für die Notwendigkeit des Tätigwerdens der Gemeinschaft; die Feststellung, welche Hindernisse derzeit für die Entwicklung des Binnenmarkts bestehen; die Bereitstellung angemessener Informationen über die Auswirkungen auf den bereits bestehenden gemeinschaftlichen Besitzstand und auf die wichtigsten Akteure, also Unternehmen und Verbraucher; und schließlich die Vorlage ausreichender Nachweise und Garantien in Bezug auf die Machbarkeit und Wirksamkeit der Maßnahmen zur Erreichung der festgelegten Ziele.
Neben der Bezugnahme darauf, wie wichtig es ist, dass die Verbraucherschutzorganisationen – auch die der Beitrittsländer – schon jetzt gehört werden müssen und ihre Einbeziehung in die Vorbereitung der künftigen Rechtsvorschriften erforderlich ist, halte ich es in dieser Phase für besonders angezeigt, dass die Kommission gleichzeitig mit der Diskussion über das Grünbuch zum Verbraucherschutz auch Kampagnen zur Sensibilisierung der Verbraucher ins Leben ruft. Wie der Berichterstatter richtig sagt: „Ein informierter Verbraucher ist ein mündiger Verbraucher“.
Ribeiro e Castro (UEN),schriftlich. – (PT) Wie ich in der Erklärung zur Abstimmung über den Bericht der Kollegin Thyssen ausführte, ist die Anpassung der Gemeinschaftsvorschriften zum Verbraucherschutz an einen sich rasch verändernden Markt nachgewiesenermaßen fehlgeschlagen. Deshalb ist es äußerst wichtig, Vorsorge zu treffen, vor allem, damit es die Verbraucher mit einem einfachen, homogenen, umsetzbaren und wirksamen Rechtsrahmen zu tun haben, der unabhängig von der Art der betreffenden Handelspraxis zur Anwendung kommen kann.
Ich schließe mich ferner der Idee an, dass die Kommission ernsthaft die Schaffung von Datenbanken abwägen sollte, die den Informationsaustausch und die Errichtung eines Frühwarnnetzes erleichtern und den Mitgliedstaaten bei flagranten Verletzungen der Verbraucherrechte die Durchführung koordinierter Maßnahmen ermöglichen. Das Bestehen eines Binnenmarkts, und auf diesem die Existenz verschiedener transnationaler Handelsakteure, verlangt eine Aufstellung von entsprechenden Schutz- und Transparenzmechanismen.
Und schließlich bin auch ich der Auffassung, dass die Einbeziehung der Verbraucherschutzorganisationen zur Annahme eines Verhaltenskodexes, zur Erstellung einer Liste unlauterer Praktiken und zur rechtzeitigen Annahme eines Gesetzesrahmens führen muss, der den Endzielen der Debatte entspricht (zu den vorgeschlagenen Modellen gehören eine „Harmonisierung auf Höchstniveau“, eine „Harmonisierung auf Mindestniveau“ bzw. eine „je nach Fall“ geführte „Harmonisierung“). Gleichwohl kommt es darauf dann, dass dieses Modell stets die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit gebührend berücksichtigt.
Queiró (UEN),schriftlich. – (PT) Der Bericht Thyssen fordert ganz richtig legislative Maßnahmen, die einfacher sind und besser darauf abzielen, die Umsetzung der im Grünbuch zum Verbraucherschutz vorgeschlagenen legislativen Strategien zu erleichtern. Trotz der Fortschritte ist nämlich das in Bezug auf den Binnenmarkt zur Anwendung kommende Arsenal von Gesetzen wenig transparent und zu fragmentiert, um das Vertrauen der Verbraucher zu wecken.
Bekanntlich soll dieses Grünbuch der Kommission zu lauteren Handelspraktiken eine Diskussion über die Möglichkeiten zur Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarkts im Bereich des elektronischen Handels zwischen Unternehmen und Verbrauchern anregen.
Unsere Pflicht besteht in der Tat darin, diese Debatte zu unterstützen und einfache, in ihrer Anwendung wirksame Rechtsvorschriften zu schaffen, die die Verbraucher auf einem sich unaufhörlich und rasch verändernden Binnenmarkt effektiv schützen. Deshalb stimme ich für diesen Bericht.
Ribeiro e Castro (UEN),schriftlich. – (PT) Ich stimme dem zu, dass die Gemeinschaftsvorschriften zum Verbraucherschutz nicht ausreichend an einen sich rasch verändernden Markt angepasst worden sind. Deshalb stellt das Grünbuch, indem es eine Debatte über die Möglichkeiten zur Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarkts auslöst, einen äußerst sinnvollen Beitrag dar.
Ebenso angemessen finde ich die Aufmerksamkeit, die den neuen Beziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern gewidmet wird, vor allem im Rahmen des E-Commerce. In der Tat erfordert die Entstehung dieser neuen kommerziellen Realitäten im Ergebnis der Explosion des elektronischen Handels die Annahme realistischer Maßnahmen, vor allem im Einklang mit den Grundsätzen einer größeren Sicherheit des Rechtshandels, der Sicherheit des Geschäftsverkehrs, des Verbraucherschutzes und der lauteren Handelspraktiken zwischen Wettbewerbern. Damit diese Ziele erreicht werden können, unterstütze ich die Auffassung des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt, vor allem in Bezug auf die Notwendigkeit, dass die aus diesem Grünbuch resultierende Gemeinschaftsgesetzgebung klar, einfach, kohärent und von hoher Qualität sein muss. Gleichermaßen ist meines Erachtens die empfohlene Förderung von Impaktstudien, Prognosestudien (mit Blick auf die Zukunft) sowie Studien zur Bewertung der Auswirkungen (mit Blick auf das Erreichte) unabdingbar, womit die Schaffung und sukzessive Entwicklung eines wirksamen, zugänglichen und kostengünstigen Systems für den Schutz der Verbraucher und die Lösung von Streitfällen ermöglicht wird.
(Die Sitzung wird um 12.40 Uhr unterbrochen und um 15Uhr wieder aufgenommen.)
Uca (GUE/NGL). – Herr Präsident, das türkische Verfassungsgericht hat die prokurdische demokratische Partei des Volkes, Hadep, heute verboten. Unter anderem hat das Gericht 46 Mitgliedern jegliche politische Betätigung für die kommenden fünf Jahre untersagt. Die Türkei ist ein Beitrittskandidat für die Europäische Union. Da kann es nicht akzeptiert werden, dass heute noch Parteien verboten werden.
Herr Präsident, Ich bitte Sie, sich in diesem Sinne einzusetzen!
Der Präsident. – Ja, ich habe großes Verständnis für Ihre Kritik, ich verstehe es auch nicht. Wir nehmen dies zu Protokoll. Über den Beitritt der Türkei muss ja Gott sei Dank nicht heute gesprochen werden.
Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident! Ich möchte das Präsidium schon jetzt auf folgendes Problem aufmerksam machen: In der Entschließung zum Thema Unternehmensverlagerungen, das wir in wenigen Augenblicken erörtern werden, ist die portugiesische Fassung in Punkt 8 anders als die Version in allen anderen Sprachen. Meiner Ansicht nach ist die portugiesische Version in Punkt 8 falsch, richtig ist Punkt 8 in der Version in Französisch, Spanisch, Englisch usw. Ich bitte das Präsidium, für eine Korrektur diese Punktes zu sorgen und anschließend das Plenum vor der Abstimmung darüber zu informieren.
Der Präsident. – Vielen Dank für den Hinweis. Wir werden unseren Sprachendienst bitten, diese Frage aufzugreifen.
Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll.
4. Schließung von Unternehmen nach Gewährung einer EU-Finanzhilfe
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Erklärung der Kommission über die Schließung von Unternehmen nach Gewährung einer EU-Finanzhilfe.
Das Wort hat Herr Kommissar Fischler.
Fischler,Kommission. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das Problem der Schließung von Unternehmen, denen eine Finanzhilfe der Europäischen Union gewährt worden war, erscheint leider oft - und immer öfter - in den Schlagzeilen von Zeitungen. Dieses Problem ist allerdings nicht neu, aber es ist richtig, dass sich die Fälle von Schließungen, denen oft Betriebsverlagerungen folgen, in letzter Zeit häufen. Die Kommission versteht daher sehr gut, dass dieses Problem, das unsere Mitbürger zu Recht beunruhigt, für das Europäische Parlament von großer Bedeutung und von beträchtlichem Interesse ist.
Meine Kollegen, Frau Anna Diamantopoulou und Herr Michel Barnier, haben mich gebeten, Ihnen den Standpunkt der Kommission zu diesem komplexen Problem darzulegen. Es ist klar, dass da mehrere verschiedene Aspekte berührt werden: Erstens die Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts durch die Kofinanzierung aus den Strukturfonds, zweitens die europäische Sozialpolitik, aber auch drittens die Regeln des europäischen Binnenmarkts, die es unseren Unternehmen ermöglichen sollen, sich in einem von fairem Wettbewerb geprägten Klima zu entwickeln.
In meiner Erklärung möchte ich mich auf diese eben genannten Fragen konzentrieren, aber vorneweg noch zwei andere Punkte ansprechen. Erstens ist das Problem der Unternehmensschließungen - auch wenn es aufgrund der gewährten Finanzhilfen auch die Gemeinschaft direkt betrifft - kein rein europäisches Phänomen, sondern ein Phänomen, das auch im internationalen Zusammenhang betrachtet werden muss.
Leider geben unsere Unternehmen oft der Versuchung nach - manchmal unter Missachtung jeglicher sozialer und ökologischer Belange -, ihre Betriebe in Niedriglohnländer zu verlagern. Für diese internationale Dimension des Problems müssen wir konsequenterweise entsprechend internationale oder globale Lösungen finden, die vor allem in einer aktiven Kooperation mit den ärmeren Ländern und in der Schaffung eines strengeren und besser angewandten Völkerrechts bestehen sollten.
Zweitens bringt die Kommission diesem Problem im Zusammenhang mit der Erweiterung besondere Aufmerksamkeit entgegen. So hat mein Kollege, Herr Verheugen, kürzlich betont, dass die bevorstehende Erweiterung trotz der Schwierigkeiten, die die Eingliederung dieser Länder, die im Durchschnitt ein geringeres Bruttosozialprodukt pro Kopf aufweisen, notwendigerweise auf kurze Sicht mit sich bringen wird, auch große Zukunftschancen für Europa bietet.
In einem Binnenmarkt wie dem unseren liegt die Entscheidung über den Niederlassungsort eines Betriebs allein bei der Leitung des jeweiligen Unternehmens. Wie wir wissen, stützen die Investoren ihre Entscheidungen dabei auf die komparativen Vorteile des jeweiligen Standorts: Dazu zählen Lohnkosten, soziales Klima, Qualität der Infrastruktur, anwendbarer Rechtsrahmen, oft aber auch öffentliche Beihilfen und Steuervorteile. Die Subventionen, die den Investoren gewährt werden können, werden mit den öffentlichen Behörden im Rahmen der gemeinschaftlichen und innerstaatlichen Rechtsvorschriften über staatliche Beihilfen frei verhandelt.
Nun zum Thema "Unternehmensschließungen und Gemeinschaftsbeihilfen": Ich darf daran erinnern, dass es das Ziel der Regionalpolitik der Europäischen Union ist, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zu fördern, indem die Entwicklung der Regionen mit Entwicklungsrückstand gepusht wird. Die gewährten Regionalbeihilfen für produktive Investitionen sollen also vor allem die Nachteile der geförderten Regionen ausgleichen, um es ihnen zu ermöglichen, sich im Wettbewerb mit den weiter entwickelten Regionen besser behaupten zu können. Auf diesem Gebiet kann die Kommission nur die Durchführung der allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds sicherstellen, die vom Rat in Übereinstimmung mit dem Europäischen Parlament festgelegt wurden. Das entspricht übrigens auch dem, was auf innerstaatlicher Ebene praktiziert wird, wo jede Region stets bemüht ist, neue Unternehmen und Direktinvestitionen für sich zu gewinnen.
Es liegt allerdings auch an der Kommission, den unlauteren Wettbewerb zwischen Staaten, Wirtschaftstreibenden und sozialen Akteuren zu unterbinden. Dafür sehen die Strukturfonds für den Programmplanungszeitraum 2000-2006 eine Reihe von Vorbeugungsmaßnahmen vor, die ich kurz in Erinnerung rufen möchte. In den Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung ist vorgesehen, dass die Empfänger dieser Beihilfen ihre Investitionen während eines Zeitraums von mindestens fünf Jahren aufrecht erhalten müssen. Dieser Zeitraum beginnt mit dem Zeitpunkt der ersten Inbetriebnahme der Investition im jeweiligen Unternehmen.
Die allgemeine Strukturfonds-Verordnung von 1999 geht in die gleiche Richtung. Sie besagt, dass eine Beteiligung der Fonds an produktiven Tätigkeiten nur dann fortgeführt wird, wenn sich der Standort, an dem diese Tätigkeiten ausgeführt werden, im Laufe der fünf Jahre, die der Entscheidung über die Beteiligung der Strukturfonds folgen, nicht ändert.
Und schließlich die im Jahr 2002 erlassene neue Verordnung über Beschäftigungsbeihilfen - die ist etwas flexibler. Darin ist die Verpflichtung zur Erhaltung der geschaffenen Arbeitsplätze über drei Jahre hinweg in Großunternehmen und über zwei Jahre hinweg in kleinen und mittleren Betrieben vorgesehen.
Alle diese Vorschriften müssen auch in den künftigen Mitgliedstaaten ab dem Zeitpunkt des Beitritts angewendet werden. Der Vollständigkeit halber möchte ich darauf hinweisen, dass die eben erwähnte Fünfjahresvorschrift nur den Programmplanungszeitraum 2000-2006 betrifft. In Bezug auf den Zeitraum 1994-1999 ist eine Kürzung oder Streichung der Gemeinschaftshilfe möglich, wenn die Voraussetzungen für die Ausführung der Maßnahme nicht mehr gegeben sind. In allen Fällen darf weder die Kommission noch dürfen die Mitgliedstaaten die Gewährung einer Subvention verweigern, wenn die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Wenn sich jedoch herausstellt, dass ein gefördertes Unternehmen die Gemeinschaftsvorschriften über staatliche Beihilfen nicht eingehalten hat, muss es die zu Unrecht erhaltenen Beihilfen zurückerstatten.
Die Kommission ist also bereit, ihrer Verantwortung nachzukommen, wenn ein Unternehmen im Rahmen einer durch ein Gemeinschaftsprogramm kofinanzierten Beihilferegelung unberechtigterweise Subventionen erhalten hat. Dies setzt aber voraus, dass die Behörden des Landes, aus dem das Unternehmen abgewandert ist, zunächst aufgrund der vorher beschriebenen Punkte einen Vorstoß gegen die Vorschriften festgestellt haben.
Gestatten Sie mir noch kurz, auf die soziale Dimension des Problems der Unternehmensschließungen einzugehen. Obwohl die Schließung eines Betriebs zweifellos Sache der jeweiligen Unternehmensleitung ist, dürfen wir jedoch nicht außer Acht lassen, dass die zahlreichen derzeit in Europa vorgenommenen Umstrukturierungen nicht alle miteinander vergleichbar sind. Einige sind das Ergebnis klarer wirtschaftlicher Entscheidungen, die offen mit den Mitarbeitern und ihren Vertretern diskutiert worden sind, andere werden leider unter Missachtung des Arbeitsrechts durchgeführt und drängen teilweise Menschen unvermittelt in die Arbeitslosigkeit.
Der Standpunkt der Kommission ist klar: Die Unternehmen können zwar ihre wirtschaftlichen Entscheidungen frei treffen, sie müssen sich aber immer der sozialen Dimension bewusst sein. Wenn Kündigungen unvermeidlich erscheinen, muss alles dafür getan werden, die Vermittlungsfähigkeit der betroffenen Mitarbeiter zu erhöhen. Dazu ist eine vorausschauende und überlegte Politik der Unternehmen notwendig und diese müssen auch soziale Verantwortung zeigen.
Nichts - und diesen Punkt möchte ich nun besonders hervorheben -, wirklich nichts kann jedoch bei Umstrukturierungen rechtfertigen, dass die Arbeitnehmervertreter nicht unterrichtet und angehört werden. Der Rahmen, in dem dieser Dialog stattfinden muss, ist durch mehrere Gemeinschaftsrichtlinien festgelegt. Insbesondere die Richtlinie über die Einsetzung eines europäischen Betriebsrats erlegt den in Europa ansässigen multinationalen Konzernen genaue Pflichten zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter auf.
Die sozialen Begleitmaßnahmen bei der Umstrukturierung sind schließlich auch ein wichtiges Thema für die Sozialpartner und für die neue europäische Beobachtungsstelle für den industriellen Wandel. Aber auch hier ist die Kommission auf die Mitgliedstaaten angewiesen. Diesen kommt es zu, für die Einhaltung des gemeinschaftlichen Arbeitsrechts zu sorgen. Was die Kommission allerdings tun wird, ist, ihre Kontrollfunktion umfassend auszuüben, um vor allem zu verhindern, dass die Richtlinien über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer unzureichend umgesetzt werden.
(Beifall)
Bastos (PPE-DE). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich würde Kommissar Fischler gern zu der Erklärung, die er gerade vor diesem Parlament abgegeben hat, gratulieren. Ich kann es jedoch nicht. Und ich kann es nicht aus Gründen, die mit dem unangemessen späten Herangehen an ein Problem zu tun haben, das, wie übrigens der Kommissar soeben sagte, kein neues Problem ist, und ich kann es auch nicht wegen des enttäuschenden Inhalts dieser Erklärung der Kommission.
Heute werden wir – bestenfalls – versuchen, den Schäden zu begrenzen, der durch missbräuchlich eingesetzte Gemeinschaftshilfen, die multinationalen Unternehmen gewährt werden, entstanden ist. Vielleicht wäre es, wenn die Kommission umsichtiger und aufmerksamer gewesen wäre, nicht zu diesen Betriebsschließungen und -umstrukturierungen gekommen, die Grund dieser Mitteilung der Kommission sind. In meinem eigenen Namen und im Namen der PPE-DE-Fraktion möchte ich allen Arbeitnehmern, insbesondere den portugiesischen, die von der Schließung ausländischer Unternehmen betroffen sind, unsere uneingeschränkte Solidarität bekunden.
Der Verlust des Arbeitsplatzes ist für die betroffenen Arbeitnehmer und deren Familien wie ein Erdbeben. Ich möchte zwei Fälle besonders erwähnen, mit denen ich gut vertraut bin: den der Schuhfabrik Clark und den des Konfektionsbetriebs Bawo. Im vergangenen Januar hat die Geschäftsführung des Unternehmens Clark unerwartet und ohne Rücksprache beschlossen, das Werk in Castelo de Paiva in Portugal zu schließen und 588 Arbeitnehmer in die Arbeitslosigkeit zu schicken. Zwei Jahre zuvor hat es durch gleiches Vorgehen das Werk in Arouca in derselben Region geschlossen und ca. 500 Menschen entlassen. Clark war in den Genuss riesiger Beträge an Hilfen der Gemeinschaft sowie der nationalen und lokalen Behörden gekommen. Trotzdem hat das Unternehmen als Rechtfertigung für die Massenentlassung die Einfuhr von Riestern aus Indien und Rumänien mit dem Ziel, eine wettbewerbsfähige Preisstruktur aufrechtzuerhalten, angeführt. Ich habe soeben wörtlich aus der von Clark am 10. Januar herausgegebenen Presseerklärung zitiert.
Der andere Fall: Im vergangenen Februar entfernte die Geschäftsführung des Unternehmens Bawo klammheimlich nachts und in Abwesenheit der Mitarbeiterinnen die Maschinen aus dem Werk in Estarreja. Rein zufällig bemerkte eine von ihnen, was vor sich ging, und alarmierte die Kolleginnen. Alle Arbeiterinnen standen Tag und Nacht, bei Regen und Kälte, am Werkstor Wache, bis die Gerichte die Beschlagnahme der Ausrüstungen beschlossen.
Beide Unternehmen beabsichtigten eine Verlagerung in Länder der Erweiterung und in Drittländer. Diese Fälle sind das Paradigma eines schlechten Beispiels und werfen folgende Fragen auf: Wo ist das Gleichgewicht zwischen den ökonomischen Interessen und den Interessen der Unternehmen sowie den Rechten der Arbeitnehmer und der Gesellschaft? Gerät so das europäische Sozialmodell ins Stocken?
Herr Präsident, Herr Kommissar! Wir sind für die Wettbewerbsfähigkeit, wir sind keine Feinde der Globalisierung, wir ignorieren nicht den Wettbewerb des Weltmarkts, gleichwohl akzeptieren wir nicht, dass die Wirtschaft als ein Zweck an sich und nicht im Dienste des Menschen gesehen wird. Wir können nicht tolerieren, dass das Geld aller europäischen Steuerzahler dazu dient, die Unternehmen zu belohnen, die mit Blick auf höhere Profite und billigere Arbeitskräfte von einem Land zum anderen hüpfen. Und das ohne jedwede soziale Bedenken – weder ihren Arbeitnehmern und deren Familien gegenüber und schon gar nicht in Bezug auf die wirtschaftlichen Auswirkungen in den betroffenen Regionen. Die gewährten Zuschüsse sollen der Schaffung von Arbeitsplätzen dienen und nicht Verlagerungen finanzieren. Wir maßen uns nicht an, Unternehmen daran zu hindern, ihre Betriebe zu schließen oder zu verlagern, wir können jedoch fordern, dass die Unternehmen, die in den Genuss von Finanzhilfen kommen, Verpflichtungen eingehen und Garantien für eine langfristige Beschäftigung geben.
Die Beschäftigung ist die Priorität der Europäischen Union. Die Lissabonner Strategie legt als Ziel das Erreichen der Vollbeschäftigung in diesem Jahrzehnt fest. In diesem Parlament nimmt die Sorge über die in der Europäischen Union erreichten Fortschritte in Bezug auf das in Lissabon Erstrebte immer mehr zu. Dieses Phänomen der Verlagerung von Betrieben breitet sich in verschiedenen Mitgliedstaaten aus, führt zu Arbeitslosigkeit und gefährdet die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Regionen. Als Folge wird der Druck auf die Systeme der sozialen Sicherung größer, die die Kosten der Sozialhilfe für die arbeitslosen Bürger tragen müssen, und wir entfernen uns ganz klar immer mehr von dem Lissabonner Traum.
Es muss dringend etwas getan werden. Wir appellieren deshalb an die Kommission, einen legislativen Rahmen auszuarbeiten, um die Zuteilung von Gemeinschaftsmitteln an die Unternehmen sittlich zu gestalten. Es müssen klare Regeln aufgestellt werden, die Missbräuchen durch Unternehmen, die Zuschüsse von der Europäischen Union erhalten, vorbeugen und diese unter Strafe stellen. Die Kommission muss Hilfen für die Unternehmen ablehnen, die die mit den Mitgliedstaaten eingegangenen Verpflichtungen nicht respektieren. Sie muss sie zur Rückzahlung dieser Hilfen zwingen. Als Sofortmaßnahme fordern wir die Kommission auf, die derzeitigen Schließungen zu kontrollieren und eine Liste der Unternehmen zu erstellen, die sich nicht an die Auflagen halten. Abschließend möchte ich meiner Freude über die Unterstützung der anderen Fraktionen dieses Parlaments, insbesondere der sozialistischen Kollegen, Ausdruck verleihen, die die Tragweite der schwer wiegenden Folgen dieser Unternehmensverlagerungen im Raum der Gemeinschaft erkannt haben.
Lage (PSE). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren Abgeordneten! Gestatten Sie mir, einen Fluch, eine Forderung und ein Bedauern zum Ausdruck zu bringen. Zunächst der Fluch: Schließung von Unternehmen, brutale und unmenschliche Umstrukturierungen, Massenentlassungen, plötzliche Verlagerungen, das ist die unerwartete Facette, die, wie ich hoffe, nur Randerscheinung eines in gewissem Maße wilden europäischen Kapitalismus ist. Das geschieht, Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, zur selben Zeit, da zur neuen Unternehmenskultur ganze Bücher geschrieben und Proklamationen verlesen werden und viel von der Ethik des Unternehmens und der Ethik des Unternehmers die Rede ist. Man spricht sogar von einer sozialen Ethik des Unternehmens, einer ökologischen Ethik, und ich habe – leider Gottes - schon Sachen über eine Kantsche Ethik des Unternehmers gelesen, obwohl doch offenkundig die meisten von ihnen schon die Ideen eines großen Denkers des 19. Jahrhunderts - Karl Marx - ablehnen. Es gibt Unternehmer, die sich wie echte Ganoven verhalten. Die sozialen Krisen, die sie verursachen, das Leid, das sie für dem Einzelnen oder Familien zufügen, und die Krisen, die sie in der lokalen Wirtschaft verursachen, sind ihnen völlig egal. Es gibt sogar ein neue spezialisiertes Geschäftsfeld, das darin besteht, die größtmöglichen Zuschüsse aus den europäischen Fonds abzufassen, und dann bei erstbester Gelegenheit die mit europäischen Mitteln bezuschussten Unternehmen an den Rand des Bankrotts zu treiben oder sie zu ruinieren. Wir müssen gegen dieses abscheuliche Szenario vorgehen, das nicht in das Bild eines modernen Unternehmensmarktes und einer blühenden und sozialen Wirtschaft, wie wir sie in Europa haben, passt.
Die Forderung: Da dies mit Sicherheit ein europäisches Phänomen ist, das demzufolge auf europäischer Ebene bekämpft werden muss, kommen wir nicht umhin, das besondere Ausmaß hervorzuheben, das das Phänomen der Verlagerung und Schließung von Unternehmen in Portugal in den letzten Monaten angenommen hat, wo verschiedene, mehrheitlich multinationale Unternehmen ihre Absicht bekundeten, die Produktion einzustellen und sie an andere Orte zu verlagern. Einige von ihnen haben bedeutende finanzielle Beihilfen erhalten, um sich in Regionen wie Aveiro, Coimbra oder Leiria anzusiedeln, wobei sie zu diesem Zweck Verträge mit den lokalen Behörden geschlossen haben, in denen sie sich verpflichteten, ihre Geschäftstätigkeit dort für eine bestimmte Zeit von Jahren aufrechtzuerhalten. All das endet letztlich in einer riesigen Katastrophe für diese Städte, Dörfer und Regionen in Portugal, wo mit Beginn der Investitionen so viele Hoffnungen geweckt wurden, die nun aber schmerzlicher Enttäuschung Platz machen.
Das Bedauern: Das Bedauern in dem Sinne, wie von Frau Bastos bereits geäußert: die Verspätung, mit der die Kommission auf dieses Phänomen reagiert, das sich in verschiedenen europäischen Ländern bereits seit langem ankündigt. Ich bin ebenfalls mit ihr der Meinung, dass die Kommission schneller hätte reagieren, und zwar nicht nur dadurch, dass sie ihren legislativen Apparat in Gang gesetzt und die zahlreichen bestehenden Richtlinien umgesetzt hätte, sondern auch dadurch, dass sie ein Aktionsprogramm für eine Krisensituation wie diese ausarbeiten hätte müssen.
Gestatten Sie mir jedoch, abschließend meiner Freude darüber Ausdruck zu verleihen, dass der Herr Kommissar eine Doktrin und eine Strategie definiert hat, die im Prinzip unterstützt werden sollten, damit sowohl im legislativen als auch im finanziellen und sozialen Bereich auf Situationen wie diese reagiert werden kann. Ich freue mich ferner darüber, dass das Parlament und alle Fraktionen angesichts dieser ernsthaften Situation geeint auftraten und damit gezeigt haben, dass das Parlament den Problemen der Bürger zugewandt ist und die Kommunikation mit der Gesellschaft und mit den europäischen Bürgern zu deren Nutzen einsetzen kann. Das gereicht dem Europäischen Parlament zur Ehre und zur Würde. Ich hoffe deshalb, Herr Kommissar, dass wir den Arbeitnehmern, die heute ohne jegliche Hoffnung sind, ein wenig Mut machen können und dass wir eine konkrete Antwort und alternative Lösungen für diese Situationen finden. Damit, Herr Präsident, komme ich zum Schluss.
Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident! Zwei Anmerkungen vorweg: Zunächst die Feststellung, dass Herr Fischler mich nicht enttäuscht hat, denn bezüglich seiner Aktionen haben ich keinerlei Illusionen mehr. Die zweite Anmerkung richtet sich an unsere Kollegin, Frau Bastos, deren Ausführungen in völligem Gegensatz zu dem stehen, was die portugiesische Regierung unter der Ägide des Chefs ihrer Partei, der PSD, tut. Ich gratuliere ihr dazu, auch wenn ich nicht umhin komme, auf den Widerspruch hinzuweisen.
Die verstärkte Standortverlagerung von Betrieben multinationaler Unternehmen und deren teilweise oder vollständige Schließung in den Ländern der Europäischen Union, wo sie sich angesiedelt hatten, dabei insbesondere Portugal, tragen zur Verschärfung der Arbeitslosigkeit, zur Drosselung der Entwicklung der Regionen, in denen es keine Beschäftigungsalternativen gibt, und zum Anwachsen von Armut und sozialer Ausgrenzung bei.
In der Mehrzahl der Fälle werden diese Unternehmen nur mit dem Ziel der Profitmaximierung verlagert, denn die Produktivität, die Effizienz oder die wirtschaftliche Lebensfähigkeit bieten hierzu keine Veranlassung. Häufig erfolgt die Verlagerung, nachdem die Unternehmen bedeutende Beihilfen aus Gemeinschaftsmitteln sowie von lokalen und nationalen Behörden erhalten haben. Dabei erfüllen sie nicht einmal die eingegangenen Verpflichtungen und ignorieren die äußerst schwer wiegenden sozialen und wirtschaftlichen Schäden, die ihr Tun bewirkt, wie im Falle von C&J Clarks in Arouca und Castelo de Paiva und vielen anderen in Portugal.
Das ist eine inakzeptable Situation, deren Grundlage vagabundierende Investitionen bilden, die keinerlei Ethik oder soziales Verantwortungsgefühl kennen, für die es nur darum geht, den größtmöglichen Profit zu erzielen, immer auf der Suche nach mehr finanziellen und steuerlichen Anreizen und Hilfen und nach billigen Arbeitskräften mit wenigen Rechten. Zu jeder Zeit bereit, den Standort zu wechseln, wenn irgendwo anders die Aussicht auf noch größere Gewinne und höhere Beihilfen der Gemeinschaft besteht.
Diese Situation ist in den Ländern, die wirtschaftlich und sozial am schwächsten sind, besonders gravierend. Und man kann den Fall Portugal nicht mit anderen vergleichen, obwohl natürlich dieses Problem insgesamt in der ganzen Europäischen Union Aufmerksamkeit verdienen muss. In Portugal gibt es zahlreiche Beispiele, von denen ich hier nur einige nennen möchte - Schließung von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen, Androhung weiterer solcher Schritte, Arbeitsplatzabbau in multinationalen Unternehmen. Als Beispiele seien genannt: Eres, Bawo, Schuh-Union, Scottwool, Rhode, Ecco'let, Yasaki Saltano, Philips, Alcoa, Dhelphy, Alcatel, kurzum eine sehr lange Liste, die genau geprüft werden muss. Viele Tausende von Arbeitnehmern, in der Mehrheit Frauen - darauf sei speziell verwiesen - aus dem Textil-, Bekleidungs-, Schuh-, Elektrik- und Elektroniksektor. Es müssen daher Maßnahmen ergriffen werden, die diese Art von Investitionen regeln, die die Beschäftigung und die lokale und regionale Entwicklung schützen.
Deswegen unsere Vorschläge zur dringenden Schaffung eines Rechtsrahmens, der über das hinausgeht, was Herr Fischler hier gerade gesagt hat und mit dem Gemeinschaftsbeihilfen für Investitionen an die Erfüllung der vertraglich eingegangenen Verpflichtungen der Unternehmen geknüpft werden, Verpflichtungen, mit denen die Interessen der betroffenen Menschen und Regionen geschützt und die Achtung einer nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sichergestellt werden sollen. Begleitet wird dies von einer umfassenden Garantie der Unterrichtung und Intervention der Arbeitnehmerorganisationen im gesamten Prozess, einschließlich des Vetorechts.
Von besonderer Wichtigkeit ist, dass alle Beihilfen an langfristige Vereinbarungen in den Bereichen Beschäftigung und lokale Entwicklung geknüpft werden, dass den Unternehmen, die diese Verpflichtungen missachten oder die Zuschüsse für andere Zwecke nutzen, die Gewährung von Beihilfen durch Gemeinschaftsprogrammen verwehrt wird. Unternehmen, die, ohne ihren Verpflichtungen in vollem Umfang nachgekommen zu sein, ihre Geschäftstätigkeit in andere Mitgliedstaaten verlagern, nachdem sie in einem Mitgliedstaat Fördermittel in Anspruch genommen haben, sollten keine Beihilfen gewährt werden. Zudem sollte von ihnen die Rückzahlung der bereits erhaltenen Beihilfen gefordert werden.
Dementsprechend muss die Kommission eine rigorose Bewertung sämtlicher Fälle vornehmen, die in jüngster Zeit passiert sind oder derzeit ablaufen. Gleichermaßen ist es erforderlich, die Unternehmen zu überprüfen, denen gemeinschaftliche Finanzhilfen gewährt wurden. Diese Maßnahmen müssen mit einer umfassenden Untersuchung der Schließungen von Unternehmen nach der Gewährung von gemeinschaftlichen Finanzhilfen einhergehen. Geprüft werden müssen auch alle Standortverlagerungen, die im Moment vorgenommen werden, zu einer Zeit, da die Erweiterung vor der Tür steht und diese Situation umso beunruhigender ist.
Isler Béguin (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, ich hoffe, dass Herr Fischler heute nicht deshalb bei uns ist, weil wir über die Verödung von Industrieregionen sprechen. Ich kann mich seiner Analyse nicht anschließen, denn meines Erachtens verfügt die Union über effiziente Möglichkeiten, um Einfluss auf die Unternehmen zu nehmen, die von Europa subventioniert werden und die in Scharen ihre Standorte verlagern. Ich bin auch der Ansicht, dass wir bei der Globalisierung nicht ständig Ausflüchte machen können, denn diese Diskussion ist letztlich für die soziale und wirtschaftliche Zukunft des gesamten Gemeinschaftsraums entscheidend, da es hier um die europäische Politik, den Rechtsrahmen angesichts der tief greifenden Erschütterungen aufgrund der Globalisierung und einen Liberalismus ohne Grenzen und Prinzipien geht.
Die Union bleibt unser am besten geeigneter Gesprächspartner und Akteur angesichts dieser weltweiten Phänomene. Man muss es sagen, und man muss daran glauben. Was Sie vorschlagen, genügt heute nicht. Viele Rechtsrahmen müssen noch eingeführt werden, um den Investoren in Europa Mindestgarantien und damit den Millionen unserer Mitbürger ein Zeichen für die Sicherheit und den Fortbestand der Arbeitsplätze zu geben.
Angesichts der jüngsten Erschütterungen im Industriesektor, die viele Regionen in unseren Mitgliedstaaten heimgesucht haben, von Portugal bis in meine Heimat Lothringen, und von denen auch die Beitrittsländer bereits betroffen sind, muss mit diesem Rechtsvakuum in der Wirtschaft Schluss gemacht sowie zwischen den Organen der Gemeinschaft und den privaten Investoren neue Beziehungen hergestellt werden. Als Mandatsträger dieser Regionen können wir es nicht länger hinnehmen, dass die Europäische Union ein Eldorado für Jäger nach Gemeinschaftsprämien ist, die sich öffentliche Mittel ergatterten, um sich besser in den Arbeitsmarktregionen breit machen zu können, und die nunmehr das gesamte Industriegefüge durch ihre Standortverlagerung zerstören.
Die Eisen- und Stahlindustrie und die Textilindustrie sind nicht die einzigen Synonyme für die Verödung der Industrielandschaft. Hinzu kommt jetzt auch der tertiäre Sektor, die Unternehmen mit hoher Wertschöpfung wie Daewoo und Philips. Was bleibt morgen, wenn es der Europäischen Union nicht gelingt, diese Investitionsströme in den Griff zu bekommen, wenn sie sich als unfähig erweist, bei sämtlichen Verhandlungen über ihre Subventionen einen Kodex der Rechte und Pflichten durchzusetzen. Aus diesen in der Vergangenheit im Industriesektor aufgetretenen Krisen müssen wir jetzt die Lehren ziehen und eindeutige Verpflichtungen im Hinblick auf die Qualität, die Quantität und den Fortbestand der Arbeitsplätze im Verhältnis zum Umfang der Subventionen der Gemeinschaft festlegen.
Beispielsweise hat die von der Krise ihrer Schwerindustrie schwer getroffene Arbeitsmarktregion Longwy in Lothringen zwischen 1988 und 1995 keine Garantien verlangt, als sie Daewoo, allerdings mit starker Unterstützung von Gemeinschaftshilfen, aufnahm. Heute hat Daewoo keinerlei Hemmungen, seine Angestellten ganz einfach fallen zu lassen. Auch wenn die Bedingungen für solche Beihilfen seitdem verschärft wurden, reicht dies augenscheinlich noch nicht aus, ebenso wenig wie Ihre Vorschläge, Herrn Kommissar, ausreichen, um das Vertrauen unserer Mitbürger in die Sozialpolitik der Europäischen Union wiederzugewinnen und die Kontrolle mittels des Gemeinschaftsrechts so zu verstärken, um die Bedingungen für die Beschäftigung und das soziale Leben in unserem sich herausbildenden Raum zu sichern.
Die Europäische Union darf nicht länger nur der Zahlmeister sein, sondern muss sich den Freibeutern der Gemeinschaftsfinanzen künftig, wie dies andere zu ihrer Zeit taten, mit der nachdrücklichen Forderung „I want my money back“ entgegenstellen. Die nachhaltige Entwicklung unseres Kontinent, die langfristig seine einzige Perspektive ist, muss drei Komponenten umfassen: eine fortschrittliche Sozialpolitik, den Schutz der Umwelt sowie eine solidarische und regulierte Wirtschaftspolitik. Setzen wir einen Schlussstrich unter die unseligen Praktiken der Vergangenheit, was Sie nicht tun, Herr Kommissar, und zwingen wir künftig die Unternehmen zur Rückzahlung, die ihre klar festgelegten Verpflichtungen nicht erfüllt haben. Dies ist der Preis für Europa, aber die Zukunft Europas ist nur um diesen Preis zu haben.
Ribeiro e Castro (UEN). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich komme nicht umhin, eingangs auf eine Meinungsverschiedenheit zwischen Kollegen hinzuweisen, denn ich muss mit Bedauern feststellen, dass Frau Figueiredo es nicht lassen konnte, sich auf das Nebensächliche zu konzentrieren, anstatt sich dem Hauptsächlichen zuzuwenden. Und das Nebensächliche in diesem Fall sind die Sticheleien der internen Opposition. Zudem es nicht einmal der Wahrheit entspricht, denn der Premierminister, die Regierung, die lokalen Behörden sind in diesem Fall beharrlich und unermüdlich gewesen. Was im Übrigen auch mit dem einheitlichen Auftreten der portugiesischen Abgeordneten in diesem Haus übereinstimmt. Die Richtung der Aussprache ist zu einem großen Teil auf diese Weise bestimmt worden und auch ein Großteil des Erfolgs in Form des Kompromissentschließungsantrags, über den wir in Kürze abstimmen werden.
Im Übrigen hoffen wir, insbesondere was den portugiesischen Fall betrifft, über den sich in Portugal jeder aufgeregt hat, also den Fall C&J Clark, dass die Kommission schließlich Schlussfolgerungen zieht, um ein Problem aus der Welt zu schaffen, das bereits seit langem besteht: die Jagd nach Gemeinschaftsbeihilfen. Mir ist noch ein Beispiel im Gedächtnis, das vor zehn Jahren in Portugal Berühmtheit erlangte: Eigenen Angaben zufolge hatte damals Thiery Rousell in Brejão erfolgreich Explorationsbohrungen durchgeführt. Damit weckte er viele Hoffnungen, doch letztlich verschwand er mit vielen Millionen Escudos. Noch heute ist nicht alles aufgeklärt, und der Gerechtigkeit ist auch noch nicht Genüge getan. Es handelt sich um langfristige Probleme, für die es eines Tages eine Lösung geben muss.
Die Verlagerung und Umstrukturierung von Unternehmen sowie die Schließung von Unternehmen im Anschluss an die Gewährung von Finanzhilfen durch die Europäische Union sind keine neuen Erscheinungen. Ihr Ausmaß und Kontext haben sich jedoch beträchtlich verändert. Wir wissen, dass die Beweggründe für die Schließung von Unternehmen und ihre anschließende Verlagerung vielfältig sind. Wir wissen aber auch, welch unheilvolle Folgen die Verlagerung von Unternehmen hat, vor allem, wenn Arbeitsplätze in Regionen wegfallen, in denen keine Alternativen zur Verfügung stehen. Der jüngste Fall des Unternehmens C&J Clark in Castelo de Paiva spricht für sich.
Entscheidungen dieser Art führen zu einer hohe Zahl von Entlassungen, für Tausende von Arbeitsplätzen, an denen die vorangegangenen Entlassungsrunden noch vorbei gegangen sind, besteht nun die Gefahr des massiven Abbaus, was zu schwer wiegenden Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft führt. Hinzu kommen alle indirekten Auswirkungen durch den Rückgang von Leistungen und Aufträgen in Subunternehmen – in der Mehrzahl existenzgefährdete kleine und mittlere Unternehmen, deren Gründung auf die Ansiedlung größerer Betriebe zurückgeht und die von diesen abhängig sind. Wir dürfen deshalb nicht mehr gleichgültig zuschauen. Wir dürfen nicht ignorieren oder so tun, als ob wir es nicht wüssten, dass diese Betriebe vor allem in den Ziel-I-Gebieten in vielen Fällen gemeinschaftliche Finanzhilfen und direkte oder indirekte Finanzhilfen der Mitgliedstaaten erhalten. Und ebenso wenig dürfen wir ignorieren oder so tun, als ob wir es nicht wüssten, dass die meisten der Unternehmen, die schließen, den Standort wechseln oder eine Verlagerung beabsichtigen, nicht gefährdet sind, sondern vielmehr erfolgreich sind, mit hoher Produktivität und einer anerkannten Produktqualität, und dass die Entscheidung, das Unternehmen zu schließen, sozial gesehen schmerzlich ist, jedoch nur von externen wirtschaftlichen Gründen diktiert wird.
Wir müssen unserer Verantwortung in dem Bewusstsein gerecht werden, dass die Europäische Union der weltweit wichtigste Akteur in diesem Bereich ist und insbesondere interne Disziplin bei Unternehmensverlagerungen im Rahmen des Binnenmarkts gewährleisten muss. Deshalb verleihen wir unserer Solidarität mit den mittel- und unmittelbar betroffenen Arbeitnehmern Ausdruck. Wir halten es für unannehmbar, dass ein multinationales Unternehmen, das Finanzhilfen der Gemeinschaft in Anspruch nimmt, in dem Mitgliedstaat, in dem es sich niedergelassen hat, die mit den Beihilfen verbundenen Verpflichtungen umgehen kann. Wir appellieren an die Kommission und an die Mitgliedstaaten, gemeinschaftsweit operierende Unternehmen aufzufordern, von Entscheidungen zum Abbau von Arbeitsplätzen so lange Abstand zu nehmen, bis nicht vorher alle Alternativlösungen geprüft wurden. Wir ersuchen die Kommission, sowohl auf nationaler als auch auf Gemeinschaftsebene die Modalitäten der Beihilfen, in deren Genuss die betreffenden Unternehmen bereits gekommen sind, festzustellen und diese bekannt zu machen. Wir alle müssen wissen, was in diesem Bereich vor sich geht, und dass auch die Öffentlichkeit Kontrolle ausüben und eigene Strafen verhängen kann.
Sacrédeus (PPE-DE). – (SV) Herr Präsident! Gislaved, Bengtsfors und Skövde zählen zu den schwedischen Orten, in denen viele Menschen die Zerstörung ihrer Existenz erleben mussten, als eine große Anzahl von Arbeitsplätzen in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union verlagert wurde. Durch zweifelhafte und mitunter ungesetzliche staatliche Subventionen wurden Steuergelder zur Verlagerung von Arbeitsplätzen innerhalb der Union verwendet.
Eine Möglichkeit der Verteidigung gerechter Spielregeln besteht darin, dass die Kommission – ich wende mich aus diesem Grund besonders an den heute anwesenden Kommissar Fischler – härtere Sanktionen gegen Mitgliedstaaten verhängt, die gegen Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrags verstoßen. Die heutigen Sanktionen beinhalten nach diesem Artikel im schlimmsten Fall eine Rückzahlung der ungesetzlich gezahlten Beihilfen durch die Industrie und die Mitgliedstaaten. Die Höhe der Rückzahlung beschränkt sich jedoch auf die gezahlten Beihilfen zuzüglich Zinsen. Im Verhältnis zum entstandenen Schaden sind die Strafen somit mild und wirken sich in Verbindung mit der Tatsache, dass nur wenige Verstöße gegen Artikel 87 Absatz 1des EG-Vertrags aufgedeckt werden, negativ auf den gemeinsamen EG-Marktaus. Wenn einige Unternehmen und eine bestimmte Produktion ungebührlich bevorteilt werden, führt dies zu einer Verzerrung des Wettbewerbs und die Idee des Binnenmarkts nimmt Schaden.
Kleine Orte in Schweden gehörten bisher zu den Verlierern dieses in Europa gespielten unehrlichen Spiels um Arbeitsplätze. So waren beispielsweise die Auswirkungen auf Bengtsfors und die Landschaft Dalsland in Westschweden katastrophal. Die Mitgliedstaaten müssen nicht nur den Buchstaben, sondern auch dem Geist des EG-Vertrags folgen. Natürlich führen Fälle wie Bengtsfors dazu, dass das Vertrauen der Bürger in den europäischen Binnenmarkt untergraben wird.
Ich möchte mich nun mit zwei konkreten Fragen an Kommissar Fischler wenden. Halten Sie die heutigen Sanktionen gegen staatliche Subventionen, mit deren Hilfe Unternehmen Arbeitsplätze innerhalb der Europäischen Union verlagern, für angemessen und ausreichend spürbar? In diesen Fällen kommt es ja nicht zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, sondern zu einer Zerstörung der sozialen Sicherheit.
Meine zweite Frage an Kommissar Fischler bezieht sich auf die Antwort der Kommission auf eine frühere Frage zur Verlagerung von Arbeitsplätzen vom schwedischen Bengtsfors nach Portugal. Ist die Kommission der Ansicht, dass die Strukturbeihilfen zukünftig so umzugestalten sind, dass gewerblichen Neuansiedlungen und neuen ArbeitsplätzenVorrang gegenüber Arbeitsplatzverlagerungen eingeräumt wird?
Santos (PSE). – (PT) (ohne Mikrophon) ...aufgrund der Bekräftigung meiner Kultur und meiner Sprache derzeit leider die Feststellung, dass die sozialen Probleme aufgrund des Phänomen der Betriebsverlagerungen hauptsächlich in Portugal auftreten. Und sie geschehen in Portugal, ohne dass die Kommission rechtzeitig die notwendige Vorsorge getroffen hat - ich stimme meinen Kollegen zu, die dies bereits vor mir angesprochen haben - und vor allem zu einer Zeit, in der in Portugal in Unterordnung unter einen völlig überzogenen Finanzfundamentalismus regiert wird, ohne auf die reale Wirtschaft und die Menschen zu schauen.
Herr Präsident, Herr Kommissar! Die Stärkung der kollektiven und persönlichen Rechte der Arbeitnehmer, vor allem wenn Massenentlassungen, Betriebsverlagerungen und Insolvenzen aufgrund des industriellen Wandels drohen, ist in Richtlinien verankert, die die Mitgliedstaaten durch die rasche und wirksame Umsetzung in die innerstaatliche Rechtsordnung erfüllen müssen, was nicht immer geschieht und Gegenstand eines speziellen Vorgehens der Kommission sein muss. Disziplin und Harmonisierung in legislativer Hinsicht werden zur einer Zeit umso notwendiger, da wir glücklicherweise Zeuge der weiteren Integration der europäischen Wirtschaften sind, was zu einem hohen Grad an ausländischen Investitionen im produktiven Bereich geführt hat. Es ist unstrittig, dass das Saldo für die Entwicklung der verschiedenen Regionen äußerst positiv ist. Es sind viele verschiedene erfolgreiche Fälle bekannt, die zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der betreffenden Regionen beigetragen haben, die ohne diese Investitionen zur Stagnation und Rückschritt verurteilt gewesen wären.
Leider kommt es häufig dazu, dass gewährte materielle Vorteile ausgenutzt werden, ohne dass ein Beitrag zur Stärkung des Produktionspotenzials der Region geleistet wird, und vor allem, ohne jedwede Besorgnis sozialer Natur. Ein Großteil der Verantwortung liegt eindeutig bei den Mitgliedstaaten selbst, die die Förderung bestimmter Produktionsanlagen zum Teil bis ins Unendliche treiben und dabei lediglich dem unmittelbaren Interesse Priorität einräumen.
Die Zunahme der Verlagerung von Unternehmen, die in einigen Ländern Europas und mehrheitlich in den am wenigsten entwickelten Wirtschaften wie der portugiesischen festzustellen ist, kann nicht hingenommen werden. Nichts, nicht einmal die derzeitige Situation der wirtschaftlichen Stagnation in Europa, rechtfertigt das gesetzwidrige und unmoralische Verhalten einiger Unternehmen des ausländischen Kapitals in Portugal. Die entsprechenden Investitionen wurden freiwillig getätigt, die Unternehmen wurden guten Glaubens und mit großen Erwartungen aufgenommen, die gewährten Hilfen sind normalerweise großzügig und stammen zum Teil aus dem Gemeinschaftshaushalt. Daher ist die ständige Missachtung der Interessen der regionalen Gemeinschaften, der Menschen und auch der Europäischen Union inakzeptabel.
Diese Hilfen müssen an langfristige Vereinbarungen zur Beschäftigung und lokalen Entwicklung gebunden sein. Deshalb sind Beihilfen Unternehmen, die diese Verpflichtungen nicht respektieren, zu verweigern. Wie wir im Entschließungsentwurf sagen, muss ein Verhaltenskodex ausgearbeitet werden, in dem Bedingungen für die Verlagerung von Arbeitsplätzen geregelt sind und ergänzend eine Kontrolle der Praktiken der Unternehmen ermöglicht wird, die dagegen verstoßen. Deswegen wird der Europäischen Beobachtungsstelle für den industriellen Wandel, die dabei helfen kann, alternative Politiken zu den Verlagerungen festzulegen, eine besondere Rolle zukommen. Erforderlich ist auch, die Nutzung des Europäischen Sozialfonds zu verstärken und zu verbessern und ihn vor allem auf die Ausbildung und berufliche Umschulung der betroffenen Arbeitnehmer auszurichten.
Schließlich müssen von den nationalen Behörden in den am stärksten gefährdeten Ländern Forschungs- und Entwicklungsprogramme hoher Wirksamkeit mit dem Ziel gefördert und durchgeführt werden, die vorhandenen Humanressourcen optimal einzusetzen und die Bedingungen der aufnehmenden Länder zu verbessern. Herr Kommissar, gestatten Sie mir, diese Gelegenheit zu nutzen, um Ihnen unsere Besorgnis über die Verschärfung der sozialen Lage, die durch das Verhalten einiger von der Kommission bezuschussten Unternehmen in Portugal hervorgerufen wird, mitzuteilen. Ich bin trotz allem zutiefst davon überzeugt, dass die Kommission diese Situation aufmerksam verfolgt und unter Wahrung des Rechts und im Interesse der Union alles in ihren Kräften Stehende tun wird, um entsprechende Korrekturmaßnahmen zu ergreifen.
Laguiller (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident, diese Entschließung betrachtet es als selbstverständlich, dass die Gemeinschaftsinstitutionen privaten Unternehmen öffentliche Beihilfen gewähren, auch wenn sie die Verwendung dieser Hilfen in gewisser Weise zu kontrollieren wünschen. Ich für meinen Teil bin dagegen, dass öffentliche Mittel verwendet werden, um private Gewinne zu vermehren. Öffentliche Gelder, seien es Mittel der Staaten oder der Gemeinschaftsinstitutionen, müssen öffentlichen Dienstleistungen vorbehalten bleiben. Dass die Erstattung der Subventionen von den Unternehmen gefordert wird, die ihre Verpflichtungen nicht einhalten, vor allem von denjenigen, die Personal entlassen, nachdem sie öffentliche Gelder bekommen haben, ist wohl das Mindeste. Ebenso selbstverständlich ist es, dass die Subventionierung von Unternehmen abgelehnt wird, die, nachdem sie Finanzhilfen in einem Mitgliedstaat erhalten haben, ihre Produktion in ein anderes Land verlagern.
Aber das ist nicht das eigentliche Problem. Dies besteht in der derzeitige Zunahme der Massenentlassungen. Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Arbeitgeber, ein Verwaltungsrat beschließen kann, Arbeitnehmer zu Arbeitslosen zu machen, nur um die Profite eines Unternehmens zu vergrößern. Wir dürfen nicht zulassen, dass Leben zerstört, Regionen ruiniert werden, um Aktionären höhere Dividenden zu sichern.
Herr Fischler, ich frage Sie: Wozu nützen die Gemeinschaftsinstitutionen, wenn sie sich angesichts dieses grundlegenden Problems als ohnmächtig erweisen? Worin bestehen ihre Befugnisse, wenn sie nicht einmal Großunternehmen, die Gewinne erwirtschaften, verpflichten können oder wollen, ihr Personal zu halten, indem sie ihnen Massenentlassungen verbieten?
Harbour (PPE-DE). −(EN) Herr Präsident, es ist sehr interessant, dass unsere portugiesischen Kollegen unsere Aufmerksamkeit darauf gelenkt haben; sie haben uns viele Redebeiträge geliefert. Ich möchte die Frage aus einem ganz anderen Blickwinkel beleuchten.
Ich muss betonen, dass ich Unternehmensführungen, die sich verantwortungslos verhalten und staatliche Beihilfen annehmen, ohne dann die Arbeitsplätze zu schaffen, nicht verteidige. Wenn man sich die Bedingungen für staatliche Beihilfen ansieht −und ich kenne einige Anträge aus meiner eigenen Region −, dann existieren zahlreiche Verfahren, um sie sich zurückzuholen. Den portugiesischen Behörden standen viele Möglichkeiten offen, das zu tun. Fast allen Kollegen, die in dieser Debatte gesprochen haben, sage ich, dass sie an dem Problem vorbeireden. Deshalb habe ich mich zu Wort gemeldet.
Ich könnte diesem Hohen Haus Monat für Monat über Fälle berichten, in denen es um höhere Arbeitsplatzverluste geht, als die, von denen heute hier die Rede ist: Da sind Unternehmen, deren Umstrukturierung erforderlich ist, Unternehmen, die auf einem globalen Markt agieren. Von niemandem haben wir das Wort „Markt“ gehört. Ich erinnere Sie daran, dass wir auf einem Marktplatz arbeiten. Unternehmen müssen Waren produzieren, die Kunden sich leisten können und die den Unternehmen Gewinn bringen, ansonsten können sie niemanden weiterhin beschäftigen. Wir leben heute in einem globalen Markt, auf dem die Unternehmen wettbewerbsfähig sein müssen. Es ist völlig verkehrt zu behaupten −wie es mehrere Kollegen von der linken Seite dieses Hauses getan haben −, der Grund für jede einzelne Schließung sei, dass das Unternehmen „seine Gewinnspanne erhöhen“ wolle. Die Schließungen, die ich erlebt habe, wurden vorgenommen, weil das Unternehmen geschäftlich überleben will, weil es weiterhin Leute auf Arbeitsplätzen von hoher Qualität beschäftigen will.
Ich war in Unternehmen, wo man mir sagte: „Dieses Teil stellen wir heute her, und dies ist eines, das wir heute in China oder Indonesien vorfinden. Sie haben die gleiche Qualität, aber ich kann das komplette Endprodukt zu dem Preis kaufen, den ich im Vereinigten Königreich für den Rohstoff bezahlt habe.“ Das ist die Realität. Was machen wir da?
Branchen, die einem solchen Wettbewerb ausgesetzt sind, müssen nach Möglichkeiten suchen, wie sie sich umstrukturieren, wie sie investieren, wie sie den Prozess ändern, sich mit Forschung und Entwicklung befassen können. Herr Santos war der Erste, der das erwähnt hat. Wir haben Mittel aus dem sechsten Rahmenprogramm. Wir haben Forschungsmittel, die wir an die Branchen leiten können, damit sie die Prozesse vollkommen neu planen und neu gestalten. Die Branchen und die gefährdeten Sektoren müssen endlich viel besser zusammenarbeiten.
Ich möchte, dass Sie an Kommissar Monti, der, glaube ich, hier sein müsste, die Botschaft weitergeben, dass wir den Branchen nahe legen sollten, bei der Umgestaltung ihrer Prozesse zusammenzuarbeiten, um qualitativ höherwertige Produkte wettbewerbsfähiger zu machen, und das zu einem besseren Preis. Ich musste mit Erstaunen feststellen, dass der Hinweis auf eine kostengünstigere Produktion in meiner Entschließung herausgenommen worden war. Die Herstellung von Waren zu geringeren Kosten ist entscheidend.
Ich komme aus einer Region, in der wir einen traditionellen Industriezweig haben, die Keramikindustrie, die sich genau diesem Druck ausgesetzt sieht. Die Branche beginnt mithilfe der britischen Regierung und unter Nutzung europäischer Mittel, sich umzugestalten und zusammenzuarbeiten, um diese Probleme zu bewältigen.
Kürzlich habe ich ein Unternehmen besucht, das im Wettbewerb mit kostengünstiger arbeitenden portugiesischen Herstellern Keramik produziert. Dieses Unternehmen hat 55 Millionen Euro in die Neugestaltung ihres Produktionsprozesses investiert. Im Ergebnis dieser Umgestaltung musste es Arbeitsplätze aufgeben, aber es hat in dieser Frage mit seiner Gewerkschaft zusammengearbeitet. Solcherart grundlegenden Wandel brauchen wir. Genau dazu muss die Kommission anregen. Wir wollen in diesem Hohen Haus keine weiteren öden Debatten über staatliche Interventionen, keine Kritiken an Unternehmen. Wenn wir uns vor dem Problem drücken und die europäische Industrie nicht wettbewerbsfähig machen, werden wir ein solches Problem auch künftig haben.
De Keyser (PSE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, während der letzten Tagung in Straßburg demonstrierten die Metallarbeiter und brachten ihre Angst vor den Umstrukturierungen von Arcelor zum Ausdruck. Sie verließen das Parlament sprachlos, empört, nicht angehört worden zu sein, und einige kündigten an, wiederzukommen, um alles zu zerschlagen. Diese Woche waren die Hafenarbeiter hier, und sie hätten beinahe alles zerschlagen.
Wenn Europa weiterhin die sozialen Auswirkungen seiner Liberalisierungspolitik verkennt, wird es vermehrt zu Ausbrüchen kommen. Sicherlich ist Europa nicht verantwortlich für ungebremste Umstrukturierungen, es könnte aber zumindest versuchen, sie zu regulieren. Im Augenblick verweigert es sich jedoch völlig. Das für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zuständige Kommissionsmitglied, Frau Diamantopoulou, hat bereits erklärt, dass es zu dieser Frage keine Richtlinie geben wird. Auch keinen europäischen Verhaltenskodex für Unternehmen. Nichts. Aber wenn nichts geschieht und es keine politische Reaktion auf die Verzweiflung gibt, wird Gewalt zum letzten Mittel. Die Umstrukturierungen der Großunternehmen, ob es Herrn Harbour passt oder nicht, sind proaktiv geworden, d.h. sie sind bei weitem keine notwendigen Anpassungen an die Fluktuationen des Marktes mehr, sondern Ergebnis rein finanzieller Berechnungen. Diese beruhen auf dem Aktienkurs und setzen auf ganz kurzfristige Gewinne aus einer massiven Reduzierung der Personalkosten. Auch bei teuren Sozialplänen lohnt sich die Rechnung, und die Investitionsrentabilität ist für durchschnittlich zwei Jahre gesichert. Aber bei dieser Börsentransaktion wird völlig außer Acht gelassen, dass sie das Leben von Männern und Frauen zerstört, dass die Arbeitsbelastung und der Stress der so genannten Überlebenden zunehmen. Nicht berücksichtigt werden auch die externen Kosten, die öffentlichen Hilfen, die Arbeitslosigkeit usw.
Nun kann man fragen, was denn Europa mit diesen internen Problemen der Mitgliedstaaten zu tun hat. Nichts vielleicht, abgesehen davon, dass sein riesiger Markt und seine Regeln des freien Wettbewerbs Räume schaffen, in denen offensichtlich alles möglich ist. Das portugiesische Beispiel der Firmen, die ihren Standort verlagern, ist nur eines von vielen, aber es ist symptomatisch. Europa muss endlich wirklich auf diese Entgleisungen reagieren, die keine zufälligen wirtschaftlichen Unfälle sind, sondern Ergebnis eines finanziellen Kalküls, das Gewalt mit sich bringt.
(Beifall)
Fischler,Kommission. – Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Erstens möchte ich grundsätzlich feststellen, dass auch von Seiten der Kommission die Initiative, sich dieser sehr schwierigen Frage anzunehmen, durchaus begrüßt und unterstützt wird. Wir können auch die meisten Punkte völlig akzeptieren und uns denen, die im Entschließungsantrag enthalten sind, anschließen.
Ich möchte aber meine Beantwortung der aufgeworfenen Fragen in den verschiedenen Beiträgen - für die ich mich bedanken möchte, weil sie zu einer sehr abgerundeten Debatte geführt haben - in drei Gruppen teilen. Erstens: Ich glaube, wir dürfen trotz Strukturpolitik und Förderpolitik nicht ignorieren, dass wir uns in einem marktwirtschaftlichen System befinden und dass es die erste Aufgabe sein muss, sicherzustellen, dass das marktwirtschaftliche System funktioniert. Das hat nichts mit Manchester-Liberalismus zu tun, sondern das hat damit zu tun, dass zum Beispiel unsere europäischen Wettbewerbsregeln eingehalten werden, denn wenn wir nicht dafür sorgen, dass der Wettbewerb funktioniert, dann wird unsere gesamte Förderpolitik und unsere gesamte Kohäsions- und Strukturpolitik völlig konterkariert. Das, glaube ich, dürfen wir nicht zulassen. Daher sind Feststellungen, die darauf verweisen, wie wichtig es ist, dass wir ein funktionierendes marktwirtschaftliches System haben, sehr wichtig und dürfen nicht unter den Tisch fallen.
Das Zweite ist: Was können wir tun, um sicherzustellen, dass die Förderungen, die gewährt werden, auch zweckdienlich verwendet werden und dass es hier zu keinem Missbrauch kommt?
Hier habe ich Ihnen in meiner ersten Wortmeldung dargestellt, welche Elemente in den bestehenden Regeln enthalten sind, und selbstverständlich muss hier die Kommission dafür sorgen, dass, wenn irgendwelche Regeln nicht eingehalten werden – wenn zum Beispiel eine Firma entgegen den Vereinbarungen, die sie im Fördervertrag mit dem jeweiligen Mitgliedstaat oder der Gemeinschaft eingegangen ist, den Betriebssitz vorzeitig verlagert – dann Rückzahlungen geleistet werden müssen.
Wenn manche von Ihnen gesagt haben, man muss darüber hinaus Sanktionen haben, muss ich Ihnen sagen: Die Sanktion besteht zur Zeit im Zurückzahlen. Eine darüber hinausgehende Sanktion gibt es derzeit nicht. Das ist eine Frage, die man im Konvent diskutieren müsste, denn wenn man darüber hinausgehende Sanktionen, zum Beispiel finanzielle Sanktionen, haben wollte, dann müsste man dafür die Voraussetzungen im Vertrag schaffen. Derzeit gibt es eine solche Möglichkeit im Vertrag nicht.
Das Dritte, das ich ansprechen möchte, ist die Frage, ob Neugründungen bevorzugt behandelt werden? In erster Linie macht es nicht so viel Sinn, in dem Zusammenhang auf Neugründungen zu bestehen. Viel interessanter ist es, darauf abzustellen, wie viel neue Arbeitsplätze mit einem Förderprojekt verbunden sind. Das ist der entscheidende Faktor. Es geht ja darum, in verstärktem Maße Beschäftigung in diese Regionen zu bringen.
Was die Zukunft betrifft, machen Sie eine Reihe von Anregungen. Hier möchte ich eines sagen. In einem der Punkte, die Sie in Ihrem Entschließungsantrag angeben, verlangen Sie, dass die Kommission eine Liste jener Firmen aufstellen soll, die gerichtlich verurteilt worden sind. Hier sehen wir Schwierigkeiten beim Datenschutz. Diese Tatsache müssen wir respektieren.
Darüber hinaus kommt diese Debatte ja genau zur richtigen Zeit, denn wir werden ja heuer noch die Gelegenheit haben, im Rahmen des neuen Kohäsionsberichts die Strukturpolitik der Zukunft zu diskutieren. Dabei ist es angebracht, dass Vorschläge gemacht werden, wie die Regeln für die Vergabe von Strukturmitteln verbessert werden können.
Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar Fischler!
Ich teilen Ihnen mit, dass ich gemäß Artikel 37 Absatz 2 der Geschäftsordnung fünf Entschließungsanträge erhalten habe.(1)
5. Debatten über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Artikel 50 GO)
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über die Debatten über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.
6. Kambodscha
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über folgende sechs Entschließungsanträge zu Kambodscha:
- B5-0170/2003 von Corbett und Swoboda im Namen der PSE-Fraktion zur Vorbereitung der Wahlen in Kambodscha;
- B5-0174/2003 von McKenna und Isler Béguin im Namen der Verts/ALE-Fraktion zur Lage in Kambodscha vor den allgemeinen Wahlen am 27. Juli 2003;
- B5-0176/2003 von Belder im Namen der EDD-Fraktion zur Lage in Kambodscha vor den allgemeinen Wahlen am 27. Juli 2003;
- B5-0177/2003 von Vatanen und anderen im Namen der PPE-DE-Fraktion zur Lage in Kambodscha vor den allgemeinen Wahlen am 27. Juli 2003;
- B5-0180/2003 von Vinci im Namen der GUE/NGL-Fraktion zur Lage in Kambodscha;
- B5-0186/2003 von Maaten im Namen der ELDR-Fraktion zur Lage in Kambodscha vor den allgemeinen Wahlen.
Gill (PSE). −(EN) Herr Präsident, ich begrüße diese Entschließung, die ein Schlaglicht auf die sich verschlechternde politische Lage in Kambodscha wirft. Dem muss abgeholfen werden, bevor das Land im Juli seine allgemeinen Wahlen abhält.
Als Demokraten begrüßen wir zwar diese Wahlen, doch werden sie bedeutungslos sein, wenn politische Aktivisten weiterhin eingeschüchtert und schikaniert werden. Die Berichte über den unfairen und undemokratischen Prozess der Eintragung der Wähler sind sehr Besorgnis erregend, und man muss darauf reagieren.
In unserer Entschließung fordern wir die kambodschanischen Behörden eindringlich auf, freie und faire Wahlen, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit der Medien, Religionsfreiheit und anderes mehr zuzulassen. Doch in Wirklichkeit müssen wir mit allen Mitteln mehr Druck auf die Behörden ausüben, um diese Veränderungen herbeizuführen. Die Europäische Union muss mit der UNO und mit anderen internationalen Organisationen vor Ort zusammenarbeiten, um die Ereignisse zu beobachten und nach Lösungen zu suchen, bevor das Land jede Hoffnung auf die Abhaltung freier und demokratischer Wahlen verliert.
Gegenwärtig wird das Recht auf Meinungsfreiheit von den kambodschanischen Behörden mit Füßen getreten. Der Ausbruch von Gewalt in Phnom Penh ist eine Reaktion auf Bemerkungen einer thailändischen Schauspielerin, Angkor Wat solle wieder zu Thailand gehören. Das muss man verurteilen. Bisher haben die Behörden das Problem der Gewalt in Phnom Penh durch Verhaftung der Journalisten, die die Nachricht brachten, und durch Schließung der Grenzen zu den thailändischen Nachbarn zu lösen versucht. Darüber hinaus wurde der einzige unabhängige Radiosender Kambodschas mit der Anschuldigung, Aufruhr zu stiften, geschlossen. Die Regierung Kambodschas reagierte auf die antithailändischen Emotionen in der Bevölkerung durch die Ausweisung hunderter Thailänder. Einem solchen Missbrauch der Freiheit und der deutlichen Zurschaustellung von Fremdenfeindlichkeit muss jetzt Einhalt geboten werden.
Ich empfehle diese Entschließung und appelliere an die Europäische Union als Ganzes, weiterhin gegenüber der Situation in Kambodscha wachsam zu sein und im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles zu unternehmen, um die demokratischen Wahlen im Sommer zu sichern.
VORSITZ: RENZO IMBENI Vizepräsident
Isler Béguin (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, wie sollte man nicht bedauern, dass unser Parlament anlässlich dieser neuen Entschließung zu einem südostasiatischen Land wieder einmal schwere und zunehmende Verstöße gegen die Demokratie und die Menschenrechte anprangern muss.
Kambodscha gerät trotz der viel versprechenden Zukunft, die man ihm zu einer bestimmten Zeit vorhergesagt hatte, in gefährlicher Weise immer mehr unter den Einfluss einer autoritären Junta, die der seiner Nachbarländer Laos und Birma ähnelt. Während die Demokratie Kriege entschärft, stellt das Nebeneinanderbestehen despotischer Regime hier eine gefährliche Bedrohung für diese gesamte asiatische Teilregion dar. Wie anders sollte man die offene Krise zwischen Kambodscha und Thailand verstehen, die in einer Plünderung der Botschaft und thailändischen Besitzes auf kambodschanischem Boden und der Schließung der Landgrenzen zwischen den beiden Ländern zum Ausdruck kam? Dieser Grenzkonflikt spiegelt wider, was täglich in der kambodschanischen Gesellschaft geschieht, die sich aus einer Vielzahl ethnischer, kultureller und religiöser Gruppen zusammensetzt, welche der Putschistenführer Hun Sen bewusst und in brutaler Weise einschüchtert, so mit staatlicher Gewalt und Verfolgungen aller Arten, die kürzlich in der Ermordung von Om Radsady, dem Berater des Präsidenten der Nationalversammlung, auf offener Straße gipfelten.
Europa muss all seine zahlreichen Möglichkeiten nutzen, um das Land und darüber hinaus die Region zu stabilisieren, vor allem in der Periode der Wahlen. Vergessen wir nicht, dass Kambodscha der größte Empfänger von Finanzhilfen in dieser Region ist.
Belder (EDD). – (NL) Die Lage in Kambodscha und die Situation betreffend die Beziehungen dieses Landes zu seinen Nachbarn erfordern heute unsere Aufmerksamkeit. Anhaltende Spannungen mit Thailand und ein Klima politischer Einschüchterung kennzeichnen die Situation im Vorfeld der allgemeinen Wahlen am 27. Juli. Der vorliegende Entschließungsantrag ist deshalb angebracht.
Besorgnis erregend sind auch die religiösen Verhältnisse in Kambodscha, was insofern verwundert, als sich das Land hinsichtlich der Religionsfreiheit bislang von seinen Nachbarländern Laos und Vietnam positiv unterschieden hat. Die christlichen Kirchen sind jedoch beunruhigt, da die Konflikte zwischen Buddhisten und Christen zunehmen. Durch die neuen Richtlinien des Ministeriums für religiöse Angelegenheiten besteht zudem die Gefahr, dass die Freiheit der Christen, ihren Glauben öffentlich zu bekennen, christlichen Unterricht zu erteilen oder neue Kirchen zu bauen, erheblich eingeschränkt wird. In dem Entschließungsantrag wird die kambodschanische Regierung zu Recht aufgefordert, ihren Beschluss zurückzunehmen. Ich hoffe aufrichtig, der Rat und die Kommission mögen diese Aufforderung aktiv unterstützen.
Ein weiterer Appell an die kambodschanischen Behörden in dem Entschließungsantrag findet ebenfalls meine uneingeschränkte Zustimmung. Die kambodschanischen Staatsorgane sollen alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um dem Missbrauch von Kindern Einhalt zu gebieten. Bedauerlicherweise ist der Frauen- und Kinderhandel ohnehin ein zunehmendes Problem in Kambodscha. Von Insidern wird betont, die nationale Regierung könne mehr dagegen unternehmen. Dieser Ansicht sind auch die USA. Ihr Sonderbeauftragter hat unlängst mit einer Kürzung der Hilfe gedroht, falls dieses Problem nicht angegangen wird. Gerade jetzt angesichts der Entfremdung in den transatlantischen Beziehungen sollte Brüssel hier mit Washington eine geschlossene Front bilden.
Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Dieses Haus befasst sich intensiv mit Kambodscha seit den Tagen des an der Sorbonne in Philosophie promovierten Steinzeitkommunisten Pol Pot. Wir haben uns seitdem für die Freiheit des kambodschanischen Volkes eingesetzt, auch gegenüber der vietnamesischen Okkupation, die den Roten Khmer folgte; auch in der Auseinandersetzung mit dem von den Roten Khmer eingesetzten Regime haben wir immer wieder die Menschenrechte der Kambodschaner in einer scheinbar hoffnungslosen Situation unterstützt.
Wir haben das in enger Zusammenarbeit mit einem großen alten Mann der kambodschanischen Demokratie, mit Son San, getan, der oft hier im Hause war. Umso besorgniserregender ist es, dass nach den Hoffnungszeichen, den Kommunalwahlen des letzten Jahres, sich die Situation nunmehr erheblich verschlechtert hat. Die Kommunalwahlen im letzten Jahr haben doch eine Basis geboten, um, zumindest im Großen und Ganzen, Ansätze einer demokratischen Entwicklung zu verankern, die nur von unten her - aus den Kommunen - wachsen kann. Und was das Erfreuliche ist - sie wächst auch in vielen Kommunen.
Umso schlimmer ist es, dass von der Zentrale, von der Regierung her, die Repression derzeit zunimmt. Das hängt zusammen mit der Angst des Regimes vor demokratischen Bestrebungen, vor Opposition, das hängt mit der Instabilität aufgrund der ungeklärten Nachfolgesituation im Königshaus zusammen, es hängt zusammen mit vielen ethnischen und religiösen Konflikten, wobei ich dem Kollegen Belder entgegenhalten muss, es sind nicht nur Konflikte zwischen Christen und Buddhisten, sondern gläubige Buddhisten und gläubige Christen werden gleichermaßen verfolgt, und wir müssen uns für beide einsetzen.
Aus diesem Grund möchte ich ganz klar sagen: Unser Kooperationsabkommen mit Kambodscha war ein richtiger Schritt, aber es war ein Vertrauensvorschuss, und dieser Vertrauensvorschuss ist nur gerechtfertigt, wenn die von den Vereinten Nationen eingeleitete Entwicklung, wenn die Rechtsstaatlichkeit und die beginnende Demokratisierung ungestört weitergehen. Wenn aber die Wahlen am 27. Juli zum Anlass genommen werden, um Oppositionsführer an Leib und Leben zu bedrohen, Religionsgemeinschaften und ethnische Minderheiten einzuschüchtern, dann ist dies eine Entwicklung, die leider Gottes einen fürchterlichen Rückschlag verheißt, die wir nicht hinnehmen können.
Deshalb: Kooperation - Ja! Unterstützung der beginnenden Demokratisierung - Ja! Aber wir müssen unseren kambodschanischen Partnern auch ganz klar sagen, wenn sie dieses aufs Spiel setzen, setzen sie auch die Kooperation mit der Europäischen Union aufs Spiel!
(Beifall)
Maaten (ELDR). – (NL) Herr Präsident! Ich bin über die Fortschritte bei der Zusammenarbeit mit Kambodscha und anderen asiatischen Ländern auf wirtschaftlichem Gebiet sehr erfreut und ich befürworte auch die von der Europäischen Union geleistete finanzielle Hilfe für Kambodscha, die jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft werden sollte, worauf ich gleich noch zurückkommen werde. Ich möchte darauf hinweisen, dass von allen Ländern, denen die Europäische Union finanzielle Unterstützung gewährt, Kambodscha pro Kopf der Bevölkerung die meiste Unterstützung erhält.
Ich mache mir jedoch große Sorgen über die Menschenrechtslage in Kambodscha. Wie wir alle wissen, sind Praktiken wie Folterung Gefangener, Beteiligung der Armee und der Polizei am Frauen- und Kinderhandel sowie zu lange Untersuchungshaft an der Tagesordnung. Ich denke dabei insbesondere an jüngste Berichte über den Mord an Om Rathasady, dem ehemaligen Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Parlaments in Kambodscha, an die Drohungen gegen Prinz Vacheahra, dem heutigen Vorsitzenden dieses Ausschusses, sowie an die anhaltende Verletzung der Rechte der Oppositionsparteien und insbesondere der Partei von Sam Rainsy sowie an die gegen ihn erhobene Anschuldigung, er sei für den Anschlag auf die thailändische Botschaft in Phnom Penh verantwortlich.
Herr Präsident, im Lichte dieser Ereignisse möchte ich nachdrücklich fordern, dass die Hilfe der Europäischen Union an Kambodscha nicht bedingungslos geleistet werden darf und dass unsere Vertreter in Phnom Penh die kambodschanische Regierung ausdrücklich dazu auffordern müssen, sich voll und ganz für die Verbesserung der Menschenrechtslage in ihrem Land einzusetzen. Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen muss die Europäische Union auch darauf drängen, dass freie, gerechte und demokratische Wahlen garantiert werden und der Schutz des Lebens der verschiedenen Oppositionsführer sichergestellt wird. Andernfalls muss die Europäische Union ihr Kooperationsabkommen mit Kambodscha in der Tat unverzüglich aufkündigen. Es wäre völlig unglaubwürdig, wenn die Europäische Union, die sich stets so sehr für die Verbesserung der Menschenrechte und die Förderung der Demokratie weltweit engagiert, solche enormen Beträge an finanzieller Hilfe einem Land leistet, das weder das eine noch das andere gewährleisten kann.
Dupuis (NI). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst der Kommission danken. Wenn wir in den letzten Wochen das Schlimmste verhindern konnten, so ist dies ihrem Einsatz und vor allem dem Einsatz von Kommissar Patten zu verdanken. Vor zwei Wochen war ich in Phnom Penh. Die Botschafter der Union und der Vertreter der Kommission haben mir eine Standpauke gehalten, denn sie hielten die Besorgnis für übertrieben, die wir, Jules Matten und andere, angesichts der Flucht von Sam Rainsy in die amerikanische Botschaft zum Ausdruck brachten. Einige Tage später wurde die Schwester von König Norodom Sihanouk vom Premierminister schwer bedroht, zwei Tage später wurde Om Radsady, den ich mit Prinz Ranariddh getroffen hatte, ermordet.
Ich glaube, diese Ereignisse haben den Vertretern der Union in Phnom Penh nachträglich zu denken gegeben, ich hoffe zumindest. Dennoch ist es paradox, dass wir in Brüssel oder Straßburg die Probleme und Gefahren, denen ein Demokratisierungsprozess ausgesetzt ist, eher erkennen, als die Menschen, die sich in Phnom Penh aufhalten. Ich glaube, man sollte auch die große Menge an Kooperationsprojekten, die wir verwalten, und die große Menge an Geldern, die diese darstellen, hinterfragen. Ich glaube, dies hat Auswirkungen auf die Art der Beziehungen, die die Vertreter unserer Länder oder unserer Institutionen vor Ort unterhalten mit all den vielen Cocktail-Empfängen und Begegnungen mit örtlichen Amtsinhabern.
Die Lage ist auch weiterhin höchst beunruhigend, und ich glaube, dass unsere Entschließung eine gute Entschließung ist, wofür ich den Kollegen danke. Ich glaube, dass die angedrohte Aufhebung – denn darum handelt es sich ganz eindeutig – des Kooperationsabkommens, äußerst wichtig ist. Dies ist ein Signal, das die Behörden in Phnom Penh veranlassen sollte, den Wahlprozess bis Juli ordnungsgemäß durchzuführen. Aber ich glaube, dies wird nicht reichen, und was die Wahlbeobachtungsmission angeht, so glaube ich, dass nun unser Parlament am Zuge ist. Die Kommission hat Vorschläge für die Ernennung eines Leiters dieser Wahlbeobachtungsmission vorgelegt. Meines Erachtens darf unser Parlament keinen einzigen Tag länger zögern, es muss auf die Aufforderung der Kommission reagieren und so rasch wie möglich diesen Verantwortlichen für die Beobachtungsmission ernennen, damit er sich umgehend nach Kambodscha begeben und mehrmals dort aufhalten kann, um den gesamten Prozess bis Juli zu begleiten. Er darf sich nicht nur mit der Überwachung der Auszählung der Wählerstimmen begnügen.
Die Auseinandersetzungen sind gegenwärtig in die entscheidende Phase eingetreten, in der es um den Zugang zu den Medien geht, die zu 95 % von der Regierung in Phnom Penh kontrolliert werden. Die Wahlbeobachtungsmission muss daher energisch bei den Behörden in Phnom Penh vorstellig werden. Ich bitte die Verantwortlichen hier im Parlament, dafür zu sorgen, dass eine starke Persönlichkeit ernannt und so rasch wie möglich nach Phnom Penh entsandt wird.
Fischler,Kommission. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kommission ist mit dem Parlament völlig einer Meinung darin, dass der gewaltsame Tod mehrerer kambodschanischer Politiker, den ja einige Kollegen hier angesprochen haben, in letzter Zeit Anlass zu größter Sorge gibt. Die Kommission hofft sehr, dass sich das politische Klima nicht noch weiter verschlechtert, gerade jetzt, wo es darum geht, die bevorstehenden Parlamentswahlen in Kambodscha vorzubereiten.
Sie gibt ferner der Hoffnung Ausdruck, dass die von der Königlichen Regierung geleitete Ermittlung der Hintergründe des Aufruhrs vom 29. Jänner dieses Jahres zu mehr Stabilität im Lande führen wird. Ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission in enger Absprache mit den EU-Mitgliedstaaten die weitere Entwicklung in Kambodscha aufmerksam verfolgen wird. Die Kommission ist überdies besorgt über die Lage der Medien in Kambodscha. Freie Meinungsäußerung in der Presse ist zwar zugelassen, doch die öffentlichen Medien unterliegen nach wie vor einer massiven Kontrolle durch die Regierung.
Die zu den Kommunalwahlen im letzten Jahr entsandte Wahlbeobachterkommission der Europäischen Union hat auf diesen Punkt bereits hingewiesen. Die Kommission hat dies in ihren Kontakten mit den kambodschanischen Behörden auch zur Sprache gebracht. Eine von der Kommission geleitete vorbereitende Mission, bestehend aus Vertretern der Mitgliedstaaten und aus Wahlexperten, hat sich vom 27. Jänner bis 4. Februar in Kambodscha aufgehalten. Ihre Erkenntnisse, die sie mitgebracht haben, sollen als Grundlage für eine Entscheidung darüber dienen, ob und wie der Wahlprozess unterstützt werden soll, und vor allem, ob die Entsendung einer Wahlbeobachtermission der EU zu den Wahlen am 27. Juli sinnvoll, ratsam und auch durchführbar ist.
Sämtliche Gesprächspartner in Kambodscha haben sich für ein Engagement der EU beim Wahlvorgang ausgesprochen und die Ansicht geäußert, dass die Beobachtermission bei den Kommunalwahlen im Vorjahr sehr viel zur Entstehung eines Klimas des Vertrauens und der Transparenz während des Wahlvorgangs beigetragen hat. Auf der Grundlage der Ergebnisse der vorbereitenden Mission, die sowohl auf positive als auch auf bedenkliche Aspekte der Wahlvorbereitungen hingewiesen hat, haben die EU-Mitgliedstaaten sich der Empfehlung der Kommission angeschlossen, zu den bevorstehenden Wahlen eine Wahlbeobachtermission zu entsenden. Die Kommission stellt mit Befriedigung fest, dass diese Entscheidung vom Europäischen Parlament mitgetragen wird.
Dann zu dem Problem über die Behinderungen verschiedener christlicher Vereinigungen. Laut Dekret vom 14. Jänner zur Prävention von Konflikten zwischen einzelnen Religionsgemeinschaften sind – ich zitiere – "sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit religiöser Propaganda und Proseletismus sowie die Verbreitung von Mitteilungen und Informationsblättern lediglich innerhalb von religiösen Einrichtungen gestattet".
Die Genehmigung für solche Aktivitäten in der Öffentlichkeit kann jedoch beim Ministerium für Kultus- und Religionsangelegenheiten erwirkt werden. Diese Bestimmungen gelten für alle religiösen Vereinigungen und nicht ausschließlich für Christen. Sie wurden zur Minderung des Risikos von Konflikten und Zusammenstößen mit religiösem Hintergrund eingeführt. In Ermangelung einer gründlichen juristischen Analyse hat es den Anschein, dass dieses Dekret ähnlich wie andere bislang vom Ministerium für Kultus- und Religionsangelegenheiten erlassene Maßnahmen nicht unbedingt einen Verstoß gegen die Menschenrechtsdeklaration und auch nicht gegen die kambodschanische Verfassung darstellt.
Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar!
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet nach Beendigung der Aussprachen statt.
7. Myanmar (Birma)
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über die folgenden sieben Entschließungsanträge:
- B5-0171/2003 von den Abgeordneten Kinnock, Veltroni und Swoboda im Namen der PSE-Fraktion zu Birma/Myanmar;
- B5-0173/2003 von den Abgeordneten McKenna und Isler Béguin im Namen der Verts/ALE-Fraktion zu Birma/Myanmar;
- B5-0178/2003 von den Abgeordneten Maij-Weggen und Van Orden, im Namen der PPE-DE-Fraktion zur Erneuerung und Verschärfung des Gemeinsamen Standpunktes der EU betreffend Birma/Myanmar;
- B5-0181/2003 von Frau Morgantini im Namen der GUE/NGL-Fraktion zur Erneuerung des Gemeinsamen Standpunktes der EU betreffend Birma/Myanmar;
- B5-0185/2003 von den Abgeordneten Malmström, Maaten und Van den Bos im Namen der ELDR-Fraktion zur Erneuerung und Verschärfung des Gemeinsamen Standpunktes der EU betreffend Birma/Myanmar.
Napoletano (PSE). – (IT) Herr Präsident, mit diesem Gemeinsamen Entschließungsantrag richtet das Parlament an den Rat und an die Kommission sehr präzise Forderungen bezüglich der jeweiligen Zuständigkeiten, auch weil einmütig festgestellt wird, dass in Birma eine Situation besteht, die durch die absolute Verletzung der politischen, sozialen und Menschenrechte gekennzeichnet ist.
Es wird konstatiert, dass das Militärregime das 1990 gewählte Parlament und das 1998 gebildete Komitee der Vertreter der Volksversammlung, das es repräsentiert, nach wie vor an jeder demokratischen Aktivität hindert; dass Frau Aung San Suu Kyi, deren Hausarrest zwar aufgehoben wurde, weiterhin behelligt, bedroht und eingeschüchtert wird; dass Folter, außergerichtliche Hinrichtungen und Zwangsarbeit in diesem Land alltäglich sind.
Die Forderungen sind also sehr klar und direkt. Die Kommission wird aufgefordert, den Einsatz von Zwangsarbeit in Birma vor die Welthandelsorganisation zu bringen, die in ihrer Erklärung von Singapur festgestellt hat, dass die IAO für die Wahrung der Arbeitsnormen zuständig ist; ferner wird der Rat dazu aufgefordert, keine Zugeständnisse an das Regime in Rangun zu machen und den Gemeinsamen Standpunkt, wonach unbedingt Druck auf das Land ausgeübt werden muss, einschließlich eines Verbots von Auslandsinvestitionen, beizubehalten und verbindlicher zu fassen.
Dies ist der unmissverständliche Appell des Europäischen Parlaments: Wir erwarten eine Antwort von der Kommission. Leider können wir keine vom Rat bekommen, doch die Forderung ist in dem Entschließungsantrag enthalten.
Isler Béguin (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der Lage in Birma, wie sie unser Kollege beschrieben hat, kann man sich vorstellen, welche Erwartungen und Hoffnungen diese sehr deutliche Entschließung zu Birma, wo gegenwärtig keine Rechtsstaatlichkeit herrscht, in der birmesischen Zivilgesellschaft wecken wird. Und welche Ängste sie bei der regierenden Militärjunta hervorrufen dürfte, sofern die Europäische Union sich in ihrer Politik gegenüber Birma davon leiten lässt.
Bisher haben sich die Maßnahmen der Europäischen Union, um die Lebensbedingungen in Birma zu verbessern, um zu versuchen, die Lage der Millionen von Birmesen menschenwürdiger zu gestalten, auf Grundsatzformeln, auf politische Erklärungen beschränkt, auf die niemals konkrete Schritte folgten. Daher hat die Europäische Union politische und moralische Schuld auf sich geladen, die vielleicht sogar bis zur strafrechtlichen Grenze geht. Denn stellen die umfangreichen Investitionen der Mitgliedstaaten, die unabhängig von der weiteren Entwicklung des Militärregimes getätigt werden, nicht de facto eine Zusammenarbeit dar, mit der die Junta an der Macht gehalten wird? Beuten die europäischen Unternehmen nicht in zynischer Weise die Arbeitskräfte dieses Gefängnisstaates aus, der ein allgemeines Zwangsarbeitslager geworden ist, in dem der Begriff Bürger nicht mehr gilt?
Natürlich handelt es sich um ein Land, das weit entfernt vom europäischen Kontinent, von europäischen Rechtsvorschriften ist! Doch obwohl wir den totalitären Charakter des birmesischen Regimes kennen und Entschließungsanträge von allen Seiten kommen, dauert die Rechtlosigkeit in Birma weiter an. Die Europäische Union muss den wirtschafts- und industriepolitischen Hebel ansetzen, um alle Investitionen der Mitgliedstaaten in nicht demokratischen Systemen zu verbieten. Die Industriepolitik der Mitgliedstaaten muss auch von moralischen Grundsätzen geprägt sein. Auch die politische und diplomatische Aktionskraft der Gemeinschaft muss überall in dieser asiatischen Region eingesetzt werden, deren Geschichte mit der einiger Mitgliedstaaten verflochten ist und für die Beziehungen mit Europa weiterhin sehr wichtig für ihre Entwicklung sind.
Wir müssen die Verbrecher, die in Birma an der Macht sind, im derzeitigen Kontext beurteilen, vor dem Hintergrund des Internationalen Strafgerichtshofs, der nunmehr als ständige Einrichtung besteht, die alle Personen verfolgt, die des Völkermords, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Kriegsverbrechen angeklagt sind. Die Zeit der Grundsatzerklärungen ist vorüber. Die Europäische Union schuldet der Trägerin des Sacharowpreises und des Friedensnobelpreises, Aung San Suu Kyi, den 1200 politischen Gefangenen und über sie den Millionen birmesischen Bürgern mehr als das. Die jetzige Entschließung ist sehr bestimmt und umfassend. Jeder Absatz muss Grundlage einer wirklichen Politik der Gemeinschaft werden, die gegen die Militärjunta gerichtet ist und damit der birmesischen Zivilgesellschaft zugute kommt.
Van Orden (PPE-DE). −(EN) Herr Präsident, wir befinden uns häufig in einem Dilemma, wenn wir uns mit üblen und verabscheuenswürdigen Regimes befassen. Einige fordern den Dialog, wollen auf ihre Besorgnis aufmerksam machen und das Regime zur Änderung seines Kurses veranlassen. Andere – die Realisten – sind für hartes Durchgreifen und treten für die Isolierung des Regimes sowie für Sanktionen ein. Jede Situation ist anders und verlangt andere Maßnahmen.
Man kann mit einiger Gewissheit sagen, dass Tyrannen selten auf die Stimme der Vernunft hören und nur reagieren, wenn ihre ureigensten Interessen – oft persönliche – ernsthaft gefährdet sind. Die Europäische Union und die breitere internationale Gemeinschaft können machtvolle Gremien sein, wenn sie gemeinsam, konsequent und entschlossen handeln. Sind sie gespalten oder ergehen sie sich in offenkundig leeren Drohungen, indem sie abweichende Botschaften über andere Kanäle aussenden, dann sieht der Tyrann keine Notwendigkeit zu reagieren. Wir erleben das beim Irak. Saddam hat – irrigerweise −das sichere Gefühl, dass er aus dem Schneider ist. Zuweilen werden harte Maßnahmen eingeleitet, doch mangelt es an Entschlossenheit, sie umzusetzen, oder man versucht sie bewusst zu untergraben. Das haben wir bei Simbabwe erlebt, wo genau dem, dem die EU-Sanktionen gelten, eine Sonderausnahme gewährt wurde, um ihn in einer europäischen Hauptstadt groß zu bewirten.
Jetzt wenden wir uns wieder einmal Birma zu – einem weiteren abscheulichen Regime – und einem weiteren Fall, wo die Bemühungen der Europäischen Union und der internationalen Gemeinschaft, Veränderungen herbeizuführen, wenig greifbare Ergebnisse gebracht haben. Das erleben wir seit Jahren. Seit 1996 nimmt das Parlament Entschließungen und der Rat Gemeinsame Standpunkte an. Und was können wir am Ende vorweisen? Wo ist die Anwendung und wo die Entschlossenheit, echte Ergebnisse zu erreichen? Die gegenwärtigen Sanktionen gegen das birmanische Regime laufen am 29. April aus. Der Rat muss die Sanktionen verlängern, aber er sollte sie verschärfen, neue Maßnahmen ergreifen, beispielsweise ein Investitionsverbot, die Beseitigung von Ausnahmen beim Einreiseverbot und die Erweiterung dieses Verbots auf alle Mitglieder der Militärjunta. Die Sanktionen sollten rigoros durchgesetzt werden. Außerdem fordere ich die Kommission und den Rat auf, eine Einschätzung abzugeben, warum die Aktion bisher wirkungslos war, und Empfehlungen zu unterbreiten, wie die Situation zu ändern ist.
Morgantini (GUE/NGL). – (IT) Herr Präsident, zu viele Jahre schon werden durch das Militärregime in Birma systematische Menschenrechtsverletzungen begangen – das Parlament sollte aktiv sein, existiert aber nicht –, obgleich zweifellos Verbesserungen in Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens eingetreten sind und positive Schritte zur Verwirklichung der individuellen Freiheiten unternommen wurden, vor allem zur Befreiung einer außergewöhnlichen Frau, die mit Entschlossenheit und Würde demokratischen, gewaltlosen Widerstand leistet – Aung San Suu Kyi. Sie ist jedoch immer noch nicht frei und kann sich nicht frei bewegen.
In Wahrheit werden jedoch heute noch in Birma Repressalien an ethnischen Minderheiten, Vergewaltigungen und Gewalttaten an Frauen verübt; politisch Andersdenkende werden eliminiert, und es kommt immer noch zu Hinrichtungen; Folter, Gefängnis und Zwangsarbeit sind an der Tagesordnung. Obwohl von der Regierung geleugnet, glaube ich, dass die Zwangsrekrutierung von Kindern für die Armee und leider auch für die Streitkräfte der Rebellen fortgeführt wird.
Es gibt Tausende leidender Menschen, über die wir nichts aus den Medien erfuhren, wie es zum Glück bei dem 13 Jahre währenden Hausarrest der Fall war, der gegen die Friedensnobelpreisträgerin verhängt wurde. Man denke zum Beispiel nur an das schreckliche System der Kindersoldaten: „Die Einberufung eines Kindes ist vorteilhaft, weil es dieselbe Arbeit wie ein Erwachsener leistet, von der feindlichen Armee jedoch schwerlich wahrgenommen werden kann“, getraute sich ein Offizier zu sagen.
Die Zwangsarbeit ist immer noch gängige Praxis: Aus jüngsten Untersuchungen von Amnesty International geht hervor, dass etwa 90 % der Bevölkerung des Shan-Staates der Zwangsarbeit unterworfen sind. Diese Menschen haben keine Wahl: entweder Zwangsarbeit oder Gefängnis. Ihre Arbeit, für die sie keine Bezahlung erhalten, beinhaltet den Bau von militärischen Infrastrukturen, Straßen, Häusern und Militärcamps und selbst militärische Dienste. Sie arbeiten ohne Pause vom Morgen bis zum Abend und bekommen bis auf eine kleine Menge von geröstetem Reis nichts zu essen.
Obwohl die Zwangsarbeit nach dem birmanischen Strafgesetzbuch verboten ist, hat sich die Situation trotz der Präsenz der Internationalen Arbeitsorganisation nicht verändert. Auch die jüngsten Bemühungen der thailändischen Regierung sind aufgrund der kategorischen Ablehnung der birmanischen Behörden erfolglos geblieben, die den politischen Oppositionellen nicht einmal eine Ausreiseerlaubnis erteilten, um die wirtschaftlichen Probleme des Landes zu erörtern. Vor allem aber dauern die Übergriffe der birmanischen Armee, der Geheimdienste, der Polizei und der anderen Ordnungskräfte an.
Ich glaube wirklich, dass die Europäische Union, wie auch andere Kolleginnen und Kollegen betonten, zum einen weiterhin ihren Einfluss geltend machen sollte, damit die Verhandlungen zwischen den demokratischen Kräften, den ethnischen Minderheiten und dem Staat so bald wie möglich wiederaufgenommen werden können, und zum anderen die birmanische Regierung unter Druck setzen sollte, indem sie folglich an der gegenwärtigen Handelspolitik gegenüber Birma festhält und, wenn möglich, noch einschneidendere Maßnahmen ergreift, um insbesondere das Übel der Zwangsarbeit zu stoppen. Sie sollte ferner bemüht sein...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Van den Bos (ELDR). – (NL) Die Generäle Birmas sagen ihrer eigenen Bevölkerung ständig den Kampf an. Sie kümmern sich nicht um den Rest der Welt. Das Militärregime schlägt noch immer alle Rekorde auf dem Gebiet der Menschenrechtsverletzungen, politischer Gefangener, Zwangsarbeit, Kindersoldaten, Pressezensur, Beeinträchtigung der Religionsfreiheit sowie der Gewalt gegen Minderheiten. Alles, was Gott verboten hat, geschieht in Birma. Die Europäische Union muss, wenn sie erneut einen Gemeinsamen Standpunkt festlegt, Klartext sprechen. Es wird höchste Zeit, dass die Generäle die 1 200 politischen Gefangenen, die unter erbärmlichen Umständen inhaftiert sind und gefoltert werden, bedingungslos freilassen. Auch müssen der Rat und die Kommission die systematische Vergewaltigung von Frauen und die sexuelle Ausbeutung nachdrücklich zur Sprache bringen und eine diesbezügliche internationale Untersuchung befürworten. Die IAO muss Zugang zu sämtlichen Bereichen erhalten, in denen Zwangsarbeit besteht. Die Europäische Union muss diese Missstände in der WTO brandmarken. Ferner muss die Europäische Union von dem Regime verlangen, dass dem Klima der Straflosigkeit ein Ende gesetzt wird. Das gilt für alle, die sich Folter, Zwangsarbeit, Deportationen oder unrechtmäßige Hinrichtungen zu Schulden haben kommen lassen.
Schließlich, Herr Präsident, ist es ungemein wichtig, dass die birmanischen Flüchtlinge in Bangladesch nicht zwangsrepatriiert werden. Zwar hat die NLD von Aung San Suu Kyi etwas mehr Bewegungsfreiheit, doch handelt es sich offensichtlich eher um windowdressing als um eine wesentliche Änderung der Politik. Die Europäische Union muss die Sanktionen gegen Birma verschärfen. Ausländische Investitionen müssen verboten werden. Europäische Unternehmen, an deren Händen birmanisches Blut klebt, wenn sie ihre Aktionäre bedienen, müssen an den Pranger gestellt werden. Leider gibt es Mitgliedstaaten, denen ihre eigenen Interessen noch immer wichtiger sind als eine konsequente Menschenrechtspolitik. Nur mit breiter internationaler Unterstützung besteht für das geknechtete birmanische Volk die Chance, die Generäle aus dem Sattel zu heben.
Fischler,Kommission. – Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die zuständigen Arbeitsgruppen des Rates arbeiten derzeit an der Erneuerung des Gemeinsamen Standpunktes der Europäischen Union zu Birma, weil der bestehende am 29. April ausläuft.
Wie den Mitgliedern des Parlaments bekannt ist, wurde der Gemeinsame Standpunkt seit 1996 bei mehreren Gelegenheiten verschärft. Dabei haben sich die Kommission und die Mitgliedstaaten bemüht, vor allem genau gezielte Sanktionen, die diejenigen treffen, die wir treffen wollen, zu formulieren und negative Auswirkungen auf die unschuldigen Bürger des Landes zu vermeiden. Es wurde ebenfalls festgelegt, dass der Rat auch in Zukunft sowohl auf positive als auch auf negative Entwicklungen in Birma angemessen reagieren wird.
Ich denke, das Parlament wird Verständnis dafür haben, dass die Kommission den Ergebnissen der derzeitigen Beratungen nicht vorgreifen kann. Ich kann Ihnen aber versichern, dass bei jeder Verlängerung des Gemeinsamen Standpunktes das gesamte Spektrum der möglichen Aktionen erneut geprüft wird.
Was die humanitäre Hilfe angeht, so haben die Kommission und die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft bei verschiedenen Gelegenheiten bereits ihre Bereitschaft bekräftigt, den bedürftigsten Teilen der birmesischen Bevölkerung humanitäre Hilfe zu leisten.
In Bezug auf die Zwangsarbeit möchte ich bestätigen, dass die Kommission die jüngste UNO-Resolution über die Menschenrechtslage in Birma ebenso uneingeschränkt unterstützt wie den Einsatz der IAO für die Wahrung der internationalen Arbeitsnormen. Ihre deutliche Stellungnahme zur Lage in Birma hat dazu geführt, dass die Internationale Arbeitskonferenz eine Entschließung über Birma angenommen hat, die jetzt umgesetzt wird.
Was den Vorschlag angeht, die WTO mit dem Thema Zwangsarbeiter zu befassen, so wird die Kommission dies noch genauer prüfen, und zwar vor allem unter Berücksichtigung der bevorstehenden Diskussionen im Verwaltungsrat der IAO Ende dieses Monats und der nächsten Internationalen Arbeitskonferenz im Juni. Die Kommission befürwortet eine engere Zusammenarbeit zwischen WTO und IAO uneingeschränkt und begrüßt es, dass bereits eine gewisse informelle Zusammenarbeit stattfindet. Die Kommission befürwortet auch eine unabhängige internationale Untersuchung des Vorwurfs der sexuellen Gewalt und anderer Übergriffe des Militärs auf die Zivilbevölkerung.
Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar!
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet nach Beendigung der Aussprachen statt.
8. Nigeria: Fall Amina Lawal
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über die folgenden sechs Entschließungsanträge:
- B5-0172/2003 von den Abgeordneten Karamanou, Gröner, Ghilardotti, Prets, Veltroni und Swoboda im Namen der PSE-Fraktion zum Fall der in Nigeria zum Tode durch Steinigen verurteilten Amina Lawal;
- B5-0175/2003 von den Abgeordneten Maes, Rod und Lucas im Namen der Verts/ALE-Fraktion zur Lage der Menschenrechte in Nigeria, insbesondere zum Fall Amina Lawal;
- B5-0179/2003 von den Abgeordneten McCartin, Posselt, Sacrédeus und Scallon im Namen der PPE-DE-Fraktion zum Fall einer nigerianischen Frau, Amina Lawal, die in Nigeria zum Tode durch Steinigen verurteilt wurde;
- B5-0182/2003 von den Abgeordneten Ainardi, Eriksson, Morgantini, Fraisse, Uca und Figueiredo im Namen der GUE/NGL-Fraktion zu Nigeria: der Fall Amina Lawal;
- B5-0183/2003 von den Abgeordneten Collins und Muscardini im Namen der UEN-Fraktion zum Fall Amina Lawal in Nigeria;
- B5-0184/2003 von den Abgeordneten Sanders-ten Holte und Van den Bos im Namen der ELDR-Fraktion zur Lage der Menschenrechte in Nigeria, insbesondere zum Fall Amina Lawal.
Karamanou (PSE). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Die Nachricht, dass in Nigeria Frauen zum Tode durch Steinigung verurteilt werden, hat die Öffentlichkeit der ganzen Welt schockiert und ist im vergangenen September auch hier im Plenum Gegenstand der Debatte gewesen. Uns erging es aber, Herr Kommissar, wie dem Rufer in der Wüste.
Am 25. März muss Amina Lawal, eine unglückselige Frau, die das abscheuliche Verbrechen begangen hat, zu glauben, sie hätte das Recht, über ihren Körper selbst zu bestimmen, vor dem Shariah-Gericht erscheinen. Nach islamischem Recht handelt es sich um Hochverrat. Kann es wahr sein, dass im 21. Jahrhundert so etwas geschieht, ohne dass sich die Starken dieser Welt regen? Wie schade, dass der Kommissar nicht zuhört. Wie kann es sein, Herr Kommissar, dass die Grundfreiheiten und die Frauenrechte derart brutal und barbarisch missachtet werden, die Angelegenheit jedoch dem Wirken von Frauenorganisationen, der Öffentlichkeit und den Medien überlassen bleibt? Was hat die politische Führung der Europäischen Union, was haben die Kommission und der Rat unternommen? Was für Sanktionen sind gegen Nigeria verhängt worden, ein Land, mit dem uns immerhin wirtschaftliche und handelspolitische Beziehungen verbinden? Welchen Nutzen haben denn die Bestimmungen über die Achtung der Menschen- und Frauenrechte im Cotonou-Abkommen, Herr Kommissar, wenn es keine Sanktionen gibt? Und überhaupt, ist Nigeria ein laizistisches, demokratisches Regime oder eine Theokratie? Hat das Land eine Regierung oder regieren die Mullahs?
Der Präsident. – Frau Karamanou, ich weiß nicht, ob der Herr Kommissar Fischler auch Griechisch versteht. Ich frage das, weil ich sehen kann, dass er nicht seine Kopfhörer trägt.
Karamanou (PSE). – (EL) Herr Präsident, ich bin gleich am Ende meiner Ausführungen; der Kommissar hat nichts von dem gehört, was ich gesagt habe, und ist natürlich nicht imstande, auf die Fragen, die ich ihm gestellt habe, zu antworten. Dabei ist mein Redebeitrag eine einzige Auflistung von Fragen an die europäische Führung, die rein gar nichts unternommen hat, um den Verbrechen gegen Frauen in Nigeria Einhalt zu gebieten. Nigeria ist Unterzeichnerstaat des Cotonou-Abkommens, das Bestimmungen über die Achtung der Menschen- und Frauenrechte enthält, aber die Kommission agiert nach dem Grundsatz, aus den Augen aus dem Sinn. Die politische Führung unternimmt nichts und überlässt die gesamte Angelegenheit dem Engagement der Frauenorganisationen und der Medien, also der Wirkung des von der Weltöffentlichkeit ausgeübten Drucks. Natürlich ist dieser Druck stark und führt zu Resultaten, aber auch die politische Führung Europas muss sich endlich engagieren und die nigerianische Regierung dringend auffordern, dass sie Maßnahmen zum Schutz der Frauenrechte in Nigeria ergreift.
Herr Kommissar, ich möchte, dass Sie auch dies noch hören: Was ist Nigeria eigentlich? Ist es ein demokratisches Regime, ein laizistisches Regime oder eine Theokratie? Weil nämlich der Fall der Amina Lawal am 25. März vor einem Shariah-Berufungsgericht verhandelt wird. Ja, gibt es denn das überhaupt! Wir wissen ja gar nicht, was da eigentlich los ist in Nigeria! Vor drei Jahren noch haben wir uns darüber gefreut, dass das Land zur Demokratie zurückgekehrt ist und die Regierung demokratisch gewählt wurde. Aber diese Regierung ist partout nicht in der Lage, im Lande die Geltung der Verfassung und der Gesetze durchzusetzen. Es regieren die Mullahs, die Frauen deswegen zum Tode durch Steinigung verurteilen, weil sie angeblich außerehelichen Sex hatten.
Wir erwarten also, dass die Kommission und der Rat unverzüglich einschreiten, dass die Führung Stellung bezieht. Das ist es, was wir von Ihnen verlangen, Herr Kommissar.
(Beifall)
Der Präsident. – Frau Karamanou, ich haben Ihnen viel Redezeit eingeräumt, weil ich es erstens für unhöflich hielt, dass der Herr Kommissar den Fragen, die Sie an ihn gerichtet haben, nicht zugehört hat – es stimmt, dass ihm ein ausgearbeiteter schriftlicher Text vorliegt, doch ist zuhören immer höflich –, und weil Sie zweitens als Vorsitzende des Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit des Europäischen Parlaments gesprochen haben.
Maes (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Sie werden verstehen, dass uns dieser Fall ein sehr dringendes Anliegen ist, und deshalb schließe ich mich nicht nur der Empörung von Frau Karamanou über die bei Ihrer Bank veranstalteten colloques singuliers, für die Sie als Kommissar nicht immer verantwortlich sind, an, sondern stimme auch inhaltlich zu. Dank der internationalen Kampagne konnten wir Safiya Hussaini vor dem Tod durch Steinigen bewahren, wozu sie – obwohl es sich um eine Vergewaltigung handelte – verurteilt worden war. Aus Verfahrensgründen blieb sie jedoch verschont, und das bedeutet, dass die Gefahr für Amina Lawal, deren Berufung am 19. August zugelassen wurde und deren Schuld am 25. März wahrscheinlich erneut bestätigt wird, keineswegs gebannt ist. Sie haben also noch ein wenig Zeit, Herr Kommissar.
Sie wurde durch ein Gericht in Katsina verurteilt, einem der zwölf Bundesstaaten im Norden, in denen seit drei Jahren die Scharia gilt. Todesstrafe, Verstümmelung von Frauen und Auspeitschen sowie die damit einhergehende Diskriminierung werden somit zur gängigen Praxis. Die Verfassung von Nigeria, die Allgemeine Menschenrechtserklärung und alle sonstigen von Nigeria unterzeichneten Abkommen bleiben damit toter Buchstabe.
In Nigeria werden in einigen Wochen Präsidentschaftswahlen abgehalten. Die Krawalle im Zusammenhang mit der Einführung der Scharia haben bereits mehrere Tausend Opfer gefordert. Kürzlich gab es bei Tumulten im Zusammenhang mit einem Schönheitswettbewerb 200 Tote. Das Klima wird bestimmt durch Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, Unsicherheit sowie weit verbreitete Korruption. In diesem riesigen und dicht bevölkerten afrikanischen Land besteht leider die immense Gefahr eines Bürgerkriegs. Und wir stimmen hier über einen weiteren Entschließungsantrag ab. Herr Kommissar, wir haben dies am 15. Februar 2001, am 15. November 2001, am 11. April 2002, im September 2002 getan und die AKP haben es am 21. März 2001 getan. Wir werden also jetzt wieder über einen Entschließungsantrag abstimmen, aber wie Frau Karamanou fordere ich Sie zu konkreten Schritten auf, nicht nur um das Leben dieser unglücklichen Frau zu retten, sondern auch um dieses dicht bevölkerte afrikanische Land vor blutigen Konflikten zu bewahren, die Tausende von Opfern fordern könnten.
(Beifall)
McCartin (PPE-DE). −(EN) Herr Präsident, ich habe über diesen Fall im vergangenen Jahr gelesen und das Einzige getan, was ich tun konnte. Ich habe ihn meiner Fraktion vorgetragen. Wir diskutierten in der Fraktion und mit anderen Fraktionen dieses Parlaments und verabschiedeten einen Entschließungsantrag über die Notlage von Amina Lawal. Aus dem Antrag geht eindeutig hervor, was die Regierung von Nigeria unserer Meinung nach gemäß ihren internationalen Verpflichtungen und den Erfordernissen ihrer eigenen föderalen Verfassung zu tun hat. Sie muss ihre legitime Macht zum Schutz von Amina Lawal nutzen und andere nigerianische Frauen in ähnlichen Situationen vor dieser grausamen, entwürdigenden und unmenschlichen Behandlung unter der Scharia bewahren.
Wir erkennen die Souveränität des nigerianischen Volkes und seiner föderalen Regierung an und sind uns zunehmend bewusst, dass es eine globale Gemeinschaft gibt und jeder Bürger der globalen Gemeinschaft Anspruch auf unsere Solidarität und Achtung hat. Ich erinnere mich daran, dass ein afrikanischer Führer beim Fall der Berliner Mauer darüber klagte, dass sich die Europäische Union jetzt nach Osten gewandt hätte, so wie ein Mann, der einem aufregenden Mädchen hinterher schaut, das er zum ersten Mal sieht, und dass man Afrika wohl vergessen und links liegenlassen würde.
Wenn wir den Prozess der Erweiterung abgeschlossen haben, werden wir wirtschaftlich und politisch stärker sein. Wir können uns wieder Afrika zuwenden. In diesem Zusammenhang müssen wir sagen dass wir zwar die Souveränität der afrikanischen Nationen anerkennen, andererseits aber an unsere Entwicklungshilfe Bedingungen knüpfen werden. Daran müssen wir denken und an ähnliche Fälle und an die Notlage aller Frauen unter der Scharia auf dem afrikanischen Kontinent.
Wir wollen keinem souveränen Staat unseren Willen aufzwingen, aber wir werden ihnen sagen, dass da ein Preis zu zahlen ist. Afrika braucht unsere Hilfe, und wir werden sie großzügig gewähren, aber als Gegenleistung muss Afrika seine Bürger human behandeln.
Morgantini (GUE/NGL). – (IT) Herr Präsident, zu vielen Entschließungen wurde nicht nachgekommen, und bisweilen liegt es auch in unserer Verantwortung als Parlamentsmitglieder, dass wir Entschließungen annehmen und meinen, damit hätten wir das Problem gelöst. Aber ich bin eine Frau, und zu meinen Vorbildern zählen Frauen, die, weil sie den Mut besaßen zu sprechen und den Wunsch zu lachen oder zu lieben, im Namen Gottes aufgrund der Grausamkeit frommer christlicher Ordensträger barbarisch gefoltert und lebendigen Leibes verbrannt wurden.
Religiöse Praktiken, Kulturen und Traditionen können sich jedoch ändern. Ich komme aus einem Land, in dem es noch nach dem Krieg das Verbrechen gegen die Ehre gab und wo die Vergewaltigung erst in den 70-er Jahren mit dem Erstarken der feministischen Bewegung als Verbrechen gegen die Person anerkannt wurde. Heute werden wir Frauen in Europa zwar immer noch diskriminiert und wird unsere Sexualität vermarktet, doch wurde das Recht zu existieren erkämpft. Die von den Frauen und den Menschen weltweit erduldeten Leiden und Ungerechtigkeiten scheinen jedoch heute unseren Körper und unsere Seele mehr denn je zu peinigen. Wieder einmal werden durch Religionen, Traditionen und Kulturen im Namen eines angeblich allmächtigen und barmherzigen Gottes Steinigungen verhängt, verabredete Ehen aufgezwungen, die Körper unschuldiger Mädchen durch die Infibulation verstümmelt.
Wir müssen die Ermordung von Amina Lawal verhindern, einer Frau, die es gewagt hat zu lieben und die zum Tode durch Steinigen verurteilt wurde, weil sie ein uneheliches Kind zur Welt gebracht hat. Wir müssen verhindern, dass die Religion, wenn sie die Menschenrechte, egal ob einer Frau oder eines Mannes, verletzt, als Gesetz fungieren kann, auch wenn dieses gegenüber den Gesetzen des Staates zweitrangig ist. Die Bundesrepublik Nigeria hat die internationalen Menschenrechtsabkommen ratifiziert: Diese dürfen jedoch keine rein formale Bedeutung haben, sondern müssen geachtet und konkret umgesetzt werden.
Nigeria hat auch eine Verfassung verabschiedet, die das Recht auf Freiheit garantiert, ohne Folter und ohne Strafe. Präsident Obasanjo hat sich mehrfach gegen die Anwendung der Todesstrafe auf der Basis der Scharia ausgesprochen, doch kann er nicht immer eine doppelte Rechtsordnung aufrechterhalten. Zwar stimmt es, dass die Probleme komplex sind, doch heute steht das Leben vieler Frauen und Männer auf dem Spiel – heute das von Amina Lawal, gestern das von Safiya Hussaini. Aber wie viele andere Frauen und wie viele Männer schmachten in den Gefängnissen oder werden verurteilt und gehängt?
Die Europäische Union – und wir persönlich – müssen uns nach Kräften dafür einsetzen, dass Amina Lawal nicht hingerichtet wird und zudem die internationalen Abkommen wirklich eingehalten werden. Deshalb müssen wir die nigerianische Regierung dazu auffordern, alles zu tun und jegliche Unterstützung zu leisten, damit Amina nicht sterben muss und nie wieder ein solchesUrteil verhängt wird.
Ich halte es wirklich für äußerst wichtig, dass nicht mit zweierlei Maß gemessen wird. Wir müssen von unserem Grundprinzip ausgehen, von der Tatsache, dass es wichtig ist, dass auch wir hier bei uns die Menschenrechte – gegenüber den Zuwanderern und vielen anderen – wahren, weshalb wir alles in unserer Macht Stehende tun müssen, damit niemand mehr hingerichtet wird.
Maaten (ELDR). – (NL) Herr Präsident! Im September vergangenen Jahres hat das Parlament eine Entschließung angenommen, in der wir die Verurteilung von Amina Lawal zum Tode durch Steinigen verurteilt haben. Seither wurde von allen Seiten starker internationaler Druck ausgeübt, um Amina Lawal zu helfen, und zwar zu Recht. Ihr Fall ist selbstverständlich besonders dramatisch: eine Mutter, welche die Todesstrafe zu erwarten hat.
Der Fall Lawal galt innerhalb und außerhalb Nigerias als ein Testfall. In Nigeria gibt es keine Staatsreligion, und das muss so bleiben. Der Vollzug dieser Todesstrafe wäre ein Signal, dass für Muslime in Nigeria andere Rechte gelten als für Christen, und das ist nicht zulässig. Ferner darf nicht der Eindruck erweckt werden, die Verletzung von Menschenrechten und der Vollzug der Todesstrafe seien hinnehmbar. Die nigerianische Regierung muss dafür sorgen, dass die internationalen Verpflichtungen auf dem Gebiet der Menschenrechte eingehalten werden.
In knapp zwei Wochen beginnt das Berufungsverfahren gegen die unmenschliche Bestrafung von Amina Lawal. Hoffentlich gewinnt sie diese Berufung, wenn aber nicht, so möchte ich Präsident Olusegun Obasanjo an seine eigenen Worte erinnern. Während der Krawalle im Zusammenhang mit den Miss-World-Wahlen im Januar dieses Jahres sagte er, und ich zitiere: „In meinem Land wird niemand gesteinigt werden.“
Mein Appell an ihn ist einfach: Halten Sie Wort. Die nigerianische Regierung verfügt über genügend Möglichkeiten, um zu verhindern, dass dieser Fall in einer Katastrophe endet. Wir warten ab, wie die nigerianische Regierung nach der Berufung am 25. März dieses Jahres handeln wird. Wir in diesem Parlament betrachten Menschenrechte als einen Eckstein guter Beziehungen zwischen der Europäischen Union und anderen Ländern. Ich spreche hier die Hoffnung aus, dass durch den Fall Lawal die Beziehungen zwischen der Union und Nigeria nicht getrübt werden mögen.
Abschließend, Herr Präsident, möchte ich darauf hinweisen, dass Präsident Obasanjo vor ein paar Jahren, bevor er Präsident dieses Landes wurde, den Freiheitspreis der Liberalen Internationalen dankbar in Empfang genommen hat. Er möge sich jetzt auch weiterhin dementsprechend verhalten.
VORSITZ: CATHERINE LALUMIÈRE Vizepräsidentin
Tannock (PPE-DE). −(EN) Frau Präsidentin! Amina Lawal, eine des Lesens und Schreibens unkundige 31-jährige nigerianische Frau bereitet sich wegen des Verbrechens, Ehebruch begangen zu haben, auf den Tod vor. Sie behauptet, ein Freund habe sie vergewaltigt, und als Folge gebar sie ein Kind. Das Todesurteil durch Steinigung, das vollstreckt wird, indem sie lebendig bis zum Hals eingegraben wird und die Umstehenden aufgefordert werden, sie mit Steinen zu bewerfen, wurde bis nach der Geburt ihres Kindes aufgeschoben. Ortsansässige behaupten, dass Mitglieder des örtlichen Scharia-Gerichts, das sie verurteilte, selbst ehebrecherische Beziehungen gehabt hätten, die gelegentlich zur Geburt von Kindern geführt haben.
Die Scharia wurde in Teilen Nigerias vor kurzem im Rahmen eines Prozesses der Islamisierung eingeführt. Christliche Gruppen haben die nigerianische Regierung kritisiert, sie habe es unterlassen zu bekräftigen, dass solche Strafen der Bundesverfassung widersprechen, obwohl Präsident Obasanjo geäußert hat, er werde weinen, falls das Urteil vollstreckt wird. Das Urteil wurde bis 2004 aufgeschoben, damit Amina Lawal ihr Kind abstillen kann.
Nigeria wird meiner Meinung nach zweifellos eine Reihe internationaler Vertragsverpflichtungen verletzen, unter anderem auch gegen die Anti-Folter-Konvention und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die Nigeria unterzeichnet hat, verstoßen. Selbst im Iran hat es seit fast zwei Jahren keine Steinigung mehr gegeben, und jüngst hat der höchste Richter die Strafe für illegal erklärt.
Hier geht es nicht um die Todesstrafe per se, die nach internationalem Recht für die schwersten Verbrechen legal bleibt. Es geht um eine unverhältnismäßige und unnötig grausame Strafe gegen eine junge Mutter. Dies ist auch keine feministische Frage. Nigeria muss begreifen, dass seine Beziehungen zur zivilisierten Welt nicht mehr dieselben sein werden, falls das Urteil vollstreckt wird, und ich für meinen Teil werde für den Ausschluss aus dem Commonwealth und ein Sofortprogramm für ausgewählte Sanktionen sowie Reiseverbote für nigerianische Führer eintreten.
Ich möchte auch die griechische Ratspräsidentschaft auffordern, den nigerianischen Botschafter einzubestellen und ihm den Abscheu dieses Hohen Hauses vor solch einer ungerechten Bestrafung deutlich zu machen.
(Beifall)
Sauquillo Pérez del Arco (PSE). – (ES) Frau Präsidentin, die in den Bundesstaaten Nordnigerias durch islamische Gerichte in Anwendung der Scharia beschlossenen Steinigungen stellen eine flagrante Verletzung der Menschenrechte dar, die wir mit aller Kraft im Namen unseres Europäischen Parlaments verurteilen müssen, so wie es Frau Karamanou heute Nachmittag sehr wirkungsvoll getan hat.
Erstens, weil wir die Todesstrafe nicht tolerieren können, und zweitens, weil sich die Anwendung der Scharia gegen wehrlose Frauen richtet, die Handlungen beschuldigt werden, wie zum Beispiel Ehebruch, die nicht als Straftaten angesehen werden können, und drittens, weil im Fall von Amina Lawal der Angeklagten überdies während des Verfahrens nicht die geringsten Verfahrensrechte zugestanden wurden.
Der Fall von Amina Lawal ist dramatisch und dringend, weil der Vollzug des Urteils nach mehreren Aufschiebungen unmittelbar ansteht: am 25. März. Aber dieser Fall ist nicht der einzige. Sarimu Mohamed, Safiya Hussaini, Bariya Ibrahima und Adama Yunusa sind ebenfalls nach einer Reihe von internationalen Kampagnen gegen diese Steinigungen zu Haftstrafen verurteilt worden. In keinem dieser Fälle wurden die am Ehebruch beteiligten Männer bestraft.
Die Wehrlosigkeit von Frauen unter dem islamischen Strafrecht, die Folterungen und die erniedrigende Behandlung, die sie erleiden, stellen eine nicht tolerierbare Verletzung der Menschenrechte dar, und dies sollte sich in den Beziehungen, die die Europäische Union zu Nigeria und jedem Land unterhält, das die Scharia anwendet, widerspiegeln.
Nigeria hat eine der höchsten Analphabetenraten der Welt. Es gibt dort rituelle Verstümmelungen, Millionen Menschen werden aus religiösen Gründen vertrieben, und durch islamisches Recht wird ein Teil der Bevölkerung in bestimmten Bundesstaaten offenkundig diskriminiert, und die Zentralregierung tut nichts dagegen.
Die Europäische Union muss gemäß den Verträgen, die die Grundsätze für unsere Beziehungen zu Drittländern klar festlegen, und trotz des nigerianischen Öls ihre gesamten diplomatischen Möglichkeiten ausschöpfen, um den Vollzug der Todesstrafe gegen Amina Lawal und alle Folgen der möglichen Steinigung verurteilen.
Mehr als anderthalb Millionen Menschen haben bei den nigerianischen Behörden Protest eingelegt und dank dieser Volksaktion wurden andere Steinigungen verhindert. Gegenwärtig muss aber das Leben von Amina Lawal gerettet werden, und dazu muss die Scharia abgeschafft und, wo erforderlich, verfolgt werden.
Sandbæk (EDD). – (DA) Frau Präsidentin, die Steinigung von Frauen muss jetzt ein Ende haben. Es ist empörend, dass es noch immer Orte auf der Welt gibt, an denen die Steinigung von Frauen eine legitime und akzeptierte Form der Todesstrafe ist. Der Fall Amina Lawal macht es erneut erforderlich, alle Mittel einzusetzen, um die Ablehnung solch barbarischer und inhumaner Methoden durch die EU zu verdeutlichen. Nigeria ist nicht das einzige Land der Welt, in dem solche Grausamkeiten stattfinden. Steinigungen müssen natürlich weltweit verboten werden, aber der offensichtlich bestürzende Fall Amina Lawal sollte für uns der Anlass sein, unsere eindeutige Ablehnung der Steinigung von Frauen zum Ausdruck zu bringen. In Nigeria müssen die Unterschiede zwischen national und regional geltenden Gesetzen beseitigt werden. Es ist erschütternd, dass nicht garantiert werden kann, dass Amina Lawal jemals vor ein nationales Gericht gestellt werden wird, obwohl ihr durch die nigerianische Verfassung Leben und Würde zugesichert werden. Es ist wichtig, dass wir unsere Möglichkeiten nutzen, um der Abscheu des Parlaments Ausdruck zu verleihen und die nigerianische Gesellschaft weiter unter Druck zu setzen. Die Anwendung der Rechtsordnung der Schariah in einer Reihe von Ländern führt nicht nur zu einer völlig inakzeptablen Ungleichbehandlung von Männern und Frauen, sie ist auch eine Frage allgemeiner Menschlichkeit und Anständigkeit. Es steht noch ein langer und zäher Kampf bevor, bis die Menschenrechte in allen Ländern der Welt akzeptiert und beachtet werden.
Scallon (PPE-DE). −(EN) Frau Präsidentin, ich begrüße diese gemeinsame Entschließung zu Gunsten von Amina Lawal. Dies ist das zweite Mal, dass wir eine Entschließung zu Amina Lawal annehmen werden. Zweifellos hat die erste Entschließung vom September 2002 wesentlich zum internationalen Gnadengesuch beigetragen, das bisher ihre Sicherheit gewährleistet hat. Damals wurde ich gebeten, um ihretwillen einen Appell zu verfassen. Ich möchte den vielen tausend Menschen danken, die darauf reagiert haben, sowohl 2002 als auch auf den jüngsten Appell in den letzten Wochen. Ich danke auch dem Europäischen Büro, das sich um die Menschenrechte in Nigeria kümmert.
Zum Tode durch Steinigung wegen eines außerehelichen Kindes verurteilt zu werden, ist ein Verstoß gegen die international vereinbarten Menschenrechte. Ich stelle fest, dass diese Exekution nicht Wunsch der nigerianischen Regierung ist. Insbesondere danke ich dem nigerianischen Botschafter in Irland, Seiner Exzellenz Herrn Elias Nathan, der öffentlich um Gnade für diese Mutter ersucht hat.
Wir fordern das Oberste Berufungsgericht der Scharia in Katsina auf, die internationalen Menschenrechtsabkommen, die Nigeria unterzeichnet hat, zu respektieren und einzuhalten und dafür zu sorgen, dass jedes Gesetz der Scharia, das sich gegen diese Rechte richtet, aufgehoben wird. Die regionale Gesetzgebung muss mit den in Nigeria auf Landesebene geltenden Gesetzen in Einklang stehen. Mir ist bekannt, dass Frau Lawal seit ihrer Verurteilung im März 2002 nicht mit Gewalt festgehalten oder inhaftiert worden ist. Dafür bin ich dankbar. Doch wir können uns vorstellen, unter welchem Trauma sie angesichts des Todesurteils leidet, das das ganze vergangene Jahr über ihr geschwebt hat. Sicher war sie krank und musste in dieser schweren Zeit in mehreren Krankenhäusern behandelt werden.
Obwohl Amina Lawal das Recht hätte, gegen ihr Urteil vor einem weltlichen Gericht Berufung einzulegen, hat sie genug gelitten. Ich bitte dringend um Gnade und um die Zusicherung, dass sie unter keinen Umständen hingerichtet wird. Wir müssen auch daran denken, dass sie nicht die einzige Frau in dieser Lage ist.
Als man mich aufforderte, einen Aufruf zu Gunsten von Safiya Husseini abzufassen, die wegen eines ähnlichen Vergehens angeklagt war, erfuhr ich von mindestens vier Frauen, die das gleiche Urteil erwarteten – Amina Lawal war eine von ihnen \u8722\'2d, und dass Jungen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren eine Amputation ihrer Hände wegen Diebstahls zu erwarten hätten. Wir respektieren zwar die nationale Souveränität, aber es gibt für Nigeria und sein Volk einen besseren Weg. Wir fordern eine sofortige und dauerhafte Antwort auf unsere parlamentarische Entschließung.
Gillig (PSE). – (FR) Frau Präsidentin, wieder einmal sieht sich das Parlament veranlasst und in der Pflicht, die nicht hinzunehmende Lage einer Frau anzuprangern: von Amina Lawal, die in Nigeria zum Tod durch Steinigen verurteilt wurde, weil sie ihr Recht auf Freiheit ausgeübt hat.
Was kann ich sagen, was kann ich den Erklärungen meiner Kollegen noch hinzufügen, außer meiner wiederholten Verurteilung der unerträgliche Lage einer Frau, die zeigt, wie notwendig die Kampfaktionen im Rahmen des Internationalen Frauentages noch sind. Angesichts der schrecklichen Lage dieser Frau müssen wir unsere grundsätzliche Ablehnung der Todesstrafe bekräftigen, müssen wir daran erinnern, dass ein Gerichtshof, ob in Nigeria oder in irgendeinem anderen Land in der Welt, sich nicht auf religiöse Prinzipien berufen darf, um alle Grundsätze im Zusammenhang mit der uneingeschränkten Achtung der Rechte und der Würde des Menschen zu missachten. Dies ist ein Rückschritt ins Mittelalter, zu einer Fortschrittsfeindlichkeit, die es leider auch in unseren Ländern gab. Wir müssen diese unerträgliche Lage einer Frau wieder und wieder kritisieren, die uns dazu veranlasst, das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche und Staat als eines der wichtigsten Organisationsprinzipien moderner und demokratischer Staaten zu bekräftigen.
Frau Präsidentin, Herr Kommissar, wir erwarten von der nigerianischen Regierung die Erklärung, dass die Anwendung der Scharia durch einen regionalen Gerichtshof der Verfassung ihres Landes widerspricht. In diesem Zusammenhang erinnern wir sie daran, dass insbesondere die Achtung der Menschenrechte ein grundlegender Bestandteil der Abkommen ist, die mit Drittländern geschlossen werden. Neben Amina Lawal aus Nigeria erwarten all diejenigen in der Welt, deren elementare Rechte missachtet werden, dass die Europäische Union die Entschließungen, die wir auf jeder Tagung hier in diesem Hohen Haus annehmen, in die Tat umsetzt. Und ich schließe mich voll und ganz den Fragen an, die meine Kollegin Anna Karamanou gestellt hat. Herr Kommissar – aber diese Frage richtet sich ebenso an die Verantwortlichen des Rates –, wo bleiben, neben den Entschließungen, unsere Taten?
Sacrédeus (PPE-DE). – (SV) Frau Präsidentin! Wir befassen uns hier mit einem völlig unangemessenen Urteil sowie damit, das Leben eines unschuldigen Menschen zu retten. Es geht aber auch darum – und ich wende mich hier an Kommissar Fischler – der Scharia-Gesetzgebung und der Islamisierung von Teilen Zentralafrikas auf den Grund zu gehen. Der Fall Amina Lawal ist dort einer von vielen, und es ist zu erwarten, dass solche Urteile immer und immer wieder gefällt werden. Die Vereinbarkeit der Scharia-Gesetze mit den Menschrechten und mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen muss mit aller Deutlichkeit, Bestimmtheit, Beharrlichkeit und Konsequenz in Frage gestellt werden.
Wir sind eine Gruppe von Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die sich an die diplomatischen Vertretungen Nigerias überall in der Europäischen Union und in der übrigen Welt mit der Bitte gewandt haben, diesem Fall Beachtung zu schenken. Wir müssen mit allen Mitteln Druck auf den Obersten Gerichtshof in Nigeria ausüben. Wie in der Entschließung formuliert, müssen wir auch darauf drängen, dass alle Nigerianer gemäß ihrer Verfassung dieselben Rechte und denselben Schutz genießen können, unabhängig davon, ob sie Moslems oder Christen sind, einem anderen oder keinem Glauben angehören. Ferner müssen wir die Zulässigkeit eines so grundlegenden Verstoßes der Scharia-Gesetzgebung gegen das internationale Recht und die Menschenwürde anzweifeln können. Wir müssen auf jede nur erdenkliche Weise folgende Frage stellen: Wo sind die gläubigen Moslems Afrikas und Europas, die ihre Stimme erheben und sagen, dass die Scharia-Gesetze unvereinbar sind mit dem, was Kern allen religiösen Glaubens sein muss, nämlich Liebe und Toleranz?
Fischler,Kommission. – Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kommission teilt natürlich die Besorgnis des Parlaments bezüglich der Art der Strafen, die in Nordnigeria unter Anwendung der Shariah verhängt werden. Die Kommission hat in einer ganzen Reihe von Fällen, u.a. auch im Fall von Amina Lawal, Kontakt zur nigerianischen Regierung aufgenommen, und unser Präsident Prodi selbst hat sich direkt an Präsident Obasanjo gewandt, der sich ebenfalls gegen die Strafen ausgesprochen hat und der darauf hingewiesen hat, dass alle Beschwerdeführer das Recht haben, den Fall vor das Oberste Gericht zu bringen.
Die Kommission begrüßt auch die Stellungnahme des nigerianischen Justizministers, der letztes Jahr erklärt hat, es sei nicht richtig, Moslems dadurch zu diskriminieren, dass sie für ein und dasselbe Vergehen anders bestraft würden. Im Fall von Amina Lawal ist das Berufungsverfahren, wie ja schon verschiedene Mitglieder in ihren Beiträgen ausgeführt haben, für den 25. März festgesetzt. Amina Lawal hat einen Rechtsbeistand bekommen und wird auch Gelegenheit haben, erforderlichenfalls ihre Berufung noch auf höherer Ebene fortzusetzen.
Über unsere Delegation in Abuja verfolgen wir diesen Fall mit größter Aufmerksamkeit. Wir vermeiden es aber, uns direkt auf Fälle zu beziehen, die noch verhandelt werden, und ziehen es vor, darauf zu drängen, dass die nigerianische Bundesregierung die Todesstrafe endlich insgesamt abschafft.
Die Rechtsordnung der Shariah ist in Nigeria ein komplexes und heikles Thema. Auch verfassungsrechtlich ist die Situation sehr schwierig, weil es Widersprüche gibt zwischen der Staatsshariah und der Verfassung sowie den von der nigerianischen Bundesregierung eingegangenen internationalen Verpflichtungen.
Sozial ist das Land in einen moslemischen Norden und einen christlichen Süden geteilt, und außerdem ist das Thema in diesem Jahr politisch sehr geladen und höchst sensibel, weil noch dazu Wahlen stattfinden.
Die Kommission hat eine Studie finanziert, die ergeben hat, dass die Anwendung der Shariah als Strafrecht noch dadurch problematischer wird, dass dieses Strafrecht schlecht verfasst ist und von schlecht ausgebildeten Richtern auf inkohärente Weise angewendet wird.
In Bezug auf die Menschenrechtsfrage in Nigeria hat die EU einen Gemeinsamen Standpunkt ausgearbeitet, eine Demarche der Troika zur Todesstrafe verfasst und eine offizielle Stellungnahme in der Menschenrechtskommission abgegeben.
Die Achtung der Grundsätze des Cotonou-Abkommens wird ebenfalls mit größter Aufmerksamkeit verfolgt. Die Kommission ist auch selber direkt aktiv und hat im Juli letzten Jahres ein Länderstrategiepapier und ein Kooperationsprogramm mit Nigeria unterzeichnet. Darin sind die Menschenrechte und eine verantwortungsbewusste Staatsführung als Schlüsselbereiche aufgeführt. Ferner ist darin die Unterstützung der Zivilgesellschaft vorgesehen.
Außerdem ist Nigeria eines der Schwerpunktländer der europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte, und in Kürze wird eine Reihe von Projekten zur Unterstützung der Regierungs- und Justizreform angenommen werden. Auf diese Weise hoffen wir, auf das Verständnis und die Anwendung der grundlegenden Menschenrechte durch die nigerianische Bundesregierung und die einzelnen Bundesstaaten der Bundesrepublik Nigeria positiv Einfluss nehmen zu können und die Dinge zum Besseren zu wenden.
(Beifall)
Die Präsidentin. – Danke, Herr Kommissar.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet gleich anschließend statt.
9. Abstimmungen
Entschließungsanträge zu den Debatten über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit(1)
⁂
Gemeinsamer Entschließungsantrag(2) zur Schließung von Unternehmen nach Gewährung einer EU-Finanzhilfe
– zum Absatz 9
Santos (PSE). – (PT) Frau Präsidentin, ich möchte darauf hinweisen, dass ich im Namen der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas einen mündlichen Änderungsantrag einbringe: In Ziffer 9 und 16 muss der Name „EFTEC“ hinzugefügt werden, der Name eines schwedischen Unternehmens, das sich ähnlichen Problemen gegenübersieht wie die im Gemeinsamen Entschließungsantrag genannten Unternehmen.
Die Präsidentin. – Gibt es Einwände gegen die Berücksichtigung dieses mündlichen Änderungsantrags?
(Das Parlament erhebt keine Einwände gegen den mündlichen Änderungsantrag.)
(Das Parlament nimmt die gemeinsame Entschließung an.)
ERKLÄRUNG ZUR ABSTIMMUNG
- Entschließung zur Schließung von Unternehmen (B5-0160/2003)
Stenmarck (PPE-DE), schriftlich.– (SV) Die Delegation der schwedischen Konservativen hat heute für den Entschließungsantrag zur Schließung von Unternehmen nach Gewährung einer finanziellen Beihilfe der EU gestimmt.
Wirhalten es für erfreulich, dass das Europäische Parlament mit dieser Entschließung den vielfach negativen Konsequenzen der Strukturfonds der Europäischen Union Beachtung schenkt. Unseres Erachtens führen die Strukturfonds zu einem umfassenden und schwer handhabbaren Subventionskarussell, das im Falle der Verwendung von Beihilfen zur Unterstützung von Unternehmen dazu führt, dass die Arbeitslosigkeit zwischen den Mitgliedstaaten der EU umgelagertund die Wettbewerbssituation für einzelne Unternehmen verzerrt wird.
Um mehr Arbeitsplätze zu schaffen, bedarf es einer Liberalisierung, Steuersenkungen und eines Abbaus von Handelshemmnissen. Wenn sich die Europäische Union die Möglichkeit erhalten will, das Ziel von Lissabon zu erreichen, sollte die Zahlung von Beihilfen durch die Strukturfonds zum schnellstmöglichen Zeitpunkt eingestellt werden.
Knolle (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Heute Vormittag hatte ich darum gebeten, dass die aus verschiedenen Abgeordnetenbüros heraushängenden Plakate entfernt werden, weil das dem Ansehen des Parlaments schadet. Jetzt, kurz vor der Abstimmung, hingen immer noch zahlreiche Plakate vor den Wänden. Wenn wir das zulassen, macht das Schule, und das Parlament sieht dann irgendwann aus wie eine Litfasssäule oder wie Werbeplakatwände. Das ist nicht im Sinne des Wohls des Hohen Hauses. Ich bitte hier strengstens durchzugreifen!
Die Präsidentin. – Herr Knolle, wir werden zu den zuständigen Dienststellen Kontakt aufnehmen, um uns zu vergewissern, dass den Anweisungen Folge geleistet wird.
Eingereicht von den Abgeordneten Pronk und Bastos im Namen der PPE/DE-Fraktion, Lage, dos Santos und Hughes im Namen der PSE-Fraktion, Lambert und Schroedter im Namen der Verts/ALE-Fraktion, Figueiredo und anderen im Namen der GUE/NGL-Fraktion, Ribeiro e Castro und Queiró im Namen der UEN-Fraktion zur Ersetzung der Entschließungen B5-0160, 0165, 0166, 0168 und 0169/2003 durch einen neuen Text.
10. Unterbrechung der Sitzungsperiode
Die Präsidentin. – Wir sind am Ende der Tagesordnung angelangt.
Ich erkläre die Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments für unterbrochen.
Ausschussbefassungen – Genehmigung zur Ausarbeitung von Berichten – Zusammenarbeit zwischen den Ausschüssen – Schriftliche Erklärungen zur Eintragung ins Register (Artikel 51 der Geschäftsordnung) – Übermittlung der in dieser Sitzung angenommenen Entschließungen – Zeitpunkt der nächsten Tagungen: siehe Protokoll.
ANLAGE
ANFRAGEN AN DEN RAT
Anfrage Nr. 11 von Per-Arne Arvidsson (H-0091/03)
Betrifft: Vertrauen in die GASP
Mit ihrer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) soll die EU durch ein einheitliches und kraftvolles Auftreten auf der internationalen Bühne zu Frieden und Sicherheit in Europa und in der ganzen Welt beitragen. Die Vorgehensweise der Mitgliedstaaten im Irakkonflikt war das Gegenteil hiervon. Sie war nach nationalen Interessen ausgerichtet und hat der außenpolitischen Glaubwürdigkeit der EU und der GASP Schaden zugefügt. Durch eine einseitige Unterstützung der deutsch-französischen Linie trug der Ratsvorsitz bedauerlicherweise noch weiter zu dieser Zersplitterung bei.
Der Ratsvorsitz hat die Aufgabe, zu versuchen, Kompromisse zu finden und gemeinsame Lösungen auszuarbeiten, die zu einem einheitlichen Auftreten der EU in derartigen Fragen beitragen können. Der dänische Ratsvorsitz hat in dieser Hinsicht ein hohes Maß an Kompetenz unter Beweis gestellt. Ebenso hat diese Uneinigkeit im Irakkonflikt bei den Bewerberländern zu einem Vertrauensverlust in die EU geführt.
Welche Maßnahmen gedenkt der griechische Ratsvorsitz zu ergreifen, um sicherzustellen, dass künftig in der Außenpolitik eine derartige Situation nicht mehr eintreten kann?
Der Vorsitz hat sämtliche Bemühungen darauf gerichtet, damit die EU im Irakkonflikt mit einer Stimme auf der internationale Bühne spricht, da er mit dem Herrn Abgeordneten darin übereinstimmt, dass die Union um so stärker ist und ihrer Stimme international deutlicher Gehör verschaffen kann, je mehr Einigkeit sie zeigt. Deshalb hat der Rat auf seiner ersten Tagung am 27. Januar dieses Jahres grundsätzliche Schlussfolgerungen zum Irak angenommen. Auf Grundlage dieser Schlussfolgerungen, denen sich die 13 Bewerberländer angeschlossen haben, wurde am 4. Februar eine Demarche verfasst, mit der den irakischen Behörden eine klare Botschaft übermittelt werden sollte. Im Anschluss daran hat der Vorsitz eine Sondertagung des Europäischen Rates für den 17. Februar einberufen, auf der eine gemeinsame Erklärung verabschiedet wurde, der sich die Bewerberländer am folgenden Tag anschlossen. In dieser Erklärung hat die EU Einvernehmen bezüglich der folgenden zentralen Krisenelemente erzielt:
Saddam Hussein darf nicht mehr über Massenvernichtungswaffen verfügen,
die Vereinten Nationen sollten im Mittelpunkt dieser Bemühungen stehen,
die Arbeit der Inspektoren sollte fortgesetzt werden, doch könne diese nicht unendlich andauern, wenn die irakische Seite nicht kooperiert,
Krieg ist nicht unvermeidlich. Gewalt sollte nur als letztes Mittel eingesetzt werden.
Die nächsten Schritte muss nun der Sicherheitsrat unternehmen.
Der Vorsitz wird sich weiterhin um ein gemeinsames Vorgehen in dieser und anderen Fragen bemühen.
Anfrage Nr. 12 von Francesco Enrico Speroni (H-0096/03)
Betrifft: Bevölkerung der Mitgliedstaaten
In den Protokollen zum Vertrag von Nizza wird der Begriff „Gesamtbevölkerung der Union“ benutzt, ohne dessen Bedeutung näher zu erläutern. Was die Union anbelangt, bezieht sich diese Bezeichnung nur auf die Gesamtzahl der Einwohner mit Unionsbürgerschaft, auf die Gesamtzahl der Einwohner einschließlich derjenigen ohne die Staatsangehörigkeit der Union oder sonstiger? Wie werden zum Zwecke der Berechnung der Gesamtbevölkerung der Union diejenigen Bürger behandelt, die außerhalb der Union wohnhaft sind?
Welche der folgenden Möglichkeiten wird für die Berechnung der Bevölkerung der einzelnen Staaten zum Zwecke des Quorums von 62% angewandt:
a) alle Einwohner im Staate, ohne Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit; b) alle Einwohner mit der Staatsangehörigkeit des jeweiligen Staates oder eines anderen Mitgliedstaates; c) nur die Staatsangehörigen des Staates, in dem sie wohnhaft sind; d) nur die Staatsangehörigen, die in diesem Staate oder in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft sind; e) alle Staatsangehörigen eines Staates, ganz gleich, wo sie wohnhaft sind; f) sonstige.
Der Rat möchte dem Herrn Abgeordneten mitteilen, dass die genannten spezifischen Aspekte bisher noch nicht erörtert wurden, dass diese Fragen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen jedoch zu gegebenem Zeitpunkt bis zum 1. November 2004 geprüft werden.
Anfrage Nr. 13 von Anna Karamanou (H-0100/03)
Betrifft: Vorwürfe gegen EUROPOL wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten
Der Europäische Rechnungshof wirft EUROPOL, dem europäischen Dienst für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, in einem neuen, bislang unveröffentlichten Bericht finanzielle Unregelmäßigkeiten und mangelnde Haushaltstransparenz vor. Hauptkritikpunkt des Berichts sind Abfindungen in Höhe von 279 000 Euro – das entspricht 18 Monatsgehältern –, die der ehemalige Vizedirektor von EUROPOL David Valls-Russel nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst auf Grund von Finanzskandalen in seiner Direktion ohne jede Rechtsgrundlage erhalten hat. Darüber hinaus geht es in dem Bericht um die unzulässige Finanzierung der Installation und Benutzung von Telefon- und Faxgeräten in Privatwohnungen der Bediensteten.
Welche Maßnahmen wird der Rat ergreifen, damit diese schwerwiegenden Vorwürfe vollständig aufgeklärt und damit die Voraussetzungen geschaffen werden, dass EUROPOL seiner eigentlichen Aufgabe gerecht wird und gemäß den Grundsätzen der Toleranz, der Verantwortlichkeit und der Rechenschaftspflicht arbeitet, denen alle Institutionen und Dienste der EU verpflichtet sind?
Der Bericht des gemeinsamen Europol-Prüfungsausschusses, den die Frau Abgeordnete des Europäischen Parlaments anspricht, ist Teil des in Artikel 36 des Europol-Übereinkommens vorgeschriebenen Entlastungsverfahrens.
Der Rat hat hinsichtlich einer möglichen Entlastung für den Direktor von Interpol für 2001 noch nicht Stellung genommen. Sobald der Rat in dieser Frage eine Entscheidung getroffen hat, werden dem Europäischen Parlament weitere Informationen zugeleitet.
Anfrage Nr. 14 von Ulla Margrethe Sandbæk (H-0101/03)
Betrifft: Menschenrechte im Iran
Der Rede des iranischen Außenministers Kamal Kharaszis vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik war zu entnehmen, dass Verbesserungen im Hinblick auf die Menschenrechte in diesem Land völlig außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der iranischen Regierung liegen.
Wenn dies so ist, was ist dann der Inhalt des sogenannten konstruktiven Dialogs, der zwischen der EU und der iranischen Regierung geführt wird?
Kann der Rat sich dazu äußern, wie lange er sowohl die Steinigung von Frauen als auch Hinrichtungen akzeptieren wird, ohne die Zusammenarbeit mit der iranischen Regierung abzubrechen?
Was die in der Anfrage erwähnte Rede anlangt, hält sich der Rat an die Regel, Reden bzw. Erklärungen von Politikern nicht zu kommentieren. Der Rat hegt keine Zweifel daran, dass sich die iranische Regierung ihrer Zuständigkeiten und Pflichten auf dem Gebiet der Menschenrechte bewusst ist. Genau aus diesem Grunde beteiligt sich die iranische Regierung nicht nur am Menschenrechtsdialog mit der EU und anderen Ländern, wie etwa Australien, sondern auch an der Zusammenarbeit mit der UNO und ihren verschiedenen Mechanismen auf dem Gebiet der Menschenrechte, mit deren Hilfe die Einhaltung des internationalen Rechts zum Schutz der Menschenrechte durch die Staaten überwacht wird. Dem Rat sind jedenfalls in der Rede von Außenminister Kharrazi vor dem Europäischen Parlament keine Passagen bekannt, die zu diesem Missverständnis hätten führen können.
Dem konstruktiven Charakter des Dialogs der EU mit dem Iran wird die Einschränkung „so genannt“ nicht gerecht. Der Kern dieses Dialogs besteht darin, dass alle Fragen zur Menschenrechtslage im Iran erörtert werden, die für die EU Anlass zu Besorgnis geben, und sondiert wird, wie die EU zu Fortschritten in Richtung einer Verbesserung in all diesen Fragen beitragen bzw. Unterstützung geben kann. Die EU hat von Anfang an erkannt, dass sie, um den Dialog möglichst konstruktiv zu gestalten, nicht nur alle maßgeblichen Teile der iranischen Regierung - das Justizwesen sowie Parlament und Außenministerium –, sondern auch die iranische Zivilgesellschaft - Akademiker, NRO und die Islamische Menschenrechtskommission - einbeziehen muss, um die im Irak auf allen Ebenen laufende interne Aussprache zu fördern. Aus diesem Grunde entschied sich die EU für die erste Sitzung des Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und dem Iran am 16. und 17. Dezember 2002 dafür, diesen in Form eines Rundtischgesprächs zu organisieren, an dem Vertreter aller genannten Bereiche der iranischen Regierung und Gesellschaft teilnahmen und dem sich gesonderte Regierungsgespräche mit Beteiligung des iranischen Gerichtswesens, des Parlaments und des Außenministeriums anschlossen. Die Lebendigkeit und die Offenheit der Aussprache selbst innerhalb der iranischen Delegation bewiesen der EU, dass ihr integrativer Ansatz richtig ist. Die EU will diese Struktur für die absehbare Zukunft beibehalten.
Während des Sondierungsbesuchs in Teheran im September/Oktober 2002 sowie auf der ersten Sitzung des Menschenrechtsdialogs im Dezember brachte die EU das Problem der Todesstrafe bei der iranischen Regierung zur Sprache, und der Rat stellt fest, dass er seit der Eröffnung des Menschenrechtsdialogs im Oktober des Vorjahres noch keine bestätigten Beweise für einen Fall erhalten hat, bei dem im Iran eine Person zu Tode gesteinigt worden wäre. Die EU wird die iranische Regierung auch weiterhin so lange mit Nachdruck auf dieses Problem hinweisen, bis sich die Lage gebessert haben wird, und zwar so, wie die EU auch mit allen anderen Ländern verfährt, in denen die Todesstrafe noch verhängt wird und mit denen sie den politischen Dialog führt.
Anfrage Nr. 15 von Maurizio Turco (H-0102/03)
Betrifft: Prioritäten der griechischen Präsidentschaft und Effizienz der internationalen Übereinkommen zur Drogenbekämpfung
Im Dokument „Prioritäten der griechischen Präsidentschaft im Jahr 2003“ heißt es: „Die Effizienz bestehender internationaler Verträge zur Kontrolle der Herstellung von Suchtstoffen und des Handels mit ihnen sollte überprüft werden.“
Die erste Gelegenheit zur Überprüfung dieser Effizienz bietet sich in der Sitzung der Drogenkommission der UNO vom 8.-17. April in Wien. In welcher Form beabsichtigt der Rat die Überprüfung der Effizienz der Verträge vorzuschlagen?
Gedenkt der Rat, ein Treffen zur Änderung der internationalen Übereinkommen vorzuschlagen oder bereits für die Sitzung im April Vorschläge für eine Änderung vorzulegen? Wie weit sind die diesbezüglichen Arbeiten des Rates und seiner Arbeitsgruppen gediehen?
Anfrage Nr. 16 von Benedetto Della Vedova (H-0104/03)
Betrifft: Einstufung von Cannabis nach internationalem Recht
Im UN-Übereinkommen über Suchtstoffe von 1961 steht Cannabis zusammen mit den gefährlichsten Suchtstoffen wie Heroin in Plan I und ferner in Plan IV, der Suchtstoffe aus Plan I enthält, die als Stoffe mit einem begrenzten therapeutischen Wert und äußerst gefährlichen Eigenschaften betrachtet werden. Im UN-Übereinkommen von 1988 gilt der Hauptbestandteil von Cannabis, THC, nur als psychotrope Substanz. Ob diese Einstufungen schlüssig sind, ist somit ernsthaft in Zweifel zu ziehen, denn hier wird eine Pflanze, die 3 % von einem Hauptbestandteil enthält, strenger behandelt als der 100%ig reine Stoff.
Hält der Rat die Einstufung von Cannabis in Plan I zusammen mit Heroin für sinnvoll? Ist Cannabis so gefährlich wie Heroin? Ist die Einstufung von Cannabis in Plan IV sinnvoll? Besitzt Cannabis keinen medizinischen Wert? Soll Cannabis strenger behandelt werden als sein Hauptbestandteil? Wird der Rat Änderungen erörtern und den Mitgliedstaaten vorschlagen, damit Cannabis im Rahmen der UN-Übereinkommen neu eingestuft wird?
Anfrage Nr. 17 von Gianfranco Dell'Alba (H-0106/03)
Betrifft: Drogenbekämpfung, internationale Konventionen und Todesstrafe
Die UN-Drogen-Konvention aus den Jahren 1961, 1971 und 1988 sehen das Verbot und die Kriminalisierung einer Reihe von Sachverhalten im Zusammenhang mit Drogen (Anbau, Produktion, Ausfuhr und Einfuhr, Konsum, Verkauf, usw.) vor. Zahlreiche Staaten haben bei der Übernahme dieser Konventionen die Todesstrafe für die betreffenden Straftaten vorgesehen. Zu ihnen gehören u.a. China, Malaysia, Vietnam, Singapur, Kuwait, Iran, Thailand, die Philippinen und Indonesien.
Ist der Rat nicht der Ansicht, dass es erforderlich ist, und dem internationalen Standpunkt der Europäischen Union zur Todesstrafe entspricht, diese internationalen Konventionen unverzüglich zu überprüfen, um die Todesstrafe für die Straftaten im Zusammenhang mit Drogen zu verbieten? Wenn ja, beabsichtigt der Rat, dieses Problem in Angriff zu nehmen und einen Abänderungsvorschlag über die Mitgliedstaaten der EU, die ohne Ausnahme die Konventionen unterzeichnet haben, anlässlich der nächsten im April 2003 in Wien stattfindenden UN-Drogen-Sitzung zu unterbreiten?
Die Vorbereitung der 46. Tagung der UN-Kommission für Suchtstoffe in den zuständigen Gremien des Rates in Brüssel und Wien ist angelaufen. Die Sitzung, die vom 8. bis zum 17. April 2003 stattfinden soll, beinhaltet auch ein Ministertreffen am 16. und 17. April 2003, bei dem die Schwierigkeiten im Rahmen der Verwirklichung der Ziele, die in der von der Generalversammlung auf ihrer zwanzigsten Sondertagung 1998 angenommen politischen Erklärung festgelegt wurden, erörtert werden.
Bei der Formulierung der Erklärung der Präsidentschaft auf der normalen Sitzung und auf dem Ministertreffen werden die in der Mitteilung zur Halbzeitbewertung des Aktionsplans der Europäischen Union zur Drogenbekämpfung enthaltenen Orientierungen in gebührender Form berücksichtigt. In dieser Mitteilung heißt es, dass der von der Herstellung und vom Konsum synthetischer Drogen ausgehenden zunehmenden Gefahr verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.
Bislang ist in der Vorbereitungsarbeit der EU noch keine Aussprache zu den von den Abgeordneten des Europäischen Parlaments aufgeworfenen Fragen, z. B. in Bezug auf eine Änderung des Übereinkommens, die Einstufung von Cannabis nach internationalem Recht sowie in Bezug auf die Todesstrafe geführt worden.
Anfrage Nr. 18 von José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (H-0112/03)
Betrifft: Abschaffung des Schemas allgemeiner Zollpräferenzen für bestimmte Sektoren in Mittelamerika und der Andengemeinschaft durch Graduierung
Ist der Rat der Ansicht, dass die Abschaffung der Zollpräferenzen (durch die Annahme des Vorschlags für eine Verordnung des Rates zur Durchführung des Artikels 12 der Verordnung (EG) 2501/2001(1) des Rates (KOM/2003/0045 endg.) durch die EG) für die Sektoren Lebendpflanzen, Blumen, Gemüse und Obst aus Kolumbien durch die Anwendung des Mechanismus der Graduierung diesem Land, in dem rund 26 Mio. Arme leben, ungefähr 30.000 Menschen jährlich Opfer eines gewaltsamen Todes werden und etwa 10 Menschen täglich entführt werden, bei der Bekämpfung der Herstellung von Drogen und des Drogenhandels helfen wird?
Ist der Rat nicht der Auffassung, dass die genannte Maßnahme die zögernden Fortschritte in den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Umwelt gefährden kann, die Costa Rica in einem Sektor gemacht hat, der sich auf die benachteiligten Regionen des Landes konzentriert, die besonders anfällig für Naturkatastrophen sind, und der vor allem Frauen, die ihre Familie ernähren müssen, und Einwanderern aus Nicaragua Arbeitsplätze bietet?
Ist der Rat nicht der Meinung, dass die Anwendung des Mechanismus der Graduierung auf die Begünstigten des „APS Drogen“ den Zielen zuwiderläuft, die zur Schaffung des wahrscheinlich erfolgreichsten Handelsmechanismus der EU mit den Entwicklungsländern geführt haben, der für die Andenstaaten und die mittelamerikanischen Länder während der gegenwärtigen Krise der Region von wesentlicher Bedeutung ist?
Ist der Rat der Auffassung, dass sich die Situation in diesen Ländern während der Monate bis zum verspäteten Inkrafttreten der Verordnung bessern wird?
Ist er nicht der Meinung, dass dies ein entmutigendes Signal für diese Länder darstellen kann, und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem der Gipfel von Madrid die Perspektive des Freihandels für Mittelamerika und die Andengemeinschaft eröffnete? Wie haben die begünstigten Länder reagiert?
Der von dem Herrn Abgeordneten erwähnte Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates ging beim Rat am 13. Februar 2003 ein. Er wird derzeit geprüft. Der Rat strebt an, in Einklang mit dem im Regelungsverfahren festgelegten Zeitplan vor dem 14. Mai eine Entscheidung dazu zu treffen.
Die Graduierung von Sektoren ist eines der Elemente des Schemas allgemeiner Zollpräferenzen der Europäischen Union. Mit dieser Graduierung sollen die Präferenzen eben Ländern gewährt werden, die im internationalen Wettbewerb ohne präferenziellen Marktzugang nicht bestehen können. 2001 beschloss der Rat, dass dies grundsätzlich auch für die besonderen Regelungen zur Bekämpfung der Drogenproduktion und des Drogenhandels gelten soll, wie es im Großen und Ganzen bereits für das APS gehandhabt wird.
Die EU bleibt ihren auf dem Gipfel EU-Lateinamerika-Karibik eingegangenen Verpflichtungen in Bezug auf ein mögliches künftiges Abkommen, einschließlich eines Freihandelsabkommens, treu.
Die EU ist über den Standpunkt einiger lateinamerikanischer Länder zu der vorgeschlagenen Anwendung des Graduierungsschemas im Rahmen des APS informiert worden.
Anfrage Nr. 19 von Antonios Trakatellis (H-0117/03)
Betrifft: Verzögerung bei der Bekanntgabe des Gemeinsamen Standpunkts zur Richtlinie über den Handel mit Treibhausgasemissionsberechtigungen durch den Rat
Könnte der Rat nach dem erfolgreichen Abschluss der politischen Vereinbarung vom 11. Dezember 2002 erklären, warum sich die Bekanntgabe seines Gemeinsamen Standpunkts zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionsberechtigungen in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG(1) des Rates verzögert, wann dieser Gemeinsame Standpunkt dem Parlament vorgelegt wird und aus welchen Gründen er nicht zu den Prioritäten des Programms der griechischen Präsidentschaft zählt?
Im Hinblick auf diese Anfrage möchte ich dem Herrn Abgeordneten versichern, dass der Rat der Umsetzung des Protokolls von Kyoto zutiefst verpflichtet ist, was natürlich auch Maßnahmen beinhaltet, die der EU bei der Durchsetzung ihrer Zielsetzungen helfen. Das vorgeschlagene System für den Handel mit Treibhausgasemissionsberechtigungen ist eine dieser Maßnahmen.
Der Entwurf des Gemeinsamen Standpunktes wird gegenwärtig in fachlicher und sprachlicher Hinsicht überarbeitet, damit er dem Europäischen Parlament möglichst bald offiziell zugestellt werden kann.
Es wird erwartet, dass der Gemeinsame Standpunkt Ende März zur Übermittlung an das Parlament vorliegen wird.
Betrifft: Verringerung der Treibhausgas-Emissionen
Welche Fortschritte hat der Rat in Bezug auf die Verringerung des Energieverbrauchs in seinen eigenen Gebäuden erzielt, um in der Union mit gutem Beispiel voran zu gehen?
Bezugnehmend auf seine Anfrage möchte ich dem Herrn Abgeordneten versichern, dass sich der Rat nachdrücklich für die Umsetzung des Kyoto Protokolls einsetzt und intensiv mit dem Energieverbrauch befasst ist.
In diesem Zusammenhang sei auf die Annahme der jüngsten Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002) verwiesen. Wesentliches Ziel dieser Richtlinie - aber auch der so genannten SAVE-Richtlinie (93/76/EWG) - ist es, die Energieeffizienz von Gebäuden in der Gemeinschaft zu verbessern.
In seinen Schlussfolgerungen vom 30. Mai 2000 und vom 5. Dezember 2000 billigte der Rat den Aktionsplan der Kommission zur Verbesserung der Energieeffizienz und forderte spezifische Maßnahmen für den Gebäudebereich.
In seinen Schlussfolgerungen vom 10. Oktober 2000 über gemeinsame und koordinierte Konzepte und Maßnahmen in der Europäischen Union zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen hat der Rat die Wichtigkeit der Energieeffizienz herausgestellt, um so zur Erreichung der mit dem Europäischen Programm zur Klimaänderung (ECCP) verfolgten Ziele beizutragen.
Hinsichtlich seiner eigenen Gebäudepolitik ist festzustellen, dass die Dienststellen des Rates bereits vor Jahren Maßnahmen zur Verringerung des Energieverbrauchs ergriffen haben.
In den Dienstgebäuden des Rates geht es dabei vorrangig um Energieeinsparungen auf folgendem Wege:
automatische bzw. ferngesteuerte Abschaltung der Raumbeleuchtung,
Ersetzung alter Beleuchtungsanlagen durch leistungsfähigere neue Anlagen,
Verbesserung der Heizungs- und Klimaanlagen und deren Regulierungseinrichtungen.
Für ein im Projekt befindliches neues Gebäude ist neben dem Einbau energiesparendster Anlagen auch der Anschluss einer Anlage zur Kraft-Wärme-Kopplung (d.h. Nutzung der bei der Energieerzeugung anfallenden Wärme) geplant.
Im Verkehrsbereich hat der Rat folgende Initiativen ergriffen:
Er hat unlängst eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für einen Auftrag über Beratungsdienste zur Unterstützung bei der Erarbeitung und Umsetzung eines Betriebsverkehrsplans eingeleitet. Im Zusammenhang damit wurde die Anzahl der zu seinen Gebäuden gehörenden Pkw-Parkplätze um 10 % verringert, während die für Fahrräder reservierten Abstellmöglichkeiten gleichzeitig erweitert wurden.
Anfrage Nr. 21 von Yasmine Boudjenah (H-0894/02)
Betrifft: Lage in der Westsahara
Am 29. Dezember 1998 nahm der Vorsitz des Rates eine Erklärung zur Lage in der Westsahara an. Seitdem ist die Situation festgefahren, insbesondere wegen der Verzögerungstaktik der marokkanischen Regierung, die die Abhaltung eines Referendums verhindern möchte. Da bisher für den Konflikt keine gerechte Lösung gefunden werde konnte, ist die Stabilität in der gesamten Maghrebregion gefährdet.
Beabsichtigt der Rat ein energischeres Vorgehen, beispielsweise die Annahme einer neuen Erklärung, um den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen, damit ein freies, faires und unparteiisches Referendum über das Selbstbestimmungsrecht des saharaouischen Volkes abgehalten werden kann (im Dezember 1998 hatte sich der Ratsvorsitz bereits dafür eingesetzt)?
Der Rat verfolgt aufmerksam den Meinungsaustausch innerhalb des UN-Sicherheitsrates und unterstützt voll und ganz die Bemühungen des persönlichen Abgesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, James Baker, bei seiner Suche nach einer dauerhaften Lösung unter uneingeschränkter Wahrung der Menschenrechte und der Demokratie. Die UNO hat ihren Willen bekundet, die für die Lösung des Problems erforderlichen Anstrengungen zu verstärken und James Baker hat sich zu diesem Zweck bereits im Januar in die Region begeben.
Die EU vertritt jedoch die Auffassung, dass unverzüglich humanitäre Maßnahmen ergriffen werden sollten, nicht zuletzt auch um so das gegenseitige Vertrauen zwischen den Beteiligten wiederherzustellen. Im Dezember vergangenen Jahres hat die EU die betroffenen Parteien zum wiederholten Male auf die Notwendigkeit verwiesen, unverzüglich alle marokkanischen Kriegsgefangenen freizulassen, die im Camp Tindouf noch immer unter körperlich wie psychisch belastenden Bedingungen festgehalten werden.
Beim gegenwärtigen Stand der Dinge trägt sich der Rat nicht mit der Absicht, eine Erklärung in der von der Frau Abgeordneten vorgeschlagenen Art zu verabschieden.
Anfrage Nr. 22 von Josu Ortuondo Larrea (H-0897/02)
Betrifft: Tagung des Rates "Landwirtschaft und Fischerei" am 16. Dezember 2002 in Brüssel
Vom 16. bis 19. Dezember 2002 fand in Brüssel eine Tagung des Rates „Landwirtschaft und Fischerei“ statt. Drei spanische Autonome Regionen mit legislativen Befugnissen im Bereich der Landwirtschaft und Fischerei, und zwar Andalusien, Galicien und das Baskenland, haben einige Wochen vorher die Ständige Vertretung Spaniens bei der EU lediglich um Zugang zu dem Pressesaal, in dem die Medien direkt über den Verlauf der Verhandlungen zwischen den Vertretern der einzelnen Regierungen informiert werden, und nicht um Teilnahme an dieser Tagung gebeten. Dem Rat dürfte bewusst sein, welche Bedeutung den Beschlüssen, die auf dieser Ministertagung gefasst wurden, gegenwärtig zukommt. Die spanische Regierung hat dieses Ersuchen jedoch abgelehnt.
Der Ratsvorsitz wird daher gebeten mitzuteilen, ob an dieser Tagung im Rahmen der jeweiligen nationalen Delegationen auch Vertreter von Gebietskörperschaften, wie z.B. von Bundesländern, Regionalregierungen, verfassungsmäßig anerkannten Regionen, Regierungen autonomer Regionen usw. teilgenommen haben und, wenn ja, um welchen Mitgliedstaat bzw. welche Mitgliedstaaten es sich dabei handelte. Gibt es noch andere Fälle, in denen solche regionalen Vertreter an Tagungen der EU-Fachräte teilgenommen haben? Hält er es nicht für widersinnig, dass die Autonomen Regionen zwar in der spanischen Verfassung verankert sind, die spanische Zentralregierung jedoch nicht zulässt, dass sie ihre verfassungsmäßigen Kompetenzen im Rahmen des gemeinschaftlichen Entscheidungsprozesses wahrnehmen und aus erster Hand über die sie betreffenden Maßnahmen informiert werden?
Auf der Tagung des Rates „Landwirtschaft und Fischerei“ vom 16. bis 20. Dezember 2002, auf die der Herr Abgeordnete Bezug nimmt, bestand die belgische Delegation aus der für die Landwirtschaft zuständigen Bundesministerin, der Ministerin für Landwirtschaft der flämischen Regierung und dem Minister für Landwirtschaft der wallonischen Region.
Schon wiederholt haben Mitgliedstaaten zu Ratstagungen, auf denen legislative Fragen behandelt wurden, die in diesen Mitgliedstaaten in die Zuständigkeit kollektiver Gebietskörperschaften fallen, in ihre jeweiligen Delegationen die Vertreter dieser Gebietskörperschaften aufgenommen.
Der Herr Abgeordnete sei auch auf Artikel 203 EGV verwiesen, in dem festgelegt ist, dass der Rat aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene besteht, der befugt ist, für die Regierung des Mitgliedstaats verbindlich zu handeln. Dies geht auch deutlich aus Anhang I der Geschäftsordnung des Rates hervor, in der verankert ist, dass es Sache jedes Mitgliedstaats ist, darüber zu entscheiden, auf welche Weise er sich im Rat vertreten lässt.
Anfrage Nr. 24 von Ole Krarup (H-0899/02)
Betrifft: José Maria Sison/Liste mutmaßlicher Terroristen
Professor José Maria Sison ist weder in Holland, auf den Philippinen, in den USA noch anderswo auf der Welt eines Verbrechens angeklagt.
Kann der Rat den Hintergrund der Entscheidung erläutern, ihn auf die Liste mutmaßlicher Terroristen zu setzen?
Anfrage Nr. 25 von Jonas Sjöstedt (H-0900/02)
Betrifft: Philippinische Organisationen und EU-Terroristenliste
Das höchste Gericht der Niederlande, der Raad van State, ist zu der Feststellung gelangt, dass Professor José Maria Sison ein politischer Flüchtling gemäß Artikel 1A der Flüchtlingskonvention ist. Diese Auffassung wird vom Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen und von Amnesty International unterstützt.
Wie kann der Rat – fast mit den Worten von US-Präsident Bush – erklären, José Maria Sison sei ein Terrorist?
Anfrage Nr. 26 von Herman Schmid (H-0903/02)
Betrifft: Philippinische Organisation und Terrorliste der EU
Die Neue Volksarmee der Philippinen muss von der Terrorliste der EU gestrichen werden. Trifft es nicht zu, dass der Rat die umfassende Vereinbarung über die Achtung der Menschenrechte und der internationalen Rechtsvorschriften über die Menschenrechte gebilligt hat, die zwischen der philippinischen Regierung und der Nationalen Demokratischen Front der Philippinen geschlossen wurde?
Anfrage Nr. 27 von Marianne Eriksson (H-0001/03)
Betrifft: Die Neue Volksarmee und die Terror-Liste
Hat der EU-Rat die Erklärung der Nationalen Demokratischen Front der Philippinen berücksichtigt, den Genfer Konventionen und dem Protokoll Nr. 1 beizutreten, die von der Neuen Volksarmee u.a. unterzeichnet und beim Schweizer Bundesrat und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz im Juli 1996 hinterlegt wurden? Wie kann eine Organisation wie die Neue Volksarmee als terroristisch bezeichnet werden, wenn sie den Genfer Konventionen und dem Protokoll Nr. 1 beitritt?
Erlauben Sie mir, die von den Abgeordneten vorgelegten vier Anfragen zu philippinischen Organisationen und zur EU-Terroristenliste gemeinsam zu beantworten.
Der Rat hat keine Aussprache zu einer Vereinbarung über die Achtung der Menschenrechte und der internationalen Rechtsvorschriften über die Menschenrechte geführt, die zwischen der philippinischen Regierung und der Nationalen Demokratischen Front der Philippinen (NDFP) geschlossen wurde. Auch die Erklärung der NDFP, den Genfer Konventionen und dem Protokoll Nr. 1 beizutreten, ist nicht erörtert worden.
Was Jose Maria Sison, den Verantwortlichen für die Neue Volksarmee betrifft, so beruht der Ratsbeschluss vom 28. Oktober 2002, ihn in die EU-Liste aufzunehmen, auf einer genauen und eingehenden Prüfung der verfügbaren Informationen unter vollständiger Beachtung der in Artikel 1 Absatz 4) des Gemeinsamen Standpunktes 2001/931/GASP vom 27. Dezember 2001 festgelegten Kriterien.
Der Rat möchte die Abgeordneten daran erinnern, dass die Voraussetzung dafür, eine Person auf diese Liste zu setzen, nicht darin besteht, dass sie wegen Verbrechen angeklagt wird. Als Kriterien für die Aufnahme auf die Liste gelten streng die in Artikel 1 Absatz 4) des genannten Gemeinsamen Standpunktes festgelegten Kriterien.
Ferner möchte der Rat hier klarstellen, dass Herrn Sison niemals der Status eines politischen Flüchtlings im Sinne des Artikels 1A der UN-Flüchtlingskonvention gewährt wurde. Der Antrag von Herrn Sison auf Gewährung dieses Status in den Niederlanden wurde vor Gericht mit der Begründung abgelehnt, es gäbe schwer wiegende Gründe für den Verdacht, dass Herr Sison auf den Philippinen Verbrechen begangen hat, die in Artikel 1F der Flüchtlingskonvention genannt sind. Dieser Beschluss ist von allen Berufungsgerichten in den Niederlanden bestätigt worden. Dennoch ist Herr Sison, soweit der Rat informiert ist, nicht in die Philippinen ausgewiesen worden, obwohl ihm dieser Status entzogen wurde.
Anfrage Nr. 28 von Lennart Sacrédeus (H-0901/02)
Betrifft: Kopenhagener Kriterien und Okkupation eines künftigen Mitgliedstaats
Seit 1974 hält die Türkei 37% der Republik Zypern besetzt. Kann der Rat angeben, inwieweit er dies mit den Kopenhagener Kriterien in Bezug auf Menschenrechte, Demokratie und Marktwirtschaft für vereinbar hält? Inwieweit kann ein Land wie die Türkei bei fortgesetzter Okkupation eines künftigen Mitgliedstaats wie Zypern Mitgliedschaftsverhandlungen mit der Union einleiten?
Die Europäische Union hat ihren Standpunkt zu Zypern immer wieder bestätigt. Der Rat bittet den Herrn Abgeordneten, die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zu konsultieren, in denen der EU-Standpunkt immer wieder in Erinnerung gerufen wird. Insbesondere unterstreicht der Rat dabei die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates nach seiner Tagung im Dezember des vergangenen Jahres in Kopenhagen, in denen die Türkei aufgefordert wird, ihren Reformprozess energisch voranzutreiben. Natürlich wird die Europäische Union, falls der Europäische Rat im Dezember 2004 auf der Grundlage des Berichts und der Empfehlung der Kommission beschließen wird, dass die Türkei die politischen Kriterien von Kopenhagen erfüllt hat, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ohne Verzug aufnehmen.
Es ist klar, dass die EU von der Türkei eine konstruktive Zusammenarbeit erwartet, um eine Lösung zu erreichen. Im Rahmen der bestehenden Beitrittspartnerschaft wird verlangt, dass die Türkei die Bemühungen der UNO zur Herbeiführung einer umfassenden Regelung rigoros unterstützt. Im vergangenen Jahr legte die UNO einen Plan für eine umfassende Regelung des Zypernproblems vor. Dieser Plan ist die Grundlage der laufenden Verhandlungen zwischen den beiden zyprischen Volksgruppen. Der Rat betont, dass in Kopenhagen entschieden worden ist, Zypern aufgrund des Abschlusses der Beitrittsverhandlungen als neuen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufzunehmen, und der Rat hat in den Absätzen 10 bis 12 der Schlussfolgerungen des Vorsitzes erneut an seine Bereitschaft erinnert, einer Lösung im Einklang mit den Grundsätzen zu dienen, auf denen sich die EU gründet.
Die neue türkische Regierung hat wiederholt erklärt, dass sie den Verhandlungsprozess auf der Grundlage des UNO-Plans unterstützt, obwohl substanzielle und konstruktive Initiativen der türkischen Seite noch ausstehen. Die EU sieht mit Unterstützung der Türkei einem raschen Übereinkommen entgegen, gemäß dem neuen Zeitrahmen der UNO hoffentlich noch im März und rechtzeitig genug, um den Beitrittsvertrag durch ein vereintes Zypern am 16. April 2003 unterzeichnen zu können.
Kann der griechische Ratsvorsitz angesichts der Tatsache, dass der Fremdenverkehr in allen Mitgliedstaaten, insbesondere den benachteiligten Gebieten eine sehr wichtige wirtschaftliche Rolle spielt und in Anbetracht der bevorstehenden Erweiterung der Europäischen Union mitteilen, ob er eine Fremdenverkehrsstrategie für die gegenwärtige und die künftige Europäische Union unterstützen wird?
Dem Herrn Abgeordneten ist sicherlich bekannt, dass nach der Annahme der Entschließung über „Die Zukunft des Tourismus in Europa“ durch den Rat am 21. Mai 2002 der griechische Ratsvorsitz die Absicht hat, weiterhin für gute Fortschritte in Richtung einer gemeinsamen Strategie zur Zukunft des Fremdenverkehrs in Europa zu sorgen. In diesem Rahmen wird er folgende Aspekte hervorheben:
Entwicklung der notwendigen Mechanismen zur Einbindung der Interessen des Tourismus in die Gemeinschaftspolitiken, vor allem in Bezug auf:
das Verkehrswesen,
den Verbraucherschutz und
die Beschäftigung;
Bedeutung des Tourismus in Europa für die Wettbewerbsfähigkeit und das Voranschreiten der europäischen Wirtschaft;
nachhaltige Entwicklung des Tourismus nach der Ausarbeitung und Umsetzung einer „Agenda 21“ für den Tourismus.
Außerdem erkennt der Ratsvorsitz, dass es notwendig ist:
den Dialog zwischen öffentlichem Sektor und der europäischen Tourismusbranche zu führen, und zwar in erster Linie im Rahmen des jährlich stattfindenden Europäischen Tourismusforums;
die Kooperationsnetze zu fördern, vor allem die Netze, die für die interregionale bzw. grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Unterstützung der Gemeinschaft bestimmt sind;
die Anstrengungen zu verstärken, um Menschen mit speziellen Bedürfnissen den Zugang zu touristischen Stätten und Aktivitäten zu erleichtern, vor allem im Hinblick darauf, dass 2003 das internationale Jahr der Behinderten ist.
All diese Aspekte dürften eine gute Grundlage für die Entwicklung der Tourismusbranche in der künftig erweiterten Union sein.
Anfrage Nr. 30 von Liam Hyland (H-0906/02)
Betrifft: Europäischer Aktionsplan für ökologisch erzeugte Nahrungsmittel
Der Rat (Landwirtschaft und Fischerei) sollte auf seiner Tagung in Brüssel im Dezember 2002 ein Arbeitsdokument der Kommission prüfen, in dem die Möglichkeiten für einen europäischen Aktionsplan für ökologisch erzeugte Nahrungsmittel und den ökologischen Landbau analysiert wurden, und dieses Thema politisch diskutieren. Kann der Rat unter dem griechischen Vorsitz Auskunft über das Ergebnis dieser politischen Diskussion geben und erläutern, welche Pläne der Rat hat, um diese Angelegenheit weiter zu verfolgen?
Auf seiner Tagung im Dezember 2002 nahm der Rat „Landwirtschaft und Fischerei“ die von der Kommission eingereichte Vorlage eines Arbeitsdokuments zur Kenntnis, in dem die Möglichkeiten für einen europäischen Aktionsplan (EAP) für ökologisch erzeugte Nahrungsmittel und den ökologischen Landbau analysiert wurden. Der Rat führte eine grundsätzliche Debatte zu diesem Thema, wobei er das Hauptaugenmerk auf die Kernfragen legte, die bei der Analyse im Hinblick auf die Aufschlüsselung möglicher Elemente für den EAP aufgeworfen wurden. Zuvor waren vom Sonderausschuss Landwirtschaft sowie vom Rat selbst auf seiner Tagung im September 2002, als die Kommission den aktuellen Stand in diesem Bereich vorlegte, bereits Fragen zum künftigen EAP untersucht worden.
Der Rat hat den von der Kommission ins Auge gefassten Zeitplan zur Kenntnis genommen, der mit einer eingehenden Konsultation der Mitgliedstaaten und der Interessengruppen auf der Grundlage ihres Arbeitsdokuments und eines zuvor ausgearbeiteten Fragebogens beginnt. Dem schließen sich die Übermittlung von Informationen an den Rat über die Fortschritte der laufenden Arbeiten bis Mitte 2003 sowie die Unterbreitung von Vorschlägen für geeignete Maßnahmen noch vor Ende 2003 an.
Angesichts der von den Delegationen geäußerten breiten Unterstützung für das Projekt des künftigen EAP wird der Rat unter dem griechischen Ratsvorsitz die bei den Arbeiten erzielten Fortschritte sehr genau verfolgen und gegebenenfalls die Einbeziehung von Fachleuten veranlassen. Mit Interesse erwartet er den bis Mitte 2003 von der Kommission vorzulegenden Bericht über den aktuellen Stand.
Anfrage Nr. 31 von Seán Ó Neachtain (H-0908/02)
Betrifft: Politik, die auf Inseln abzielt
Griechenland – mit seinen 227 bewohnten Inseln – wird stark vom „Insel-Phänomen“ geprägt. Beabsichtigt der griechische Ratsvorsitz, während der nächsten sechs Monate eine aktivere Politik, die auf Inseln abzielt, auf EU-Ebene zu betreiben und dabei Irland, das ebenfalls eine Insel-Wirtschaft aufweist, und die vielen anderen Inselregionen in der EU zu berücksichtigen?
Der Rat misst der Zukunft der Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts große Bedeutung bei und wird in der Zeit des griechischen Ratsvorsitzes den von der Kommission vorgelegten Zweiten Zwischenbericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt mit Interesse prüfen. In diesem Rahmen wird der Vorsitz den Dialog über die Zukunft der Kohäsionspolitik nach der Erweiterung und über die Politiken zur Unterstützung von strukturell besonders benachteiligten Gebieten, wie z. B. der Inseln, fördern.
Wir haben nicht die Absicht, in dieser Zeit eine aktivere Inselpolitik an sich zu fördern, diese Frage wird jedoch auf die Tagesordnung des Rates gesetzt, sobald die Kommission ihre Vorschläge für die neue Regionalpolitik ab 2007 vorgelegt haben wird.
Der Rat verfolgt die Arbeit, die von der Kommission auf diesem Gebiet geleistet wird, genau und mit großem Interesse, vor allem deswegen, weil eine Studie über die Inselregionen kurz vor dem Abschluss steht. Diese Studie wird zu der weit reichenden Aussprache beitragen, die der Kommission Hinweise zur Vorbereitung des Dritten Kohäsionsberichts über die Wirtschafts- und Sozialpolitik (Ende 2003) liefern wird. Dieser Bericht wird seinerseits zur Ausarbeitung der neuen Vorschriften beitragen.
Anfrage Nr. 32 von Gerard Collins (H-0002/03)
Betrifft: Ernennung eines Sonderbeauftragten der EU für Nepal im Jahre 2003
In seiner Antwort auf meine vorangegangene Anfrage (H-0808/02(1)) zur Ernennung eines Sonderbeauftragten der EU für Nepal teilte der Rat mit, dass dieses Thema im Rat zwar angesprochen worden sei, dass er sich jedoch noch nicht weiter damit befasst habe. Der Rat wies außerdem darauf hin, dass die Arbeitsgruppe Asien die politische Lage in Nepal am 5. Dezember erörtert und auch ein verstärktes internationales Eingreifen in diesen Konflikt in Erwägung gezogen habe.
Beabsichtigt der Rat unter griechischem Vorsitz, die Möglichkeit der Ernennung eines Sonderbeauftragten der EU für Nepal weiter zu prüfen, dessen Aufgabe es wäre, zwischen der Regierung Nepals und den Maoisten zu vermitteln? Wie steht der Rat zu der Möglichkeit eines verstärkten internationalen Eingreifens in dem Bemühen, eine Lösung für den Konflikt zu finden?
Der Rat ist über die Verschlechterung der Sicherheitslage und die Verletzung der Menschenrechte und der Rechtsvorschriften über die Menschenrechte im Nepal zunehmend besorgt. In ihrer am 18. Dezember 2002 veröffentlichten Erklärung betonte die EU die Notwendigkeit einer durchsetzungsfähigen Reform- und Entwicklungsagenda, worin sich das zwingende Erfordernis manifestiert, Armut, Ausgrenzung und Diskriminierung sowie mangelhaftes Regierungshandeln und Korruption als die Hauptursachen des Konflikts zu bekämpfen. Die Europäische Union ist der Auffassung, dass keine bedeutsame Reform durchgeführt werden kann, wenn in einer Atmosphäre von Straflosigkeit und Furcht keine Rechtsstaatlichkeit herrscht.
In der Erklärung verurteilte die EU zugleich scharf die anhaltenden Unruhen und die weiter um sich greifenden Ausschreitungen und forderte die Maoisten auf, der systematisch geführten Kampagne von Mord, Schikanierung und Zerstörung unverzüglich ein Ende zu setzen.
Die EU ist bereit, einen Beitrag zu den internationalen Bemühungen um die Stabilisierung der Sicherheitslage, zur Entschärfung der Krise, zur Förderung vertrauensbildender Maßnahmen, zur Hilfeleistung beim Erreichen einer friedlichen Regelung des Konflikts und zur Unterstützung einer dauerhaften Lösung zu leisten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt zieht der Rat jedoch die Frage der Ernennung eines Sonderbeauftragten der EU für Nepal nicht in Erwägung.
Betrifft: Standpunkt der EU für die 46. Tagung der UN-Kommission für Suchtstoffe im April 2003
Der Ratsvorsitz hat zweifellos Kenntnis von der von der Kommission am 4. November 2002 vorgelegten Halbzeitbewertung des Drogen-Aktionsplans der EU (2000-2004), in der die Kommission auf den besorgniserregenden, anhaltenden hohen Grad von Drogenmissbrauch und Drogenhandel und auf die Schäden für die Gesellschaft aufgrund von drogenbezogener Kriminalität, Gesundheitsproblemen und gesellschaftlicher Ausgrenzung hingewiesen hat.
Kann der griechische Ratsvorsitz unter Berücksichtigung der in dem Beurteilungsbericht der Kommission enthaltenen Schlussfolgerungen und Vorschläge und unter Berücksichtigung der Standpunkte der Justiz- und Innenminister, die bei ihrem Treffen im vergangenen September in Dänemark auf die Gefahren synthetischer Drogen hingewiesen hatten, darlegen, welche Vorbereitungen er z.Z. trifft, um einen EU-Standpunkt im Hinblick auf die 46. Tagung der UN-Kommission für Suchtstoffe im April 2003 festzulegen?
Die Vorbereitung der 46. Tagung der UN-Kommission für Suchtstoffe in den zuständigen Gremien des Rates in Brüssel und Wien ist, wenn auch noch in einem vorläufigen Stadium, angelaufen. Die Sitzung, die vom 8. bis zum 17. April 2003 stattfinden soll, beinhaltet auch ein Ministertreffen am 16. und 17. April 2003, bei dem die Schwierigkeiten im Rahmen der Verwirklichung der Ziele, die in der von der Generalversammlung auf ihrer zwanzigsten Sondertagung 1998 angenommen politischen Erklärung festgelegt wurden, erörtert werden.
Bei der Formulierung der Erklärung der Präsidentschaft auf der normalen Sitzung und auf dem Ministertreffen werden die in der Mitteilung zur Halbzeitbewertung des Aktionsplans der Europäischen Union zur Drogenbekämpfung enthaltenen Orientierungen in gebührender Form berücksichtigt. In dieser Mitteilung heißt es, dass der von der Herstellung und vom Konsum synthetischer Drogen ausgehenden zunehmenden Gefahr verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.
Zur Beratung auf Ministerebene im Rahmen der 46. Tagung der UN-Kommission für Suchtstoffe sei erwähnt, dass im Entwurf des Vorschlags für die Stellungnahme konkrete Punkte zum Konsum von synthetischen Drogen, zum Handel mit ihnen sowie zu ihren Vorprodukten enthalten sind.
Auf der normalen Sitzung könnten die im Rahmen der Horizontalen Arbeitsgruppe „Drogen“ ergriffenen konkreten Schritte zu einem gemeinsamen Standpunkt der EU zu synthetischen Drogen führen, in dem der Empfehlungsentwurf des griechischen Ratsvorsitzes zu „frühzeitigen Maßnahmen zur Verhinderung der Drogenabhängigkeit, der damit verbundenen Risiken und der Kriminalität unter jungen Drogenkonsumenten“ berücksichtigt wird. Die Empfehlungen basieren auf wissenschaftlichen Daten, die darauf hinweisen, dass der Konsum synthetischer Drogen bedeutende Risiken für die körperliche und geistige Gesundheit in sich birgt. Besonderes Augenmerk wird auf die jungen Menschen gelegt, die schon frühzeitig bestimmte Stoffe konsumieren bzw. mit ihnen experimentieren und die gelegentlich, in der Freizeit bzw. nur unter bestimmten Umständen Drogen konsumieren.
Die griechische Präsidentschaft beabsichtigt, ein spezielles Treffen im Rahmen der EU zum Problem der Erstellung chemischer Profile von Vorprodukten zu organisieren, an dem Fachleute (Gerichtsmediziner) aus den Mitgliedstaaten teilnehmen werden und das am Rande der Tagung der Horizontalen Arbeitsgruppe „Drogen“ (wahrscheinlich im März) stattfinden soll.
Zur praktischen Umsetzung der Ergebnisse der Halbzeitbewertung des Aktionsplan der Europäischen Union zur Drogenbekämpfung (2000-2004) erwägt der griechische Ratsvorsitz in Kooperation mit der Europäischen Kommission konkrete Ziele festzulegen, um die im Zusammenhang mit den synthetischen Drogen geplanten Maßnahmen umzusetzen.
Anfrage Nr. 34 von James (Jim) Fitzsimons (H-0006/03)
Betrifft: Einbeziehung von Gesundheits- und Sicherheitsthemen in die Lehrpläne
Die Kommission hat deutlich gemacht – und ich teile ihre Ansicht -, dass die Entwicklung einer echten vorbeugenden Strategie im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz besonders wichtig ist. Dies beinhaltet die Notwendigkeit, Gesundheits- und Sicherheitsthemen schon von klein auf und in allen Schulen in die Lehrpläne einzubeziehen. Teilt die griechische Präsidentschaft diesen Standpunkt und, wenn ja, wie gedenkt die griechische Präsidentschaft zusammen mit den übrigen Mitgliedstaaten die erwünschte Vorbeugungskultur, insbesondere in Bezug auf die Lehrpläne und das Schulleben, zu fördern?
Der Rat dankt dem Herrn Abgeordneten für seine Anfrage und verweist ihn auf Artikel 149 Absatz 1 EU-Vertrag, in dem es u. a. heißt: „Die Gemeinschaft trägt zur Entwicklung einer qualitativ hochstehenden Bildung dadurch bei, dass sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen erforderlichenfalls unterstützt und ergänzt“.
Der Rat stellte in seiner Entschließung vom 3. Juni 2002 über eine neue Gemeinschaftsstrategie für Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz (2002-2006)(1) fest, dass sich das europäische Sozialmodell auf gute Wirtschaftsleistungen, ein hohes Sozialschutzniveau, einen hohen Bildungs- und Ausbildungsstand und den sozialen Dialog stützt, wozu auch eine Verbesserung der qualitativen Aspekte der Arbeit gehört, insbesondere in Bezug auf Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz. Er hob dabei weiter hervor, dass die Förderung einer Präventionskultur von den ersten Stufen des Bildungswesens an zur Entwicklung einer Präventionskultur und zur Änderung der Verhaltensweisen erforderlich ist. Daher forderte der Rat die Mitgliedstaaten auf, die Schaffung einer wirklichen Präventionskultur unter anderem durch Einbeziehung der grundlegenden Prinzipien der Prävention am Arbeitsplatz in die Ausbildungsprogramme und Weiterbildungsmaßnahmen zu fördern.
In der gleichen Entschließung stellte der Rat ferner fest, dass die Einbeziehung des Aspekts des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz in die anderen Gemeinschaftspolitiken gefördert werden muss und es in diesem Zusammenhang erforderlich sein wird, diese Vorgehensweise mit anderen Politiken, die auf Präventionsmaßnahmen beruhende Schutzziele verfolgen, insbesondere z. B. der Bildungspolitik, zu koordinieren.
Betrifft: Erfordernisse für öffentliche Dienstleistungen
Kann der Rat Angaben machen zum genauen Stand der Fortschritte bei den Verhandlungen im Rat zu dem Vorschlag der Kommission für eine Regulierung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Erfordernisse öffentlicher Dienstleistungen und die Zuteilung von Verträgen für öffentliche Dienstleistungen im Bereich der Personenbeförderung auf Schiene, Straße und Binnenwasserstraßen?
Der Rat setzt den Herrn Abgeordneten davon in Kenntnis, dass der Rat den ursprünglichen Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Anforderungen des öffentlichen Dienstes und der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge für den Personenverkehr auf der Schiene, der Straße und auf Binnenschifffahrtswegen während der schwedischen Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2001 eingehend geprüft hat. Die Prüfung wurde nach Vorlage des geänderten Kommissionsvorschlags unter spanischem Ratsvorsitz im ersten Halbjahr 2002 fortgesetzt. Diese Arbeiten konnten jedoch noch nicht abgeschlossen werden.
Was die künftige Behandlung dieses Vorschlags betrifft, so unterstreicht der Rat, dass, sobald die Prüfung der vorgeschlagenen Verordnung fortgesetzt wird, eine Reihe zentraler Fragen, in denen die Meinungen der Delegationen noch voneinander abweichen, angegangen werden muss.
Anfrage Nr. 36 von Ioannis Marinos (H-0013/03)
Betrifft: Gefälschte Euro-Banknoten
Griechischen Presseveröffentlichungen zufolge wurden in allen Handelsunternehmen Griechenlands, großen wie kleinen, insbesondere in den vergangenen fünf Monaten gefälschte Banknoten vor allem im Wert von 10, 20, 50 und 100 Euro festgestellt. Kürzlich wurde bekannt, dass sogar gefälschte 5-Euro-Noten im Umlauf sind. Allein im Dezember 2002 wurden in Griechenland 2 000 gefälschte Banknoten beschlagnahmt, d. h. halb soviel wie im gesamten letzten Jahr. Die griechischen Unternehmen sind gezwungen, einen speziellen Stift, mit dem die Echtheit der Banknoten überprüft werden kann, oder andere Banknotenprüfgeräte anzuschaffen, was mit zusätzlichen Kosten einhergeht. Aber auch diese Mittel sind nicht immer sicher, denn die Geräte erkennen beispielsweise sehr abgegriffene Banknoten nicht als echt, so dass die jeweiligen Kunden oft zu Unrecht Schwierigkeiten bekommen. Dazu ist anzumerken, dass in Griechenland Kunden, die mit gefälschten Banknoten bezahlen, sofort der Polizei übergeben werden und dass dann ein Schnellverfahren gegen sie eingeleitet wird, auch wenn der Kunde in Unwissenheit gehandelt hat.
Welche Sofortmaßnahmen wird der Rat gemeinsam mit der EZB ergreifen, um dieses Problem, hinter dem organisierte Fälscher innerhalb und außerhalb der Europäischen Union stecken, ein für allemal zu lösen?
Zunächst sollte daran erinnert werden, dass es gemäß den Zuständigkeiten, die im Vertrag, hierbei insbesondere in Artikel 106 und in Artikel 16 der Satzung des ESZB und der EZB festgelegt sind, nicht Aufgabe des Rates, sondern der EZB ist, die Gestaltungsmerkmale, einschließlich der zur Fälschungssicherheit erforderlichen Merkmale, der von der EZB und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten festzulegen.
Darüber hinaus sollte betont werden, dass nach dem kürzlich vorgelegten Bericht der Kommission über die praktischen Erfahrungen ein Jahr nach der Einführung der Euro-Banknoten und -Münzen (Dok. KOM(2002) 747 endg.) die Fälschung von Euro-Banknoten und -Münzen seit ihrer Einführung am 1.1.2002 in erheblich kleinerem Umfang stattgefunden hat, als es zuvor bei Banknoten und Münzen in Landeswährung der Fall war. Nach den einschlägigen Statistiken der EZB wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres 2002 nur 22 000 gefälschte Euro-Banknoten entdeckt, was etwa nur 7 % der im selben Vorjahreszeitraum entdeckten Fälschungen in Landeswährung entspricht.
Diese Zahl der 22 000 entdeckten gefälschten Euro-Banknoten (von denen 65 % 50-Euro-Scheine waren) muss zudem im Verhältnis zur Gesamtzahl der 59 Millionen in Umlauf befindlichen Euro-Scheine gesehen werden.
Wie in dem genannten Bericht der Kommission bestätigt wird, ist dieser offenbar zufrieden stellende Umstand das Ergebnis hoch entwickelter Sicherheitsmerkmale, welche die Euroscheine und -münzen vor Fälschung schützen.
Aus diesem Grund haben sich die derzeit von der EZB vorgesehenen Merkmale zur Fälschungssicherheit von Euro-Banknoten offenbar als zufrieden stellend erwiesen.
Anfrage Nr. 37 von Marco Cappato (H-0022/03)
Betrifft: Verstoß gegen Grundrechte und -freiheiten von ägyptischen Bürgern auf Grund ihrer sexuellen Orientierung
Angaben von AFP zufolge nahm die ägyptische Polizei am 9. Januar 2003 einen 30jährigen Mann fest, nachdem sie mit ihm über eine Internetsite, die dieser zur Suche nach potentiellen Partnern eingerichtet hatte, in Kontakt getreten war. Verdeckte Ermittler der Polizei stellten sich dem Mann gegenüber in einem Internet-Chat als mögliche homosexuelle Sexualpartner dar und vereinbarten ein Treffen, wo dieser dann festgenommen wurde. Am 22. Dezember 2002 wurde ein weiterer ägyptischer Bürger, ein homosexueller Zahnarzt, der eine ähnliche Website eingerichtet hatte, auf die gleiche Weise festgenommen. Am 25. Januar sollen die Ägypter, die im Mai 2001 auf einem Fest auf einem Nildampfer verhaftet und homosexueller Handlungen angeklagt worden waren, im Berufungsverfahren erneut vernommen werden. Welche Initiativen hat der Rat angesichts der wiederholten und schwerwiegenden Verstöße gegen grundlegende Bürgerrechte aus Gründen der sexuellen Orientierung in Ägypten ergriffen bzw. wird er ergreifen? Hat der Rat die Besorgnis der EU angesichts der neuen Festnahmen durch die ägyptischen Behörden zum Ausdruck gebracht? Verfolgt der Rat die Anhörungen im Verfahren um die Vorgänge auf dem Dampfer „Queen“?
Der Rat hat die Queen Boat-Affäre und insbesondere die Revision der gegen fünfzig Personen diesbezüglich eingeleiteten Verfahren aufmerksam verfolgt und wird dies auch weiterhin tun.
Die EU ist der Auffassung, dass durch die Unterzeichnung des Assoziationsabkommens mit Ägypten den Beziehungen zu diesem Land eine neue Dimension verliehen wurde, die insbesondere einen Dialog zum Thema der Menschenrechte und Grundfreiheiten möglich macht. Vor diesem Hintergrund haben die Missionsleiter vor Ort in „Troika“-Zusammensetzung“ einen Dialog mit den ägyptischen Behörden aufgenommen und dabei insbesondere ihre Besorgnis angesichts der mit homosexuellen Neigungen in Verbindung stehenden Verfahren bekundet, wobei unterstrichen wurde, dass durch diese Verfahren allgemeine und international anerkannte Wertvorstellungen in Frage gestellt werden. Die ägyptische Seite machte ihrerseits deutlich, dass Homosexualität in Ägypten gesetzlich nicht verboten sei und dass die Verhaftungen im Queen Boat-Fall wegen öffentlicher Prostitution und Provokation, unter Einbeziehung des Internets, erfolgt seien.
Der Rat wird diese Angelegenheit weiterhin aufmerksam verfolgen und die der Europäischen Union zugrunde liegenden Werte und Grundsätze verteidigen.
Anfrage Nr. 38 von Arlene McCarthy (H-0025/03)
Betrifft: justizielle Zusammenarbeit auf der Ebene der EU bei Scheidungen und in Fragen der elterlichen Verantwortung
Kann sich der Rat dazu äußern, welche Fortschritte inzwischen beim Rat in Bezug auf den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung erzielt worden sind?
Teilt der amtierende Ratsvorsitz die Auffassung, dass diese Verordnung nur dann Wirkung zeigen kann, wenn sich die Mitgliedstaaten zu ihren Durchführung verpflichten?
Der Rat möchte die Frau Abgeordnete darüber informieren, dass der von der Kommission am 6. Mai 2002 vorgelegte Vorschlag über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 in Bezug auf Unterhaltssachen einer eingehenden Prüfung unterzogen wird.
Dieser Vorschlag wurde nach eingehender Erörterung sowohl der von Frankreich am 3. Juli 2000 vorgelegten Initiative zur Abschaffung des Exequaturverfahrens für den das Umgangsrecht betreffenden Teil der von der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 abgedeckten Entscheidungen über die elterliche Verantwortung, als auch des am 7. September 2001 unterbreiteten ersten Vorschlags der Kommission vorgelegt.
Bei seiner Tagung am 28. und 29. November 2002 erzielte der Rat Einigung über einen der umstrittensten Punkte dieses Vorschlags, und zwar die Kindesentführung. In dieser Einigung, die in einer allgemeinen Orientierung niedergelegt wurde, werden die Voraussetzungen beschrieben, unter denen die Gerichte im Mitgliedstaat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes bei widerrechtlichem Verbringen oder Zurückhalten des Kindes ihre Zuständigkeit behalten, sowie auch die Voraussetzungen, die im Falle einer Entscheidung über die Nichtrückgabe des Kindes durch ein Gerichts des Mitgliedstaates, in dem sich das Kind infolge eines widerrechtlichen Verbringens oder Zurückhaltens aufhält, erfüllt sein müssen.
Zu diesem Zweck wurde ein spezifisches Kooperationsverfahren zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten insbesondere für den Fall vorgesehen, dass ein Gericht des Mitgliedstaats, in dem sich das Kind infolge eines widerrechtlichen Verbringens oder Zurückhaltens aufhält, eine Entscheidung über die Nichtrückgabe des Kindes gefällt hat.
Bezüglich der Verfahren über die Rückgabe eines widerrechtlich verbrachten oder zurückgehaltenen Kindes wird darüber hinaus auf das Haager Übereinkommen von 1980 verwiesen, und es wurden spezifische Vorkehrungen getroffen, um die Wirksamkeit des genannten Übereinkommens auf Gemeinschaftsebene zu erhöhen.
Dem Vorschlag zufolge ist die spätere Entscheidung eines Gerichts im Mitgliedstaat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes in einem anderen Mitgliedstaat anzuerkennen und zu vollstrecken, ohne dass hierfür ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung zu stellen ist bzw. ohne dass die Anerkennung einer im Ursprungsmitgliedstaat bescheinigten Entscheidung versagt werden kann.
Der Rat erwartet, dass im Laufe des Jahres 2003 grundlegende Fortschritte erzielt werden, so dass diese Verordnung noch im laufenden Jahr angenommen werden kann.
Der griechische Vorsitz hat innerhalb des zuständigen Ratsausschusses die Erörterung des Anwendungsbereichs und der Definitionen der Verordnung sowie der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten eingeleitet und beabsichtigt, noch im Verlauf seiner Amtszeit eine politische Einigung über den gesamten Vorschlag zu erzielen.
Anfrage Nr. 39 von John Joseph McCartin (H-0032/03)
Betrifft: Griechisch-katholische Kirche
Ist der amtierenden Vorsitz über die religiöse Diskriminierung der griechisch-katholischen Kirche in Rumänien informiert? Ist ihm bekannt, dass die rumänische Regierung weder das Eigentum noch das Recht auf Glaubensausübung dieser Kirche schützt?
Der Rat misst der Einhaltung der Menschenrechte einschließlich der Religionsfreiheit durch die Beitrittsländer allergrößte Bedeutung bei. In Bezug auf Rumänien stellt der Rat fest, dass der im Oktober 2002 vorgelegte Regelmäßige Bericht 2002 der Kommission über die Forschritte Rumäniens auf dem Weg zum Beitritt zu dem Ergebnis kam, dass im Allgemeinen Rumänien die politischen Kriterien von Kopenhagen weiterhin erfüllt und seit 1997 bei der Konsolidierung und Stabilisierung seiner Institutionen, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz der Minderheiten gewährleisten, Fortschritte erzielt hat. Der Europäische Rat von Brüssel vom 24. und 25. Oktober 2002 schloss sich diesen Feststellungen an.
In Bezug auf die konkrete Frage des Herrn Abgeordneten heißt es in dem regelmäßigen Bericht, dass die Religionsfreiheit durch die Verfassung garantiert und in der Praxis eingehalten wird. Eine Sonderfrage bildet jedoch das Eigentum von Kirchen. In dieser Hinsicht heißt es daher im Bericht: „Im Juli 2002 nahm das Parlament Rechtsvorschriften an, mit denen der Prozess der Rückgabe des beschlagnahmten Eigentums der Kirchen geklärt wurde. Mit diesen Vorschriften wird der Geltungsbereich des früheren Gesetzes in mehreren wichtigen Punkten erweitert. Allerdings fällt nur Kircheneigentum darunter, für die Rückgabe der Kirchen als solche gibt es gegenwärtig keinen rechtlichen Rahmen. Dies ist ein besonders wichtiges Anliegen für die griechisch-orthodoxe Kirche, die durch Enteignung unter kommunistischer Herrschaft zahlreiche Immobilien verloren hat, aber noch immer über keinerlei Rechtsbehelf verfügt. Die Regierung hat zugesagt, eine spezielle Rechtsvorschrift zu dieser Frage vorzulegen, aufgrund von Verzögerungen bei der Vorbereitung eines derartigen Gesetzes gibt es indessen keine nennenswerten Fortschritte“.
Der Vorsitz kann dem Herrn Abgeordneten versichern, dass die Union die Lage in Rumänien im Rahmen der Heranführungsstrategie weiterhin überwachen und den Sachverhalt erforderlichenfalls mit der rumänischen Seite erörtern wird, insbesondere im Rahmen der durch das Europaabkommen geschaffenen Organe wie Assoziationsrat und Assoziationsausschuss.
Anfrage Nr. 41 von Richard Howitt (H-0041/03)
Betrifft: Teilnahme der Entwicklungsminister am Rat Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen
Als sich die Entwicklungsminister im Rat Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen am 10. Dezember trafen, gab es Verwirrung darüber, wann die nationalen Entwicklungsminister anwesend sein sollten, um an der Diskussion teilzunehmen.
Kann der amtierende Präsident für die Tagungen am 18. März und am 19. Mai bestätigen, welche Punkte voraussichtlich als Entwicklungsfragen behandelt werden; kann er darüber hinaus bestätigen, welche Vorkehrungen getroffen werden, damit den Entwicklungsministern klar ist, wann sie anwesend sein sollen, und festlegen, welche Kriterien Anwendung finden werden, um zu beschließen, welche Punkte im Rahmen der Entwicklungsagenda behandelt werden?
Die im Juni 2002 vom Europäischen Rat in Sevilla gefassten Beschlüsse trugen dem Erfordernis Rechnung, dass die EU ihre Entscheidungsstrukturen im Hinblick auf die bevorstehende Erweiterung anpasst. Die Staats- und Regierungschefs beschlossen, die Zahl der Fachräte zu verringern und alle Angelegenheiten, die das außenpolitische Handeln der Union betreffen, in den neuen Rat „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ einzubeziehen. Diese Entscheidung soll dem Ziel einer besseren Kohärenz zwischen den Komponenten der EU-Außenpolitiken Rechnung tragen und gleichzeitig die Gefahr verhindern, dass Politikbereiche wie die Entwicklungszusammenarbeit aufgespalten werden.
Die Einbeziehung der Entwicklungsfragen in dieses erweiterte politische Forum sollte als ein Vorteil für die Entwicklungspolitik angesehen werden. Durch die Einbeziehung der Entwicklungsfragen in diese neue Struktur unterstreicht der Rat die wichtige Rolle, die Entwicklungsfragen als Teil der externen Politik der EU spielen. Der Rat „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ stellt auch einen wichtigen Versuch dar, die EU dahingehend zu stärken, dass sie auf Entwicklungserfordernisse geschlossener reagieren kann.
Der griechische Ratsvorsitz misst der vollständigen Umsetzung der Beschlüsse von Sevilla große Bedeutung bei und setzt die bereits nach Sevilla begonnenen Maßnahmen fort, das heißt die Konzentration der die Entwicklungszusammenarbeit betreffenden Themen auf ein oder zwei Tagungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“. Er hat eine Orientierungsaussprache vorgesehen, um Mittel und Wege zu finden, wie die Effizienz des externen Handelns der EU weiter verbessert werden kann. Für die Tagung vom 19. und 20. Mai 2003 sind unter anderem Entwicklungsfragen wie die Aufhebung der Bindung der Hilfe als Mittel zur Verbesserung der Wirksamkeit der Hilfe, die Einbeziehung von Migrationsfragen in die Beziehungen der EU mit Drittstaaten und die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure an der EG-Entwicklungspolitik zur Beratung vorgesehen.
Der Vorsitz, der für die Organisation der Arbeit des Rates verantwortlich ist, wird die erforderlichen praktischen Schritte unternehmen, um den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, unter den besten und geeignetsten Bedingungen über die Zusammensetzung ihrer Delegation zu entscheiden, einschließlich der Möglichkeit, Entwicklungsminister zu diesem Zweck zur Teilnahme an diesen Beratungen einzuladen, und gemäß Artikel 3 der Geschäftsordnung des Rates wird die vorläufige Tagesordnung für die Tagungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ spätestens vierzehn Tage vor den Tagungen vom Vorsitz aufgestellt.
Die Prioritäten des Vorsitzes sind dem Europäischen Parlament und dem Rat in all ihren Aspekten, darunter dem entwicklungspolitischen Aspekt, bekannt.
Anfrage Nr. 42 von Bill Miller (H-0042/03)
Betrifft: Anschuldigungen wegen Vergewaltigung in Griechenland
Vertritt der Rat die Auffassung, dass EU-Bürger in einem anderen EU-Mitgliedstaat ein faires Gerichtsverfahren bekommen können, wenn dem oder der Angeklagten die das Verfahren betreffenden Unterlagen nicht in seiner bzw. ihrer Muttersprache zur Verfügung gestellt werden?
Der Rat hat bei allen seinen Maßnahmen sicherzustellen, dass diese mit den internationalen Menschenrechtsnormen, einschließlich der Standards über faire Verfahren, in Einklang stehen. In mehreren Rechtsakten bezüglich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen hat der Rat unlängst sichergestellt, dass die Verfahrensunterlagen in einer dem Adressaten verständlichen Sprache abgefasst oder in diese übersetzt werden.
Es ist allerdings nicht Sache des Rates, über den Ablauf einzelner Verfahren in den Mitgliedstaaten zu befinden.
Anfrage Nr. 43 von Proinsias De Rossa (H-0043/03)
Betrifft: Verordnung zur Aussetzung der Eingangsabgaben für Rüstungsgüter
Warum wurde die Verordnung zur Aussetzung der Eingangsabgaben für Rüstungsgüter, die von der Europäischen Kommission im Jahr 1988 vorgeschlagen worden war(1), bei der Erörterung auf der Ebene des Rates auf der Tagung des Rates der Wirtschafts- und Finanzminister am 21. Januar ohne Aussprache angenommen? Welche Elemente des ursprünglichen Vorschlags sind abgeändert worden, und warum?
Die Verordnung zur Aussetzung von Einfuhrabgaben auf bestimmte Waffen und militärische Ausrüstung wurde vom Rat am 21. Januar 2003 formell angenommen, nachdem im Dezember eine politische Einigung im Ausschuss der Ständigen Vertreter erzielt worden war. Wie der Herr Abgeordnete feststellt, wurde der Vorschlag der Kommission bereits 1988 vorgelegt, doch wurden erst in der zweiten Hälfte des letzten Jahres unter dänischem Vorsitz Anstrengungen unternommen, um dieses Vorhaben zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.
Hinsichtlich der Elemente, die gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag abgeändert wurden, sei der Herr Abgeordnete insbesondere auf den Umfang der von der Verordnung abgedeckten Waren verwiesen. Im Vorschlag von 1988 war vorgesehen, diejenigen Waren von Abgaben zu befreien, die in einer Liste mit 8-stelligen KN-Codes erfasst sind.
Diese Liste wurde in eine Liste mit 4-stelligen KN-Codes umgewandelt, und gleichzeitig wurde klar dargelegt, durch welche einzelstaatliche Behörde diese Waren eingeführt werden müssten und dass sie von den Streitkräften eines Mitgliedstaates oder in deren Auftrag zu verwenden seien. Alle diese Änderungen sind zu dem Zweck eingeführt worden, den Umfang der Waren und die Bedingungen, unter denen sie unter die Verordnung fallen würden, so weit wie möglich zu präzisieren.
Anfrage Nr. 44 von Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (H-0053/03)
Betrifft: Prozess von Barcelona
Zu den Prioritäten des griechischen Ratsvorsitzes gehört auch die Förderung der Partnerschaft Europa-Mittelmeer. Welche konkreten Maßnahmen wird der Rat zur Vertiefung und Förderung dieses Prozesses ergreifen?
Wird er Initiativen in Bezug auf den neu geschaffenen Investitionsmechanismus Europa-Mittelmeer einleiten? Wie wird er diesen Mechanismus, der eine geeignete Struktur für die Stärkung der Investitionstätigkeit im Mittelmeerraum darstellt, stärken?
Die Umsetzung des ersten Regionalprogramms zur Beteiligung von Frauen am wirtschaftlichen und sozialen Leben und an der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, das vom belgischen Ratsvorsitz 2001 beschlossen worden war, weist erhebliche Verzögerungen auf. Wird der Rat in dieser Beziehung konkrete Initiativen ergreifen?
1. Die Partnerschaft Europa-Mittelmeer hat sich als flexibel erwiesen und es ihren Teilnehmern ermöglicht, in einen offenen Dialog über alle Fragen von gemeinsamem Interesse einzutreten. Der griechische Vorsitz hat seine Absicht geäußert, der Umsetzung des Aktionsplans von Valencia besondere Priorität einzuräumen. Dieser Plan wurde auf der am 22. und 23. April 2002 in Valencia abgehaltenen Europa-Mittelmeer-Konferenz der Außenminister angenommen, auf der ein erneutes gegenseitiges Engagement mit dem Ziel der Vertiefung der Partnerschaft Europa-Mittelmeer eingegangen wurde. Der auf der Konferenz angenommene Aktionsplan gab dem Prozess wichtige politische Impulse und war darauf ausgerichtet, durch eine Stärkung der gemeinsamen Verantwortung für die Partnerschaft einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der Zielvorgaben der Erklärung von Barcelona zu leisten. Hinsichtlich des Dialogs der Kulturen wurde ein Aktionsprogramm verabschiedet und der Grundsatz der Einrichtung einer Europa-Mittelmeer-Stiftung vereinbart. Darüber hinaus werden das in Valencia verabschiedete regionale Programm der Zusammenarbeit im Bereich der Justiz und bei der Bekämpfung von Drogen, des organisierten Verbrechens und des Terrorismus sowie die Zusammenarbeit in Fragen betreffend Migration und Freizügigkeit im Laufe dieses Jahres umgesetzt.
2. Was die finanzielle Unterstützung betrifft, so wurde die neue Investitions- und Partnerschaftsfazilität Europa-Mittelmeer (FEMIP), die in der EIB zur Förderung von Infrastruktur- und Privatinvestitionen eingerichtet wurde, am 18. Oktober 2002 in Barcelona ins Leben gerufen und ist bereits im Einsatz. Ein Jahr nach Schaffung der Fazilität wird die Einrichtung einer auf die Bedürfnisse der Mittelmeerpartnerländern abgestellten Tochterbank im Mehrheitsbesitz der EIB geprüft.
3. Während des griechischen Ratsvorsitzes wird eine Europa-Mittelmeer-Zwischenkonferenz der Außenminister, die am 26.und 27. Mai 2003 auf Kreta abgehalten wird, Gelegenheit bieten, über die bei der Umsetzung des Aktionsplans von Valencia erzielten Fortschritte Bilanz zu ziehen und im Vorfeld der Bewertung, die im Dezember 2003 auf der Ministertagung in Neapel vorgenommen werden soll, den Arbeiten im Rahmen der Partnerschaft neue Impulse zu verleihen. Diese Konferenz, an der auch die acht noch nicht in den Barcelona-Prozess eingebundenen Beitrittsstaaten teilnehmen werden, wird Gelegenheit zu politischen Beratungen darüber bieten, wie die Europa-Mittelmeer-Partnerschaft nach der Erweiterung gestärkt werden kann. Die 3. Ministerkonferenz zu Energiefragen, die am 20. und 21. Mai in Athen stattfindet, wird den Rahmen für einen neuen Europa-Mittelmeer-Aktionsplan über Energiefragen vorgeben. Darüber hinaus wird die griechische Präsidentschaft auf die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer hinwirken.
4. Auf bilateraler Ebene hat es in den Beziehungen der Mittelmeerpartner zur EU beachtliche Fortschritte gegeben. Während des griechischen Ratsvorsitzes 2003 wird das Interimsabkommen zwischen der Gemeinschaft und Libanon am 1. März in Kraft treten. Es werden zwei Verhandlungsrunden mit Syrien durchgeführt. Am 24. Februar tagte der Assoziationsrat mit Marokko, und für Juni sind eine Ministertagung mit Ägypten sowie ein Troikatreffen mit Algerien vorgesehen. Dies sind bedeutende Entwicklungen für die Erfüllung der Zielvorgaben der Erklärung von Barcelona sowie für die Stärkung der Süd-Süd-Zusammenarbeit im Mittelmeerraum.
5. Was die verbesserten Chancen für Frauen im Wirtschaftsleben betrifft, so gehört das entsprechende Programm zu der Liste von Programmen, die im Zeitraum 2002-2004 im Zuge der regionalen Zusammenarbeit im Rahmen von MEDA anlaufen. Nach Informationen des Amtes für Zusammenarbeit EuropeAid wird das regionale Programm, das sich auf den Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt sowie die Förderung der Rolle von Frauen in der Geschäftswelt konzentriert, im Jahr 2004 anlaufen. Die Kommission hat angekündigt, dass die erforderlichen Verfahren für die Auswahl der für das Programm verantwortlichen Berater im ersten Halbjahr 2003 abgeschlossen werden.
Anfrage Nr. 45 von John Walls Cushnahan (H-0057/03)
Betrifft: Nachgemachte Waren aus Beitrittsländern
Vor Kurzem wurde berichtet, dass die Kommission neue Rechtsvorschriften vorgeschlagen hat, um gegen die zunehmende illegale Einfuhr von gefälschten Waren in die EU vorzugehen. Der Gesundheit und der Sicherheit der europäischen Bürger drohen insbesondere auf Grund der Nachahmung von Erzeugnissen in der Medizin, von Autoersatzteilen und Kosmetika Gefahren. Es ist allgemein bekannt, dass diese gefälschten Erzeugnisse in erster Linie aus Osteuropa und auch aus einigen der Beitrittsländer stammen. Welche Maßnahmen gedenkt der Rat zu ergreifen, um gegen potenziell gefährliche gefälschte Erzeugnisse aus den Beitrittsstaaten vorzugehen, und welche Maßnahmen werden gegen Beitrittsländer ergriffen werden, die nicht die notwendigen Maßnahmen in Kraft setzen?
Der Rat weist darauf hin, dass der Schutz des geistigen, gewerblichen und kommerziellen Eigentums gegenüber den EU-Beitrittsländern im Zusammenhang mit den Einrichtungen, die durch die mit den Beitrittsländern abgeschlossenen Europaabkommen geschaffen wurden, sowie auf der Grundlage der in diesen Abkommen vorgesehenen Rechtsvorschriften bereits im Heranführungszeitraum regelmäßig angesprochen worden ist.
Mit ihrer Mitgliedschaft in der EU übernehmen die beitretenden Länder alle Verpflichtungen aus den Verträgen. Wie vom Europäischen Rat in Kopenhagen unterstrichen worden ist, erhalten dadurch, dass die Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen bis zum Beitritt überwacht wird, die beitretenden Staaten weitere Orientierungshilfen bei ihren Anstrengungen zur Übernahme der mit der Mitgliedschaft einhergehenden Verantwortlichkeiten und werden den derzeitigen Mitgliedstaaten die erforderlichen Garantien gegeben. Der Rat wird die Entwicklungen auf diesem Gebiet auch weiterhin genau beobachten, insbesondere auf der Grundlage der Berichte über die Ergebnisse der Überwachung, die die Kommission vorlegen wird.
Sollte ein neuer Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, beispielsweise bei der Bekämpfung von Fälschungen oder Nachahmungen, würden die im EG-Vertrag vorgesehenen Vertragsverletzungsverfahren zur Anwendung kommen. Um zusätzlich schnell auf unvorhergesehene Entwicklungen in den ersten Jahren nach dem Beitritt reagieren zu können, finden sich im Vertrag und in der jeweiligen Akte über den Beitritt entsprechende Schutzklauseln mit schnellen und effektiven Maßnahmen zur Bewältigung derartiger Entwicklungen. Zwei spezifische Schutzklauseln beziehen sich auf das Funktionieren des Binnenmarktes - einschließlich sämtlicher sektorbezogener Politiken, die Wirtschaftsaktivitäten mit grenzüberschreitendem Bezug betreffen - bzw. den Bereich Justiz und Inneres.
Diese Schutzklauseln werden es der Union erlauben, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, sollte ein neuer Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen nicht nachkommen. Sie haben zudem das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und des Bereiches Justiz und Inneres zum Ziel, was im Interesse aller derzeitigen und künftigen Mitgliedstaaten liegt. Tatsächlich handelt es sich hier um Bereiche, die die Bürger der EU betreffen, da es um Themen wie die Lebensmittelsicherheit, die Sicherheit von Arzneimitteln und den Menschenhandel geht.
Anfrage Nr. 46 von Efstratios Korakas (H-0060/03)
Betrifft: Auftakt des Jahres der Behinderten mit massiver Präsenz schwerbewaffneter Sicherheitskräfte
Der Ausschuss zur Koordinierung von Behinderteninitiativen veranstaltete am Sonntag, dem 26. Januar, einen Protestmarsch gegen die Sozialpolitik der griechischen Regierung und der EU, auf dem er eine einheitliche, öffentliche, kostenlose und qualitativ hochwertige Gesundheits- und Sozialfürsorge, umfassenden Versicherungsschutz, öffentliche Strukturen zur Unterstützung von Schwerbehinderten, Arbeit für alle arbeitsfähigen Behinderten sowie öffentliche, auf die besonderen Bedürfnisse dieser Personengruppe zugeschnittene Bildungsangebote forderte. Der Route des Protestmarsches sollte an dem Gebäude vorbeiführen, in dem zur selben Zeit eine offizielle Veranstaltung des griechischen Ratsvorsitzes zum Auftakt des Jahres der Behinderten stattfand. Der Protestmarsch konnte nicht den vorgesehenen Verlauf nehmen, da die Teilnehmer von einem massiven Aufgebot schwerbewaffneter Sicherheitskräfte, die im Auftrag der griechischen Regierung tätig wurden, daran gehindert wurden.
Wird der Rat Maßnahmen ergreifen, um die Forderungen der Behinderten zu erfüllen? Gehört dieses Vorgehen, d. h. das unangebrachte Auftreten von zahlenmäßig überlegenen Polizeikräften gegenüber behinderten Demonstranten sowie die Tatsache, dass der vollkommen friedliche Protestmarsch nicht fortgesetzt werden konnte, zu den allgemeinen Vorgaben, wie im Falle von Demonstrationen zu verfahren ist, insbesondere während des Ratsvorsitzes eines Landes?
Der Rat möchte den Herrn Abgeordneten daran erinnern, dass gemäß dem EG-Vertrag die einzelnen Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in ihrem Hoheitsgebiet zuständig sind.
Aus diesem Grunde ist es nicht Sache des Rates, auf die Anfrage des Herrn Abgeordneten zu antworten. Er möchte ihm jedoch versichern, dass das Vorgehen gegen die genannten Demonstrationen nicht Teil irgendeiner von ihm vermuteten Strategie ist.
Der Rat möchte in diesem Zusammenhang hervorheben, dass der Ratsbeschluss zur Erklärung des Jahres 2003 zum „Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen“ mit dem Ziel angenommen wurde, die Anwendung der Grundsätze der Nichtdiskriminierung und die Integration von Behinderten zu befördern. Der Rat ist der Auffassung, dass das Europäische Jahr als Katalysator wirken kann, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und das Verständnis der Gesellschaft für die Rechte, die Bedürfnisse und das Potenzial von Menschen mit Behinderungen zu verbessern.
Anfrage Nr. 47 von Camilo Nogueira Román (H-0061/03)
Betrifft: Konflikt zwischen der Kommission und dem Rat im Hinblick auf die politischen und legislativen Vorkehrungen im Bereich der Seebeförderung von Erdölprodukten und gefährlichen Erzeugnissen
Die Kommission will die „Erika“-Rechtsvorschriften zur Anwendung bringen und dabei sogar wieder auf die ursprünglichen Texte zurückgreifen, mit denen striktere Normen festgelegt wurden, um die Sicherheit in den Gemeinschaftsgewässern zu gewährleisten. Die Kommission will die von Parlament und Rat bereits verabschiedeten Rechtsvorschriften verschärfen, und im Kollegium der Kommissionsmitglieder gibt es sogar Stimmen, die eine spezifische Gesetzgebung der EU nach dem Vorbild der Gesetze fordern, die von den Vereinigten Staaten im Anschluss an die Katastrophe der Exxon Valdez in Alaska im Jahre 1989 erlassen wurden. Der Rat dagegen lehnt – wie die Vereinbarungen des Rates der Verkehrsminister zeigen, an dem auch der spanische Regierungschef José María Aznar teilnahm – diese Positionen ab und will, dass sich die europäischen Rechtsvorschriften weiterhin im Rahmen der IMO bewegen, wo bestimmte Länder mit Interessen auf dem Gebiet der Seeschifffahrt ein günstigeres Terrain vorfinden, um den gegenwärtigen Status quo zu verteidigen, der die Vorherrschaft der Erdölgesellschaften und des unübersichtlichen Konglomerats aus mafiaähnlich aufgebauten Gruppen im internationalen Transportgewerbe gestattet. Gesteht der Rat ein, dass es widersprüchliche Positionen zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission gibt, die die Anwendung strikter und wirksamer Rechtsvorschriften zur Gewährleistung der Sicherheit der Seeschifffahrt verzögern, die auf Grund der Katastrophe der Prestige vor den Küsten Galiciens zu einer besonders dringlichen Frage geworden ist? Welche Initiativen wird der Rat ergreifen, um diesen politischen Konflikt zu beheben?
Der Rat möchte den Herrn Abgeordneten darauf hinweisen, dass er bereits auf der Plenartagung im Dezember 2002 in Straßburg sowie während der dabei abgehaltenen aktuellen Fragestunde die Gelegenheit hatte, einen umfassenden Überblick über seine Position in Bezug auf die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Seeweg zu geben und seine diesbezüglichen Absichten darzulegen. Er kann deshalb nur erneut auf die entsprechenden Schlussfolgerungen des Vorsitzes auf der Tagung des Europäischen Rates in Kopenhagen am 12. und 13. Dezember 2002 sowie auf die Schlussfolgerungen des Rates vom Dezember 2002 verweisen.
Der Rat möchte seine bisherigen Ausführungen bekräftigen und fordert den Herrn Abgeordneten auf, sich unmittelbar an die Kommission mit der Frage zu wenden, welche Positionen sie in dieser Angelegenheit einzunehmen gedenkt.
Der Rat prüft gegenwärtig den Vorschlag der Kommission betreffend die beschleunigte Außerdienststellung von Einhüllen-Tankschiffen und ein Verbot für schwere Ölsorten befördernde Einhüllen-Tankschiffe, Häfen der Mitgliedstaaten anzulaufen. Diesen Vorschlag hat die Kommission am 27. Dezember 2002 in Reaktion auf die genannten Schlussfolgerungen des Rates vorgelegt.
Angesichts der internationalen Dimension der Schifffahrtsindustrie hält der Rat internationale Maßnahmen für äußerst wichtig, um das weltweit höchstmögliche Maß an Sicherheit im Seeverkehr sowie an Umweltschutz zu gewährleisten. Aus diesem Grund misst der Rat der Annahme von Bestimmungen zur Verstärkung der Seeverkehrssicherheit, insbesondere auch auf internationaler Ebene im Rahmen der IMO, größte Bedeutung bei. Entsprechend diesem Ziel ersuchte der Rat in seinen Schlussfolgerungen nach dem Untergang der „Prestige“ die Mitgliedstaaten und die Kommission, alles zu tun, um die Ausmusterung älterer Einhüllen-Schiffe, die schwere Ölsorten befördern, durch eine Änderung des MARPOL-Übereinkommens zu erreichen, und erklärte seine Unterstützung für die derzeitigen Arbeiten der IMO zur Ausarbeitung eines Flaggenstaat-Kodexes sowie einer obligatorischen Modellprüfungsregelung, die sicherstellen sollen, dass Flaggenstaaten ihren Verpflichtungen nachkommen.
Anfrage Nr. 48 von Hans-Peter Martin (H-0062/03)
Betrifft: Europäisches Parteienstatut
In Kürze soll ein europäisches Parteienstatut vorgelegt werden. Zur Finanzierung der Parteien sollen sieben Millionen Euro pro Kalenderjahr vorgesehen werden.
Hält der Rat diese Summe für angemessen? Rechnet der Rat nach Annahme des Statuts mit Erhöhungen dieser Summe? Wie will der Rat willkürliche Erhöhungen zu Lasten der europäischen Steuerzahler verhindern?
Der Rat möchte den Herrn Abgeordneten darauf hinweisen, dass die Haushaltsbehörde im Rahmen des Haushaltsverfahrens für das Haushaltsjahr 2003 einen Betrag von 7 Mio. Euro in die Reserve der Haushaltslinie B-3-500 eingestellt hat.
Es obliegt der Haushaltsbehörde, im Rahmen des Haushaltsverfahrens für das Haushaltsjahr 2004 in diese Haushaltslinie einen ihrer Ansicht nach angemessenen Betrag aufzunehmen.
Am 21. Februar 2003 hat die Kommission dem Rat ihren neuen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Satzung und die Finanzierung europäischer politischer Parteien [KOM(2003)77 endg., angenommen am 19. Februar 2003] in Übereinstimmung mit der durch das Inkrafttreten des Vertrags von Nizza am 1. Februar 2003 gegebenen neuen Rechtsgrundlage übermittelt.
Anfrage Nr. 49 von Ioannis Patakis (H-0064/03)
Betrifft: Parteienverbot in der Türkei
Die Türkei, ein EU-Beitrittskandidat, ist im Rahmen des Beitrittsprozesses zur Einhaltung konkreter Verfahren verpflichtet, um die Kriterien von Kopenhagen zu erfüllen.
Welche Position vertritt der Rat dazu, dass die Türkei – abgesehen von zahlreichen anderen Verstößen gegen die demokratischen Freiheiten und die Menschenrechte – in ihrer Verfassung nach wie vor die Tätigkeit jeder Partei verbietet, deren Bezeichnung das Wort „kommunistisch“ enthält? Was wird der Rat in diesem Zusammenhang unternehmen?
In den Bestimmungen, die sich in der Verfassung der Türkei auf politische Parteien beziehen, findet sich kein Hinweis auf ein Verbot von Parteien, deren Bezeichnung das Wort „kommunistisch“ enthält. Dem Rat ist zum jetzigen Zeitpunkt weder ein Verbot noch die Auflösung einer politischen Partei in der Türkei bzw. eine entsprechende Androhung auf der Grundlage des Wortes „kommunistisch“ in der Bezeichnung der Partei bekannt.
Auf der Tagung des Europäischen Rates in Kopenhagen begrüßte die EU die wichtigen Schritte, die von der Türkei unternommen wurden, um die politischen Kriterien von Kopenhagen zu erfüllen, insbesondere durch die jüngsten Legislativreformen und die anschließenden Durchführungsmaßnahmen. In diesem Zusammenhang kann unter anderem festgestellt werden, dass der geänderte Artikel 101 des Gesetzes über die politischen Parteien die Auflösung einer politischen Partei erschwert.
Die EU wird die Lage in der Türkei in den Bereichen Meinungsfreiheit und Vereinsfreiheit auch weiterhin genau beobachten. Sie drängt im Kontext des Beitrittsprozesses und des politischen Dialogs auf weitere Fortschritte der Türkei bei der vollständigen Garantie der Grundfreiheiten gemäß den Bestimmungen der Beitrittspartnerschaft - ohne Diskriminierung und insbesondere unabhängig von der jeweiligen politischen Einstellung oder Weltanschauung.
ANFRAGEN AN DIE KOMMISSION
Anfrage Nr. 61 von Enrico Ferri (H-0111/03)
Betrifft: Ansuchen um Anerkennung der Umweltverträglichkeit des Fischfangs auf Glasgrundel
Der so genannte Fischfang auf Glasgrundel wird im Gebiet der Gemeinde Livorno derzeit auf der Grundlage einer Ausnahmegenehmigung zur Verordnung (EG) 1626/94(1) durchgeführt; diese Ausnahmegenehmigung soll am 31. Dezember 2003 auslaufen. Sollte die Kommission angesichts der offiziellen Untersuchungen des italienischen Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft, denen zufolge diese Tätigkeit keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt haben kann, nicht in dieser Angelegenheit tätig werden und diese Art des Fischfangs als zulässige und mit den maßgeblichen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften vereinbare Tätigkeit anerkennen? Müsste die Kommission unter Berücksichtigung der letzten Leitlinien für die Fischereipolitik und nach Bestätigung der Tatsache, dass diese Art des Fischfangs und das verwendete Fanginstrument, das so genannte „kleine Schleppnetz“, in keiner Weise den Schutz der Umwelt und insbesondere einer bestimmten marinen Spezies beeinträchtigen, diese Tätigkeit nicht für rechtmäßig erklären, vor allem wenn sie bedenkt, dass die Ungewissheit aufgrund der Verlängerung einer bereits gewährten Ausnahmegenehmigung die Fischereibetriebe im Gebiet von Livorno übervorteilt? Könnte die Kommission dem Parlament versichern, dass sie dieses Problem - sofern es ihr noch nicht bekannt ist - als Dringlichkeit in Angriff nehmen und dem Parlament dann unverzüglich Bericht erstatten wird?
Die Frage bezieht sich auf die Fischerei auf Glasgrundel, die in mehreren Regionen im Mittelmeer mit Zugnetzen im Flachwasser ausgeübt wird. Der wissenschaftlich-technische Fischereiausschuss hat die Angaben der nationalen Behörden, der italienischen inbegriffen, geprüft und seine Schlussfolgerungen in seinem 12. Bericht veröffentlicht, der dem Parlament vorliegt. Die Fischerei auf Glasgrundel stellt demnach keine Gefährdung anderer Fischarten dar, kann aber empfindliche Meeresböden schädigen.
Die Kommission wird demnächst neue Regeln ausarbeiten für den Einsatz solcher Zugnetze, und zwar anhand dieses wissenschaftlichen Berichtes und nach Befragung der Interessengruppen. Die Kommission veranstaltet dazu Mitte April einen Workshop, um mit Fischern und Wissenschaftlern, die nötigen Maßnahmen zu erörtern.
Anfrage Nr. 62 von Carlos Bautista Ojeda (H-0115/03)
Betrifft: Studien als Grundlage zum Vorschlag zur GAP
Kann die Kommission Aufschluss darüber geben, auf welche Studien sie sich bei der Ausarbeitung des Teiles ihrer Mitteilung über die Halbzeitbewertung der Gemeinsamen Agrarpolitik, der die Abkoppelung der Direktzahlungen von der Modulation betrifft, gestützt hat?
Könnte sie ferner angeben, ob diese Studien, deren Herkunft ja dann bekannt sein wird, bei den Erzeugergebiete bzw. -regionen des Ziels 1 auf regionaler Ebene durchgeführt wurden?
Kann die Kommissionen angeben, ob außerdem eine Auswertung der sozioökonomischen und Umweltauswirkungen in den von der Reform der GAP betroffenen Regionen und konkret in den Regionen des Ziels 1 vorgenommen wurde?
Die Kommissionsvorschläge zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, speziell zur Entkopplung der Zahlungen und zur Modulation wurden auf der Grundlage verschiedener interner Analysen erarbeitet.
Zunächst war die Einführung einer betriebsbezogenen Einheitszahlung Gegenstand mehrerer quantitativer Analysen, bei denen mit Hilfe interner Instrumente zur Modellierung für die derzeitige Union und eine erweiterte Union die Auswirkungen auf die Agrarmärkte und das Einkommen untersucht wurden.
Der Modulationsvorschlag und seine Auswirkungen auf den Agrarsektor wurden mit Hilfe der mikroökonomischen Modelle auf der Grundlage des Informationsnetzes landwirtschaftlicher Buchführungen der Generaldirektion Landwirtschaft erstellt.
Die Ergebnisse dieser internen Studien wurden durch vier externe, von unabhängigen Sachverständigen durchgeführte Studien zu den Auswirkungen der in der Halbzeitbewertung vom Juli 2002 gemachten Vorschläge ergänzt.
Diese Analysen wurden auf Gemeinschaftsebene, auf nationaler und regionaler Ebene (d. h. NUTS-Ebene 2) ausgeführt, jedoch wurde mit keiner dieser Studien eine spezifische Untersuchung der Ziel-1-Regionen angestrebt.
Lediglich eine dieser Sektoranalysen war den Umweltauswirkungen der Reformvorschläge (insbesondere den zur Erwärmung der Erdatmosphäre führenden Emissionen und den Nitratüberschüssen) auf regionaler Ebene gewidmet.
Anfrage Nr. 63 von Konstantinos Hatzidakis (H-0120/03)
Betrifft: Entschädigung griechischer Landwirte für Naturkatastrophen
In den letzten Jahren wurde Griechenland immer wieder von Naturkatastrophen heimgesucht. Die griechischen Landwirte beschweren sich über die Verzögerungen, die bei der Auszahlung der Entschädigungen zu verzeichnen sind. Gleichzeitig zahlt die Regierung Vorschüsse in Höhe von ca. 50 % aus Mitteln des Gemeinschaftlichen Förderkonzepts für die Entschädigung der Landwirte.
Kann die Kommission mitteilen, worauf diese Verzögerungen zurückzuführen sind, in welchen Fällen ihre Dienststellen noch keine Ermächtigung zur Zahlung staatlicher Beihilfen erteilt haben und welche Risiken bestehen, wenn die Vorschüsse aus dem GFK gezahlt werden, ohne dass ihre Dienststellen davon wissen?
1. Die Verzögerungen bei der Auszahlung sind zum Teil auf den Wunsch Griechenlands zurückzuführen, einige Entschädigungsleistungen für Landwirte aus zwei verschiedenen Quellen zu finanzieren, und zwar aus staatlichen Beihilfen und dem „Nationalen operationellen Programm - Ländliche Entwicklung (2000-2006)“ im Rahmen des dritten Gemeinschaftlichen Förderkonzepts (GFK) für Griechenland, weshalb diese auf der Grundlage von zwei unterschiedlichen Regelungen zu prüfen sind.
Für den aus staatlichen Beihilfen finanzierten Teil der Entschädigungen musste die Methode zur Berechnung der Einbußen, die Grundlage für die Festlegung der den Landwirten auszuzahlenden Beträge ist, im Rahmen der Prüfung der griechischen Dossiers grundsätzlich geändert werden, was erheblichen Zeitaufwand mit sich brachte (obgleich betont werden muss, dass alle Dossiers in der gemäß Verordnung (EG) Nr. 659/99 des Rates(1) festgelegten Frist bearbeitet wurden). Darüber hinaus machte die genannte Änderung der Berechnungsmethode für alle geprüften Dossiers eine Änderung des jeweiligen Entwurfs des griechischen Ministerialerlasses notwendig, der die Rechtsgrundlage des Entschädigungssystems bildet. Die Kommission musste die neuen Ministerialerlasse in jedem einzelnen Fall prüfen, um festzustellen, ob die mit den griechischen Behörden vereinbarten Änderungen korrekt umgesetzt worden waren. Nach erfolgter Prüfung wurden die griechischen Behörden ermächtigt, die Auszahlung der genehmigten staatlichen Beihilfen vorzunehmen (hinsichtlich der Verwendung kofinanzierter Mittel, für die eine gesonderte Entscheidung ergehen muss, vgl. Punkt 3 weiter unten).
2. Die einzigen noch offenen Dossiers, über die die Kommission noch zu entscheiden hat, betreffen die Entschädigung der von den Bränden im Jahr 2000 betroffenen griechischen Landwirte.
3. Bezüglich des Einsatzes von Mitteln aus dem „Nationalen operationellen Programm - Ländliche Entwicklung (2000-2006)“ im Rahmen des dritten GFK für Griechenland, hätten die griechischen Behörden vor der Auszahlung von Vorschüssen eine Änderung des Programms in Form einer Neufassung der Finanzierungstabellen übermitteln müssen. An dieser Stelle muss betont werden, dass mit dem Programm die ländliche Entwicklung dieses Landes gefördert werden soll und dass durch die unbegrenzte Verschiebung von Mitteln zugunsten von Entschädigungsleistungen seine anderen Aktionslinien gefährdet würden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob aus den Vorschusszahlungen rechtliche Konsequenzen erwachsen werden, da der Kommission noch nicht genau bekannt ist, wofür diese Mittel eingesetzt wurden (Wiederaufbau oder Ausgleich von Einkommenseinbußen). Dies kann sie erst feststellen, wenn die bereits erwähnte Neufassung vorgenommen und ihr der Entwurf der Änderung des betreffenden Programms übermittelt wurde.
Anfrage Nr. 64 von Konstantinos Alyssandrakis (H-0130/03)
Betrifft: Entschädigungen zur Beseitigung der jüngsten Infrastrukturschäden in Griechenland und Maßnahmen zur Kontrolle von Baugutachten
Die schlechten Wetterbedingungen, die in letzter Zeit in Griechenland herrschten, haben große Teile der landwirtschaftlichen Produktion zerstört, umfangreiche Schäden an den Tier- und Pflanzenbeständen des Landes verursacht und die Schwachstellen und Mängel von Infrastrukturanlagen, insbesondere Straßen, aufgezeigt.
Beabsichtigt die Kommission, unter Nutzung bestehender oder neuer Mittel aus dem Haushaltsplan der Gemeinschaft zur Beseitigung der Schäden beizutragen sowie Maßnahmen für eine wirksame Kontrolle der Qualität von Baugutachten und -projekten zu ergreifen, damit die Einwohner der betroffenen Regionen die notwendigen Garantien dafür erhalten, dass sie nicht wieder Opfer von Baumängeln und fehlerhaften Gutachten werden, falls erneut ähnliche Wetterbedingungen eintreten?
1. Bei der Kommission ist ein Schreiben von Minister Christodoulakis (Wirtschafts- und Finanzminister) eingegangen, das an das für Regionalpolitik zuständige Kommissionsmitglied adressiert und vom 20. Februar 2003 datiert ist. Darin wird die Absicht der griechischen Behörden mitgeteilt, Mittel aus dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union zu beantragen. Der Kommission liegen jedoch keine Informationen oder Anträge in Bezug auf die durch die jüngsten ungünstigen Witterungsverhältnisse verursachte Zerstörung der landwirtschaftlichen Produktion vor.
2. Die Kommission möchte den Herrn Abgeordneten darüber informieren, dass die Zuschüsse der Gemeinschaft, die zur Überwindung der spezifischen Probleme in den ländlichen Gebieten Griechenlands benötigt werden könnten, den Mitteln des 3. Gemeinschaftlichen Förderkonzepts (GFK) für Griechenland (2000-2006) entnommen werden können, einschließlich der Programmplanungsreserve. Es sollte betont werden, dass sich Interventionen des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) auf die Wiederherstellung des Produktionspotenzials beschränken werden und nicht für den Ausgleich von Einkommensausfällen gedacht sind, für die eine Unterstützung auf nationaler Ebene unter der Voraussetzung der Anmeldung dieser staatlichen Beihilfen und vorbehaltlich der Genehmigung durch die Kommission möglich wäre.
Innerhalb dieses Rahmens kann Griechenland auf der Grundlage objektiver Parameter entsprechende Anträge auf Unterstützung von Projekten für die Wiederherstellung des Produktionspotenzials und die Sicherung der Qualität der Bauarbeiten stellen. Diese Verantwortung obliegt dem jeweiligen Mitgliedstaat.
3. Das GFK 2000-2006 für Griechenland sieht vor, dass die griechischen Behörden einen geeigneten Plan für die Überwachung der Qualität der Studien und der Ausführung der Arbeiten erstellen. Dieser Plan sollte es den für die operationellen Programme verantwortlichen Behörden erlauben, die Qualität der Studien zu überwachen. Er sieht zudem die Bereitstellung der technischer Hilfe vor, um die Begünstigten der Zuschüsse bei der Erhöhung ihrer Entwurfskapazität zu unterstützen.
ESPEL (die griechische Qualitätsüberwachungsstelle) wurde ebenfalls von den griechischen Behörden ins Leben gerufen und überwacht seit 1998 die Ausführung von Baumaßnahmen, um mangelhafte Qualität der Arbeiten und Rechtsverstöße zu verhindern.
Auf jeden Fall ist es Sache der griechischen Behörden darauf zu achten, dass die Ausführung der aus Mitteln der Strukturfonds der Gemeinschaft kofinanzierten Baumaßnahmen hohen Qualitätsanforderungen entspricht und auf der Grundlage geeigneter Studien, einschließlich geotechnischer Studien für Straßenarbeiten, erfolgt.
Werden Straßen oder andere aus Gemeinschaftsmitteln kofinanzierte Projekte im Gefolge extremer Witterungsbedingungen stark beschädigt, so können die genauen Gründe dafür auf der Grundlage von durch die zuständigen griechischen Behörden durchgeführten Analysen ermittelt werden.
Die Kommission wird sich mit den zuständigen griechischen Behörden in Verbindung setzen und sich zudem aus Gründen der Weiterverfolgung über die Ergebnisse dieser Analysen informieren lassen.
Anfrage Nr. 65 von José Manuel García-Margallo y Marfil (H-0121/03)
Betrifft: Kampagnen zur Förderung der Zitrusfrüchte
Die Kommission schlägt vor, im Rahmen des Kapitels ländliche Entwicklung eine neue Haushaltslinie mit Beihilfen zur Förderung von Agrarerzeugnissen einzurichten. Damit sollen Erzeuger unterstützt werden, die sich bereits an nationalen oder Gemeinschaftsqualitätsregelungen (wie Herkunftsbezeichnungen) beteiligen. Gleichzeitig will die Kommissionen die derzeitige Verordnung (EG) 2826/2000(1) über Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für Agrarerzeugnisse im Binnenmarkt aufheben, obwohl die Maßnahmen im Rahmen dieser Verordnung völlig anderer Natur sind als jene, die im Rahmen der ländlichen Entwicklung finanziert würden. Wird dieser Vorschlag angenommen, würden die allgemeinen Kampagnen verschwinden, die in Sektoren wie dem der Zitrusfrüchte so erfolgreich sind, wo das Hauptaugenmerk auf den geschmacklichen und gesundheitlichen Qualitäten dieser Erzeugnisse liegt. Außerdem würden eine große Zahl von Landwirten, die nicht über Qualitätskennzeichnungen, Ökolandbau-Kennzeichnungen oder sonstige besondere Kennzeichnungen verfügen, von den Gemeinschaftsbeihilfen ausgeschlossen. Die Beihilfen würden ausschließlich über Verbände vergeben, wodurch berufsübergreifende Organisationen ausgeschlossen blieben trotz der wichtigen verbindenden Rolle, die sie spielen.
Wie gedenkt die Kommissionen dieses Problem zu lösen? Wie gedenkt die Kommissionen diese neuen Maßnahmen zu finanzieren u. a. angesichts der Tatsache, dass bis 2006 keine zusätzlichen Mittel für die ländliche Entwicklung zur Verfügung stehen werden?
Die Kommission dankt dem Herrn Abgeordneten für diese Frage. Die Frage bezieht sich auf einen im Reformpaket für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) enthaltenen Vorschlag, der die Einführung einer neuen Maßnahme zur Förderung von hochwertigen Nahrungsmitteln innerhalb des gegenwärtigen Pakets von im Rahmen der zweiten Säule förderfähigen Maßnahmen zum Ziel hat. Im Zusammenhang mit der Einführung dieser neuen Maßnahme schlägt die Kommission vor, die Verordnung Nr. 2826/2000 über Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für Agrarerzeugnisse im Binnenmarkt(2) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 aufzuheben.
Die Kommission hat die Aufhebung dieser Verordnung vorgeschlagen, um eine Überschneidung oder Doppelung der beiden Rechtsakte zu vermeiden. Die Kommission betrachtet es zudem als angemessen und kohärent, sich bei den Fördermaßnahmen für den Binnenmarkt auf Qualitätserzeugnisse zu konzentrieren, wie das der Vorschlag zur Änderung der Verordnung Nr. 1257/1999(3) vorsieht, da ein verstärktes Augenmerk auf die Qualität der Lebensmittel ein grundlegender Baustein der Vorschläge zur GAP-Reform ist, um den Bedürfnissen der Verbraucher besser entsprechen zu können.
Obwohl es richtig ist, dass der Anwendungsbereich und die Begünstigten der beiden Rechtsakte nicht identisch sein können, stimmt das für Landwirtschaft zuständige Mitglied der Kommission mit dem Herrn Abgeordneten in dem Punkt nicht überein, es gebe dabei keinen Raum für Doppelungen. Maßnahmen zur Förderung von Gemeinschaftsprogrammen in den Bereichen geschützte Ursprungsbezeichnung, geschützte geografische Angabe, garantiert traditionelle Spezialität und Qualitätswein könnten beispielsweise potenziell unter beide Rechtsakte fallen.
Die vorgeschlagene Aufhebung der Verordnung Nr. 2826/2000 ist in den Arbeitsgruppen des Rates bereits Gegenstand von Diskussionen mit den Mitgliedstaaten gewesen, wobei einige Mitglieder Vorbehalte äußerten, vor allem - wie der Herr Abgeordnete richtig angedeutet hat - weil es als Ergebnis des Brüsseler Gipfels bis zum Jahr 2007 keine zusätzlichen Finanzmittel für die zweite Säule geben wird.
Im Kommissionsvorschlag ist keine Abschaffung der allgemeinen Förderung vorgesehen, doch sollen die Maßnahmen auf die Märkte der Dritten Welt konzentriert werden, wo sich die Gemeinschaft in allen Qualitätskategorien der starken Konkurrenz anderer Exporteure gegenübersieht. Berufsübergreifende Unternehmen werden auch weiterhin von diesen Maßnahmen profitieren können.
Verordnung (EG) Nr. 2826/2000 des Rates vom 19. Dezember 2000 über Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für Agrarerzeugnisse im Binnenmarkt, ABl. L 328 vom 23.12.2000.
Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen, ABl. L 160 vom 26.6.1999.
Anfrage Nr. 66 von Linda McAvan (H-0122/03)
Betrifft: Delphinsterben durch Beifang
Kann die Kommission ihre Sofortpläne darlegen, um die Tötung von Delphinen durch Beifang einzudämmen, und irgendeine Zusage geben, wann diese Pläne greifen sollten? Erwägt die Kommission eine langfristige Strategie, um dieses Problem zu bewältigen?
Im Rahmen der Habitatrichtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, die den Beifang von Delphinen vermeiden.
Die Kommission hat sich deswegen entschlossen, das Problem des Beifangs von Delphinen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik anzupacken. Die Kommission arbeitet an einem Verordnungsvorschlag, der Maßnahmen zur Überwachung und zur Vermeidung von Beifängen an Meeressäugern vorsieht.
Die Kommission hat dazu ein Gutachten vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) eingeholt sowie den wissenschaftlich-technischen Fischereiausschuss und den beratenden Ausschuss für Fischerei und Aquakultur konsultiert.
Aufgrund dieser Konsultationen wird die Kommission folgende Vorschläge machen:
Die Länge der Treibnetze in der Ostsee begrenzen.
Bei bestimmten Kiemennetzen müssen die Fischer akustische Geräte einsetzen.
Für bestimmte Fischereien, wo es ein hohes Beifangrisiko gibt, müssen obligatorisch Beobachter an Bord sein.
Die Kommission wird diesen Vorschlag bis spätestens in den kommenden drei Monaten fertig stellen.
Die Kommission ist auch einer Meinung mit jenen Wissenschaftlern, die eine langfristige Strategie zur Bekämpfung von Beifängen fordern. Das heißt wir müssen bestimmte Grenzwerte für den Beifang von Meeressäugern festlegen und genau angepasste Maßnahmen ergreifen, sobald diese Grenzwerte überschritten werden. Für eine solche Strategie fehlen uns aber derzeit noch wichtige Daten.
Mit Hilfe der obligatorischen Beobachter sollen die dafür notwendigen Informationen und Daten gesammelt werden.
Anfrage Nr. 67 von John Walls Cushnahan (H-0123/03)
Betrifft: Harbinson-Bericht und GAP
In einer jüngsten Erklärung bezeichnete Kommissionsmitglied Fischler den der WTO vorgelegten Harbinson-Bericht über die Landwirtschaft als „unausgewogen“; in dem Bericht werde nur eine minimale Reform der Exportsubventionen angestrebt, und gleichzeitig bevorzuge er die amerikanische Landwirtschaft. Falls es der Kommission nicht gelingt, die Schlupflöcher im gegenwärtigen Harbinson-Bericht zu schließen, könnte dies dazu führen, dass die „de minimis-Klausel“ dazu verwendet wird, der amerikanischen Landwirtschaft alljährlich bis zu 7,5 Milliarden Dollar an Zuschüssen zu gewähren. Teilt die Kommission angesichts dieses Sachverhalts die Auffassung, dass es unfair ist, die vorgeschlagene GAP-Reform fortzuführen?
Die Gemeinschaft steht mit ihrer Haltung nicht allein, dass das „De-minimis-Schlupfloch“ künftig nicht weiter hingenommen werden kann, da es von den USA zur unangemessenen Erhöhung ihrer handelsverzerrenden Subventionen genutzt wird. Die Gemeinschaft und viele andere können auch nicht akzeptieren, dass nur direkte Exportsubventionen weiter abgesenkt werden sollen, ohne äquivalente Regelungen für andere Formen der Exportstützung, wie Exportkredite oder den Missbrauch der Nahrungsmittelhilfe für den Absatz von Überschüssen. Die Kommission hat diese Punkte klar und deutlich sowohl an Herrn Harbinson als auch an alle Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) herangetragen.
In Bezug auf die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) richten sich die von der Kommission unterbreiteten Vorschläge einzig und allein nach den internen Interessen der Gemeinschaft, die nach einer Stärkung des europäischen Agrarmodells verlangen, um besser auf Anliegen der Gesellschaft reagieren zu können, die Einkommensaussichten für die Landwirte der Gemeinschaft zu verbessern und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit anzuheben. Die Kommission wird diese Reform im Interesse der europäischen Landwirte weiter vorantreiben.
Anfrage Nr. 68 von Proinsias De Rossa (H-0128/03)
Betrifft: Ökologische Landwirtschaft in Irland
Während nach Schätzungen der Kommission die ökologische Landwirtschaft seit 1998 um 30% jährlich zugenommen hat, wird in einer Erhebung von EUROSTAT vom 17. Februar geschätzt, dass die Zahl der Landwirte, die diese Art von Landwirtschaft betreibt, nach wie vor sehr gering ist, d.h. weniger als 2% aller Landwirte. Ist die Kommission der Ansicht, dass diese geringe Beteiligung an der ökologischen Landwirtschaft teilweise auf unzureichende Ausbildung in diesem Bereich zurückzuführen ist, und wird sie sich mit diesem Thema in ihrer Mitteilung über einen Aktionsplan der Gemeinschaft für die ökologische Landwirtschaft befassen, die Ende dieses Jahres veröffentlicht werden soll?
Die ökologische Landwirtschaft ist ein rasch wachsender Sektor. Tatsächlich ist sie in vielen Mitgliedstaaten einer der Landwirtschaftsbereiche, der anders als viele anderen Sektoren weiter wächst. Ohne Zweifel hat die Existenz eines Gemeinschaftsrahmens für diesen Bereich(1) zu dieser Entwicklung beigetragen.
Wie der Herr Abgeordnete richtig bemerkt hat, ist der Sektor zahlenmäßig immer noch relativ klein. Obwohl durchschnittlich nur etwa 2 % der Landwirte der EU auf Methoden der ökologischen Landwirtschaft zurückgreifen, beträgt der Anteil der von ihnen bewirtschafteten Fläche mehr als 3 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Allerdings bestehen zwischen den Mitgliedstaaten große Unterschiede. In Österreich betreiben 9 % der Landwirte auf über 11 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologische Landwirtschaft. In Finnland haben diese Zahlen die 5- bzw. 7-%-Marke überschritten. In Griechenland und Irland widmet sich weniger als 1 % der Landwirte auf weniger als 1 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche der ökologischen Landwirtschaft. Es gibt also noch viel zu tun, wobei verstärkte und bessere Schulungsmaßnahmen natürlich ein Schlüsselfaktor bei der weiteren Entwicklung des Sektors des ökologischen Landbaus sein werden. Das wird auch im Arbeitspapier der Kommission zur Möglichkeit eines Europäischen Aktionsplans für ökologisch erzeugte Lebensmittel und die ökologische Landwirtschaft anerkannt. Dieses Dokument wurde im Dezember 2002 im Rat erörtert und steht nunmehr auf der Website der Kommission zu allgemeinen Konsultationszwecken zur Verfügung. Die Kommission wird den endgültigen Aktionsplan auf der Grundlage der durch die Online-Konsultation erhaltenen Informationen und der mit den Mitgliedstaaten und anderen Interessengruppen geführten Diskussionen erarbeiten.
Bereits jetzt können die Mitgliedstaaten die Beratung ökologischer Landwirte und konventioneller Landwirte, die einen Übergang zur ökologischen Landwirtschaft erwägen, fördern. Im Rahmen der Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums ist bereits jetzt eine Kofinanzierung dieser Art Maßnahmen möglich(2).
Abschließend sei unterstrichen, dass nach den bisherigen Erfahrungen die erfolgreiche Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft von einer Vielzahl von Faktoren abhängt. Ausbildungsmaßnahmen sind dabei ein wichtiger Bestandteil, jedoch müssen auch alle anderen wichtigen Faktoren berücksichtigt werden, um ein Maximum an Synergieeffekten der Anstrengungen auf den einzelnen Gebieten zu bewirken.
Anfrage Nr. 69 von Rosa Miguélez Ramos (H-0132/03)
Betrifft: Biologisch bedingte Einstellung der Fangtätigkeit im Fanggebiet Gran Sol
Zwischen Juli und Oktober wird für die spanische Flotte eine biologische Ruhezeit von 45 Tagen im Fanggebiet Gran Sol in Kraft treten, um die Bestände an Seehecht zu vergrößern.
Der Fischereisektor ist sich der Notwendigkeit bewusst, technische Maßnahmen wie diese biologische Ruhezeit einzuführen, um die Bestände angesichts der Abwrackpläne der Kommission zu erhalten, die erneut durch den ersten, soeben von der Kommission vorgelegten Berichtigungshaushalt bekundet wurden. Hiermit wird beabsichtigt, weitere 32 Millionen Euro für das Abwracken von Schiffen bereitzustellen, die zuvor für die Unterstützung des Fischereisektors der Gemeinschaft bestimmt waren.
Da dieses zeitweilige Fangverbot in jeder Hinsicht notwendig ist und da eine teilweise biologische Ruhezeit, die auf die spanische Flotte beschränkt ist, nur sehr begrenzte Auswirkungen hätte, welche Maßnahmen gedenkt die Kommission zu treffen, damit auch die Flotten von Frankreich, Irland und dem Vereinigten Königreich, die ebenfalls diese Art befischen, diese biologische Ruhezeit auf dieselbe Weise einhalten?
Die spanische Autonome Gemeinschaft Asturien hat der Kommission einen Antrag hinsichtlich einer vorübergehenden Einstellung der Fangtätigkeit für Seehecht übermittelt. Die Kommission prüft diesen Antrag derzeit.
Diese Regelung ist eine freiwillig Initiative der spanischen Behörden. Es ist daher auch nicht möglich eine solche Maßnahme anderen Mitgliedstaaten verpflichtend vorzuschreiben. Die einzige Möglichkeit zu einer Regelung zu kommen, die für alle Mitgliedstaaten gleichsam gilt ist endlich einen Wiederauffüllungsplan für Seehecht anzunehmen.
Die Kommission hat dem Parlament und dem Rat schon frühzeitig im Dezember 2001 einen solchen Plan vorgelegt. Der Rat konnte hier aber zu keiner Einigung kommen und hat die Kommission stattdessen aufgefordert einen neuen Plan vorzulegen. Die Kommission ist dabei diesen neuen Plan auszuarbeiten und wird ihn im April 2003 dem Parlament und dem Rat vorlegen.
Anfrage Nr. 70 von Camilo Nogueira Román (H-0069/03)
Betrifft: Entscheidungen der Kommission bezüglich des Abpumpens des noch in der "Prestige" verbleibenden Schweröls
Welche Entscheidungen trifft die Kommission, um sicherzustellen, dass das gesamte noch in der „Prestige“ verbleibende Schweröl abgepumpt wird? Was unternimmt die Kommission diesbezüglich gegenüber der spanischen Regierung?
Der Herr Abgeordnete wird ersucht, auf seine vorherige schriftliche Anfrage Nr. E-3595/02 Bezug zu nehmen.
Am 5. März 2003 verabschiedete die Kommission einen Bericht über die bisherigen, die gegenwärtigen und die künftigen Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene zur Überwindung der Folgen der Havarie der „Prestige“ und zur Verhütung derartiger Unfälle in der Zukunft. Dieser Bericht wird dem Europäischen Rat vom 21. März 2003 vorgelegt.
Des Weiteren prüft die Kommission zur Zeit den Antrag der spanischen Regierung auf finanzielle Unterstützung und hat Spanien um weitere Informationen gebeten.
Anfrage Nr. 71 von David Robert Bowe (H-0074/03)
Betrifft: Falun Gong
Nach allgemeinen öffentlichen Befürchtungen über eine mögliche Einschränkung der Grundfreiheiten in ihrem Hoheitsgebiet hat die Regierung von Hongkong wesentliche Zugeständnisse bei der Umsetzung des kontroversen Antisubversionsgesetzes (Artikel 23 der Verfassung) angekündigt. Welche Pläne hat die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang, um die Entwicklungen in Hongkong zu überwachen und zu gewährleisten, dass Einschränkungen der Religions- und Glaubensfreiheit in China immer wieder auf die Tagesordnung des Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und China gesetzt werden?
Die Respektierung der Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit stellt ein zentrales Anliegen des Menschenrechtsdialogs der Europäischen Union mit China dar. Diese Fragen sind beim jüngsten Dialog am 5. und 6. März 2003 in Athen erneut zur Sprache gebracht worden.
Die Kommission weiß die politische Sensibilität des dem Legislativrat am 14. Februar 2003 von der Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong (SVR) vorgelegten, auf Artikel 23 der Verfassung basierenden Legislativvorschlags zu schätzen. Es ist dies der wichtigste Legislativvorschlag seit der Übergabe.
Die Kommission begrüßt die Tatsache, dass während der Sondierungsphase eine sehr hohe Zahl von Anträgen und Unterschriften zu wichtigen Fragen wie Pressefreiheit, Vorschriftensystem sowie der Definition für aufwieglerische Schriften eingebracht worden sind.
Die Kommission verleiht der Hoffnung Ausdruck, dass die Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong ihr Versprechen halten wird, während des Legislativverfahrens im Parlament weitere Stellungnahmen der Zivilgesellschaft zu berücksichtigen und den Gesetzesentwurf somit weiter zu verbessern.
Der Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ funktioniert weiterhin recht gut, Hongkong hat seine Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte, bürgerlichen Freiheiten und das Bestehen einer freien und offenen Gesellschaft bewahrt.
Die Kommission unterstützt uneingeschränkt die Entschließung des Parlaments vom 19. Dezember 2002, in der die Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong aufgefordert wird, dafür zu sorgen, dass Artikel 23 nicht dafür eingesetzt wird, die Opposition mundtot zu machen oder die Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit einzuschränken.
Die Kommission wird die weiteren Entwicklungen in dieser wichtigen Frage genau beobachten, insbesondere die letztendlichen Auswirkungen künftiger Rechtsvorschriften auf die Respektierung der Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten.
Die Kommission wird weiterhin Druck auf die chinesischen Behörden ausüben, die Respektierung der Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit aller Gruppen der chinesischen Bevölkerung einschließlich der Falun-Gong-Anhänger zu verbessern.
Anfrage Nr. 72 von Cecilia Malmström (H-0075/03)
Betrifft: Mangel an schwedischen Staatsangehörigen in der EU-Verwaltung
Als Schweden 1995 der EU beitrat, war ein Anteil höherer Posten bei der Kommission für schwedische Staatsangehörige vorgesehen. Seit dieser Zeit haben jedoch viele Schweden ihren Dienst bei der Kommission aufgegeben, was dazu führt, dass es heute dort nur noch einen schwedischen Generaldirektor und 5 schwedische Direktoren gibt. Von den 25.000 Bediensteten der Kommission sind lediglich 556, d.h. 2,7% schwedische Staatsbürger. Von Seiten der Kommission ist bislang nur sehr wenig getan worden, um dieses Missverhältnis zu beseitigen. Das letzte von der Kommission durchgeführte Auswahlverfahren für schwedische Staatsbürger liegt fünf Jahre zurück, so dass es heutzutage für Schweden im Prinzip unmöglich ist, bei der Kommission angestellt zu werden.
Was beabsichtigt die Kommission zu tun, um den Anteil schwedischer Staatsbürger in der Verwaltung der Kommission anzuheben?
Einleitung
Artikel 27 Absatz 1 des Statuts der Beamten legt fest: „Bei der Einstellung ist anzustreben, dem Organ die Mitarbeit von Beamten zu sichern, die in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen; sie sind unter den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft auf möglichst breiter geographischer Grundlage auszuwählen.“. Absatz 3 desselben Artikels schränkt die Ermessensfreiheit der Kommission wie folgt ein: „Kein Dienstposten darf den Angehörigen eines bestimmten Mitgliedstaats vorbehalten werden“.
Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens 1995
Wie schon bei früheren Erweiterungen wurde mit Verordnung (EG) Nr. 626/95 des Rates vom 20. März 1995 eine zeitlich begrenzte Abweichung von den Bestimmungen des Artikels 27 vereinbart, die die Einstellung von Staatsangehörigen Österreichs, Finnlands und Schwedens durch vorübergehende Sondermaßnahmen bis zum 31. Dezember 1999 vorsah.
Um eine faire und ausgewogene Vertretung der neuen Mitgliedstaaten unter den Bediensteten der Kommission zu erreichen, wurden in der Mitteilung der Kommission(1)vom 19. Juli 1994 für die drei neuen Mitgliedstaaten Einstellungsziele fest. Für Schweden wurden 400-500 Dienstposten im nichtsprachlichen Bereich und 157 Dienstposten im Sprachendienst (insgesamt 551-657) vorgesehen.
Für die Zeit der Sonderregelung (1995-1999) wurden spezielle Ausschreibungen organisiert, die den Beitrittsländern vorbehalten waren.
Derzeitige Situation
Die Kommission hat keine „25 000“ Bedienstete. Von den 21 125 Bediensteten der Kommission (einschließlich Forschungspersonal und aus persönlichen Gründen beurlaubte Bedienstete) sind 630 schwedischer Staatsangehörigkeit. Die schwedischen Bediensteten stellen 2,9 % der Gesamtbeschäftigten der Kommission und 3,5 % der Bediensteten der Besoldungsgruppe A der Kommission. (Wie der Frau Abgeordneten bekannt ist, repräsentiert die schwedische Bevölkerung 2,36 % der Gesamtbevölkerung der Union.) Dies stellt objektiv kein „Missverhältnis“ dar.
Per 1. Januar 2003 waren 18 343 Bedienstete im aktiven Dienst nach Artikel 35 Buchstabe a) bzw. an das Büro eines Kommissionsmitglieds abgeordnet (Art 37 Buchstabe a)), darunter 514 schwedische Bedienstete.
Per 1. Januar 2003 befanden sich 567 Bedienstete im Urlaub aus persönlichen Gründen nach Artikel 35 Buchstabe c), darunter 68 schwedische Bedienstete.
Per 1. Januar 2003 waren 141 Bedienstete abgeordnet (Artikel 37), darunter fünf schwedische Staatsbürger.
Auf der höheren Leitungsebene gibt es einen Generaldirektor (Laufbahngruppe A 1) und 6 Bedienstete der Laufbahngruppe A 2 mit schwedischer Staatsangehörigkeit, darunter einen Hauptverwaltungsrat. Auf mittlerer Leitungsebene (Laufbahngruppen A 3/LA 3) gibt es 20 Bedienstete, davon fünf Verwaltungsräte schwedischer Staatsangehörigkeit. In den Laufbahngruppen A 4/LA 4 der mittleren Leitungsebene sind 14 weitere Bedienstete schwedischer Staatsangehörigkeit vertreten.
Die Kommission überwacht ständig die geografische Ausgewogenheit auf allen Ebenen, und das Thema wird regelmäßig auf verschiedenen Ebenen im Rahmen bilateraler Gespräche zwischen Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten - darunter auch Schweden - und der Kommission angesprochen.
Obgleich die Kommission gemäß dem Statut der Beamten bestrebt ist, die Berücksichtigung der Verdienste und der geografischen Ausgewogenheit der Zusammensetzung ihrer Bediensteten zu sichern, vermag sie die Freiheit der Bediensteten, die Kommission auf persönlichen Wunsch hin zu verlassen, nicht einzuschränken, und würde dies auch nicht tun wollen. Es muss in diesem Zusammenhang auch anerkannt werden, dass die Möglichkeiten der Kommission, wie aller Organe der Gemeinschaft, Bedienstete aus den Mitgliedstaaten einzustellen und zu beschäftigen, in großem Maße von der Bereitschaft von Bürgern aus den Mitgliedstaaten abhängt, eine Beschäftigung als Beamte der Union anzustreben und die entsprechende Tätigkeit auszuüben.
Die von dem Abgeordneten geäußerte Meinung, wonach es „für Schweden unmöglich ist, bei der Kommission angestellt zu werden“ ist angesichts der oben aufgeführten statistischen Angaben sowie der Tatsache, dass seit 2000 mehr als 20 allgemeine Auswahlverfahren in allen Laufbahngruppen und für eine breite Palette von Berufsfeldern durchgeführt worden sind, die es schwedischen Staatsangehörigen ebenso wie Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten ermöglichen, in den Dienst der Kommission zu treten, kaum aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus ist die Gültigkeit der während der letzten Übergangsfrist nach der Erweiterung erstellten Listen erfolgreicher Kandidaten bis zum 30. Juni 2002 verlängert worden, um allen qualifizierten Kandidaten die Möglichkeit zu bieten, einen Dienstposten in einem der Organe zu finden.
Anfrage Nr. 73 von Mary Elizabeth Banotti (H-0077/03)
Betrifft: Privatisierung der Wasserwirtschaft in Afrika
Afrika braucht unbedingt eine gut funktionierende Wasserwirtschaft und mehr Investitionen, um der Wasserverschwendung Einhalt zu gebieten, da wegen der schlechten Wartung der Wasserreservoirs und Auffangsysteme zu viel Wasser im Boden versickert. Welche Maßnahmen wird die Kommission ergreifen, um die ärmsten Bevölkerungsgruppen in Afrika zu schützen, die nicht genügend Geld haben, um ausreichend sauberes Trinkwasser für ihre Grundversorgung zu beschaffen? Was wird die Kommission tun, damit Wasser nicht mehr als rein kommerzielles Gut angesehen und einfach an diejenigen verkauft wird, die am meisten dafür bezahlen?
In der Mitteilung der Kommission über Wasserbewirtschaftung in den Entwicklungsländern(1) vom 12. März 2002 heißt es, dass der Gewährleistung der Versorgung aller Menschen, insbesondere der Ärmsten und unter besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse von Frauen und Kindern, mit ausreichend Trinkwasser guter Qualität und mit angemessenen Möglichkeiten der Abfallentsorgung Vorrang einzuräumen ist und dabei die allgemeine Zielsetzung der Armutsminderung und der Verbesserung der Gesundheit, der Lebensqualität und der Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts der Menschen zu verfolgen ist.
Weiterhin wird darin ausgeführt, dass die Preisgestaltung für wasserbezogene Dienstleistungen finanzielle Nachhaltigkeit gewährleisten sollte und zur Berücksichtigung der Erfordernisse armer und gefährdeter Gruppen Tarifstrukturen und Erhebungssysteme in geeigneter Weise gestaltet sein müssen. In der Mitteilung werden öffentlich-private Partnerschaften befürwortet, mit denen sichergestellt werden kann, dass solche Partnerschaften gerecht und transparent bleiben, freie und aufhebbare Wahlmöglichkeiten für das Management wasserbezogener Dienstleistungen zulassen, die Interessen der Verbraucher und Investoren schützen und hohen Umweltschutzstandards entsprechen.
Was die Reform der afrikanischen Unternehmen in Staatsbesitz anbetrifft, so wird seit einigen Jahren insbesondere durch die Bretton-Woods-Institutionen Druck auf die Entwicklungsländer ausgeübt, ihre verlustreichen und wirtschaftlich ineffizienten Unternehmen zu privatisieren. Wenngleich nicht zu leugnen ist, dass die in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen in Afrika, insbesondere im Bereich Wasserbewirtschaftung, oft ungenügende Dienstleistungen von geringer Qualität für nur einen Bruchteil der städtischen Bevölkerung bereitstellen, gewinnt doch die Erkenntnis Raum, dass vor einer Entscheidung für eine bestimmte Lösung wie Privatisierung alle Alternativen objektiv untersucht werden müssen, um die Lösung zu finden, die am besten geeignet ist. Die Kommission erarbeitet gegenwärtig eine Mitteilung zu diesem sehr wichtigen Thema. Darin wird vor allem die Notwendigkeit unterstrichen, Fragen der Reform der Unternehmen in Staatsbesitz weiterhin offen gegenüber zu stehen, entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen sowie Überwachungsmechanismen einzurichten, um den Schutz der öffentlichen Interessen zu wahren.
Anfrage Nr. 74 von Marialiese Flemming (H-0079/03)
Betrifft: Vergiftung streunender Hunde und Katzen in Griechenland
Wenige Tage vor Übernahme der griechischen Ratspräsidentschaft, zum letzten Mal am 30.12.2002, kam es in Athen zu Massenvergiftungen von herrenlosen Hunden und Katzen. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich bereits knapp vor der letzten Übernahme der Ratspräsidentschaft durch Griechenland.
Am 30.1.2003 übergab die griechische NGO-Dachorganisation CIDAG (Coalition in Defense of Animals in Greece) der griechischen Botschaft in Brüssel eine Petition mit 47.000 Unterschriften, um diese Missstände aufzuklären und sobald wie möglich zu beenden.
Gedenkt die Kommission eine dringliche Untersuchung einzuleiten, um die Drahtzieher dieser kriminellen Handlungen ausfindig zu machen und, eventuell in Zusammenarbeit mit der griechischen Ratspräsidentschaft, an einer sofortigen Problemlösung zu arbeiten?
Antwort der Kommission
11.03.2003
Die Kommission möchte die Frau Abgeordnete auf ihre Antwort auf die schriftliche Anfrage
In der offiziellen Ausstellung zur Information der Öffentlichkeit in der von der BNFL betriebenen Anlage zur Herstellung von Brennelementen und Wiederaufbereitung von Nuklearabfällen in Sellafield (West Cumbria) an der Nordwestküste Englands, die unter dem Titel „Sparking Reaction“ vom renommierten britischen Wissenschaftsmuseum erstellt wurde, wird erklärt, dass die Behälter, die den hochradioaktiven Abfall aus der Wiederaufbereitung enthalten, „zur Zeit eine der gefährlichsten Konzentrationen langlebiger radioaktiver Materialien weltweit und somit ein herausragendes Ziel für Terroranschläge darstellen. Ein Anschlag auf diese Behälter vergleichbar dem Anschlag in New York könnte äußerst gravierende Konsequenzen für einen Großteil des Vereinigten Königreichs und Irland haben.“
Wird die Kommission angesichts des Eingeständnisses, dass diese militärisch-industrielle Anlage in Großbritannien verheerende Auswirkungen auf die Umwelt und Gesundheit im Nachbarstaat Irland haben könnte, dringend ein Team zur Inspektion der nuklearen Sicherheit nach Sellafield entsenden, um die von dieser Anlage ausgehenden Gefahren zu bewerten?
Die Sicherheit der in der Frage erwähnten Behälter für hochradioaktiven Abfall und - was im Zusammenhang mit einem möglichen Terrorangriff noch wichtiger ist - deren Schutz unterstehen dem Betreiber der Anlage unter Aufsicht der nationalen Behörde für kerntechnische Anlagen.
Angesichts dessen sowie bezüglich der von ihr aufgeworfenen Frage wird die Frau Abgeordnete auf den Inspektionsbericht der Aufsichtsbehörde für kerntechnische Anlagen (NII) des Vereinigten Königreichs(1) vom Februar 2000 zur Sicherheit der Lagerung flüssigen hochradioaktiven Abfalls in Sellafield verwiesen. Außerdem widmet sich das (beim Ministerium für Handel und Industrie angesiedelte) Büro für zivile Nuklearsicherheit in seinem Jahresbericht 2002 zur zivilen Nuklearsicherheit in einem Abschnitt(2) den Auswirkungen der Terrorangriffe vom 11. September 2001.
Betrifft: EU-Unterstützung für die öffentliche Trinkwasserversorgung in Connemara, Irland
Kann die Kommission bestätigen, dass sie einen Vorschlag für die Unterstützung eines öffentlichen Trinkwasserversorgungssystems in Connemara im Westen Irland durch die EU prüft, und falls ja, wie weit ist dieses System gediehen?
Die Unterstützung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) für öffentliche Trinkwasserversorgungssysteme in Connemara erfolgt durch das operationelle Programm für die Region Border, Midland und Western. Die in diesem Programm enthaltenen Maßnahmen zur Wasserversorgung im ländlichen Raum umreißen die strategische Zielsetzung für die Umsetzung der Pläne. Die Entscheidungen über die Auswahl und Bestätigung zu fördernder Projekte werden dezentral von den durchführenden Behörden auf lokaler Ebene getroffen, sofern die Kosten des Projektes 50 Mio. EUR nicht übersteigen. Anderenfalls ist für das Projekt eine Kosten-Nutzen-Analyse erforderlich, und die Kommission entscheidet über den Förderungssatz. Im Falle der öffentlichen Trinkwasserversorgung handelt es sich durchgängig um Projekte geringen Umfangs (förderbare Kosten unter 50 Mio. EUR), über die auf lokaler Ebene entschieden wird. Deshalb ist der Kommission für das genannte Vorhaben in Connemara kein Antrag vorgelegt worden. Zuständig für die Durchführung des operationellen Programms für die Region Border, Midland und Western ist die Border, Midland and Regional Assembly, Ballaghaderreen, County Roscommon (Herr Gerry Finn – Direktor – Tel. 353 0 90762970).
Anfrage Nr. 77 von Sylviane H. Ainardi (H-0085/03)
Betrifft: Billigflaggen
Das Europäische Parlament hat in seiner am 19. Dezember 2002 angenommenen Entschließung zur Havarie der Prestige und ihren Folgen insbesondere „das Verbot der Billigflaggen in den Hoheitsgewässern der Europäischen Union“ gefordert. Welche Maßnahmen beabsichtigt die Kommission vorzuschlagen, um diese Empfehlung des Europäischen Parlaments so rasch wie möglich umzusetzen?
In ihrer am 3. Dezember 2002 angenommenen Mitteilung zur Erhöhung der Sicherheit im Seeverkehr erläutert die Kommission ausführlich die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen.
Bezüglich des Befahrens der Hoheitsgewässer der Union durch Billigflaggen und gefährliche Schiffe hat die Kommission beschlossen, eine „Schwarze Liste“ der Schiffe zu veröffentlichen, denen der Zugang zu europäischen Häfen verweigert worden wäre, sofern die Bestimmungen des Erika-I-Pakets im fraglichen Zeitraum bereits in Kraft gewesen wären. Mit der Veröffentlichung dieser Liste sollen die Beteiligten (Reeder und Flaggenstaaten) ermahnt werden, die zur Beseitigung der festgestellten Mängel notwendigen Maßnahmen noch vor dem effektiven Inkrafttreten der neuen Bestimmungen der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle zu ergreifen.
Nichtsdestoweniger hält auch die Kommission die vom Parlament geforderte Annahme strenger internationaler Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit des Seeverkehrs in Bezug auf sogenannte Billigflaggen und insbesondere striktere Seeverkehrsregeln sowie eine verstärkte Kontrolle der Flaggenstaaten für notwendig. Hinsichtlich des letztgenannten Aspekts beteiligt sich die Kommission im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) an der Ausarbeitung eines Auditverfahrens für Flaggenstaaten.
Darüber hinaus sollte die Union die Initiative ergreifen und eine Überarbeitung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vorschlagen, damit sich die Küstenstaaten - auch in der ausschließlichen Wirtschaftszone von 200 Seemeilen - besser vor Schiffen schützen können, die eine Bedrohung für die Umwelt darstellen und die Sicherheitsstandards nicht erfüllen.
Anfrage Nr. 78 von Neil MacCormick (H-0088/03)
Betrifft: Diskriminierung von Fremdsprachenlektoren
Hält es die Kommission für angemessen, wenn Sie die Anfrage eines Mitglieds des Europäischen Parlaments mit einer zwei Zeilen umfassenden Antwort bedenkt, die eine ziemlich lapidare Wiederholung der betreffenden Anfrage (H-0796/02(1)) darstellt?
So etwas gleicht einer Geringschätzung des Parlaments. Kann der Präsident zu diesem unangebrachten Verhalten der Kommission Stellung nehmen?
In ihrer Antwort auf die mündliche Anfrage H-0796/02 des Herrn Abgeordneten während der Fragestunde der Plenarsitzung des Parlaments im Dezember 2002 verwies die Kommission auf ihre Entscheidung vom 16. Oktober 2002 zum Prinzip der Erteilung einer mit Gründen versehenen Stellungnahme.
Die italienische Antwort auf das Mahnschreiben zeigte, dass zwar bestimmte Schritte eingeleitet worden waren, um die Entscheidung des Gerichts zu befolgen, eine weitere Klarstellung und Erläuterung jedoch notwendig waren, um den Prozess der Erarbeitung der mit Gründen versehenen Stellungnahme an sich abzuschließen. Der Herr Abgeordnete ist von dieser Entscheidung entsprechend in Kenntnis gesetzt worden.
Bei der Antwort auf Anfrage H-0796/02 sollte auch berücksichtigt werden, dass die Kommission bereits in der Fragestunde der Plenarsitzung des Parlaments im Mai 2002 recht ausführlich die vorherige mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten (H-0302/02) beantwortet hatte, welche Schritte sie unternimmt und künftig zu unternehmen gedenkt, um sicherzustellen, dass Italien in der Rechtssache C-212/99 der Entscheidung des Gerichtshofes nachkommt.
Die Antwort auf Anfrage H-0796/02 mag zu kurz gewirkt haben, sachlich war sie jedoch völlig richtig und hat dem Abgeordneten den neuesten Stand der Maßnahmen der Kommission seit Beantwortung seiner vorhergehenden Frage vermittelt.
Betrifft: Vorbereitung von Rechtsvorschriften zur Berücksichtigung von Eisklassifizierungen
In der Ostsee und insbesondere im Finnischen Meerbusen herrschten im vergangenen Winter äußerst schwere Eisverhältnisse vor. Packeis hat Schiffe eingeklemmt und deren Fahrt ist im allgemeinen ohne Unterstützung von Eisbrechern äußerst mühsam gewesen.
Im Finnischen Meerbusen verkehren auch Schiffe, die für Eisverhältnisse sehr mangelhaft ausgestattet sind. Eine besondere Sorge bereiten die aus dem russischen Hafen Koivisto Öl transportierenden Tankschiffe, die zum Teil aber über keine ausreichende Verstärkung gegen Eis und zum Teil nur am Bug und nicht an den Bordwänden verstärkt sind.
Es wird davon ausgegangen, dass sich der Öltransport aus dem Hafen Koivisto in den kommenden Jahren verdoppeln wird. Des weiteren plant Russland im Inneren der Bucht des Finnischen Meerbusens zwei neue Ölhäfen.
Im Falle einer Ölkatastrophe im Finnischen Meerbusen wäre deren Behebung auf Grund der vielen Inseln und der Anfälligkeit der Natur noch schwieriger als beispielsweise in Spanien. Außerdem sind die Geräte zur Bekämpfung von Ölkatastrophen in vielen Anrainerstaaten sehr mangelhaft. Außer Finnland verfügt kein anderes Land über Geräte, die bei Eisverhältnissen eingesetzt werden können.
Wie beabsichtigt die Kommission, im gesamten Ostseeraum die Einführung wirksamer Bestimmungen zur Eisklassifizierung voranzubringen? Was kann die Kommission tun, damit an der Ostsee ausreichend Geräte zur Bekämpfung von Ölkatastrophen zur Verfügung stehen, die unter allen Bedingungen eingesetzt werden können? In welcher Phase befindet sich die Vorbereitung der diesbezüglichen Rechtsvorschriften?
Zu den Maßnahmen, die die Union zur Verhütung von Tankerunfällen bereits ergriffen hat (Erika-Maßnahmenpaket II) gehört die Richtlinie zur Überwachung und Kontrolle des Seeverkehrs, die für Schiffe gilt, die sich auf der Durchfahrt vor den europäischen Küsten befinden. Diese Richtlinie sieht die Einführung eines Meldesystems auch für Schiffe vor, die sich im reinen Transitverkehr befinden und keine Häfen der Gemeinschaft anlaufen. Außerdem können gemäß dieser Richtlinie die zuständigen Behörden im Falle besonders ungünstiger Witterungsbedingungen das Auslaufen von Schiffen untersagen.
Mit Inkrafttreten dieser Richtlinie erhalten die Mitgliedstaaten zusätzliche Befugnisse, um bei drohenden Unfällen oder Verschmutzungen eingreifen zu können.
Durch die Richtlinie sind darüber hinaus Kooperationsmaßnahmen eingeführt worden, mit denen die Überwachung von Schiffen in den Gewässern der Union verstärkt werden soll. In diesem Zusammenhang könnten Vorschläge zur Verbesserung der Systeme der Schiffswegeführung in der Ostsee in Betracht gezogen und ihre Annahme innerhalb der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation unterstützt werden.
Darüber hinaus wurden im Rahmen des Kooperationsabkommens EU-Russland Kontakte zu den russischen Behörden mit dem Ziel aufgenommen, die Sicherheit des Öltransports auf dem Seeweg zu verbessern und insbesondere den Transport von Schwerölen in Einhüllen-Tankschiffen zu verbieten.
Es muss jedoch darauf verwiesen werden, dass die Union - aus rechtlicher Sicht – keine Befugnisse zur Regelung der Durchfahrt von Schiffen mit potenziell gefährlicher Ladung durch internationale Gewässer besitzt, auch wenn sich diese Durchfahrt in Küstennähe der Mitgliedstaaten oder bei Eisverhältnissen vollzieht, wie sie im Winter auf der Ostsee herrschen.
Aus diesem Grunde sollte die Union die Initiative ergreifen und eine Überarbeitung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vorschlagen, damit sich die Küstenstaaten - auch in der ausschließlichen Wirtschaftszone von 200 Seemeilen - besser vor Schiffen schützen können, die eine Bedrohung für die Umwelt darstellen und die Sicherheitsstandards nicht erfüllen.
Des Weiteren können die Mitgliedstaaten und Bewerberländer das Gemeinschaftsverfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen mobilisieren, wodurch betroffene Länder über das europäische Krisenzentrum unmittelbaren Zugang zu den in Europa vorhandenen Spezialausrüstungen haben.
In Bezug auf die Vorbereitung bzw. Reaktion auf eventuelle Meeresverschmutzungen in der Ostsee, verfolgt die Kommission aufmerksam die Arbeiten der im Rahmen des Helsinki-Übereinkommens tätigen Helsinki-Kommission (Helcom).
Abschließend sei darauf verwiesen, dass innerhalb der Gemeinschaftsinitiative Interreg ein Programm zur transnationalen Zusammenarbeit zwischen den 11 Ostsee-Anrainerstaaten kofinanziert wird. Im Rahmen dieses Programms, das bis 2006 mit 190 Mio. € ausgestattet ist, können auch Maßnahmen für die Sicherheit des Seeverkehrs sowie Umweltschutzmaßnahmen finanziert werden.
Anfrage Nr. 80 von Catherine Stihler (H-0093/03)
Betrifft: Laser-Augenoperationen
Jedes Jahr unterziehen sich in der EU Hunderttausende Patienten einer Laser-Augenoperation. Obwohl man schon ankündigte, dass mit dieser neuen Technik das Ende der Ära der Kontaktlinsen und Brillen eingeläutet sei, zeigt eine Studie des britischen Verbraucherverbandes, die diese Woche veröffentlicht wurde, klar, dass die Kliniken häufig den mit einer solchen Operation direkt verbundenen Risiken zu wenig Aufmerksamkeit schenken. Die Komplikationen können schwerwiegende Folgen haben und die Patienten wissen in den meisten Fällen nicht, welchen Risiken sie sich bei einem solchen chirurgischen Eingriff aussetzen. Aus der Studie wird ersichtlich, dass die Chirurgen oftmals gar nicht gründlich, sondern nur in einigen wenigen Tagen dafür geschult wurden. In manchen Fällen soll man die Patienten sogar nicht einmal darauf aufmerksam gemacht haben, dass sie trotz der Operation auch weiterhin eine Brille tragen müssen.
Ist der Kommission bekannt, ob es eine Datenbank gibt, die genaue Angaben zu der Zahl der Patienten enthält, die sich einer solchen Operation unterzogen haben, sowie zur Höhe der Erfolgsquote? Welche Möglichkeiten bietet das Verbraucherschutzrecht, um denjenigen Patienten zu helfen, die durch Dilettantismus bei der Operation geschädigt wurden? Welche Maßnahmen wird die Kommission ergreifen, um die Unionsbürger entsprechend zu schützen?
Im Vertrag ist festgelegt, dass bei der Tätigkeit der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung in vollem Umfange gewahrt wird. Der Schutz der Patienten vor Behandlungsfehlern ist in erster Linie Aufgabe der Mitgliedstaaten.
Das Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der öffentlichen Gesundheit könnte einen Rahmen für den Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten über gegenwärtige Praktiken zur Qualitätssicherung im Gesundheitswesen bieten.
Im Zusammenhang mit ihrer verbraucherpolitischen Strategie 2002–2006(1) hat die Kommission die Notwendigkeit unterstrichen, die Verbraucher mit präzisen Informationen über die Sicherheit von Dienstleistungen zu versorgen, damit sie überlegte Entscheidungen treffen können. Allerdings werden solche Daten gegenwärtig nicht systematisch erhoben. Der Kommission ist keine Datenbank mit Angaben zur Zahl der Bürger, die sich einer Laser-Augenoperation unterziehen, und der Erfolgsquote dieses medizinischen Eingriffs bekannt. Unfälle oder Vorfälle auf diesem Gebiet müssen der Kommission nicht gemeldet werden.
In allgemeiner Form wird der in Kürze erscheinende Bericht der Kommission über die Sicherheit der Dienstleistungen für Verbraucher entsprechend dem in Artikel 20 der überarbeiteten Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit 2001/95/EG(2) formulierten Ersuchen des Parlaments und des Rates das Fehlen von Angaben über Geschädigte sowie einer Risikobewertung diskutieren.
In Ermangelung von Gemeinschaftsvorschriften bezüglich der Haftung von Leistungsanbietern obliegt der Schadenersatz für Schäden aus „dilettantisch“ vorgenommenen chirurgischen Eingriffen den nationalen Versicherungssystemen der Mitgliedstaaten.
Betrifft: Standpunkt der Kommission betreffend einen für das Parlament beleidigenden Bericht eines stellvertretenden Generaldirektors
Seit wann ist der Kommission der Bericht „La actualidad del pensamiento de Robert Schuman en el contexto de la Convención sobre el futuro de Europa“ bekannt, den der stellvertretende Generaldirektor S. Gómez-Reino beim European Union Center von Miami im August 2002 vorlegte?
Was wird die Kommission unternehmen, um Herrn Gómez-Reino zu korrigieren, nachdem er den Eindruck erweckt hat, dass betreffend den Sturz der Santer-Kommission im März 1999 von „völlig unlauteren, unverhältnismäßigen und zum großen Teil einfach nicht existierenden Anschuldigungen von Betrug und Korruption“ (Seite 14 des Berichts) die Rede gewesen sein soll?
Was unternimmt die Kommission, um die veröffentlichte Meinung dieser als Autorität betrachteten Person, die das Europäische Parlament mit einigen ihrer Äußerungen in Misskredit bringt, bei der Leserschaft zu korrigieren, so dass in den Vereinigten Staaten ein korrekteres Bild der Europäischen Union entstehen kann?
Wie dem Herrn Abgeordneten bekannt ist, wurde der Bericht „La actualidad del pensiamento de Robert Schuman en el contexto de la Convención sobre el futuro de Europa“ im August 2002 veröffentlicht.
Zum Abschluss eines Jean-Monnet-Forschungsstipendiums gehört auch die Veröffentlichung einer Publikation. Die Annahme des Stipendiums schließt die Erstellung und Veröffentlichung der im Rahmen dieses Stipendiums erzielten Ergebnisse ein.
Nach Auffassung der Kommission ist die Gefahr, die vom Abgeordneten angeführte Feststellung des Autors könne als auf die tatsächliche Tätigkeit der Kommission bezogen verstanden werden, äußerst gering, da der Artikel in der Fachzeitschrift von einem Bediensteten vorgelegt wurde, der gegenwärtig keine leitende Stellung innehat, und sich an Spezialisten wendet, die Leser der University of Miami Jean Monnet/ Robert Schuman Paper Series sind.
Angesichts dieser Umstände scheint es nicht angemessen, davon auszugehen, dass eine Genehmigung gemäß Artikel 17 erforderlich gewesen wäre.
Anfrage Nr. 82 von Antonios Trakatellis (H-0097/03)
Betrifft: Anwendung einer mathematischen Formel bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge
Eine grafische Darstellung in einem Artikel einer seriösen griechischen Tageszeitung beschreibt eine fast monopolistische Situation im öffentlichen Bausektor, die das Ergebnis der Anwendung einer mathematischen Formel zur Auswahl der beauftragten Unternehmen ist. Die zuständigen Dienste der Europäischen Union stimmten 1996 dem Vorschlag des damaligen Ministers für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Bauten zu, diese nur in Griechenland geltende Formel anzuwenden. Beabsichtigt die Kommission, diese mathematische Formel erneut zu prüfen, und welche Maßnahmen wird sie im Hinblick auf Beschwerden über die Nichtanwendung der Formel ergreifen?
Die Kommission möchte den Herrn Abgeordneten darüber informieren, dass sie sich zwischen 1994 und 1996 wiederholt schriftlich an die griechischen Behörden mit der Aufforderung gewandt hat, Maßnahmen zur Lösung des seinerzeit schwerwiegenden Problems der großen Anzahl ungewöhnlich niedriger Angebote bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der sich daraus ergebenden unrealistischen Verträge zu ergreifen. Zur Beseitigung dieser Situation, die auch Probleme bei der gemeinschaftlichen Finanzierung von Projekten mit sich brachte, hat Griechenland die bis heute angewandte mathematische Formel eingeführt. Die Kommission war von den griechischen Behörden seinerzeit über deren Absicht in Kenntnis gesetzt worden, eine Gesetzesreform zur Einführung eines mathematischen Formelsystems zur Ermittlung ungewöhnlich niedriger Angebote bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durchführen zu wollen. Die Kommission ist zum Inhalt der entsprechenden Gesetzestexte allerdings nicht formell angehört worden.
Im Übrigen ist Griechenland nicht der einzige Mitgliedstaat, der ein mathematisches Modell zur Ermittlung ungewöhnlich niedriger Angebote bei der Vergabe öffentlicher Aufträge anwendet. Ein vergleichbares Modell wird u.a. auch in Italien und Spanien benutzt. Der Gerichtshof, der im Rahmen zweier Rechtssachen(1) zu diesem Thema angerufen wurde, hat entschieden, dass die Anwendung eines mathematischen Kriteriums zur Ermittlung von ungewöhnlich niedrigen Angeboten an sich keine Verletzung des Gemeinschaftsrechts darstellt. Aus der Besonderheit des griechischen Systems könnten sich jedoch gewisse Probleme in Bezug auf Übereinstimmung mit der Gemeinschaftsvorschriften und der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergeben.
Zur Klärung dieser Situation und im Rahmen der Bearbeitung der entsprechenden Klagen forderte die Kommission die griechischen Behörden in einem Schreiben auf, sich dazu zu äußern, wie die Anwendung des mathematischen Kriteriums zur Bestimmung von ungewöhnlich niedrigen Angeboten im Einzelnen erfolgt. Die Kommission prüft zurzeit die daraufhin eingegangene Antwort der griechischen Behörden und wird danach über das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit entscheiden.
Betrifft: Staatliche Unterstützung und Verlust von Arbeitsplätzen in Schweden
Aufgrund einer staatlichen Unterstützung in Höhe von 200 Mio. Schwedischen Kronen (etwa 20 Mio. Euro) durch Großbritannien hat Ford sich dafür entschieden, sein Werk für den Bau eines neuen Sechszylindermotors nach Wales statt in die Motorfabrik in Skövde (Schweden) zu verlegen, obwohl dieser neue Motor gerade in Skövde entwickelt worden ist, das im Zentrum des Automobilbaus in Westgötland liegt.
Eine weitere staatliche Unterstützung in Höhe von etwa 100 Mio. Schwedischen Kronen (etwa 10 Mio. Euro) wurde für ein Motorenwerk im spanischen Valencia bereitgestellt. Auch diese Unterstützung hat zu einem Abzug von Arbeitsplätzen aus Skövde geführt.
Die schwedische Öffentlichkeit und die betroffenen Arbeitnehmer des Motorenwerkes in Skövde sind sehr verärgert darüber, dass mit Hilfe staatlicher Unterstützungen Arbeitsplätze in der EU in andere Mitgliedstaaten abgezogen werden.
Inwieweit ist die Kommission der Auffassung, dass staatliche Unterstützungen im Allgemeinen und in diesen beiden besonderen Fällen zu Wettbewerbsverzerrungen führen und dass somit ein offenkundiger Bedarf besteht, die vorhandenen Bestimmungen umgehend zu verschärfen? Was unternimmt die Kommission, um zu verhindern, dass staatliche Beihilfen innerhalb der EU dazu führen, dass Arbeitsplätze aus einem Mitgliedstaat in einem anderen abgezogen werden, und welche Maßnahmen gedenkt die Kommission im vorliegenden konkreten Fall zu ergreifen?
Anfrage Nr. 87 von Jonas Sjöstedt (H-0108/03)
Betrifft: Investitionen von Ford in das Ford-Motorenwerk in Wales
Nach schwedischen Zeitungsberichten hat die EU-Beihilfe von nahezu 200 Millionen schwedischen Kronen für die Investitionen von Ford in ein Motorenwerk in Wales dazu geführt, dass der Sechszylinder-Motor, den Volvo entwickelt hat, jetzt nicht in Skövde (Schweden) gebaut wird, sondern in Wales. Wenn Ford stattdessen in das Werk in Skövde investiert hätte, bei dem die Lohnkosten um 10% niedriger liegen als in Wales, hätte Ford keine Strukturbeihilfen von der EU erhalten.
Die Steuerzahler in der EU, darunter auch die schwedischen Steuerzahler, sollen also einen Beitrag dazu leisten, dass Arbeitsplätze und Produktion zum Vorteil der Grossunternehmen von einem Mitgliedstaat in einen anderen verlagert werden. Mit der Erweiterung der Union wächst die Gefahr, dass Grossunternehmen die Produktion in Mitgliedstaaten verlagern, in denen das Ausbildungsniveau verhältnismäßig hoch ist, die Lohnkosten jedoch beispielsweise im Vergleich zu Schweden nur ein Sechstel betragen.
Ist die Kommission sich dieser Gefahr bewusst und wie gedenkt sie den möglichen Folgen entgegenzuwirken?
Es werden immer wieder Anfragen bezüglich der Geschlossenheit der Wettbewerbspolitik an die Kommission herangetragen, wenn es zu Verlagerungen von Produktionskapazitäten innerhalb der Union kommt. Die Kommission möchte zunächst unterstreichen, dass es sich bei Verlagerungen vor allen Dingen um Entscheidungen handelt, die von Unternehmen getroffen werden, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, indem sie entweder Einsparungen bei den Gemeinkosten (Lohnkosten, Transport, Rohstoffe, Steuern) oder Rationalisierungsmaßnahmen bei den Produktionsanlagen vornehmen. Entscheidungen über den Standort einer Neuinvestition können deshalb von einer Reihe von Faktoren beeinflusst werden, nicht nur oder vor allem von der Aussicht auf staatliche Beihilfen für Neuinvestitionen. Auf jeden Fall sind bei staatlichen Beihilfen dieser Art, ob national oder durch die Gemeinschaft gewährt, die Gemeinschaftsvorschriften für staatliche Beihilfen einzuhalten.
Das Grundprinzip der Vorschriften über staatliche Beihilfen besteht darin, dass diese als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar angesehen werden. Ausnahmen sind jedoch möglich, sofern sichergestellt ist, dass die sich aus der Gewährung staatlicher Beihilfen ergebenden Folgen für den Handel sowie die resultierenden Wettbewerbsverzerrungen durch einen ausreichenden Beitrag zur Entwicklung einer benachteiligten Region ausgeglichen werden.
Deshalb besteht eines der Ziele der Kohäsionspolitik sowie das wichtigste Ziel der staatlichen Beihilfen mit regionaler Zielsetzung in der Schaffung eines für die Entwicklung der unterstützten Region angemessenen Anreizniveaus. Was die Kontrolle der staatlichen Beihilfen anbelangt, so wird diese Politik mit Hilfe eines Systems von Beihilfehöchstsätzen je nach Ausmaß und Dringlichkeit der jeweiligen regionalen Probleme praktisch umgesetzt.
Bei der Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften für staatliche Beihilfen berücksichtigt die Kommission potenzielle Verlagerungsprobleme, um sicherzustellen, dass die nachteiligen Folgen der Beihilfen für den Wettbewerb durch positive Auswirkungen, insbesondere bezüglich der Kohäsion, ausgeglichen werden. So hat die Kommission bei Annahme der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung den Umfang der insgesamt zulässigen Beihilfen verringert, um zu verhindern, dass Regionen sich gegenseitig zu unterbieten suchen, und um Beihilfen auf das absolut notwendige Maß zu beschränken. Gleichzeitig wurde die Vergabe von Beihilfen mit regionaler Zielsetzung an strengere Bedingungen hinsichtlich der Dauer der Investition und der Schaffung von Arbeitsplätzen in der jeweiligen Region geknüpft. Schließlich sind große Investitionsvorhaben auf Grund der Bestimmungen des jüngsten Multisektoralen Regionalbeihilferahmens für große Investitionsvorhaben(1) einer noch strengeren Disziplin unterworfen.
Diesen Bestimmungen zufolge beträgt die Beihilfehöchstintensität für Regionalbeihilfen in der Kfz-Industrie, die im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung zugunsten von Vorhaben, deren beihilfefähige Kosten 50 Mio. EUR überschreiten oder deren Beihilfevolumen über 5 Mio. EUR, ausgedrückt als Bruttosubventionsäquivalent, liegt, 30 % des entsprechenden regionalen Beihilfehöchstsatzes.
Demzufolge konnte die einem Motorenwerk in Wales nach dem 1. Januar 2003 gewährte Beihilfe nur eine Intensität von höchstens 10,5 % der Investitionskosten erreichen, gegenüber einer Beihilfeintensität von 35 % bis Dezember 2002. Auf jeden Fall wird sich die Kommission mit den Behörden im Vereinigten Königreich in Verbindung setzen, um bestätigt zu bekommen, dass die dem Motorenwerk gewährten Beihilfen den geltenden Gemeinschaftsvorschriften entsprechen.
Im Falle der einem Kraftfahrzeughersteller in Valencia (Spanien) im Mai 2002 gewährten Beihilfe hat die Kommission nach gründlicher Prüfung eine Investitionsbeihilfe in Höhe von 11,11 Mio. EUR an Ford España für sein Werk Almusafes (Valencia) genehmigt, was einer Reduzierung des ursprünglich von den spanischen Behörden geplanten Betrages um 30 % entspricht. Die Kommission war auf Grund ihrer Untersuchung zu der Auffassung gelangt, dass die genehmigte Beihilfe zum Ausgleich regionaler Nachteile der Region Valencia erforderlich und daher mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.
Was die mögliche Verlagerung von Produktionskapazitäten in die Beitrittsländer auf Grund staatlicher Beihilfen betrifft, so hat die Kommission stets die Ansicht vertreten, dass die Beitrittsländer erst dann als beitrittsreif gelten können, wenn ihre Unternehmen und Behörden bereits geraume Zeit vor dem Beitritt einen Wettbewerb und eine Disziplin in Bezug auf staatliche Beihilfen gewohnt sind, wie sie in der Gemeinschaft üblich sind. Die Beitrittsländer müssen bereits in der Phase der Heranführung die Kriterien des Gemeinschaftsrechts für staatliche Beihilfen erfüllen.
Die Kommission befürwortet diese strenge Vorgehensweise nicht allein deshalb, um die Binnenmarktdisziplin nach der Erweiterung zu wahren, sondern auch, um auf dem erweiterten Binnenmarkt für künftige und gegenwärtige Mitgliedstaaten gleiche Bedingungen zu schaffen. Dieses strenge Vorgehen gilt insbesondere für so sensible Fragen wie Beihilfen für die Kraftfahrzeugindustrie. Deshalb bleibt es bei dem Grundsatz, dass in dieser Branche geringere Beihilfeintensitäten beizubehalten sind, unabhängig davon, ob der Förderungsempfänger in einem gegenwärtigen oder einem künftigen Mitgliedstaat investiert.
Betrifft: Prioritäten der griechischen Präsidentschaft und Effizienz der internationalen Übereinkommen zur Drogenbekämpfung
Im Dokument „Prioritäten der griechischen Präsidentschaft im Jahr 2003“ heißt es: „Die Effizienz bestehender internationaler Verträge zur Kontrolle der Herstellung von Suchtstoffen und des Handels mit ihnen sollte überprüft werden.“
Die erste Gelegenheit zur Überprüfung dieser Effizienz bietet sich in der Sitzung der Drogenkommission der UNO vom 8.-17. April in Wien. Welchen Beitrag gedenkt die Kommission zu der vom Rat angestrebten Überprüfung der Effizienz der Verträge zu leisten?
Gedenkt die Kommission, den Mitgliedstaaten und dem Rat ein Treffen zur Änderung der internationalen Übereinkommen vorzuschlagen oder bereits für die Sitzung im April Vorschläge für eine Änderung vorzulegen? Wie weit sind die diesbezüglichen Arbeiten der Kommission gediehen?
Die Kommission hat das Dokument „Prioritäten der griechischen Präsidentschaft im Jahr 2003“ zur Kenntnis genommen, indem darauf hingewiesen wird, dass die geltenden internationalen Verträge in Bezug auf Drogen überarbeitet werden sollten. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat die griechische Präsidentschaft jedoch keine diesbezüglichen Initiativen ergriffen.
Auf der Sitzung der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen, die am 16. und 17. April 2003 auf Ministerebene in Wien zusammentreten wird, sollen die Fortschritte sowie die Schwierigkeiten bewertet werden, die bei der Umsetzung jener Ziele und Maßnahmen zu verzeichnen sind, die auf der Generalversammlung im Jahr 1998 beschlossen worden sind. Nach Kenntnis der Kommission steht die Überarbeitung internationaler Übereinkommen nicht auf der Tagesordnung für die Sitzung im April 2003.
Anfrage Nr. 85 von Benedetto Della Vedova (H-0105/03)
Betrifft: Einstufung von Cannabis nach internationalem Recht
Im UN-Übereinkommen über Suchtstoffe von 1961 steht Cannabis zusammen mit den gefährlichsten Suchtstoffen wie Heroin in Plan I und ferner in Plan IV, der Suchtstoffe aus Plan I enthält, die als Stoffe mit einem begrenzten therapeutischen Wert und äußerst gefährlichen Eigenschaften betrachtet werden. Im UN-Übereinkommen von 1988 gilt der Hauptbestandteil von Cannabis, THC, nur als psychotrope Substanz. Ob diese Einstufungen schlüssig sind, ist somit ernsthaft in Zweifel zu ziehen, denn hier wird eine Pflanze, die 3% von einem Hauptbestandteil enthält, strenger behandelt als der 100%ig reine Stoff.
Hält die Kommission die Einstufung von Cannabis in Plan I zusammen mit Heroin für sinnvoll? Ist Cannabis so gefährlich wie Heroin? Ist die Einstufung von Cannabis in Plan IV sinnvoll? Besitzt Cannabis keinen medizinischen Wert? Soll Cannabis strenger behandelt werden als sein Hauptbestandteil? Wird die Kommission dem Rat und den Mitgliedstaaten Änderungen vorschlagen, damit Cannabis im Rahmen der UN-Übereinkommen neu eingestuft wird?
Seit der Annahme des ersten UN-Übereinkommens über Suchtstoffe im Jahre 1961, des sogenannten Einheitsübereinkommens, stellt sich immer wieder die Frage der Klasseneinstufung, und in der Tat ist Cannabis in derselben Klasse eingestuft wie Heroin. Die Schwierigkeit resultiert dabei aus der Tatsache, dass der Begriff Suchtstoff in den Texten nicht eindeutig definiert ist und die Einstufung deshalb maßgeblich auf den medizinischen Wirkungen dieser Substanzen basiert.
Die Debatte um eine eventuelle Neueinstufung von Cannabis ist sehr vielschichtig. Es ist jedoch Sache der Parteien zum Übereinkommen, sich dazu zu äußern. Die Kommission kann ihrerseits kaum Einfluss in diesem Bereich ausüben, da sie in der UN-Suchtstoffkommission nur einen Beobachterstatus innehat. Sie kann daher keine Vorschläge für diesbezügliche Abänderungen einbringen. Was die Möglichkeit einer Initiative des Rates zur Neueinstufung von Cannabis betrifft, so hat die Kommission zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht die Absicht, eine solche Initiative vorzuschlagen.
Anfrage Nr. 86 von Gianfranco Dell'Alba (H-0107/03)
Betrifft: Drogenbekämpfung, internationale Konventionen und Todesstrafe
Die UN-Drogen-Konventionen aus den Jahren 1961, 1971 und 1988 sehen das Verbot und die Kriminalisierung einer Reihe von Sachverhalten im Zusammenhang mit Drogen (Anbau, Produktion, Ausfuhr und Einfuhr, Konsum, Verkauf, usw.) vor. Zahlreiche Staaten haben bei der Übernahme dieser Konventionen die Todesstrafe für die betreffenden Straftaten vorgesehen. Zu ihnen gehören u.a. China, Malaysia, Vietnam, Singapur, Kuwait, Iran, Thailand, die Philippinen und Indonesien.
Ist die Kommission nicht der Ansicht, dass es erforderlich ist und dem internationalen Standpunkt der Europäischen Union zur Todesstrafe entspricht, diese internationalen Konventionen unverzüglich zu überprüfen, um die Todesstrafe für die Straftaten im Zusammenhang mit Drogen zu verbieten? Wenn ja, beabsichtigt die Kommission, dieses Problem in Angriff zu nehmen und einen Abänderungsvorschlag über die Mitgliedstaaten der EU, die ohne Ausnahme die Konventionen unterzeichnet haben, anlässlich der nächsten im April 2003 in Wien stattfindenden UN-Drogen-Sitzung zu unterbreiten?
Der Standpunkt der Union zur Abschaffung der Todesstrafe wird von der Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten in Beziehungen zu Drittstaaten, die diese Strafe anwenden, aktiv umgesetzt. Die Union besitzt spezielle Leitlinien für diese Umsetzung.
Die Kommission vertritt diesen Standpunkt insbesondere auch durch Programme mit Nichtregierungsorganisationen (NRO) im Rahmen der Europäischen Initiative für Menschenrechte und Demokratie. Kürzlich hat die Kommission beschlossen, rund 4,9 Mio. EUR für verschiedene Projekte zur Unterstützung der Abschaffung der Todesstrafe zur Verfügung zu stellen.
Die Abänderung der UN-Drogen-Konventionen aus den Jahren 1961, 1971 und 1988 steht nicht auf der Tagesordnung der vom 8. bis 17. April 2003 in Wien stattfindenden Sitzung der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen. Die Kommission kann ihrerseits kaum Einfluss auf diese Fragen nehmen, da sie in der Suchtstoffkommission nur einen Beobachterstatus inne hat.
Anfrage Nr. 88 von Robert J.E. Evans (H-0110/03)
Betrifft: Wetten und Spiel im Binnenmarkt
Inwieweit erstreckt sich der Binnenmarkt nach Ansicht der Kommission derzeit auf Wetten und Spiel? Welche Pläne verfolgt die Kommission für Entwicklungen in diesem Bereich?
Aktivitäten im Zusammenhang mit Wetten und Spiel betreffen Fragen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Spiele, Spielautomaten und ähnliche Waren sind Produkte im Sinne der Artikel 28 und 30 EG-Vertrag. Darüber hinaus können Wetten und Spiel als Dienstleistungen betrachtet werden, wenn Sie gegen Entgelt angeboten werden. Handelt es sich im konkreten Falle um grenzüberschreitende Dienstleistungen, die z. B. in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem der Betreiber ansässig ist, angeboten werden, fallen sie unter Artikel 49 EG-Vertrag.
Die Kommission möchte hervorheben, dass die Mitgliedstaaten für grenzüberschreitend erbrachte Dienstleistungen sowie den freien Verkehr von Spielautomaten innerhalb der Gemeinschaft Einschränkungen erlassen können, um Ziele des allgemeinen Interesses wie den Verbraucherschutz oder die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in der Gesellschaft zu wahren. Entsprechend der Rechtsauffassung des Europäischen Gerichtshofs sind solche Einschränkungen mit dem EG-Vertrag vereinbar, sofern sie nichtdiskriminierend und diesen Zielen angemessen sind.
Gemäß Richtlinie 98/34/EG vom 22. Juni 1998(1) geändert durch Richtlinie 98/48/EG vom 20. Juli 1998(2) sind neue einzelstaatliche Vorschriften zur Regulierung von Dienstleistungen der Informationsgesellschaft in Form von Wetten oder Spiel bzw. solche, die die Regulierung von Spielen und Spielautomaten zum Inhalt haben, der Kommission und den Mitgliedstaaten mitzuteilen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten können dann reagieren, wenn der Entwurf der nationalen Vorschrift Probleme des Binnenmarktes berührt.
Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen in den Balkanländern haben in den letzten Jahren neue Perspektiven für die EU geschaffen, aber auch für diese Länder selbst angesichts der Tatsache, dass einige von ihnen in naher Zukunft in die europäische Familie aufgenommen werden. In diesem Zusammenhang kommt Nordgriechenland im Hinblick auf die zentrale Rolle der Union in den Balkanländern eine besondere Bedeutung zu.
Um dieses Ziel zu erreichen, besteht eine Möglichkeit darin, in Thessaloniki eine Außenstelle zur Vertretung der Europäischen Kommission einzurichten. Bekanntlich gibt es diese Außenstellen nicht nur in den Hauptstädten, sondern auch in anderen Städten der Mitgliedstaaten.
Gibt es eine Möglichkeit zur Einrichtung einer Außenstelle zur Vertretung der Europäischen Kommission in Thessaloniki? Wenn ja, welches Verfahren muss sowohl von Seiten Griechenlands als auch von Seiten der Europäischen Kommission eingeleitet werden?
Die Einrichtung von regionalen Außenstellen ist eigenständige Angelegenheit der Kommission und resultiert jeweils aus dem eindeutig feststellbaren und umfangreichen Informationsbedarf der Bürger einer bestimmten Region zu europäischen Fragen sowie der Tatsache, dass dieser Bedarf nicht anderweitig zu decken ist. Durch dezentrale Informationsverbreitung kann diesem Bedarf wirksam entsprochen werden und es lassen sich bürgernahe Informationen vermitteln, die den lokalen Sensibilitäten angepasst sind, besonderen geografischen Insellagen oder der weitgehenden administrativen Autonomie bestimmter Regionen Rechnung tragen.
Der Errichtung von Außenstellen in den Mitgliedstaaten sind jedoch administrative und haushaltspolitische Grenzen gesetzt. Angesichts der verwaltungsmäßigen Vorbereitung auf die Erweiterung im Jahr 2004 und der vorrangigen Eröffnung neuer Vertretungen in jedem der neuen Mitgliedstaaten, ist es aus finanziellen und administrativen Gründen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich, die Eröffnung einer regionalen Außenstelle in Thessaloniki in Betracht zu ziehen.
Eine Alternative zur Einrichtung regionaler Außenstellen besteht jedoch in der Schaffung von Informationszentren. Ein Beispiel dafür ist insbesondere die Eröffnung eines Europäischen Zentrums für Kommunikation, Information und Kultur (CECIC) in Thessaloniki im Jahr 1999, für das im Jahr 2002 ein neuer Vertrag mit einer Laufzeit von drei Jahren zwischen der Kommission und den regionalen Behörden abgeschlossen wurde.
Anfrage Nr. 90 von María Rodríguez Ramos (H-0116/03)
Betrifft: Gebühren zur Amortisierung von Wasserinfrastrukturarbeiten, an deren Finanzierung der EFRE beteiligt war
Das spanische Umweltministerium hat Bauarbeiten zur Kanalisierung und Umleitung von Wasser aus dem Stausee von Riaño durchführen lassen, wobei 65 Prozent der Mittel aus dem EFRE stammten. Die spanischen Behörden verlangen nun von der Gemeinschaft der Gießwassernutzer von Carrión, die nun die Nutznießerin dieser Kanalisierungsmaßnahme ist, eine Gebühr, mit der letztendlich 100 Prozent der Kosten der Infrastrukturmaßnahme abgegolten werden sollen, obwohl der spanische Staat selbst nur für 25 Prozent der Kosten aufgekommen ist.
Kann die Kommission Aufschluss darüber geben, ob ein Mitgliedstaat wie in diesem Fall, zumal es sich hier um ein Gebiet des Ziels 1 handelt, durch eine Nutzungsgebühr die Kosten einer Investition wieder hereinholen darf, die zum großen Teil aus dem EFRE finanziert wurde?
Ist es nach Gemeinschaftsrecht möglich, dass ein Mitgliedstaat den Bürgern der Gebiete des Ziels 1 Gebühren auferlegt, mit denen Mittel zurückgezahlt werden sollen, die aus dem EFRE in diese Gebiete geflossen sind?
Die Kommission ist darüber informiert, dass die spanischen Behörden zur Finanzierung der Betriebs- und Wartungskosten sowie zur Abschreibung der Investition Steuern und Abgaben für die wasserwirtschaftliche Anlagen erheben.
Die Verordnung des Rates 1260/1999(1) mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds enthält keine Festlegungen oder Einschränkungen hinsichtlich der von Mitgliedstaaten zur Finanzierung der Betriebs- und Wartungskosten sowie Abschreibung der Investition zulässigen Maßnahmen für anfänglich aus Mitteln der Fonds unterstützte Projekte.
Anfrage Nr. 91 von Karin Riis-Jørgensen (H-0119/03)
Betrifft: Postmonopol
General Logistics Systems (GLS) ist ein Tochterunternehmen der Royal Mail Group plc., die Pakete aus Nicht-EU-Staaten in ganz Europa befördert.
In Deutschland werden von GLS Zollabgaben auf den Wert von Paketen erhoben, bevor diese an die verschiedenen europäischen Zielorte weiterbefördert werden können. Diese Zollabgabe wird offensichtlich nicht auf entsprechende Pakete erhoben, die von den öffentlichen Postunternehmen befördert werden.
Steht diese Diskriminierung zwischen zwei Lieferanten (den staatlichen/öffentlichen und den privaten) in Einklang mit geltendem EU-Recht, und wie gedenkt die Kommission hier Abhilfe zu schaffen, falls dies nicht der Fall ist?
Gemäß den Bestimmungen des Zollkodex der Gemeinschaften und des Gemeinsamen Zolltarifs werden auf den Zollwert eingeführter Waren Einfuhrabgaben erhoben. Abgesehen von einer kleineren Bestimmung(1), die lediglich die Einbeziehung bestimmter Postgebühren in den Zollwert regelt, gibt es keine besonderen Bestimmungen zur Ermittlung des Zollwertes speziell für die Einfuhr von Waren in Paketen.
Eine Einfuhrzollschuld entsteht, wenn die Ware in den freien Verkehr übergeführt wird. Bei Sendungen zwischen Privatpersonen gilt für diese eine Zollbefreiung für einen Betrag von bis zu 45 EUR(2) oder ein Pauschalsatz von 3,5 % für einen Betrag von bis zu 350 EUR, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind(3). Daher gibt es keine Diskriminierung hinsichtlich der Höhe der zu entrichtenden Abgaben.
Nach dem Zollrecht der Gemeinschaften kann die Post eines Mitgliedstaates als Anmelder und, wo dies zutrifft, als Schuldner gelten(4). Außerdem müssen in die Gemeinschaft eingeführte Waren nicht dem Einfuhrzollamt vorgelegt werden, sofern die zollamtliche Überwachung und die Möglichkeiten der zollamtlichen Prüfung dadurch nicht beeinträchtigt werden(5), sie können sich innerhalb der Gemeinschaft bewegen und mit einem Dokument CN22 oder CN23 des Weltpostvereins(6) in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden. Die Kommission prüft gegenwärtig, ob - und wie - diese Verfahrensregeln geändert werden müssen, um für alle Betreiber, die Pakete einführen, gleiche Bedingungen zu schaffen.
Artikel 237 Absatz 1 Buchstabe A Durchführungsvorschriften zum Zollkodex der Gemeinschaften.
Anfrage Nr. 92 von Efstratios Korakas (H-0126/03)
Betrifft: Verschlechterung der Lebensbedingungen palästinensischer Studenten mit ständigem Wohnsitz und Studienplatz in EU-Mitgliedstaaten
Die Lebensbedingungen der palästinensischen Studenten in EU-Mitgliedstaaten verschlechtern sich in besonderem Maße. In der EU, so wird beklagt, werden immer weniger Stipendien vergeben. Dies verschlimmert die ohnehin schwierige Situation dieser Studenten. Sie können gleichzeitig aufgrund der Lage im Nahen Osten und der fortgesetzten Angriffe der israelischen Ordnungskräfte auf palästinensisches Gebiet nicht nach Palästina zurückkehren.
Beabsichtigt die Kommission, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Studenten den Abschluss ihrer Studien zu ermöglichen, indem sie sie finanziell direkt unterstützt und ihnen die Möglichkeit einräumt, in den Ländern, in denen sie ihren Wohnsitz haben, eine Beschäftigung aufzunehmen?
Für Fragen zu Stipendien für Studenten sind die Mitgliedstaaten und nicht die Gemeinschaft zuständig. Demzufolge fällt auch die Verringerung der Stipendien, auf die sich der Herr Abgeordnete bezieht, in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, so dass die Kommission außerstande ist, diesbezüglich einzugreifen.
Anfrage Nr. 93 von Paul Rübig (H-0127/03)
Betrifft: Auswirkungsstudie zu Basel II - Verfügbarkeit der Ergebnisse
Da die Generaldirektion Forschung aktiv bei der Erstellung der von der Generaldirektion Binnenmarkt als federführender Dienststelle ausgeschriebenen und auf einem Beschluss des Europäischen Rates von Barcelona basierenden Auswirkungsstudie zu den neuen Basel II-Vorschriften mitwirkt, möchte ich die Kommission, insbesondere im Hinblick auf die äußerst wichtigen Auswirkungen von Basel II auf die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit der europäischen KMU fragen, wann mit der Verfügbarkeit der Ergebnisse dieser Studie zu rechnen ist? Die für den Europäischen Rat im Spätherbst 2003 geplante Veröffentlichung der Auswirkungsstudie zu Basel II erscheint jedenfalls als zu spät. Es wäre von großer Bedeutung, dass die Ergebnisse dieser Studie bereits während der 3. Konsultationsphase von Basel II, die sich von Mai bis August 2003 erstreckt, vorhanden sind. Wird die Kommission während der 3. Konsultationsphase zumindest vorläufige Ergebnisse der Auswirkungsstudie zu Basel II zur Verfügung stellen können?
Antwort der Kommission
11.03.2003
Der Europäische Rat hat die Kommission auf seiner Tagung im Jahr 2002 in Barcelona aufge-for-dert, „einen Bericht über die Auswirkungen der Baseler Überlegungen auf alle Sektoren der euro-päischen Wirtschaft unter besonderer Berücksichtigung der KMU vorzulegen“.
Die Kommission hat die Gelegenheit, die sich damit bot, aufs Wärmste begrüßt. Sie hält es für äußerst wünschenswert und bedeutsam, die voraussichtlichen Auswirkungen der neuen Vor-schrif-ten über die Eigenkapitalanforderungen, die für die Wirtschaft der Union von größter Wich-tigkeit und von potenziellem Nutzen sind, einer Bewertung zu unterziehen.
Die Fragen, die in einem solchen Bericht behandelt werden müssen, sind natürlich sehr komplex. Die Kommission hat eine ausführliche und durchdachte Ausschreibung erarbeitet, die im Juli 2002 bekannt gegeben wurde. Sie stieß auf beachtliches Interesse.
Es entsprach durchweg der Absicht der Kommission, dass die Auswirkungsstudie vor der An-nah-me eines Richtlinienvorschlags durch die Kommission fertiggestellt und zugänglich gemacht wer-den sollte. Dies ist notwendig und wünschenswert, wenn die Erkenntnisse der Studie bei der endgültigen Verab-schie-dung des Vorschlags und den anschließenden Legislativverfahren berücksichtigt werden sollen, und dürfte in erheblichem Maße zu einem demokratischen Prozess beitragen.
In einer fortgeschrittenen Phase des Ausschreibungsverfahrens wurde eine formale Unre-gel-mä-ßig-keit festgestellt, so dass beschlossen wurde, die Ausschreibung zu annullieren und eine neue Ausschreibung vorzunehmen. Dies wird demnächst geschehen, wobei ein beschleu-nigtes Aus-schreibungsverfahren zugrunde gelegt werden soll.
Entsprechend der Absicht der Kommission soll der Bericht bis Ende 2003 fertiggestellt sein. Dies ist nur wenig später als der ursprüngliche Fertigstellungstermin September 2003 und bedeu-tet, dass der Bericht, wie vorgesehen, vor der Verabschiedung eines Richtlinienvorschlags in der er-sten Hälfte des Jahres 2004 vorliegen wird.
Bei alledem sollte nicht vergessen werden, dass es – wie das Parlament selbst erklärt hat – von größter Wichtigkeit ist, dass der neue Rahmen von den Mitgliedstaaten im Einklang mit der Ende-2006-Frist von Basel umgesetzt wird. Dies ist notwendig, um sicherzustellen, dass der euro-päische Finanzdienstleistungssektor gegenüber seinen weltweiten Konkurrenten nicht benach-teiligt ist.
Es sollte auch erwähnt werden, dass die Kommission gerade einen sehr erfolgreichen „struktu-rier-ten Dialog“ mit der Industrie einschließlich der KMU abgeschlossen hat. Es ist geplant, die Be-mer-kungen, die dabei vorgebracht wurden, demnächst auf der Website der Kommission öf-fent-lich zugänglich zu machen.
Anfrage Nr. 94 von Ioannis Patakis (H-0129/03)
Betrifft: Senkung der Zinsen für Sparguthaben und nachteilige Auswirkungen für Kleinanleger
Vor allem in Ländern wie Griechenland, die nach wie vor eine hohe Inflation aufweisen, wirkt sich die Senkung der Zinssätze für Sparguthaben ganz besonders nachteilig für Kleinanleger aus und beschwert ihnen unter dem Strich Verluste. Wieder einmal sind die einfachen Menschen die Leidtragenden, wenn die Banken in einer Zeit, da ihre Einnahmen aus dem Börsengeschäft zurückgehen, ihre Gewinnspanne erhöhen, indem sie nach wie vor hohe Zinsen auf Darlehen, insbesondere auf Bau- oder Verbraucherdarlehen, nehmen.
Wird die Kommission im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um Kleinanleger und Kleinkreditnehmer vor der Willkür der Banken zu schützen, die ihr Oligopol und ihre marktbeherrschende Stellung ausnutzen, um ihre Gewinne zu erhöhen, indem sie die gesamten Belastungen, die mit der Krise einhergehen, mit Hilfe der Zinsschwankungen auf Kleinsparer und Kleinkreditnehmer abwälzen?
Die Kommission dankt dem Abgeordneten für seine Frage bezüglich der Senkung der Zinsen für Sparguthaben, insbesondere in Griechenland, und den sich daraus möglicherweise ergebenden nachteiligen Auswirkungen für Kleinanleger.
Die Liberalisierung der Finanzmärkte in der Gemeinschaft ist weitgehend abgeschlossen. Die erfolgreiche Einführung des Euro hat hierbei als Katalysator gewirkt.
Die Finanzmärkte sind daher hoch wettbewerbsfähige und selbständige Institutionen, die zwar gemeinsamen Faktoren wie Schwankungen des Kreditzinssatzes unterliegen, die Konditionen für ihre Kunden jedoch entsprechend ihren Strategien und Bilanzen und anhand weiterer Überlegungen selbst gestalten.
Obwohl es von Zeit zu Zeit Ad-hoc-Untersuchungen zu vermuteten Absprachen oder Abstimmungen zwischen Institutionen über die für die Kunden geltenden Konditionen gegeben hat, sind Absprachen oder Missbrauch einer gemeinsam beherrschenden Stellung in Griechenland bisher nicht nachgewiesen worden.
Es liegen deshalb zur Zeit keine konkreten Hinweise auf eine Verletzung der Artikel 81 oder 82 EG-Vertrag vor. Die Kommission hat diese Angelegenheit jedoch der griechischen Wettbewerbsbehörde zur Kenntnis gegeben, die am besten in der Lage ist, den Markt für das Privatkundengeschäft in Griechenland zu überwachen.
Anfrage Nr. 95 von Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (H-0131/03)
Betrifft: Kontrolle im Nationalen Rettungsdienst (EKAB)
In den vergangenen 25 Monaten sind bei drei Abstürzen von Hubschraubern des Nationalen Rettungsdienstes in Griechenland 14 Menschen ums Leben gekommen. Dies hat allenthalben große Empörung ausgelöst. Viele Fragen zu den Ursachen der Unfälle und zur Verantwortung der Regierungsstellen sowie der Gesellschaft DRF und ihrer Tochtergesellschaft Helitalia, die den Betrieb der Rettungshubschrauber übernommen haben, sind nach wie vor offen.
In welcher Höhe wurden Gemeinschaftsmittel für die Ausrüstung, den Betrieb des Nationalen Rettungsdienstes sowie die Ausbildung des Personals ausgegeben? Hat die Kommission nach den tragischen Ereignissen gefordert, zu überprüfen, ob der Nationale Rettungsdienst die europäischen Vorschriften zur Flugsicherheit einhält? Wird die Kommission den anstehenden Kauf neuer Hubschrauber und neuer Flugzeuge des Rettungsdienstes finanzieren? Welche Maßnahmen (Empfehlungen, Kontrollen usw.) wird sie ergreifen, damit das ordnungsgemäße Management und die Sicherheit bei den einzelnen Abteilungen des Rettungsdienstes gewährleistet ist?
Angaben der griechischen Behörden zufolge waren zwei der drei in den vergangenen Monaten abgestürzten Hubschrauber im Rahmen des Gemeinschaftliches Förderkonzepts 1994-1999 für Griechenland mit Mitteln der Gemeinschaft kofinanziert, speziell durch das operationelle Programm „Gesundheit und Vorsorge“. Konkret ist durch das erwähnte Programm der Erwerb von fünf Hubschraubern zum Preis von insgesamt 17,8 Mio. EUR finanziert worden, wovon 13,3 Mio. EUR aus Mitteln der Gemeinschaft stammten. Die Auslieferung der Hubschrauber begann mit Lieferung des ersten Hubschraubers am 24. Dezember 1999 und war mit der Lieferung des fünften Hubschraubers am 29. März 2000 abgeschlossen.
Gemäß der Richtlinie 94/56/EG des Rates vom 21. November 1994 über die Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt(1) ist jeder Unfall durch eine unabhängige Stelle zu untersuchen, die in jedem Mitgliedstaat mit dem alleinigen Ziel der Vermeidung künftiger Unfälle einzurichten ist. Es ist ein Bericht zu veröffentlichen, möglichst nicht später als zwölf Monate nach dem Unfall, der gegebenenfalls Sicherheitsempfehlungen enthält und von dem der Kommission eine Kopie zuzuleiten ist. Es liegt in der alleinigen Verantwortung des Mitgliedstaates, eventuelle Sicherheitsempfehlungen umzusetzen, um eine Wiederholung derartiger Unfälle in Zukunft zu vermeiden.
Darüber hinaus gilt gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1681/94 der Kommission vom 11. Juli 1994 betreffend Unregelmäßigkeiten und die Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge im Rahmen der Finanzierung der Strukturpolitiken sowie die Einrichtung eines einschlägigen Informationssystems(2), dass, sollten die griechischen Behörden angesichts der Umstände dieser Unfälle zu der Schlussfolgerung gelangen, dass die Mittelvergabe für Hubschrauber unrechtmäßig erfolgt ist, weil Unregelmäßigkeiten bei der Angebotseinholung oder Auftragsvergabe (nicht hinsichtlich des Betriebs) vorlagen, der Mitgliedstaat verpflichtet ist, diese Unregelmäßigkeiten der Kommission anzuzeigen, und zwar vor Vorlage der abschließenden Zahlungsforderung für das damit zusammenhängende Programm („Gesundheit und Vorsorge“).