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Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 4. Juni 2003 - Straßburg Ausgabe im ABl.

8. Offene Koordinierungsmethode
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  Die Präsidentin. Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über:

– den Bericht (A5-0143/2003) von Frau Smet im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zur Analyse der offenen Koordinierungsmethode im Bereich Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und zu den Zukunftsaussichten (2002/2223(INI)), und

– die mündliche Anfrage (O-0044/2003 – B5-0096/2003) von Herrn Rocard im Namen des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport an die Kommission zur Anwendung der offenen Koordinierungsmethode.

 
  
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  Smet (PPE-DE), Berichterstatterin.(NL) Frau Präsidentin! Als Erstes müssen wir uns nach dem Grund für die Ausarbeitung eines Initiativberichts fragen. Er liegt in der von uns getroffenen Feststellung, dass sich die offene Koordinierungsmethode allmählich auf zahlreiche Sektoren ausdehnt. In Lissabon wurde empfohlen, diese Methode auf die Bereiche Informationsgesellschaft, Forschung und Innovation, Unternehmenspolitik, allgemeine und berufliche Bildung, Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung, Wirtschaftspolitik, Einwanderungspolitik usw. anzuwenden. Wir haben jedoch konstatiert, dass die Mitbestimmungs- und Kontrollbefugnisse des Parlaments sehr begrenzt sind.

Hinsichtlich des Beschlussfassungsprozesses sowie der Gründe, weshalb einige Elemente der Methode angewandt werden oder nicht, besteht ein großer Mangel an Transparenz.

Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten hat deshalb die Durchführung einer eingehenden Prüfung einzelner Vorgehensweisen beschlossen, die zu einem Bericht geführt hat, in dem vorgeschlagen wird, dass, wenn die Kommission eine offene Koordinierungsmethode einleiten möchte, es dazu der Zustimmung nicht nur des Rates, sondern auch des Parlaments bedarf. Darüber hinaus muss die Kommission angeben, welche Elemente der Methode sie anwenden möchte. Diese Elemente sind gemeinsame Ziele, Leitlinien und gemeinsame Indikatoren, ein Synthesebericht, nationale Berichte sowie Empfehlungen. Dies sind die herkömmlichen Elemente, die teilweise oder vollständig verwendet werden. Das Parlament muss eine Stellungnahme zu den Leitlinien, zum Synthesebericht und zu den Empfehlungen abgeben, und die Sozialpartner müssen konsultiert werden, wenn es um die Sozial- und die Beschäftigungspolitik geht. Schließlich wird auch die Kommission aufgefordert, eine Studie über die Wirksamkeit der Methode auszuarbeiten und die Möglichkeit der Kopplung der im Rahmen der Strukturfonds bereitgestellten Mittel an die Leistungen der Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der ausgesprochenen Empfehlungen zu prüfen.

Im Hinblick auf eine diesbezüglich kohärente Regelung und damit die Methode der offenen Koordinierung nicht in dem einen oder anderen Bereich ohne Mitwissen, Mitbestimmung oder Mitentscheidung des Parlaments entwickelt wird, müssen der allgemeine Mechanismus und das Mitentscheidungsrecht des Parlaments im Verfassungsvertrag verankert werden. Die Frage ist allerdings, ob uns dies gelingen wird. Den vom Präsidium des Konvents bislang ausgearbeiteten Texten nach zu urteilen, haben wir einen teilweisen Erfolg erzielt. Beispielsweise wird bestimmt, dass die Methode der offenen Koordinierung auf die Wirtschafts- und die Beschäftigungspolitik angewandt wird und sie – dies stellt eine Verbesserung gegenüber den gegenwärtigen Texten dar – auf die Sozialpolitik angewandt werden kann. Ferner wird bestimmt, dass das Parlament zu den Leitlinien und Empfehlungen konsultiert oder darüber in Kenntnis gesetzt werden muss.

Selbstverständlich ist dies ein, wenn auch kleiner, Schritt in die richtige Richtung. Jedenfalls ist es mehr, als zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund der Beratungen im Konvent für möglich gehalten wurde. Allerdings ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das Parlament verfügt weiterhin nur über begrenzte Befugnisse und Kontrollmöglichkeiten. Diejenigen, die gegen diese Methode sind und sich einbilden, ihre Nichterwähnung im Konvent bedeute, dass sie auch nicht angewandt wird, irren sich natürlich. Niemand kann verhindern, dass diese Methode angewandt wird. Ein einfacher Ratsbeschluss, bei dem das Parlament keine Mitsprache hat, kann somit zur Anwendung der Methode in dem einen oder anderen Bereich führen.

Ich möchte dies anhand der Einwanderungspolitik veranschaulichen. Wenn die mit Einwanderungsfragen befassten Minister die Anwendung der Methode beschließen – zum Beispiel auch deswegen, weil sie zu einer Gesetzgebung in diesem Bereich unfähig sind –, dann wird die Methode der offenen Koordinierung auf die Einwanderungspolitik angewandt. Unser Problem ist nicht so sehr, dass sie angewandt wird, sondern die Tatsache, dass das Parlament nicht oder in sehr beschränktem Maße daran beteiligt ist. Deshalb haben wir im Ausschuss gesagt: Okay, lasst uns dann im Verfassungsvertrag einen Artikel aufnehmen, in dem eindeutig bestimmt wird, dass die Anwendung der offenen Koordinierungsmethode selbstverständlich nicht verboten ist, im Falle ihrer Anwendung das Parlament jedoch um seine Zustimmung ersucht werden muss. Dies war der eigentliche Sinn des Artikels.

Wir haben also gesehen, dass wir im Konvent gewisse Fortschritte erzielt und bis zu einem gewissen Grad das erreicht haben, was wir wollten. Im Vergleich zu dem, was erforderlich wäre, ist dies jedoch noch unvollkommen und unvollständig. Ich möchte meine zwei Schlüsselbemerkungen wiederholen: Ich befürchte, dass einerseits die offene Koordinierungsmethode zur Folge haben könnte, dass keine Rechtsvorschriften erlassen werden, und andererseits, dass im Falle der Anwendung der offenen Koordinierungsmethode möglicherweise einige der nationalen Befugnisse entzogen werden. In beiden Fällen gibt es im Grunde nur eine Lösung, nämlich: das Mitentscheidungsrecht des Parlaments. Gerade der Widerstand gegen die offene Koordinierungsmethode hatte zur Folge, dass dies in nur unzulänglichem Maße erreicht wurde. Ich kann nur sagen, dass dies zu bedauern ist. Wir haben meiner Meinung nach einen vernünftigen Bericht ausgearbeitet, und ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten bedanken, denn sie haben einen großartigen Beitrag zu diesem Bericht geleistet.

 
  
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  Iivari (PSE).(FI) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Im Frühjahr 2000 wurde in Lissabon das ehrgeiziges Ziel aufgestellt, dass Europa innerhalb von zehn Jahren zur wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaft der Welt entwickelt werden soll. Mit den Schlussfolgerungen des Gipfels gingen viele konkrete Ziele im Hinblick auf die Bildung, insbesondere die Ausbildung in der Informationstechnologie, einher. Neben dem Erlernen der Informationstechnologie wird im Prozess von Lissabon die Bedeutung des lebenslangen Lernens herausgestellt.

Im Ausschuss für Kultur des Europäischen Parlaments sind wir mit dem höheren Stellenwert der Ausbildung in der Agenda der Union zufrieden. Wir brauchen gemeinsam gestellte Ziele, Maßstäbe und gemeinsame Maßnahmen. Neue Arbeitsplätze entstehen hauptsächlich in Aufgabenbereichen, in denen besondere Fähigkeiten verlangt werden. Die Beherrschung der Informationstechnologie wird heutzutage in den meisten Berufen gebraucht. Sie gehört auch zu den Fähigkeiten der Bürgerinnen und Bürger von heute, die, wenn nicht vorhanden, das Leben erschweren und die Menschen für Ausgrenzung anfällig machen.

Die Bildung ist nicht nur der Schlüssel für die Mitgestaltung, sondern eine Grundvoraussetzung für den Erfolg unserer Gesellschaften. Es ist begrüßenswert, dass die EU-Unterrichtsminister gemeinsam konkrete Bildungsziele vereinbaren konnten und die Prozesse von Brügge und Bologna zur Anerkennung der Prüfungen auf den Weg gebracht worden sind.

Der Ausschuss für Kultur ist der Auffassung, dass es außer in der Bildung und beim lebenslangen Lernen auch in anderen in die Zuständigkeit des Ausschusses gehörenden Bereichen einen Bedarf für die offene Koordinierungsmethode gibt, d. h. in der Jugend-, Informations-, Kultur- und Sportpolitik. Die Verbesserung der Zusammenarbeit stärkt die Funktionstüchtigkeit des Binnenmarkts sowie den Wohlstand und die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger. Hierdurch schaffen wir Voraussetzungen für die Unversehrtheit, die stabile Entwicklung der Gesellschaften und den Glauben in die Zukunft.

Die Einführung der offenen Koordinierungsmethode auf dem Gebiet der Bildung hat trotz ihrer unterstützenswerten Ziele jedoch auch Probleme mit sich gebracht. Sie hat die Macht der Beamten vergrößert und beim Zugang zu Informationen und bei der Einflussnahme sowohl das Europäische Parlament als auch die nationalen Parlamente abgedrängt. Das kann so nicht weitergehen.

Der Ausschuss für Kultur fordert in seinen Schlussfolgerungen, dass die Rolle des europäischen Parlaments geklärt wird und zunehmen muss. Das ist notwendig, damit der Prozess eine demokratische Legitimation erhält. Der Ausschuss hebt ferner hervor, dass die offene Koordinierungsmethode nicht den Charakter eines der bereits bestehenden Rechtsetzungsverfahrens und gleichzeitig eines geschlossenen Verfahrens erhalten darf, das die im EG-Gründungsvertrag aufgestellten Ziele für die Rechtsvorschriften schwächen würde.

Der Ausschuss für Kultur fordert in seinen Schlussfolgerungen den Rat und die Kommission zu Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über eine die offene Koordinationsmethode betreffende Interinstitutionelle Vereinbarung auf. Die Vereinbarung muss Regeln bezüglich der Auswahl von Politikbereichen, die in das offene Koordinierungsverfahren aufzunehmen sind, und das Verfahren für ihre konsequente Umsetzung enthalten. Das Europäische Parlament soll in vollem Umfang und zu gleichen Bedingungen an der Entscheidungsfindung teilnehmen können. Die Interinstitutionelle Vereinbarung soll nach Auffassung des Ausschusses Regeln enthalten, die die Teilnahme des Europäischen Parlaments an der Ausarbeitung der Ziele und Indikatoren betrifft; gleichzeitig soll der Zugang zu Dokumenten, die Teilnahme an Sitzungen, die Kontrolle der Fortschritte und Öffentlichkeitsarbeit vereinbart werden. Oberste Priorität hat jedoch die Aufgabe, die offene Koordinierung zu einem Gemeinschaftsverfahren zu entwickeln. Darüber sollte jetzt in dem sich auf der Zielgeraden befindlichen Konvent und auf der künftigen Regierungskonferenz entschieden werden.

In die gleiche Richtung wie die Ziele des Ausschusses für Kultur geht der heute zur Behandlung vorliegende Bericht Smet über die offene Koordinierungsmethode im Bereich der Beschäftigung und sozialer Angelegenheiten. Ich bewerte es positiv, dass zwei Ausschüsse des Parlaments eine aktive Rolle bei der Schaffung der parlamentarischen Dimension für die offene Koordinierungsmethode spielen, die wir in Europa unbedingt brauchen.

 
  
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  Diamantopoulou, Kommission. – (EL) Frau Präsidentin, ich gratuliere Frau Smet zu ihrer ausgezeichneten Analyse in ihrem Bericht über die offene Koordinierungsmethode. Das Thema ist sehr aktuell, und wird – wie wir alle wissen – auch im Konvent diskutiert.

Es gibt zwei Themenkategorien, die sich wesentlich voneinander unterscheiden. Einerseits geht es um die demokratische Legitimierung dieser Methode und andererseits um ihre Effektivität. Bezüglich der demokratischen Legitimierung der Methode haben wir bisher die Erfahrung gemacht, dass es nur für den Beschäftigungsbereich eine Rechtsgrundlage im Verfassungsvertrag gibt. Es handelt sich also um ein offenes Verfahren, das nach im Vertrag genau umschriebenen Regeln durchgeführt wird, und in diesem Verfahren spielt das Parlament eine Rolle. Diese Rolle könnte stärker sein, aber immerhin spielt es eine Rolle, und seine Ansicht ist sowohl notwendig und wird auch respektiert. Wie Frau Smet jedoch richtig angemerkt hat, wurde den restlichen Anwendungsgebieten der offenen Koordinierungsmethode keine Rechtsgrundlage zugrunde gelegt. Sie basieren vielmehr auf Übereinkommen des Ministerrats. Daher ist die Rolle des Parlaments weiterhin eingeschränkt, wobei ich erwähnen muss, dass bei der Armutsbekämpfung – wo dieses Verfahren zur Anwendung kam – und den Pensionssystemen ein großer Versuch unternommen wurde, um die Zusammenarbeit und die Konsultation mit dem Parlament zu fördern und es zu informieren. Zukünftig wird diese Methode sicherlich eine wichtige Rolle spielen. Wir beobachten ihre Anwendung in vielen Teilpolitiken. Die Beteiligung des Parlaments und damit die demokratische Legitimierung dieser Methode haben nicht nur eine europäische, sondern auch eine nationale Dimension. In unserer Auswertung haben wir gesehen, dass die nationalen Parlamente vieler Staaten nicht nur nicht beteiligt werden, sondern nicht einmal über die Ziele, die eingegangenen Verpflichtungen und die Umsetzungsmethoden der gemeinsamen Aktionspläne informiert werden. Ich glaube daher, dass es im Rahmen der Diskussion im Konvent wichtig ist, einen Artikel zu schaffen, der die offene Koordinierungsmethode behandelt, die Rolle des Parlaments präzisiert und – entsprechend dem Vorschlag der Kommission – auf die Anwendung der Methode im Bereich der sozialen Sicherheit eingeht, zumal es in diesem Bereich aufgrund der weitreichenden nationalen Kompetenzen vielfältige Probleme gibt.

In Bezug auf die Effektivität der Methode stimme ich den Feststellungen im Bericht zu, dass eine Auswertung der Ergebnisse auf nationaler und europäischer Ebene für Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr eine wichtige Rolle spielt. Erste Erfahrungen haben wir mit der Auswertung der europäischen Strategie, der im Jahre 2002 erfolgten Anwendung im Beschäftigungsbereich gemacht, während 2006 die Anwendung der Methode auf die Pensionspläne ausgewertet werden wird. Ein zweiter wichtiger Punkt in Bezug auf die Effektivität ist die Frage nach der eventuellen Finanzierung dieser Methode. Bisher gibt es Erfahrungen mit der Finanzierung der Beschäftigungsstrategie durch den Sozialfonds sowie mit der Finanzierung bestimmter Leitlinien, insbesondere Leitlinien zu den Humanressourcen. Wir glauben, dass der Sozialfonds vor allem auf dem Gebiet der Erweiterung, für die neuen Beitrittsländer, die an der Umsetzung der Methode mit verringerten Ressourcen beteiligt werden sollen, eine äußerst wichtige Rolle spielen kann.

Schließlich möchte ich der Aussage im Bericht zustimmen, dass die Verankerung des Prinzips der Chancengleichheit in allen Gemeinschaftspolitiken auch bei der Umsetzung der offenen Koordinierungsmethode eine wichtige Rolle spielen kann, da dieser Bereich viele Einzelziele umfasst, die die Gleichheit der Geschlechter betreffen.

 
  
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  Pack (PPE-DE) . – Frau Präsidentin! Ich möchte nur zu dem Teil sprechen, für den Frau Diamantopoulou nicht zuständig ist, nämlich Kultur, Bildung, Jugend, Erziehung und Sport. Aber ich denke, Sie vertreten hier auch Frau Reding. Wir hatten ja schon, bevor der Bericht im Sozialausschuss überhaupt vorgesehen war, eine entsprechende Anfrage gestellt, die dann – aus welchem Grund auch immer – über Monate verzögert wurde.

Endlich setzen wir uns gemeinsam damit auseinander, und wir sollten jetzt versuchen, gemeinsam das Beste daraus zu machen. Wir stellen fest, es gibt diese Koordinierungen, und eigentlich würde ich mich als Europapolitikerin freuen, dass irgendwelche Leute – Verantwortliche, Politiker – sich koordinieren. Aber das sind genau die Leute, die uns ansonsten unsere Zuständigkeit absprechen. Sie koordinieren sich in den Bereichen, wo sie uns eigentlich gar keine Zuständigkeit zubilligen wollen: im Bereich von Kultur und Bildung. Da koordinieren sie sich plötzlich, ohne dass sie uns Rechenschaft schuldig sind. Und das erscheint uns dann doch sehr suspekt.

Das Problem ist, dass wir in diesem Bereich wie NGO behandelt werden. Wir sind aber keine NGO, wir sind gewählte Vertreter, und wir sollten wissen, was da in unserem Namen hinter den Vorhängen ausgehandelt wird! Und es ist nicht nur so, dass der Rat damit sehr zufrieden ist, es ist leider auch so, dass die Kommission damit sehr zufrieden ist. Sie hat nämlich auf diesem Wege einen unliebsamen Spieler aus dem Feld gedrängt. Rat und Kommission machen hier gemeinsame Sache – es kann sogar eine gute Sache sein, aber mit Machiavelli möchte ich doch gerne sagen: „Nicht jeder Zweck heiligt die Mittel.“ Und deswegen glaube ich, dass wir in diesem Falle sehr vorsichtig sein müssen, und dass wir erwarten müssen, eingebunden zu werden.

Denn es hat sich inzwischen herausgestellt, dass sich eine intergouvernementale Methode herausgebildet hat. Und wenn so etwas erst einmal auf dem Gleis ist, kann man es sehr schlecht aufhalten. Wir haben jetzt zwar erfahren, dass sich der Konvent gegen die offene Koordinierung ausgesprochen hat – es steht da nur etwas von Koordinierung drin –, und wir wissen, dass sich natürlich alle nationalen Präsidenten koordinieren sollen – auch da, wo es nicht unbedingt im Vertrag steht –, wenn es eine Notwendigkeit gibt. Aber wir sollten wirklich darauf achten, dass wir nicht ausgeschlossen werden.

Denn eigentlich kann ich aus dem Blickwinkel von Kultur und Bildung sagen, es ist doch wirklich scheinheilig, dass wir genau da, wo wir gerne tätig werden würden, es nicht dürfen! Dann kommen jedoch im Rahmen der offenen Methode von hinten durch die Brust ins Auge dieselben Dinge, die wir gerne machen würden, aber wir sind nicht eingebunden. Das ist einfach nicht zulässig, und wir müssen uns dagegen wehren! Wir sollten daran erinnern, dass nicht auf dem Umwege eine intergouvernementale Methode eingeführt werden darf. Wir sollten – auch mit der heutigen Diskussion – dafür Sorge tragen, dass diese jetzt schon bestehende intergouvernementale Methode – sprich offene Koordinierung – in eine Gemeinschaftsmethode überführt wird. Wenn nämlich die Chefs der Regierungen oder die einzelnen Ministerien etwas als richtig und notwendig und wichtig anerkannt haben, dann soll es auch in die Gemeinschaftsmethode überführt werden, damit wir als gewählte Vertreter unserer Völker daran Anteil haben. Ich bitte, das zu berücksichtigen, und ich bedanke mich bei denen, die daran mitgewirkt haben.

(Beifall)

 
  
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  Vattimo (PSE).(IT) Frau Präsidentin, ich glaube, den entschlossenen Worten von Frau Pack ist wohl nichts hinzuzufügen. Ich bin hier, um eine mündliche Anfrage zu erläutern, die Herr Rocard, der heute Abend nicht hier ist, um sie selbst darzulegen, im Namen des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport eingereicht hat.

Die Anfrage bezieht sich auf die Punkte, die bereits von Frau Iivari und Frau Pack erläutert wurden, nämlich die Tatsache, dass wir im Kulturausschuss oft feststellen mussten, dass viele der später vom Rat beschlossenen Maßnahmen durch eine Koordinierungsmethode erarbeitet wurden, von der wir ausgeschlossen waren. Uns wurden bereits festgelegte Maßnahmen vorgelegt, zu denen wir erst im nachhinein eine Stellungnahme abgeben konnten, zum Hohn der Koordinierungsmethode, die auch auf das Parlament sehr sinnvoll angewandt werden könnte.

Mit dieser Anfrage fragen wir die Kommission: erstens, ob sie in irgendeiner Form gewährleisten kann, dass die zukünftigen Initiativen, die der Rat unter Anwendung der Koordinierungsmethode ergreift, dem Parlament und seinen Ausschüssen rechtzeitig übermittelt werden, damit sie sie prüfen und Stellungnahmen dazu abgegeben können; und zweitens, ob sie – obgleich in dieser Situation nunmehr alles vom Konvent abzuhängen scheint – genau angeben kann, welche Vorschläge sie zur umfassenderen Anwendung der offenen Methode der Koordinierung zu unterbreiten hätte, damit das Parlament nicht davon ausgeschlossen wird.

Meine Vorredner haben alle diese Punkte bereits ausführlich beleuchtet. Wir wollen sie nun in dieser mündlichen Anfrage erneut als wirkliche Fragen formulieren, auf die wir von der Kommission eine Antwort erwarten.

 
  
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  Boogerd-Quaak (ELDR). (NL) Frau Präsidentin! Ich möchte Frau Smet zu diesem Bericht beglückwünschen, obwohl auch meine Fraktion noch eine ganze Reihe von Fragen zu diesem Thema hat. Ich habe unlängst an einer großen Konferenz zum Thema Altersversorgung teilgenommen, auf der die offene Koordinierung in diesem Bereich sehr begrüßt wurde. Einige Probleme beispielsweise auf dem Gebiet der Renten, der Beschäftigung, des Asyls und der Einwanderung – sie wurden hier zum Teil schon erwähnt – bedürfen einer Lösung auf europäischer Ebene, und in den meisten Fällen besteht keine Rechtsgrundlage. Die offene Koordinierungsmethode war ein Segen.

Nichtsdestotrotz gibt es – teilweise auch in meiner Fraktion – Gegner der offenen Koordinierungsmethode. Sie sind hauptsächlich wegen des von Frau Smet erwähnten Problems, nämlich Mangel an demokratischer Legitimität, dagegen. Einige Redner sind hier auf diesen Punkt eingegangen. Wenn wir die offene Koordinierungsmethode weiter verfolgen – was ich befürworte, ebenso wie im Grunde auch meine Fraktion –, dann müssen verschiedene Dinge geregelt werden. Diese betreffen die demokratische Legitimität. Sowohl die nationalen Parlamente als auch das Europäische Parlament müssen beteiligt werden. Es kann nicht angehen, dass das Parlament nur dann um seine Zustimmung ersucht wird, wenn man dies für angebracht hält. Das Parlament muss systematisch konsultiert werden.

In dem Bericht von Frau Smet wurde noch ein weiterer Aspekt behandelt, auf den ich Sie aufmerksam machen möchte. Die großen Akteure auf diesem Gebiet sind faktisch Personen in geschlossenen, hochrangigen Ausschüssen, die praktisch alle Einzelheiten ausarbeiten und dann ihre Ideen dem Rat unterbreiten. Der Beteiligung der Öffentlichkeit ist dies meiner Meinung nach nicht förderlich. Die Bürger fühlen sich durch ihre Abgeordneten vertreten. Sie möchten die Volksvertreter auf Geschehnisse oder auf getroffene Vereinbarungen, die sich irgendwann ihrer Kontrolle entziehen, ansprechen können. Diese demokratische Kontrolle muss infolgedessen bestehen, wie hervorragend das System an sich sein könnte.

Ein weiterer, bereits erwähnter Punkt betrifft die Frage der Indikatoren. Wenn wir in einigen Politikbereichen Daten vergleichen wollen, dann müssen die Daten auch vergleichbar sein. Deshalb müssen ganz präzise Indikatoren festgelegt werden, die als Maßstab dienen, wenn zwischen den Mitgliedstaaten Vergleiche angestellt werden sollen.

Der langen Rede kurzer Sinn. Ich halte es für richtig, dass der Bericht von Frau Smet zum gegenwärtigen Zeitpunkt behandelt wird. Wir sollten meiner Meinung nach die Kommission auffordern, mit den Mitgliedstaaten eine Vereinbarung in dem Sinne zu treffen, dass, wenn diese offene Koordinierungsmethode künftig aufrecht erhalten wird, zumindest einige Grundvoraussetzungen erfüllt werden müssen.

 
  
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  Schmid, Herman (GUE/NGL). (SV) Frau Präsidentin! Ich bin sehr froh darüber, dass Frau Smet vom Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten diesen Bericht erarbeitet hat und stimme in vielen Punkten mit ihr überein. Ich stehe der offenen Koordinierungsmethode sehr positiv gegenüber. Es bekümmert mich jedoch ein wenig, dass sie so häufig als eine Art Soft Law und als schlechtere Alternative zu gewöhnlichen Rechtsvorschriften betrachtet wird, die folglich nur im Notfall Anwendung finden sollte. Meiner Meinung nach verhält es sich genau umgekehrt. Ich bin der Ansicht, dass Rechtsvorschriften nur dann zum Tragen kommen sollten, wenn andere Möglichkeiten fehlen; wenn Autorität, Stärke und Disziplin notwendig sind. Eine ganze Reihe öffentlicher Aufgaben könnten jedoch auch auf andere Weise gelöst werden als mithilfe von Gesetzen, Disziplin, Zwang und Peitsche. Die offene Koordinierungsmethode ist eine moderne Form der Projektverwaltung. Sie wird dann angewendet, wenn der öffentliche Sektor auf Veränderung, Entwicklung und fortlaufende Erneuerung abzielt und es notwendig wird, die Arbeitsformen kontinuierlich den wachsenden Erfahrungen anzupassen.

Es ist wohl kein Zufall, dass die offene Koordinierungsmethode in jenen marktwirtschaftlich orientierten Gesellschaften entstanden ist, wo der öffentliche Sektor ebenso beweglich und effektiv sein muss wie der freie Markt in seinen besten Zeiten. Ich finde es daher beinahe rührend mit anzuhören, wenn Vertreter bürgerlicher Parteien erklären, dass sie dieses bewegliche und effektive Marktinstrument nicht haben wollen, sondern vielmehr eine bürokratische, kontrollierende, von gesetzlichen Bestimmungen geregelte, altertümliche Verwaltungsform des öffentlichen Sektors bevorzugen. Das ist doch erstaunlich.

Meiner Ansicht nach sollte die offene Koordinierungsmethode in der Verfassung festgeschrieben werden, damit sie allgemein akzeptiert wird. Das wäre sehr wichtig. In dem Fall hätte ich jedoch Sorge, dass man vorschreiben würde, wie sie arbeiten, welcher Methoden sie sich bedienen, welche Prozesse sie umfassen sollte usw. Das ist, was in der Regel in einem traditionellen Gesetzestext passiert, aber solche Vorschriften würden die Flexibilität und Beweglichkeit dieser Methode binden und sie in eine Zwangsjacke stecken. Dann wäre sie ganz und gar nicht mehr so effektiv. Ich unterstütze in diesem Punkt den Änderungsantrag der Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei.

Ich habe selbst einen Änderungsantrag eingereicht, der zu meinem großen Erstaunen im Ausschuss abgelehnt wurde. Ich möchte ihn an dieser Stelle erneut vorlegen. Die offene Koordinierungsmethode ist zugleich auch eine Methode der Zusammenarbeit. Sie kann nicht auf Sanktionen und Bestrafungen beruhen, sondern muss, wie alle freien sozialen Beziehungen, auf Vertrauen und Respekt basieren. Wir können uns daher nicht des naming and shaming und der worst practices bedienen. Vielmehr brauchen wir best practices. Darauf müssen wir achten, sonst verderben wir diese Methode und ihre Möglichkeiten. Sie unterscheidet sich von der Methode der Gesetzgebung, und es wäre daher völlig unpassend, sich von alter Gesetzestradition inspirieren zu lassen und zu meinen, man müsse denjenigen, der nicht gehorchen möchte, disziplinieren, bestrafen und öffentlich entlarven. Diese Methode ist völlig anders.

Ich würde mich sehr freuen, wenn sich die offene Koordinierungsmethode ausbreiten würde. Durch Ausbreitung ist sie auch in einigen der europäischen Staaten zur Anwendung gekommen. Sie ist nicht überall zu gleichen Teilen verbreitet, aber in den skandinavischen Ländern, aus denen ich komme, hat sie sich gut durchgesetzt und spielt eine ausgesprochen progressive Rolle. Auch in den angelsächsischen Ländern ist sie weit verbreitet. In anderen Staaten, die einen traditionelleren Verwaltungsapparat haben, fehlt sie jedoch ganz. Ich glaube, dass wir uns für diese offene, demokratische und moderne Methode der Zusammenarbeit entscheiden müssen. Ich möchte besonders das Wort demokratisch betonen, denn sie ist demokratisch – jedoch auf andere Weise als durch juristische und rechtliche Kontrolle.

 
  
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  Lambert (Verts/ALE).(EN) Frau Präsidentin, auch ich möchte der Berichterstatterin für ihren ausgezeichneten Bericht und ihre sehr prägnanten Erläuterungen danken. Ebenso begrüße ich die Erklärung der Frau Kommissarin am heutigen Abend.

Wie wir gehört haben, wird die offene Koordinierungsmethode nunmehr auf den verschiedensten Gebieten praktiziert. Manchmal scheint es, als ob sie süchtig mache, da die Liste länger und länger wird. Es besteht ein offensichtliches Bedürfnis nach einer gemeinsamen Herangehensweise und nach einer sehr vorsichtigen Annäherung an eine Einigung, beispielsweise auf dem Gebiet der Einwanderung und der damit eng verbundenen Fragen der Beschäftigung und sozialen Integration. Wie einige meiner Vorredner dargelegt haben, handelt es sich dabei offensichtlich nicht um ein öffentliches Verfahren und zuweilen ist seine demokratische Legitimität sehr fragwürdig, weil es zuzeiten fast den Eindruck erweckt, es gehe um eine schleichende Übernahme von Zuständigkeiten durch die Europäische Union, aber nicht um ein ausreichend offenes und öffentliches Verfahren.

Innerhalb dieses Verfahrens gibt es interessante Unausgewogenheiten. Ich stimme der Kommissarin voll und ganz zu: Wenn Delegationen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten mit ihren Partnerausschüssen oder mit Ausschüssen für europäische Angelegenheiten in den nationalen Parlamenten zusammentreffen und diese nach ihrer Beteilung an den nationalen Aktionsplänen zum Beispiel auf dem Gebiet der Beschäftigung oder der sozialen Integration befragen, ernten sie nur fragende Blicke, weil die Betreffenden nie davon gehört haben. Ihre Regierungen hatten sie nicht mit einbezogen. Ein britischer Minister räumte ein, dass im Vereinigten Königreich die Gewerkschaften und der Britische Industrieverband mehr Einfluss auf die nationalen Aktionspläne zur Beschäftigung haben als das Britische Parlament, das darüber nie debattiert hatte. Durch die Gründung eines neuen Ausschusses für Arbeit und Renten – was für ein phantasievoller Name! – ändert sich die Lage jetzt allerdings.

Mit Sicherheit brauchen wir einen Rahmen für die offene Koordinierungsmethode, der eindeutig ist und demokratisch durch dieses Parlament, die nationalen Parlamente und die regionalen Parlamente, die in einigen Mitgliedstaaten für bestimmte Angelegenheiten zuständig sind, kontrolliert wird.

Zu dieser Gewissheit kommen wir angesichts des Verfahrens, das gegenwärtig eingeführt wird. Die Menschen müssen eine Vorstellung davon erhalten, was zu erwarten ist und wo dann die Interventionsmöglichkeiten für die zuständigen Nichtregierungsorganisationen etc. liegen könnten. Was den Zugang der Öffentlichkeit zu diesen Informationen und ihre Kenntnis darüber angeht, so ist die Verfassung sicherlich der beste Platz für diese Festlegungen. Unsere Fraktion ist nicht davon überzeugt, dass ein interinstitutionelles Abkommen von der Öffentlichkeit ausreichend wahrgenommen und verstanden wird.

Weiterhin gibt es die Problematik des zeitlichen Rahmens für Konsultationen, unter der unser Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten in der Tat gelitten hat. Wir müssen daher in dieser Methode Zeit für wirkliche Konsultationen einplanen, nicht nur hier im Parlament, sondern auch für Nichtregierungsorganisationen, damit diese ihre eigene interne Demokratie ausüben können, um ihren Beitrag zu leisten.

 
  
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  Crowley (UEN).(EN) Frau Präsidentin, auch ich möchte der Berichterstatterin und der Kommissarin für ihre Teilnahme an der Aussprache am heutigen Abend danken. Ich möchte an das anknüpfen, was einige andere Mitglieder bereits gesagt haben. Jeder von uns erkennt die Vorteile der offenen Koordinierungsmethode. Wie wir selbst gesehen und erfahren haben, kann sie bessere Möglichkeiten für die Schaffung von Rahmen bieten, innerhalb derer gehandelt werden kann, ohne an starre Rechts- oder Verwaltungsvorschriften gebunden zu sein.

Die anderen Organe sollten erkennen und anerkennen, dass das Parlament bei seiner Meinungsbildung sehr verantwortungsbewusst vorgeht, wenn ihm bei der Konsultation die notwendige Zeit eingeräumt wird. Einer der wichtigsten Aspekte, den wir heute Abend hier hervorheben müssen, ist, dass dieses Parlament die Fähigkeit, den Innovationsgeist und den Sachverstand hat, Fristen einzuhalten. Doch das Parlament mit einem Text zu überfallen, wenn keine Zeit mehr ist, um eine begründete und verantwortungsbewusste Stellungnahme zu erarbeiten, ist eine größere Beleidigung des Parlaments, als es überhaupt nicht zu konsultieren.

Betrachten wir das Beispiel der Leitlinien, über die wir diese Woche beraten haben, dann wird deutlich, welche Schwierigkeiten und Probleme nur deshalb auftraten, weil uns die Informationen nicht rechtzeitig zugingen. Wir sollten weder als Feind des Rates oder der Kommission noch als untergeordnetes Organ angesehen werden, sondern als kooperationsbereiter und gleichwertiger Partner.

Was die Frage angeht, ob ein institutionelles Abkommen oder ein Artikel in einem vorgeschlagenen Vertrag oder in der Verfassung der beste Rahmen dafür ist, so bin ich mir in diesem Punkt persönlich noch nicht schlüssig. Mit Blick auf die Zukunft neige ich jedoch dazu, einem interinstitutionellen Abkommen den Vorrang zu geben, vermutlich weil es uns für zukünftige Änderungen mehr Spielraum lässt. Doch damit wir dem zustimmen und unsere Vertreter im Konvent sich in diesem Sinn bewegen, müssen wir einigermaßen sicher sein, dass wir mehr Befugnisse erhalten und in größerem Maße von der Kommission und dem Rat konsultiert werden, wenn sie sich künftig mit solchen Themen befassen.

Bevor ich zum Abschluss komme, möchte ich feststellen, dass die Frage der Konsultation der nationalen Parlamente hier in diesem Haus immer wieder betont wird. Das liegt daran, dass wir diese Parlamente als wahre demokratische Vertreter der Völker der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansehen. Die Parlamente haben daher ein Recht darauf, bei Themen, die direkte Auswirkungen auf das Leben der Menschen in der Europäischen Union haben, konsultiert und nicht übergangen zu werden.

Es ist unbedingt erforderlich, dass die nationalen Parlamente in diese Methode einbezogen werden. Betrachten wir den uns vorliegenden Verfassungsentwurf, so findet sich darin die Forderung nach Übermittlung von Rechtsvorschriften an die nationalen Parlamente. Im Rahmen einer offenen Koordinierungsmethode ist es aber auch absolut denkbar, dass den nationalen Parlamenten ebenfalls die Vorschläge übermittelt werden, die diesem Parlament und anderen Organen vorgelegt werden.

Abschließend möchte ich feststellen, dass ich Frau Smets Bericht insoweit unterstützen werde, als nicht versucht wird, mit diesem Verfahren Politiken zu harmonisieren oder Politiken anzugleichen, sondern nur beabsichtigt wird, Kompatibilität und Flexibilität zu fördern sowie zur Verbreitung bester Praktiken und zum Ideenaustausch zu ermutigen.

 
  
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  Pronk (PPE-DE).(NL) Frau Präsidentin! Ich möchte der Berichterstatterin herzlich für ihren Bericht danken. Ich halte ihn aus zwei Gründen für wichtig.

Erstens hat die Berichterstatterin aufgrund der Erfahrungen, die wir im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten gemacht haben, eine sehr praxisbezogene Bewertung dessen vorgenommen, was bei den verschiedenen offenen Koordinierungsmethoden erfolgt ist.

Zweitens bietet die Berichterstatterin Lösungen an. In ihren Ausführungen vorhin hat sie selbst auf die mit der Methode verbundenen Gefahren hingewiesen. Frau Jensen und Herr Schmid haben Änderungsanträge eingereicht, durch die diese Gefahren noch zusätzlich verdeutlicht werden. Wenn wir die vorgeschlagenen Lösungen, insbesondere diejenigen von Herrn Schmid, befolgen, würde dies die Unterhaltung eines Behördenapparats voll mit Beamten bedeuten, die gemeinsame Beratungen führen und hübsche Konferenzen veranstalten, auf denen gelegentlich zwar Entscheidungen getroffen werden mögen, auf denen aber niemals wirkliche Ergebnisse erzielt werden – und so sie denn erzielt werden sollten, würde dies weiterhin hinter verschlossenen Türen geschehen. Das Positive an dem Prozess der offenen Koordinierung, wie wir ihn nun kennen, liegt darin, dass Zahlen und Daten jetzt auf jeden Fall auf den Tisch gelangen.

Wie Sie wissen, wurde der Prozess durch eine Entscheidung der Staats- und Regierungschefs initiiert, die zu einem bestimmten Zeitpunkt beschlossen haben, ehrliche Zahlen zur Beschäftigung zu erstellen. Dies war seinerzeit eine äußerst wichtige Errungenschaft. Niemand hatte zuverlässige Beschäftigungszahlen vorgelegt. Diese Zahlen sind wichtig. Die Frage stellt sich natürlich, inwieweit die gemeinsamen Ziele noch weiter gesteckt werden können.

Es bestehen Gefahren. Die Risiken sind zweifacher Art, wie Frau Smet bereits dargelegt hat: Auf der einen Seite die Behördenapparate, in denen nichts geschieht und die aus der Sicht der Bürger einen Zeitverlust bedeuten. Auf der anderen Seite die Übertreibung der Koordinierung. Diese Befürchtung wird hauptsächlich in Deutschland gehegt, was verständlich ist, wenn man die Situation in Deutschland kennt, wo bestimmte Befugnisse den Ländern übertragen sind. Kultur und Bildung fallen in die Zuständigkeit der Bundesländer in Deutschland. Was geschieht, wenn die Mitgliedstaaten diese Befugnisse gemeinsam ausüben? Numerus clausi werden dann so festgelegt, als sei Deutschland ein Einzelstaat. Das hat natürlich nichts mehr mit Föderalismus zu tun, sondern ist genau das Gegenteil. Deshalb ist es zu verstehen, dass insbesondere die deutschen Kolleginnen und Kollegen Probleme haben und befürchten, dass diese Methode über die Hintertür zu einer schlimmen Art der Harmonisierung führt, bei der weder dieses Parlament noch die Bürger beteiligt sind. Dies ist absolut begreiflich.

Besonders erfreulich an dem vorliegenden Bericht ist meiner Meinung nach also, dass damit eine Lösung geboten wird. Die Lösung besteht darin, dass dieses Parlament seine Zustimmung nicht zur Anwendung der Methode, sondern dazu zu geben hat, ob eine Methode für einen bestimmten Bereich eingeführt wird. Ich bin sicher, dass, wenn wir beispielsweise den Kulturbereich nehmen, dergleichen nur möglich ist, wenn das Parlament seinen Part bei einer solchen Koordinierung spielt. Dies ist von vitaler Bedeutung, und deshalb ist diese Zustimmung so wichtig. Aus diesem Grund bin ich gegenwärtig entschieden gegen den Vorschlag von Frau Jensen, durch den weitere Fortschritte verhindert würden. Seit nunmehr vier Jahren sind wir erfolglos um den Abschluss einer Interinstitutionellen Vereinbarung bemüht, weil der Rat erklärt, eine solche sei im Vertrag nicht vorgesehen. Infolgedessen bedarf es einer Änderung des Vertrags. Frau Smet hat eine solche Forderung gestellt, und deshalb sollten wir meiner Meinung nach der in diesem Bericht vorgeschlagenen Lösung unsere uneingeschränkte Unterstützung gewähren.

 
  
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  Cercas (PSE). – (ES) Frau Präsidentin, zunächst möchte ich Frau Smet zu ihrem wirklich bemerkenswerten Bericht beglückwünschen, dessen erste Tugend darin besteht, dass er zum richtigen Zeitpunkt kommt.

Die offene Koordinierungsmethode ist ausgehend von der Erfahrung des Luxemburg-Prozesses und des durch die Artikel 126 und 128 des Vertrags geöffneten Wegs generelle Regel geworden; es handelt sich um einen zeitgemäßen Prozess, weil bei dieser Generalisierung auch vom Parlament viele Fragen aufgeworfen werden – über Unzulänglichkeiten und Lücken, die wiederholt bemängelt wurden und für die eine Lösung gefunden werden müsste – und weil wir kurz vor der Erarbeitung eines Verfassungsvertrags durch den Konvent stehen, was dem Parlament eine wichtige Chance bietet, sich Gehör zu verschaffen.

Deshalb kommt das Projekt zum richtigen Zeitpunkt und ist eine sehr wichtige Initiative, vor allem weil wir im Konvent und in der Regierungskonferenz die Chance haben, diese Schwierigkeiten zu überwinden, die, wie andere Kollegen bereits bemerkten, gerade mit einigen spürbaren Unzulänglichkeiten, fehlender Öffnung – obwohl sie als offene Methode bezeichnet wird – und auch fehlender Effektivität in der Koordinierung zu tun haben.

Wir haben daher eine ausgezeichnete Gelegenheit, und Frau Smet gibt uns mit ihrer Initiative allen Grund, unsere Arbeit fortzusetzen. Zudem hat Frau Smet eine große Arbeit geleistet und einen hervorragenden Bericht vorgelegt, in den sie die besten Ideen aus den Debatten einfließen ließ, die wir im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten geführt haben. Natürlich können wir als sozialistische Abgeordnete sehr gut mit diesem Bericht leben; auch wenn Sie, Frau Smet, und ich physisch und ideologisch sehr weit voneinander entfernt sind, so sind wir uns doch sehr nah, denn Sie sprechen die Hauptsorgen unserer Fraktion an und finden für sie eine Lösung. Sie stellen ein Gleichgewicht zwischen allen Institutionen her, verdeutlichen die Rolle der Kommission und sprechen dem Parlament eine zentrale Rolle zu, sodass Sie die erheblichen demokratischen Defizite, die wir festgestellt haben, überwinden. Sie öffnen Wege für die Transparenz, um alle Beteiligten – die nationalen und regionalen Parlamente, NGO, die gesellschaftlichen Akteure – einzubeziehen, was wir sehr schätzen. Sie fordern eine Institutionalisierung im Vertrag – das erscheint uns grundlegend –, Sie stecken das Feld ab, um zu verhindern, dass diese Methode Bereiche ersetzt oder in diese eindringen kann, in denen es Gemeinschaftsinstrumente legislativer Art gibt – ich glaube, Sie machen das völlig richtig –, und schließlich gewährleisten Sie die Bewertungstätigkeit, um die Methode effektiv zu gestalten.

Daher, Frau Präsidentin, werden wir sozialistischen Abgeordneten diesem Bericht unsere volle Unterstützung geben, und wir hoffen, dass er der europäischen Integration dienen und dazu beitragen wird, dass für die europäischen Probleme eine europäische Lösung gefunden wird, auch wenn wir dazu ein wenig über das rein zwischenstaatliche Element hinausgehen müssen.

 
  
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  Echerer (Verts/ALE) . – Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal möchte ich dem Sozial- und Kulturausschuss zur gelungenen und erfolgreichen offenen Koordinierung gratulieren!

Offene Koordinierung – das klingt so wie ein richtig modernes Logo. Politische Aktivitäten, politische Strategien zu koordinieren, dazu gehört viel Logik, das sind wir von politischen Arbeiten nicht immer gewöhnt. Eigentlich sehr erfreulich! Ich hatte zuhause ein paar Probleme, den österreichischen Bürgerinnen und Bürgern diese offene Koordinierung zu erklären. Wir haben da noch keine Tradition wie zum Beispiel die skandinavischen Länder. Die erste Frage bei mir im Land war: Und welche Rolle spielt das Parlament dabei? Ich musste all das, was ich heute Abend hier gehört habe und was wir in den Ausschüssen immer wieder hören, auch dort erklären. Selbstverständlich, haben die Bürgerinnen und Bürger gesagt, nicht nur aus Achtung vor Dir als Abgeordnete, nicht nur als Recht, das eine Parlamentarierin für sich und im Auftrag der Bevölkerung fordern muss: Wir verlangen für diese wunderbare Möglichkeit eine demokratische Legitimierung!

Nun, ob die offene Koordinierung so eine wunderbare Möglichkeit ist – wie gesagt, ich habe damit noch keine Erfahrung, ich bin noch kein Fan, und ich bin mir auch nicht sicher, ob die Überführung in eine Gemeinschaftsmethode das Lösungsrezept ist. Ich glaube, wir müssen uns um die Details kümmern, die da heißen: Die drei Institutionen müssen sich an einen Tisch setzen. Das bedeutet keinen Gnadenakt gegenüber dem Europäischen Parlament, sondern eine offene, faire Verhandlung zwischen den drei Institutionen. Hier geht es ums Detail: Wie wird das Parlament mit eingebunden? Wie haben wir Zugriff auf die Dokumente? Welche Regeln stellen wir auf? Wenn wir da wirklich einen großen Schritt weiterkommen, dann könnte ich mich zum Fan der offenen Koordinierung entwickeln. Im Bereich Kultur, Medien, Sport, Bildung und Jugend wäre das sicher auch ein möglicher Schritt hin zu einer Art europäischer Kulturpolitik, die bitte nicht falsch verstanden werden soll und in keinster Weise die Harmonisierung nationaler Kulturpolitik bedeutet, sondern eben das effektive Koordinieren gemeinsamer Politiken, um ein gemeinsames Ziel auch zusammen erreichen zu können. Denn alleine sind wir – wie wir wissen – gerade in diesen sensiblen Bereichen einfach nicht stark genug.

Daher meine Bitte, die ich nicht oft genug wiederholen kann. Ich glaube, das Parlament hat hier beinahe mit einer Stimme gesprochen, das erwartet man ja von Europa in vielen Bereichen. Verehrte Kommission, sehen Sie uns als Partner und koordinieren Sie sich mit uns – offen!

 
  
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  Mann, Thomas (PPE-DE) . – Frau Präsidentin! Seit dem Rat von Lissabon im März 2000 sind sich die Mitgliedstaaten darin einig, das Instrument der offenen Koordinierungsmethode von der Beschäftigung auf andere Bereiche auszuweiten. Best practices sollen verbreitet, quantitative und qualitative Indikatoren festgelegt werden, europäische Richtlinien sind in nationale und regionale Politik umzusetzen, natürlich unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und realisiert in nationalen Aktionsplänen.

So weit, so gut. Doch wenn der Eindruck entsteht, es gehe um Gleichmacherei; wenn es zu sozialpolitischen Vorgaben kommt, ohne dass eine Rechtsgrundlage vorliegt; wenn versucht wird, Mitgliedstaaten möglicherweise Vorschriften zu machen und etwa nationale Bestimmungen auszuhebeln, dann ist die OKM in dieser Form nicht hinnehmbar. Eine verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten ist in den Politikbereichen, in denen die Europäische Union nur eine eingeschränkte Zuständigkeit hat, sicher möglich und sinnvoll. Sie muss dann jedoch auf einen verbesserten Austausch von Informationen und Erfahrung ausgerichtet werden.

Bei der Anwendung der OKM aber müssen die vertraglichen Kompetenzgrenzen beachtet werden. Viele der Kolleginnen und Kollegen haben ja bereits erhebliche Kritikpunkte geäußert. Dieses Instrument kann nur eine Ergänzung sein und keineswegs eine Alternative zu den wichtigen legislativen Maßnahmen. Dabei darf das Europäische Parlament genauso wenig übergangen werden wie nationale Parlamente, auch da stimme ich den Vorrednern zu. Wir im Europäischen Parlament erleben es doch oft, wie wir unter Zeitdruck gesetzt werden. Beispielsweise wenn uns die Europäische Kommission bei den jährlichen Leitlinien zur Beschäftigungsstrategie konsultiert, die Berichte aber so spät an uns sendet – ich habe das Anfang des Jahres selbst erleben müssen –, dass gründliche, qualifizierte Beratungen zu kurz kommen. Die OKM wird von nationalen Sachverständigen ausgearbeitet, die zweifellos hochrangig sind, aber die ohne parlamentarische Legitimation Inhalte entwickeln. Das Europäische Parlament ist die einzige Gemeinschaftsinstitution, die Kontrolle über diese politischen Prozesse hat, einschließlich OKM.

Ich unterstütze die Forderung von Miet Smet, dass auch die nationalen Parlamente angemessenen Einfluss erhalten müssen, und wir dürfen auch den Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und die Sozialpartner nicht vergessen, die gleichfalls zu konsultieren sind und zwar von vorne herein. Trotz aller wichtigen Ansätze in diesem Bericht, trotz des vorgesehenen Auftrages an die Kommission, zunächst eine Studie auszuarbeiten, und trotz der Forderung nach einer breit angelegten Debatte über die Wirksamkeit der OKM habe ich noch erhebliche Bedenken gegenüber einer Methode in dieser Form und mit diesen Prinzipien.

 
  
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  Graça Moura (PPE-DE).(PT) Frau Präsidentin! Die mündliche Anfrage von Herrn Rocard geht von der konkreten Grundannahme aus, dass die offene Koordinierungsmethode in allen Tätigkeitsfeldern des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport zur Anwendung kommen sollte und nicht nur in den Bereichen, die unmittelbar mit der Lissabonner Strategie verknüpft sind, also Bildung und lebenslanges Lernen.

Der Grund für eine Entscheidung zu diesen Bereichen ist genau der gleiche wie bei den beiden von mir gerade genannten. Dies zeigte sich ja auch in dem Bestreben des Rats von Lissabon, die offene Koordinierung auf andere Bereiche auszuweiten. Da dies nun der Fall ist, wäre es doch wünschenswert, das Konzept der offenen Koordinierung, für das das Europäische Parlament voll und ganz eintritt, auch auf die Gebiete Kultur, Jugend, Medien und Sport auszudehnen. Tatsächlich gibt es Praktiken, die auch diese Vorgehensweise rechtfertigen würden.

Das ist die einzige Möglichkeit für das Parlament, eine Stellungnahme abzugeben, fundiert und fristgerecht, und dabei auf sinnvolle Weise zur Suche nach besseren Lösungen mit größerer demokratischer Legitimität beizutragen, bevor der Rat diesbezügliche Initiativen prüft, um sicherzustellen, dass mit nationalen und regionalen Maßnahmen auch europäische Politikleitlinien umgesetzt werden können. Wir können auch nicht verstehen, wie das Parlament diese und andere Angelegenheiten nur als passiver Zuschauer betrachten kann. Wenn sich dieses Verfahren in einer Union mit 15 Mitgliedstaaten bereits als relevant und notwendig erwiesen hat, dann wird es in einer Union der 25 umso relevanter und notwendiger sein. Europäische Maßnahmen, die einen zusätzlichen Nutzen für Europa bewirken, müssen auch von den direkten Vertretern der europäischen Völker diskutiert werden.

Deshalb benötigen wir eine interinstitutionelle Vereinbarung, die vorsieht, dass das Parlament eingreifen kann, um sicherzustellen, dass nicht nur Vorschriften, sondern auch Maßnahmen einheitlich, auf der Grundlage von Zielen und mit Indikatoren festgelegt werden. Dazu gehört auch der Zugang zu Dokumenten und die Teilnahme an Koordinierungssitzungen und Zusammenkünften zur Überprüfung der erreichten Fortschritte, die Übermittlung von Informationen zu den Berichten und nachahmenswerten Praktiken in einem Prozess, in dem sich die offene Koordinierungsmethode als Gemeinschaftsmethode entwickelt.

Daher sollte das Parlament in der Lage sein, frist- und sachgerecht zu handeln, bevor der Rat seine Entscheidungen trifft. Die Kommission sollte Vorschläge formulieren, wie dafür Sorge getragen werden kann, dass das Parlament in die in Lissabon beschlossene Methode vollständig eingebunden ist. In diesem Zusammenhang erlangt die mündliche Anfrage vom Vorsitzenden des Kulturausschusses, Herrn Rocard, höchste Bedeutung.

 
  
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  Hieronymi (PPE-DE) . – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Ich begrüße diese Diskussion außerordentlich. Insofern danke ich dem Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, denn ohne diese Initiative von Frau Smet wäre der Ausschuss für Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport wahrscheinlich überhaupt nicht in die Situation gekommen, dass unsere Anfrage zumindest in diesem Parlament behandelt wird. Doris Pack hat darauf hingewiesen, dass der Kulturausschuss seit Monaten darauf wartet, dass unsere Fragen – nur die Fragen! – zur Koordination im Bereich Kultur, Bildung, Jugend, Medien und Sport hier überhaupt behandelt werden. Das zeigt in aller Deutlichkeit, dass irgend etwas an dem System nicht stimmt. Die Debatte heute Abend ist eine Gelegenheit, die Probleme auf den Tisch zu legen, und ich hoffe, es werden auch Konsequenzen daraus gezogen.

Die Methode der offenen Koordinierung kann sicherlich ein wichtiger Beitrag dazu sein, dass wir die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger erfüllen, zu einem Mehr an Zusammenwirken in wichtigen Politikbereichen zu kommen, in denen wir keine Harmonisierung wollen. Aber dieser Prozess wird aus meiner Erfahrung nicht die Zustimmung der Bürger gewinnen, wenn er kein demokratischer ist. Und er ist bis heute nicht demokratisch, er ist intergouvernemental. Deshalb liegt es an uns, etwas zu unternehmen. Wenn wir der Meinung sind, dass Effizienz und Demokratie im Widerspruch stehen, dass Flexibilität und verantwortliche Parlamentsbeteiligung im Widerspruch stehen, dass Transparenz und verantwortliche Parlamentsbeteiligung im Widerspruch stehen, dann ist das in der Tat – so finde ich – für uns ein Armutszeugnis. Deshalb hoffe ich, dass diese Debatte und dieser Bericht dazu beitragen, dass wir in wenigen Wochen nach dem Abschluss des Konvents unsere Hausaufgaben erledigen und als Parlament – vorrangig die beiden betroffenen Ausschüsse – Antworten auf diese Fragen geben.

 
  
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  Stauner (PPE-DE) . – Frau Präsidentin! Ich kann dem Bericht nicht zustimmen, und zwar aus grundsätzlichen Erwägungen. Ziel der so genannten Methode der offenen Koordinierung ist es, Rechtswirkungen in verschiedenen Politikbereichen herbeizuführen, für die es keine ordnungsgemäße Rechtsgrundlage im EU-Vertrag gibt. Das heißt, Rat und Kommission ziehen beliebig Kompetenzen auf die europäische Ebene, ohne dass sie dazu legitimiert sind. Dies dient weder der Rechtsklarheit noch der Rechtswahrheit, und schon gar nicht dient es der Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern!

Nun weiß ich auch, dass Koordinierung in verschiedenen Bereichen jetzt schon möglich und durchaus auch notwendig und sinnvoll ist. Denn man kann ja immer von anderen lernen. Aber diese legale freiwillige Koordinierung zu einem quasi gesetzgeberischen Instrumentarium auszugestalten und auch noch mit Sanktionsmöglichkeiten zu versehen, macht europäisches Handeln nicht mehr nachvollziehbar! Dass gerade der sozialpolitische Ausschuss – dem ich ja auch angehöre –, der doch genau weiß, wie sensibel und unterschiedlich die Traditionen in den einzelnen Mitgliedstaaten sind, in einem Initiativbericht diese Anmaßung von Kompetenzen sozusagen durch die Hintertüre befürwortet, finde ich sehr bedauerlich.

Wir haben immer klare Kompetenzabgrenzungen für Europa und die Respektierung nationaler und regionaler Zuständigkeiten gefordert. Diesen Forderungen schlägt die offene Koordinierung geradezu ins Gesicht. Und ich kann auch die Einbeziehung des Parlaments in diese Methode nicht als große Errungenschaft feiern, denn sie ändert eigentlich nichts daran, sie macht es meines Erachtens sogar noch schlimmer! Denn damit wird dieser rechtsstaatlichen Prinzipien in keiner Weise entsprechenden Methode auch noch ein demokratisches Mäntelchen umgehängt.

 
  
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  Die Präsidentin. – Danke, Frau Stauner.

Zum Abschluss dieser Aussprache habe ich gemäß Artikel 42 der Geschäftsordnung

einen Entschließungsantrag im Namen des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport erhalten(1).

Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll.

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