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Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 22. Februar 2005 - Straßburg Ausgabe im ABl.

17. Meeresverschmutzung durch Schiffe: Sanktionen bei Verstößen
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  Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Empfehlung für die zweite Lesung von Corien Wortmann-Kool (A6-0015/2005) betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen bei Verstößen.

 
  
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  Wortmann-Kool (PPE-DE), Berichterstatterin. – (NL) Herr Präsident! Wir erörtern die Richtlinie über strafrechtliche Sanktionen zur Bekämpfung illegaler Öleinleitungen auf See, und als Ihre Berichterstatterin stimmt mich die mit dem Rat in zweiter Lesung erzielte Übereinkunft überaus froh. Intensive Beratungen waren vonnöten, und die Vereinbarung, die uns mit dem Rat gelungen ist, gewährleistet einen verbindlichen, aber dennoch fairen europäischen Ansatz bei illegalen Öleinleitungen und Ölkatastrophen. Ich möchte dem Hohen Haus noch einmal die gesellschaftliche Bedeutung dieser Richtlinie vor Augen führen. Unmittelbarer Anlass für die Gesetzesvorlage war die durch die „Prestige“ ausgelöste Ölkatastrophe. Hunderte Küstenkilometer wurden damals stark verseucht, und das vorliegende Maßnahmenpaket bezieht sich wirklich nicht nur auf diese Unglücke, sondern dient auch dem Kampf gegen illegale Einleitungen in die europäischen Küstengewässer. Diese illegalen Öleinleitungen mögen in den Zeitungen vielleicht nicht immer Schlagzeilen machen, sie stellen aber ein erheblich unterschätztes und nicht gebührend beachtetes Problem dar, denn jährlich gibt es etwa 90 000 Fälle illegaler Öleinleitungen in die europäischen Gewässer. Jahr für Jahr werden Strände verschmutzt, und wohlgemerkt 40 % der toten Seevögel entlang der Nordseeküste gehen auf das Konto der Ölverschmutzung.

Der Rat hat lange gebraucht, um einen Gemeinsamen Standpunkt zu beziehen, und er erwies sich für das Parlament als unzulänglich. Wir wollen keinen Papiertiger, sondern wirkungsvolle europäische Vereinbarungen über die Entdeckung und Sanktionen. Der Rat ist dem Parlament hier weitgehend entgegen gekommen, und das ist gut für die Bürger Europas und für die Umwelt. Ich darf die wesentlichen Punkte erläutern.

Erstens sind harte Sanktionen zur Bekämpfung illegaler Einleitungen vorgesehen. Der Rat hat im Dezember einen Rahmenbeschluss angenommen, in dem die Sanktionen im dritten Pfeiler geregelt sind. Damit hat der Rat den Weg für diese Vereinbarung frei gemacht. Dieser Vorschlag im Rahmen des dritten Pfeilers ist zudem durch Aufnahme einer Passage über die Straftaten fest in der Richtlinie verankert. Außerdem hat der Rat die parallele Annahme beider Legislativvorschläge zugesichert. Auf diese Weise hat das Parlament im Vorgriff auf die neue Verfassung seine institutionelle Position gefestigt.

Zweitens geht es um die Entdeckung illegaler Einleitungen. Die meisten Länder können nicht oder kaum gegen illegale Einleitungen vorgehen. Indem wir jedoch die Schwelle für ihre Bekämpfung auf grobe Fahrlässigkeit herabsetzen, stellen wir sicher, dass Verstöße nach allen Regeln der Kunst geahndet werden können. Gleichwohl sollten wir nicht ins andere Extrem verfallen und eine Hetzjagd auf Schiffsbesatzungen und Kapitäne veranstalten, über die heftig debattiert wurde. Das Parlament legt Wert auf den Schutz, den internationale Verträge im Falle illegaler Einleitungen bieten, bei Unfällen ist dies allerdings komplizierter.

Kommission und Rat wollen in den Hoheitsgewässern keinen zusätzlichen MARPOL-Schutz, da ein Handeln dann praktisch unmöglich wäre; eine Ansicht, die von einer Mehrheit in dem Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr geteilt wurde. Wie ich dennoch bemerkt habe, ebben die Diskussionen in diesem Punkt nicht ab, denn noch gestern erreichte mich hierzu ein Schreiben der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation, ein Schreiben, das auch dem Kommissar bekannt ist. Können Sie, Herr Kommissar, uns die Angst nehmen, die einige nach wie vor verspüren, dass die Besatzungen bei Unfällen im Voraus kriminalisiert werden, denn das ist nicht Sinn der Sache?

Drittens, dieses Haus träumt seit langem von einer Europäischen Küstenwache, die für eine wirksame Prävention und Entdeckung von Ölverschmutzung unverzichtbar ist. Diesem Wunsch hatte der Rat bislang nicht Rechnung getragen, mit dieser Vereinbarung ist dies aber nunmehr der Fall. Daher freue ich mich, dass der Rat das Prinzip einer Europäischen Küstenwache anerkennt. Vereinbarungsgemäß wird die Europäische Kommission bis Ende 2006 eine Durchführbarkeitsstudie vorlegen, und, Herr Kommissar, wir sehen den Ergebnissen Ihrer Studie sowie Ihrem Vorschlag für eine Europäische Küstenwache mit Spannung entgegen.

Und schließlich sollten wir selbstverständlich alles daransetzen, um Verschmutzungen zu verhindern, und dazu dient die Richtlinie über die Hafenauffangeinrichtungen, obgleich sie noch völlig unzureichend ist. Wie gedenkt die Kommission, dies zu verbessern?

Mein Dank gilt meinen Kolleginnen und Kollegen für das in mich gesetzte Vertrauen und die konstruktive Zusammenarbeit sowie dem Sekretariat des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr. Auch der Kommission gebührt ein herzliches Dankeschön für die gesamte Unterstützung und Kooperation. Last but not least darf ich dem luxemburgischen Vorsitz danken, der die Verhandlungen energisch geführt hat, was nicht leicht war. Ich freue mich über das Resultat, und ich danke Ihnen dafür, insbesondere wegen der Bedeutung für die Bürger sowie die Umwelt entlang unserer Küsten und in unseren Küstengewässern.

 
  
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  Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, zunächst möchte ich Frau Wortmann-Kool danken, die in bemerkenswerter Weise die Zusammenhänge aufgezeigt, die Herausforderungen erläutert und den Inhalt dieser Kompromisslösung beschrieben hat, die, wie ich von ganzem Herzen hoffe, morgen von Ihrem Hohen Haus verabschiedet werden wird. Lassen Sie mich nur einige Worte hinzufügen.

Die Verhandlungen über diesen Entwurf für eine Richtlinie haben vor fast zwei Jahren begonnen. Wir mussten Hindernisse überwinden und teilten nicht immer die gleichen Standpunkte, die einige von Ihnen vertraten. Mein Gruß und mein Dank gilt den drei Berichterstattern, die abwechselnd an diesen Verhandlungen teilgenommen haben, besonders Frau Wortmann-Kool als der echten Urheberin des heutigen Erfolgs.

Mit dieser künftigen Richtlinie werden die europäischen Institutionen endlich eine konkrete Antwort auf die Erwartungen unserer Bürger geben, die wollen, dass die illegalen Einleitungen und andere Katastrophen der Vergangenheit sich nicht wiederholen. Man wirft uns vor, wie Sie Frau Wortmann-Kool auch gerade sagten, wir wollten die Kapitäne und Mannschaften kriminalisieren. Ich kann wirklich sagen, dass dies nicht unsere Absicht ist. Im Gegenteil, diese Richtlinie soll im Dienst dieses Berufszweiges stehen. Wir nehmen die äußerst seltenen Fälle ins Visier, die nicht tolerierbar und inakzeptabel sind; wir wollen, dass sich alle Wirtschaftsbeteiligten in den vorgelagerten Bereichen in der langen Kette des Seetransports zu ihrer Verantwortung bekennen. Ich muss gestehen, dass ich etwas verwundert war über die Reaktion des Generalsekretärs der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation, den ich in der vergangenen Woche traf. Ich muss sagen, dass, wie ich ihm in London am Sitz der IMO mitteilte, der dem Parlament vorliegende Text vollkommen mit dem internationalen Recht übereinstimmt, das heißt mit dem MARPOL-Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe und der UN-Seerechtskonvention. Unser Text ist konform, und wir nutzen lediglich eine durch das MARPOL-Übereinkommen gebotene Möglichkeit, strengere Vorschriften einzuführen.

Wir handeln natürlich auf der Ebene der Union und nicht mehr auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten, aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass die IMO in diesem Schritt den geringsten Willen erkennen kann, die Besatzungen und die Kapitäne zu kriminalisieren. Ich sage das in aller Entschiedenheit und Überzeugung, und ich möchte wirklich alle Abgeordneten beruhigen, die, wie ich einem Brief entnehmen konnte, möglicherweise das Gefühl gehabt haben, sie hätten unsere Absichten nicht ganz verstanden.

Lassen Sie mich sagen, Herr Präsident, dass die Verabschiedung dieses Textes ein Erfolg sein wird. Die Kommission hatte zwar geglaubt, mit ihrem Richtlinienvorschlag ein echtes System strafrechtlicher Sanktionen einführen zu können. Der Ihnen nun vorliegende Text ist in dieser Hinsicht weniger ambitioniert, denn die Elemente strafrechtlicher Natur wurden in den dritten Pfeiler verlagert, das heißt in einen Rahmenbeschluss. Ich bedauere das zwar, und die Kommission bedauert es, aber wir nehmen dies, wie es ist, und akzeptieren es, denn alle anderen Aspekte des Vorschlags blieben unverändert. Und wir haben erreicht, dass Verschmutzungsverstöße in ganz Europa auf die gleiche Weise definiert werden und in ganz Europa vergleichbaren Abschreckungssanktionen unterliegen. Das ist sehr wichtig, und ich möchte sagen, dass alle Parlamentarier der Europäischen Union, die irgendwann einmal das Drama einer Ölpest miterlebt haben, verstehen, dass wir zum Handeln verurteilt sind, sonst stehen wir früher oder später einer neuen Katastrophe gegenüber und werden dafür verantwortlich gemacht.

Auf der Grundlage dieser Richtlinie werden künftig die Kommission, unter Mithilfe der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs sowie alle anderen zuständigen Stellen innerhalb der Mitgliedstaaten ihre Kräfte vereinen müssen, um die Überwachung zu verstärken, Verstöße aufzudecken und die Schuldigen zu bestrafen. Hierzu muss ich ganz persönlich sagen, dass der Wunsch des Parlaments nach einer europäischen Küstenwache sich voll mit unserem Wunsch deckt.

Her Präsident, gestatten Sie mir noch ein Wort zu den Änderungsanträgen 19 bis 23, ohne mich allzu sehr aufhalten zu wollen. Die Kommission empfiehlt dem Hohen Haus, sie nicht anzunehmen, und zwar aus zwei Gründen. Erstens, weil das Kompromisspaket in Frage gestellt wird, denn eine Schlichtung könnte die Dinge verkomplizieren, und zweitens aus inhaltlichen Gründen. Die Änderungsanträge 19 und 22 zielen darauf ab, eine ausführliche Liste aller Wirtschaftsbeteiligten zu erstellen, die in der langen Kette des Seetransports im Falle einer Havarie und einer Verschmutzung haftbar gemacht werden können. Faktisch existiert diese Liste aber bereits in kondensierter Form in Erwägungsgrund 7 des gemeinsamen Standpunkts, der nicht durch irgendeinen Kompromiss in Frage gestellt wurde. Änderungsantrag 20 betrifft die Entschädigungsregelung für Nothäfen. Das ist eine sehr wichtige Frage, mit der sich die Kommission eingehend beschäftigt, und ich beziehe mich hier auf eine Studie zu diesem Thema, die ich dem Europäischen Parlament in den nächsten Tagen zuleiten werde.

Die Änderungsanträge 21 und 23 zielen darauf ab, etwas in Frage zu stellen, was in den Augen der Kommission ein echter Fortschritt ist. Die Europäische Union wird in den Hoheitsgewässern ein wirklich operatives Abschreckungs- und Sanktionssystem einrichten: Alle Verursacher müssen bestraft werden, sobald sie eine grobe Fahrlässigkeit begangen haben. Das stellt einen Fortschritt gegenüber den internationalen Standards, vor allem dem MARPOL-Übereinkommen, dar, die ergänzt werden müssen. Bestraft werde können nur Personen, die vorsätzlich gehandelt oder einen unentschuldbaren Fehler begangen haben.

Unser Text stellt also einen Fortschritt dar, der durch die Seerechtskonvention ermöglicht wird. Diese Konvention ermöglicht es den Küstenstaaten, in ihren Hoheitsgewässern die Vorrichtungen zur Prävention und Bekämpfung von Verschmutzungen zu verstärken. Diese Möglichkeit besteht, und wir haben sie ergriffen, und deshalb sollte man meiner Meinung nach nun keinen Schritt zurück machen. Deshalb ist die Kommission vom Grundsatz her nicht einverstanden, und deshalb ist es gut, dass der Verkehrsausschuss so klug war, die Änderungsanträge 21 und 23 nicht anzunehmen.

Nun noch ein Wort zu Änderungsantrag 2, bei dem es um Erwägungsgrund 7 geht. Dieser Änderungsantrag betrifft die Revision des Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden, des so genannten FIPOL-Systems. Dieser Änderungsantrag wurde vom Rat nicht akzeptiert, wobei es zutrifft, dass sein Gegenstand etwas über den Bereich der Richtlinie hinausgeht. Während des Trilogs hat die Delegation des Parlaments es akzeptiert, diesen Änderungsantrag zurückzuziehen. Auf Aufforderung des Rates und des Parlaments war die Kommission damit einverstanden, eine Erklärung in drei Punkten abzugeben, die ich in Erinnerung rufen möchte. Zunächst bekräftigt die Kommission ihre Entschlossenheit, den Mitgliedstaaten bei der Suche nach einer Verständigungsgrundlage über die Revision des internationalen FIPOL-Systems behilflich zu sein. Zweitens besteht die Kommission auf der Umsetzung der internationalen Übereinkünfte zur Haftung und Entschädigung im Verschmutzungsfalle. Drittens möchte die Kommission im Rahmen des Dritten Pakets von Maßnahmen für die Sicherheit der Seeschifffahrt einen Legislativvorschlag über die Pflichtversicherung für alle Schiffe, die einen Gemeinschaftshafen anlaufen, vorlegen.

Bitte entschuldigen Sie die Länge meiner Ausführungen, Herr Präsident, und lassen Sie mich abschließend sagen, dass die Kommission das Paket der 13 Kompromissänderungsanträge unterstützt und der Stellungnahme Ihres Hohen Hauses zu diesem Paket voller Vertrauen entgegensieht.

Ich appelliere an Ihre Wachsamkeit: Der Rat muss unbedingt seine Verpflichtungen einhalten und die Richtlinie und den Rahmenbeschluss zügig und parallel zueinander verabschieden. Ich werde mich meinerseits für die effiziente Umsetzung dieses Rahmenbeschlusses einsetzen. All das ist notwendig, damit der Kompromiss einen Sinn hat und damit die europäische Öffentlichkeit sich künftig besser gegen alle Meeresverschmutzungen geschützt fühlt, deren katastrophale Folgen auf unser Naturerbe und auf alle Meeresschätze die Berichterstatterin aufgezeigt hat.

Gestatten Sie mir, Herr Präsident, das Parlament nachdrücklich aufzufordern, nicht der Versuchung zu erliegen, den Kommentaren zu folgen, die ich für falsch halte und die uns vorwerfen, wir wollten die Seeleute kriminalisieren. Im Gegenteil, wir versuchen, sie im Rahmen dessen, was vernünftig und angemessen ist, stärker in die Verantwortung zu nehmen, Ich muss sagen, dass der Text ausgewogen ist, und nachdem der Trilog in eine interinstitutionelle Vereinbarung mündete, meine ich, dass wir auf dem richtigen Wege sind, um diesen Text auch umzusetzen, der, wie ich Ihnen versichern möchte, bei all denen gute Aufnahme finden wird, die früher oder später eine neue Ölpest fürchten. Ich bitte also das Parlament, Herr Präsident, diesem Text, der für unsere europäischen Landsleute so wichtig ist, die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.

 
  
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  Kratsa-Tsagaropoulou (PPE-DE), im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich haben Ihnen und unserer Berichterstatterin, Frau Wortmann-Kool, sehr aufmerksam zugehört, denn das Thema, das wir heute Abend diskutieren, ist von höchster Bedeutung und umfasst eine Reihe von Aspekten, die im Zusammenhang mit der nachhaltigen Entwicklung unserer Wirtschaft und der Schaffung von Arbeitsplätzen stehen.

Die Politik der Europäischen Union ist darauf gerichtet, den Seeverkehr zu entwickeln und gleichzeitig die Meeresumwelt zu schützen, und diese Zielsetzung wird von uns allen geteilt. Leider reagiert jedoch der Gemeinsame Standpunkt und seine Abänderung durch den Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr trotz der Anstrengungen, die die Berichterstatterin – der wir dafür danken – bei der Ausarbeitung des Vorschlags im Ausschuss unternommen hat, nicht auf diese Herausforderungen.

Der Hauptgrund für diese Feststellung besteht darin, dass die eingeführten Bestimmungen bezüglich der Grundlage der Verantwortlichkeit für unfallbedingte Meeresverschmutzung sowie bezüglich der Meereszonen, in denen das internationale MARPOL-Übereinkommen gilt, über dieses Abkommen hinausgehen. Dieser Punkt könnte in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht beträchtliche Auswirkungen haben. In solch einem Fall würde das Gemeinschaftsrecht gegen das internationale Recht verstoßen und zugleich die Autorität der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation, der einzigen Behörde, die auf internationaler Ebene Maßnahmen zum Schutz des Meeres ergreifen darf, untergraben, denn wir dürfen nicht vergessen, dass die Seeschifffahrt eine globale Aktivität darstellt, die nicht nach mehreren verschiedenen Standards geregelt sein kann. Die Erfahrung hat gezeigt, dass regionale Maßnahmen Verwirrung stiften und zu rechtlicher Ungleichheit sowie zu Verwaltungsproblemen führen. Außerdem belegen internationale Statistiken, dass, obwohl der internationale Handel zur See zunimmt, die Zahl der Verschmutzungsfälle sinkt.

Ein weiteres gewichtiges Element dieses Vorschlags ist die Kriminalisierung der Tätigkeit auf See, denn der Vorschlag betrifft im Wesentlichen auch diesen Aspekt. Seeleute haben schon ein hartes und gefährliches Leben. Dieser strafrechtliche Ansatz hält junge Menschen davon ab, zur See zu gehen, insbesondere diejenigen, die über technisches Know-how und eine gute Ausbildung verfügen, und das sind genau die Leute, die die europäische Schifffahrt braucht.

Deshalb bitte ich Sie, meine Damen und Herren, an dieses Thema mit Verantwortungsgefühl und Weitsicht heranzugehen, und zugleich richte ich an uns alle den Appell, für den Änderungsantrag zu stimmen, den die Europaabgeordneten der Nea Dimokratia und ihre Kollegen aus anderen Fraktionen und Ländern eingereicht haben und der darauf abzielt, unseren Vorschlag in Einklang mit dem internationalen MARPOL-Übereinkommen zu bringen. Ich danke Ihnen und meine, dass wir, unabhängig vom Ergebnis der Abstimmung, eine langfristige Strategie verfolgen müssen, die über restriktive Maßnahmen und strafrechtliche Sanktionen hinausgeht.

 
  
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  Piecyk (PSE), im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei allem Respekt: Auf irgendeine Weise kommen die Umweltverschmutzungen ja zustande. Die Berichterstatterin hat darauf hingewiesen, dass wir uns ein Stückchen schizophren verhalten, denn immer wenn es Katastrophen gibt, sind wir alle empört; dann sind wir aufgeregt und die Öffentlichkeit ist dabei. Aber die tägliche – und ich betone: die tägliche – Schweinerei auf europäischen und internationalen Meeren scheint offensichtlich eine breite Öffentlichkeit nicht zu beschäftigen. Die Zahlen sprechen doch für sich. Im Kommissionsvorschlag wurde damals genannt: in der Ostsee allein im Jahr 2001 390 illegale Öleinleitungen, in der Nordsee 596 illegale Einleitungen! Die Umweltorganisation OCEANIA geht davon aus, dass jährlich 3000 illegale Einleitungen in den europäischen Gewässern stattfinden. Das sind 3000 zu viel. Das darf auch kein Kavaliersdelikt bleiben, sondern muss endlich als kriminelles Unrecht verfolgt und hart bestraft werden.

Ermitteln und verfolgen, dazu braucht man Instrumente. Es ist gesagt worden, dass die Mitgliedstaaten natürlich ihre Verantwortung haben, und gleichzeitig brauchen wir in der Perspektive eine effiziente europäische Küstenwache. Wir werden sie nicht heute oder morgen haben; aber übermorgen, denke ich, muss sie kommen. Verfolgung und Bestrafung krimineller Meeresverschmutzung darf nicht an nationalen Kompetenzeitelkeiten scheitern.

Parlament, Rat und Kommission beschließen morgen sozusagen einen fairen Kompromiss, und die Berichterstatterin hat am Zustandekommen dieses Kompromisses einen ganz hohen Anteil. Ich möchte sie beglückwünschen und ihr dafür danken, dass sie eine sehr, sehr gute Arbeit geleistet hat; dass wir nämlich hier zusammenkommen und morgen fertig sind; dass wir eben kein Vermittlungsverfahren brauchen, sondern morgen abschließen können.

Der Rat verpflichtet sich in seinem Rahmenbeschluss, kriminelle Meeresverschmutzung mit harten Strafen zu belegen: Geldstrafen, Gefängnis, Verbot wirtschaftlicher Tätigkeit. Kommission und Rat wollen in der IMO tätig werden. Es ist z. B. nicht nachvollziehbar, dass man sich immer noch gegen Geldbußen bei Meeresverschmutzung versichern darf. Dies muss dann in der IMO entsprechend geändert werden. Mit der Verabredung über eine Machbarkeitsstudie machen wir einen ersten wichtigen Schritt zu einer europäischen Küstenwache.

Deswegen ein Kompliment auch an die Präsidentschaft, die gut mit uns zusammengearbeitet hat. Das Land Luxemburg ist eigentlich nicht sehr bekannt für größere Küsten, aber Luxemburg hat zumindest eine sehr große Flotte. Von daher gibt es auch für die Flotte dieser Präsidentschaft eine Verantwortung – also auch einen Dank an die Präsidentschaft. Ich denke, allen zusammen obliegt uns ein hohes Maß an Verantwortung für die Natur, für die Meere. Deswegen sollte das, was wir morgen beschließen, auch sehr schnell in die Realität umgesetzt werden. Unsere Küsten, unsere Meere und die Lebewesen darin werden es uns danken.

 
  
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  Ortuondo Larrea (ALDE), im Namen der ALDE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Alle sechs Minuten wird illegal Öl in das Meer verklappt, und mehr als 20 000 Tonnen Öl werden jedes Jahr im Ergebnis des Seeverkehrs in die europäischen Gewässer eingeleitet, genug um 10 000 Schwimmstadien zu füllen. Das besagt der OCEANA-Bericht über Meeresverschmutzung, der auch von Herrn Piecyk zitiert wurde.

Aber aus diesem Bericht geht noch mehr hervor. Zum Beispiel, dass jedes Jahr 3000 illegale Öleinleitungen entdeckt werden, dass es aber noch weit mehr vorsätzliche Verklappungen geben dürfte, weil zum Beispiel im verkehrsreichsten Hafen der gesamten Europäischen Union und einem der weltweit größten, dem Hafen von Rotterdam, nur 7 % aller Schiffe, die dort anlegen, ihr Altöl in die entsprechenden Anlagen entsorgen. Wo verklappen die übrigen 93 % ihr Altöl? Die meisten von ihnen wahrscheinlich auf See.

Wir müssen schnellstmöglich wirksamere Kontrollmaßnahmen verabschieden, um den Tod von jährlich über 77 000 verölten Seevögeln und einer unbekannten Zahl von Walen, Seeschildkröten, Fischen, der marinen Fauna und Flora im Allgemeinen zu verhindern, sowie eine Vorschrift, die der Verschmutzung der Küsten und Strände, wo immer sie auftritt, ein Ende macht. Es werden bereits Zulassungsverfahren für patentierte Bordüberwachungsgeräte – so etwas wie manipulationssichere Black Boxes – durchgeführt, um zuverlässig nachweisen zu können, ob ein Schiff rechtswidrige Einleitungen vorgenommen hat.

Bei der Umsetzung der Begleitmaßnahmen, die in Artikel 10 der heute erörterten Richtlinie festgelegt sind, muss gefordert werden, dass alle Schiffe diese Schiffsdatenschreiber einbauen, dass in ausnahmslos allen Häfen Auffanganlagen installiert werden, dass einzelstaatliche und gemeinschaftliche Systeme zur Registrierung von kontrollierten legalen Einleitungen errichtet werden und dass die Öffentlichkeit über die illegalen Einleitungen und die verhängten Strafen informiert wird.

Die Staaten müssen zur Einhaltung der Rechtsvorschriften gezwungen werden, wonach sie zur Bereitstellung von Schutzhäfen für Schiffe in Gefahrensituationen verpflichtet sind, und es muss eine europäische Küstenwache zur Kontrolle der Einleitungen, der illegalen Zuwanderung und des Drogenhandels geschaffen werden. Darüber hinaus ist es unverzichtbar, dass die Strafen auf alle an der Seeverkehrskette Beteiligten ohne Ausnahme einschließlich der Ladungseigner und Makler, Befrachter, Warenempfänger, Reeder, Klassifikations- und Versicherungsgesellschaften, Kapitäne und Besatzungsmitglieder angewendet werden, unabhängig davon, ob sie ihre Arbeit an Land oder an Bord verrichten, wenn sie für diese Zwischenfälle oder Einleitungen verantwortlich sind.

Der Internationale Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden muss ebenfalls periodisch aufgestockt und aktualisiert und an den tatsächlich verursachten Schaden angepasst werden, und die Beiträge von Reedern, Eignern, Befrachtern und Empfängern des Öls müssen angemessener berücksichtigt werden.

Dies alles bedarf in Europa einer unverzüglichen Umsetzung, und wir müssen fordern, dass es durch die Internationale Schifffahrtsorganisation auf die übrige Welt ausgedehnt wird, denn wenn wir abwarten, bis dort entsprechende Vereinbarungen getroffen werden, kann es geschehen, dass die Nord- oder Ostsee und vor allem das Mittelmeer inzwischen irreparablen Schaden genommen haben.

Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Wortmann-Kool, sehr herzlich für ihren großartigen Bericht und ihre gesamte Arbeit danken, die sie geleistet hat, um zwischen den einzelnen Fraktionen gemeinsame Positionen abzustimmen und einen Konsens bei dem Trilog mit dem Rat und der Kommission zustande zu bringen und um dieses Gesetzgebungsverfahren in dieser zweiten Lesung abschließen zu können.

Ich kann Ihnen sagen, dass unsere Fraktion gerade die 13 Kompromissabänderungen akzeptiert hat und zudem beschlossen hat, die drei von uns eingereichten Änderungsanträge zurückzuziehen. Wir haben das alles getan, damit wir morgen diesen Bericht annehmen können und damit diese so wichtige Richtlinie so schnell wie möglich in Kraft treten kann.

 
  
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  Papadimoulis (GUE/NGL), im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Meine Fraktion unterstützt den Vorschlag mit großer Mehrheit und lehnt die Änderungsanträge ab, die ihn zu schwächen versuchen.

Die überwiegende Mehrheit der Bürger fordert strengere Maßnahmen zur Verhütung der Verschmutzung durch Schiffe, die nicht nur die Umwelt und die öffentliche Gesundheit beeinträchtigt, sondern auch dem Fischfang und dem Tourismus Schaden zufügt.

Das Maßnahmenpaket, über das wir heute beraten, soll ein Werk vollenden, das vor Jahren begonnen wurde und das sich aufgrund des Widerstandes dreier Mitgliedstaaten, die den ursprünglichen Richtlinienvorschlag der Kommission ablehnten, hinausgezögert hat.

Wie kann man gegen eine solche Richtlinie sein, wenn man sich die ökologischen Kosten vor Augen hält? Die Kosten für die Fischereiindustrie und die Kosten, die durch den Niedergang des Tourismus sowie infolge der Arbeitslosigkeit entstehen, die die von Ölverschmutzungen betroffenen Regionen geißelt. Allein im Jahre 1999 wurden in der Mittelmeerregion – und das Mittelmeer ist ein Binnenmeer – 1 638 Fälle von illegalen Abfallentsorgungen gemeldet. Stellen Sie sich vor, wie viele nicht gemeldet wurden, weil sie unerkannt blieben. Eine ähnlich hohe Zahl von Ölteppichen wurde im Jahre 2001 in der Nord- und Ostsee lokalisiert.

Aus Gründen des Schutzes der Meeresumwelt und in Anbetracht der Notwendigkeit, endlich einen Schritt nach vorn zu unternehmen, akzeptieren wir die Punkte der um einen Kompromiss bemühten Änderungsanträge, auch wenn uns diese nicht vollständig zufrieden stellen.

Außerdem möchte ich die griechische Regierung, die Regierung meines Landes auffordern, ihre Politik des Mauerns aufzugeben. Griechenland als Weltschifffahrtsmacht sollte nicht die Nachhut bilden; es sollte bei der Bekämpfung der Verschmutzung durch Schiffe an vorderster Front stehen und mit seiner konstruktiven Haltung keinen Anlass für eine Kritik an der griechischen Flotte bieten.

 
  
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  Blokland (IND/DEM), im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Wir erörtern derzeit nicht nur Frau Wortmann-Kools Bericht, sondern auch die Vereinbarung, die sie mit dem Rat erzielt hat. Für mich sind in dieser Aussprache zwei Dinge von Bedeutung. Erstens sollten wir uns bewusst sein, dass die Seeschifffahrt ein weltweiter Sektor ist, der lediglich dann optimal funktioniert, wenn auch die Gesetzgebung auf internationaler Ebene festgelegt wird. Deshalb begrüße ich es, dass sich sowohl der Rat als auch die Berichterstatterin zum MARPOL-Übereinkommen bekennen.

Außerdem sind Rechtsvorschriften ohne angemessene Kontrollen und Sanktionen sinnlos. Zu meiner Freude ist es der Berichterstatterin gelungen, den Rat zu einer konkreten Zusage in Bezug auf die strafrechtliche Dimension dieses Dossiers zu bewegen. Zum Schluss sei darauf hingewiesen, dass ich der Studie der Kommission über die Schaffung einer Europäischen Küstenwache mit Interesse entgegensehe. Mit Hilfe dieses Berichts wird sich mir hoffentlich der Nutzen eines solchen Organs erschließen. Vielen Dank.

 
  
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  Busuttil (PPE-DE). (EN) Herr Präsident! Ich bin enttäuscht, dass Änderungsantrag 7 zu diesem Bericht vom Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr abgelehnt wurde. Hervorheben möchte ich, dass ich voll und ganz das Prinzip unterstütze, von Schiffen verursachte Meeresverschmutzung zu bekämpfen. Jedoch müssen wir bei der Anwendung dieses Prinzips vernünftiger vorgehen. Wir scheinen vergessen zu haben, dass die Gefahren auf See trotz aller Vorkehrungen mitunter zu Unfällen führen können. Insofern ist es ungerecht, Schiffseigentümer, Kapitäne und Besatzungen, die alle erdenkbaren Maßnahmen ergriffen haben, um eine Verschmutzung durch eine Havarie auszuschließen, genauso zu behandeln wie Personen, die absichtlich eine Verunreinigung verursachen, oder wenn leichtfertiges bzw. fahrlässiges Verhalten im Spiel ist.

Ich halte diese Herangehensweise aus zwei Gründen für unlogisch. Erstens, weil sie über MARPOL hinausgeht, wenn nicht gar im Widerspruch dazu steht. Wir sollten uns bemühen, die Wirksamkeit internationaler Übereinkommen zu erhöhen und nicht in Konkurrenz zu ihnen zu treten oder den Schwerpunkt anders zu setzen. Aufgrund des Charakters der Schifffahrt haben sich internationale Übereinkommen als gute und wirksame Werkzeuge erwiesen. Wir sollten sie auch weiterhin nutzen.

Zweitens ist sie unlogisch, weil sie den Seeverkehr in der Europäischen Union gegenüber dem in Gewässern, die nicht zur Europäischen Union gehören, benachteiligt. Angesichts der Tatsache, dass wir danach streben, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und Arbeitsplätze zu schaffen, sollten wir keine Vorschriften erlassen, die den wichtigen Schifffahrtssektor davon abhalten könnten, in Europa zu bleiben.

Ich weiß, dass viel getan wurde, um in dieser Frage einen Kompromiss zu erreichen, und danke dem Berichterstatter hierfür. Allerdings vermute ich, dass die tatsächlichen Folgen dieser Bestimmungen noch immer nicht ausreichend berücksichtigt worden sind. Wir sind uns alle einig, dass die Meeresverschmutzung durch Schiffe geregelt werden muss, dabei müssen und sollten wir jedoch ein praktisches Herangehen wählen, das uns unseren Zielen auf effektive und dennoch pragmatische Weise näher bringt.

 
  
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  Evans, Robert (PSE). (EN) Herr Präsident! Auch ich danke dem Berichterstatter sowie dem Kommissar für seine interessanten Bemerkungen. Wir haben es hier, meine Vorredner erwähnten es bereits, mit einer wichtigen Gesetzesvorlage für die Sicherheit des Seeverkehrs zu tun, mit der Schiffe zu verantwortungsvollem Handeln gezwungen werden sollen. Wie Herr Piecyk, Herr Ortuondo Larrea, Herr Papadimoulis und andere ausführten, ist der größte Teil der Ölverschmutzung nicht auf Havarien zurückzuführen, die in die Schlagzeilen kommen, sondern auf absichtliche Einleitungen. Es ist unerlässlich, gemeinsam und entschlossen gegen solche Gesetzesverstöße vorzugehen, und dieser Kompromiss ist ein positiver Schritt in die richtige Richtung.

Bei der Bekämpfung von Kriminalität oder Fahrlässigkeit in europaweiten Fragen kommt der Zusammenarbeit große Bedeutung zu, und ich bin fest entschlossen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um Verschmutzungen zu vermeiden und die Umwelt zu schützen. Wenn wir als Europäische Union zusammenarbeiten, werden wir auch viel mehr erreichen als die einzelnen Länder.

Deshalb sehen wir, wie Herr Blokland sagte, der Machbarkeitsstudie zur Frage einer Europäischen Küstenwache mit großem Interesse entgegen. Meinem Eindruck nach unterscheiden sich die Aufgaben der nationalen Küstenwachen gegenwärtig von Land zu Land ganz erheblich. Einige sind mit dem Grenzschutz und der Bekämpfung illegaler Einwanderung betraut; andere mit der Bekämpfung der hier beschriebenen Verschmutzungen. In einigen Ländern fallen auch Such- und Rettungsaktionen, die anderenorts vielleicht das Militär übernimmt, in ihre Zuständigkeit.

Im Vereinigten Königreich gehören Such- und Rettungsaktionen zu den Aufgaben der Küstenwache, und ihre Zuständigkeit erstreckt sich über eine Zone, die an die der Vereinigten Staaten und Kanadas grenzt. Insofern ist der Verantwortungsbereich der Küstenwache des Vereinigten Königreichs etwas größer als der einiger anderer Länder. Ich sehe deshalb der Machbarkeitsstudie mit Interesse entgegen. Wir können darüber nachdenken, nachdem der Bericht morgen angenommen worden ist, und dann weiter voranschreiten.

 
  
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  Toussas (GUE/NGL). (EL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die vorbeugenden sowie repressiven Maßnahmen, die ergriffen werden, um im Falle von Verschmutzungsdelikten Sanktionen gegen Schiffseigner, Reeder und Manager sowie generell gegen Personen und Behörden, die die Verantwortung für den Zustand, den Betrieb und die Seetüchtigkeit von Schiffen tragen, zu verhängen, sind, wie die Erfahrung gezeigt hat, in eklatanter Weise unzureichend.

Mithilfe von Gerichtsurteilen nutzen Schiffseigner, Reeder, Manager, Agenten, Versicherer, Befrachter, Besitzer von Ladungen und andere, die die Kette der materiellen und technischen Schifffahrtinfrastruktur bilden und die für die Verbrechen auf See und die Umweltkatastrophen verantwortlich sind, das nationale und internationale Recht aus, um sich einer Bestrafung zu entziehen, während Seeleute mit äußerster Härte und im Widerspruch zu internationalen Rechtsvorschriften als Sündenböcke und Bürgen missbraucht werden, um die Bedenken der Arbeitnehmer zu beschwichtigen und dem Kampf der Umweltbewegung zu begegnen.

Wie sich herausgestellt hat, birgt die Politik, die im Hinblick auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und die Steigerung der Gewinne der Industrieunternehmen auf See und an Land, das heißt der Monopole, festgelegt worden ist, große Gefahren für den Schutz des menschlichen Lebens und der Umwelt.

Die betreffende Richtlinie über Meeresverschmutzung, die Sanktionen für Verstöße einführt, bewegt sich im Rahmen dieser volksfeindlichen Politik, die darauf ausgerichtet ist, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken und die Gewinne des Großkapitals zu steigern. Sie wälzt die Schuld an den Unfällen auf die Besatzungsmitglieder ab, fördert die Zügellosigkeit der Unternehmen auf See und an Land und lässt die Schiffseigner, Reeder, Manager, Befrachter, Schiffsregister, Versicherungsgesellschaften und so weiter unangetastet. Sie hält an der Mitverantwortlichkeit der Schiffseigner und der Seeleute fest und erhöht dabei sogar noch den Grad dieser Mitverantwortung. Wenn die Zeit nicht in der Tat so kurz wäre, könnte ich noch Tausende von Beispielen aufzählen, die belegen, dass zwischen der Verantwortlichkeit des Kapitäns und der Besatzung und der Verantwortlichkeit der Reeder und Schiffseigner keinerlei Zusammenhang besteht. Die Meeresverschmutzung und die Zerstörung der Umwelt sind Fragen von enormer politischer Bedeutung.

Gestatten Sie mir abschließend, in Antwort auf die Erwähnung des von uns eingereichten Änderungsantrags Nr. 19, Folgendes anzumerken: In Anbetracht der Tatsache, dass der Kommissar, die Berichterstatterin und der Rat akzeptieren, dass der Inhalt unverändert bleibt, frage ich mich mit Blick auf den Änderungsantrag 19, warum sie dann nicht Bedingungen akzeptieren, unter denen Personen, die Verschmutzungsdelikte begangen haben, tatsächlich eindeutiger bestimmt werden...

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Attard-Montalto (PSE).(EN) Herr Präsident! Im Englischen sagt man, der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Ich hoffe, diese Richtlinie gehört nicht dazu. Natürlich ist die Verschmutzung eine Katastrophe für das Meer, in diesem Punkt sind wir uns alle einig.

Mein Heimatland Malta ist sehr gefährdet, weil es vom Fremdenverkehr abhängig ist, und unsere Philosophie in Bezug auf die Seeschifffahrt ist immer geschätzt worden, insbesondere, weil wir bei bestimmten Theorien über das gemeinsame Erbe der Menschheit, vor allem den Meeresboden, zu den Vorreitern gehörten. Niemand kann uns also vorwerfen, unsere nationalen Interessen über die der Europäischen Union zu stellen – und ich erkläre Ihnen auch, warum.

Ich bin ehrlich gesagt nicht davon überzeugt, dass diese Richtlinie die Verschmutzung verringern wird. Warum? Bisher habe ich noch keine direkte und konkrete Antwort darauf erhalten, ob diese Richtlinie auch für nicht in Ländern der Europäischen Union registrierte Schiffe gelten wird. Wenn nicht, was wird passieren? Schiffe, die gegenwärtig in Griechenland, Zypern und Malta registriert sind, werden ausgeflaggt werden. Ich würde mich freuen, wenn dies klargestellt werden könnte, denn soweit mich meine Regierung informiert hat, unterscheidet das Gesetz in der vorliegenden Form zwischen Flaggen europäischer und nichteuropäischer Staaten. Wenn dies zutrifft, würde das gegen die internationale Übereinkunft verstoßen. Wie werden Sie das durchsetzen, Herr Kommissar? Ich würde mich freuen, wenn Sie in Ihren abschließenden Bemerkungen hierauf eine Antwort geben könnten.

 
  
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  Hedkvist Petersen (PSE). (SV) Herr Präsident! Herr Kommissar! Die Meeresumwelt ist für uns alle und für die kommenden Generationen von lebenswichtiger Bedeutung. Das ist heute in diesem Hohen Hause schon viele Male gesagt worden, und ich kann mich dem nur anschließen. Ferner stellt die Verschmutzung der Meere und der Meeresumwelt ein echtes grenzüberschreitendes Problem und eine echte grenzüberschreitende Herausforderung dar. Der morgen von uns zu fassende Beschluss wird meiner Ansicht nach zu einer Verbesserung der Situation in den Meeren und der Meeresumwelt führen.

Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass eine Europäische Küstenwache – ein Thema, das natürlich geprüft werden muss – ein guter Beitrag zu dieser Arbeit wäre. Sie könnte die Bekämpfung von Ölverschmutzungen verschiedenster Art unterstützen. Wichtig wäre, die Aufgaben und die Rolle der Küstenwache zu definieren, damit sie auch je nach nationalen Zuständigkeiten operieren könnte. Ich möchte mich daher kurz fassen und abschließend nur meine Unterstützung für die vorgeschlagene Vereinbarung ausdrücken.

 
  
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  Sifunakis (PSE). – (EL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute beraten wir einen Vorschlag für eine Richtlinie, der die direkte Folge eines tragischen Unfalls ist. Damit meine ich die Havarie der „Prestige“ im November 2002, die in einem europäischen Land zu enormen Verlusten an Meeresreichtum und Seeleuten führte.

Die im Anschluss an diesen tragischen Unglücksfall durchgeführten Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Verantwortung in solchen Fällen auf zahlreiche darin involvierte Institutionen und Akteure verteilt. Leider mussten wir erst eine ökologische Katastrophe großen Ausmaßes erleben, um zu erkennen, dass es trotz der überwältigenden Mehrheit jener, die ihrer Tätigkeit in der Seeschifffahrt verantwortungsvoll nachgehen, einige wenige gibt, deren Verantwortungslosigkeit verheerende Folgen für die Meeresumwelt haben kann.

Griechenland, ein Land mit einer langen Schifffahrttradition, ist dank des Verantwortungsbewusstseins, das die Arbeitnehmer im Seeschifffahrtsektor und selbstverständlich auch die Schiffseigner, die griechischen Seeleute und alle anderen in diesem Sektor tätigen Personen an den Tag legen, bislang von keiner größeren unfallbedingten Verschmutzung heimgesucht worden.

Als griechische Sozialdemokraten, die wir uns in der Tat der Notwendigkeit des Umweltschutzes und des Schutzes der im Schifffahrtsektor beschäftigten Menschen bewusst sind, unterstützen wir den Vorschlag. Zugleich sind wir der Ansicht, dass der gegenwärtige Vorschlag für eine Richtlinie einen positiven Schritt im Hinblick auf die Bekämpfung betriebsbedingter, unfallbedingter und vorsätzlicher Verschmutzungen darstellt, wie die Berichterstatterin, Frau Wortmann-Kool, richtig festgestellt hat. Wir müssen rigoros und unnachgiebig gegen Zügellosigkeit und Verantwortungslosigkeit vorgehen.

Bei einem großen Gewässer wie dem Mittelmeer, das von einer hohen und täglich zunehmenden Zahl von Schiffen frequentiert wird, halte ich es als Grieche, als Bürger eines Landes, das die größte Seeschifffahrtsmacht der Union ist, eines Landes, in dem der Tourismus den Hauptsektor seiner Wirtschaft bildet, eines Landes mit einer Küstenlänge riesigen Ausmaßes sowie mit Hunderten von Inseln, für unsere Pflicht, den Kampf gegen Meeresverschmutzung und für den Schutz der Meereswelt anzuführen.

 
  
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  Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, ich werde versuchen, mich kurz zu fassen, möchte aber doch auf zwei oder drei Fragen antworten. Erstens kann ich nicht im Raum stehen lassen, dass es einen Widerspruch zwischen diesem Entwurf für eine Richtlinie und dem MARPOL-Übereinkommen geben soll: Das ist absolut falsch. Das MARPOL-Übereinkommen sieht lediglich Sanktionen für diejenigen vor, die vorsätzlich gehandelt haben, und diejenigen die einen unentschuldbaren Fehler begangen haben. Wenn man dieses Übereinkommen aber zusammen mit der Seerechtskonvention liest, so gibt diese den Küstenstaaten die Möglichkeit, in ihren Hoheitsgewässern das Instrumentarium zur Prävention und Bekämpfung der Meeresverschmutzung zu verstärken. Und auf eben diese Bestimmung der Seerechtskonvention haben wir uns berufen.

Da jeder Mitgliedstaat sich darauf berufen kann, kann die Union das auch tun. Ich habe über diesen Punkt mit dem Generalsekretär der IMO diskutiert. Ich verstehe diese Kritik also nicht: Wir stehen im Einklang mit dem MARPOL-Übereinkommen und der Seerechtskonvention. Lassen Sie mich hinzufügen, wie auch die Berichterstatterin sehr treffend sagte, dass die Sanktionen angemessen sind: Es geht darum, schwere Fahrlässigkeit zu bestrafen, und es geht natürlich darum, dass unsere Sanktionen angemessen sind. Es geht nicht um Kriminalisierung, sondern die Zuweisung von Verantwortung, Herr Präsident. Ich sage das mit etwas Leidenschaft, weil ich an diese Sache glaube, die unser gemeinsames Erbe betrifft.

Ich möchte die Frage also gern beantworten – aber Herr Attard-Montalto ist wohl gar nicht anwesend? Man kann Strafen gegen die unter der Flagge von Drittstaaten fahrenden Schiffe verhängen, wenn sie in einen Gemeinschaftshafen einlaufen. Von daher gibt es keine Diskriminierung gegenüber europäischen Flaggen. Das wollte ich sagen!

Lassen Sie mich hinzufügen, dass wir in diesem Ansatz nicht nur keinen Widerspruch zur IMO sehen, sondern dass wir auch, wie ich dem Generalsekretär versichert habe, mit ihr kooperieren wollen. Wir stützen uns auf die Arbeiten dieser Schifffahrtsorganisation, die auch die Fahrtenschreiber fördern wird und hierfür sogar einen präzisen Zeitplan vorgesehen hat.

Herr Präsident, das Fazit aus all dem ist doch, dass wir immerhin einstimmig eine politische Einigung im Rat erreicht haben. Aus diesem Grunde möchte ich die Aufmerksamkeit des Parlaments darauf lenken, dass sich in Europa eine Einigung mit breiter Mehrheit abzeichnet, zu der es im Rahmen des Trilogs mit dem Rat gekommen ist.

Lassen Sie mich abschließend sagen, dass wir nicht auf eine nächste Katastrophe warten dürfen, um uns plötzlich bewusst zu werden, was geschieht, und uns unserer Verantwortung zu stellen. Bisher entwickelte sich das Seeschutzrecht immer dann weiter, wenn es zu Katastrophen kam. Diesmal haben wir eine großartige Chance, dem zuvorzukommen. Deshalb glaube ich persönlich, dass dieser Text ausgewogen ist, dass er niemanden kriminalisieren will, sondern jedem seine Verantwortung zuweisen soll. Deshalb, Frau Wortmann-Kool, danke ich dem Parlament bereits im Voraus, diesem Text ihm Rahmen des Möglichen zustimmen zu wollen.(1)

 
  
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  Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar, für Ihre Antwort und Ihr leidenschaftliches Auftreten.

 
  
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  Attard-Montalto (PSE). (EN) Herr Präsident! Ich habe eine Bemerkung zur Geschäftsordnung, der Kommissar hat mich falsch zitiert. Er hat kein Recht, mich falsch zu zitieren. Mein Anliegen war eindeutig: Es ging mir keinesfalls um – fahrlässige oder vorsätzliche – Einleitungen in Heimathäfen oder Heimatgewässern, und das weiß er auch. Er zitierte mich dahingehend, dass die unterschiedliche Behandlung von Schiffen aus Drittstaaten und Schiffen, die unter den Flaggen der Mitgliedstaaten fahren, sich auf Einleitungen in Heimatgewässer beziehen würde, dabei weiß er sehr genau, dass ich das nicht gesagt habe.

Meine Frage lautete, und hierauf steht seine Antwort immer noch aus, ob bei Einleitungen außerhalb der Heimatgewässer zwischen Schiffen unter den Flaggen europäischer Nationen und solchen unter den Flaggen von Drittstaaten unterschieden wird. Ich möchte, dass der Kommissar diese Frage beantwortet und nicht eine, die ich gar nicht gestellt habe.

 
  
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  Der Präsident. – Herr Attard-Montalto, das war eigentlich kein Verfahrensantrag, sondern ich denke, es handelte sich eher um einen persönlichen Vorwurf.

Möchten Sie darauf eine zusätzliche Antwort geben, Herr Kommissar?

 
  
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  Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Bitte entschuldigen Sie, aber ich wollte wirklich ganz ehrlich antworten, und ich respektiere die Meinung aller Anwesenden, selbst wenn ich ein wenig leidenschaftlich auftrete, um diesen Text zu verteidigen. Ich möchte wirklich sagen, dass es für mich nicht darum geht, in der einen oder anderen Weise die Mitglieder des Parlaments anzugreifen. Es liegt mir fern, hier irgendjemanden anzugreifen. Was ich sagen möchte, und da sind Sie sicher einverstanden, aber ich beantworte vielleicht nicht ganz ihre Frage – ist, dass die unter der Flagge von Drittstaaten fahrenden Schiffe den Vorschriften unterliegen, sobald sie in einen Gemeinschaftshafen einlaufen.

Ich schlage vor, Herr Präsident, mit dem Herrn Abgeordneten in einem persönlichen Gespräch die Situation zu klären. Ich beschränke mich meinerseits nur darauf zu sagen, was mir in der derzeitigen Situation das anwendbare Recht zu sein scheint. Vielleicht hat er andere Situationen im Auge, deshalb schlage ich ihm ein umfassenderes Gespräch vor.

 
  
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  Der Präsident. – Der Vorsitz dankt Ihnen für Ihre Bereitschaft, Herr Kommissar. Ich halte das wirklich für die klügste Lösung.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, Mittwoch, um 11.30 Uhr statt.

 
  

(1) Standpunkt der Kommission zu den Änderungsvorschlägen: siehe Anhang.

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