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Plenardebatten
Dienstag, 22. Februar 2005 - Straßburg Ausgabe im ABl.

21. Fischerei: Beifänge
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  Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die mündliche Anfrage an die Kommission (O-0005/2005 - B6-0010/2005) betreffend den internationalen Aktionsplan zur Reduzierung der Beifänge.

 
  
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  Morillon (ALDE). (FR) Herr Kommissar, die soeben zu Ende gegangene Aussprache hat Ihnen gezeigt, welches Interesse meine Kollegen und ich selbst diesem Begriff der Glaubwürdigkeit der Gemeinsamen Fischereipolitik beimessen, sei es um diese zu stärken oder – im Falle einiger meiner Kollegen – um sie im Gegenteil in Frage zu stellen.

Eines der Argumente, das uns am häufigsten entgegengehalten wird, um die Rechtfertigung einer Gemeinsamen Fischereipolitik zu bestreiten, betrifft die Masse der Rückwürfe von Fischen, zu denen sich unsere Fischer aufgrund der geltenden Rechtsvorschriften veranlasst sehen und von denen die meisten ohnehin ihren Fang nicht überleben. Dieses Problem beschäftigt unseren Ausschuss seit Jahren, wie Sie wissen, und er hat Ihre Kommission veranlasst, in Übereinstimmung mit unserem Ausschuss einige hundert Studienprojekte in Auftrag zu geben, um nach einer Lösung zu suchen. Aus diesem Grunde habe ich diese mündliche Anfrage im Namen des Ausschusses, dem vorzustehen ich die Ehre habe, gestellt. Wie in der Frage dargelegt, handelt sich in der Tat um ein globales Problem und um eine der wichtigsten Fischereifragen, für die es bislang keinen internationalen Aktionsplan gibt, weder von der FAO noch von irgendeinem anderen Gremium.

Die Verabschiedung eines internationalen Plans zur Reduzierung der Beifänge ist dringend geboten und könnte eine wichtige Rolle bei der Verringerung der Beifänge auf internationaler Ebene spielen. Zahlreiche führende Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen, die auf dem Gebiet der Meereskunde spezialisiert sind, sprechen sich für die Annahme eines solchen Reduzierungsplans aus. Des Weiteren haben mehrere Mitgliedstaaten der FAO bereits zugesagt, einen solchen Vorschlag anlässlich der nächsten Tagung des Fischereiausschusses der FAO im März 2005 zu unterstützen. Bisher hat sich jedoch noch keine Nation entschlossen, die Initiative für einen solchen Vorschlag zu ergreifen.

Ist die Europäische Kommission angesichts der Tatsache, dass die Europäische Union eine erstrangige Fischereimacht darstellt, bereit, die Initiative zu ergreifen und einen internationalen Aktionsplan zur Reduzierung der Beifänge vorzuschlagen? Ist sich die Kommission bewusst, dass, wenn der internationale Aktionsplan nicht auf die Tagesordnung der FAO im Jahr 2005 gesetzt wird, bis zur nächsten Tagung im Jahr 2007 gewartet werden muss? Ich danke Ihnen, Herr Kommissar, für Ihre Bereitschaft, diese Frage und die Zusatzfragen, die meine Kollegen Ihnen stellen werden, zu beantworten.

 
  
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  Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Ich danke dem Vorsitzenden, Herrn Morillon, und dem Fischereiausschuss für die Herbeiführung der Aussprache zu diesem Thema. Es passt gut, vor Eröffnung der Tagung des Fischereiausschusses der FAO am 7. März hierzu im Plenum einen Meinungsaustausch zu haben. Ich stelle fest, dass diese Angelegenheit bereits in der von Frau Attwooll und Herrn Davies im Namen der ALDE-Fraktion vorgelegten Anfrage angesprochen wurde, die schriftlich beantwortet worden ist, und dass ich Gelegenheit hatte, auf ein unlängst von Frau Attwooll verfasstes Schreiben in derselben Angelegenheit zu antworten.

Ich möchte wiederholen, ich teile ihre Besorgnis angesichts des Ernstes des Beifangproblems und der Notwendigkeit, sowohl auf Ebene der Gemeinschaft als auch international Schritte dagegen einzuleiten. Zu bestimmten Aspekten des Beifangproblems ist bereits einiges an geltendem Recht vorhanden, darunter verschiedene internationale Vereinbarungen und andere Instrumente wie bestehende internationale Aktionspläne. Die Gemeinschaft trägt aktiv zur Entwicklung und Umsetzung dieses geltenden Rechts bei, das besonders für bei der Fischerei mitgefangene Arten wie Seevögel, Haie, Meeressäuger und Meeresschildkröten gilt.

Ich stimme Ihnen jedoch zu, dass in der Frage der Reduzierung der Beifänge und des Rückwurfs von Nichtzielarten noch erheblicher Raum für verbesserte internationale Zusammenarbeit besteht, und die genannten Zahlen verdeutlichen die Größe des Problems und zeigen, welch dringender Handlungsbedarf hier besteht.

Im Rahmen ihrer Kompetenzen trifft die Gemeinschaft mit der Gemeinsamen Fischereipolitik bereits Maßnahmen an verschiedenen Fronten. Konkrete Beispiele hierfür waren in der Antwort der Kommission auf die von Herrn Davies im November 2003 eingereichte schriftliche Anfrage zu Beifängen beim Garnelenfang angeführt, darunter: der Aktionsplan zu Beifängen; die Förderung der Verwendung selektiver Fanggeräte gemäß Verordnung des Rates (EG) 2792/1999; ein spezielles dreijähriges Forschungsprojekt als Teil des 6. Rahmenprogramms zur Entwicklung schonender, artenselektiver Fanggeräte und zur Ausarbeitung alternativer Fangmethoden; die Festlegung von Beifangquoten in bilateralen Fischerei-Partnerschaftsvereinbarungen; die Verpflichtungen zur Überwachung der Rückwürfe für bestimmte, in der Datenerhebungs- und -verwaltungsverordnung festgelegte Bestände. Es sind auch ständig Bemühungen im Gange, Maßnahmen zur Reduzierung der Beifänge in Verordnungen der Gemeinschaft aufzunehmen, die Obergrenzen für die Fischerei über zulässige Gesamtfangmengen, Aufwandbegrenzungen und technische Maßnahmen festlegen.

Die Kommission ist somit von der Notwendigkeit der Förderung einer weltweiten, umfassenden Strategie für den Umgang mit den sich aus Beifängen und Rückwürfen ergebenden Problemen überzeugt, weil eine solche Analyse Herzstück eines Herangehens an das Fischereimanagement ist, das das gesamte Ökosystem berücksichtigt. Es müssen international vereinbarte Prinzipien festgelegt werden, die nicht nur auf dem bestehenden internationalen Recht aufbauen, sondern darüber hinaus das Konzept der Berücksichtigung des gesamten Ökosystems in das weltweite Fischereimanagement integrieren und weiterentwickeln.

Deshalb ist die Kommission bereit, die Entwicklung eines internationalen Aktionsplans zu Beifängen zu unterstützen und wird das Einverständnis der Mitgliedstaaten suchen, auf der bevorstehenden Tagung des Fischereiausschusses (COFI) diese Position der FAO und ihren Mitgliedern zu übermitteln, insbesondere bei der Diskussion des kurz- und mittelfristigen Arbeitsprogramms des COFI.

Die Kommission wäre bereit, bei der Formulierung und Entwicklung einer solchen Initiative die Führung zu übernehmen, sofern ihr die für die Inangriffnahme einer so arbeitsintensiven Aufgabe erforderlichen zusätzlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden können.

 
  
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  Stevenson (PPE-DE), im Namen der PPE-DE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Kaum etwas symbolisiert das Scheitern der Gemeinsamen Fischereipolitik inzwischen besser als das Schauspiel der Beifänge. Wie diese mündliche Anfrage zeigt, ist diese Situation nicht auf die EU beschränkt. Es handelt sich vielmehr um ein weltweites Problem, und die Kommission kann mit dem Vorschlag eines internationalen Aktionsplans Führung in dieser Frage anbieten. Ich freue mich, dass sich der Kommissar heute Abend hierzu bereit erklärt hat.

Zunächst müssen wir innerhalb der EU etwas tun. Schätzungsweise werden jedes Jahr bis zu 2 Millionen Tonnen toter Fisch von Fischern in Gewässer der EU zurückgeworfen, wegen der hohen Anforderungen oder einfach, weil die Fische zu klein bzw. die entsprechenden Quoten schon ausgeschöpft sind. Wir haben Fischern dieses destruktive und alles andere als nachhaltige Verhalten im Namen der Arterhaltung aufgezwungen, deshalb müssen wir als eine der ersten Maßnahmen darauf bestehen, dass alle Fische angelandet werden. Für Rückwürfe sollte es strenge Strafen geben. Eine solche Politik wird in Island, Norwegen und auf den Färöern bereits praktiziert.

Wenn wir darauf bestehen, alle Fische an Land zu bringen, bekommen die Wissenschaftler ein viel genaueres Bild von Größe und Art des Fanges, so dass gezieltere Maßnahmen zur Erholung der Bestände eingeleitet werden können und schneller eingegriffen werden kann, um Fanggründe zu schließen, in denen Jungfische gefangen werden. Mir ist natürlich klar, dass die Umsetzung einer so dramatischen Wende in der Politik Zuckerbrot und Peitsche erfordert: die Peitsche für jene, die dagegen verstoßen und weiterhin toten Fisch ins Meer zurückwerfen, das Zuckerbrot in Form finanzieller Entschädigung hingegen für Fischer, die Fang anlanden, den sie sonst über Bord geworfen hätten.

Für die Kommission besteht kein Grund zur Panik: Sie wird die Rechnung nicht bezahlen müssen. Die Fischmehl- und Fischölindustrie wartet sehnsüchtig auf mehr Rohmaterial. Ich hoffe, das ungerechtfertigte Verbot der Verfütterung von Fischmehl an Wiederkäuer wird bald aufgehoben, wodurch die Nachfrage steigt. Der expandierende Aquakultursektor setzt ebenfalls Fischmehl in großen Mengen ein, so dass die Fischmehlindustrie gern bereit sein wird, für dieses Material Preise von möglicherweise bis zu 70 Euro pro Tonne zu zahlen. Dem Vernehmen nach ist die Kommission an dieser Idee interessiert und hat bereits zwei Trawler benannt, um diese Maßnahme zu erproben. Ich beglückwünsche Kommissar Borg zu dieser Initiative.

 
  
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  Stihler (PSE), im Namen der PSE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Wissenschaftler veröffentlichen regelmäßig Zahlen, aus denen hervorgeht, dass die Fischbestände in der Welt gefährdet sind und dass gegenwärtig häufig auftretende Fischarten vor der Ausrottung stehen könnten, wenn nicht rigorose Maßnahmen ergriffen werden, damit sich die Bestände erholen können. Vor dem Hintergrund abnehmender Fischbestände ist das Problem des Beifangs umso bedauerlicher. Neuesten Daten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge werden aufgrund nichtselektiver Fangmethoden weltweit jedes Jahr 7,3 Millionen Tonnen mariner Nichtzielarten ins Meer zurückgeworfen. Diese Zahl ist wirklich schockierend und liegt nicht weit unter der von EU-15 2002-2003 insgesamt angelandeten Fangmenge.

Die Rückwürfe haben verschiedene Konsequenzen: biologische, weil die meisten dieser Fische tot bzw. nicht überlebensfähig sind; und wirtschaftliche, weil kleine Fische beim Verkauf weniger Gewinn erbringen – und gar keinen Gewinn, wenn sie ins Meer zurückgeworfen werden und nicht mehr wachsen können, weil sie tot sind. Bei der Bestandsschätzung und im Fischereimanagement, wo Rückwürfe eine unbekannte Menge darstellen, sind auch die Mortalitätsraten durch Fischfang unbekannt.

2003 verabschiedete das Europäische Parlament einen von Nils Busk entworfenen Initiativbericht zum Aktionsplan der Kommission zur Reduzierung von Rückwürfen. Der Bericht enthielt viele nützliche Vorschläge zur Verbesserung der Strategie der Kommission zum Umgang mit dem Problem der Rückwürfe. Dazu gehörten die Forderung nach angemessener Datenerhebung, um ein besseres, genaueres Bild vom Ausmaß des Problems zu erhalten; die Suche nach Möglichkeiten, Flotten zu belohnen, die selektivere Fanggeräte verwenden, was weniger Rückwürfe zur Folge hat; und die Überwachung von Forschungsergebnissen zu alternativen Fanggeräten zur Verbesserung technischer Maßnahmen wie Maschenweite der Netze und Fluchtfenster. Die Kommission wurde darin auch aufgefordert zu untersuchen, wie regionale Beiräte einbezogen werden könnten.

Ich begrüße die von der Kommission in den letzten Jahren ergriffenen Initiativen zu technischen Maßnahmen. In den letzten zehn Jahren sind jährlich 8 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt in über 400 Forschungsprojekte geflossen, die sich mit der Verbesserung der Selektivität der Fanggeräte, der Reduzierung der Rückwürfe oder der Quantifizierung der Folgen des Fischfangs für die Umwelt beschäftigen. Es ist wichtig, den Schwerpunkt jetzt auf Maßnahmen zur Reduzierung der Beifänge zu verlagern.

Ich glaube, die Kommission erkennt, dass Beifänge ein globales Problem darstellen. Die nächste Tagung des Fischereiausschusses der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen im März 2005 bietet eine gute Gelegenheit, der FAO einen internationalen Aktionsplan vorzuschlagen. Ich begrüße die Absicht des Kommissars, sich für dieses Thema einzusetzen und die Führung zu übernehmen. Herr Kommissar, ich ersuche Sie dringend, sich diese Gelegenheit nicht entgehen zu lassen, denn die nächste Tagung findet erst 2007 statt.

 
  
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  Attwooll (ALDE), im Namen der ALDE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Herrn Kommissar im Namen der ALDE-Fraktion für seine sehr ermutigende Antwort danken, die den Ernst des Beifangproblems und die Wichtigkeit, sich dieses Problems international dringend anzunehmen, anerkennt. Besonders danken wir ihm für seine Bereitschaft, diese Angelegenheit auf der Tagung des FAO-Ausschusses im März zur Sprache zu bringen. Denn wie schon erwähnt, würde die Erarbeitung eines internationalen Aktionsplans, wenn es dort zu keiner prinzipiellen Regelung kommt, um weitere zwei Jahre hinausgeschoben.

Beifang ist ein weltweites Problem, das eine wahrhaft globale Lösung verlangt, wirklich globale Entschlossenheit, es anzugehen. Wie bereits von Frau Stihler gesagt, schätzt die FAO das Ausmaß des Problems auf 7,3 Millionen Tonnen jährlich.

Ein internationaler Aktionsplan wäre natürlich nicht der erste oder einzige Versuch, dieses Problem anzugehen. Sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU wird bereits viel gute Arbeit geleistet. Dazu gehört immer öfter auch der teilweise Fokus auf bestimmte Arten von Fischerei oder bestimmte Beifangarten. Ein abgestimmtes Herangehen würde den Erfolg derartiger Pläne unterstützen und erweitern und die Verlagerung des Problems von einem Bereich oder von einer Art zur anderen entscheidend verhindern. Für die EU ist es sehr sinnvoll, bei der Förderung eines solchen abgestimmten Herangehens in vorderster Reihe zu stehen. Schließlich fischen unsere Schiffe weit über die EU-Gewässer hinaus. Unser Handeln hat Folgen für andere, wie auch deren Handeln Folgen für uns hat.

Ich glaube auch, dass sich unsere Bürger, wie so viele Menschen überall auf der Welt, als Verwalter der Naturreichtümer tatsächlich in der Verantwortung fühlen. Sie würden es begrüßen, wenn die EU bei Aktionen zur Verhinderung einer derartigen Verschwendung in vorderster Front steht. Ich bin gespannt auf die bei der Tagung erzielten Fortschritte, und obgleich ich hinsichtlich des Ergebnisses nichts versprechen kann, bin ich doch bereit zu versuchen, meine Kollegen davon zu überzeugen, einen eventuellen begründeten Antrag der Kommission auf zeitweilige Übertragung von Haushaltsmitteln wohlwollend zu prüfen, damit sie sich voll an der Erarbeitung eines solchen internationalen Aktionsplans beteiligen kann.

 
  
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  Schlyter (Verts/ALE), im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (SV) Ich danke Ihnen für die Antwort, Kommissar Borg, und wünsche Ihnen viel Erfolg in Ihrem Kampf in der FAO. Niemand verdient etwas an Beifängen, und wir haben die Pflicht Methoden zu finden, um sie zu verringern. Wenn er als Beifang in die Netze gerät, sind die Fischer gezwungen, herrlichen Dorsch wegzuwerfen, der über die vorgeschriebenen Quoten hinaus gefangen wird.

Die Vorschriften müssen so gestaltet werden, dass kein Fisch gefangen werden darf, ehe er sich nicht mindestens einmal reproduzieren konnte. Eine Erhöhung der Mindestgröße kann bei bestimmten Arten für alle Seiten vorteilhaft sein, da wir auf lange Sicht Reproduktion, Biomasse und Fänge erhöhen. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass die Maschengrößen der Netze an die neuen Mindestgrößen angepasst werden.

Darüber hinaus ist es an der Zeit, dem Beifang nicht kommerzieller Arten größere Aufmerksamkeit zu widmen. International gibt es einen wachsenden öffentlichen Widerstand gegen diese Fänge, vor allem bei den niedlichen Meeressäugern, aber auch bei anderen Arten. Die Vorschriften sind auf die kommerziellen Arten zugeschnitten, aber im Interesse der Gesunderhaltung des Biosystems und der kommerziellen Arten müssen wir auch die nicht kommerziellen Arten erhalten und schützen. Wir brauchen eine größere Selektivität und verstärkte Forschung über die Verringerung dieser Beifänge. In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass der Verzicht auf eine Art nicht zu einem verstärkten Beifang einer anderen Art führen darf. Wenn wir keine Lösung für diese Probleme finden, werden unsere Weltmeere bald genauso leer sein wie dieser Saal im Moment.

 
  
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  Casaca (PSE).(PT) Herr Präsident! Auch ich habe mich natürlich über die positive Antwort gefreut, die Kommissionsmitglied Borg auf das klar umrissene Problem gegeben hat, das unser Ausschuss und insbesondere unser Vorsitzender dem Parlament genau zum rechten Augenblick vorgelegt haben.

Ich möchte jedoch sagen, dass für mich diese so genannten Beifänge vor allem ein zivilisatorisches Problem sind. Ich halte es für eine ausgesprochene Barbarei, dass Millionen Tonnen Fisch ohne jeden Grund gefangen werden. Das ist Töten um des Tötens Willen, Töten wegen bürokratischer Regeln oder wegen der Auffassung in diesem Sektor, dass es billiger sei, im Überschuss zu töten und einen kleineren Teil zu nutzen, weil die Natur sowieso keinerlei Wert besitzt. Der Kern der Frage ist, dass wir zu der Einsicht kommen, dass die Natur zu achten ist. Wie jedes andere Lebewesen auch nutzen wir die Natur und das ist legitim, aber wir müssen der Natur Achtung entgegenbringen. Ohne Achtung der Natur kann es keine nachhaltige Fischerei geben, und damit ist vielleicht die negative Seite unserer Gemeinsamen Fischereipolitik am besten aufgezeigt. Im Übrigen, und das wurde bereits angesprochen, wir brauchen uns doch nur bei unseren Nachbarn in Norwegen und Island umzuschauen, wo diese Methode verboten ist. Ich bin entsetzt darüber, dass wir ihrem Beispiel nicht folgen.

Es ist sehr gut, dass die Kommission diese Position in der FAO bezieht, aber wie bereits gesagt wurde, dürfen wir die zwei Millionen Tonnen Rückwurf pro Jahr nicht vergessen. Sie, Herr Kommissar, möchte ich daran erinnern, dass wir hier vor kurzem für das Verbot des Grundschleppnetzfangs gestimmt haben, der eine in höchstem Maße unselektive Fangmethode ist – was selbst die Kommission anerkannt hat –, sondern eine der räuberischsten Methoden, die es gibt und die die meisten Beifänge verursacht. Dieses Verbot besteht auf den Azoren, wo diese Art des Fischfangs vorher nie praktiziert wurde, bereits seit sehr langer Zeit.

Die Kommission wollte davon jedoch nichts wissen und ordnete die Liberalisierung des Einsatzes dieser Fischfanggeräte in den Gewässern der Azoren an bzw. sprach sich dafür aus. Das ist eine praktische Demonstration einer Haltung, die meiner Meinung nach in völligem Widerspruch zu dem steht, was früher gesagt wurde. Bevor wir also in der FAO Reden schwingen, sollten wir erst einmal in der Europäischen Union beispielhafte Vorgehensweisen durchsetzen.

 
  
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  Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Vorab möchte ich den Abgeordneten für ihre zahlreichen Kommentare und Bemerkungen danken. Ich werde die Anmerkungen in vier Punkte gliedern.

Erstens, Beifänge als weltweites Problem und die Frage der Übernahme einer führenden Rolle durch die Kommission. Wie ich in meiner ursprünglichen Erwiderung bereits ausführte, sind wir hierzu bereit, aber es müssen uns die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden, weil das eine Mammutaufgabe sein wird. Wir werden die Angelegenheit sehr kurzfristig im Rat zur Sprache bringen.

Zur bevorstehenden FAO-Tagung: Wie ich bereits sagte, ist die Kommission bereit, die Entwicklung eines internationalen Aktionsplans zu Beifängen zu unterstützen, und wir werden die Zustimmung der Mitgliedstaaten suchen, auf der bevorstehenden Tagung des Fischereiausschusses der FAO und ihren Mitgliedern diese Position zu übermitteln, und zwar bei der Diskussion des kurz- und mittelfristigen Arbeitsprogramms. Hinsichtlich der Rückwürfe beschäftigen wir uns aktiv mit diesem Problem und hoffen, bald einen konkreten Vorschlag vorlegen zu können.

Ein weiterer Punkt betraf die abnehmenden Fischbestände, was Beifänge umso bedauerlicher macht. Hierzu möchte ich sagen, ein Weg, mit dem die Kommission Rückwürfe zu reduzieren versucht, besteht in der Verbesserung der Selektivität durch technische Maßnahmen wie Durchsetzung von Mindestmaschengrößen der Netze oder Schließung von Fanggebieten, um den Fang von Jungfischen einzuschränken. Weitere Maßnahmen wie der Einsatz von Trichternetzen oder Trenngittern können den Beifang an Nichtzielarten verringern.

Gut eingesetzte technische Maßnahmen können wirksam sein, sind jedoch nicht unproblematisch. Zum Beispiel ist es schwierig, für gemischte Fischereien die richtige Maschengröße zu finden. Die Mindestmaschengröße zum Schutz jungen Kabeljaus wäre zum Beispiel zu weit, wenn man erwachsenen Schellfisch und Wittling fangen möchte. Dennoch müssen technische Maßnahmen eine Rolle spielen.

Die Kommission beabsichtigt 2005 eine vollständige Überarbeitung der Verordnung über technische Maßnahmen zur Umsetzung ihrer Mitteilung über umweltfreundliche Fischerei. Im Hinblick auf die gemischte Fischerei versucht die Kommission, zulässige Gesamtfangmengen vorzuschlagen, die das gemeinsame Auftreten von Arten berücksichtigen. Das ist schwierig umzusetzen, aber es sind bereits Schritte in diese Richtung unternommen worden. Die Kommission hat das ISIS gebeten, seine Empfehlungen eher für eine Fischerei als für einen einzelnen Bestand zu erteilen. Dies sind die ersten Schritte hin zur Berücksichtigung des gesamten Ökosystems beim Fischereimanagement.

Ein weiteres von der Kommission befürwortetes Herangehen betrifft die Verwaltung des Fischereiwesens mit Hilfe von Aufwandskontrollen, anstatt sich auf jeweils zulässige Gesamtfangmengen zu stützen. Im Prinzip könnten die zulässigen Gesamtfangmengen damit abgelöst werden, so dass die Fischer den gesamten Fang anlanden könnten, aber in der Praxis werden Aufwandskontrollen die zulässigen Gesamtfangmengen in der Regel ergänzen und nicht ersetzen.

Ende 2002 legte die Kommission einen Aktionsplan zu Rückwürfen vor, der das Problem der Rückwürfe und die Möglichkeiten, dieses Problem anzugehen, umfassender diskutierte. In Fortsetzung dieses Planes wird die Kommission 2005 die Mitgliedstaaten und den Sektor bezüglich der Initiierung von Pilotprojekten konsultieren, um in ausgewählten Fischereien Rückwürfe auszuschließen oder wenigstens zu reduzieren.

Meine abschließende Bemerkung zu den regionalen Beiräten lautet, sie können einbezogen werden, und wir haben ganz sicher kein Problem damit, regionale Beiräte in die Beratung zur Formulierung solcher Pläne einzubeziehen.

 
  
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  Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar. Unsere Tagesordnung ist damit erschöpft.

Ich wünsche Ihnen allen einen guten Abend.

 
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