28. Zusammenhänge zwischen legaler und illegaler Migration und Integration der Migranten
Der Präsident. Nach der Tagesordnung folgt der Bericht von Herrn Gaubert im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über die Zusammenhänge zwischen legaler und illegaler Migration und Integration der Migranten (A6-0136/2005).
Patrick Gaubert (PPE-DE), Berichterstatter.–(FR) Herr Präsident! Zunächst möchte ich mich bei den Schattenberichterstattern bedanken, mit denen ich in den letzten Monaten viel zusammengearbeitet habe, um einen umfassenden und in sich geschlossenen Bericht zu einigen sehr sensiblen Themen zu erstellen: In meinem Bericht geht es um legale und illegale Migration und um Integrationspolitik.
Seit jeher sind Menschen, um Armut oder Verfolgungen zu entfliehen, auf der Suche nach Glück und in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft ausgewandert. Durch die Globalisierung und die immer zahlreicheren Transportmöglichkeiten sind die Migrationsströme heute massiver und komplexer geworden. Sie sind das Ergebnis eines neuen Bestrebens von Frauen und Männer in der ganzen Welt, in anderen Ländern zu arbeiten, andere Erfahrungen zu sammeln. Sie sind ferner die Folge weltweit bestehender Ungleichheiten, das Resultat der Armut, zu der allzu viele Regionen in der Welt verdammt sind. Im Zusammenhang mit nationalen Wahlen ist die Einwanderung in manchen Mitgliedstaaten ein häufiges Wahlkampfthema. Einige Länder beschließen, ihre Grenzen dicht zu machen, und ergreifen repressive Maßnahmen, während andere Tausende illegaler Einwanderer regularisieren.
Die Europäische Union ist in der Einwanderungsfrage offensichtlich gespalten. Zwar hat jeder Mitgliedstaat das Recht, selbst zu entscheiden, wie viele Einwanderer er aufzunehmen gedenkt, aber Europa hat keine Binnengrenzen mehr, mit der Folge, dass jede nationale Maßnahme nicht unerhebliche unmittelbare Auswirkungen auf die anderen Mitgliedstaaten hat. Deshalb ist es unabdingbar, dass sich die Mitgliedstaaten nunmehr auf europäischer Ebene gemeinsam organisieren. Die Lösung einer Vielzahl der Probleme, denen sie begegnen, muss europäisch und national zugleich sein. Bestimmte politische Parteien nutzen Wahlperioden systematisch, um negative Parallelen zwischen Unsicherheit, Terrorismus und Einwanderung zu ziehen, und sie schüren bei unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Angst vor Einwanderern und Ausländern. Dies ist selbstverständlich inakzeptabel.
Von entscheidender Wichtigkeit ist erstens, objektive, transparente und regelmäßige Informationen über die Einwanderungspolitik bereitzustellen, und zweitens, unter der Bevölkerung Aufklärungskampagnen durchzuführen, damit Einwanderer nicht mehr als Kriminelle angesehen werden. In meinem Bericht wollte ich einen verantwortlichen, ausgewogenen und ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Verantwortlich deswegen, weil diese Themen mit mehr Verantwortungsbewusstsein behandelt werden müssen: Wir sollten nicht vergessen, dass wir es mit Frauen und Männer zu tun haben und nicht mit Waren! Mir ging es auch um einen ausgewogenen Ansatz: Grundlage der Politik der Mitgliedstaaten dürfen nicht entweder ausschließlich Sicherheitserwägungen oder eine gänzlich liberale Gesinnung sein. Nationale Differenzen müssen deshalb überwunden und die Debatte muss versachlicht werden, um eine menschliche und wirksame europäische Einwanderungspolitik zu entwickeln. Schließlich wollte ich einen ganzheitlichen Ansatz im Hinblick auf mehr Kohärenz und Effizienz.
Lassen Sie mich nun auf mehrere in meinem Bericht angesprochenen Aspekte eingehen. Erstens, die Notwendigkeit einer aktiven Politik der gemeinsamen Entwicklung, um sich mit den tieferen Ursachen der Auswanderung auseinander zu setzen. Zweitens, Bekämpfung der illegalen Einwanderung durch Verstärkung der Kontrollen an den Außengrenzen, Zerschlagung der Schleusernetze, härtere, sehr harte Strafen gegen Unternehmen, die Schwarzarbeiter einsetzen. Drittens, die legale Einwanderung: Wenn die EU legalen Einwanderern ihre Grenzen öffnen muss, um der prophezeiten Abnahme der Erwerbsbevölkerung zu begegnen, sollte dies in organisierter und koordinierter Form geschehen. Schließlich die Politik der Eingliederung der Einwanderer: Die politischen Maßnahmen der Zulassung und der Eingliederung sind unlösbar miteinander verbunden. Die Mitgliedstaaten müssen eine proaktivere Politik betreiben. Die Einwanderer ihrerseits müssen die Grundwerte des Aufnahmelandes verstehen und respektieren: Wichtige Elemente dabei sind unter anderem das Erlernen der Sprache, Unterricht in Staatsbürgerkunde sowie eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Einwanderung ist nach meinem Dafürhalten für die Herkunftsländer, für die Aufnahmeländer und für die Einwanderer selbst etwas Positives, sofern sie kontrolliert erfolgt und gemeinsam gesteuert wird. Das ist der Grundsatz einer kontrollierten, gemeinsam gesteuerten Einwanderung, bei der jeder gewinnt. Weder die Aufnahme aller Ankömmlinge noch die Null-Einwanderung als mythisches Ziel sind eine realistische oder besonders verantwortungsbewusste Einstellung. Jeder Staat muss sich bei der Aufnahme von Einwanderern nach seinen Integrationskapazitäten, seinen eigenen Interessen und denen der Herkunftsländer richten.
Die Einwanderung ist ein zu sensibles, oft zu dramatisches Thema, um es weiterhin zum Gegenstand des politischen Wettstreits zu machen. Ein Aspekt muss bei der Behandlung dieses Themas im Vordergrund stehen, nämlich die Frage: Wo bleibt der Mensch bei alledem? Selbstverständlich müssen wir realistisch sein, aber ebenso gilt es, die unleugbare menschliche Brüderlichkeit und die daraus resultierende Solidarität zu berücksichtigen. Werte Kolleginnen und Kollegen, das Europäische Parlament muss für den Rat und die europäischen Bürger ein kräftiges sowie einheitliches Signal setzen, damit in der Einwanderungs- und Eingliederungspolitik rasche Fortschritte erzielt werden können. Deshalb hoffe ich, dass der Bericht morgen mit großer Mehrheit angenommen wird.
Franco Frattini,Vizepräsident der Kommission. – (IT) Herr Präsident, als Erstes beglückwünsche ich den Berichterstatter, Herrn Gaubert, zu dem vorliegenden Bericht, den ich für äußerst ausgewogen und schlüssig halte. Es handelt sich meines Erachtens um einen exzellenten Beitrag zu einer europäischen Einwanderungspolitik, in dem zum einen der zusätzliche Nutzen für Europa und zum anderen die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit mit den Drittländern hervorgehoben wird.
Ich möchte meine Auffassungen zu einigen herausragenden Punkten des Berichts darlegen. Was erstens die Schaffung eines Frühwarnsystems anbelangt, so unterstützt die Kommission diesen Gedanken nachdrücklich und ist dabei, einen diesbezüglichen Vorschlag auszuarbeiten. Sie beabsichtigt, noch in diesem Sommer den Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Schaffung eines vorherigen Konsultationsverfahrens zwischen Mitgliedstaaten für die Annahme von Maßnahmen im Bereich Asyl und Einwanderung vorzulegen.
Zweitens, zur Frage des Zusammenhangs zwischen Einwanderung und Entwicklungspolitik plant die Kommission, ebenfalls noch in diesem Sommer, den Entwurf einer Mitteilung vorzulegen, um konkrete Ideen und Vorschläge zu entwickeln, die darauf abzielen, die europäische Migrationspolitik mit der Entwicklungszusammenarbeit zu verknüpfen. In diesem Rahmen werden gewiss auch besonders heikle Themen untersucht, wie beispielsweise der so genannte „Brain Drain“, ein äußerst sensibles Thema auch für die Herkunftsländer der hoch qualifizierten Arbeitskräfte.
Auch was die Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung betrifft, stimmt die Kommission dem Ansatz des Berichterstatters selbstverständlich zu: unsere Tätigkeit richtet sich gegen jede Form des Menschenhandels, bei dem die illegalen Einwanderer offenkundig nur Opfer sind. Wir denken derzeit nach über Vorschläge für gemeinsame Normen betreffend die Verbreitung ausgezeichneter Praktiken, um den Menschenhandel wirksamer zu bekämpfen. Hierbei sollte möglichst versucht werden, die Drittstaaten stärker einzubeziehen und im Hinblick auf den Schutz der Seegrenzen eine engere Zusammenarbeit zwischen ihnen und den EU-Ländern zu fördern.
Große Aufmerksamkeit gebührt zudem der europäischen Rückführungspolitik. Im Haager Programm wird ausdrücklich auf die Notwendigkeit gemeinsamer europäischer Normen in diesem Bereich hingewiesen. Die Kommission hat die Absicht, wahrscheinlich vor Ablauf des Monats September, einen Richtlinienvorschlag vorzulegen, der gemeinsame und transparente Regeln – die wir selbstverständlich gemeinsam prüfen werden – im Bereich der Rückführungspolitik enthalten wird, in denen die Notwendigkeit der Achtung der Grundrechte einer jeden Person in vollem Umfang berücksichtigt wird. Meiner Auffassung nach darf, wenn es um die Grundrechte geht, kein Unterschied zwischen einem legalen und einem illegalen Einwanderer gemacht werden: das Grundrecht auf Achtung der Menschenwürde gilt ausnahmslos sowohl für die legalen als auch für die illegalen Einwanderer.
Kommen wir nun zu dem wichtigen Thema der legalen Migration aus wirtschaftlichen Gründen. Wir sind dabei, viele Vorschläge, die zu dem Ihnen allen bekannten, im Januar von der Kommission veröffentlichten Grünbuch eingegangen sind, zu sammeln. Am 14. Juni wird eine öffentliche Anhörung stattfinden, und wir werden ausgehend von den Ergebnissen dieser umfassenden Konsultation bis Jahresende einen Vorschlag ausarbeiten. Dieser Vorschlag wird also – wie ich bereits in diesem Parlament bekräftigt habe – im Ergebnis einer umfangreichen, europaweiten Debatte entstehen.
Besondere Bedeutung kommt auch dem Thema der Rekrutierung – sowie deren Erleichterung – von Saison- und Zeitarbeitern zu. Der Stellenwert der Migration aus wirtschaftlichen Gründen wird weitgehend anerkannt: man kann behaupten, dass die Einwanderung dank einer realen europäischen Politik der Wirtschaftsmigration eine Chance für Europa und für seinen Arbeitsmarkt sein kann. In einigen Bereichen wird sogar Bedarf an bestimmten Berufen angemeldet, der durch das europäische Arbeitskräfteangebot nicht gedeckt werden kann. Die Wirtschaftsmigration ist, wie auch der Berichterstatter einräumt, zweifellos ein äußerst heikles Thema für die Mitgliedstaaten. Gleichwohl stelle ich mit großer Zufriedenheit fest, dass die europaweite öffentliche Debatte über das Grünbuch in gewissem Maße die Widerspenstigkeit der Mitgliedstaaten gedämpft hat, die sich in einigen Fällen sogar grundsätzlich weigerten, das Thema legale Migration auf EU-Ebene anzupacken, und die nun begriffen haben, dass nur eine solche Politik einen effektiven zusätzlichen Nutzen bringen kann.
Ich möchte schließlich auf die beiden hochwichtigen Themen der Integration und des Schutzes der Einwanderer zu sprechen kommen. Was Ersteres anbelangt, so wissen Sie alle, dass der von mir ausgearbeitete und von der Kommission angenommene Vorschlag darin besteht, der Integration ein besonderes Gewicht beizumessen. Die Eingliederung ist meines Erachtens eine wesentliche Komponente der europäischen Einwanderungspolitik. Ich beabsichtige, im zweiten Halbjahr 2005 eine Mitteilung über die Festlegung eines kohärenten europäischen Rahmens für Integrationspolitik vorzulegen. Ich bin mir darüber im Klaren, dass die Eingliederung im Wesentlichen unter die nationale Zuständigkeit fällt, d. h. dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, sich mit den realen integrationspolitischen Maßnahmen zu befassen. Trotzdem meine ich, dass Europa nicht darauf verzichten sollte, den Mitgliedstaaten Impulse zu verleihen und sie in der Integrationspolitik zu unterstützen. Ohne die Integration, die Schulungsmaßnahmen und Programme für den Zugang zu Sozialleistungen erfordert, wird es schwierig werden, zu einer europäischen Einwanderungspolitik zu gelangen, die tatsächlich wirksam ist. Hierzu bitte ich um die tatkräftige Unterstützung des Parlaments, um die Schwierigkeiten, die einige Mitgliedstaaten immer noch mit der Vorstellung haben, das Thema Eingliederung im europäischen anstatt nur im nationalen Rahmen anzugehen, aus dem Weg zu räumen. Ich sage das, weil wir im weiteren Verlauf dieses Jahres den Vorschlag der Kommission betreffend einen europäischen Integrationsfonds behandeln werden, der die Eingliederungspolitik der Mitgliedstaaten ergänzen und nicht etwa ersetzen soll.
Ich habe auf den Schutz der Einwanderer hingewiesen, weil es hier zwei Aspekte zu berücksichtigen gilt. Der Erste betrifft die Notwendigkeit, zuverlässige Einwanderungsdaten und -statistiken zu beschaffen. Die Kommission plant, einen Vorschlag für eine Verordnung vorzulegen, in der die Kriterien für die Beschaffung statistischer Angaben – über die wir heute in vielen Fällen nicht verfügen, was die Festlegung einer europäischen Politik zusätzlich erschwert – definiert werden. Der Schutz der Einwanderer muss sich vor allem auf die unschuldigen Opfer des durch das organisierte Verbrechen betriebenen Menschenhandels richten, wobei ich insbesondere an die Frauen und Kinder denke. In Bezug auf diese beiden Gruppen besonders schutzbedürftiger Opfer des Menschenhandels – die ich bereits bei mehreren Gelegenheiten, auch in diesem Haus erwähnt habe – wird die Kommission spezifische Vorschläge zu ihrem Schutz und ihrer Absicherung vorlegen, um zum einen den Menschenhandel zu unterbinden und zum anderen die Opfer zu schützen.
Abschließend, Herr Präsident, möchte ich bekräftigen, dass ich persönlich den Bericht von Herrn Gaubert mit Genugtuung zur Kenntnis genommen habe, denn er beweist, welche Bedeutung der Beitrag des Parlaments erlangen kann, das in dieser Frage einen stärkeren und wirksameren politischen Ansatz als früher verfolgt hat. Ich denke, dass das Parlament in diesem Bereich eine große Hilfe für die Kommission und ihre Politik sein kann, die der Stimme des Parlaments selbstverständlich Rechnung tragen wird.
Martine Roure, im Namen der PSE-Fraktion.–(FR) Herr Präsident! Zunächst mein Dank an den Berichterstatter und alle Mitglieder des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, die sehr viel Mühe auf diesen Bericht verwendet haben, denn wir sind an einem Wendepunkt der europäischen Einwanderungspolitik angelangt. Wir wollen ein deutliches Signal für eine faire und gerechte europäische Einwanderungspolitik aussenden.
Eine gemeinsame europäische Einwanderungspolitik ist notwendig, damit nach Europa gelangende Personen in würdiger und organisierter Form aufgenommen werden können. Diese Politik muss den Bedürfnissen und Rechten der Einwanderer Rechnung tragen. Deshalb kann eine gemeinsame Einwanderungspolitik ohne eine aktive Politik der Eingliederung nicht ins Auge gefasst werden. In dieser Hinsicht bin ich erfreut, dass endlich über die Schaffung legaler Wege für die Einwanderung nach Europa gesprochen wird. Ich erlaube mir jedoch die Warnung, dass diese Debatte nicht in eine falsche Richtung geführt werden darf. Durch die legale Einwanderung muss es hauptsächlich ermöglicht werden, den Bedürfnissen aller, in erster Linie der Einwanderer, gerecht zu werden. Unter keinen Umständen dürfen unsere Überlegungen nur auf den Arbeitskräftebedarf auf dem europäischen Arbeitsmarkt ausgerichtet sein.
Die Einwanderungspolitik der Europäischen Union muss global und darf nicht sektorbezogen gestaltet sein. Deshalb ist unseren Beziehungen mit den Drittländern Rechnung zu tragen. Die Diskussion sollte jedoch auf der Grundlage eines echten Dialogs und des Austausches geführt werden. Es wäre inakzeptabel, unsere Verantwortung zur Steuerung der Migrationsströme auf die Drittländer abzuwälzen. Klauseln über die gemeinsame Steuerung der Migrationsströme und Rückübernahmevereinbarungen sind nicht zwangsläufig in alle Assoziationsabkommen aufgenommen, die die Europäische Union abschließt.
Lassen Sie mich abschließend noch sagen, dass die Einwanderungspolitik und die Politik der Eingliederung unlösbar miteinander verbunden sind. Ich fordere die Mitgliedstaaten auf, die Erarbeitung von Mindestkriterien für die Eingliederung in Europa zu ermöglichen. Diese Kriterien sollten insbesondere die geregelte Integration in den Arbeitsmarkt, das Recht auf Ausbildung, den Zugang zu Bildungsmaßnahmen, den Zugang zu Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen sowie die Eingliederung der Einwanderer in das gesellschaftliche, kulturelle und politische Leben betreffen.
Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Ich möchte mich denen anschließen, die dem Berichterstatter zur erfolgreichen Erfüllung einer Aufgabe gratuliert haben, die es in sich hatte.
Wir haben bisweilen eine recht schizophrene Einstellung gegenüber der Einwanderung. Einerseits verweisen wir ständig auf die Notwendigkeit einer stärkeren ökonomischen Integration, während wir gleichzeitig die Einwanderungsvorschriften weiter verschärfen. Das hat illegale Einwanderung, Menschenhandel und den Missbrauch der Asylpolitik zur Folge. In Europa spielen sich beschämende Szenen des Elends und der Armut ab, und an unseren Küsten sind sogar bereits Flüchtlinge ertrunken. Das ist untragbar.
Wir müssen akzeptieren, dass sich Europa zu einem Einwanderungskontinent entwickelt hat. Wir sollten Einwanderer, also Menschen, die versuchen, ihr Los zu verbessern, eigentlich begrüßen. Diese Menschen sind keine Kriminellen. Sie beweisen Initiative. Menschen wie sie haben die USA aufgebaut. Sie sind dynamisch und leistungsfähig, und wir brauchen sie. Diese Menschen versuchen, ihr Leben zu verbessern, und das ist kein Verbrechen.
Wir brauchen eine richtige Einwanderungspolitik, die legalen Einwanderern echte Möglichkeiten bietet. Gleichzeitig brauchen wir eine Integrationspolitik. Einwanderer sollten voll in die Gemeinschaft integriert werden. Sie sollten die Möglichkeit haben, umfassend am sozialen, kulturellen und politischen Leben teilzunehmen, ob durch Gewährung des Wahlrechts oder durch Vertretungsmechanismen. Meine Fraktion ist gern bereit, den Bericht in seiner jetzigen Form zu unterstützen. Er ist ausgewogen und bietet der Europäischen Kommission die Unterstützung, die sie für die Erarbeitung entsprechender Politiken benötigt.
Cem Özdemir, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar! Auch ich möchte zunächst namens meiner Fraktion dem Berichterstatter herzlich für diesen ausgezeichneten Bericht danken. Der Bericht betont zu Recht die Notwendigkeit einer europäischen Einwanderungspolitik, da dieses Thema eben nicht ausschließlich innerhalb Europas den gelegentlich kontraproduktiven Eigeninteressen der Mitgliedstaaten überlassen werden darf.
Der Bericht fordert auch im Bereich der illegalen Migration eine stärkere Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten, den Austausch von Best-Practice-Modellen auch für den Bereich der Integrationspolitik. Im Bereich der Massenlegalisierung spricht sich der Bericht dafür aus, dass die Legalisierung ein einmaliges Ereignis bleiben sollte. Nur gibt es Länder innerhalb der Europäischen Union, die diese einmaligen Massenlegalisierungen nie hatten. Dazu gehört beispielsweise mein Land, die Bundesrepublik Deutschland. Sie sehen also: Wir haben innerhalb Europas noch sehr viel zu tun. Mitgliedstaaten sollten rechtzeitig ihre Nachbarn und andere EU-Staaten in Kenntnis setzen. Das fordert dieser Bericht. Hierzu haben wir einen Änderungsantrag zu Ziffer 29, der auch ausdrücklich darauf hinweist, dass auch Informationen über die Einführung restriktiver Maßnahmen im Bereich der Einwanderung innerhalb der Europäischen Union ausgetauscht und bekannt gemacht werden sollten, also nicht nur Maßnahmen wie Massenlegalisierungen, sondern auch das Gegenteil: Wenn es restriktive Maßnahmen gibt, sollten diese innerhalb Europas ausgetauscht werden.
Schließlich ist der Bericht besorgt über die Tendenz von Mitgliedstaaten, vorgelagerte Aufnahmeeinrichtungen in Nicht-EU-Staaten einzuführen. Das Beispiel Libyen wurde schon häufig genug in der Presse genannt, wo minimale Standards für Flüchtlinge nicht gewährleistet werden können. Im Bereich der legalen Migration schließlich betont der Bericht, dass dies zwar nach wie vor eine Domäne der Nationalstaaten ist. Allerdings sind diese Nationalstaaten immer weniger in der Lage, die zahlreichen Probleme eigenständig zu lösen. Dabei geht es beispielsweise nicht nur um die Organisation einer gesteuerten Einwanderung, sondern auch um das Recht der Migranten auf Integration. Deshalb haben wir auch hierzu einen Änderungsantrag zu Ziffer 51 eingebracht, der beispielsweise lokale Wahlrechte und die Partizipation fordert.
Ich freue mich ausdrücklich darüber, dass wir auch das Thema Ehrenmorde ausdrücklich in diesem Bericht ansprechen, denn dieses Thema muss angesprochen werden.
Giusto Catania, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich danke Herrn Gaubert, der im Ausschuss mit der Ausarbeitung des vorliegenden Berichts befasst war. Dieser Bericht enthält meiner Ansicht nach drei wichtige Kriterien für die Behandlung des Themas, um das es geht.
Das Erste besteht darin, mehr legale Einwanderungsmöglichkeiten zu schaffen; das Zweite beinhaltet die an uns gerichtete Forderung, bei den Ursachen der Einwanderung anzusetzen und nicht mit repressiven Maßnahmen, mit Kriminalisierung und Zurückweisung zu reagieren; das dritte Kriterium weist darauf hin, dass in Sachen Einwanderung nicht ausschließlich ein wirtschaftlicher Ansatz herangezogen werden kann.
Meines Erachtens muss der Bericht Gaubert zur Erstellung des Grünbuchs beitragen. Außerdem sollte versucht werden, die von unserer Fraktion vorgelegten Vorschläge aufzugreifen, die insbesondere die Aufenthaltserlaubnis zwecks Arbeitsuche, den Verzicht auf eine bevorzugte Behandlung von Unionsbürgern – weil bei der Arbeitsuche kein Unterschied zwischen EU-Bürgern und Drittstaatsangehörigen gemacht werden darf – und schließlich das Recht auf aktive Beteiligung am politischen Leben und an Wahlen betreffen.
Abschließend möchte ich eine Besorgnis zum Ausdruck bringen: Das Parlament leistet eine interessante Arbeit zum Thema Einwanderung, während der Rat „Justiz und Inneres“ vor kurzem die verstärkte Zusammenarbeit zur Regulierung der Wanderungsbewegungen mit Libyen beschlossen hat, das inzwischen zu unserem bevorzugten Partner in Einwanderungsfragen geworden ist, obwohl es immer noch keine Garantien für die Achtung der Menschenrechte und den Schutz des Asylrechts bietet.
Gerard Batten, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Heute Abend wurde verschiedentlich eine gemeinsame europäische Einwanderungspolitik erwähnt. Ich kann Ihnen versichern, dass die Bürger Großbritanniens keine gemeinsame Einwanderungspolitik wollen.
Bei den jüngsten britischen Parlamentswahlen haben sämtliche großen pro-europäischen Parteien unhaltbare Versprechen in Bezug auf die Eindämmung der Einwanderung abgegeben. Ihre Zusagen waren mit der EU-Mitgliedschaft unvereinbar. Das hat die Kommission selbst unter Bezugnahme auf Asylvorschläge der Konservativen Partei festgestellt. Aber wirklich offenbar wird die Sinnlosigkeit derartiger Zusagen erst im Hinblick auf die EU-interne Migration. Von Mai bis Dezember 2004 sind 130 000 Bürger aus osteuropäischen Ländern in das Vereinigte Königreich eingewandert. Das ist das Zehnfache der offiziell vorhergesagten Höchstzahlen. Wir haben nichts gegen die Menschen in den neuen Mitgliedstaaten, aber schauen Sie sich doch einmal in London um: Das Angebot an Unterkünften, das Verkehrs- und Gesundheitssystem platzen aus allen Nähten. Die Stadt ist einer solch starken und plötzlichen Zunahme der Bevölkerung nicht gewachsen.
Spanien beabsichtigt, den Status von bis zu 700 000 illegalen Einwanderern zu legalisieren. Diese Menschen können dann problemlos nach Großbritannien kommen, wenn sie dies wünschen. Spaniens egoistisches und unverantwortliches Handeln macht deutlich, dass Großbritannien keine unabhängige Einwanderungspolitik innerhalb der Europäischen Union verfolgen kann.
Jan Tadeusz Masiel (NI).–(PL) Herr Präsident! Einwanderung, Integration und Asyl sind noch immer Tabuthemen, insbesondere in den alten EU-Mitgliedstaaten. Jeder versucht, diesen Themen auszuweichen, und dies ist zweifellos der Grund, warum es keine wirklichen Folgemaßnahmen zum Tampere-Programm von 1999 gab. Einer der Gründe für das „Nein“ beim Referendum über die Verfassung in den Niederlanden bestand darin, dass die Behörden die Frage der Einwanderung nicht ernst genommen haben. Ich begrüße daher diese Aussprache als eine Gelegenheit, einen offenen Meinungsaustausch zu führen, auch wenn ich mit vielem, was in dem Bericht gesagt wurde, nicht einverstanden bin und befürchte, dass diese Aussprache alles andere als offen sein wird.
Die Politiker sind zu feige, um mit den Themen Einwanderung und Integration richtig umzugehen. Es ärgert mich, wenn gesagt wird, die EU befürworte legale Einwanderung und lehne illegale Einwanderung ab. Das ist scheinheilig. Es gibt faktisch keine legale Einwanderung, da die Menschen in der Praxis nur illegal einwandern können. Nur 5 000 der 50 000 in Brüssel arbeitenden Polen leben und arbeiten hier legal. Die Zahlen für Nicht-EU-Bürger sind sogar noch bemerkenswerter.
Es verstimmt mich zu hören, wie den Menschenschmugglern der Krieg erklärt wird, während wir es eigentlich mit einem dringenderen Problem zu tun haben in Gestalt der Menschen, die in Europa ankommen und diesen Schmugglern für ihre Dienste dankbar sind, die leider einen hohen Preis haben. Wir sollten das Kind beim Namen nennen und gemeinsame europäische Einwanderungsgesetze annehmen. Wir sollten klar und deutlich sagen, dass es zum größten Teil keine Einwanderung nach Europa gibt und dass sich unseres Erachtens Christen besser integrieren als Moslems. Die Wahrheit schmerzt, aber sie ist Lügen vorzuziehen, und wir sollten uns von aus der Kolonialzeit herrührenden Schuldgefühlen befreien. Wir sollten die Fakten nennen und unsere Meinung dazu ganz offen sagen, und wo immer es möglich ist, sollten wir den ärmeren Menschen in der Welt in ihren Heimatländern im Rahmen von Regierungsprogrammen Unterstützung zuteil werden lassen.
Agustín Díaz de Mera García Consuegra (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Herrn Gaubert zu seiner ausgezeichneten Arbeit an einem sehr vielschichtigen und gleichzeitig sehr notwendigen Berichts beglückwünschen.
Er ist vielschichtig, weil viele Faktoren bei diesem Problem eine Rolle spielen, das leider zu einem alltäglichen Problem geworden ist – die illegale Einwanderung – und ihre Bekämpfung mit legalen Mechanismen, die den legitimen Hoffnungen und Wünschen jener Rechnung tragen, die bei uns eine bessere Zukunft suchen.
Er ist notwendig, weil die Union – und dieses Parlament im Besonderen – ein für alle Mal eine klare Antwort, einen klaren Beweis unseres gemeinsamen Bekenntnisses zur Lösung eines Problems geben muss, das schon zu lange an unsere Tür klopft, ohne eine angemessene Antwort zu erhalten.
Die Förderung legaler Einwanderungswege, die Durchführung von Maßnahmen für eine wirkliche Integration der Einwanderer und vor allem für die Bekämpfung der illegalen Migrationsströme sind die drei Achsen, auf denen die Strategie der Union meiner Ansicht nach basieren muss.
Erstens müssen wir die legale Einwanderung durch verantwortungsvolle politische Maßnahmen fördern, und ich möchte das Wort verantwortungsvoll unterstreichen, da die jüngsten Erfahrungen, zumindest in meinem Land, ein klarer Beweis für das Gegenteil sind. Es geht um eine geordnete Einwanderung in einer offenen Gesellschaft, mit stabilen und flexiblen Mechanismen, die dauerhafte Lösungen bieten. Wir sprechen über Menschen, meine Damen und Herren, nicht über Zahlen.
Zweitens müssen wir uns für eine vollständige Integration der Einwanderer einsetzen, denn das ist der einzige Weg, um Entwurzelung, Ausgrenzung und die Konflikte zu verhindern, die immer häufiger und in steigendem Maße in unseren Gesellschaften auftreten. Diese Integration wirkt sich in doppelter Hinsicht aus – zum einen auf die aufnehmende Gesellschaft und zum anderen auf die Migranten selbst –, auf jeden Fall aber muss sie ein fester und grundlegender Bestandteil unserer gemeinsamen Politik sein.
Außerdem müssen wir die illegale Einwanderung, die Schleuserkriminalität und die Mafiagruppen, das heißt, das menschliche Leid im Allgemeinen bekämpfen, weil wir, wie ich bereits sagte, nicht vergessen dürfen, dass wir von Menschen sprechen.
Aus diesen Gründen möchte ich zu einem gemeinsamen politischen Bekenntnis aufrufen, das jegliche Demagogie und alle einseitigen und verantwortungslosen Maßnahmen außen vor lässt, die nur um der Abstimmung willen und ohne Rücksicht auf die Konsequenzen den Fortschritt, den wir auf diesem Gebiet erreicht haben und weiterhin erreichen, in Gefahr bringen könnten.
Magda Kósáné Kovács (PSE).– (HU) Ich halte mich nicht für einen Feigling, dennoch war es mir eine Ehre und Freude, an der Erstellung des Berichts mitzuwirken, und ich freue mich, dass er sowohl die Unterstützung der Kommission als auch die der meisten meiner Vorredner erhalten hat. Seit langer Zeit werden in den europäischen Organen Entscheidungen über die Frage der Einwanderung und Integration der Migranten getroffen. Tampere und Den Haag haben diesen Themenkreis und die Einhaltung der Genfer Konvention in den Vordergrund gerückt, und Ende des Jahres 2003 nahm das Parlament mit dem Bericht von Claude Moraes eine bahnbrechende Entschließung an. Im jetzigen Entwurf wird – dank der Feinfühligkeit, die der Berichterstatter diesem Thema gegenüber an den Tag legt – die illegale Migration in erster Linie als sicherheitspolitisches Thema behandelt, außerdem werden die beiden Seiten der die legale Migration bestimmenden Faktoren analysiert. Menschen, die aus Drittländern kommen, müssen ein anständiges menschliches Leben führen können. Dies zu gewährleisten, ist nicht nur eine menschenrechtliche Verpflichtung der EU-Mitgliedstaaten, sondern wird wirtschaftlich gesehen immer sinnvoller.
Dieses neue Herangehen an diese Fragen ist im Rahmen des wieder aufgenommenen Lissabon-Prozesses unvermeidlich. Dem Berichterstatter ist zugute zu halten, dass er die Wirtschaftsmigration nicht unter Laborbedingungen, gefangen von Papieren, analysiert, sondern auf der Grundlage der gegebenen wirtschaftlichen und sozialen Situation. Europa altert, und zusätzliche Arbeitskräfte drängen kaum nach; gleichzeitig sind die Arbeitslosigkeit und die Nichterwerbstätigkeit hoch. Dem französischen und niederländischen Referendum kann man auch entnehmen, dass die Bürger der alten Mitgliedstaaten die Anwesenheit von Arbeitnehmern aus den neuen Mitgliedstaaten auf ihren Arbeitsmärkten als Bedrohung ansehen, und die Debatte wurde von Anfang bis Ende von Ausländerfeindlichkeit begleitet.
Angesichts der Emotionen haben jedoch selbst Tatsachen kaum Überzeugungskraft. Daten des deutschen Forschungsinstituts DIW belegen, dass sich die Volkswirtschaften, die der Verstärkung des Arbeitskräfteangebots aus den neuen Mitgliedstaaten keine Beschränkungen auferlegt haben, dynamisch entwickelt haben. Daher ist es auch wirtschaftlich sinnvoll, wenn Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedstaaten nicht sechs Jahre lang in Quarantäne gehalten werden und nicht eine Art mittleren, zweiten Platz zwischen den Arbeitnehmern aus den alten Mitgliedstaaten und denen aus den Drittländern zugewiesen bekommen. Es ist dem Berichterstatter zugute zu halten, dass der Bericht nicht der Versuchung erliegt, einfache Lösungen zu wählen, wie beispielsweise die Einführung eines Quotensystems oder die Zulassung von Einwanderern nach Sektor. Es werden Möglichkeiten aufgezeigt, um menschliche und wirtschaftliche Konflikte zu verhindern, die Arbeit im Bereich Außenpolitik zu verbessern und wirksame Informationen zur Verfügung zu stellen. Die Mitgliedstaaten werden zur Anwendung angemessener Rechtsmittel aufgefordert, um die Verwundbarkeit der Menschen zu verringern, die ihr Brot durch atypische Beschäftigungsverhältnisse verdienen. Aus all diesen Gründen lege ich Ihnen, als jemand, der an der Ausarbeitung des Berichts beteiligt war, vorbehaltlos dessen Annahme nahe.
Jacky Henin (GUE/NGL).–(FR) Herr Präsident! Wie wäre es denkbar, nicht jene Männer und Frauen zu respektieren, die, um der Armut oder Diktaturen oder Kriegen zu entfliehen, alles zu opfern bereit sind, damit sie, in der legitimen Hoffnung auf ein besseres Leben, in die Europäische Union gelangen können?
Null-Einwanderung und Europa als Festung sind gefährliche und verwerfliche Utopien. Dies zu sagen bedeutet aber noch nicht, alles Beliebige tun zu können. Die Aufnahme von Einwanderern bedarf der Organisation und Vorbereitung. Europa fällt dabei eine wichtige Aufgabe zu, einschließlich der finanziellen Unterstützung. Ich teile die in dem Bericht zum Ausdruck gebrachte entschiedene Ablehnung der Einrichtung von Aufnahme- oder Internierungslagern für Migranten in der Union oder außerhalb ihrer Grenzen. Mit dem traurig berühmten Lager Sangatt habe ich damit eine bedauerliche Erfahrung gemacht. Solche Lager lösen nichts, ganz im Gegenteil. Sie sorgen für alle möglichen Spannungen.
Ich stimme dem Bericht zu, wenn darin als wichtigstes Ziel die entschiedene und gnadenlose Bekämpfung von Menschenhändlern vorgeschlagen wird. Ebenso unerbittlich muss gegen die Unternehmer vorgegangen werden, die Einwanderer durch ihren Einsatz in der Schwarzarbeit ausbeuten. Hingegen bedauere ich, dass die Einwanderungspolitik der EU in dem Bericht als eine Anpassungsvariable des Arbeitsmarktes und als Mittel zur Lohndämpfung dargestellt wird. Eine vernünftige Einwanderungspolitik beinhaltet den echten Willen, die nachhaltige Entwicklung der aufstrebenden Länder zu fördern und sie nicht zynisch als demokratisches Reservoir billiger Arbeitskräfte für die Bedürfnisse der Europäischen Union zu betrachten.
Maria Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Der in dieser Aussprache behandelte Bericht ist ein komplexer Text, mit dem eine realistische Einschätzung der bestehenden Probleme vorgenommen und Leitlinien einer gemeinsamen europäischen Migrationspolitik für die legale und illegale Einwanderung festgelegt werden. Es werden nicht nur repressive Maßnahmen, sondern auch Präventivmaßnahmen vorgeschlagen, deren Ziel darin besteht, der Einwanderung vorzubeugen und sie zu bekämpfen, beispielsweise durch die Unterstützung der Herkunftsländer, um auf diese Weise zu gewährleisten, dass die Armut beseitigt, die Bildung gefördert und künftigen Einwanderern in ihrem eigenen Land Unterstützung gewährt werden kann.
Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter hat mit der von meiner Kollegin, Frau Kratsa, verfassten Stellungnahme dazu beigetragen, dass im Bericht die Verbindung zwischen der illegalen Einwanderung und dem Menschenhandel, insbesondere mit Frauen und Kindern, sowie die Notwendigkeit, den Opfern Zugang zu Rechts- oder Sozialschutz zu gewähren, hervorgehoben wird. Im Bericht wird gefordert, ungeachtet der Frage, ob es sich um legale oder illegale Einwanderung handelt, die Diskriminierung zu bekämpfen und Programme zur Integration gleicher Rechte für Männer und Frauen durchzuführen.
Es ist positiv, dass auch für die Einwanderung aus nichtwirtschaftlichen Gründen die Forderung nach gleichberechtigter Beteiligung an der Bildung, der beruflichen Qualifikation und der Beschäftigung sowie nach Familienzusammenführung gestellt wird. Zudem wird im Bericht betont, dass die Mitgliedstaaten gegen die Fortsetzung inhumaner Traditionen im Aufnahmeland, die sogar in Ehrenverbrechen gegen Frauen gipfeln, vorgehen müssen.
Ebenfalls positiv zu bewerten ist der Hinweis auf die zeitliche Begrenzung und den illegalen Charakter von Beschäftigungen, die von Einwanderern, insbesondere Frauen, übernommen werden.
Im sechsten Jahrhundert v. Chr. beschrieb der griechische Dichter Archilochos das Auswandern aus dem Heimatland und den Gang in die Fremde als eine der unglücklichsten Situationen, in der sich ein Mensch befinden kann. Die Tugend, die, wie der Dichter betont, in größter Gefahr ist, ist nicht der Wohlstand oder die Gesundheit, sondern die Würde des Auswanderers und seiner Familie.
Ich gratuliere daher dem Berichterstatter, Herrn Gaubert, und Kommissar Frattini dazu, dass sie in den Bericht bzw. in ihre Ausführungen eine menschliche Note eingebracht haben; die Gestaltung von Politiken, die dazu beitragen, die Würde und die Integrität von Einwanderern zu bewahren und zu unterstützen, ist meiner Ansicht nach positiv für Europa.
Ioannis Varvitsiotis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Das Thema der legalen und illegalen Einwanderung ist ein umfassendes Thema mit zahlreichen Aspekten. Es steht mit der Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, der Asylpolitik, der Integration von Einwanderern, dem Zugang zu legaler Beschäftigung in den Aufnahmeländern und vor allem mit dem Menschenhandel in Zusammenhang.
Die Europäische Kommission beschäftigt sich seit 1986, als die neue Einheitliche Europäische Akte verabschiedet wurde, mit diesem Thema und hat bislang zahlreiche Richtlinien und Beschlüsse vorgelegt. Ich wiederhole daher, was ich bereits heute Morgen gesagt habe, dass es nämlich dringend erforderlich ist, alle diese Beschlüsse und Richtlinien zu kodifizieren. Ohne eine Kodifizierung verlieren wir uns in einem Meer von Dokumenten und Entscheidungen.
Es wurde allerdings festgestellt, dass die Mitgliedstaaten die verbindlichen Beschlüsse entweder nicht umsetzen oder bei der Überführung dieser Beschlüsse in nationales Recht säumig sind. Dadurch werden jedoch die Bemühungen um eine einheitliche europäische Politik untergraben.
Ich möchte nicht versäumen, Herrn Gaubert meine herzlichen Glückwünsche zu seinem Bericht auszusprechen. Der Bericht geht etliche Schritte voran. Zuallererst fordert er die Europäische Kommission auf, die Solidarität und die gemeinschaftlichen Politiken auf der Ebene der Information und der Koordinierung sämtlicher Strukturen zu stärken, die mit der Verwaltung der Migrationsströme zu tun haben. Von noch größerer Bedeutung ist es jedoch, dass im Bericht die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen den Herkunftsländern, beispielsweise mithilfe eines korrekten Informationssystems, unterstrichen wird, wobei das Ziel darin besteht, Beschäftigungsmöglichkeiten für auswanderungswillige Personen zu finden. Natürlich muss die Zusammenarbeit nicht so weit gehen, wie von dem kurzzeitig im Amt gewesenen Kommissar Buttiglione während seiner Anhörung beschrieben, denn Gott möge uns davor bewahren, dass wir Aufnahmezentren – mit anderen Worten Aufnahmelager – in den Ländern errichten, aus denen die Migranten ausgewandert sind. Das wäre ein Verbrechen, das unsere Gesellschaft nicht tolerieren kann.
Simon Busuttil (PPE-DE).–(EN) Herr Präsident, es stimmt, dass, wie der Bericht zu Recht feststellt, zwischen der legalen und der illegalen Einwanderung eine Verbindung besteht, aber wir können das Problem der legalen Einwanderung kaum wirksam angehen, wenn es uns nicht gelingt, die illegale Einwanderung in kontrolliertere Bahnen zu lenken. Wir haben es hier mit zwei schwer wiegenden Problemen zu tun, die Anlass zu sehr großer Sorge sind. Erstens riskieren illegale Einwanderer ihr Leben, und Hunderte von ihnen kommen um und verwandeln das Mittelmeer in einen Friedhof – eine Tatsache, die uns alle beschämen sollte. Und selbst wenn sie es bis Europa – ob Malta oder Italien – schaffen, dann ist ihr Martyrium noch nicht vorbei, sondern fängt erst an.
Zweitens geht es um die beträchtliche Belastung, die dieses Problem für die betroffenen Länder, vor allem Malta und Italien, darstellt. Für Malta ist die Situation aufgrund der großen Zahl illegaler Einwanderer noch prekärer. Letzte Woche sind 56 Einwanderer in Malta angekommen, aber umgerechnet auf Italien entsprächen diese 56 Einwanderer mehr als 5 600 Einwanderern. Das ist das Ausmaß des Problems, dem sich Malta gegenübersieht.
Wir haben in diesem Jahr Grund zu Optimismus, weil wir erstmals feststellen können, dass die Europäische Union endlich auf unsere wiederholten Aufforderungen, etwas zu unternehmen, reagiert. Dabei möchte ich vor allem darauf verweisen, dass der Ministerrat letzte Woche beschlossen hat, unverzüglich die Zusammenarbeit mit Libyen aufzunehmen, um den Zustrom von Einwanderern zu bremsen und weitere Todesfälle zu verhindern. Zu diesem Zweck soll nicht zuletzt eine Tank Force gebildet werden, die das Mittelmeer patrouilliert. Die Europäische Union unternimmt also endlich etwas. Bleibt zu hoffen, dass dies rechtzeitig geschieht.
Ich bin Kommissar Frattini für seine aufrichtigen Bemühungen sehr dankbar und fordere ihn im Namen der Bürger von Malta auf, entschlossen und unverzüglich zu handeln. Wir zählen darauf, Herr Kommissar, dass Sie sich unserer sehr ernsten Bedenken annehmen.
Franco Frattini,Vizepräsident der Kommission. – (IT) Herr Präsident, ich möchte lediglich all jenen meinen Dank aussprechen, die sich in der Debatte zu Wort gemeldet haben. Ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission ihre Arbeit in dem Geiste fortsetzen wird, von dem sich auch das Europäische Parlament leiten lässt: einem europäischen Ansatz, bei dem das entschlossene Vorgehen gegen Menschenhandel und illegale Einwanderung mit der Stärkung der Solidarität verbunden werden kann. Die Werte der Union sind Werte der Solidarität sowie der Achtung der Grundrechte jedes Mannes und jeder Frau. Werden diese beiden Erfordernisse miteinander in Einklang gebracht, kann sich daraus, auch in dem heiklen Bereich der Migrationspolitik, ein zusätzlicher Gewinn für Europa ergeben.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.00 Uhr statt.