5. Debatten über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Bekanntgabe der eingereichten Entschließungsanträge): siehe Protokoll
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Empfehlung für die zweite Lesung (A6-0207/2005) im Namen des Rechtsausschusses betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen (11979/1/2004 - C6-0058/2005 - 2002/0047(COD)) (Berichterstatter: Michel Rocard).
Michel Rocard (PSE), Berichterstatter. – (FR) Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns in der letzten Phase einer langen und handfesten parlamentarischen Auseinandersetzung. Ich möchte noch einmal an deren Schwerpunkte erinnern, auch wenn fünf Minuten lächerlich wenig sind für ein derart kompliziertes Problem.
Es geht um drei Kernpunkte: den Grundsatz der Freizügigkeit der Ideen, die Einhaltung der Wettbewerbsregeln und die Ablehnung jeglichen Monopolisierungseffekts bei Patenten sowie letztendlich den Schutz der einzelnen Erfinder und der kleinen und mittleren Unternehmen vor der Allmacht einiger weniger sehr großer Unternehmen.
Jeder hier wünscht eine Klärung der Rechtslage und hält eine Richtlinie für notwendig. Niemand hier wünscht die Patentierbarkeit jeder Software. Daher dürfte es normalerweise keine Schwierigkeiten geben, aber die Entwicklungen der jüngeren Zeit - etwa der letzten zwanzig Jahre - haben die Dinge komplizierter gemacht.
Zum Zeitpunkt der Entstehung der Datenverarbeitungsindustrie und der ersten Softwareentwicklungen dachte noch niemand an Patentierung. In Silicon Valley wurde so gearbeitet, und 20 oder 30 Jahre lang vollzog sich die dortige Entwicklung ohne Patente. Die Software war ausreichend durch das Urheberrecht geschützt. Dann kam aus den USA, wo keine entsprechende Gesetzgebung besteht, der Gedanke, die Patentierung auf diesen Bereich auszudehnen. Am Anfang stand der Gedanke, dass Immaterielles nicht technisch ist und dass alles, was mit der materiellen Welt in Verbindung steht, was Materie oder Energie oder Geräte einsetzt, patentierbar sei. Patentierbar ist nur, was neu, erfinderisch, gewerblich anwendbar ist und einen technischen Beitrag leistet. Ein Sensor oder Effektor etwa, der Daten zu einer Software aussendet, die damit ihre Rechenvorgänge durchführt, oder der das Ergebnis der Rechenvorgänge der Software erfasst, um es dann mittels eines beweglichen Teils oder eines Signals in die reale Welt zu übertragen, alles das ist patentierbar, die Software selbst aber nicht.
Später wurde Software fest in eine Erfindung integriert, in der Sensoren, Software und Effektoren erneut vereint und untrennbar verbunden waren. Dann kamen Erfindungen, in denen nur die Software neu war, Sensoren und Effektoren aber die Alten blieben. Es kam auch zu Fehlinterpretationen bei einigen Gerichten und nationalen Patentämtern sowie dem Europäischen Patentamt, die alles als Technik einstuften, was zur Folge hatte, dass es nunmehr in den USA mindestens 200 000 Patente dieser Art gibt und vom Europäischen Patentamt entgegen Artikel 52 Absatz 2 seines Basisübereinkommens, das besagt, dass Softwareprogramme nicht patentierbar sind, rund 30 000 Patente erteilt wurden.
Welcher Missbrauch betrieben wurde, ist bekannt, und es sei noch einmal daran erinnert: so wurden Lehrmethoden, Handelsmethoden und Handbücher für die chirurgische Praxis patentiert. In allen diesen Fällen hätte es die kostenlose Software erlaubt, dass ganz Afrika beispielsweise im Bildungswesen oder in der Medizin unmittelbar davon hätte profitieren können. Doch sie wurde in den USA patentiert, was zur Folge hat, dass sie überaus teuer und unter heutigen Gegebenheiten nicht erschwinglich ist. Wir alle haben derartigen Missbrauch verurteilt, auch den, der vom Europäischen Patentamt verübt wurde, aber aufgrund der ihm unterlaufenen Fehlinterpretation können keine klaren Grenzen gezogen werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, Sie sollten sich der Grundsätze und des Rechts besinnen. Dennoch sind wir von einigen Musterexemplaren unserer Großindustrie nicht verstanden worden. Sie fürchten um ihren Schutz, was wir auf kurze Sicht zwar verstehen, da der Verlust des Schutzes manches bestehende Gleichgewicht verändern würde. Was tun die Großunternehmen heute? Sie tauschen untereinander ganze Patentbestände aus, um die Nachteile zu umgehen, die die Patentierung jenen bringt, die an diesem Spiel nicht teilhaben können, das heißt, allen, die kleiner sind als sie selbst. Der Anteil der Rechtskosten an allen Forschungs- und Entwicklungsbudgets dieser Unternehmen steigt ständig, er liegt heute fast überall bereits über 20 %. Zwei Drittel der in Europa genutzten Patente sind amerikanischen oder asiatischen und keineswegs europäischen Ursprungs. Wenn schließlich Siemens, GEM PLUS oder Alcatel ihre Mobilfunkabteilungen veräußern, wandern diese Abteilungen, und mit ihnen die Patente, nach Asien, sodass Europa in diesen Bereichen keinerlei Entwicklungschancen mehr hat.
Daher sind wir der Ansicht, dass der Schutz der europäischen Industrie langfristig besser auf dem Wege der Freiheit und des freien Zugangs als über Patente gewährleistet ist. Zudem bildet China zweieinhalb Millionen Informatiker jährlich aus! Wie soll man in diesem Kampf bestehen? Freiheit wäre der bessere Weg. Unsere Großindustriellen hätten dies begreifen müssen, stattdessen gaben sie sich der Lächerlichkeit preis, ganz abgesehen von den Beleidigungen, zu denen diese Aussprache Anlass gab. Beispielsweise spricht hier vor Ihnen „ein Mann aus dem Mittelalter“. Das zeigt, wie schwach manche Positionen sind. Unsere Freunde aus der Industrie sollten zugeben, dass es nicht angeht – wenn es schon zu Fehlinterpretationen gekommen ist –, auch noch die Grundsätze und das Recht diesen Fehlern anzupassen.
Und schließlich ein letztes Problem: das TRIPS-, auf Französisch ADPIC-Übereinkommen, lässt sich auf zweierlei Weise interpretieren. Entweder ist jede Software patentierbar: in diesem Falle gäbe es kein Problem, denn sie fiele dann ja samt und sonders unter das TRIPS (ADPIC)-Übereinkommen und WTO-Panels – aber das wollen wir ja gar nicht. Oder aber Software ist überhaupt nicht patentierbar: dann wären die internationalen Copyright-Gesetze dafür zuständig, die auch unter WTO-Panels fallen, aber zu anderen Regeln. Im zweiten Falle befänden wir uns auch im Einklang mit den Vorschriften des TRIPS-Übereinkommens, wobei uns allerdings klar wäre, dass die Grauzone das Einzige ist, was dieses Übereinkommen verbietet. Denn wenn es Einwände gibt gegen die Gründe, aus denen eine spezielle Software patentierbar ist, dann ist die Grenze nicht mehr haltbar – dann wäre „alles ist patentierbar“ möglich oder zumindest erlaubt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Ihnen wird hier vorgeschlagen, die Grundsätze des Rechts, der Kohärenz und der Klarheit miteinander in Einklang zu bringen, wobei von unseren größten Unternehmen lediglich verlangt wird, sich anzupassen, und in diesem Zusammenhang spricht alles dafür, dass dies weniger schwierig ist als sie annehmen!
(Beifall)
Joaquín Almunia,Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Da Kommissionsmitglied McGreevy heute verhindert ist, werde ich die Kommission in dieser Aussprache vertreten. Zunächst möchte ich Herrn Michel Rocard, dem Berichterstatter zu diesem vielschichtigen und technischen Thema, zu seiner fleißigen Arbeit an diesem Dossier danken. Ferner danke ich den Schattenberichterstattern, die an der Arbeit des Parlaments zu dieser Frage ebenfalls einen großen Anteil haben.
Dieser Vorschlag bezieht sich nicht nur auf Erfindungen, die auf Standardcomputern laufen – zum Beispiel Laptops –, sondern betrifft viele alltägliche Verbrauchsgüter und Geräte, die in unserem Alltagsleben immer mehr Bedeutung erlangen, wie z. B. Autos, Waschmaschinen, Mobiltelefone, Kameras, DVD-Spieler, Fernseher, Staubsauger oder medizinische Geräte wie Scanner.
Diese Richtlinie zielt weder darauf ab, die derzeitige Praxis des Europäischen Patentamts aufzugeben, noch wird damit die Patentierung von reinen Computerprogrammen verfolgt, wie viele Gegner dieser Vorschläge behauptet haben. Mehr noch: Manche haben zugleich – und zu Unrecht – behauptet, die Richtlinie ziele darauf ab, erstmals die Möglichkeit der Patentierbarkeit von Softwareerfindungen in die EU-Patentpraxis aufzunehmen. Der Textvorschlag schließt Patente auf reine Software ausdrücklich aus, ebenso Patente auf Geschäftsmethoden als solche. Nur in einem Computerprogramm enthaltene technologische Neuerungen, die die patentierbaren Kriterien Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit enthalten, dürfen zum Patent angemeldet werden.
Ein Rechtsrahmen zum Schutz von Patenten in diesem Bereich ist von zentraler Bedeutung, um der europäischen Industrie, einschließlich kleinen und mittleren Unternehmen zu ermöglichen, sich in einer hoch technisierten Umgebung zu behaupten. Patente ermöglichen gewinnträchtige Investitionen in Forschung und Entwicklung, locken Risikokapital an und stärken die Verhandlungsposition. Durch diese Folgewirkungen werden Innovationen angekurbelt.
Die Kommission vertritt die Auffassung, dass der Gemeinsame Standpunkt den Erfordernissen eines berechenbaren Rechtsrahmens entspricht, mit dem Innovationen gefördert und honoriert werden.
Es wurden Änderungsanträge zur Ablehnung des Gemeinsamen Standpunkts eingereicht. Ich möchte betonen, dass dadurch die Rechtsunsicherheit in Bezug auf die in Frage stehenden Erfindungen lediglich verstärkt würde. Eine fehlende Harmonisierung in diesem Bereich würde der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen schaden und einem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes weiter entgegenstehen.
In diesem Sinne wird die Kommission die im Gemeinsamen Standpunkt vertretene Linie weiter unterstützen. Wir können Änderungsanträge akzeptieren, die nützliche technische oder kontextbezogene Klarstellungen enthalten, gegebenenfalls mit kleineren Präzisierungen oder Erläuterungen, aber die allgemeine Ausgewogenheit des Vorschlags muss beibehalten werden.
Die aktuelle Definition des technischen Beitrags in der Richtlinie wurde der herrschenden Rechtsprechung entnommen, der Wortlaut kann möglicherweise noch eleganter abgefasst werden, aber wir können ihn nicht verdrehen. Stattdessen erscheint es nützlicher, sich auf den Schutzbereich des patentierbaren Gegenstands in Artikel 4 zu beschränken, um die Ausnahmen klarer zu benennen. Würde man sie im Widerspruch zum Europäischen Patentübereinkommen ändern, riefe dies einfach nur Verwirrung hervor. Zudem können Fragen der Interoperabilität geregelt werden, indem nach Möglichkeit Zugang zu notwendigen Technologien geschaffen wird und gleichzeitig das legitime Recht der Erfinder geschützt wird.
Der Bericht des Rechtsausschusses behält den ausgewogenen Ansatz des Kommissionsvorschlags im Großen und Ganzen bei. Nichtsdestoweniger sollten noch einige Änderungen vorgenommen werden, um die Definitionen und Kriterien in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Patentrecht zu bringen.
Die Kommission kann die zusätzlichen Berichtsanforderungen annehmen, darunter die Einrichtung neuer Beratungsausschüsse, vorausgesetzt, das Parlament ist sich der dafür erforderlichen Mittelzuweisungen bewusst.
Die Kommission kann keine Änderungsanträge annehmen, die das Initiativrecht der Kommission oder die Beziehungen zu Einrichtungen außerhalb der Gemeinschaft betreffen.
In Bezug auf die Hauptthemen ist die Kommission stark daran interessiert, die Interoperabilität als Mittel der Förderung von Innovation und Wettbewerb zu stärken und sicherzustellen, dass das Gemeinschaftsrecht nicht als Hemmnis für unterschiedliche Softwareentwicklungsmodelle – gesetzlich geschützt oder Open Source – wirkt. Wir behalten uns daher eine bestimmte Flexibilität in Bezug auf die gefundene Lösung im Umgang mit der Interoperabilität vor, sofern unsere internationalen Verpflichtungen eingehalten werden.
Was den Umfang der Patentierbarkeit betrifft, so halten wir zwar eine Präzisierung des Gemeinsamen Standpunkts für annehmbar, jedoch keine wesentlichen Änderungen, die sich von der aktuellen Lage oder von Regelungen des allgemeinen Patentrechts entfernen. Ich möchte an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass wir hier besondere Probleme bei der Ausarbeitung bestimmter Änderungsanträge in Bezug auf den technischen Beitrag und die erfinderische Tätigkeit sehen.
In Bezug auf Computerprogramme auf einem Datenträger, für den solche Programme eine patentierte Erfindung darstellen, kann die Kommission eine Lösung zwischen dem Gemeinsamen Standpunkt und dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission akzeptieren, darunter alternative Fassungen zur Erreichung des gleichen Ziels der Durchsetzung gültiger Patente.
Die Kommission hat die neben dem Bericht des Rechtsausschusses eingereichte hohe Anzahl an Änderungsanträgen zur Kenntnis genommen. Ich werde den allgemeinen Standpunkt der Kommission zu allen Änderungsanträgen am Ende dieser vormittäglichen Aussprache darlegen.
Piia-Noora Kauppi,im Namen der PPE-DE-Fraktion. - (FI) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Das Wichtigste bei der morgigen Abstimmung ist es sicherzustellen, dass der Gemeinsame Standpunkt des Rates, der den Anwendungsbereich für die Patentierbarkeit von Software ausweitet, das Parlament nicht ohne Änderungen passiert.
Es hat eine außergewöhnlich große Menge an Problemen mit diesem Entwurf gegeben. Die Kommission und der Rat haben keinerlei Notiz von den Änderungsvorschlägen zu dem Richtlinienentwurf genommen, die eine Mehrheit im Parlament in der ersten Lesung eingebracht hat. Der deutlichste Beweis dafür findet sich auf der Internetseite Scadplus der Kommission. Dort heißt es wörtlich: „Der Gemeinsame Standpunkt des Rates vom Mai 2004 hat deshalb keine wesentliche vom Parlament geforderte Änderung übernommen.“ Das Parlament wurde also mit einem Schulterzucken übergangen. Das ist nicht die korrekte Art und Weise miteinander umzugehen, weder hier, noch bei irgendwelchen anderen Angelegenheiten im Verfahren der Mitentscheidung.
Ich hoffe, dass eine Mehrheit des Parlaments die vernünftigen Änderungsvorschläge zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates befürworten wird, die die Anforderungen an die Patentierbarkeit von Software zwingender beschreiben als das derzeit der Fall ist. Vor allem müssen wir verhindern, dass in Europa Patente auf Software als solche oder auf Geschäftsmodelleerteilt werden. In gewissem Sinne ist die gegenwärtige Praxis beim Europäischen Patentamt zu weit in eine Grauzone abgedriftet, in der es Patente auf unsicherer Grundlage erteilt.
Der Anwendungsbereich für die Patentierbarkeit von Software in Europa sollte nicht weiter ausgeweitet werden. Andererseits arbeitet die Mehrzahl der heutigen technischen Produkte mit Software, und Patente für ein technisches Erzeugnis sollten nicht einfach deshalb zurückgewiesen werden, weil Software Bestandteil des Produkts selbst ist. Ferner muss auch sichergestellt werden, dass Patente nicht dazu benutzt werden können, die Entwicklung kompatibler Software zu verhindern. Es ist gut, dass wir die Auffassung der Kommission in dieser Frage teilen.
Die Richtlinie sollte die europäische innovative Forschung und Produktentwicklung im Softwarebereich unterstützen. Das bedeutet, dass keine unnötigen Barrieren für die Entwicklung von Open-Source-Software errichtet werden sollten, wobei andererseits auch berücksichtigt werden muss, dass Patente für viele europäische Unternehmen von entscheidender Bedeutung sind. Wissenschaftliche Studien, sowohl bei uns als auch weltweit, haben jedoch gezeigt, dass Leistungen im Bereich der Forschung und Entwicklung nicht von Patenten oder von der Geographie abhängen. Die Wirtschaft wird die Entwicklung von Software dort betreiben, wo das Klima für Innovationen am besten ist, unabhängig vom Grad des Patentschutzes in einer bestimmten geographischen Region. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese patentierbare Software in Europa produziert werden muss: Sie kann sehr gut auch in Indien, in China oder sonst wo auf der Welt hergestellt und anschließend irgendwo anders patentiert werden.
Ziel der Richtlinie ist es, die Art und Weise der Registrierung von erteilten Softwarepatenten beim Europäischen Patentamt und in den Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Aus diesem Grunde bin ich dafür, dass die Richtlinie in Kraft gesetzt wird. Die allgemein bekannten Probleme mit Patentsystemen wie Langsamkeit, hohe Kosten und so weiter sind für diese Debatte nicht relevant, aber es ist jetzt ganz offensichtlich geworden, dass wir Gemeinschaftspatente brauchen. Ein solches Europäisches Gemeinschaftspatent sollte schnellstmöglich erarbeitet werden.
Ich halte es für wahrscheinlich, dass die Änderungen, die das Parlament morgen beschließen wird, uns in das Vermittlungsverfahren führen werden. Gleichzeitig möchte ich jedermann daran erinnern, dass das Parlament, falls es mit den Ergebnissen des Vermittlungsverfahrens nicht zufrieden ist, den gesamten Vorschlag auch nach Abschluss des Vermittlungsverfahrens immer noch zurückweisen kann. Unter keinen Umständen sollte zugelassen werden, dass eine schlechte Richtlinie verabschiedet wird.
Maria Berger, im Namen der PSE-Fraktion.– Herr Präsident! Ich möchte mich zunächst ebenfalls bei unserem Berichterstatter, Michel Rocard, sehr herzlich bedanken. Ich möchte auch unsere Berichterstatterin aus der ersten Lesung, Arlene McCarthy, in diesen Dank miteinschließen. Beide haben uns bei diesem schwierigen Gesetzgebungsverfahren bis zu diesem Punkt sehr gut geleitet.
Ich habe das Verfahren schon seit der ersten Lesung verfolgen können, und alles was sich zu diesem Entwurf einer Richtlinie über computerimplementierte Erfindungen abgespielt hat, ist nicht alltäglich für die legislative Arbeit auf der Ebene der Europäischen Union. Wir haben alle ein Ausmaß an Lobbying erlebt, das man entweder als unerträglich oder als gelebte Demokratie ansehen kann, ein Ausmaß an Beteuerungen, doch das Gleiche zu wollen, nämlich eine hohe Innovationsbereitschaft der europäischen Unternehmen. Dennoch sind wir uns kaum über eine konkrete Formulierung einig geworden.
Wir haben – und das hat sich hier jetzt wieder bestätigt – eine äußerst unflexible Haltung der Europäischen Kommission erlebt und einen Gemeinsamen Standpunkt des Rates, der nicht wirklich ein Gemeinsamer Standpunkt ist. Je länger und intensiver wir uns mit dieser Materie beschäftigen, desto deutlicher kommen zwei allgemeine Überlegungen zum Tragen. Es gibt Grenzen der Gesetzgebung, an die wir hier sicher gestoßen sind. Entweder wollen wir eindeutige und klare Begriffe und Vorgaben für die Anwendung schaffen, dann besteht aber die Gefahr, dass wir zu kurz greifen und zukunftsträchtige Entwicklungen ausschließen. Oder wir lassen Spielräume zu. Das geht dann auf Kosten der Rechtssicherheit und der Konsistenz der Gesetzgebung. Normalerweise löst sich dieser Konflikt durch ein funktionierendes Rechtsschutzsystem, das allen, ob klein oder groß, halbwegs faire Rechtsschutz- und Überprüfungsmöglichkeiten einräumt. Leider können wir in Europa in diesem Fall nicht davon ausgehen. Dringender als diese Richtlinie brauchen wir daher vielleicht ein wirklich europäisches Patentsystem und ein funktionierendes Rechtsschutzsystem auf europäischer Ebene, das allen, ob klein oder groß, gleichen Zugang bietet.
Meine Fraktion wird ihren endgültigen Standpunkt heute Abend festlegen; jedenfalls kann ich Ihnen versichern, dass wir mit großer Geschlossenheit hinter den Änderungsanträgen unseres Berichterstatters, Michel Rocard, stehen.
Toine Manders,im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, sehr geehrte Kommission, meine Damen und Herren! Mein Dank gebührt allen, insbesondere Herrn Rocard und Frau McCarthy, denen mit dieser Richtlinie ein kleines Wunder gelungen ist, einer Richtlinie, die gewaltige Spannungen erzeugt hat und bei der sich einige Strömungen ausmachen lassen, die stellvertretend für die unterschiedlichen Meinungen in diesem Hohen Hause stehen.
Grundlegendes Ziel dieser Richtlinie ist es, trivialen Patenten, die dem Europäischen Patentamt in München in den vergangenen Jahren durchgeschlüpft sind, einen Riegel vorzuschieben, einschließlich für Software als solche, die offenbar patentierbar ist. Soweit ich weiß, und darin sind wir uns alle einig, verfolgen wir mit dieser Richtlinie gemeinsam das Ziel, dies zu verhindern. Im Grunde soll diese Richtlinie also der Verbesserung und Stärkung von Artikel 52 des Münchner Übereinkommens dienen.
Als Anwalt habe ich den entsprechenden Artikel noch einmal nachgelesen. Die Rechtsvorschriften könnten nicht deutlicher gefasst sein als in Artikel 52 des Münchner Übereinkommens. Obgleich dieser Artikel in ganz einfachen Worten gehalten ist, wurde er leider in jedem Mitgliedstaat falsch oder zumindest anders ausgelegt, was in eine enorme Rechtsunsicherheit mündete.
Es gilt, triviale Patente zu verhindern, weil wir Innovation und Forschung und damit Wettbewerb und Beschäftigung in Europa schützen und stärken müssen. Ohne Vergütung wird es keine Erfinder geben. Und deshalb braucht es meines Erachtens ein faires Vergütungssystem für Erfinder, die ihre Ideen, ihr geistiges Eigentum, schützen können müssen. Andernfalls, so fürchte ich, werden nach der arbeitsintensiven Fertigung, die bereits jetzt gen China zieht, auch Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in großer Zahl abwandern, speziell multinationale Unternehmen, gefolgt von kleinen und mittleren Unternehmen. Wenn das geschieht, dann werden wir meines Erachtens noch bereuen, dass es in Europa derart schwierig ist, Rechtsvorschriften zu entwerfen, dass wir so hoffnungslos unentschlossen sind und dass wir nicht den Mut aufbringen, Rechtsvorschriften zu erlassen, die unsere Wettbewerbsfähigkeit weltweit stärken. Für unsere Kinder sowie für die künftigen Generationen fände ich es bedauerlich, wenn wir es nicht wagen voranzugehen. Ich hoffe deshalb, dass eine starke Richtlinie vorgelegt wird, und das scheint auch der Fall zu sein.
Worin liegt das größte Problem? Das größte Problem besteht darin, dass dieses Hohe Haus, die Kommission und der Rat keine demokratische Kontrolle über das Europäische Patentamt ausüben, und eben die wollen wir. Deshalb haben wir als Liberale Änderungsantrag 65 eingebracht, in dem wir die Ablehnung dieser gesamten Richtlinie fordern und die Kommission ersuchen, ein Europäisches Gemeinschaftspatent zu präsentieren, damit dieses Hohe Haus das Europäische Patentamt kontrollieren kann. Das EPA fällt dann in den Bereich der EU-Rechtsvorschriften, und wir würden, wie ich meine, über Rechtsinstrumente und eine rechtlich einwandfreie Organisation verfügen. Dann könnten wir, und das liegt vornehmlich im Interesse der kleinen und mittleren Unternehmen, für harmonisierte Rechtsverfahren sorgen und Klarheit schaffen.
Im Augenblick ist es so, dass einem kleinen Unternehmen, das wegen einer Patentverletzung klagen will, Kosten in Millionenhöhe entstehen, was sich ein Kleinunternehmen niemals leisten kann. Als Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa wird uns heute Abend hoffentlich ein gut ausgewogener Standpunkt gelingen, jedoch gebe ich auch die Hoffnung nicht auf, dass die gesamte Richtlinie morgen abgelehnt wird, damit die Kommission einen konstruktiven und fundierten Vorschlag für ein europäisches Patent vorlegen kann, das in eine Richtlinie wie diese eingebettet ist, so dass uns eine harmonisierte und ausgewogene Richtlinie zur Verfügung steht.
Eva Lichtenberger, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.– Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir entscheiden heute darüber, ob Innovation im Bereich von IT möglich sein wird und ob es dafür die notwendige Freiheit – geben wird. Freiheit für Klein- und Mittelbetriebe, sich zu entwickeln. Nun behaupten alle, dass sie das wollen, sowohl die Patentgegner als auch die Anhänger des Patentwesens.
Niemand sagt hier offen, dass er Software patentieren will. Der Unterschied liegt in den Änderungsanträgen selbst, nämlich darin, wie viele Hintertüren zur Patentierung von Software aufgemacht werden. Der Unterschied liegt darin, ob es eine klare Trennlinie gibt zwischen technischen Erfindungen, die natürlich weiterhin unter Patentschutz stehen sollen, und Software, die mit Copyright ohnehin schon geschützt ist. Die Frage ist: Gibt es zehn bis fünfzehn Hintertüren und gibt es Rechtsunsicherheit oder gibt es Freiheit für die Entwicklung von Klein- und Mittelbetrieben?
Wenn Sie sich heute für den Gemeinsamen Standpunkt des Rates entscheiden, dann entscheiden Sie sich für weit offene, sperrangelweit offene Scheunentore für das gesamte Patentwesen, das Schritt für Schritt in Europa den Markt erobern wird. Dann entscheiden Sie sich dafür, dass das TRIPS-Abkommen Software voll erfassen wird. Dann entscheiden Sie sich dafür, dass Ideen zur Handelsware werden, und das auf einem Markt, wo Klein- und Mittelbetriebe keinerlei Chance haben, mithalten zu können, weil die Streitkosten zur Entwicklung und zur Verteidigung von Patenten vor Gericht zu hoch sind. Es kann nicht sein, dass jeder Klein- und Mittelbetrieb dazu verdammt ist, sich einen Patentanwalt zu nehmen, um seine Innovationen zu verteidigen.
Wenn Sie sich aber für die 21 Änderungsanträge, die breit unterstützt werden, aussprechen, dann geben Sie innovativen und kreativen KMU room to move, also Raum und Chance zur Entwicklung. Mit den 21 Änderungsanträgen korrigieren wir den Fehler der Regierungen, die offensichtlich auf dem falschen Dampfer unterwegs waren und sich dem Druck der Industrie gebeugt haben.
Diese will – und hierüber müssen wir uns keine Illusionen machen – die volle Patentierbarkeit von Software, denn das gibt ein gutes Zubrot, das gibt eine volle Portokasse und das würde natürlich die Klein- und Mittelbetriebe, die Innovation aus dem Markt drängen. Das sieht man deutlich an einigen Annoncen, die z. B. von SAP oder anderen Betrieben geschaltet wurden, z. B. in European Voice. Schauen Sie sich das an, dann wissen Sie, was der Gemeinsame Standpunkt des Rates in Wirklichkeit bedeutet.
Mit den 21 Änderungsanträgen erreichen Sie, dass wir einen freien Markt haben, dass der Wettbewerb auf dem Markt stattfindet und nicht vor Gericht, und deswegen ersuche ich Sie: Unterstützen Sie diese 21 Änderungsanträge! Wir brauchen sie dringend für die Entwicklung europäischer Innovation.
Ilda Figueiredo, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Diese Aussprache ist in der Tat von enormer Bedeutung, denn es steht sehr viel auf dem Spiel. Die Freiheit der Gedanken, die technologische Innovation und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Europas sind in Gefahr, wie Wissenschaftler, Lehrkräfte, die Studentenschaft, viele Organisationen sowie kleine und mittlere Unternehmen zu Recht festgestellt haben.
Der vom Rat am 7. März dieses Jahres angenommene Gemeinsame Standpunkt ist ebenso inakzeptabel wie der am 20. Februar 2002 vorgelegte Richtlinienvorschlag. Das Parlament konnte sich zu der Sache am 24. September 2004 äußern, doch seine Meinung wurde vom Rat vollkommen übergangen, und das geht so nicht.
Wie wir seinerzeit gesagt haben, ist es falsch, Patente für Gedanken, für Wissen und – wer weiß, wo das enden wird – für das Leben selbst zu gewähren. Dementsprechend sind wir, wie wir auch seinerzeit zum Vorschlag für eine Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen angeregt haben, dafür, dass der Gemeinsame Standpunkt des Rates abgelehnt wird. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt die angemessenste Vorgehensweise, und nur so wird zu verhindern sein, dass Innovation und Wissen auf einen sehr gefährlichen Weg gelangen.
Das aktuelle Urheberrechtsschutzsystem bietet doch schon einen erheblichen Schutz für Autoren von Software und gibt ihnen die Kontrolle darüber, wie ihre Arbeit genutzt wird. Doch es ist falsch, die Möglichkeit auszuschließen, dass jeder, der sich auskennt, an einem Computer sitzen und die Software schreiben kann, die er will, oder dass Unternehmen spezielle Software für ihre besonderen Anforderungen entwickeln.
Das Recht zur Softwareentwicklung einigen wenigen zu überlassen hätte gefährliche Einschränkungen zur Folge. Wie wir gesehen haben, hat Software ja zur Entwicklung von Wirtschaftsbereichen beigetragen und es ermöglicht, viele Tätigkeiten zu relativ niedrigen Kosten zu automatisieren und zu vereinfachen. Mit einem Rechtsrahmen, bei dem Software durch Patente geregelt wird, ginge das nicht.
Unternehmen oder Privatpersonen wären gezwungen, vor der Programmierung neuer Software eine Gruppe von Fachanwälten einzuschalten, die dann prüfen, ob das Konzept vielleicht ein Patent verletzt. Darum ist das ein sehr riskantes Terrain. Im Gegensatz zu normalen Patenten, die eine Erfindung schützen, befördern Softwarepatente ja im Grunde die unangemessene Nutzung von Gedanken. Mit anderen Worten, Softwarepatente sind gleichbedeutend mit einem Angriff auf die Freiheit des Gedankens und auf die Fähigkeit der europäischen Wirtschaft, neue Konzepte zu erschaffen und zu entwickeln.
Letztlich läuft es doch darauf hinaus, dass Softwarepatente einfach Rechtsmechanismen sind, um die Entwicklung von Wissen und die Kapazitäten zur Innovation in den Händen großer multinationaler Konzerne wie Microsoft und anderer zu konzentrieren. Einzelne Personen und Kleinst- sowie kleine und mittlere Unternehmen hätten nicht das nötige Kleingeld, um sich vor Gericht gegen große Unternehmen im Streit um ein abstraktes Konzept zu behaupten.
Deshalb müssen wir diesen Standpunkt des Rates unbedingt ablehnen. Unsere Fraktion sieht keine Notwendigkeit für eine Richtlinie auf diesem Gebiet, aber sollte es dazu kommen, dann müssen wir zumindest sicherstellen, dass die Rechte der Menschen, innovative Konzepte zu entwickeln, und ihre Gedankenfreiheit geschützt werden. Wir hoffen, dass die Änderungsanträge, die unseren Namen tragen, angenommen werden.
Thomas Wise, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Unternehmer in der Computerbranche zählen weltweit zu den am liberalsten gesinnten Geistern. Ich weiß, wie ihnen angesichts dieser Richtlinie zumute sein muss. So wie jeder andere lehnen sie die Vorstellung eines alles reglementierenden Monolithen ab. Sie wissen, dass die EU genau so ein Monolith ist. Die Richtlinie ist typisch für das monolithische Vorgehen, dem sie sich zu widersetzen suchen.
Ich habe in den letzten Wochen hart daran gearbeitet, die kleinen und mittleren Betriebe aus der Computerbranche dabei zu unterstützen, gegen die Richtlinie zu kämpfen. Allerdings habe ich inzwischen erkannt, dass die vom Berichterstatter vorgeschlagenen Änderungen am grundsätzlichen Problem nichts ändern. Herr Rocard versucht nichttechnische Merkmale von computerimplementierten Erfindungen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herauszunehmen. Das ist an sich sehr löblich, doch strebt er nicht an, die Richtlinie insgesamt zu stoppen – im Grunde unterstützt er sie. Man könnte sagen, dass die kleinen Computerfirmen dann die Wahl zwischen Pest und Cholera haben werden.
In seiner Begründung geht Herr Rocard so weit, dass er den Standpunkt des Rates prinzipiell unterstützt. In seinen Änderungsanträgen wird der Gedanke der Harmonisierung nicht abgelehnt, sondern ausdrücklich unterstützt. In einem heißt es sogar, dass das Ziel der Richtlinie – nämlich die Harmonisierung der einzelstaatlichen Vorschriften zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen – von den Mitgliedstaaten nicht angemessen erreicht werden kann. Leider zählt Herr Rocard zu den Menschen, die – wie viele in der EU – meinen, dass das Europäische Patentamt ein Ableger der EU ist, dabei erstreckt sich seine Tätigkeit auch auf Staaten außerhalb der EU.
Ich lehne diese Richtlinie rundheraus ab. Aus diesem Grunde werde ich gegen sie und die Version von Herrn Rocard stimmen. Ich habe immer gesagt: Es muss sich um eine dumme Frage gehandelt haben, wenn die Antwort EU lautet. Eine Patentlösung sieht anders aus!
Brian Crowley, im Namen der UEN-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Zu Beginn möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Rocard, persönlich danken, der vor der äußerst schwierigen Aufgabe stand, hierfür Kompromisse und Vereinbarungen zu finden. Allerdings betrübt mich auch, sagen zu müssen, dass es mir nach so vielen Aussprachen zu diesem Thema sowohl im Ausschuss als auch hier im Hohen Haus so vorkommt, dass wir zur Realität außerhalb dieser Mauern offenbar überhaupt keine Tuchfühlung mehr haben.
Innovation ist die eigentliche Triebkraft unserer Volkswirtschaften. Wenn Redner sich dafür aussprechen, dass Softwarepatente von Dritten genutzt werden können, dann denken diese anscheinend, dass jeder selbst auf diese Ideen kommen kann und keinen Schutz oder eine Grundlage für diese Ideen benötigt. Was wir allerdings bei einigen der Abgeordneten, die Änderungsanträge vorgelegt haben, sowie anhand der Lobbyarbeit sehen können, die zu diesem Thema betrieben wurde – sie wollen einfach einen allgemeinen Wettbewerb und keinen Schutz innerhalb der Europäischen Union, doch wo würde das hinführen? Das würde damit enden, dass amerikanische, japanische oder andere Firmen dieselben Ideen patentieren, die von europäischen Softwareentwicklern und Erfindern stammen und ebendiese europäischen Innovatoren zwingen, sie zurückzukaufen.
Patente sind kein Schwert, sie sind ein Schild. Sie sind dazu da, Ideen zu verteidigen. Wir sollten sicherstellen, dass durch unsere Vorschriften und Bestimmungen garantiert wird, dass diese Erfinder über diesen Schutz und diese Rechte verfügen. Einige Reden in diesem Hohen Hause und einige Broschüren der Lobbyisten, die mich in den vergangenen Wochen zu dieser Angelegenheit erreicht haben, betreffen den Schutz von kleinen und mittleren Unternehmen. Ich möchte ein Beispiel anführen: In der innovativen Computerbranche Irlands gibt es 100 000 Arbeitsplätze, wovon 62 000 in kleinen und mittleren Unternehmen angesiedelt sind. Sie befürworten den Gemeinsamen Standpunkt in dieser Frage in vollem Umfang, und aus diesem Grunde möchten wir alle Abgeordneten dringend ersuchen, ihr Herz, vor allem aber ihr Gehirn zu befragen, welchen Schutz sie für ihre Ideen bevorzugen würden.
Es geht hier nicht um Harmonisierung, es geht vielmehr um die gegenseitige Anerkennung von 25 variierenden und unterschiedlichen Vorschriften in den Mitgliedstaaten mit dem Ziel, dass kleine Unternehmen und kleine Erfinder Rechtssicherheit und finanzielle Sicherheit erhalten, was den Schutz ihrer Ideen und deren Förderung betrifft.
Bruno Gollnisch (NI). – (FR) Herr Präsident, ist Software patentierbar? Für die Giganten der Informationstechnologie wie die US-Unternehmen IBM und Microsoft besteht daran kein Zweifel. Für die meisten innovativen KMU, aber auch mit der Softwareproduktion verknüpfte Berufe wie Programmierer, Forscher und selbständige Softwareentwickler würde die Patentierbarkeit von Software wahrscheinlich das Todesurteil bedeuten. Dieses schwere Dossier pendelt nunmehr seit über zwei Jahren zwischen dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat hin und her. Das Ergebnis dieses parlamentarischen Marathons könnte auf die Annahme einer – weiteren – Bolkestein-Richtlinie über die Patentierbarkeit von Software hinauslaufen.
Das Europäische Patentamt genehmigte im Widerspruch zu Geist und Buchstaben des Gesetzes über 30 000 Patente für mathematische Rechenprojekte oder Methoden zur Verarbeitung oder Anzeige von Daten. Häufig sind diese Patente ebenso weit gefasst, so trivial und so mit Nachteilen behaftet wie ihre Äquivalente in den USA. Meiner Ansicht nach muss die Patentierbarkeit von Software aus vielerlei Gründen abgelehnt werden, in erster Linie, weil die Informatik sich der Sprache bedient, und Wörter einer Sprache lassen sich nicht patentieren, denn andernfalls würden die anderen daran gehindert, sich der Sprache frei zu bedienen. Geschützt wird die spezielle Kombination dieser Wörter, und der Schutz wird über Urheberrechte gewährleistet, genau wie sich in der Musik der Schutz von Urheberrechten im Hinblick auf eine Partitur und nicht auf musikalische Noten erstreckt. Dies ist übrigens exakt der Grundsatz, der im Münchener Übereinkommen festgelegt wurde.
Weshalb sollte dieses bestehende Recht revidiert werden? Wozu das Urheberrecht abschaffen? Es abzuschaffen, würde die Entwicklung neuer Computerprogramme unmöglich machen. Ist es vorstellbar, in einem Land zu leben, wo man einem Unternehmen das alleinige Recht darauf zusprechen würde, ein Dokument mit fettgedruckter Überschrift, kursiven Untertiteln, Fortschrittsbalken, dem Einsatz des Doppelklick, dem elektronischen Warenkorb zu präsentieren, die in den USA bereits patentiert sind? Wir müssen der Kommission und dem Rat das Recht verweigern, die schöpferischen Neuerungen kleiner Softewarehersteller der Vernichtung preiszugeben.
Klaus-Heiner Lehne (PPE-DE).– Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Dank gilt dem Berichterstatter und den Schattenberichterstattern. Besonders herausheben möchte ich aber die Schattenberichterstatterin unserer Fraktion, Pia Noora-Kauppi, die sich in einer ganz hervorragenden Art und Weise darum bemüht hat, vernünftige Kompromisse und eine gute Lösung zustande zu bringen, und ein ungeheures Maß an Sachkompetenz bewiesen hat. Ich habe im Zusammenhang mit ihrer Arbeitsleistung, die sie hier erbracht hat, größte Hochachtung vor ihr.
Um noch einmal ganz deutlich klarzustellen, was auch in der Debatte im Rechtsausschuss deutlich wurde: Niemand, keine politische Gruppierung – für Einzelpersonen kann ich das nicht ausschließen – will Softwarepatente. Darum geht es auch gar nicht. Der Sinn dieser Richtlinie war es, in Europa eine Rechtsentwicklung wie in den USA zu unterbinden. Das ist der Zweck. Und der Gemeinsame Standpunkt erfüllt auch diesen Zweck.
Ende Mai haben wir eine Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern bekommen. Ähnlich wie das der Kollege vorhin für Irland gesagt hat, ist in Deutschland in dieser Region um München die größte Konzentration an kleinen und mittelständischen Softwareentwicklern, die dort ein Hearing veranstaltet haben. Das Ergebnis war ganz eindeutig: Der Gemeinsame Standpunkt erfüllt die festgelegten Voraussetzungen und löst die Probleme. Trotzdem kann man ihn natürlich verbessern.
Wir haben im Rechtsausschuss durch 39 Änderungsanträge eine ganze Reihe von entscheidenden Verbesserungen am Bericht Rocard vorgenommen. Wir haben Klarstellungen vorgenommen und neue Optionen geschaffen. Ich will nur auf die beiden Begriffe Interoperabilität und Technikdefinition hinweisen. Somit ist dieser Rechtsausschussbericht ein gemäßigter Bericht, der geeignet ist, die eventuell noch vorhandenen Probleme zu lösen. Die Anträge vom Berichterstatter Rocard und die Anträge, die andere Fraktionen hier vorgelegt haben, schießen weit über das Ziel hinaus.
Wir haben vor wenigen Monaten hier zusammengesessen und uns noch einmal dem Lissabon-Prozess verpflichtet. Kernelement des Lissabon-Prozesses ist eine wissensbasierte Gesellschaft in Europa. Wir haben keine Rohstoffe. Wir sind auf unser Gehirn, auf unser Wissen, auf die Fähigkeiten unserer Menschen angewiesen. Würden wir es zulassen, dass durch übertriebene Änderungsanträge eine Situation entsteht, in der ein Großteil der europäischen Hochtechnologie nicht mehr patentfähig ist, dann würden wir die Existenzgrundlage für künftige Generationen auf diesem Kontinent in Frage stellen. Aus diesem Grund ist eine solche Position nicht vertretbar und wird auch von der ganz großen Mehrheit meiner Fraktion nicht mit getragen.
Lassen Sie mich noch zu einem Punkt kommen, der von Bedeutung ist, nämlich die Frage der so genannten Zurückweisungsanträge zum Gemeinsamen Standpunkt. Wir werden über diese Option heute Abend in der Fraktion nachzudenken haben. Denn auch diese Option ist unter zwei Gesichtspunkten erwägenswert. Erstens: Es nützt uns nichts, wenn wir eine lange Vermittlung auf der Basis der Rechtsausschussanträge durchstehen müssen und am Ende eine einfache Mehrheit in diesem Hause in dritter Lesung die Richtlinie scheitern lässt. Zweitens: Wir wollen keine Richtlinie, die am Ende durch Änderungsanträge des Parlaments so negativ verändert wird, dass sie Schaden für den Lissabon-Prozess, Schaden für Europa verursacht. Wenn das passiert, dann lieber gar keine Richtlinie! Darum wird über diese Frage heute Abend auch in unserer Fraktion noch zu entscheiden sein.
Andrzej Jan Szejna (PSE).–(PL) Herr Präsident! Die Einführung von Patenten für Computersoftware wird nicht nur negative Auswirkungen auf die europäischen kleinen und mittelständischen Unternehmen, die wissenschaftliche Forschung und den gesamten IT-Sektor haben, sondern vor allem auch dem einfachen Bürger schaden, der auf seinem Schreibtisch einen Computer zu stehen hat und bereits für teure, geschützte Software kräftig zur Kasse gebeten wird.
Aus den Gutachten unabhängiger Sachverständiger geht hervor, dass der Gemeinsame Standpunkt des Rates die Patentierbarkeit von Computerprogrammen möglich machen würde. Mit dem Text, den das Parlament vor zwei Jahren erhielt, wird jedoch versucht, diese Möglichkeit durch die Hintertür einzuführen.
Der Rechtsausschuss hat hier Änderungsanträge verabschiedet, mit denen kein vernünftiger Kompromiss erzielt werden kann und in denen die umstrittensten und fragwürdigsten Abschnitte unangetastet bleiben, insbesondere was die dringlichste Frage angeht, nämlich was eigentlich patentierbar sein soll. Diese Anträge werden uns kaum helfen, von der viel zu liberalen Praxis des Europäischen Patentamts loszukommen, die derzeit bei der Prüfung von Erfindungen, bei denen Computerprogramme zur Anwendung kommen, vorherrscht. Zudem wurden in den Anträgen nicht die nützlichen Bestimmungen berücksichtigt, die in dem Entwurf einer Empfehlung für eine zweite Lesung am 29. April und 4. Mai 2005 enthalten sind und die zur Erarbeitung einer Definition hätten beitragen können, in der genau festgelegt ist, was als Erfindung angesehen wird und was nicht.
Es besteht die reale Gefahr, dass die Richtlinie keinen Harmonisierungseffekt haben wird, weil darin nicht nur die strittigsten Fragen ungeklärt bleiben, sondern bestehende Zweifel sogar noch erhärtet werden. Außerdem kann die Richtlinie als Beweis für die viel zu liberale Praxis angesehen werden, Lösungen, bei denen Computerprogramme zu Anwendung kommen, gemäß Artikel 52 Absätze 2 und 3 des in München unterzeichneten Europäischen Patentabkommens als Erfindungen einzustufen.
Es ist unsere Pflicht, uns bei der Abstimmung an den Tenor der ersten Lesung und der Ideen von Michel Rocard zu halten und die Entscheidungen unserer Kollegen aus der vorangegangenen Wahlperiode zu respektieren. Wir sollten dies nicht nur tun um sicherzustellen, dass ihre Arbeit nicht umsonst gewesen ist, sondern vor allem auch, um den freien Softwaremarkt sowie mittelständische Unternehmen zu schützen und Innovationen zu fördern. Zugleich sollten wir nicht vergessen, dass geistiges Eigentum auf dem Binnenmarkt ausreichend geschützt werden muss.
Sharon Margaret Bowles (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Die Frage der territorialen Begrenzung von mittelbaren Patentverletzungen ist der Grund dafür, weshalb Ansprüche auf Softwareprodukte ursprünglich verfasst und vom Europäischen Patentamt für zulässig erklärt wurden. Der neue Ansatz in meinem Änderungsantrag 66 schafft zwar Softwareansprüche ab und somit auch die Interessen, die sie hervorrufen, doch erweitert er die bereits in den meisten Mitgliedstaaten geltenden Bestimmungen zu den mittelbaren Patentverletzungen, um Importe aus China, Russland oder anderen Regionen abzudecken. Dieser Vorschlag passt gemeinsam mit jenen zur Überwachung des Europäischen Patentamts besser in den Kontext des Gemeinschaftspatents, wohin diese ganze Sache wirklich gehört, sowie dessen angemessene Verwaltung.
Herr Rocard, Ihre Änderungsanträge konzentrieren sich anstatt auf die riesige Liste wichtiger Technologien, die von computerimplementierten Erfindungen abhängig sind, auf nicht viel mehr als Programme auf Personalcomputern. In nahezu allen Bereichen der Technik werden programmierbare Geräte eingesetzt – von der Gärungssteuerung bei der Erzeugung von Antibiotika bis hin zur Luftfahrt oder Telekommunikation – eine endlose Liste. Programmierbare Geräte finden sich überall, in fast allem, was man anschließen oder einschalten kann, und Ihre Änderungsanträge betreffen auch Geräte und Methoden, nicht nur Software. Indem Sie die Datenverarbeitung einfach außen vor lassen, werden auch Signalverarbeitung und Digitaltechnik vernachlässigt. Information ist ein Terminus, der seit den Kindertagen des Rundfunks verwendet wird, um Signale von Geräuschen zu unterscheiden. Die angewandte Naturwissenschaft schließt die Ingenieurwissenschaften aus. Der Ausdruck „kontrollierbare Naturgewalten“ ist ein juristischer Albtraum für viele Mitgliedstaaten. Insgesamt wird durch Ihre Terminologie die Patentierbarkeit aus vielen Technologiegebieten, nicht nur aus der Programmierung, eliminiert.
Wenn jemand Änderungsanträge formulieren wollte, um die europäische Industrie, ob groß oder klein, lahm zu legen und zu zersplittern, könnte er nichts Bösartigeres ersinnen. Es tut mir leid, aber für die reale Welt der industriellen Technik sind Ihre grob gestrickten Änderungsanträge einfach nicht gut genug.
David Hammerstein Mintz (Verts/ALE). – (ES) Herr Präsident, diese irreführende und mehrdeutige Richtlinie ist ein Traum für Patentanwälte und gleichzeitig ein Albtraum für kleine Softwarefirmen, Verbraucher und die Meinungsfreiheit im Netz. Denn wir behandeln eine Richtlinie, die von über 90 % der kleinen Softwarefirmen in Europa abgelehnt wird. Wir haben es mit einer Monopolrichtlinie – einer echten Monopolrichtlinie – zu tun, denn es ist eine antiliberale Richtlinie.
Es ist eine Richtlinie, die eine Welt wie die der Rockefellers und Morgans zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts fördert. Es ist eine Welt, die nicht die kleinen europäischen Unternehmen begünstigt, deren Zahl in den weniger entwickelten Regionen Europas – wie zum Beispiel in Extremadura, in Spanien – häufig im Wachsen begriffen ist, wo hunderte und aberhunderte neuer Softwarefirmen entstehen. Diese Unternehmen sind bedroht, ebenso wie die in Polen und in allen Ländern der Erweiterung.
Hier wurde sehr viel gelogen. Es wurde gesagt, wir seien gegen Patente im Bereich der technischen Software: Das stimmt nicht. Wir sind natürlich dafür, wenn es um die physische Welt, die Kräfte der Natur geht, um eine Waschmaschine, ein Kraftfahrzeug … Niemand ist gegen diese Patente. Aber wir sind sehr wohl gegen Patente, die eine echte Bedrohung des Informationsflusses und der Innovation darstellen. Es wurde viel über Innovation gesprochen. Man hat die uneingeschränkte, freie Patentierbarkeit mit Innovation verwechselt, was zwei völlig verschiedene Dinge sind.
Was wir verteidigen, ist das Recht, Software zu entwickeln, die Industrie zu entwickeln. Und diese Richtlinie wird Beschränkungen und viele Hindernisse für eine wirkliche Innovation auf dem europäischen Kontinent schaffen.
Wir glauben, dass wir Anspruch auf eine Welt der Software, eine Welt des Unternehmertums, eine Welt für die Verbraucher haben, die der wirklichen Innovation offen steht.
Umberto Guidoni (GUE/NGL).–(IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Obwohl in dem Gemeinsamen Standpunkt bekräftigt wird, dass man die Patentfähigkeit von Software als solcher ausschließen wolle, werden faktisch die Bedingungen aufgestellt, um die Patentierung von Software-Algorithmen zu erreichen.
Im Unterschied zum Urheberrecht, das das gesamte Computerprogramm schützt, würde die Patentierbarkeit von Software ein Monopol auf die Anwendung der allgemeinen Anweisungen ermöglichen. Durch die Patentierbarkeit dieser Algorithmen in einem komplexen Programm, das nichts anderes ist als eine Kombination Tausender von Anweisungen, könnten gleichzeitig Hunderte Patente verletzt werden. Beispielsweise würde Linux, das inzwischen in verschiedenen Programmen auch von den öffentlichen Verwaltungen verwendet wird, 283 US-amerikanische Patente verletzen. Die Einführung der Bestimmungen über die Patentierbarkeit könnte daher, zumindest in Europa, das Ende der freien bzw. der quelloffenen Softwarebedeuten.
Würde die Patentierbarkeit von Software, die nachdrücklich von den multinationalen US-Gesellschaften und von den vom US-amerikanischen Monopol profitierenden europäischen Ländern angestrebt wird, gebilligt, käme es zu einer Kostenverlagerung vom Technologie- und Innovationsbereich auf den rechtlichen und den Versicherungsbereich. All das würde dazu beitragen, dass die kleinen und mittleren Unternehmen aufgrund der Kosten und der komplizierten Rechtslage vom Prozess der Softwareentwicklung ausgeschlossen werden. Alles in allem gäbe es weniger Wettbewerb und weniger Innovationstätigkeit, und die europäischen Verbraucher müssten einen höheren Preis bezahlen und hätten eine geringere Wahlmöglichkeit.
Die Lissabon-Strategie zum europäischen Wirtschaftsmodell vereinigt technologische Innovationen, Wettbewerbsfähigkeit und Solidarität. Der Standpunkt des Rates geht jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Mit der Richtlinie über die Patentierbarkeit von Software wird das Recht auf den freien Wissensverkehr angegriffen und das Ziel einer für alle zugänglichen Informationsgesellschaft in Frage gestellt.
Aus diesem Grund wird der Kampf gegen die Patentierbarkeit von Software, den wir in diesem Parlament führen, zu einem Kampf für Freiheit und Demokratie.
Johannes Blokland (IND/DEM). – (NL) Herr Präsident! Uns liegt deshalb ein Vorschlag für Patente für softwarebezogene Innovationen vor, weil die gegenwärtige Praxis zu wünschen übrig lässt. Widerstrebende Auffassungen darüber, ob Software patentierbar ist oder nicht, lassen den Rechtsrahmen mehrdeutig werden, und der logische Weg nach vorn scheint daher die Einführung einer neuen Rechtsvorschrift auf diesem Gebiet zu sein. Es stellt sich die Frage, ob der Gemeinsame Standpunkt eine ausgewogene Lösung bietet, die sowohl großen als auch kleinen Unternehmen gerecht wird. Leider sahen sich selbst Sachverständige nicht imstande zu erklären, ob die Richtlinie der Innovation in kleinen und mittleren Unternehmen zuträglich ist oder ob sie nachgerade Hindernisse vor ihnen auftürmt und Innovation erschwert. Die Furcht vor unerwünschten Folgen konnte kleinen Unternehmen nicht genommen werden, für die die folgenden drei Aspekte von entscheidender Bedeutung sind.
Zunächst die Zugänglichkeit von Patentanmeldungen. Die mit der Anmeldung eines Patents verbundenen Kosten sind unerschwinglich, und dafür bietet die Richtlinie keine Lösungen. Zweitens, der Grad, in dem sich kleine und mittlere Unternehmen schützen können, wenn sie ein Patent besitzen. Ist es ihnen praktisch möglich, ständig zu überwachen, ob ein anderes Unternehmen eine Verletzung begeht? Außerdem verfügen sie nicht über die personellen und finanziellen Mittel, um sich vor dem Vorwurf der Verletzung von Patenten anderer Unternehmen zu schützen. In dieser Form birgt die Richtlinie die Gefahr einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit softwarebezogenen Innovationen in sich. Drittens wäre da das Problem hoher Lizenzgebühren, wenn Kleinunternehmen Software von Patentinhabern nutzen. Überdies ist nicht klar, wie sich die Richtlinie auf die Verwendung und Entwicklung von Open-Standard-Software auswirken würde.
Das Europäische Parlament war zwar bemüht, diese Problemfelder mit Änderungsanträgen aufzugreifen, jedoch fanden diese Anträge beim Rat wenig Anklang. Da der nunmehr vorliegende Gemeinsame Standpunkt nicht überzeugt und der Rat offensichtlich nicht willens ist, seine Meinung nachträglich zu ändern, sollte der Gemeinsame Standpunkt abgelehnt werden.
Roberta Angelilli (UEN).–(IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Innovation und Forschung müssen ein gemeinsames Gut und dürfen kein Privileg einiger Weniger sein.
Deshalb muss energisch bekräftigt werden, dass die Patentierbarkeit von Software als solche verhindert werden muss. Es ist wichtig, an diesen Grundsatz zu erinnern, um zu einer Richtlinie zu gelangen, die einen goldenen Mittelweg zwischen einer zügellosen Patenterteilung, die Innovation und Wettbewerb zu lähmen droht, und der Notwendigkeit eines angemessenen Schutzes für denjenigen darstellt, der mit seiner Erfindung einen wirklichen Mehrwert auf dem Markt erzielen kann.
Außerdem fordern wir, dass die Anforderungen an die Patentierbarkeit so gewissenhaft wie möglich geprüft und dabei die Neuartigkeit, die Originalität und die gewerbliche Anwendbarkeit berücksichtigt werden. Nur so kann eine übermäßige Ausweitung der ausschließlichen Rechte zum Nachteil der kleinen und mittleren Unternehmen und somit eine Zunahme der Patentstreitigkeiten, wie sie seit nunmehr 15 Jahren in den USA zu verzeichnen ist, verhindert werden.
Abschließend möchte ich hervorheben, dass wir die Idee von der Einrichtung eines Fonds zur finanziellen, technischen und administrativen Unterstützung von auf die Patentfähigkeit abzielenden KMU begrüßen. Insbesondere halten wir es für erforderlich, ein entsprechendes europäisches Patentsystem zu schaffen, das darauf ausgerichtet ist, den gleichberechtigten Zugang für die kleinen und mittleren Unternehmen zu gewährleisten.
Luca Romagnoli (NI).–(IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Binnen weniger Jahre hat es der stetige Ideenfortschritt im Sektor der Informationstechnologien ermöglicht, die Gräben in Technologie und Information zu verringern.
Durch die Patentierbarkeit von Software wird die freie Erfindung – die bisher auch ohne große finanzielle Mittel möglich war – erstickt, um ein Monopol auf die Verwendung allgemeiner Techniken zu schützen. Das ist das Ergebnis eines kommerziellen Absolutismus und politisch äußerst gefährlich.
Es handelt sich um eine gravierende Beschneidung der Freiheit der Gedanken und deren Neuauslegung, die lediglich dazu dient, die Unternehmen und die öffentlichen Verwaltungen als Geiseln der Microsoft-Lobby und der wenigen außereuropäischen Multis zu behalten.
Patente sind eine Gefahr für die Entwicklung von quelloffener Software und ein Nachteil für alle italienischen und europäischen Informations- und Kommunikationsunternehmen – wobei es sich vor allem um kleine und mittlere oder sogar um Kleinstunternehmen handelt –, und sie sind unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten schädlich für die Diversifizierung der Computersysteme der Verwaltungen.
Um der Freiheit der wissenschaftlichen Forschung, des Rechts auf Kultur- und Wissensverbreitung sowie des Schutzes der individuellen Grundrechte willen müssen wir Europa vor der Patentierbarkeit von Software bewahren und die auf ihre Einführung abzielende europäische Richtlinie verhindern, indem wir die von den Herren Buzek, Rocard und Duff eingereichten Änderungsanträge annehmen.
Giuseppe Gargani (PPE-DE).–(IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Vorsitzender des Rechtsausschusses fühle ich mich besonders verpflichtet, Herrn Rocard, Frau Kauppi und Herrn Lehne zu ihrer Arbeit zu beglückwünschen, aber auch all jene, die sich in diese äußerst schwierigen Verhandlungen eingebracht haben.
Ich muss sagen, dass der Rechtsausschuss einen akzeptablen Ausgleich gefunden hat, der den kulturellen Weichenstellungen und der Debatte, die bisher in diesem und in anderen Gremien stattgefunden hat, gerecht wird. Selbstverständlich muss ich diesen Ausgleich verteidigen, weil er ein Ergebnis ist, das vom Parlament erzielt wurde.
Ebenso wie alle anderen, die sich dieser Materie verschrieben haben, halte auch ich eine Richtlinie zur Harmonisierung im Bereich der Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen für zweckmäßig, wenn ihr Ziel darin besteht, die aus der unterschiedlichen Auslegungspraxis der Patentämter der Mitgliedstaaten resultierenden Unklarheiten und Unsicherheiten zu beseitigen und den Anwendungsbereich eines solchen Schutzes genau festzulegen.
Gleichwohl muss berücksichtigt werden, dass die Annahme der Richtlinie über die Patentierbarkeit dem technologischen Innovationsprozess nur dann einen Impuls verleihen kann, wenn zwei grundlegende Fragen gelöst werden. Erstens muss die Unklarheit in Bezug auf den Begriff des „technischen Beitrags“ beseitigt werden, weil sie die Wirksamkeit der Richtlinie als Instrument zur Harmonisierung der Verfahren der Patenterteilung zunichte machen würde. Zweitens muss eine klare und wirksame Bestimmung zur Frage der Interoperabilität angenommen werden, die die Entwicklung standardisierter Lösungen im IKT-Bereich verhindert.
Das Harmonisierungsziel kann nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen erreicht werden, auf denen das bestehende Patentsystem beruht, das sich im Laufe der Jahre als ein geeignetes Instrument und wirksamer Anreiz für die Industrie erwiesen hat, und zwar sowohl für die kleinen als auch für die großen Unternehmen. Man denke nur an die immer häufigere Angleichung zwischen Informationstechnologie und Telekommunikation, die das Anbieten und die Nutzung integrierter Softwarepakete und computerimplementierter Dienste durch die Unternehmen ermöglicht. Um eine entsprechende Entwicklung dieser neuen Pakete zu gestatten, muss die Möglichkeit sichergestellt werden, den Urheberrechtsschutz mit dem Patentschutz für computerimplementierte Erfindungen zu kombinieren, ohne dass die Software patentierbar ist.
Besonders in diesen schwierigen Zeiten muss Europa das Problem der Wettbewerbsfähigkeit angehen. Das Patent muss der europäischen Wirtschaft und den europäischen Bürgerinnen und Bürgern von Nutzen sein. Eine unklare Richtlinie würde den außereuropäischen Unternehmen zum Vorteil gereichen, und wir würden unserer Aufgabe und unserer Verpflichtung im Zusammenhang mit der Lissabon-Strategie, mit dem viel diskutierten neuen Gesellschaftsprojekt und der Entwicklung nicht gerecht werden.
Wie ich bereits sagte, hat die Kommission eine wertvolle Arbeit geleistet, weil sie fähig war, über den Gemeinsamen Standpunkt hinauszugehen. Dem Parlament fällt nun die Aufgabe zu, den Text zu vervollkommnen und die Unklarheiten zu beheben. Geschieht dies nicht, wird die Kommission für einen nicht sektorbezogenen, quasi unmöglich auszuarbeitenden Vorschlag verantwortlich sein, anstatt für einen komplexen Gesamtvorschlag zur Patentierung, der auch die kleinen und mittleren Unternehmen zufrieden zu stellen vermag.
Dies möchte ich sowohl dem Parlament als auch der Kommission nahe legen.
Manuel Medina Ortega (PSE). – (ES) Herr Präsident! Mein Vorredner, Herr Gargani, äußerte seine Besorgnis über die Ausgewogenheit des Standpunkts, den wir zu diesem Richtlinienentwurf einnehmen. Ich glaube, der Berichterstatter, Herr Rocard, und Frau Berger haben in ihrem Änderungsantrag 53 deutlich gemacht, welches die Ziele dieser Ausgewogenheit sein müssen, indem sie sagen, dass „die Bedingungen für die Erteilung von Patenten und die Modalitäten ihrer Durchsetzung sorgfältig gestaltet werden müssen. Insbesondere müssen unvermeidbare Begleiterscheinungen des Patentsystems, wie die Beschränkung der schöpferischen Freiheit, der Benutzerrechte oder die Rechtsunsicherheit und die gegen die Wettbewerbsfähigkeit gerichteten Wirkungen, in vernünftigen Grenzen gehalten werden.“
Die von Herrn Rocard und Frau Berger eingebrachten Änderungsanträge richten sich auf die Beibehaltung dieser Ausgewogenheit, vor allem in Bezug auf die computerimplementierten Erfindungen: Wir sprechen hier nicht über Computererfindungen. Die Computererfindungen – die Computerprogramme – werden bereits durch eine Richtlinie der Gemeinschaft aus dem Jahre 1991 geschützt, in der die geistigen Eigentumsrechte oder, wenn Sie so wollen, die Urheberrechte festgelegt wurden. Und diese Richtlinie ist in Kraft.
Wir reden hier über etwas völlig Anderes: Erfindungen, die von Computern angewendet werden oder die, wie es in einigen Änderungsanträgen heißt, computergestützt sind, das bedeutet, von Geräten, die Computerprogramme verwenden. Wir müssen sehr vorsichtig sein, um diese beiden Dinge nicht zu verwechseln und dadurch die Ausübung oder Entwicklung der schöpferischen Tätigkeit per Computer zu verhindern.
Besonders der von Herrn Rocard und Frau Berger eingereichte, auf die Beibehaltung des Rechts auf die Interoperabilität der Computerprogramme gerichtete Änderungsantrag 50 ist sehr wichtig. Die Tatsache, dass ein Patent zu einem bestimmten Aspekt eines Computerprogramms existieren kann, darf nicht die schöpferische Freiheit oder die Verwendung von Computerprogrammen für die weitere Entwicklung verhindern. Diese im Änderungsantrag 50 verteidigte Interoperabilitätsklausel wird auch in einem etwas anders lautenden Text – dem Änderungsantrag 68 – von Frau Mann, Frau McCarthy und Frau Roth-Behrendt vertreten.
Schließlich müssen wir auf jeden Fall verhindern, dass die Entwicklung, das Experimentieren, die Herstellung, der Verkauf, die Lizenzgewährung und der Import von Programmen, die zur Sicherstellung der Interoperabilität eine patentierte Technik verwenden, als Patentverletzung angesehen werden. Kurz gesagt, die von Herrn Rocard und Frau Berger eingebrachten Änderungsanträge sind darauf gerichtet, die Möglichkeit der schöpferischen Tätigkeit auf diesem Gebiet zu erhalten und zu gewährleisten, dass, wo immer möglich, Projekte wie das in Spanien von der Junta de Extremadura implementierte LinEx-Projekt zum Nutzen schöpferischer Innovation innerhalb der Europäischen Union weiterentwickelt werden können.
VORSITZ: JACECK EMIL SARYUSZ-WOLSKI Vizepräsident
Vittorio Prodi (ALDE).–(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Patente sind ein wichtiges Element des technologischen Fortschritts. Allerdings muss auf die ursprüngliche Bedeutung des Paktes zwischen dem Erfinder und der Gesellschaft zurückgegangen werden, wonach der Erfinder das vorübergehende Monopol auf die Verwertung der Erfindung besitzt, während der Gesellschaft die aus der vollständigen Offenlegung des Patentinhalts resultierende Vermehrung des Wissens und somit die Basis für weiteren Fortschritt zugute kommt.
Meines Erachtens sollte man analysieren, wie bestimmte Patente eingereicht werden. Ich meine nämlich, eine zunehmende Tendenz zur Verschwommenheit der Patente festzustellen, just um möglichst umfassende Ansprüche zu behalten. Mir scheint, dass die Anwaltskanzleien die Oberhand gewonnen haben und dass der Verlierer in diesem Spiel die Gesellschaft im Ganzen ist. Das muss insbesondere in Bezug auf die Software hervorgehoben werden. Tatsächlich sind viele der erteilten Patente nichts anderes als eine vage Beschreibung eines logischen Prozesses.
Ich bin der Ansicht, dass der durch das Urheberrecht gewährte Schutz für Software ausreichend ist. Deshalb habe ich viele der von Herrn Rocard eingereichten Änderungsanträge unterstützt, und ich danke ihm an dieser Stelle für sein Engagement als Berichterstatter. In diesem Zusammenhang meine ich sogar, dass die Schutzdauer verkürzt werden könnte. Wenn jedoch der Erfinder einen stärkeren Schutz anstrebt, wie etwa den Patentschutz, wird er um eine vollständige Offenlegung der Erfindung nicht herum kommen und diese zur verbindlichen Grundlage der Ansprüche machen müssen. Das gilt auch, mehr im Allgemeinen, um die mögliche Rechtsunsicherheit einzuschränken.
Unter diesem Gesichtspunkt muss dass Parlament nach meinem Dafürhalten eine entscheidendere Rolle zur Stärkung der Union spielen, auch durch die Festlegung eines Gemeinsamen Standpunktes gegenüber dem Europäischen Patentamt.
Ich persönlich befürworte eine Reform zur Vereinfachung der Verfahren, auch in Verbindung mit der Verwendung einer einzigen Sprache, d. h. des Englischen, und durch Regeln, die es auch den kleinen und mittleren Unternehmen ermöglichen, dieses wichtige Instrument zu nutzen.
Rebecca Harms (Verts/ALE).– Herr Präsident! Ich muss Ihnen sagen, dass die ganze Diskussion um Software-Patente in diesem Haus zu einem großen Teil im Widerspruch zu dem steht, was sonst mantraartig aus den europäischen Institutionen auf dem Kontinent verbreitet wird, besonders auch durch die Initiativen der Kommission und des Rates, nämlich, dass wir alles tun wollen, um vitale Interessen von kleinen und mittelständischen Unternehmen zu schützen.
In Europa konnte sich die Software-Branche gestützt auf Regelungen – vollkommen ausreichende Regelungen zum Urheberrecht, zum Reverse Engineering und in bestimmten Bereichen auch zurückgreifend auf Patente – sehr gut und erfolgreich entwickeln. Warum brauchen wir diese neuen Regelungen überhaupt? Es wird so viel über Überregulierung diskutiert. Wenn Sie tatsächlich bei den Software-Patenten das tun, was derzeit erörtert wird, dann nützen Sie nur zwei, drei großen Unternehmen, hauptsächlich Microsoft und SAP, also einem amerikanischen und einem großen deutschen Unternehmen, vielleicht auch noch Siemens und solchen Kategorien von Unternehmen. Aber Sie schaden den vitalen Interessen von vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in den letzten Jahren sehr erfolgreich waren.
Was hier als Software-Patentregulierung diskutiert wird, könnte eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sein, und zwar für Juristen. Anwälte werden viel zu tun haben, wenn wir das nicht zurückweisen, was heute von uns verlangt wird.
Vittorio Agnoletto (GUE/NGL).–(IT) Herr Präsident,meine Damen und Herren! Ungeachtet der offiziellen Erklärungen wurde in Artikel 2 eine Änderung eingefügt, um zu erreichen, dass der Patentschutz auch die in einem Computer enthaltene Software umfasst.
Das öffnet die Tür zur Patentierbarkeit von Software. Das ist so, als wäre es eines Tages möglich, Tonleitern, Noten und Akkorde zu patentieren. Es ist das Gleiche, als würde die Fünftonleiter patentiert, wodurch plötzlich ein Großteil der Bluesmusik dieses Patent verletzen würde und alle Komponisten Gebühren an denjenigen zahlen müssten, der es angemeldet hat.
Es wurden schon Patente für Ideen eingereicht, die nicht neu sind, wie für den Mausklick zur Durchführung eines Befehls oder den Ungleichheitsoperator in quelloffener Software, sowie für andere banale Ideen, die heute praktisch in jedem im Verkehr befindlichen Softwarepaket zur Anwendung kommen.
Würde die Interoperabilität durch Patente für Computerprogramme behindert und der Verbraucher dazu gedrängt, immer und ausschließlich Erzeugnisse desselben Herstellers zu erwerben und zu verwenden, hätte dies außerdem vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht erhebliche Auswirkungen. Kein Unternehmen darf durch patentierte Software eine Monopolstellung erlangen. Einer kleinen Firma würden enorme Kosten entstehen, zum einen, um keine Patentverletzung zu begehen, und zum anderen, um ihre eigenen Erzeugnisse vor Gericht zu verteidigen. Der Wettbewerb würde somit nicht mehr allein auf dem Markt, sondern auch vor Gericht erfolgen.
Denken wir nur an all die Forschungsinstitute an Hochschulen und Krankenhäusern, die heute dank des Fehlens dieser Richtlinie Forschungen durchführen und dabei an der Software sparen, weil sie von den Instituten selbst erfundene und somit kostenlose Programme oder alternative Software verwenden, die wesentlich billiger ist als Microsoft-Produkte. Ohne Softwarepatente könnte Europa die Kosten niedrig halten, die Innovation anstoßen, die Sicherheit verbessern und Arbeitsplätze schaffen.
Der Schlagzeile der Harvard Business Review „Patente sind intelligente Bomben“ würde ich hinzufügen „gegen die Möglichkeit einer zukünftigen Interaktion zwischen unterschiedlichen Kulturen und Welten“.
Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Die Programmierung von Software ist für meine Wähler in Irland von herausragender Bedeutung. Und zwar so sehr, dass ich förmlich säckeweise Post erhalten habe, in der ich gebeten werde, in der einen oder anderen Weise zu stimmen. Es ist beileibe nicht einfach, die Nuancen und Auswirkungen unserer Entscheidung zu begreifen. Worüber wir heute sprechen, ist – um es einfach auszudrücken – das Eigentum an Ideen. In der Software sind die großen Ideen von gestern die Bausteine für die großen Ideen von morgen. Diese Ideen können von allen genutzt werden, um die Wissenschaft voranzubringen und den Fortschritt zu beschleunigen.
Das Schöne an der Softwarebranche ist unter anderem, dass ein einzelner Programmierer sich hinsetzen und ein interessantes Programm schreiben kann. Das kann er anderen geben, entweder gegen eine Gebühr, oder er stellt es als Open Source frei zur Verfügung, damit jeder es nutzen und erweitern kann. Von der Sache her ist dies ganz unkompliziert, und Millionen anderer tun genau das Gleiche wie er. Dadurch sind Innovationen bis heute beschleunigt worden, und sie haben die Informationsgesellschaft und den heutigen Stand der Technik vorangetrieben.
Wie viel Innovation wird es Ihrer Meinung nach geben, wenn dieser einzelne Programmierer ein ganzes Team von Patentanwälten beschäftigen muss? Wenn wir hier morgen beschließen, dass Software patentiert werden darf, dann könnten Programmierer in ganz Europa möglicherweise zu Gesetzesbrechern werden, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, bis es zu spät ist. Wenn wir Patente zulassen, wie viel von der Kreativität und Freiheit des Denkens wird erstickt durch die Furcht vor Verletzung eines der Hunderttausende von Patenten, die es dann geben wird? Durch die Registrierung oder den Erwerb von Patenten werden die eigentlichen Werkzeuge kontrolliert, die der Programmierer einsetzen muss, um als solcher existieren zu können. Ich ersuche die Abgeordneten dringend, keinen Änderungsantrag zu unterstützen, der der Patentierbarkeit freie Bahn verschafft. Das wird uns in die bestmögliche Verhandlungsposition beim Rat versetzen.
Marcin Libicki (UEN).– (PL)Herr Präsident! Genauso wie ein Arzt seinem Patienten keinen Schaden zufügen sollte, darf dieses Parlament auch seinen Wählern nicht schaden. Unser Hauptanliegen sollte darin bestehen, die Freiheit, insbesondere die Wirtschaftsfreiheit, zu gewährleisten.
Dies wirft die Frage auf, ob in diesem Bereich überhaupt irgendwelche Bestimmungen erforderlich sind. Müssen wir angesichts der beispiellosen Entwicklungen auf dem Softwaremarkt in den vergangenen zehn Jahren jetzt wirklich ausführliche Vorschriften zu seiner Regulierung einführen? Es läuft doch alles ganz gut, weshalb sollten wir uns da jetzt also einmischen? Die erzielten wirtschaftlichen Erfolge sind nicht von der Hand zu weisen, und jegliche neue Bestimmungen, die wir jetzt verabschieden, würden künftigen Erfolgen nur im Wege stehen.
Wettbewerb ist unerlässlich, denn er stellt die „Hefe“ oder besser gesagt die Triebkraft des wirtschaftlichen Erfolgs dar. Es stimmt zwar einerseits, dass große Unternehmen bessere Möglichkeiten haben, neue Forschung zu betreiben als kleinere Unternehmen. Andererseits ist es aber auch so, dass große Unternehmen, sobald sie eine Monopolstellung innehaben, oft der Lethargie und der Stagnation zum Opfer fallen. Monopole sind dem wirtschaftlichen Erfolg nie förderlich, ganz gleich, ob es sich um staatliche Einrichtungen oder Großunternehmen handelt. Wenn wir über diesen Bericht abstimmen und vor allem wenn wir über die Änderungsanträge zu diesem Bericht abstimmen, müssen wir darauf achten, dass wir den großen Unternehmen nicht zu einer Monopolstellung verhelfen, denn das hätte überaus schädliche Auswirkungen.
Wir müssen insbesondere daran denken, dass wir den kleinen und mittelständischen Unternehmen in unserem Streben nach wirtschaftlichem Erfolg keinen Schaden zufügen. Vor allem aber sollten wir nicht den einfachen Nutzer von Computerprogrammen schädigen, denn dies würde ja in niemandes Interesse liegen.
Wir sind für den Schutz von Freiheit und wirtschaftlichem Erfolg und nicht für Bevormundung und Lethargie.
Sergej Kozlík (NI). – (SK) Es kommt nur eine Richtlinie in Betracht, in der eindeutig die notwendigen Kriterien zur Unterscheidung patentierbarer computerimplementierter Erfindungen von nichtpatentierbaren Erfindungen geschaffen werden, was einen wirksamen Schutz solcher Erfindungen in den Mitgliedstaaten der EU bietet. Die Richtlinie sollte Versuche zur Patentierung nichtpatentierbarer Gegenstände, wie beispielsweise triviale nichttechnische Verfahren oder Handelsmethoden, sowie die Patentierung reiner Software ausschließen.
Der wesentliche Punkt findet sich in den Änderungsanträgen, in denen der Ausdruck computerimplementierte Erfindung durch den Ausdruck computergesteuerte Erfindung oder computergestützte Erfindung ersetzt werden soll, in denen das Konzept des technischen Beitrags bestimmt wird und in denen, genauer gesagt, auch die Begriffe definiert werden, die zur Beurteilung des technischen Charakters der Erfindung ausschlaggebend sind. Ferner wird darin klar festlegt, dass die Rechte für reine Software oder sogar für Medien nicht unzulässig sind. Ansonsten werden wir den Verordnungsentwurf nicht unterstützen können.
Hans-Peter Mayer (PPE-DE).– Herr Präsident! Man sagt, wir reden über eines der umstrittensten Gesetze. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn die Hälfte dafür und die Hälfte dagegen wäre. Hier verhält es sich aber ganz anders, hier ist eine große Mehrheit des Parlaments für das Ziel des Gesetzes, nämlich den klaren Grundsatz: Reine Software ist nicht patentfähig.
Es bleibt beim Schutz der Software über das Urheberrecht. Selbst dort werden natürlich nicht einzelne Zeilen geschützt, sondern das Werk insgesamt, wie in einem Buch nicht einzelne Sätze geschützt werden, sondern das Buch insgesamt. Was wir aber natürlich in unserer Wirtschaft brauchen, sind Patente. Patente sind ein Anzeichen, ein Indikator wissensbasierter Wirtschaft. Es geht dabei um technische Entwicklungen, Erfindungen mit zusätzlichen Anforderungen wie Neuheit und Ähnliches, auch wenn sie computergestützt, computerimplementiert oder computergesteuert sind.
Warum brauchen wir dieses Gesetz? Wir brauchen es, um nicht Verhältnisse wie in den USA zu bekommen. Wir wissen doch, dass wir schon über 30 000 Patente auf Software haben, und wir wollen das für die Zukunft verhindern. Deswegen brauchen wir das Gesetz. Wir sichern uns ja mit Recht ab, über ein Monitoring durch die Kommission. Die Kommission muss uns in drei Jahren berichten. Gibt es tatsächlich noch Hintertürchen, auch wenn wir versucht haben, sie mit den letzten Kompromissen zu schließen? Und wenn es noch solche Hintertürchen gibt, dann muss uns die Kommission darüber berichten, ebenso wie über die Open-Source-Bewegung, damit wir uns in drei Jahren damit beschäftigen können und eventuelle Hintertürchen noch schließen können.
Die Sache ist also jetzt noch nicht abgeschlossen, nicht nur, weil wir noch mit dem Rat eine Einigung erzielen müssen, sondern auch, weil wir weiterhin die Anwendung unseres Gesetzes beobachten und uns weitere Schritte in drei Jahren aufgrund der Anwendung des Gesetzes vorbehalten.
Arlene McCarthy (PSE). – (EN) Wir stehen vor der Gelegenheit, der Welt mit einem gutem Patentrecht voranzugehen, aber sind wir dieser Aufgabe gewachsen? Der Rechtsrahmen ist eindeutig: Laut Artikel 52 des Europäischen Patentübereinkommens ist Software als solche nicht patentierbar. Jeder von uns vertritt die Auffassung, dass wir der Patentierbarkeit klare Grenzen aufzeigen müssen. Wir können uns einfach nicht darüber einigen, wie man das am besten tun könnte.
Wir müssen das Recht straffen und sicherstellen, dass die Patentierung von Software oder Geschäftsmethoden in der Prüfpraxis nicht zugelassen wird. Allerdings sollten wir nicht vergessen, dass nur durch unseren Erfindungsreichtum sowie Freiheit für Innovationen im Bereich Software und abhängige Technologien Europa geholfen werden kann, sein Ziel zu erreichen, bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum zu werden.
Zu einem Zeitpunkt, da unsere traditionellen Branchen nach China und den Fernen Osten abwandern, müssen wir uns auf unsere Erfindungsgabe verlassen, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Einnahmen aus den Patenten und Lizenzen, die wir an unsere globalen Wettbewerber vergeben, sichern uns eine Investitionsrendite, wodurch wir Arbeitsplätze schaffen und Wachstum erzeugen können.
Kleine und mittlere Unternehmen, die Erfindungen machen, behaupten, dass sie ohne Patentschutz nicht in der Lage wären, mit der Großindustrie zu verhandeln und sich vor Großunternehmen zu schützen, die ihnen ihre Erfindungen wegnehmen. Sie brauchen einen Patentschutz, der bezahlbar und gegen Branchenriesen durchsetzbar ist. Doch müssen wir auch sicherstellen, dass kleine Softwareunternehmer nicht mit einem Minenfeld von Trivialpatenten konfrontiert werden. Sie müssen in der Lage sein, Innovationen zu tätigen, Programmzeilen zu schreiben und zu entwickeln sowie Softwareprozesse zu erstellen, ohne das Patentrecht zu verletzen oder zu brechen.
Es liegen mehrere Änderungsanträge vor, mit denen sich dieses Problem lösen ließe, sodass wir ein ausgewogenes, arbeitsfähiges EU-Recht hätten, das keine Patentierung durch Schlupflöcher zulässt, sondern in einem zunehmend halsabschneiderischen globalen Klima sicherstellt, dass Europas innovativste Unternehmen Zugang zu Patenten haben und der US-Vorherrschaft in diesem Bereich die Stirn bieten können.
Herr Crowley sagte, dass wir uns in der absurden Situation wiederfinden könnten, Lizenzgebühren an US-amerikanische und japanische Unternehmen für Patente und Innovationen entrichten zu müssen, die von uns stammen. Übrigens können Sie dieser Liste noch Indien hinzufügen. In seinem neuen Patentgesetz von 2005 lässt Indien nunmehr die Patentierbarkeit von eingebetteten Systemen zu. Wollen wir ernsthaft behaupten, dass wir hier in Europa unsere Innovationsfähigkeit weniger schätzen als in jenen Ländern, in denen Innovationen und Erfindungen eine jüngere Geschichte haben?
Andrew Duff (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Das Parlament steht vor der großen strategischen Herausforderung, einen Rechtsrahmen zu schaffen, mit dem der Ausbreitung der Patentierbarkeit von Software ein Ende gesetzt werden kann. Taktisch gesehen müssen wir morgen zuerst die grob gezimmerten Vorschläge ablehnen, um die zweite Lesung zu verhindern. Es muss uns gelingen, durch kontinuierliche Bemühungen den Gemeinsamen Standpunkt zu verändern. Über das Schlichtungsverfahren wird ein erstklassiger Rechtsakt zustande kommen. Sollten wir zu überhaupt keiner rechtlichen Regelung gelangen, dann wäre die Branche der Gnade des Europäischen Patentamtes, der Gerichte und der WTO-Panels ausgesetzt, was uns – so befürchte ich – hohe Kosten, legalistische Denkmuster und allgemeine Verwirrung bescheren würde.
Paul van Buitenen (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident! Die Art und Weise, wie der Vorschlag für Softwarepatente zustande gekommen ist, halte ich für skandalös. Großunternehmen wie Microsoft sehen in Softwarepatenten ein Mittel zur Erzielung von Gewinnen und hatten bei der Erarbeitung des Kommissionsvorschlags über die Business Software Alliance ihre Hand im Spiel – dies wurde zufällig entdeckt, weil man aus Versehen den Namen des Verfassers nicht aus dem Dokument entfernt hatte. Die Kommissionsvorlage trägt den Stempel der Inzestkultur zwischen der Leitung von Patentämtern, den Patentanwälten großer Unternehmen und den Patentverwaltern der Kommission. Trotz der vom Parlament im Jahr 2003 vorgenommenen Korrekturen gelang es dem Ministerrat, den Vorschlag mittels zweifelhafter Abstimmungsverfahren wieder auf den Tisch zu bringen. Eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten gab es nicht, und Anträge mehrerer Länder zur Wiederaufnahme von Verhandlungen wurden rasch abgelehnt.
Selbst in den Niederlanden ist die Diskussion über die Softwarepatente dubios. Während das Parlament von der Regierung falsch informiert wurde, führten die niederländischen Beamten ihre Arbeit an dem Vorschlag in den EU-Ausschüssen fort. Der niederländische Minister setzte sich bei der Beschlussfassung im Ministerrat über das Parlament hinweg. Daher unterstütze ich die Änderungsanträge zur Ablehnung dieses Vorschlags. Nach meinem Dafürhalten macht sich dieses Haus lächerlich, wenn es toleriert, wie diese Gesetzesvorlage zustande gekommen ist.
Erik Meijer (GUE/NGL). – (NL) Herr Präsident! 1991 war Microsoft ein kleines Unternehmen, das gegen die größeren ankämpfen musste. Damals erklärte uns Bill Gates, die Industrie würde zum Erliegen kommen, wenn unser gesamtes altes Wissen Gegenstand von Patenten wäre und eine Hand voll Mammutunternehmen von den Neulingen unbegrenzte Zahlungen verlangen könnte. Jetzt, da sein Unternehmen zu den Giganten gehört, erzählen seine Lobbyisten etwas ganz anderes.
Die Kampagne gegen Softwarepatente wird seit langem geführt. Die Gegner besitzen Durchhaltevermögen und haben stichhaltige Argumente. Ich gehe mit der Foundation for a Free Information Infrastructure konform, die geltend macht, Softwarepatente gefährdeten die Freiheit der Softwareentwicklung und Softwarepatente seien der Innovation abträglich, da sie die Monopolbildung fördern und die Preise in die Höhe treiben. Davon wiederum sind Softwareunternehmen, Internetgeschäfte, Schulen und Verbraucher betroffen. Wollen wir eine Situation schaffen, in der Computer in den Händen eines einzigen oder einiger weniger Softwareanbieter sind?
Morgen brauchen wir mindestens 367 Stimmen, um den Ratstext zu ändern oder abzulehnen. Ich appelliere an alle Gegner von Softwarepatenten, massive Präsenz zu zeigen. Dann entscheiden wir uns für Open Source und Kreativität, anstelle von Machtkonzentration und Monopolisierung.
Hans-Peter Martin (NI).– Herr Präsident! Ich möchte mich heute einmal an die wenden, die nicht hier sind. Nicht gleich an die 450 Millionen Europäerinnen und Europäer, sondern die, die draußen vor der Tür stehen. Und die, die uns hier mit E-Mails, mit Faxen, mit Telefonaten lästig waren. Ich finde das wunderbar! Heute und morgen erleben wir wichtige Tage im Hinblick auf die Demokratie der Zukunft in Europa. Betroffene kümmern sich um ihre Anliegen. Wir haben es doch selbst erlebt: Die vielen Argumente, die hier vorgetragen werden, sind doch oft viel gescheiter, viel detaillierter, viel präziser als das, was wir uns in der Flut der Dinge, die wir zu entscheiden haben, selbst erarbeiten können.
Fünfeinhalbtausend namentliche Änderungsanträge, 50 000 zusätzliche Abstimmungen in fünf Jahren, da kann doch keiner von uns behaupten, dass er sich wirklich noch auskennt. Was wir da geliefert bekamen, war gut. Es hat mich überzeugt. Ich bin überzeugt davon, dass wir der Demokratie, den Klein- und Mittelbetrieben, jawohl, auch dem wirtschaftlichen Wohlstand einen Wohlgefallen erweisen, wenn wir gegen diese Softwarepatente stimmen. Und ich möchte die draußen mit ihren Trillerpfeifen und T-Shirts ermutigen: Bleibt dran, veröffentlicht die Abstimmungsergebnisse, zeigt bei jedem, wie er wirklich abgestimmt hat! Dann sieht man, ob die Mitglieder Parteibeschlüssen, Lobbyisten oder ihrem eigenen Gewissen gefolgt sind.
Marianne Thyssen (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Hartnäckig hält sich die Behauptung, der Vorschlag, den wir heute erörtern, träfe und benachteilige vornehmlich kleine und mittlere Unternehmen, jedoch profitieren hauptsächlich die KMU von mehr Rechtssicherheit und einer einheitlichen Anwendung der Rechtsvorschriften im Binnenmarkt. Ich habe immer geglaubt und bin nach wie vor davon überzeugt, dass die KMU weniger ein spezielles Problem mit dieser Vorlage als vielmehr ein generelles Problem mit dem Patentsystem an sich haben, sowohl was den Zugang als auch was die Rechtfertigung betrifft.
In der ersten Lesung haben wir über einen Änderungsantrag abgestimmt, in dem die Kommission aufgefordert wird, über die Auswirkungen computerimplementierter Erfindungen auf die KMU Bericht zu erstatten. Damals habe ich die Kommission ausdrücklich gebeten, noch einmal gründlich darüber nachzudenken, inwieweit die KMU, was Patente anbelangt, über einen europäischen Ansatz besser positioniert werden können.
Zu meiner Freude fanden sich im Bericht Rocard vier weitere Änderungsanträge, in denen die Aufmerksamkeit insbesondere auf diesen Bereich der Wirtschaft gelenkt wurde. Gleichwohl halten zahlreiche KMU dies für reine Lippenbekenntnisse, für bei weitem nicht ausreichend und für etwas, in das sie keinerlei Vertrauen mehr setzen. Sie wollen Fakten und Ergebnisse, und deshalb möchte ich verschiedene Dinge wissen.
Weshalb hat die Kommission, seitdem ihr diese Problematik und diese Bedenken bei den KMU bekannt sind – seit Anfang 2002, das ist nun drei Jahre her –, keine konkreten Maßnahmen zugunsten der KMU getroffen? Zweifellos gibt es eine Fülle von Material, an dem sie arbeiten kann, da in Europa bereits Zehntausende von computerimplementierten Erfindungen patentiert sind.
Zweitens, wird die Kommission nunmehr etwas Konkretes für die KMU unternehmen, und was schwebt ihr vor? Ich möchte eine präzise Antwort. In meiner Frage kommen die Sorgen großer Gruppen von KMU zum Ausdruck, und Ihre Antwort, Herr Kommissar, wird für mein morgiges Abstimmungsverhalten mitentscheidend sein.
Adam Gierek (PSE).– (PL)Herr Präsident! Der Vorschlag der Kommission und des Rates für eine Richtlinie ist aus mehreren Gründen nicht akzeptabel. Der wichtigste Kritikpunkt besteht darin, dass in Artikel 4 zwar die Patentierbarkeit von Computerprogrammen verboten ist, doch gleich danach in Artikel 5 eben solchen Patenten Tür und Tor geöffnet wird, sofern sie – an dieser Stelle möchte ich zitieren – „einen programmierten Computer [oder] ein programmiertes Computernetz“ zum Gegenstand haben. Es stellt sich die Frage, worum es hier eigentlich geht. Meiner Meinung nach geht es um den riesigen Softwaremarkt in der Europäischen Union und die Errichtung eines Monopols über diesen Markt. Es geht um mindestens mehrere Dutzend Milliarden Euro. Eine unveränderte Richtlinie birgt folgende Risiken: erstens, dass der Softwaremarkt von großen Akteuren, die aus Drittstaaten stammen und über riesige Kapitalmengen verfügen, monopolisiert wird. Das ist angesichts des globalen Umfelds, in dem jeder mit jedem konkurriert, äußerst gefährlich für die EU.
Zweitens, dass viele kleine und mittelständische Computerfirmen, die auf dem europäischen Softwaremarkt tätig sind, in den Konkurs getrieben werden. Drittens, dass die Preise von denjenigen diktiert werden, die die Patente halten und somit das Monopol auf dem Dienstleistungsmarkt innehaben, wozu ich auch den Markt für Internetdienste zähle. Und viertens und letztens, dass die Demokratie in Europa einer großen Gefahr ausgesetzt wird, da das Internet als Medienform große Bedeutung erlangt hat.
In seiner Eigenschaft als Berichterstatter hat Herr Rocard große Anstrengungen unternommen, um diese komplexe Frage in den Griff zu bekommen. In seinen Vorschlägen setzt er sich für das „Open-Source-Prinzip“ ein, was sehr erfreulich ist, und verteidigt die Demokratie gegen die Diktatur der Monopole. In dieser Phase des Gesetzgebungsprozesses wird das Vermittlungsverfahren zur Anwendung kommen, das meiner Meinung nach die optimale Lösung hervorbringen wird.
Software kann – wie mathematische Theorien und bloße Denkprozesse – nicht patentiert werden. Es können jedoch Erfindungen patentiert werden, die mithilfe von Computern hergestellt werden, was auch schon gängige Praxis ist. Mit solchen Patenten werden technische „unabhängige Ansprüche“, die sich auf materielle Systeme beziehen, und „abhängige Ansprüche“, die nur für ein bestimmtes Patent gelten und sich auf Computer und sämtliche Aspekte ihres Betriebs beziehen können, geltend gemacht. Für dieses Gebiet von Erfindungen, das beispielsweise für die Automobilindustrie, Hersteller von Haushaltsgeräten und Mobiltelefonen sowie für andere Industriezweige von großer Bedeutung ist, sollten allerdings Regelungen gefunden werden.
Mojca Drčar Murko (ALDE). – (SL) Im Patentrecht unterliegt eine Erfindung einem besonderen rechtlichen Schutz. Dabei wird nicht die materielle Umsetzung einer bestimmten Idee geschützt, sondern die Idee oder das Konzept an sich. Daher ist die Erfindung immer etwas Immaterielles. Dieser doppelte Charakter des Patentschutzes führt zu Schwierigkeiten bei den Auswirkungen des Patentrechts im wahren Leben, wenn er mit den Interessen und Rechten der Softwareentwickler konfrontiert wird. Das Problem besteht also darin, dass es einerseits Unternehmen gibt, die das Patentrecht zum Schutz ihrer Investitionen in Forschung und Entwicklung nutzen wollen, während es andererseits die Gesellschaft und die in ihr lebenden Individuen gibt, die danach streben, eine für alle verfügbare Auswahl an gemeinsamen geistigen Errungenschaften zu erhalten.
Als Gesetzgeber müssen wir beide Seiten berücksichtigen, diejenigen, die der Ansicht sind, dass die Trennlinie langsam in ein Gebiet eingreift, das traditionell unter dem Patentschutz stand, und diejenigen, die es ablehnen, dass der Gemeinsame Standpunkt des Rates die Möglichkeit der Patentierbarkeit von Software nicht vollkommen ausschließt. Die Mehrzahl der vom Rechtsausschuss vorgeschlagenen Änderungen kommt einer ausgewogeneren Definition nahe und scheint mir daher ein nützlicher Zusatz zum Gemeinsamen Standpunkt und eine gute Basis für einen endgültigen Beschluss zu sein.
Ryszard Czarnecki (NI).– (PL) Herr Präsident! Heute ist ein wichtiger Tag für das Europäische Parlament, da wir endlich einmal beweisen können, dass dieses Parlament Millionen von Europäern wirklich vertritt. Denn wir können die Interessen von Millionen Computernutzern und Hunderttausenden kleinen und mittleren Unternehmen verteidigen und insofern effektive Arbeit leisten. Genau darum wurden wir auch in E-Mails, Briefen und Aufrufen ersucht.
Meiner Meinung nach ist sich die europäische Öffentlichkeit plötzlich bewusst geworden, dass ein Europa der Bürger auf das Europäische Parlament angewiesen ist. Wir sollten nicht als Fürsprecher oder Lobbyisten der Großunternehmen, sondern stattdessen als Fürsprecher der sozialen Basisbewegung fungieren, die gegen verfehlte Entscheidungen von EU-Institutionen kämpft. Diese Entscheidungen können allein von einer anderen europäischen Einrichtung korrigiert werden. Hier geht es nicht nur – und vor allem nicht zuallererst – um Patente für Computersoftware. Den wichtigsten Aspekt dieser Aussprache stellt vielmehr der öffentliche Druck dar, wodurch sich für das Parlament die große Chance auftut, nicht nur mit hehren Worten für die Belange der Bürger einzutreten, sondern auch wirklich etwas zu unternehmen. Wir sollten diese Gelegenheit beim Schopf ergreifen.
Erika Mann (PSE).– Herr Präsident, verehrter Kommissar, verehrte Kollegen! Ich mache im Gegensatz zu vielen Kollegen darauf aufmerksam, dass wir im Laufe der Verhandlungen insgesamt alle – oder auf jeden Fall die Mehrheit der Kollegen – übereingestimmt haben, dass wir in diesem Bereich der computerimplementierten Erfindungen eine Patentierung wollen, und dass die große Stärke unserer europäischen Industrie auch davon abhängig ist, dass wir so etwas haben. Die schizophrene Situation besteht darin, dass zur Zeit Unternehmen, die gerne in diesem Bereich patentieren wollen, das ja auch können und dass der Vorschlag der Kommission eigentlich nur dafür plädiert hat, dass wir europaweit ein Mehr an Harmonisierung bekommen.
Das Zweite, was wir vermeiden wollten, – ich denke, auch da stimmen alle Kolleginnen und Kollegen überein –, ist, im Bereich der Patentierung den amerikanischen Weg einzuschlagen, wo dann z. B. möglich würde, dass softwaretosoftware patentiert werden kann. Was wir wollen, ist – um es mal ganz simpel in der Computersprache zu sagen –, softwaretohardware.
Das große Problem, das wir jetzt haben, besteht darin, die Sprache wirklich sauber zu bekommen. Daher möchte ich angesichts der morgen bevorstehenden Abstimmung die Kommission nochmals fragen, wie das gemacht werden kann, denn wir haben hier ja sehr viele Vorschläge vorliegen. Es geht im Wesentlichen um die Änderungsanträge, die im Bereich Interoperabilität eingereicht worden sind. Wir haben den Vorschlag des Kollegen Rocard und der anderen Kollegen, die ihre Anträge eingereicht haben. Wir haben den Vorschlag von Piia-Noora Kauppi und auch meinen Vorschlag vorliegen. Ich frage die Kommission, wie sie zu diesen verschiedenen Vorschlägen steht, ganz besonders im Bereich der Zwangslizenzen oder des limitierten Ausschlusses, wenn es um reines software to software geht. Herr Kommissar, vielleicht äußern Sie sich noch einmal dazu?
Marco Pannella (ALDE).–(IT) Herr Präsident,meine Damen und Herren! Seit der vergangenen Wahlperiode haben wir uns als Abgeordnete der italienischen Radikalen, insbesondere zusammen mit Herrn Cappato, mit diesem Thema befasst, und wir haben den Standpunkt des Parlaments sehr deutlich gemacht, der aber nicht akzeptiert wurde.
Heute nun erörtern wir ihn erneut, und von der äußersten Rechten bis zur äußersten Linken unseres Parlaments hören wir in diesem Rahmen Redebeiträge zur Verteidigung des Marktes, was ich als Mitglied der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa besonders begrüße. Dieser Markt wird durch das unüberschaubare Heer der Bürokraten bedroht und beeinträchtigt, die als Stützen der großen Monopole und Oligopole bereit sind, mit der Sprache der bürokratischen Rechtsgewalt die Ausübung der erfinderischen Freiheit und der Marktfreiheit zu verhindern.
Werden morgen die Änderungsanträge, die sowohl Herr Rocard als auch ich selbst zusammen mit 50 weiteren Kolleginnen und Kollegen, darunter Emma Bonino, eingereicht haben, angenommen, dann haben wir meiner Meinung nach eine Strategie und eine Chance. Sollte das Gegenteil eintreffen, stimme ich Herrn Duff zu, wenn er sagt, dass im Vermittlungsverfahren nicht mehr nur die fehlenden Ja-Stimmen Spaniens, Österreichs, Belgiens und Italiens zu der Richtlinie abgerechnet werden dürfen, wie im Mai 2004. Ich bin nämlich sicher, dass es uns gelingen wird, die Positionen der Kommission und des Rates in eine liberale und Recht und Gesetz folgende Richtung umzulenken.
Joachim Wuermeling (PPE-DE).– Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Oft ist in diesem Raum der Wert von Innovationen, die Wichtigkeit der Wissensgesellschaft beschworen worden. Es ist gesagt worden, der Geist sei unser Trumpf, der Trumpf Europas in der Globalisierung.
Aber genauso wichtig wie die Entfaltung dieses Geistes ist natürlich, dass unsere Ideen nicht von anderen geklaut werden. Stellen Sie sich einen Erfinder vor, der während zweier Jahre Millionen von Euro in eine Erfindung investiert hat, und drei Monate später macht jemand diese Erfindung nach, bringt sie auf den Markt und bringt den Erfinder um den Lohn seiner Anstrengung. Patente sind der Schutz des Schwächeren, der Schutz des Erfinders gegen denjenigen, der die Marktmacht hat. Das Patent entscheidet den Streit zwischen der Macht des Geistes und der Macht des Marktes zugunsten der Macht des Geistes, und zwar unabhängig davon, ob es ein großes oder ein kleines Unternehmen ist.
Ich bin mit dem Verlauf dieser Debatte in den letzten Wochen sehr unzufrieden. Es ist eine aufgeheizte Atmosphäre entstanden, eine Lobbyfehde ohne Beispiel, und wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass wir, obwohl wir uns in der zweiten Lesung befinden, im Grunde über eine Vielfalt von Formulierungen entscheiden müssen, dass wir eine Vielfalt von Positionen vorfinden, deren Auswirkungen wir in dieser Phase nur begrenzt abschätzen können. Der Rechtsausschuss hat vierzig Änderungsanträge zu nicht einmal zehn Artikeln gemacht. Weitere Dutzende von Änderungsanträgen liegen uns vor, deren Folgen wir kaum absehen können.
Ich habe langsam den Eindruck, dass dieses Dossier noch nicht richtig entscheidungsreif ist, und wir sollten uns tatsächlich überlegen, ob wir nicht das Gesetzgebungsverfahren erst einmal dadurch aussetzen, dass wir den Gemeinsamen Standpunkt ablehnen. Das wäre womöglich die verantwortlichste Entscheidung, die wir in einer solchen Phase treffen können.
Edit Herczog (PSE). – (HU) Ich habe die Aussprache über den Entwurf der CII-Richtlinie mit großem Interesse verfolgt, zum einen wegen ihrer Bedeutung (meiner Überzeugung nach ist dies eine der wichtigsten Entwürfe, die diesem Haus vorliegen), aber auch weil ich es in meiner gesamten Laufbahn als Abgeordnete eines nationalen Parlaments oder des Europäischen Parlaments noch nie erlebt habe, dass ein Gesetzesentwurf von so vielen missverstanden und fehlinterpretiert wurde. Zu dieser Richtlinie haben wir bereits so viel gehört – über Microsoft, über Linux, über die Interessen der multinationalen Unternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, über legale Software, „Open source“ und Urheberrecht –, dass wir den Blick für das wirklich Wesentliche, dafür, worum es eigentlich geht, verloren haben. Es geht um Lissabon. Das Entscheidende ist die wissensbasierte Wirtschaft und Gesellschaft. Wichtig ist, dass wir in der Lage sein müssen, unser geschaffenes Wissen zu schützen. Und das grundlegende Marktmittel zum Schutz von Wissen sind Patente.
Es ist eine Schande für Europa, dass das gemeinsame Europäische Patent nicht zustande kommen konnte, obwohl es unerlässlich ist, damit Wissen und Innovation zu Investitionen und Gewinnen führen. Jetzt haben wir die Chance, auf dem Gebiet der Patentgesetzgebung Fortschritte zu erzielen und etwas zu unternehmen, damit der Schutz von Wissen neu interpretiert wird, um den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden. Es wäre naiv anzunehmen, dass diese Richtlinie ein vollkommen neues Konzept darstellt, das qualitativ etwas bietet, was vorherige Rechtsvorschriften nicht geboten haben. Sie stellt nichts Neues oder Revolutionäres dar; sie stellt die Anerkennung der einfachen Tatsache dar, dass unsere moderne Welt auf digitaler Information und Hightech-Lösungen basiert und dass diese einen integralen Bestandteil unseres alltäglichen Lebens bilden, der es unmöglich macht, ohne sie an Entwicklung und Technologie auch nur zu denken. Wir brauchen diese Richtlinie. Herr Rocard hat mit dem Versuch, den Rahmen für diese Richtlinie neu zu formulieren, eine wichtige Arbeit geleistet, und dafür verdient er Anerkennung. Wir dürfen nicht ihm die Schuld dafür geben, dass es nicht gelungen ist; möglicherweise konnte nicht mehr erreicht werden.
Jedoch ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Richtlinie zur Softwarepatentierung in der von der Kommission vorgeschlagenen Form – oder mit einigen Änderungen – zustande kommt. Ohne diese Richtlinie wird Europa in einen Wettbewerbsnachteil all den Regionen gegenüber geraten, die keine Angst davor haben, ihre Systeme an die Anforderungen des modernen Zeitalters anzupassen. Es gibt auch andere Lösungen zum Schutz von Innovationen. Doch sind Patente die Lösung, die eine Verbindung zwischen einer Erfindung und ihrer Verwendung auf dem Markt herstellt und Wissen zu einem Wirtschaftsfaktor macht. Wir dürfen uns diese Lösung nicht entgehen lassen, denn nur eine starke europäische Wirtschaft ist in der Lage, die europäischen Werte hochzuhalten, für die jeder in diesem Haus steht.
Patrizia Toia (ALDE).–(IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt zwei Bereiche, die gegenwärtig von den EU-Organen erwarten, dass sie fähig sind, eine offenere und flexiblere Strategie zu einem Thema zu entwerfen, das nicht nur für die wirtschaftliche, sondern auch für die gesellschaftliche Entwicklung so wichtig ist. Sie verlangen demnach von uns, den Gemeinsamen Standpunkt im Sinne einer stärkeren Öffnung und Flexibilität zu korrigieren.
Es handelt sich um zwei Bereiche, die entscheidend für Europa und für seine Zukunft sind, nämlich den Kreis der kleinen und mittleren Unternehmen und den Kreis der Jugendlichen. Zu den KMU haben sich bereits viele Kollegen geäußert, und ich schließe mich dem Antrag an, in dem mehr Flexibilität gefordert wird, um eine zu starre Richtlinie über die Patentierbarkeit zu verhindern, die ein Hemmnis für die Tätigkeit der KMU darstellen und somit eine wettbewerbsfeindliche Waffe gegen die Entwicklung werden könnte.
Ich möchte auf die Erwartungen der Jugendlichen eingehen. Ich glaube, es gibt nur sehr wenige in diesem Hohen Haus behandelte Themen, zu denen eine so starke Mobilisierung der Jugendlichen stattgefunden hat, von Bewegungen und Organisationen, die Software nicht nur nutzen, um zu kommunizieren und zu lernen, sondern auch für die berufliche Tätigkeit, für die selbständige Arbeit, für tausend Verwendungen zwischen der Freiwilligenarbeit und den neuen Berufen, die selbständig ausgeübt werden und so wichtig sind, auch für die Entwicklung einer Gesellschaft mit einem offeneren Wirtschaftssystem, das mit der Organisationsfähigkeit der Jugendlichen enger verbunden ist.
Wir haben sehr oft, meistens rhetorisch, verkündet, dass Europa den jungen Leuten nahe steht. Heute haben wir die Gelegenheit – und ich hoffe, das Parlament lässt sie sich nicht entgehen –, wirklich diesen Forderungen der Jugendlichen, die sich an uns gewandt haben, und den zahlreichen Bewegungen, die sich geäußert haben und die das Parlament meiner Meinung nach nicht enttäuschen darf, nahe zu sein.
Deshalb werde ich die Änderungsanträge, die von Herrn Rocard und Herrn Duff sowie von anderen Kollegen eingereicht wurden, um dem gemeinsamen Standpunkt Europas mehr Sicherheit und Klarheit zu verleihen, unterstützen. In zweierlei Hinsicht müssen wir meines Erachtens konsequent sein. Erstens müssen wir, wenn wir für die Nichtpatentierbarkeit von Software eintreten, darauf achten, den Anwendungsbereich nicht auszudehnen, denn das hieße, sich in einen Widerspruch zu verstricken. Zweitens muss der Patentschutz gewährleistet und dabei gleichzeitig verhindert werden, dass er zu Inflexibilität und zu einer Konzentration in den Händen weniger führt, da dies die Entwicklung und die Innovation in Europa behindern würde.
Alexander Stubb (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Wenn jemand vor drei Jahren in diesem Hohen Hause gefragt hätte, ob jemand weiß, was eine computerimplementierte Erfindung ist, hätten die meisten geantwortet: „eigentlich nicht“. Sie alle haben heute die Demonstranten draußen gesehen. Einige von ihnen waren etwas aggressiv. Einer von ihnen sprang direkt vor unser Auto, und eine computerimplementierte Erfindung namens ABS-Bremssystem hat wahrscheinlich sein Leben gerettet.
Das ist eine fortwährende Geschichte, in deren Verlauf es viele interessante Wendungen gab. Erstens findet eine dramatische erste Lesung im europäischen Parlament statt. Zweitens wird unser Standpunkt im Rat rundum abgelehnt. Drittens weigert sich die Kommission, zur ersten Lesung zurückzukehren. Viertens liegt uns ein zweifelhafter Gemeinsamer Standpunkt des Rates vor und nun stehen wir fünftens am Ende der zweiten Lesung. Ich fürchte, diese Rechtsvorschrift wird morgen nicht durchkommen, wie Herr Wuermeling sagte.
Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist, aber ich weiß zwei Dinge und habe zwei Botschaften, die erste an die „David“-Gruppe, also an die Open Source und die KMU. Das wäre im Nachhinein alles nicht so schlimm, wenn wir durchgehalten hätten. Es hätte die Open Source nicht davon abgehalten weiterzumachen. Als Finne kann ich sagen, dass dadurch die Erfindung und Entwicklung von Linux nicht verhindert worden wäre. Zu Goliath bzw. den Großunternehmen sage ich: „Reißen Sie sich endlich am Riemen!“ Ihre Lobbyarbeit war grottenschlecht. Die Leute von der Open Source haben Sie mit links 100:0 geschlagen.
Dann wäre da noch die Frage, was das für die Institutionen heißt? In dieser Hinsicht habe ich eine Botschaft an die Kommission und den Rat. Das Europäische Parlament ist Mitgesetzgeber, und das sollten Sie ernst nehmen. Wenn dieser Vorschlag morgen Vormittag abgelehnt wird, dann sollten Sie sich erneut ans Reißbrett setzen und eine neue Rechtsvorschrift verfassen. Europa braucht so etwas wie eine Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen, doch morgen wird es noch nicht dazu kommen.
Lasse Lehtinen (PSE).–(FI) Herr Präsident, die leidenschaftliche Debatte über diese Richtlinie zeigt, dass die Demokratie funktioniert. Noch gestern hat man Reisenden im Zug nach Straßburg Petitionen in die Hände gedrückt, und es hat eine riesige Zahl von E-Mails zu diesem Thema gegeben. Bisweilen geraten Dinge außer Rand und Band, und das ist hier der Fall.
Reine Computerprogramme ohne jede technische Auswirkung wird man auch künftig nicht patentieren können, ebenso wenig wird die ausgezeichnete Open-Source-Idee mit dem Inkrafttreten dieser Richtlinie aussterben. Dies wage ich zu behaupten als jemand, der aus dem gleichen Land kommt, aus dem auch das Linux-System stammt.
Andererseits könnte ein Kippen dieser neuen Richtlinie einen erneuten Rückschlag für die europäische Wettbewerbsfähigkeit bedeuten. Wenn wir diese Richtlinie zu Fall bringen, dann wird von der Erklärung von Lissabon noch weniger übrig bleiben. Dass sie zu einer Konfrontation zwischen den großen, bösen supranationalen Unternehmen und den KMU führen würde, ist eine Übertreibung und ein künstliches Argument. Viele KMU in meinem Heimatland, Finnland, haben mich angesprochen und mir gesagt, dass sie von dieser Richtlinie profitieren würden, denn sie würde gleichzeitig sie selbst und ihre Innovationen vor den großen Firmen schützen. Die großen Unternehmen werden sich immer durchsetzen, auch ohne Regeln, andererseits begünstigen aber klare Regeln immer die Kleinen.
Ich gehöre nicht zu denen, die Patente prinzipiell ablehnen. Das Patent gehört zu den Traditionen des europäischen Geistes. Es ist die Grundlage der modernen, gut funktionierenden Marktwirtschaft. Es bietet Sicherheit und schützt außerdem vor Piraten. Warum sollten wir nicht computerimplementierte Erfindungen patentieren, von denen wir alle in unserem Alltag profitieren? Es gibt zurzeit in Europa keine harmonisierte Gesetzgebung zu Patenten. Das schafft ein unsicheres Geschäfts- und Investitionsklima. Um der Beschäftigung willen brauchen wir in der Tat eine gute und transparente Patentgesetzgebung.
Hoffentlich entwickelt sich dies nicht zu einem weiteren Beispiel dafür, wie sich Europa selbst ins Knie schießt und seine Wettbewerbsfähigkeit schwächt.
Cecilia Malmström (ALDE). – (SV) Herr Präsident! Dies ist eine äußerst komplizierte Frage, die Gegenstand eines umfassenden Lobbyismus von verschiedenen Gruppen ist. Ich finde es herrlich, dass die Leute sich wenigstens einmal darum kümmern, was wir hier im Parlament tun, etwas, womit wir nicht gerade verwöhnt sind.
Wir brauchen ein gut funktionierendes europäisches Patentsystem. Einzelne Erfinder und Unternehmen müssen natürlich ihre Erfindungen patentieren lassen können, auch computerimplementierte. Der Trend geht jedoch gegenwärtig dahin, dass auch reine Softwareprodukte patentiert werden, was nicht ratsam ist. Wir brauchen Forscher, Neuerer und einzelne Programmierer, die in der Lage sein müssen, neue Ideen zu entwickeln, ohne Gefahr zu laufen, Trivialpatente zu verletzen und in unendliche Prozesse verwickelt zu werden.
In erster Linie sollten wir den gesamten Vorschlag verwerfen und die Kommission auffordern, einen erschöpfenden Vorschlag für ein Gemeinschaftspatent vorzulegen, das alle Erfindungen erfasst. Es ist nicht richtig, nur die computerimplementierten Erfindungen als einzelnen Sektor herauszunehmen.
Zweitens müssen wir den Gemeinsamen Standpunkt ändern, der kein ausgewogenes Rechtsdokument darstellt, da er zu viele Unklarheiten enthält. Auf der Grundlage der meisten Vorschläge des Kollegen Rocard können wir vielleicht einen konstruktiven Kompromiss zum Nutzen kleiner und großer Unternehmen sowie von Personalgesellschaften erreichen.
Tomáš Zatloukal (PPE-DE).–(CS) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Nur wenige Richtlinien haben eine solch hitzige Debatte ausgelöst. Meiner Meinung nach können niemandem der hier Anwesenden die leidenschaftlich vorgetragenen Argumente sowohl der Befürworter als auch der Gegner dieser Richtlinie entgangen sein. Die Richtlinie zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Festlegung der Spielregeln in den sich am schnellsten entwickelnden Sektoren der europäischen Wirtschaft, doch hat sich eine heftige Debatte über die nicht eindeutige Auslegung des Begriffs ‚Programm an sich’ ergeben, was Ausnahmen von der Patentierbarkeit ausschließt.
Ich bin für den konsequenten Schutz von Software in Form des Schutzes einer in einem Gesamtprogramm oder einem Teilprogramm enthaltenen kreativen Lösung, aber ich bin dagegen, dass Patente für einzelne Ideen vergeben werden. Stattdessen müssen patentierbare Erfindungen Lösungen sein, die eine Idee mit ihrer technischen Umsetzung verbinden, zum Beispiel Sicherheitssysteme für Kraftfahrzeuge. Der Schutz von einzelnen Formeln, Befehlen oder Anweisungen wäre ganz klar ein Schritt in die falsche Richtung. Ich bin nicht gegen Patente im Allgemeinen, aber ich kann der Annahme dieser Richtlinie in der vom Rat vorgeschlagenen Fassung, die meiner Meinung nach mehrere Auslegungen zulässt, nicht zustimmen.
Aus diesem Grund werde ich nur einer solchen Textfassung meine Unterstützung geben, die die Möglichkeit alternativer Auslegungen ausschließt und die den Text präziser fasst. Das von meiner Fraktion vorgelegte Paket von Änderungsanträgen stellt einen Versuch dar, die soeben von mir genannten Probleme zu korrigieren. Ich für meinen Teil fühle mich verpflichtet zu sagen, dass ich die Haltung des Rats höchst bedauerlich finde, da er meinen Antrag und den vieler meiner Kollegen – die zudem vom Rechtsausschuss des Parlaments gestützt wurden –, die Richtlinie zur ersten Lesung wieder vorzulegen, ignoriert hat. Ich denke, der Rat täte besser daran, unseren Bemerkungen Gehör zu schenken, denn das wäre der gegenseitigen Achtung zwischen Parlament und Rat förderlich und würde gleichzeitig der Zusammenarbeit zwischen diesen beiden entscheidende Institutionen Auftrieb verleihen.
Abschließend möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Rocard, und insbesondere der Schattenberichterstatterin unserer Fraktion, Frau Kauppi, für ihre ausgezeichnete Arbeit danken.
John Attard-Montalto (PSE). – (EN) Herr Präsident! Die Aussprache über computerimplementierte Erfindungen war interessant und leidenschaftlich, doch leider hat die Mehrheit der Redner sich entweder absolut dafür oder dagegen ausgesprochen. Jedem ist klar, dass dieses Thema äußerst kompliziert ist. Es mit biblischen Zitaten beschreiben zu wollen, hilft nicht weiter, da hier die verschiedenen Argumente weiterhin in Kategorien unterteilt würden. Zum einen hieß es im Zusammenhang mit dieser Richtlinie, dass wir bei einer generellen Entscheidung gegen die Patentierung die Innovation ersticken und Europas Wettbewerbsfähigkeit herabsetzen würden. Somit würden wir gegen das vorgehen, was wir mit der Lissabon-Agenda zu erreichen versuchen.
Auf der anderen Seite wurde gesagt, dass es im Falle einer Regulierung von Patenten mehr Bürokratie geben wird, was sich negativ auf die Verbraucher auswirkt. Wie ein Redner es ausdrückte, wird das eine Bedrohung für die Demokratie darstellen. Ich persönlich bin der Meinung, dass wir die ganze Frage global betrachten sollten.
Zunächst einmal ist es zwecklos, dass wir uns in Europa auf diese eine Frage konzentrieren, ohne die gesamte Materie der Patente zu berücksichtigen.
Zweitens ergibt es im Hinblick auf Europas Position in einer globalisierten Welt für uns keinen Sinn, eine Rechtsvorschrift zu erlassen, die nicht Teil einer internationalen Rechtsstruktur ist, die andere Kontinente und Entwicklungs- oder Industrieländer ermutigt, sich auf internationaler Ebene daran anzuschließen.
Simon Coveney (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Dies ist eine komplizierte und technische Angelegenheit, und ich möchte dem Berichterstatter sowie insbesondere der Schattenberichterstatterin aus meiner Fraktion für ihre Mitwirkung danken. Jeder, der der Lobbyarbeit beider Seiten in dieser Aussprache ausgesetzt war, wird überzeugende Argumente für und gegen den vorgeschlagenen Gemeinsamen Standpunkt vernommen haben.
In der kurzen mir zur Verfügung stehenden Zeit möchte ich mehrere Punkte ansprechen. Erstens sei darauf verwiesen, dass mit der Patentrichtlinie nicht die Einführung eines neuen Patentsystems in der EU vorgeschlagen wird. Es geht vielmehr um Harmonisierung und Vereinheitlichung in den Patentämtern der verschiedenen Mitgliedstaaten. Wie auch immer Sie Patenten gegenüberstehen, so müssen Sie doch zugeben, dass die 25 einzelstaatlichen Patentämter derzeit über keinen einheitlichen Ansatz verfügen, was zu einem integrierten und funktionierenden Binnenmarkt, der sich vorwärts bewegt, nicht gerade beiträgt.
Es stimmt jedoch, dass die Software- und IT-Branche der EU unter den derzeitigen Bedingungen seit Jahren blüht und gedeiht. Warum also benötigen wir einen Gemeinsamen Standpunkt? Insbesondere KMU scheinen in dieser Frage gespalten zu sein. Einige Leute wollen den Eindruck erwecken, dass bei diesem Thema die Multis gegen die KMU aufgebracht werden sollen. Das ist nach meiner Erfahrung nicht der Fall. Für KMU gelten mal die einen, mal die anderen Argumente: manche wollen, dass ihre Ideen und Erfindungen geschützt werden, während andere fürchten, dass durch den Gemeinsamen Standpunkt ein Minenfeld von Patenten auf sie zukommt. Niemand in diesem Hohen Hause möchte für eine Situation stimmen, die die zukünftige Prosperität der KMU in irgendeiner Weise gefährdet.
Ich möchte kurz auf zwei Hauptfragen dieser Richtlinie eingehen: erstens die Definition dessen, was nach unseren Vorschlägen patentierbar sein soll. Wir schlagen nicht die Patentierung von Software wie in den USA vor, das sei betont. Wenn Änderungsanträge verabschiedet werden müssen, um diesen Punkt klarzustellen, dann sei es so, obwohl der derzeitige Wortlaut nicht schlecht ist. Urheberrecht ist zum Schutz von Software da.
Die zweite wichtige Frage ist die Interoperabilität, und die Änderungsanträge von McCarthy in diesem Bereich sind es wert, unterstützt zu werden. Wir müssen sicherstellen, dass die von verschiedenen Nutzern für Innovationen benötigten Geräte oder Netzwerke nicht dem Markt entzogen werden. Das gilt insbesondere für Open Source und die Open-Source-Bewegung, die in den vergangenen Jahren so erfolgreich war.
Abschließend möchte ich sagen, dass sich jetzt eine recht pessimistische Stimmung breit macht und der Gemeinsame Standpunkt wohl morgen abgelehnt werden dürfte. Damit hätten sich die Institutionen als unfähig erwiesen, zu einem für die europäische Wirtschaft äußerst wichtigen Bereich einen gemeinsamen Nenner zu finden und eine Einigung herbeizuführen.
Barbara Kudrycka (PPE-DE).– (PL) Herr Präsident! Der Rechtsstatus von Computerprogrammen wurde schon vor langer Zeit genau festgelegt. Software ist urheberrechtlich geschützt, und das Europäische Patentübereinkommen schließt die Patentierbarkeit von Computerprogrammen aus. Sowohl Juristen als auch Computerspezialisten sind dagegen, irgendetwas an dieser Rechtslage zu ändern. Mit der Richtlinie des Rates wird doch lediglich bezweckt, die verfehlten und gefährlichen Praktiken des Europäischen Patentamtes zu sanktionieren.
Daher möchte ich das Parlament im Namen von Professor Buzek und in meinem eigenen Namen dazu auffordern, entweder das gesamte Paket von 21 Änderungsanträgen zu verabschieden, in denen der Inhalt der Richtlinie – so wie er nach der ersten Lesung feststand – wiederhergestellt wird, oder aber die gesamte Richtlinie abzulehnen. Wie das deutsche Parlament in seiner Entschließung vom 17. Februar 2005 erwähnte, bringt eine Flut von Patenten die Gefahr mit sich, dass die öffentliche Meinung plötzlich umschlägt, was die Effektivität des Patentsystems als Motor für Innovation und Fortschritt angeht. Angesichts dessen ist es Aufgabe des Parlaments, die Notbremse zu ziehen.
Es ist nicht notwendig, den Geltungsbereich des Patentrechts auf Computerprogramme auszudehnen. Das Hauptargument für das Patentrecht war der Schutz von Investitionen. Materielle Erfindungen erfordern eine lange Testphase und danach Anlageinvestitionen, bevor damit irgendwelche Gewinne gemacht werden können. Investitionen im IT-Bereich hingegen sind in der Regel nicht so umfangreich, wenn sie denn überhaupt spürbar sind. Daher besteht keine Notwendigkeit, ihnen zusätzlichen Rechtsschutz zu gewähren.
Es stimmt überhaupt nicht, dass mit Softwarepatenten – wie das Europäische Patentamt behauptet – immer Chancen verbunden sind. Patente bergen auch Risiken, und daher muss ihre Vergabe umsichtig erfolgen. Es kursieren viele Legenden und Halbwahrheiten über Patente, und ich möchte an dieser Stelle einige Beispiele nennen. Es ist ein Märchen, dass die Gewährung von Patentrechten immer gut für die Wirtschaft ist. Beamte messen zwar wirtschaftliche Innovation oft an der Zahl der Patente, doch diese können auch negative Auswirkungen auf Investitionen haben, weil sie den Wettbewerb einschränken. Es gibt eine Vielzahl führender IT-Unternehmen, die noch nie ein Patent angemeldet haben, und Tatsache ist, dass kein Computerspezialist an Patentbeschreibungen interessiert ist. Bisher konnte noch niemand nachweisen, dass es eine direkte Verbindung zwischen einer großzügigeren Patentvergabe und Wirtschaftswachstum gibt.
Ebenso ist es eine Fiktion, dass die Patentierbarkeit von Programmen mittelständischen Unternehmen zum Vorteil gereichen würde, weil diese Unternehmen dadurch exklusive Rechte an ihren innovativen Ideen erwerben könnten. Patente können jedoch sowohl ein Hindernis als auch ein Schutzinstrument darstellen. Für kleinere Unternehmen ist es sehr schwierig, ausreichenden Schutz zu erlangen, denn die Kosten für die Durchsetzung eines Patents sind äußerst hoch und manchmal sogar hundertmal höher als die Kosten für die Anmeldung des Patents. Außerdem müssen langwierige Erkundigungen eingeholt werden um festzustellen, ob eine bestimmte Erfindung bereits von jemand anderem angemeldet wurde. Gerade im IT-Sektor, wo es besonders einfach ist, kleine Änderungen vorzunehmen, würde mit der Patentierbarkeit von Programmen ein wahres Minenfeld geschaffen werden.
Tadeusz Zwiefka (PPE-DE). –(PL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die EU-Organe haben beim Gesetzgebungsprozess die grundlegende Pflicht, fundierte, verständliche und effektive Rechtsvorschriften zu verabschieden. Ich muss das Hohe Haus nicht an die zahlreichen Zusicherungen sowohl des Präsidenten der Kommission als auch von Vertretern der verschiedenen Präsidentschaften erinnern, dass diesem Erfordernis Rechnung getragen und das Parlament zweifelsohne eine bedeutende Rolle in diesem Prozess spielen wird.
Die heutige Aussprache stellt den Abschluss unserer Arbeit an einer Richtlinie dar, die leider ein Beispiel für eine völlig andere Vorgehensweise ist. Sowohl die Kommission als auch der Rat vertreten die Meinung, dass nur ihre eigenen Entwürfe etwas wert sind, und so haben beide Organe die Vorschläge der Abgeordneten dieses Parlaments zurückgewiesen. Ich hoffe, dass diesmal eine andere Herangehensweise gewählt wird und den Interessen von Millionen EU-Bürgern und mittelständischen Unternehmern Vorrang eingeräumt wird. Letztere beschäftigen 90 % der Arbeitnehmer, was wir zweifelsohne nicht vergessen sollten. Aus diesem Grund dürfen wir uns nicht nur auf die Interessen der kapitalstarken Großunternehmen konzentrieren.
Die stärksten Zweifel werden dadurch hervorgerufen, dass keine eindeutige Unterscheidung zwischen einer Erfindung oder – anders gesagt – einer patentierbaren technischen Lösung und einem Computerprogramm bzw. einem Algorithmus getroffen wird, ganz gleich, ob es nun bei Letzterem um ein mathematisches Konzept oder eine Methode zum Betreiben einer wirtschaftlichen Tätigkeit, insbesondere im Bereich des Einzelhandels, geht. Angesichts dessen ist der Sinn dieser Harmonisierung höchst fragwürdig, um es milde auszudrücken. Leider ist es so, dass die Ausschlussklausel für die Patentierbarkeit von Computerprogrammen eine bloße Illusion darstellen wird, was ja auch bei der derzeitigen Praxis des Europäischen Patentamtes bereits der Fall ist. Zugleich teilte der Kommissar in seiner Rede zu Beginn der heutigen Aussprache mit, dass sich durch diese Richtlinie keine Änderungen in der Praxis des EPA ergeben werden, was ich für ziemlich bedenklich halte.
Zweifelsohne ist eine Harmonisierung des Patentrechts unbedingt erforderlich, was unter anderem auch für die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen gilt. Eine Grundvoraussetzung für solche Rechtsvorschriften ist jedoch, dass sie sinnvoll und für alle Betroffenen nutzbringend sind.
Ohne die Änderungsanträge von Herrn Rocard und Herrn Buzek wird durch diese Richtlinie die übermäßig liberale Praxis bei der Prüfung der konstitutiven Merkmale einer Erfindung verstärkt und diese Herangehensweise auch noch sanktioniert. Daher fordere ich dieses Parlament auf, für die Änderungsanträge von Herrn Buzek und Herrn Rocard zu stimmen.
Othmar Karas (PPE-DE).– Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hat nach dieser zweistündigen Debatte jemand den Eindruck, dass hier ein brauchbarer Gemeinsamer Standpunkt vorliegt, den wir annehmen können? Hat nach dieser Debatte jemand den Eindruck, dass diese heikle Frage ausdebattiert ist, dass sie entscheidungsreif ist, dass wir hier die notwendige qualifizierte Mehrheit zu einem Ja oder zur Fülle der Abänderungsanträge haben? Ich glaube nein. Und das hat seinen Grund.
Die erste Lesung am 24. September 2004 wurde bei der politischen Einigung des Rates überhaupt nicht berücksichtigt. Piia-Noora Kauppi hat zum Ratsbeschluss gesagt, dass „der Rat anscheinend den Willen der gewählten europäischen Gesetzgebung missachten wolle“. Der Rat ist ja selbst unsicher. Am 21. Dezember wurde die Abstimmung auf Bitte Polens von der Tagesordnung genommen. Parlamente in Deutschland, Spanien und den Niederlanden haben sich gegen die Richtlinie in ihrer vorgeschlagenen Form ausgesprochen. Abstimmungen wurden immer weiter hinausgeschoben.
Das Europaparlament hat die Kommission zu einer Neuvorlage in erster Lesung aufgefordert. Es gibt einen Beschluss des Rechtsausschusses, einen Beschluss der Konferenz der Präsidenten, einen Beschluss des Plenums für eine Neuvorlage.
Wie hat der Rat darauf reagiert? Er hat ein Diskussionsverbot verordnet, es zum A-Punkt erklärt, damit nicht diskutiert wird. Und obwohl der Nizza-Vertrag in Kraft getreten ist, wurde die umstrittene politische Einigung einfach beschlossen. Ergebnis: Mit dem Gemeinsamen Standpunkt ist man unzufrieden und bei uns gibt es 178 Abänderungsanträge.
Aus inhaltlichen Gründen – ich könnte sie erwähnen, sie sind in den Abänderungsanträgen enthalten – bin ich der Auffassung, dieser Gemeinsame Standpunkt schafft keine Rechtssicherheit, er fördert die Innovation nicht und er macht den Kleinen Angst. Daher tun wir gut daran, den Gemeinsamen Standpunkt morgen abzulehnen und alle Kraft für eine Harmonisierung des europäischen Patentrechts zu verwenden, statt sektorale umstrittene Verordnungen als Ersatz dafür zu beschließen.
Romana Jordan Cizelj (PPE-DE). – (SL) Ein Jahr ist vergangen, seitdem ich Mitglied des Europäischen Parlaments geworden bin. Die Frage der Patentierbarkeit von Softwareerfindungen ist eines der wichtigsten Themen, die wir während dieses Zeitraums diskutiert haben.
In meinem Heimatland Slowenien waren, ebenso wie in anderen europäischen Ländern auch, viele an der Diskussion über diese Richtlinie beteiligt. In dieser Hinsicht hat der Richtlinienvorschlag bereits positive Ergebnisse gezeitigt, da sich viele Bürger direkt am demokratischen Prozess beteiligt haben. Sie haben erkannt, dass die europäischen Institutionen nicht so weit entfernt sind wie einige ihrer Aktivitäten das nahe legen könnten. Jedoch treffen hier im Parlament nicht die Bürger die Entscheidungen, sondern wir Abgeordnete entscheiden für sie und in ihrem Namen.
Was überlege ich mir, wenn ich über mein Abstimmungsverhalten zu dieser Richtlinie entscheide? Hier in Europa müssen wir den Zielen der Lissabon-Strategie folgen, wenn wir angemessen auf die Herausforderungen der Globalisierung reagieren wollen. Wir müssen unseren Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Teilen der Erde ausnutzen und unsere Entwicklung auf Wissen und Forschung sowie deren Umsetzung aufbauen. Wir werden die Menschen auch dazu bewegen können, diesen Tätigkeiten nachzugehen, wenn wir unter anderem sicherstellen, dass die geistigen Eigentumsrechte angemessen geschützt werden. Deswegen müssen wir den Mut aufbringen, ein angemessenes, einheitliches europäisches Rechtssystem zu schaffen, das innovative Arbeit belohnt.
Ich bin der festen Überzeugung, dass jetzt die Zeit gekommen ist, die vorgeschlagene Richtlinie anzunehmen. Um Ängste über die Patentierung von reinen Programmen zu zerstreuen, ist es nur recht und billig, in der Richtlinie eindeutig festzuhalten, dass diese immer außerhalb des Patentschutzes und auf dem Gebiet des Urheberrechts verbleiben sollen.
Meines Erachtens sollte die Richtlinie eindeutige Definitionen der Grundbegriffe enthalten. Wegen der Bedeutung der kleinen und mittleren Unternehmen in der Europäischen Union ist es ebenso wichtig, die Auswirkungen der Richtlinie auf deren Tätigkeit vollauf zu berücksichtigen.
Malcolm Harbour (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Gegen Ende einer interessanten Aussprache ist es an der Zeit, dahin zurückzukehren, worum es geht: den Kern der Thematik. Dies ist keine Erweiterung des bestehenden Patentrechts, hier werden keine neuen Felder erschlossen. Ziel des Ganzen ist die Klärung der aktuellen Lage, da das derzeitige Patentrecht uneinheitlich angewendet wird. In vielen Fällen wissen Unternehmen, die Patente wollen, nicht, woran sie sind. In einem Land erhalten sie ein Patent, in einem anderen nicht.
Zugleich sind wir uns aber wohl alle darüber einig, dass wir jenes Patentregime, das sich in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern sehr schnell auszubreiten scheint, nicht haben wollen, wo Patente für etwas, was wir relativ einfache Erfindungen in Bezug auf Geschäftsmethoden nennen würden, vergeben werden, während einfache Software, die durch das Urheberrecht geschützt sein müsste, nicht patentiert wird.
Die herausragende Frage lautet jedoch: wird dies eigentlich mit dem uns vorliegenden Vorschlag erreicht? Versetzen Sie sich in die Lage eines Patentprüfers, der ein Urteil darüber fällen muss, ob ein Patent erteilt werden kann. Ich möchte andeuten, dass dieser Wortlaut und viele weitere Textstellen hier nicht nur komplex, schwierig und undurchsichtig sind, sondern eigentlich in die völlig falsche Richtung gehen.
Das Problem besteht zum Teil darin – und ich nehme es in vielen Diskussionen hier wahr –, dass viele Kollegen die Tatsache nicht akzeptieren, dass es in nahezu jedem Bereich technischer Erfindungen auch eine Art Digitaltechnologie gibt. Die Vorstellung, dass ein Computer Dinge steuert oder unterstützt, ist eigentlich eher veraltet. In Ihrem Mobiltelefon tragen Sie eine Rechenleistung mit sich herum, die größer ist als die eines leistungsstarken PCs vor zehn Jahren. Dieser wird mit Anweisungen programmiert, und deshalb wollen natürlich Unternehmen mit technischen Innovationen, die diese Software beinhalten, diese auch schützen können.
Ich vermute, dass wir die falsche Richtung eingeschlagen haben: dies hilft weder kleinen noch großen Unternehmen und auch nicht der Open-Source-Bewegung. Wir müssen überlegen, ob wir hier nicht völlig versagt haben und es nicht an der Zeit ist, neu anzufangen.
Zuzana Roithová (PPE-DE).–(CS) Meine Damen und Herren! Das Europäische Patentübereinkommen schützt das öffentliche Interesse durch das Verbot der Patentierung all dessen, was keine technische Lösung ist, insbesondere wissenschaftlicher Theorien, ästhetischer Kreationen, mathematischer Methoden, von Plänen oder Regeln zur Ausführung von mentalen Handlungen und Computerprogrammen. Obwohl das Copyright es ermöglicht, Missbrauch auf diesem Gebiet zu verhindern, haben etwa 20 Unternehmen über 20 000 Patentanmeldungen für Computerprogramme eingereicht. Zu diesen gehören nicht nur Steuerungsprogramme für Geräte, die von Waschmaschinen bis zu besonderen medizinischen Vorrichtungen reichen, sondern auch reine Software und Geschäftsmethoden wie die Benutzung von Einkaufskörben für Käufe im Internet. Es ist eine bedauerliche Tatsache, dass nationale Patentämter und Gerichte in vielen Fällen zu unterschiedlichen Entscheidungen gelangen, und deshalb brauchen wir klare Vorschriften auf europäischer Ebene.
Ich muss leider sagen, dass wir immer noch auf eine aktualisierte allgemeine Richtlinie zum europäischen Patent warten. Diese Tatsache macht die heutige Debatte eher komplizierter, da es um eine spezielle Richtlinie geht, die sich nicht mit Konzepten befasst, sondern über den Rahmen des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Abkommen) hinausgeht. Dass sich große Unternehmen für die Richtlinie aussprechen, ist zweifellos ein wichtiger Faktor, aber von vielen Seiten, von Rechts- und Computerfachleuten, von der akademischen Gemeinschaft, von kleinen Firmen und vom tschechischen Senat zum Beispiel wurde auf die Uneindeutigkeit der Richtlinie hingewiesen. Solche Uneindeutigkeit birgt die Gefahr in sich, dass die Bestimmungen der Richtlinie im weiten Sinne ausgelegt werden können, was ernste Folgen für kleine und mittelständische Unternehmer und für die Verbraucher haben würde. Mehr noch, der Rat hat es bedauerlicherweise versäumt, eine Bewertung der Auswirkungen der Richtlinie auf kleine und mittlere Unternehmen und auf die neuen Mitgliedstaaten vorzunehmen, wie sie das Parlament gefordert hatte.
In diesem Hohen Haus hat sich ad hoc eine parteienübergreifende Koalition gebildet. Unser Ziel besteht in einer Kompromissvereinbarung über gemeinsame Änderungsanträge und in der Ermöglichung der Patentierung von Firmware, mit anderen Worten, von Steuerprogrammen für technische Geräte, nur in solchen Fällen, wo es sie als Teil einer Gesamterfindung gibt. Auch wollen wir für die Verbraucher die Interoperabilität erhöhen und die Gewährung von Patenten für triviale Ideen verhindern; schließlich kostet ein Patent 30 000 Euro, und das Bestätigungsverfahren dauert im Schnitt vier Jahre. Da kleine und mittlere Unternehmen die treibende Kraft auf dem IT-Sektor darstellen, indem sie 70 % des Umsatzes auf sich vereinen und 80 % der Arbeitsplätze stellen, wirken diese beiden Faktoren als Hindernisse für ein dynamisches Wachstum in diesem Sektor. Wir schlagen daher vor, dass zwischen Patenten für Maschinen und Patenten für reine Software deutlicher unterschieden wird.
Abschließend möchte ich die Kommission höflich bitten, sich klar dazu zu äußern, welche Fortschritte bei den Vorbereitungen für ein aktualisiertes europäisches Patent erzielt wurden. Falls die Richtlinie nicht erfolgreich abgeändert wird, würde meine gesamte Fraktion eher dagegen stimmen.
Carl Schlyter (Verts/ALE). – (SV) Herr Präsident! Heute haben wir die Wahl, ob wir ein altmodisches Patentrecht mit einer veralteten Sicht auf Großunternehmen und die Entwicklung oder eine moderne, kreative Entwicklung in kleinen Schritten mit einer modernen Gesetzgebung haben wollen.
Alle sagen, dass sie keine Softwarepatente wollen. Wir haben die katastrophalen Auswirkungen ihrer Einführung in den USA gesehen. Die einzige Möglichkeit, unsere Ansicht heute zu demonstrieren, besteht darin, für die 21 Kompromissänderungsanträge zu stimmen, die ich zusammen mit vielen anderen Abgeordneten unterschrieben habe. Damit würden wir eine intelligente, ausgewogene Gesetzgebung erhalten, bei der sowohl die Kreativität als auch ein vernünftiges Patenrecht ihren Platz haben.
Eine Ablehnung würde zeigen, dass wir vollständig in den Händen der Großunternehmen sind, und hätte ein Patentrecht zur Folge, bei dem die die Geräte steuernden Programme patentierbar würden. Das wäre das Gleiche wie ein Patentschutz für die Handbücher von Maschinen. Eine solche Welt wäre definitiv nicht modern.
Joaquín Almunia,Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Allen an der Erstellung des Vorschlags unmittelbar Beteiligten ist bewusst, dass wir es mit einem äußerst komplizierten Thema zu tun haben. Die Richtlinie lässt sich nicht auf den Kopf stellen. Was wir brauchen, ist eine ausgewogene Balance zwischen der Förderung von Innovation und der Garantie, dass der Wettbewerb nicht gehemmt wird.
Wie Kommissionsmitglied McCreevy im März 2005 erklärte, sind Sie jetzt am Zug. Was immer Sie beschließen, die Kommission wird es berücksichtigen und respektieren. Sollte Ihre Entscheidung sein, den Gemeinsamen Standpunkt abzulehnen, dann wird die Kommission keinen neuen Vorschlag vorlegen. Denken Sie auch daran, dass eine Ablehnung sich gegen viele europäische Unternehmen richten würde und unseren gemeinsamen Lissabonner Zielen der verstärkten Wettbewerbsfähigkeit Europas entgegenstünde.
In der Aussprache haben viele Abgeordnete die Frage der Interoperabilität angesprochen. Dieser Frage steht die Kommission durchaus flexibel gegenüber. Obligatorische Lizenzvergabesysteme sind bereits in innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorhanden. Sofern die Gleichbehandlung unterschiedlicher Softwareentwicklungsmodelle, ob „geschützt“ oder „Open Source“, sichergestellt ist, halte ich dies für eine angemessene Lösung. Unternehmen sollten motiviert werden, Lizenzen freiwillig zu erwerben. Wenn allerdings die Rechteinhaber ihre Rechte missbrauchen und unzumutbare Bedingungen aufstellen, dann sollten Behörden einschreiten können, um für faire Bedingungen zu sorgen.
Eine Ausnahmebeschränkung in Bezug auf die Interoperabilität zwecks Förderung offener Standards könnte ebenfalls ein vernünftiger Ansatz sein, vorausgesetzt, internationale Verpflichtungen werden eingehalten.
Einige Abgeordnete haben auch die Frage des Urheberrechts angesprochen. Lassen Sie mich hiermit klarstellen, dass das Urheberrecht und das Patentrecht jeweils absolut eigenständig sind. Durch sie werden unterschiedliche Aspekte eines neuen und originalen Gegenstands geschützt. Daher wird das Urheberrecht von Patenten nicht berührt.
Mit dem Urheberrecht wird der Ausdruck einer Idee geschützt, es bietet jedoch keinen Schutz für Erfindungen, und der Urheberrechtsschutz hält auch niemanden davon ab, eine Erfindung zu verwenden und sie in einer anderen Weise auszudrücken.
In Bezug auf kleine und mittlere Unternehmen und deren Zugang zum Patentsystem möchte ich auf zwei Aspekte verweisen. Erstens werden den Abgeordneten die Vorschläge der Kommission für ein Gemeinschaftspatent geläufig sein, das die Kosten des Patentschutzes innerhalb der Europäischen Union reduzieren würde. Zweitens haben wir eine Machbarkeitsstudie zur Frage der Versicherung gegen die Kosten von Patentstreitigkeiten in Auftrag gegeben. Sie befindet sich jetzt in der zweiten Phase, und es wurden Berater um konkrete Vorschläge ersucht.
Angesichts der hohen Anzahl von Änderungsanträgen stellen wir dem Sekretariat einen Überblick über den Standpunkt der Kommission schriftlich zur Verfügung, damit dieser in den ausführlichen Sitzungsbericht dieser Aussprache aufgenommen werden kann(1).
Abschließend hoffe ich, dass die Abstimmung positiv ausgeht. Sollte jedoch weitere Arbeit notwendig sein, um Einigung mit dem Rat zu erzielen, ist die Kommission bereit, die beiden Legislativorgane bei der Erzielung eines konstruktiven Ergebnisses zu unterstützen.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12 Uhr statt.
Schriftliche Erklärung (Artikel 142)
Alyn Smith (Verts/ALE). – (EN) Herr Präsident! Nachdem ich die verschiedenen in dieser Vormittagsdebatte vorgetragenen Argumente angehört habe, möchte ich die Abgeordneten dieses Hohen Hauses dringend ersuchen, die 21 Kompromissänderungsanträge zu unterstützen, mit denen die Einführung von Softwarepatenten in der morgigen Abstimmung unterbunden werden würde. Werden diese Änderungsanträge nicht angenommen, dann werden ich und viele andere gegen diese Entschließung stimmen.
Dieser Legislativentwurf widerspricht den Interessen der in der Softwarebranche tätigen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Europas. Wird dieses Gesetz morgen im Parlament angenommen, dann wird die Innovation gehemmt und ein dynamischer Teil des europäischen Mittelstands ebenfalls. Das Parlament muss gegen dieses Gesetz stimmen. Wir können es uns nicht leisten, dynamische europäische KMU zu lähmen. Die KMU sind die wichtigste Quelle neuer Arbeitsplätze in Europa. Das Urheberrecht leistet, was es soll. Softwarepatente sind der falsche Weg.
Die Kommission kann im Zusammenhang mit einem zufriedenstellenden und ausgewogenen Gesamtpaket die Änderungsanträge 5, 25, 48, 50, 67, 68, 80, 82, 101, 103, 122, 124, 143, 145, 166, 168 annehmen.
Die Kommission kann vorbehaltlich einer Neufassung oder Anpassung die Änderungsanträge 4, 16, 17, 19, 22, 23 (im Text umgestellt), 53, 85, 106, 127, 148, 171 annehmen.
Standpunkt der Kommission zu Änderungsanträgen des Parlaments: siehe Anhang.
7. Abstimmungsstunde
Die Präsidentin. Der nächste Punkt ist die Abstimmungsstunde.
(Die Ergebnisse und weitere Details der Abstimmung: siehe Protokoll.)
8. Bekämpfung von Kartoffelnematoden
9. Erweiterung: Protokoll zum Seeverkehrsabkommen EG/China
10. Übereinkunft zur Erhaltung der afrikanisch-eurasiatischen ziehenden Wasservögel
11. Antrag auf Schutz der Immunität und der Vorrechte von Umberto Bossi
12. Antrag auf Aufhebung der Immunität von Ashley Mote
13. Gefährliche Stoffe und Zubereitungen: Phthalate in Spielzeug und Babyartikeln
14. Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und Infrastrukturinvestitionen
- Nach der Abstimmung:
Giles Chichester (PPE-DE), Berichterstatter. – (EN) Frau Präsidentin, ich möchte das Hohe Haus nur davon in Kenntnis setzen, dass es in erster Lesung eine Richtlinie in Übereinstimmung mit dem Rat angenommen hat.
15. Antrag auf Schutz der Immunität und der Vorrechte von Umberto Bossi
16. Antrag auf Schutz der Immunität und der Vorrechte von Jean-Charles Marchiani
17. Europäische Zentralbank: Jahresbericht 2004
18. Informations- und Kommunikationsstrategie zum Euro und zur WWU
19. Aktionsplan für Umwelttechnologie
20. Ausbeutung von Kindern in Entwicklungsländern
- Vor der Abstimmung:
Manolis Mavrommatis (PPE-DE), Berichterstatter. – (EL) Frau Präsidentin! Erst letzte Woche zeigte die gesamte Welt Menschlichkeit, als sie Hunger und Armut in Afrika deutlich den Kampf angesagt hat. Das waren nicht nur musikalische Töne, es waren auch Botschaften der Humanität und der Unterstützung für einen Kontinent, wo Millionen von Menschen, einschließlich kleiner Kinder, verzweifelt eine helfende Hand suchen.
Gemeinsam mit den anderen Ländern hat die Europäische Union als eine der ersten auf die globale Einladung reagiert. Diese Aktion unterstreicht, wie wichtig es ist, dass wir aufmerksam und wachsam sind.
Der Bericht über die Ausbeutung von Kindern in Entwicklungsländern unter besonderer Berücksichtigung der Kinderarbeit ist die erste Aktion, die sich umfassend mit dem Phänomen der Kinderarbeit beschäftigt, das weltweit, insbesondere in Afrika, Asien sowie in Mittel- und Südamerika, beunruhigende Ausmaße angenommen hat.
Konkret heißt dies, dass 352 Millionen Kinder unter 18 Jahren arbeiten. Nahezu die Hälfte von ihnen arbeitet an Orten, die Gefahren für ihre körperliche und seelische Gesundheit mit sich bringen, während 1 800 000 Kinder von Prostitutions- und Pornoringen ausgebeutet werden.
Dieses Phänomen betrifft nicht nur die Entwicklungsländer, sondern auch die Europäische Union. Erinnert sei nur daran, dass auch in Osteuropa und im Mittelmeerraum fünf Millionen Kinder der Ausbeutung am Arbeitsplatz ausgesetzt sind. Es ist jedoch die Tatsache, dass 121 Millionen Kinder – 65 Millionen davon sind Mädchen – niemals eine Schule besucht haben, die die Alarmglocken schrillen lässt.
Die Schlussfolgerungen des Weltkindergipfels 1990 enthielten auch das Ziel, dass bis zum Jahr 2000 alle Kinder der Welt Zugang zur Bildung und mindestens 80 % von ihnen die Möglichkeit zum Abschluss der Grundbildung haben sollen. Die Länder müssen sich bewusst machen, dass sie, wenn sie nicht in die Qualität ihrer Humanressourcen investieren, dazu verurteilt sind, in ihrer Unterentwicklung zu verharren. Das ist das Hauptelement, das ich in meinem Bericht hervorheben möchte.
(Beifall)
Die Präsidentin. Damit ist die Abstimmungsstunde beendet.
21. Begrüßung
Die Präsidentin. Ich freue mich, eine Delegation des indischen Parlamentes auf der Ehrentribüne willkommen heißen zu dürfen.
(Beifall)
Die Delegation steht unter der Leitung des Vizepräsidenten des Rates der Staaten, Herrn Raman Khan, der von vier Mitgliedern des Hauses des Volkes und drei Mitgliedern des Rates der Staaten begleitet wird. Im Namen unseres Hauses begrüße ich die Delegation, die in Straßburg ist, um an dem zwölften Interparlamentarischen Treffen des Europäischen Parlaments mit Indien teilzunehmen.
Letztes Jahr traf sich bereits eine Arbeitsgruppe unseres Hauses mit Ihren indischen Kollegen in Neu Dehli und dieser Besuch bestätigt nun das erneute Interesse an einem Austausch in der jetzigen Wahlperiode, einer neuen Wahlperiode sowohl für Indien als auch für uns. Wir freuen uns ganz besonders über die ständige und stetig wachsende fruchtbare Zusammenarbeit mit Indien, und wir werden unser Teil dazu beitragen, um diese Zusammenarbeit zwischen unseren Parlamenten zu vertiefen. Herzlich willkommen!
(Beifall)
VORSITZ: JOSEP BORRELL FONTELLES Präsident
22. Feierliche Sitzung – Italien
Der Präsident. Herr Ciampi, meine Damen und Herren! Es ist für uns eine Ehre und ein Privileg, heute in diesem Hohen Haus den Präsidenten der Italienischen Republik, Carlo Azeglio Ciampi, zu empfangen.
Wir alle kennen ihn und erinnern uns an ihn als einen hervorragenden Gouverneur der Bank von Italien und den Ministerpräsidenten, der schwierigen Zeiten innerhalb des italienischen politischen Systems trotzen musste, den geschickten und hartnäckigen Finanzminister in den Regierungen Prodi und D'Alema und heute den von allen Italienern geliebten Präsidenten der Republik.
Ich glaube, wir sollten uns in dieser besonders schwierigen Zeit für Europa daran erinnern, dass Präsident Ciampi der Minister war, der entscheidend zum Beitritt Italiens zum Euro beitrug, und es ist gut, sich dessen zu einem Zeitpunkt zu entsinnen, da einige Leute inzwischen den Euro als eine unbequeme Zwangsjacke und nicht als grundlegendes Instrument für den Wohlstand und die wirtschaftliche Stabilität ansehen.
Ich hatte erstmals im Oktober des vergangenen Jahres in Rom bei der Unterzeichnung des Verfassungsvertrags Gelegenheit, Präsident Ciampi persönlich zu begegnen. Ihre Persönlichkeit und Ihre Ansichten über den europäischen Aufbau haben mich damals tief beeindruckt. Ich kannte bereits den Politiker, aber in Rom hatte ich Gelegenheit, den Menschen kennen zu lernen, der immer klar und leidenschaftlich für ein Europa eintrat, das Garant für Frieden und Demokratie sowie für wirtschaftliche und soziale Entwicklung ist.
Meine Damen und Herren! Dies ist ein Mann, der sich immer daran erinnerte, wie Europa am Ende des Zweiten Weltkriegs aussah, und der Zeuge der Verwirklichung des Traums jener Menschen wurde, die die Fundamente für das heutige Europa legten: ein Europa, das in den Augen vieler, vor allem der jungen Generationen, den Eindruck vermittelt, dass es nicht notwendig ist, Willenskräfte zu mobilisieren, um seinen Fortbestand und seine Weiterentwicklung zu sichern. Wir Abgeordnete des Europäischen Parlaments wissen, dass dem nicht so ist, dass Europa nicht von allein errichtet wird, dass der Frieden nicht sicher ist, dass der Frieden niemals sicher ist und dass er natürlich ohne den Erfolg des europäischen Aufbauwerks nicht gesichert worden wäre.
Das Europa, das wir haben, ist keine Episode in der Geschichte. Es ist weder durch einen Zufall entstanden noch hat es in den Sternen gestanden, und es sind große Anstrengungen zu seiner Verwirklichung erforderlich. Wir brauchen Europa, aber um es Realität werden zu lassen, sind die Anstrengungen vieler, die Ihrigen, Herr Präsident, und die von uns allen notwendig. Es ist das Ergebnis einer allmählichen Entwicklung, bei der wir beim Vorwärtsschreiten gelernt haben, was Engagement, Enthusiasmus und manchmal Enttäuschungen einschließt.
Präsident Ciampi kommt zu einem Zeitpunkt in das Europäische Parlament, an dem wir eine gewisse Ernüchterung erleben. Er wird uns helfen zu verstehen warum, da er sehr wohl weiß, dass Europa ein Traum war, der auf Frieden und Zusammenarbeit fußte. Dieser Traum ist heute Wirklichkeit, und gerade aus diesem Grunde inspiriert es nicht mehr zum Träumen. Es hat seine Fähigkeit eingebüßt, die Menschen zum Träumen zu bringen. Wir müssen allen gemeinsame, neue Elemente, neue Ideale finden, andere als die von vor ein paar Jahrzehnten, um sicherzustellen, dass Europa wieder Enthusiasmus inspiriert, die Menschen träumen lässt, sie wünschen lässt, dass die Notwendigkeit Realität wird. Ich glaube, dass die Anwesenheit von Herrn Ciampi bei dieser Debatte über die Zukunft Europas, die er heute hier symbolisch einläutet, sehr dienlich ist. So, glaube ich, sollten wir seine Präsenz im Europäischen Parlament interpretieren, weil wir vielleicht alle gemeinsam ein neues, junges Europa im Stil von Giuseppe Mazzini schaffen und in diesem Jahr an seinem 200. Geburtstag an seine Idee erinnern müssen, dass die Demokratie und die Freiheit die Menschen vereinen, unabhängig davon, wo sie leben.
Herr Präsident, wir sind überzeugt, dass Ihr Besuch, Ihr Beispiel und Ihre Worte an dem schwierigen Scheideweg, an dem sich Europa heute befindet, sehr hilfreich für uns sein werden, um weitere Fortschritte beim Aufbau eines Europas machen zu können, das nicht nur in der Lage ist, Frieden und Zusammenarbeit zu gewährleisten, sondern auch Wohlstand und Sicherheit, und das fähig ist, im Rest der Welt das zu tun, was hier getan wurde: eine Gesellschaft zu schaffen, die auf der Achtung der Vielfalt, auf der Integration der Unterschiede und dem Aufbau einer gemeinsamen Identität basiert.
Herr Ciampi, es ist eine Ehre für das Europäische Parlament, Sie willkommen zu heißen, und ich erteile Ihnen das Wort.
(Beifall)
Carlo Azeglio Ciampi,Präsident der Italienischen Republik. – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen für den warmherzigen Empfang, den Sie mir bereitet haben, und insbesondere danke ich Ihnen, Herr Präsident, für die herzlichen Worte, mit denen Sie mich vorgestellt haben.
Ich empfinde es als große Ehre, im höchsten Forum der europäischen Demokratie zu sprechen und der Stimme der Italienischen Republik im Zentrum des verfassungsmäßigen Systems der Union Gehör zu verschaffen. Ich verwende absichtlich das Adjektiv „verfassungsmäßig“, weil die Rechtsordnung, die wir gemeinsam seit 50 Jahren Vertrag um Vertrag aufgebaut haben, verfassungsmäßig ist.
Die Europäische Union ist nicht nur eine wirtschaftliche Freihandelszone, und kann es auch nicht sein.
(Beifall)
Sie ist vor allem seit ihren Anfängen ein politisches Gebilde, ein Rechtsraum, eine verfassungsmäßige Realität, die unseren geliebten nationalen Verfassungen nicht entgegen steht, sondern die sie verbindet und ergänzt. Sie ist ein politisches Gebilde, das die Identität unserer Nationalstaaten nicht negiert, sondern sie angesichts der großen Herausforderungen eines immer weiter gesteckten Rahmens verstärkt. Sie ist ein Rechtsraum, auf den jeder andere Erdenbewohner mit der Zuversicht blicken kann, dass hier die Werte des Menschen besser geachtet werden als anderswo. Die anspruchsvolle Definition der Union im Verfassungsvertrag als ein „Raum..., in dem sich die Hoffnung der Menschen entfalten kann“ ist berechtigt.
Von dieser Position aus müssen wir alle zusammen weiter voranschreiten, sowohl die 11 Mitgliedstaaten, die, wie Italien, den Verfassungsvertrag bereits ratifiziert haben, als auch die Staaten, die dies noch tun müssen, und die zwei Länder, die ihn abgelehnt haben. Wir sind unwiderruflich durch einen einheitlichen institutionellen Rahmen verbunden. Er ist bereits stark genug, um es uns zu ermöglichen, viele Dinge für unsere Bürger gemeinsam zu tun, um die Zustimmung der Bevölkerung, die dem Vertrag in einigen Ländern verweigert wurde, zurückzugewinnen und unsere Institutionen, die uns durch eine erfolgreiche Vergangenheit überliefert wurden, zu festigen.
Gerade weil wir bereits ein politisches und verfassungsmäßiges Gebilde sind, können wir realistisch einschätzen, welche Bedeutung die Ablehnung hat, die in zwei Ländern erfolgt ist, die seit den Anfängen mit der europäischen Entwicklung verbunden sind. Noch vor wenigen Monaten, anlässlich der feierlichen Unterzeichnung des Verfassungsvertrags durch die 25 Regierungen der Union in Rom, stieß das Einheitsprojekt auf allgemeine Zustimmung. Binnen weniger Monate machte sich die Besorgnis breit, die Bürger wären von den für ihre Zukunft wichtigen Entscheidungen ausgeschlossen, und die Sorgen wegen des ausbleibenden Wirtschaftswachstums nahmen zu. Aber ist es wirklich gerechtfertigt, den Ausgang der Referenden als Abkehr von der Einheit Europas auszulegen? Ist es gerechtfertigt, der Versuchung nachzugeben, sogar das Projekt der Gründerväter in Frage zu stellen?
Wenn wir genauer hinsehen, erscheint uns der Römische Vertrag vom Oktober 2004 eher als Blitzableiter einer allgemeinen Unzufriedenheit, die sich nicht so sehr auf das institutionelle Gefüge als vielmehr auf die Regierungspolitik der Union bezieht. Wir stellen sogar etwas Absurdes fest. Die inständige Forderung nach einer politischen Wiederbelebung der Union, die dringender als die ebenfalls notwendigen institutionellen Reformen ist, zeugt von dem Bewusstsein einer Schicksalsgemeinschaft, auf die sich eine Verfassung wirklich gründet. Deshalb müssen wir nun an die Politik für die Zukunft der Union denken, ohne jedoch das von dem engagierten Konvent entworfene Verfassungsprojekt aufzugeben.
Was verlangt die Zukunft dringend von unserem Europa? Sie verlangt vor allem, um es mit den Worten von Ortega y Gasset zu sagen, dass das Rückgrat der Union aus Maßnahmen für den politischen Zusammenhalt, den physischen Zusammenhalt und den sozialen Zusammenhalt bestehen muss.
Das Grundprinzip der Subsidiarität muss als ein Prinzip des politischen Zusammenhalts ausgelegt werden, das von unten her, beginnend bei den Tausend und Abertausend Gemeinden unserer Union, die Mitwirkung an den Entscheidungen der Gemeinschaft ermöglicht. Die Existenz der Europäischen Union muss von diesen Ebenen ausgehen.
Europa braucht außerdem physischen Zusammenhalt, Verkehrs- und Kommunikationsstrukturen, die bei gleichzeitiger Rücksichtnahme auf die Umwelt und die Landschaft die Europäer näher zusammenbringen.
Europa, das den Wohlfahrtsstaat erfunden hat, braucht schließlich sozialen Zusammenhalt. Wir können nicht zulassen, dass zwischen den Ländern und somit unter der Bevölkerung, die durch unsere internationale Rechtspersönlichkeit einheitlich vertreten wird, nach wie vor beträchtliche Unterschiede im Lebensstandard bestehen. Deshalb ist es für Europa erforderlich, dass das historische Ziel der Annäherung und des Zusammenhalts durch geeignete wirtschaftspolitische Maßnahmen erreicht wird.
Ich habe stets, zunächst als Banker und später als Politiker, die Auffassung vertreten, dass der Grundsatz des freien Marktes in der Wirtschaftskultur der Union die Fähigkeit bedeutet, auf dem Markt in der Sprache des Marktes zu sprechen, was jedoch nicht heißen darf, all seinen Launen nachzugeben.
(Beifall)
Es ist die mangelnde politische Entschlossenheit der einzelstaatlichen Regierungen, die eine wirksame Koordinierung ihrer Haushaltspolitik verhindert. Dadurch wird es der Union erschwert, mittels eines gemeinsamen Fonds, der auch durch internationale Kreditaufnahmen Europas gespeist wird, große im europäischen Interesse liegende Infrastrukturvorhaben und wichtige gemeinsame Forschungs- und Innovationsinitiativen zu finanzieren sowie einen Bestand gemeinsamen öffentlichen Vermögens zu schaffen. Die Lissabon-Strategie ist das erste Glied einer Kette, die zur Steuerbarkeit der europäischen Wirtschaft führen muss. Von den einzelstaatlichen Regierungen muss eine klare Botschaft kommen, die durch die Bereitstellung öffentlicher Ressourcen glaubhaft wird. Die viel bemühte Flexibilität muss von den Unternehmen genutzt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, die Produktionsbasis auszubauen und den Absatz in Europa und weltweit zu steigern.
Europa muss sich wieder stärker für die großen Gemeinschaftsprojekte engagieren. In diesem Bereich waren wir vielfach erfolgreich, auch in den letzten Jahren, beispielsweise im Rahmen des CERN und der Europäischen Raumfahrtagentur, mit den Projekten ITER und Galileo, die einen erheblichen Beitrag zur Stärkung der technologischen Kapazitäten Europas geleistet haben, und mit dem Projekt Erasmus, das über einer Million Jugendlichen neue europäische Horizonte eröffnet hat. Auch Airbus ist ein Beispiel dafür, was wir gemeinsam erreichen können, wenn wir uns nur zusammentun.
Voller Zuversicht können wir auch auf das Initiativpotenzial der Eurozone blicken, in der gegenwärtig Jean-Claude Juncker den Vorsitz führt, dem ich, auch im Namen unserer langen Freundschaft und Zusammenarbeit, meine besten Wünsche übermittle. Der Euro ist der fortschrittlichste Ausdruck des Einheitswillens der europäischen Völker und eine Triebkraft der politischen Integration. Es ist ein ermutigendes Vertrauenssignal, dass sechs der zehn neuen Mitgliedstaaten bereits dem Europäischen Wechselkursmechanismus SME 2 beigetreten sind und damit die ersten Schritte für einen Beitritt zur Eurozone vollzogen haben. Die greifbaren Vorteile, die sich aus der Teilnahme an der gemeinsamen Währung ergeben, sind für alle ersichtlich: Schutz vor Wechselkursschwankungen, niedrige Zinssätze und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in den Ländern der Eurozone, die eine tragfähige Politik verfolgt haben.
(Mario Borghezio unterbricht den Redner lautstark, und es werden Transparente entfaltet.)
Der Präsident. Ich bitte die Saaldiener, umgehend dieses Symbol zu entfernen. Begleiten Sie den Abgeordneten zur Tür, verweisen Sie ihn aus dem Saal! Verweisen Sie ihn unverzüglich aus dem Saal! Ich habe gesagt, verweisen Sie ihn aus dem Saal!
(Beifall)
Würden die Saaldiener bitte jegliche Symbole oder Elemente entfernen, die die Ordnung im Plenarsaal stören könnten.
(Zwischenrufe)
Bitte, stellen Sie sicher, dass niemand im Plenarsaal verbleibt, der die normale Ordnung stören könnte. Wenn es jemanden gibt, weisen Sie ihn aus dem Saal.
(Die betroffenen Abgeordneten werden aus dem Saal gewiesen.)
Es tut mir Leid, Herr Präsident. Fahren Sie fort.
(Beifall)
Carlo Azeglio Ciampi,Präsident der Italienischen Republik. – (IT) Sowohl die Festigung des Euro auf den Weltmärkten als auch die von der Europäischen Zentralbank verfolgte Politik der Preisstabilität müssen wir als außerordentliche Erfolge verbuchen, doch dürfen wir uns nicht länger mit der bestehenden Situation zufrieden geben. Die bestätigte und berechtigte Unerschütterlichkeit des Stabilitätspakts an sich ist noch keine Wachstumsgarantie, wenn wir weiter untätig bleiben. Die positiven Effekte des Euro werden weiterhin nur mühsam sichtbar werden, wenn kein koordiniertes Management der einzelstaatlichen Haushalte sowie des wirtschaftspolitischen Kurses der Mitgliedstaaten erfolgt. Nur auf dieser Grundlage wird die Union das ihr durch die gemeinsame Währung verliehene Potenzial voll ausspielen können, sich als globaler Wirtschaftsakteur zu behaupten und einen Wirtschafts- und Währungsblock zu festigen, der die Interessen der Bürger und die Abläufe seiner ausgewogenen Entwicklung zu fördern vermag.
Jetzt erwarten wir voller Zuversicht auch eine Einigung über die Finanzielle Vorausschau der Union. Zwar ist eine offene und freimütige politische Auseinandersetzung über die Schwerpunkte für die Tätigkeiten der Union begrüßenswert, doch muss so schnell wie möglich ein Haushaltsplan der Gemeinschaft angenommen werden, der nicht nur für ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Forderungen der Staaten steht, sondern auch auf kohärenten und solidarischen Zielen basiert. Ich wünsche dem britischen Premierminister und amtierenden Ratspräsidenten der Europäischen Union, Tony Blair, wirklich viel Erfolg für die Arbeit, die zu vollbringen er sich vor diesem Parlament verpflichtet hat.
Die Lebenskraft des europäischen Modells wird auch von der Fähigkeit abhängen, neue Kräfte in unseren Ländern zu mobilisieren. Nur wenn wir einen Dialog und ein konstruktives Zusammenleben zwischen den Unionsbürgern und gebietsansässigen Drittstaatsangehörigen entwickeln, wird es uns gelingen, die besten Aspekte unserer Zivilisation zu festigen.
Schließlich erfordert die Zukunft unseres Europa sicherheits- und friedenspolitische Maßnahmen. Die internationale Vision von unserer Europäischen Union, die auf der Vorrangigkeit des Rechts und auf dem Vertrauen in das multilaterale System beruht, weckt weltweit Erwartungen und Hoffnungen. Doch nur, wenn Europa geeint ist, wird es Einfluss auf die internationalen Gleichgewichte nehmen können. Wenn jeder für sich allein handelt, würden wir zum Spielball von Geschehnissen, die stärker sind als wir, Geschehnisse, die den Frieden und die Sicherheit Europas gefährden.
Gemäß diesem Ansatz hat sich das Europäische Parlament seit langem mit dem Problem der einheitlichen Vertretung Europas in der UNO befasst. In der im Juni angenommenen Entschließung wird ebenso wie in der vorangegangenen Entschließung vom Januar 2004 bekräftigt, dass ein gemeinsamer Sitz der Europäischen Union im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das Ziel der Europäischen Union bleiben muss.
(Beifall)
Diese klare Vorstellung gereicht dem Europäischen Parlament zur Ehre. Das Wissen um unsere gemeinsamen Wurzeln und die gemeinsame Erinnerung an die Höhen und Tiefen unserer Geschichte bestätigen das Vorhandensein eines höheren europäischen Interesses, das die nationalen Interessen harmonisiert, sie vor Exzessen, wie sie uns in der Vergangenheit gepeinigt haben, schützt und sie im Rahmen einer gemeinsame Vision unserer Beziehungen mit der Welt fördert.
Das erweiterte Europa hat nunmehr die Grenzen seiner kulturellen und historischen Identität berührt. Obgleich die Grenzen Europas geografisch gesehen nicht genau bestimmt werden können, ist der gemeinsame Raum der von der Europäischen Union vermittelten Grundsätze, Werte und Regeln heute genau bestimmbar.
Die Erweiterung der Union stellte eine historische Verpflichtung gegenüber den Völkern dar, die im EU-Beitritt die Garantie für ihre wiedergewonnenen Freiheiten sahen, die Krönung einer quasi ein halbes Jahrhundert lang gehegten Erwartung. Von den neuen Mitgliedstaaten, die ein Recht darauf haben, in einer effizienten Union zu leben, die sich ihnen gegenüber ebenfalls solidarisch zeigt, erwarten wir einen konstruktiven und begeisterten Beitrag, wie er von ihnen ja auch bereits geleistet wurde. Die erweiterte Union wird geeint voranschreiten. Doch gerade weil sie größer geworden ist, wird sie mehr denn je bahnbrechende Initiativen brauchen, die den Weg zur Vollendung der Einheit Europas weisen.
Meine Damen und Herren! Das Europäische Parlament hat die Pflicht, die Europäische Union wieder zu einem allgemeinen Gefühl der Menschen zu machen. Es ist an Ihnen, die Forderungen der Bürger nach noch mehr Demokratie, Transparenz und Regierungsfähigkeit zu erfüllen. Seit das Europäische Parlament am 14. Februar 1984 den Entwurf einer europäischen Verfassung von Altiero Spinelli vorlegte, hat dieses Plenum ständig seine stärkere Einbeziehung in die Revision der Verträge gefordert. Jetzt obliegt dem europäischen Organ mit dem höchsten Repräsentationsgrad die historische Verantwortung, den Verfassungsbestand nicht zu zerpflücken und dafür Sorge zu tragen, dass während der Denkpause über die Verfassung diese dabei nicht auf der Strecke bleibt.
(Beifall)
Auch in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats vom 16. und 17. Juni wird zu einer Debatte aufgefordert, durch die das Interesse geweckt werden soll, und an die EU-Organe appelliert, ihren Beitrag dazu zu leisten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Vor nunmehr vielen Jahren konnte ich als Hochschulstudent in Italien und in Deutschland erleben, mit welcher Unbesonnenheit die europäischen Staaten mit dem Zweiten Weltkrieg die Vernichtung einer ganzen Generation einleiteten.
(Beifall)
Deshalb sehe ich voller Sorge auf jede Verlangsamung, jede Krise des europäischen Integrationsprozesses. Ich hoffe jedoch, dass Sie meinen Ausführungen ein klares Vertrauen in die Zukunft entnommen haben. Mitte des vergangenen Jahrhunderts haben große und kluge Männer ein Gebäude errichtet, das nicht zerstört werden kann, doch müssen wir wachsam sein wie Leuchtturmwärter, um die Jugendlichen vor neuen Gefahren zu warnen.
Meine Amtszeit als Präsident der Italienischen Republik geht in nicht allzu ferner Zukunft zu Ende. Vor sechs Jahren, nach dem Amtseid, schloss ich meine Rede vor dem italienischen Parlament mit einer Erklärung, in der ich meine Verpflichtung gegenüber Italien und der Europäischen Union bekundete und bekräftigte, und der ich meines Wissens in diesen geschichts- und veränderungsträchtigen Jahren treu geblieben bin. Diese Verpflichtung möchte ich jetzt gern vor Ihnen erneuern. Hoch lebe Europa, hoch lebe die Europäische Union!
(Beifall)
Der Präsident. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige kurze Dankesworte an Herrn Ciampi. Ich möchte dies nicht vergessen, wie es mir bei anderen Gelegenheiten in der Emotion des Augenblicks widerfahren ist. Nachdem ich Ihnen zugehört habe, Herr Ciampi, glaube ich, dass ich im Namen der großen Mehrheit der Abgeordneten dieses Parlaments sagen kann, dass diese Institution Ihre Worte im Gedächtnis bewahren wird. Sie haben bewiesen, dass Sie zum jungen Europa gehören. Jawohl, zum jungen Europa.
(Beifall)
Denn wie Picasso sagte, „braucht man sehr lange, um jung zu werden“. Und Sie haben gezeigt, dass es möglich ist, zu einer Zeit jung zu werden, da die Jugend gerade am meisten gebraucht wird.
Ich bedauere den Zwischenfall, der in keiner Weise die Billigung der Mehrheit dieses Hohen Hauses findet, ganz im Gegenteil, und ich wünsche innigst, dass uns die von Ihnen hier geäußerten Gedanken in der Debatte helfen werden, die wir fortsetzen müssen. Sie haben es sehr deutlich ausgesprochen. Gestatten Sie mir, Ihnen nochmals Dank zu sagen.
Europa ist eine Erfolgsgeschichte, aber es könnte an seinen Erfolgen zugrunde gehen. Um das zu verhindern, dürfen wir nicht erlauben, dass die wertvollsten und sensibelsten Elemente unseres Zusammenlebens trivialisiert werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass uns die Realität des Alltags den Wert dessen vergessen lässt, was wir erreicht haben. Wir dürfen nicht zulassen, dass etwas Wunderbares als etwas Alltägliches behandelt wird.
Deshalb, Herr Ciampi, danken wir Ihnen nochmals für Ihre Anwesenheit bei uns und hoffen, dass Ihre Worte außerhalb dieses Plenarsaals gehört werden.
(Beifall)
VORSITZ: Dagmar ROTH-BEHRENDT Vizepräsidentin
Bruno Gollnisch (NI). – (FR) Frau Präsidentin, ich gründe meinen Hinweis auf Artikel 166, 75 und 83 der Geschäftsordnung sowie auf Artikel 48 des EU-Vertrags, da uns die Artikel 75 und 83 der Geschäftsordnung auf den Wortlaut in den Verträgen verweisen. Ich werde mich ganz kurz fassen.
Nach Artikel 48 EU-Vertrag treten die Änderungen zu diesem Vertrag nach der Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten gemäß deren jeweiligen Verfassungsbestimmungen in Kraft. Da in Artikel 48 von allen Mitgliedstaaten die Rede ist, liegt auf der Hand, dass die Ablehnung des Verfassungsvertrages durch zwei dieser Staaten – Frankreich und die Niederlande – und durch viele andere auch, wenn deren Bevölkerungen befragt worden wären, den Verfassungsvertrag und folglich auch den Beitrag von Präsident Ciampi – ich bedauere, das so sagen zu müssen, bei allem Respekt für seine Person und sein Amt – null und nichtig gemacht hat.
Jan Mulder (ALDE),schriftlich. (NL) Die Mitglieder der Volkspartei für Freiheit und Demokratie innerhalb der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa haben sich bei der Abstimmung über die Richtlinie zur Bekämpfung von Kartoffelnematoden der Stimme enthalten, weil diese Richtlinie ihrer Meinung nach in keinem Verhältnis zum Ernst der Problematik steht und außerdem dem Subsidiaritätsprinzip nicht entspricht. Die Durchführung dieser Richtlinie wird wegen der zahlreichen Proben, die kraft der Bestimmungen der Richtlinie zu nehmen sind, die Kosten in die Höhe treiben. Zudem wird die Richtlinie in Verbindung mit den Verzeichnissen, die aufgestellt werden müssen, gewaltige Verwaltungskosten nach sich ziehen. Hinzu kommt, dass diese Kosten in den Mitgliedstaaten zwischen den Behörden und dem Sektor aller Wahrscheinlichkeit nach unterschiedlich aufgeteilt werden, was zu Wettbewerbsverzerrungen führen wird.
Luís Queiró (PPE-DE),schriftlich.(PT) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, weil ich glaube, dass diese Übereinkunft einen bedeutenden Beitrag zum Schutz wandernder Wasservögel leisten wird. Deshalb wird sie sich sowohl mit Umweltbelangen speziell im Zusammenhang mit den betreffenden Vögeln als auch mit dem allgemeineren Problem der Umwelterhaltung befassen. Letzteres sollte uns allen sehr am Herzen liegen, bedenkt man die Vorteile, die einzelne Mitgliedstaaten aus ihrer Umwelt ziehen können, sowie politisch im Hinblick auf den Schutz, den wir an zukünftige Generationen weitergeben werden.
David Martin (PSE),schriftlich. (EN) Ich habe für diesen Bericht gestimmt. Der Vorschlag für einen Beschluss des Rates betrifft den Abschluss des Abkommens zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel durch die Europäische Gemeinschaft am 1. September 1997, das seit dem 1. November 1999 in Kraft ist. Es gehört zum Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten, das 235 Vogelarten schützt, die von Feuchtgebieten, insbesondere in Afrika und Europa, ökologisch abhängig sind. Es fordert koordinierte Maßnahmen zum Erhalt und zur Bewahrung eines guten Populationsbestands für wandernde Wasservogelarten, die Flugrouten zwischen Afrika und Europa benutzen.
Johannes Blokland (IND/DEM),schriftlich. (NL) Parlament und Rat haben in den vergangenen sieben Jahren intensive und emotionale Debatten über den Einsatz von Weichmachern in PVC-Spielzeug geführt. Zu meinem Bedauern dominierten in der Aussprache die Emotionen über die Vernunft. Bei der Behandlung in der ersten und zweiten Lesung habe ich mich sehr daran gestört.
Der gemeinsame Standpunkt stützt sich nicht gänzlich auf wissenschaftliche Tatsachen. Die nachfolgende Verschärfung des gemeinsamen Standpunkts, den das Parlament heute angenommen und den der Rat bereits verabschiedet hat, ist sogar noch weiter von dem entfernt, was auf wissenschaftlichen Grundlagen als annehmbar erscheint.
Aus diesem Grund kann ich dieser Verschärfung nicht zustimmen. Gleichwohl bin ich auch realistisch genug, um zu erkennen, dass eine Gegenstimme jetzt nicht ins Gewicht fallen wird, weswegen ich mich bei der Abstimmung über die Kompromissänderungsanträge der Stimme enthalten habe.
Einzelheiten entnehmen Sie bitte meinem Beitrag in der Aussprache vom 5. Juli 2000. Die damals von mir vorgetragenen Argumente sind heute immer noch aktuell.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL),schriftlich.(PT) Zwischen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordischen Grünen Linken, der Fraktion der Grünen/Freien Europäischen Allianz, der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament und der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischen Demokraten wurde eine Kompromissvereinbarung geschlossen, um den Bericht Trakatellis zur Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe, das heißt den Zusatz chemischer Elemente zu PVC zum Weichmachen des Kunststoffs, anzunehmen. So müsste es uns nun gelingen, das Verfahren in der zweiten Lesung abzuschließen.
Wir begrüßen die Annahme dieses Berichts, weil er zu einem dauerhaften Verbot der Verwendung von sechs chemischen Substanzen in Artikeln für Kinder vor dem Hintergrund von Studien führt, die zeigen, dass diese Stoffe in einigen Fällen krebserzeugend, erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend sein können.
Dies ist eine begrüßenswerte Entscheidung und ein positiver Beitrag zum Schutz der Kinder im Besonderen und der öffentlichen Gesundheit im Allgemeinen.
Marie Anne Isler Béguin (Verts/ALE),schriftlich. – (FR) Indem das Parlament für die schrittweise Beseitigung von Phthalaten in Kinderspielzeug stimmte, hat es letztlich dem nachdrücklichen Lobbyismus der Spielzeug- und Babyartikelindustrie standgehalten und das Vorsorgeprinzip und den Gesundheitsschutz in den Vordergrund gestellt. Spielzeug aus Weich-PVC-Material ist umso gefährlicher, als Kinder die Neigung haben, alle sie umgebenden Gegenstände in den Mund zu nehmen. Die Phtalate zu verbannen, war daher ein Gebot des öffentlichen Gesundheitsschutzes. Die heutige Abstimmung ist insofern ein Erfolg.
Aber dieser Beschluss macht zugleich weitere Beschlüsse notwendig, denn die schädlichen Substanzen in Weich-PVC sind nicht nur in Spielzeug, sondern auch in anderen Gegenständen des täglichen Lebens enthalten. Das Parlament und der Rat haben völlig zu Recht dazu aufgerufen, auch die anderen Erzeugnisse aus Weich-PVC zu bewerten. Wenn die Industrie in dem Maße in die Verantwortung genommen werden will, wie sie vorgibt, muss sie unbedingt den Einsatz von Weich-PVC einstellen, und zwar nicht nur in Spielzeug, sondern auch in anderen Erzeugnissen (medizinische Vorrichtungen, Fußbodenbeläge und Lebensmittelverpackungen). Denn bereits seit vielen Jahren gibt es Ersatzstoffe, und es ist auch nicht verboten, sich gesundheitsfreundlichen Produkten natürlichen Ursprungs zuzuwenden.
David Martin (PSE),schriftlich. (EN) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, um einen Rechtsakt zu unterstützen, der auf einen verbesserten Gesundheitsschutz für Kinder und auf die Schaffung von Vertrauen bei den Verbrauchern abzielt, indem er einen strengen ordnungspolitischen Rahmen für die Herstellung und Vermarktung von phthalathaltigen Spielzeug- und Babyartikeln vorgibt. Damit soll die Exposition von Kindern gegenüber Stoffen, die die Gesundheit nachweislich oder potenziell gefährden, so gering wie möglich gehalten werden.
Ich begrüße den im Ausschuss erzielten Kompromiss über ein altersunabhängiges Verbot von sechs Phthalaten in Kinderspielzeug.
Catherine Stihler (PSE),schriftlich. (EN) Dieser Bericht hat lange auf sich warten lassen. Ich bin voll und ganz für die Beschränkung des Inverkehrbringens von Phthalaten in Spielzeug. Die Gesundheit der Kinder muss an erster Stelle stehen.
Adam Jerzy Bielan (UEN),schriftlich.(PL) Im Folgenden möchte ich auf drei wichtige Aspekte der Energieversorgungssicherheit hinweisen, denen im Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates nicht gebührend Rechnung getragen wurde. Erstens müssen verstärkt erneuerbare Energiequellen herangezogen werden. Zweitens gilt es, für eine ausgewogene Verwendung verschiedener primärer Brennstoffe zu sorgen. Drittens muss die Versorgung mit verschiedenen primären Brennstoffen, die aus unterschiedlichen Produktionszentren wie Öl- und Gasfelder stammen, diversifiziert werden.
Ich bin der Ansicht, dass die Fortführung der derzeitigen EU-Politik in diesem Bereich sehr negative Auswirkungen hätte, weil Polen dadurch im Namen der Sicherheit von einer einzigen Versorgungsquelle, nämlich russischem Öl und Gas, abhängig bleiben würde. Der Bau der Parallelleitung zur Jamal-Pipeline, der sich derzeit in einer fortgeschritten Planungsphase befindet, muss unbedingt fortgesetzt werden. Alle anderen Bauvorhaben, wie etwa die Pipeline durch die baltischen Staaten bzw. die „Amber-Pipeline“, müssen unverzüglich unterbrochen werden, da sie für die neu erstandene Demokratie in der Ukraine eine unmittelbare Bedrohung darstellen. Die Versorgungssicherheit im Vereinigten Königreich, Deutschland und Italien darf nicht auf Kosten Polens erzielt werden, indem es von russischem Öl und Gas abhängig bleibt, und auch die wirtschaftliche Stabilität der Ukraine darf dadurch nicht gefährdet werden.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL),schriftlich.(PT) Der Titel des Vorschlags für eine Richtlinie und wiederum dieses Berichts verschleiert, worum es wirklich geht: die Schaffung eines funktionsfähigen Elektrizitätsbinnenmarkts in der EU. Zwar heißt es im Bericht, Ziel sei es, einen Rahmen vorzugeben, in dem die Mitgliedstaaten allgemeine, transparente und diskriminierungsfreie politische Konzepte für die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung erstellen, doch steht dieses Ziel eigentlich weiter unten auf der Prioritätenliste des Berichts als die Notwendigkeit, die Anforderungen eines wettbewerbsfähigen Binnenmarktes für Elektrizität zu erfüllen.
Im Vorschlag der Kommission werden Preiserhöhungen als Hauptinstrument für die Senkung der Nachfrage nach Elektrizität benutzt, und damit ist das Argument, der Binnenmarkt werde für niedrigere Preise sorgen, hinfällig. Sollten Sie noch irgendwelche Zweifel haben, schauen Sie sich einfach das Vereinigte Königreich an. Ferner wird im Vorschlag empfohlen, dass die Mitgliedstaaten und die Regulierungsbehörden eingreifen, um Startinvestitionen und deren Rentabilität zu fördern, aber ihre Handlungsfähigkeit in anderen Bereichen wird eingeschränkt.
Ich komme nun zum Bericht, der in einigen Punkten einen Rückschritt gegenüber dem Kommissionsvorschlag darstellt. So enthält er beispielsweise keine konkreten Maßnahmen, die die Regulierungsbehörde bei Nichteinhaltung durch das Verkehrsnetz bei der Ausführung von Projekten ergreifen kann. Dies ist der Grund für unser Stimmverhalten. p
Anna Elzbieta Fotyga (UEN),schriftlich. (EN) Die im Entwurf vorliegende Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen regelt viele Bereiche des europäischen Energiebinnenmarktes. Ich möchte auf drei bedeutende Aspekte der Energiesicherheit hinweisen, die nicht ausreichend hervorgehoben werden:
· verstärkte Nutzung erneuerbarer Energiequellen
· ausgewogene Nutzung verschiedener Arten von Primärenergieträgern
· Diversifizierung der Lieferungen aus verschiedenen Produktionszentren (Erdöl- und Erdgasfeldern) bei den einzelnen Arten von Primärenergieträgern.
Für völlig untragbar halte ich die Fortsetzung der europäischen Politik in diesem Bereich, die im Namen der Sicherheit eine vollständige Abhängigkeit Polens von einer einzigen Versorgungsquelle – nämlich von russischem Erdgas und Erdöl – herbeiführt. Das konzeptionell bereits weit fortgeschrittene Projekt eines zweiten Stranges der Jamal-Erdgaspipeline sollte unverzüglich fortgesetzt werden. Alle anderen Projekte (Ostsee-Pipeline oder so genannte „Amber Pipeline“) sollten aufgegeben werden, da sie für die junge ukrainische Demokratie einen schweren Schlag bedeuten würden. Die Energiesicherheit Großbritanniens, Deutschlands und Italiens sollte nicht um den Preis der Abhängigkeit Polens und der Gefährdung der wirtschaftlichen Stabilität der Ukraine durchgesetzt werden.
David Martin (PSE),schriftlich. (EN) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, der im Großen und Ganzen vernünftige und sinnvolle Änderungsanträge zum Vorschlag der Kommission enthält.
Die wichtigsten Bestimmungen des Vorschlags zielen darauf ab, Maßnahmen festzulegen, die durch die Gewährleistung der Elektrizitätsversorgungssicherheit sowie durch einen angemessenen Grad des Verbunds zwischen Mitgliedstaaten das ordnungsgemäße Funktionieren des EU-Elektrizitätsbinnenmarktes sicherstellen sollen. Ferner soll er einen Rahmen vorgeben, in dem die Mitgliedstaaten allgemeine, transparente und diskriminierungsfreie politische Konzepte für die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung erstellen, die mit den Erfordernissen eines wettbewerbsorientierten Elektrizitätsbinnenmarktes vereinbar sind.
All diese Zielsetzungen verdienen Unterstützung.
Luís Queiró (PPE-DE),schriftlich.(PT) Ich habe für den Bericht Chichester gestimmt, weil ich der Auffassung bin, dass das Ziel eines voll funktionsfähigen Elektrizitätsbinnenmarkts und einer sicheren Elektrizitätsversorgung von zentraler Bedeutung ist.
Die Vorgabe eines Rahmens für eine transparente, diskriminierungsfreie Politik, die den Erfordernissen eines Elektrizitätsbinnenmarkts gerecht wird, spielt für das Problem der Versorgungssicherheit eine maßgebende Rolle.
Deshalb sollten wir die Maßnahmen zur Verbesserung der Energiepolitik wegen ihrer entscheidenden Bedeutung für die Qualität unseres Lebens sowohl jetzt als auch für künftige Generationen unterstützen.
Luca Romagnoli (NI).–(IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen die Diskussionsfreiheit der Abgeordneten gegen Versuche, sie an ihrer Meinungsäußerung im Rahmen der politischen Tätigkeit zu hindern, verteidigen, und zwar unabhängig von ihrer Partei- oder Organisationszugehörigkeit. Aus diesem Grund habe ich für die Immunität gestimmt.
Im vorliegenden Fall wird Herr Bossi verfolgt, weil er Herrn Comencini der politischen Unzuverlässigkeit und des Verrats zunächst an Movimento Sociale Italiano (MSI) und dann an der Lega Nord bezichtigt hat. Das ist eine feststehende geschichtliche Tatsache.
Wenn ich heute behaupte, dass die Minister der Italienischen Republik Gianfranco Fini, Altiero Matteoli, Gianni Alemanno und Mario Landolfi das politische Programm und das Statut der MSI verraten haben, dass sie die Alternative zum liberalen und zum kommunistischen System und die Ziele dieser Partei, die in einer anderen Organisation aufgegangen ist, durch Statutsänderungen zu Grabe getragen haben, kann ich dann dafür in Ermittlungen verwickelt und verfolgt werden oder übe ich mein Recht auf politische Auseinandersetzung aus?
Wenn ich eine Straftat verübe, weil ich sie des Verrats beschuldige, sollen sie mich anzeigen ...
Ilda Figueiredo (GUE/NGL),schriftlich.(PT) Ich bin sehr erfreut über die Ablehnung dieses Berichts und über unseren Anteil an dieser Ablehnung. Der Bericht übergeht völlig die aktuellen Probleme in der EU, namentlich die Rezession, die stagnierende Binnennachfrage und das schleppende Wirtschaftswachstum, begleitet von hoher Arbeitslosigkeit, Armut und Einkommensungleichheit, die sich durch die Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion und des Euro noch verschärft haben.
Die Lösung kann nicht darin bestehen, die so genannten Strukturreformen, also die flexiblere Gestaltung des Arbeitsmarkts, die Politik der Liberalisierungen und die Privatisierung der Sozialversicherung, weiter voranzutreiben. All dies geschieht im Namen des Heiligen Grals der Preisstabilität oder vielmehr der Lohnmäßigung. Dieses Ziel ist bereits Wirklichkeit, denn die Löhne gehen real zurück und Produktivitätsgewinne werden an die Arbeitgeber weitergegeben.
Wir begrüßen die Zurückweisung der engen Sichtweise des Stabilitäts- und Wachstumspakts, wie sie in diesem Bericht zum Ausdruck kommt, in dem die Reformierung des Pakts gar nicht zur Kenntnis genommen wird und der damit die engstirnige Haltung widerspiegelt, von dem der ganze Bericht geprägt ist. Der Bericht geht außerdem so weit, die derzeitige Arbeitszeit in der EU zu kritisieren, indem sie mit anderen Regionen der Welt verglichen wird und ihre Erhöhung unverblümt gefordert wird.
David Martin (PSE),schriftlich. (EN) Ich musste leider gegen diesen Bericht stimmen, da sich der Autor vorwiegend mit der Verletzung und Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts befasst hat.
Dies verstößt gegen die Vereinbarung, dass dieser Bericht nicht die Themen anderer Berichte erneut abhandeln, sondern sich ganz und gar auf die Befugnisse und Leistungen der EZB konzentrieren sollte.
Luís Queiró (PPE-DE),schriftlich.(PT) Da das oberste Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) die Wahrung der Preisstabilität ist, kann man gerechterweise sagen, dass die EZB ihre Hauptzielsetzungen erreicht hat, obwohl die Bedingungen in der europäischen und globalen Wirtschaft nicht gerade günstig waren und sind. In dieser Hinsicht stimme ich diesem Bericht zu. Außerdem ist anzuerkennen, dass sich die EZB überaus effizient auf die Erweiterung im Mai letzten Jahres vorbereitet hat. Doch ich möchte anmerken, dass dies bedeutet, dass ich die Politik der EZB ohne Einschränkung und Vorbehalte unterstütze. So bin ich beispielsweise der Meinung, dass die EZB zeitgerecht auf die jeweilige Wirtschaftslage reagiert und es geschafft hat, Anpassungen in Bereichen wie den Zinssätzen vorzunehmen.
Andreas Mölzer (NI).– Frau Präsidentin! Ursprünglich hätte der Euro die Identifikation der Bürger mit der EU verbessern und eine neue wirtschaftliche Blütezeit einleiten sollen. Statt dessen ist er nach wie vor nicht vollständig akzeptiert und hat genau zum Gegenteil geführt, nämlich zu einem Anstieg der Frustration über die Europäische Union. Angefangen hat diese negative Entwicklung damit, dass man Kritik und Ablehnung der Bürger am Euro mit dem Versprechen einer harten Währung abwiegelte und hierfür ein fragwürdiges Instrumentarium, den so genannten Stabilitäts- und Wachstumspakt, einführte. Dieser war nicht nur wirtschaftlich und rechtlich fragwürdig. Bis auf Luxemburg und die Schweiz hätte kein Land die Konvergenzkriterien zum damaligen Zeitpunkt überhaupt erfüllen können.
Um dennoch an der gemeinsamen Währung teilzunehmen, wurden en gros Goldreserven und Staatseigentum verkauft, wurde scheinprivatisiert bzw. ausgegliedert und rege Budgetkosmetik betrieben. Massive Teuerungsschübe in den meisten Euroländern waren die Folge. Um diese Negativspirale nicht auch noch auf die neuen Mitgliedstaaten auszuweiten, sollte im jeweiligen Land dem Volk die Entscheidung in Form von Abstimmungen freistehen, und das nach offener, ehrlicher und objektiver Information.
Jan Andersson, Ewa Hedkvist Petersen, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE),schriftlich. (SV) Wir stehen der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Umsetzung einer Informations- und Kommunikationsstrategie zum Euro und zur Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) positiv gegenüber.
Gleichzeitig haben wir gegen die Aufforderung des Europäischen Parlaments gestimmt, die schwedische Öffentlichkeit für einen Beitritt Schwedens zur Wirtschafts- und Währungsunion und die Einführung des Euro zu gewinnen. Wir meinen, das Ergebnis der schwedischen Volksabstimmung muss respektiert werden. Die Frage eines Beitritts Schwedens zur Wirtschafts- und Währungsunion sowie zur Eurozone ist in einer überschaubaren Zukunft nicht aktuell.
Lena Ek (ALDE),schriftlich. (SV) Ich habe heute vor allem aus zwei Gründen gegen den Initiativbericht über die Umsetzung einer Informations- und Kommunikationsstrategie zum Euro und zur Wirtschafts- und Währungsunion gestimmt.
Erstens sollte meiner Meinung nach jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden, wie er die Diskussion über den Euro führen will. Dies darf nicht von der Kommission übernommen werden.
Zweitens haben wir mit zentralen europäischen Kampagnen generell schlechte Erfahrungen gemacht. Sie bedeuten vor allem eine Mittelverschwendung, die nicht gefördert werden sollte.
Diskussionen über Geldpolitik und Währung sollten stattdessen im Dialog zwischen Bürgern und Entscheidungsträgern geführt werden.
Aus diesen Gründen habe ich heute gegen den Bericht gestimmt.
Jonathan Evans (PPE-DE),schriftlich. (EN) Die Delegation der britischen Konservativen enthält sich bei Fragen bezüglich des Euro normalerweise der Stimme. Wir möchten uns nicht an der Einheitswährung beteiligen, haben aber auch kein Interesse an einem Fehlschlag dieses Projekts, da wir auf eine starke europäische Wirtschaft mit einer stabilen Währung hoffen, die günstige Handelsbedingungen für die britische Industrie schafft. Daher begnügen wir uns in der Regel damit, die praktische Umsetzung der WWU denen zu überlassen, die es in erster Linie angeht.
Dennoch können wir diesen Bericht nicht hinnehmen. Die Schwierigkeiten des Euro sind keine Folge von Kommunikationsproblemen, und wenn der Euro unbeliebt ist, dann liegt das nicht an einer unzureichenden Information der Öffentlichkeit. Der Euro wird in der öffentlichen Meinung erst dann wieder Geltung erlangen, wenn mit Hilfe der Lissabon-Strategie die nötigen Wirtschafts- und Strukturreformen durchgeführt worden sind und wenn der Stabilitäts- und Wachstumspakt wirksam funktioniert.
Wie in dem Bericht festgestellt wird, haben die europäischen Institutionen mindestens 280 Millionen Euro dafür aufgewendet, abgesehen von den Ausgaben der Mitgliedstaaten. Derartige Aufwendungen der Institutionen sind nicht tragbar.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL),schriftlich.(PT) Mit ihrer Informations- und Kommunikationsstrategie zum Euro und zur Wirtschafts- und Währungsunion verfolgt die EU ein Ziel, nämlich den Euro zu „verkaufen“, also mehr Geld in die europäische Propagandamaschine in Gestalt der „Informationskampagnen“ PRINCE zu investieren, mit denen die Bürger von dem überzeugt werden sollen, was man als Vorzüge des Euro ansieht.
Demzufolge lehnen wir diesen Bericht kategorisch ab, weil er von der Ansicht ausgeht, dass sich der Euro als positiv und vorteilhaft erwiesen hat. Er wird sogar als das erfolgreichste europaweite Projekt bezeichnet. Mehr noch, es wird betont, dass die Popularität des Euro hinsichtlich der bevorstehenden Ratifizierung der so genannten „Verfassung für Europa“ von Bedeutung ist.
Das zeigt, dass sich die europäischen Organe möglicherweise nicht der wachsenden Ablehnung des Euro durch die Bürger bewusst sind. Sie meinen, die Menschen seien deshalb dagegen, weil sie schlecht informiert oder – noch besser – wirklichkeitsfremd sind. Welche Arroganz und Borniertheit von denen, die behaupten, die Bürger zu vertreten. Sie gehen darüber hinweg, dass sich Wirtschafts- und Beschäftigungslage verschlechtern, und ignorieren makroökonomische Probleme, als ob eine einheitliche Währungspolitik die unterschiedlichen Bedürfnisse von 25 Volkswirtschaften regeln könnte. Außerdem verhalten sie sich so, als ob das Ziel dieser Politik neutral wäre, wo es doch im Grunde vor allem um eine reale Senkung der Löhne geht. Wir müssen eine Bilanz der Kosten des Euro ziehen, der eine nachhaltige Entwicklung behindert.
Bruno Gollnisch (NI),schriftlich. – (FR) Der Bericht von Herrn Maaten ist zumindest erstaunlich. Es hat den Anschein, dass es um die Beurteilung der Erfolge und Misserfolge des Euro nach etwas mehr als sechs Jahren seit seiner Einführung geht. Allerdings sind der Euro und der mit ihm einhergehende Stabilitätspakt nach dem Bericht ein reiner Erfolg. Der einzige Misserfolg läge in der Kommunikation – als hätten die Europäer – wie üblich – nichts begriffen! Die vorgeschlagene Lösung besteht in einer breit angelegten Informationskampagne oder besser Gehirnwäsche auf dem ganzen europäischen Kontinent! Das ist Potemkinsche Politik!
Der Euro führte zu bedeutenden Preiserhöhungen für Gebrauchsgüter und somit zu einem schweren Kaufkraftverlust für die Verbraucher? Das ist eine optische Täuschung! Die durch den Übergang zum Euro erforderlich gewordene Restriktionspolitik kostete jährlich einen Prozentpunkt Wachstum und Tausende von Arbeitsplätzen und macht aus der Eurozone den Wirtschaftsraum mit der weltweit geringsten Dynamik? Dummes Geschwätz! Der Euro – das bedeutet Wachstum und Wohlstand! Wenn etwas schlecht läuft, so liegt das an den Mitgliedstaaten! Die Eurokraten von Brüssel sind unfehlbar!
Genau diese Art des Verhaltens, diese Mischung aus Lüge und Missachtung der Bevölkerung bewirkt die Ablehnung des Europas der Technokraten.
Anna Hedh (PSE),schriftlich. (SV) Ich kann die Entschließung des Europäischen Parlaments über die Umsetzung einer Informations- und Kommunikationsstrategie zum Euro und zur Wirtschafts- und Währungsunion nicht unterstützen.
Meiner Ansicht nach ist die Entscheidung für eine Informations- und Kommunikationsstrategie oder Kampagnen für den Euro und die Wirtschafts- und Währungsunion Sache jedes Mitgliedstaates. Außerdem bin ich der Meinung, dass das Ergebnis der schwedischen Volksabstimmung von 2003, bei der die Schweden sich gegen den Euro ausgesprochen haben, respektiert werden muss. Die Frage eines Beitritts Schwedens zur Wirtschafts- und Währungsunion sowie zur Eurozone ist in absehbarer Zukunft nicht aktuell.
Kartika Tamara Liotard (GUE/NGL),schriftlich. (NL) Der Berichterstatter scheint gegenüber den gewaltigen Nachteilen, die der Euro auch in seinem Heimatland mit sich gebracht hat, blind zu sein. In den Niederlanden schnellten die Preise nach der Euro-Einführung in die Höhe, eine Tatsache, die Herr Zalm, Finanzminister und Mitglied in Herrn Maatens Partei, jahrelang geleugnet hat. Zudem hat dieser Minister das niederländische Parlament in der Frage der Unterbewertung des Guldens schamlos angelogen. Und daher kann es Herrn Maaten doch nicht überraschen, wenn das niederländische Volk über den Euro verärgert ist. Meine Partei hat zwar damals ein Referendum über die Einheitswährung gefordert, Herrn Maatens Partei hat diese Forderung jedoch blockiert. Und nun hofft Herr Maaten, diesen mangelnden Respekt für die Meinung des Volkes mit einer Propagandakampagne kompensieren zu können.
Die Kampagnen, die in den Mitgliedstaaten auf den Weg gebracht werden sollen, die den Euro noch nicht eingeführt haben, sind der Gipfel. Die Mitgliedstaaten entscheiden selbst, welche Währung sie wollen. Uns würde es doch wohl auch nicht gefallen, wenn Russland bei uns eine Kampagne zur Einführung des Rubels in Europa starten würde? Wir sollten den Schweden, Briten und Dänen die Entscheidung überlassen. Leider war es dem niederländischen Volk nicht vergönnt, auf diese Weise seine Meinung zu sagen.
Cecilia Malmström (ALDE),schriftlich. (SV) Ich bin der Ansicht, dass Schweden der Wirtschafts- und Währungsunion beitreten sollte und teile die positive Einstellung des Berichterstatters zum Euro. Dennoch habe ich mich bei der Abstimmung zu diesem Bericht der Stimme enthalten. Eine der Hauptschlussfolgerungen des Berichts lautet, dass die Kommission eine Informationskampagne über die Vorzüge des Euro durchführen sollte. Meiner Ansicht nach sind Informationskampagnen der Kommission weder hilfreich noch angebracht, wenn wir mehr Bürger zu einer positiven Einstellung gegenüber dem Euro bringen wollen. Dafür sollten wir das Geld der Steuerzahler nicht verwenden.
Sérgio Marques (PPE-DE),schriftlich.(PT) Ich möchte Herrn Maaten zu seinem wichtigen Bericht über die Umsetzung einer Informations- und Kommunikationsstrategie zum Euro und zur Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) beglückwünschen, vor allem angesichts der Notwendigkeit, den Menschen zu erklären, wie der Euro und die WWU ihnen in ihrem täglichen Leben nützen. Die erfolgreiche Schaffung der Eurozone ist nicht abgeschlossen, wir müssen die Bürger Europas immer noch davon überzeugen, dass sie die richtige Entscheidung getroffen haben. Nur so können wir zur Festigung der Währungsunion in Europa und zur Verbesserung der Glaubwürdigkeit und Stabilität des Euro beitragen.
Die Eurozone wird auf jeden Fall auf die Länder Osteuropas ausgeweitet werden müssen. Dazu wird es notwendig sein, ein Informationsprogramm als Teil einer breiter angelegten Informations- und Kommunikationsstrategie über die EU aufzustellen. Wir müssen besser auf Fälle von Missbrauch und übermäßige Aufrundungen achten, zu denen es während des Übergangs kommen kann, und die Bevölkerung vor einem leichten Anstieg der Inflationsrate warnen.
David Martin (PSE),schriftlich. (EN) Der Euro hat sich in den Ländern, die ihn eingeführt haben, klar als wirtschaftlicher Erfolg erwiesen – er hat das Wechselkursrisiko innerhalb der Eurozone aufgehoben, das Reisen erleichtert und dem Handel im Währungsgebiet Auftrieb verliehen.
Dennoch ist es enttäuschend festzustellen, dass trotz der objektiven Vorzüge des Euro und des insgesamt reibungslosen Übergangs nach sieben Jahren noch immer ein erheblicher Teil (etwa ein Drittel) der Öffentlichkeit negativ dazu eingestellt ist.
So verwirrend dies auch sein mag – die Kommission, die Mitgliedstaaten und alle anderen politischen Entscheidungsträger müssen sich dieser Einstellung annehmen und etwas unternehmen, um sie zu korrigieren. Dieser Bericht könnte dazu einen nützlichen Beitrag leisten.
Erik Meijer (GUE/NGL),schriftlich. (NL) Der einzige Vorteil des Euro besteht darin, dass die Menschen kein Geld zu wechseln brauchen, wenn ihre Urlaubsreise sie in ein anderes Euro-Land führt. Ansonsten erleben die meisten Menschen in den Euro-Ländern vornehmlich Nachteile wie höhere Preise für Konsumgüter und einen gesunkenen Wert ihrer Ersparnisse. Sie ärgern sich über die fortwährenden Kürzungen bei öffentlichen Leistungen, die vorgenommen werden, um die Staatsausgaben zu begrenzen und mithin die Anforderungen des Stabilitätspakts zu erfüllen.
Herr Maaten outet sich in seinem Bericht als Euro-Fan, als Europhiler. Es ist lächerlich, dass er den Euro als erfolgreichstes europäisches Projekt aller Zeiten preist. Ist er sich bewusst, dass der Euro für einige Leute Anlass war, gegen die EU-Verfassung zu stimmen? Wie erklärt er, dass die Mitgliedstaaten ohne Euro wirtschaftlich erheblich besser dastehen? Seine Hauptsorge besteht darin, die Regierungen Schwedens, Dänemarks und des Vereinigten Königreichs darin zu unterstützen, die Öffentlichkeit von dem Erfolg des Euro zu überzeugen. Ein solches Zulassen von Schwäche ist mit der Kampagne für die EU-Verfassung in den Niederlanden vergleichbar: der Euro wird als phantastisches Produkt gelobt, aber die Menschen haben es noch nicht kapiert. Es zeugt von Kurzsichtigkeit und herablassender Behandlung, auf seriöse öffentliche Kritik mit durchsichtigen Kampagnen zu reagieren.
Luís Queiró (PPE-DE),schriftlich.(PT) Die Vorteile – und die Nachteile, die es natürlich gibt – des Euros sind für alle sichtbar, und es lässt sich nicht leugnen, dass unsere höchsten Erwartungen erfüllt wurden. Es stimmt zwar, dass die wirtschaftliche Lage in Europa keine überragende Erfolgsgeschichte ist, aber es stimmt auch, dass man dem Euro nicht die Schuld an dieser Situation geben kann. Vielmehr haben die Bürger die neue Währung sehr positiv aufgenommen, und man sollte nicht vergessen, wie schnell und reibungslos sich der Übergang vollzogen hat.
Man sollte allerdings auch bedenken, dass der Euro im Grunde ein unvollendetes Werk ist und damit ein leichtes Ziel sowohl für eine wirkliche Unzufriedenheit der Öffentlichkeit mit der Wirtschaftslage in Europa als auch für ein gewisses Maß an politischer Manipulation. Diese Währung ist zu wertvoll, um verworfen zu werden. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir uns auf ein weitreichendes und umfassendes Kommunikationsprogramm einigen sollten, vor allem auf institutioneller Ebene. Dies ist ganz klar ein fortlaufender Prozess. Wir müssen den eingeschlagenen Weg fortsetzen.
Peter Skinner (PSE),schriftlich. (EN) Die Labour-Partei im Europäischen Parlament hat für diesen Bericht gestimmt, weil es darum geht, die Stärken und Schwächen der Europäischen Währungsunion zu bewerten, Lösungsvorschläge zu unterbreiten und andere Mitgliedstaaten auf Wunsch bei ihren Strategien für den Beitritt zur Union zu unterstützen.
Nach Ansicht der Labour-Partei im Europäischen Parlament sollten allen EU-Bürgern in umfassender Weise Informationen über den Euro zur Verfügung gestellt werden.
Allerdings hat dies keinen Einfluss auf die fünf ökonomischen Kriterien des Finanzministers, die über einen etwaigen Beitritt des Vereinigten Königreichs zur Eurozone entscheiden werden.
Anders Wijkman (PPE-DE),schriftlich. (SV) Bei der Abstimmung über den Bericht von Herrn Maaten über die Umsetzung einer Informations- und Kommunikationsstrategie zum Euro und zur Wirtschafts- und Währungsunion habe ich mich heute der Stimme enthalten. Ich teile die positive Einstellung des Berichterstatters zum Euro und bin der Meinung, dass Schweden der Wirtschafts- und Währungsunion beitreten sollte. Hingegen unterstütze ich nicht die Ansicht, dass die Kommission eine Informationskampagne über die Vorzüge des Euro führen sollte. Informationskampagnen seitens der Kommission sind nicht der richtige Weg, um mehr Bürger zu einer positiven Einstellung gegenüber dem Euro zu bringen. Dafür sollten wir das Geld der Steuerzahler nicht verwenden.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL),schriftlich.(PT) Diesem Bericht zufolge ist die nachhaltige Entwicklung auf drei Säulen gestützt: Umweltschutz, wirtschaftliche Entwicklung und sozialer Zusammenhalt. Ferner ließe sich nachhaltige Entwicklung nicht ohne die Schaffung neuer Umwelttechnologie und ohne Umweltschutzinnovationen erreichen.
Auf diese Grundsätze hat die Kommission ihren Vorschlag gestützt, den das Parlament angenommen hat, doch eine Reihe von Punkten sollten in den Vordergrund gerückt werden, wie etwa die Notwendigkeit, kleine und mittlere Unternehmen stärker zu berücksichtigen.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den es zu beachten gilt, ist der, dass zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung auch die Erforschung und innovative Weiterentwicklung spezifischer Technologien zur Prävention und zur Wiederherstellung der natürlichen, kulturellen und historischen Ressourcen notwendig sind.
Ebenso wichtig ist es, Methoden und ökologische Indikatoren zur Ermittlung der Umweltbelastung bestimmter Produkte, Dienstleistungen und Verfahren auszuarbeiten sowie eine Kampagne auf der Grundlage solcher Informationen über die Umweltleistung einzuleiten, um die Verbraucher zur Nachfrage nach umweltschonenden Technologien zu ermutigen. Die Wiederverwendung von Stoffen sollte gefördert werden, damit Restmaterialien aus einem Produktionsprozess zum Input in andere Produktionsprozesse werden können, wie etwa bei der Verwendung von kommunalen Abfällen zur Energieeinsparung, was wirtschaftliche wie auch ökologische Vorteile mit sich bringen würde.
David Martin (PSE),schriftlich. (EN) Ich begrüße diesen Bericht über die Mitteilung der Kommission zum Thema „Stimulation von Technologien für nachhaltige Entwicklung: Ein Aktionsplan für Umwelttechnologie in der EU“.
Ich sehe darin eine nützliche Grundlage für die Beratung und Ausarbeitung konkreterer Vorschläge zur Förderung von Umwelttechnologien, wünsche mir jedoch eine stärkere Betonung des Ausbaus der Nachfrage nach solchen Technologien. Außerdem befürworte ich einen stärker an Systemen orientierten Ansatz in der Umweltpolitik, dem eine auf den Lebenszyklus bezogene Denkweise zugrunde liegt, bei der Innovationen und die Entwicklung umweltschonender Technologien vorrangig beachtet werden.
Es ist meine feste Überzeugung, dass die Umwelttechnologien bei entsprechender Finanzierung und Förderung über ein großes Beschäftigungs- und Wachstumspotenzial verfügen.
Luís Queiró (PPE-DE),schriftlich.(PT) Ich habe für den Bericht Myller gestimmt. Meiner Meinung nach ist ein Konzept für eine neue Technologie, die die Schaffung von Entwicklungsprogrammen mit einer Umweltdimension befördert, ein maßgebender Faktor für das Erreichen der Ziele von Lissabon.
Der vorgeschlagene Aktionsplan wird es ermöglichen, alle Interessengruppen in einer integrierten Aktion zusammenzubringen, um das Potential der Umwelttechnologie auszubauen und damit die EU an die Spitze dieser Entwicklung zu führen.
Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass eine der Schlussfolgerungen der Überprüfung der Lissabon-Strategie lautete, dass die Verbesserung der Umwelt und der Beschäftigung als Chance betrachtet werden sollte, das Ziel der wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaft zu erreichen. Deshalb ist es überaus wichtig, dass wir die Umweltdimension innerhalb der EU-Strategie für Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Charlotte Cederschiöld, Christofer Fjellner, Gunnar Hökmark und Anna Ibrisagic (PPE-DE),schriftlich. (SV) Die Delegation der Moderaten Sammlungspartei hat heute für einen Bericht gestimmt, der den Kampf gegen schädliche Kinderarbeit unterstützt. Es ist von größter Bedeutung, Kinderarbeit, die die körperliche oder seelische Gesundheit der Kinder schädigt, entsprechend dem ILO-Übereinkommen über Kinderarbeit mit aller Kraft zu bekämpfen.
Im Kampf gegen diese Form der Kinderarbeit spielen die Unternehmen eine wichtige Rolle und tragen eine Verantwortung. Die Schaffung angemessener rechtlicher Schutzklauseln und Mechanismen auf EU-Ebene, die die Ermittlung und Strafverfolgung der Importeure mit Sitz in der EU vorsehen, die von Kindern hergestellte Erzeugnisse in die EU einführen, ist ein wohlmeinender Vorschlag. Wir Mitglieder der Moderaten Sammlungspartei sind jedoch der Meinung, dass dies zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen würde. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Interessen der Kinder nicht geschützt werden und Unternehmen sich zurückziehen, anstatt ihre Verantwortung wahrzunehmen, und in Regionen investieren, in denen die Gefahr von Kinderarbeit besteht.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL),schriftlich.(PT) Kinderarbeit ist eine Folge der sozialen Ungerechtigkeit hervorgerufen durch das kapitalistische System, in dem wir leben, und durch die ungleiche Verteilung des Wohlstands und von einem sich aus diesem System ergebenden Entwicklungsstand. Armut führt zu sozialer Ausgrenzung und bringt Familien dazu, mit Kinderarbeit ihr Einkommen und ihr Überleben sichern zu müssen.
Die Armut, die Familien aufgrund von kapitalistischer Ausbeutung erleiden müssen, bedeutet, dass Firmen und Unternehmer ein starkes Eigeninteresse am Fortbestand einer Situation haben, in der sie billige, rechtlose Arbeitskräfte beschäftigen können.
In dem von uns jetzt angenommenen Bericht wird darauf hingewiesen, dass 113 Millionen Kinder die elementarste Bildung versagt wird. Wenn Kinder nicht zur Schule gehen, ist das der Beginn eines Teufelskreises, in dem Armut sich immer mehr ausbreitet, der Zugang zu Kultur und Bildung immer schwieriger wird und die Analphabetenquote in einer Gesellschaft hoch bleibt.
Das geschieht auch in EU-Mitgliedstaaten. Schätzungen zufolgen arbeiten in Portugal 4 % der Kinder in verschiedenen Wirtschaftszweigen.
Wenn wir also Kinderarbeit wirksam bekämpfen wollen, muss es vorrangig darum gehen, die Armut auszumerzen, die Ungleichheit bei der Einkommensverteilung zu überwinden, Arbeitsplätze mit Arbeitnehmerrechten zu fördern, den Zugang zu Lehre und Kultur zu verbessern und die kapitalistische Ausbeutung zu bekämpfen.
Cecilia Malmström (ALDE),schriftlich. (SV) Das Europäische Parlament hat heute für einen Vorschlag über Maßnahmen gegen Kinderarbeit gestimmt. Für die meisten, wie auch für mich persönlich, gehört Kinderarbeit der Geschichte an. Leider haben nicht alle Länder mit der Entwicklung Schritt gehalten. Das ist der Grund, warum ich heute für einige Änderungsanträge gestimmt habe, die die Kinderarbeit in verschiedene Kategorien einteilen, da Kinderarbeit beispielsweise die einzige Alternative zur Prostitution sein kann.
Sérgio Marques (PPE-DE),schriftlich.(PT) Weltweit arbeiten gegenwärtig 246 Millionen Kinder an Orten, die Gefahren für ihre körperliche und geistige Gesundheit mit sich bringen. Kinderarbeit ist keine Erscheinung, die man ausschließlich in unterentwickelten Staaten oder Entwicklungsländern findet. In Osteuropa und im Mittelmeerraum werden Millionen Kinder durch Arbeit ausgebeutet. Kinderarbeit ist ein komplexes Problem. Sie ist in erster Linie die Folge von Armut, fehlender Chancengleichheit und mangelnder Schulbildung.
Ich habe für diesen Bericht gestimmt, der eine Reihe von Maßnahmen für den Kampf zur Beseitigung der Kinderausbeutung und Kinderarbeit vorschlägt, beispielsweise eine spezifische Haushaltslinie für den Schutz der Rechte der Kinder im Rahmen der Europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte; ein Ersuchen an die Kommission sicherzustellen, dass die Handelspolitik der EU im Einklang mit ihrer Verpflichtung steht, die Rechte der Kinder zu schützen und zu fördern; und die Prüfung der Möglichkeit, eine Regelung über die Kennzeichnung von in die EU importierten Gütern einzuführen, um zu bescheinigen, dass diese ohne Rückgriff auf Kinderarbeit hergestellt wurden.
David Martin, David (PSE),schriftlich. (EN) Ich begrüße diesen Bericht, der dazu aufruft, den Kampf gegen die Kinderarbeit durch die Förderung einer ausgewogenen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung und durch eine noch umfassendere Verringerung der Armut zu beschleunigen.
Wenn auch Handelsboykotte und andere Sanktionen das eigene Gewissen beruhigen, stellen sie doch keine befriedigende Lösung für diese beunruhigende Problematik dar. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass Kinder aus ärmsten Verhältnissen, die nicht mehr in Fabriken arbeiten dürfen, noch schlimmeren Formen der Ausbeutung wie Prostitution und häuslicher Sklaverei zum Opfer fallen.
Luís Queiró (PPE-DE),schriftlich.(PT) Weltweit arbeiten 352 Millionen Kinder, von denen 179 Millionen Opfer dessen sind, was die Internationale Arbeitsorganisation als schlimmste Formen der Kinderarbeit definiert. Wir dürfen vor dieser Situation nicht die Augen verschließen. Wir alle wissen, dass dies eine komplexe Erscheinung ist, die soziale und ökonomische Ursachen hat, die schwierig zu lösen sind. Doch so komplex und überaus schwierig die Lage auch ist – wir dürfen ihr nicht den Rücken zukehren oder Maßnahmen blockieren, die zu einer wirksamen Strategie führen können, mit der sich der Teufelskreis der menschlichen Elends durchbrechen lässt.
Kinderarbeit besiegelt Armut und hemmt die Entwicklung. Sie drückt die Löhne, führt zu Arbeitslosigkeit bei den Erwachsenen und hindert Kinder daran, Bildung zu erhalten. Deshalb müssen wir unbedingt gegen Unwissenheit vorgehen und die Entwicklung von Bildung für alle fördern.
Bildung ist ohne Zweifel eines der wirksamsten verfügbaren Instrumente, um den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen, sowie ein Schlüsselelement der nachhaltigen menschlichen Entwicklung. Aus diesen Gründen habe ich für den Bericht Mavrommatis gestimmt.
Catherine Stihler (PSE),schriftlich. (EN) Wir müssen der Ausbeutung von Kindern in den Entwicklungsländern mit allen Mitteln entgegentreten. Dieser Bericht weist enge Verbindungen zur Kampagne „Deine Stimme gegen Armut“ auf, da die Ausbeutung von Kindern häufig mit Armut verbunden ist. Wir müssen uns mit ganzer Kraft für einen fairen Handel, für den Schuldenerlass und für die Unterstützung der Ärmsten einsetzen. Ich hoffe, dass die Mitglieder unsere schriftliche Erklärung zu den Millenniums-Entwicklungszielen unterzeichnen, die wir zu dieser richtungweisenden Agenda vorlegen werden. Außerdem hoffe ich, dass die G8-Regierungschefs bei ihrer morgigen Zusammenkunft in Schottland weitere Fortschritte erzielen, indem sie ihre Stimme gegen die Armut erheben.
Anders Wijkman (PPE-DE),schriftlich. (SV) Heute hat das Europäische Parlament einen Bericht angenommen, der Vorschläge für verschiedene Maßnahmen gegen Kinderarbeit unterbreitet. Im Bericht wird unter anderem festgestellt, dass Bildung für alle von entscheidender Bedeutung für den Kampf gegen Kinderarbeit und Armut ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass alle Kinder vor schädlicher Arbeit geschützt werden müssen. Dabei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass generelle Verbote keine realistische Alternative sind, so lange die Armut weit verbreitet und Bildungsmöglichkeiten begrenzt sind. Bestimmte Formen von Arbeit können daher einen positiven Beitrag leisten, beispielsweise wenn eine Ausbildung am Arbeitsplatz stattfindet.
Der Bericht behandelt auch die Verantwortung der Unternehmen und schlägt beispielsweise eine Strafverfolgung von Unternehmen vor, die Erzeugnisse in die EU einführen, die unter Verletzung der Kernübereinkommen der ILO hergestellt wurden. Meines Erachtens sollte das Potenzial der Wirtschaftsakteure im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte und internationaler Übereinkommen voll und ganz genutzt werden. Aus diesem Grunde befürworte ich Initiativen wie „Global Compact“ sowie „Globale Verantwortung“ der schwedischen Regierung. Die Verabschiedung von Rechtsvorschriften und die Möglichkeit einer Strafverfolgung auf EU-Ebene gehen jedoch etwas zu weit und könnten ihren Zweck, die Verbesserung der Situation der Kinder und die Bekämpfung der Armut, verfehlen.
24. Berichtigungen des Stimmverhaltens: siehe Protokoll
(Die Sitzung wird um 12.50 Uhr unterbrochen und um 15.05 Uhr wieder aufgenommen.)
VORSITZ: MARIO MAURO Vizepräsident
25. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
26. Strukturfonds
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über folgende Berichte:
- Zwischenbericht (A6-0177/2005) von Herrn Konstantinos Hatzidakis im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds (KOM(2004)0492 - 2004/0163(AVC)),
- Zwischenbericht (A6-0178/2005) von Herrn Alfonso Andria im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Errichtung des Kohäsionsfonds (KOM(2004)0494 - 2004/0166(AVC)),
- Bericht (A6-0184/2005) von Herrn Giovanni Claudio Fava im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (KOM(2004)0495 - C6-0089/2004 - 2004/0167(COD)),
- Bericht (A6-0206/2005) von Herrn Jan Olbrycht im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates bezüglich der Schaffung eines Europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (EVGZ) (KOM(2004)0496 - C6-0091/2004 - 2004/0168(COD)),
- Bericht (A6-0216/2005) von Herrn José Albino Silva Peneda im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds (KOM(2004)0493 - C6-0090/2004 - 2004/0165(COD)),
- Bericht (A6-0217/2005) von Herrn David Casa im Namen des Fischereiausschusses über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über den Europäischen Fischereifonds (KOM(2004)0497 - C6-0212/2004 - 2004/0169(CNS)).
Konstantinos Hatzidakis (PPE-DE), Berichterstatter. – (EL) Herr Präsident! Ich glaube, das Europäische Parlament sendet heute, nachdem der Rat sich nicht auf eine Übereinkunft zur Finanziellen Vorausschau sowie offensichtlich auch nicht auf einen Rahmen für die Regionalpolitik für den Zeitraum von 2007 bis 2013 einigen konnte, eine klare Botschaft an die Bürger und den Rat aus, die zeigt, dass wir hier sind, dass wir die Kohäsionspolitiken weiterhin unterstützen und wir auf einen starken Haushalt hinarbeiten werden, der in angemessener Weise allen Belangen der Regionalpolitik Rechnung trägt. Deshalb fordern wir den Rat auf, dieses Thema umgehend noch einmal zu behandeln und bald zu einer Entscheidung zu kommen, zumindest bis Ende 2005, damit den Mitgliedstaaten und Regionen genügend Zeit bleibt, ihre Programme vorzubereiten, und damit wir nicht wieder Probleme mit Verzögerungen haben, wie wir sie gerade jetzt in Bezug auf den Beginn der Programme hatten.
Zudem möchte ich betonen, dass das Parlament auch im Rahmen meines Berichts an dem Standpunkt festhält, den es im Bericht Béguin bezüglich der Finanzierung der Kohäsionspolitiken eingenommen hat. Wir befürworten ein Paket in Höhe von 0,41 % des Bruttonationaleinkommens der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, was 336 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2007 bis 2013 entspricht. Jegliche Kürzungen der Ausgaben für die Regionalpolitik werden unserer Ansicht nach ihre Glaubwürdigkeit untergraben.
Mein Bericht, der vom Ausschuss für regionale Entwicklung angenommen wurde, enthält noch weitere wichtige Einschätzungen, an die ich den britischen Premierminister und die Kommissarin erinnern möchte.
Zuallererst schlagen wir vor, die Mittel, die auf Grund der strengen Anwendung der N+2-Regel verloren gehen, für die Regionalpolitik wiederzuverwenden. Unser Vorschlag ist, dass diese Mittel, anstatt sie wieder in die Nettobeiträge zum europäischen Haushalt mit einfließen zu lassen, von den Kohäsionsländern und den Regionen wiederverwendet werden sollten, die durch ihre Leistungen bewiesen haben, dass sie in der Lage sind, noch mehr von diesen Mitteln zu nutzen.
Zweitens schlagen wir vor, politische Beschlüsse zu fassen, die gewährleisten, dass den Regionen und Mitgliedstaaten, die am meisten unter der strengen Anwendung der neuen, von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Regelungen zur Mittelzuweisung leiden, eine Entschädigung gezahlt werden kann. Unserer Ansicht nach ist dies ein Vorschlag, den der Rat prüfen sollte. Ich denke, er wird geprüft werden, da er im direkten Zusammenhang mit der gerechten Mittelverteilung steht. Wir sollten nicht mathematische Gesichtspunkte über alles andere stellen.
Zudem sind in diesem Rahmen Änderungsanträge eingereicht worden, die von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten unterstützt werden und die die bessere Behandlung von Regionen betreffen, die dem statistischen Effekt unterliegen. Wir schlagen eine Unterstützung von anfänglich 85 % bis schließlich 60 % vor, was weit über dem liegt, was die Europäische Kommission vorsieht.
Bezüglich der Regionen, die dem natürlichen Effekt unterliegen, das heißt der Regionen, die nicht mehr die Förderfähigkeitskriterien für das Konvergenzziel erfüllen, jedoch im Rahmen des Wettbewerbsfähigkeits- und Beschäftigungsziels eine Übergangsunterstützung erhalten werden, schlagen wir vor, dass, sofern sie dies wünschen, die für sie vorgesehenen Maßnahmen und Finanzhilfen die gleichen sein sollten, wie für die Regionen, die das Konvergenzziel erfüllen.
Zugleich fordern wir, diese Regionen sowie die vom statistischen Effekt betroffenen Regionen in Bezug auf staatliche Beihilfen und Investitionsanreize vorteilhafter zu behandeln. Wir befürworten die Einrichtung einer leistungsgebundenen Gemeinschaftsreserve, die allen Mitgliedstaaten Anreize geben soll, ihre Leistung zu verbessern und echtes Wachstum zu erzielen. Durch den Wettstreit werden wir sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für den Gemeinschaftshaushalt bessere Ergebnisse erzielen.
Mein Bericht legt darüber hinaus die Zugänglichkeit für Behinderte als eine ausdrückliche Bedingung für die finanzielle Förderung von Maßnahmen durch die Fonds fest. Wir vertreten die Auffassung, dass alle Projekte, zu denen unsere Mitbürger mit Behinderungen keinen Zugang haben, nicht durch die Strukturfonds finanziert werden sollten und dass ihre Finanzierung ausgesetzt werden sollte. Das ist das Mindeste, was das Europäische Parlament tun kann.
(Beifall)
Alfonso Andria (ALDE), Berichterstatter. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht, den ich heute vorlege, war in der offiziellen Phase seiner Ausarbeitung durch eine Arbeitsmethode gekennzeichnet, die fest in einem parteiübergreifenden Dialog und einer intensiven Zusammenarbeit verankert war, zunächst innerhalb des Ausschusses für regionale Entwicklung und anschließend im Ausschuss der Regionen mit den Vertretern des Rates und zahlreichen Verbänden und Nichtregierungsorganisationen.
Ich hielt es für meine Pflicht, dem Kontakt und dem Meinungsaustausch mit den Kolleginnen und Kollegen, den Schattenberichterstattern der Fraktionen und den Verfassern der Stellungnahmen der mitberatenden Parlamentsausschüsse sowie mit den Mitgliedern der Fraktion, der ich angehöre, der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Von Anfang an habe ich die besondere Anteilnahme der Frau Kommissarin Danuta Hübner sehr begrüßt – und ich möchte das hier in diesem Haus noch einmal in aller Öffentlichkeit sagen –, denn sie hat sich bei den zahlreichen Treffen und sogar bis gestern Abend stets sehr entgegenkommend und offen für die Berücksichtigung der Anträge des Parlaments gezeigt.
Im Übrigen habe ich den ursprünglichen Vorschlag der Kommission für die Verordnung zur Errichtung des Kohäsionsfonds stets mit großem Interesse betrachtet. Heute erlangt er aufgrund der Krise, die die Union erfasst hat, und der fehlgeschlagenen Einigung über die Finanzielle Vorausschau noch größere Bedeutung, weil er, da er auf den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt abzielt, eine angemessene Antwort auf die Erfordernisse der erweiterten Union gibt. Ich schließe mich daher dem von Herrn Hatzidakiszum Ausdruck gebrachten Wunsch nach einer schnellstmöglichen Lösung des Problems der Finanziellen Vorausschau noch innerhalb dieses Jahres an.
Die Regionalpolitik ist das beste Instrument, um die Bürger Europa näher zu bringen, und dazu muss sie ehrgeizige Ziele verfolgen sowie mit den für ihre Verwirklichung erforderlichen Mitteln ausgestattet sein. Aus diesem Grund möchte ich hervorheben, wie wichtig es ist, die Finanzausstattung des Kohäsionsfonds von den für den Programmplanungszeitraum 2000-2006 vorgesehenen 18 Milliarden Euro auf 62,99 Milliarden Euro aufzustocken, sofern im Rat eine Einigung auf den vom Parlament am 8. Juni angenommenen Vorschlag zustande kommt.
Außerdem entspricht die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Maßnahmen des Kohäsionsfonds den einschlägigen Bestimmungen des Vertrags, sie stimmt mit den in Lissabon vereinbarten Zielen überein und fügt sich in die Perspektive der nachhaltigen Entwicklung seit Göteborg ein. Somit kann dem erheblichen Finanzierungsbedarf der begünstigten Mitgliedstaaten in den Bereichen Umwelt, Verkehrsinfrastruktur und nachhaltige Entwicklung entsprochen werden.
Während meiner Arbeit im Ausschuss für regionale Entwicklung habe ich versucht, einige Änderungen in den Text der Kommission einzubringen und ihn durch einige neue Elemente zu bereichern, wie etwa die Einführung eines Prämiensystems in Form einer qualitäts- und leistungsgebundenen Gemeinschaftsreserve und die Verstärkung des Austauschs durch die Nutzbarmachung der bewährten Methoden für die nationalen, regionalen und kommunalen Verwaltungen.
Ich habe die Kommission aufgefordert, während der Programmplanungsphase eine Liste der indikativen Prioritäten in Bezug auf die Qualität und die Effizienz der gemeinschaftlichen Finanzierung zu erstellen. Ich habe das Thema Behinderungen herausgestellt und gefordert, dass in Artikel 2 der Verordnung ein ausdrücklicher Hinweis zugunsten von Personen mit Behinderungen aufgenommen wird und dass im Rahmen der aus dem Kohäsionsfonds finanzierten Vorhaben auch die Möglichkeit vorgesehen wird, jegliche Art von Hemmnissen und Hindernissen zu beseitigen. Auch dem Thema Umwelt habe ich breiten Raum gewidmet und mehr Kohärenz zwischen den im Rahmen des Kohäsionsfonds finanzierten Projekten und den aus anderen Gemeinschaftsprogrammen geförderten Vorhaben verlangt. Schließlich habe ich einen deutlichen Bezug auf die Mitgliedstaaten in Rand- und Insellage eingefügt und die Kommission aufgefordert, deren naturgegebene und demographische Strukturschwächen zu berücksichtigen.
Herr Präsident, in Bezug auf die eingereichten Änderungsanträge muss ich noch hinzufügen, dass ich persönlich der Auffassung bin – und ich sage das auch im Namen meiner Fraktion –, dass nicht alles, was zur Nichtanwendung der Regel N+2 für den Kohäsionsfonds, d. h. zur Einführung der Anwendung der automatischen Freigabe, vorgeschlagen wurde, übernommen werden kann.
Meine eigene Erfahrung aus meiner früheren Tätigkeit als Mitglied einer örtlichen Selbstverwaltung hat mich gelehrt, dass diese Regel wirksam zu einer sorgfältigen und genauen Vorbereitung der Projekte und Verwaltung der Strukturfonds beiträgt. Deshalb hoffe ich, dass die Kommission eine gewisse Flexibilität bei der Anwendung zulässt und das Problem der nicht erstattungsfähigen Mehrwertsteuer anpackt, damit sie für eine finanzielle Förderung durch die Fonds zugelassen wird.
Hierzu gibt es eine ziemlich klare Position, auf die die Kommissarin Danuta Hübner gestern Abend im Ausschuss noch einmal aufmerksam machen wollte und die besagt, eine Bezuschussung der Mehrwertsteuer würde bedeuten, dass für andere Maßnahmen der Kohäsionspolitik weniger Mittel zur Verfügung gestellt werden können.
Im Ausschuss wurde mein Bericht mit großer Mehrheit angenommen, und ich hoffe, dass dies auch im Plenum geschieht.
Giovanni Claudio Fava (PSE), Berichterstatter. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich danke der Frau Kommissarin und den anderen Berichterstattern. Ich denke, wir haben, auch in Anbetracht der Qualität der Berichte, die wir dem Plenum zur Abstimmung vorlegen, eine uns allen zugute kommende Arbeitsstrategie entworfen.
Mein Thema ist der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, der hinsichtlich der Mittelausstattung zweifellos der bedeutendste Strukturfonds ist. Er wurde vor 30 Jahren geschaffen und hat im Wesentlichen die Aufgabe, die in Europa bestehenden regionalen Ungleichgewichte auszugleichen. Diese Aufgabe ist in einem Artikel des Vertrags verankert, der uns an die Erfordernisse und Bedürfnisse eines Europa gemahnt, das sich auf die Solidarität und die Fähigkeit gründet, gleiche Chancen und gerechte Bedingungen zu schaffen, insbesondere jetzt, da wir vor der großen Bewährungsprobe der Erweiterung stehen.
Die zehn neuen Mitgliedstaaten stellen eine gewaltige Ressource für die Qualität der Politik dar, einen gewaltigen Schritt nach vorn in der Geschichte Europas. Gleichwohl müssen wir auch bedenken, dass sich die regionalen Ungleichgewichte verschärfen. Gegenwärtig gehört ein Drittel aller europäischen Ressourcen einem geografischen Gebiet, das lediglich ein Zehntel der Europäischen Union ausmacht, und wir haben eine Verdopplung der Zahl der unter Ziel 1 fallenden Regionen festgestellt, d. h. der Regionen mit starken Strukturschwächen und großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
Soweit also zur wesentlichen Aufgabe einer engagierten und solidarischen Politik. Wäre die Union nur eine Freihandelszone, könnten wir uns auf eine Umverteilung der Mittel von den reicheren an die ärmeren Regionen beschränken. Allerdings – und hierfür bekunde ich der Frau Kommissarin meine Anerkennung – haben wir die Alternative eines politischen Projekts mit einer sozialen und zugleich wirtschaftlichen Dimension, das auf die Strukturfonds setzt, bzw. die Alternative eines
Entwicklungsmodells, das als Ganzes den europäischen Integrationsprozess voranbringt.
Dieses Entwicklungsmodell beruht auf einigen wichtigen Entscheidungen. Im Vordergrund stehen dabei die Grundsatzentscheidung von Göteborg und Lissabon, d. h. die Strategie der Wissensgesellschaft, Wissen, Innovation, Forschung und Ausbildung, verstanden als stetige Chance zum lebenslangen Lernen, sowie Risikoverhütung und nachhaltige Entwicklung. Es handelt sich um ein sehr ehrgeiziges Vorhaben, das natürlich ein sektorübergreifendes Ziel hat, nämlich die Qualität der Ausgaben.
Herr Präsident, Frau Kommissarin, wir haben nicht immer alle Mittel ausgegeben, und wenn doch, haben wir sie nicht immer gut investiert. Es gibt Regionen – auch in meinem Land –, die zwar hohe Zuwendungen erhalten haben, jedoch hinsichtlich der Beschäftigung, der Infrastrukturqualität und -verkettung, der wissenschaftlichen Forschung und der Innovationsprozesse auf dem kläglichen Niveau von vor 10, 15 oder 20 Jahren stehen geblieben sind.
Deshalb ist klar, dass die Angemessenheit der Ausgaben qualitativ wesentlich verbessert werden muss, und damit das möglich wird, müssen wir die Ziele auswählen, indem wir wenige Prioritäten festsetzen. Aus diesem Grund ist unsere Fraktion gegen den – zwar verständlichen, aber überflüssigen – Wunsch, die Interventionsbereiche dieses Strukturfonds wahllos auszuweiten.
Wir schlagen vor, einige Änderungsanträge abzulehnen, weil sie zu viele Ziele und zu viele Prioritäten einführen würden. Wir schlagen vor, gegen den begreiflichen Wunsch einiger Kollegen zu stimmen, die Mehrwertsteuer in die zuschussfähigen Ausgaben einzubeziehen. Wir wollen die Debatte, die im Ausschuss ausführlich geführt worden ist, nicht neu entfachen, doch sind wir der Auffassung, dass die Mehrwertsteuer in der Vergangenheit, wie vom Rat, von der Kommission und vom Rechnungshof hervorgehoben wurde, im Zusammenhang mit der teilweisen Rückerstattung der Mehrwertsteuer zu erheblichen Missbräuchen geführt hat. Insbesondere sind wir der Meinung, dass eine solche Einbeziehung zu einer unannehmbaren Ungleichbehandlung zwischen den Ländern führen würde, deren MwSt.-Sätze zwischen 1 % und 25 % liegen.
Dasselbe gilt für den Wohnungsbau. Wir haben einen Änderungsantrag zum Sozialwohnungsbau angenommen, der hoffentlich von der Kommission gebilligt wird. Zu glauben, Strukturfondsmittel generell in den Wohnungsbau investieren zu können, würde jedoch bedeuten, diesen Fonds im Grunde genommen Mittel zu entziehen.
Wir sind mit den erreichten Ergebnissen zufrieden. Wir haben die Rolle der Partnerschaft stärker hervorgehoben, die wir als eine wichtige Schule für Zivilisation und demokratische Praxis betrachten. Wir haben bewirkt, dass der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Mafiaverbrechen besondere Aufmerksamkeit gewidmet und die Möglichkeit vorgesehen wird, die Strukturfonds auch für den Erwerb des Wissens zu verwenden, das für die Bekämpfung der Unterwanderung durch mafiöse Kriminalität erforderlich ist. Außerdem haben wir durchgesetzt, dass der Grundsatz der Nichtdiskriminierung zu einem horizontalen Ansatz wird. Zu diesem Thema hat der Berichterstatter nur zwei Änderungsanträge eingebracht, um den gesamten Text einheitlicher und kohärenter zu gestalten.
Abschließend möchte ich, wie schon zuvor der Kollege Hatzidakis, daran erinnern, dass die Qualität unserer Ausgaben gleichwohl davon abhängt, dass genügend Mittel vorhanden sind. Deshalb muss das Parlament meiner Auffassung nach dafür Sorge tragen, dass der Solidarität bzw. der Fähigkeit, ein Europa aufzubauen, das mit einer einheitlichen Geschwindigkeit voranschreitet, keine Mittel entzogen werden. Das ist nicht nur ein Grundsatz, der in den Verträgen verankert ist, sondern auch der Grundsatz, auf den wir die Zukunft des politischen und wirtschaftlichen Integrationsprozesses in Europa gründen müssen.
Jan Olbrycht (PPE-DE),Berichterstatter. –(PL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Michael! Wenn Sie gestatten, würde ich gern einige Anmerkungen zu dem Bericht machen. Ich werde versuchen, mich in meiner Eigenschaft als Berichterstatter und nicht als Vertreter meiner Fraktion zu äußern.
Die grenzübergreifende Zusammenarbeit ist eines der nahe liegendsten und wirksamsten Instrumente, um Verbindungen zwischen Privatpersonen aufzubauen und gute Beziehungen zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und ganzen Ländern zu fördern. Die grenzübergreifende Zusammenarbeit blickt auf eine lange Tradition zurück und hat in den vielen Jahren zu beträchtlichen Erfolgen geführt. Für diese Art der Zusammenarbeit wurden auch verschiedene Organisationsformen entwickelt. Die EU ist sich der vielen Vorteile bewusst, die eine solche Form der internationalen Zusammenarbeit mit sich bringen kann, und unterstützt daher die Zusammenarbeit innerhalb der EU, in den Grenzregionen der Mitgliedstaaten und zwischen Regionen, die etwas weiter voneinander entfernt liegen, sowie an den Außengrenzen der EU. Dafür stehen verschiedene Finanzinstrumente zur Verfügung.
Im derzeitigen Programmplanungszeitraum konnten in den Bereichen der grenzübergreifenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit – um an dieser Stelle von der Terminologie der Programme INTERREG IIIA, IIIB und IIIC Gebrauch zu machen – zahlreiche Maßnahmen umgesetzt werden. Die zur Diskussion stehende Verordnung stellt einen neuen Legislativvorschlag dar, der dazu beitragen kann, verschiedenste Formen der grenzübergreifenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit zu fördern, die Umsetzung gemeinsamer Maßnahmen zu erleichtern und eine effizientere Nutzung der dafür bereitgestellten Mittel zu gewährleisten.
Die neue Verordnung ermöglicht den staatlichen Behörden auf allen Ebenen, eine neue Initiative auf dem Hoheitsgebiet eines der ausgewählten Länder ins Leben zu rufen. Diese Initiative wird in dem Land, in dem sie angemeldet wurde, mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit ausgestattet. Sämtliche Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission und der Ausschuss der Regionen müssen von dieser Initiative in Kenntnis gesetzt werden. Das entspricht auch dem Vorschlag in meinem Bericht.
Die Organismen, die sich zu einem Europäischen Verbund für grenzüberschreitende Zusammenarbeit zusammenschließen – im Ausgangstext wird der Terminus „grenzüberschreitend“ verwendet, doch ich habe in meinem Bericht vorgeschlagen, diesen Terminus mit dem Begriff „territorial“ zu ersetzen –, können ausgewählte öffentliche Dienstleistungen auf den Verbund übertragen und ihn gemäß den einschlägigen Regelungen mit einigen ihrer Aufgaben betrauen. Der Vorschlag für die Gründung solcher Verbünde stellt vielleicht einen der ersten Vorschläge in der Geschichte der Europäischen Union dar, in dem die Schaffung eines wirklichen europäischen Organismus vorgesehen ist, wobei gleichzeitig der praktischen Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips Nachdruck verliehen wird.
Meiner Ansicht nach sollte das Parlament diese Initiative befürworten und somit ein deutliches Zeichen setzen, dass es diese Maßnahmen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene sowie auf interlokaler und interregionaler Ebene sowie zwischen den Ländern unterstützt, die sich am Aufbau einer einheitlichen EU beteiligen und sich gleichzeitig für die verstärkte Anwendung des Subsidiaritätsprinzips einsetzen. Es muss unterstrichen werden, dass diese Verordnung zwar keinerlei Regelungen zu finanziellen Fragen enthält, aber Teil eines Pakets für die Kohäsionspolitik ist. Das ist deshalb so, weil diese Verordnung auf den Vertragsbestimmungen zur Neuordnung der Strukturfonds sowie Maßnahmen außerhalb der Strukturfonds beruht.
In meiner Eigenschaft als Berichterstatter bin ich mir darüber im Klaren, dass im Laufe der Arbeit an diesem Instrument viele Fragen und Zweifel aufgetaucht sind. Dies ist ja auch normal, da wir uns hier schließlich mit einem neuen Instrument befassen, das bisher noch nicht erprobt wurde und mit keiner der bestehenden Rechtsformen vergleichbar ist.
Doch meiner Meinung nach werden wir in diesem Fall im anschließenden Mitentscheidungsverfahren eine Lösung finden, die zur Förderung der derzeit bestehenden, grenzübergreifenden Maßnahmen beitragen und Europa somit einen beträchtlichen Zugewinn bringen wird.
(Beifall)
José Albino Silva Peneda (PPE-DE), Berichterstatter. – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Minister! Der Europäische Sozialfonds (ESF) blickt auf eine vierzigjährige Geschichte zurück. Ursprünglich war er ein Schlüsselfaktor für die Umschulung und Umsiedlung von über zwei Millionen Menschen, die damals in Wirtschaftszweigen arbeiteten, die von umfassenden Umstrukturierungen betroffen waren.
Nach der Annahme des ersten sozialpolitischen Aktionsprogramms und der Einheitlichen Europäischen Akte wurden der Arbeitsschutz, die Gleichbehandlung für Männer und Frauen, Gesundheitsschutz und Sicherheit sowie die Vermeidung von Sozialdumping zu Anliegen des ESF. Die wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung der europäischen Sozialpolitik – und entsprechend für den ESF – folgten dann mit dem Vertrag von Maastricht, der die Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus als eines der Ziele der EU verankerte, und den Verträgen von Amsterdam und Nizza.
Der jüngste dieser Meilensteine ist der Verfassungsvertrag, der Vollbeschäftigung, sozialen Fortschritt und Bekämpfung der Ausgrenzung als Ziele der Union festschreibt. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung legte die Kommission einen Vorschlag zur Überprüfung der Verordnung über den ESF vor, der sich auf die folgenden drei Säulen stützt: erstens die Strategie von Lissabon, zweitens die Notwendigkeit einer Vereinfachung der Texte und Verfahren, und drittens das Verhältnis des ESF zur Europäischen Beschäftigungsstrategie.
Ich wende mich nun der ersten Säule zu, der Strategie von Lissabon. Mit ihrem besonderen Augenmerk auf der Modernisierung des europäischen Sozialmodells, der Investition in die Menschen, der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und einer Reihe vorrangiger Maßnahmen wie der Schaffung eines europäischen Raums der Forschung und Innovation, der Investition in die allgemeine und berufliche Bildung, um so den Anforderungen der Wissensgesellschaft und dem Bedarf an mehr und besseren Arbeitsplätzen und an einer Förderung der sozialen Eingliederung zu entsprechen, ist die vorgeschlagene Verordnung meines Erachtens ein geeignetes Instrument.
Nun zur Vereinfachung der Texte und Verfahren. Sicherlich wird in den Vorschlägen der Kommission bereits eine Vereinfachung in verschiedenen Bereichen befürwortet, etwa bei der Programmplanung, in der Haushaltsführung und bei der Kofinanzierung, doch es gibt noch viele, in denen man noch mehr zur Vereinfachung und Rationalisierung tun müsste. Was die Beziehung des ESF zur Europäischen Beschäftigungsstrategie anbelangt, so möchte ich festhalten, dass, allgemein gesprochen, beide in zufriedenstellender Weise im Vorschlag für eine Verordnung über den ESF einbezogen sind.
Ich möchte nun etwas zu den beiden Änderungsanträgen sagen, die ich zum ursprünglichen Vorschlag der Kommission unterbreitet habe. Der erste betrifft die soziale Eingliederung. Meiner Meinung nach lassen sich Fragen der sozialen Eingliederung nicht ausschließlich im Rahmen der Beschäftigungspolitik und des Arbeitsmarktes lösen, denn es gibt Situationen, die im Vorfeld eine stärker sozial ausgerichtete Intervention erfordern. Deshalb hielt ich es für notwendig, dass der ESF aktiver wird, und habe deshalb vorgeschlagen, dass seine Maßnahmen nicht auf die Europäische Beschäftigungsstrategie beschränkt sein sollten, weil er ein umfassenderes Betätigungsfeld hat. Ich wollte also den potenziellen Beitrag des ESF zur sozialen Eingliederung betonen.
Der andere wichtige Änderungsantrag zum Vorschlag der Kommission, der dem Parlament jetzt vorliegt, betrifft die Unterscheidung, die ursprünglich zwischen potenziellen ESF-Maßnahmen unter dem Ziel Konvergenz und unter dem Ziel Regionale Wettbewerbsfähigkeit getroffen wurde.
Ich bin seit jeher der Auffassung, dass der ESF einen möglichst breiten Geltungsbereich haben sollte, da er als Instrument zur Unterstützung der Menschen unabhängig von deren Herkunft eingerichtet wurde. Gespräche zwischen der Kommission und den mitwirkenden Fraktionen haben zu einer Kompromisslösung geführt, die im Einklang mit der Strategie steht und sicherstellt, dass Mittel in Regionen mit dem größten Entwicklungsrückstand geleitet werden. Das ist die Kompromisslösung, die ich jetzt diesem Hohen Hause vorlege.
Mir ist bewusst, dass es Punkte gibt, bei denen sich die Kommission und der Rat nicht einig sind. Ich habe meine Meinung zu diesen Punkten klar geäußert. So teile ich etwa den Standpunkt der Kommission zur transnationalen Zusammenarbeit und Innovation und habe vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten zur Finanzierung verpflichtet werden. Auch bei der Unterstützung für die Sozialpartner stimme ich der Auffassung der Kommission zu und habe vorgeschlagen, bei einer Reihe rechtlicher Fragen eine Trennung zwischen Sozialpartnern und Nichtregierungsorganisationen vorzunehmen.
Herr Präsident, zum Abschluss möchte ich das sehr kooperative Klima zwischen der Kommission und den verschiedenen mitwirkenden Fraktionen bei der Ausarbeitung dieses Berichts hervorheben. Diese engagierte Zusammenarbeit hat meine Arbeit erheblich erleichtert. Mein Dank gilt allen Beteiligten.
(Beifall)
David Casa (PPE-DE), Berichterstatter. – (MT) Für die kommenden Jahre stellt ein Fischereifonds ein grundlegendes Instrument des Fischereisektors dar. Es ist eine anerkannte Tatsache, dass der Fischereisektor ein für die Europäische Union sehr wichtiger Sektor ist; es handelt sich um eine Branche, die Tausende von Familien ernährt. Sie sind von dieser Tätigkeit abhängig, die für die meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union so bedeutend ist. Der Europäische Fischereifonds ist ein innovatives Projekt und hilft, das entscheidende Ziel der Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik zu erreichen. Damit wird eine Vereinfachung und Dezentralisierung des Systems ermöglicht, mit dem die Gelder verteilt werden. Außerdem wird die Europäische Union in die Lage versetzt, den Herausforderungen zu begegnen, die sich aus dem Beitritt von zehn neuen Mitgliedstaaten ergeben. Der Gemeinsame Fischereifonds trägt den Grundprinzipien aller anderen Strukturen, nämlich Subsidiarität, mehrjährige Planung und Überwachung, Mitgliedschaft und Kofinanzierung, Rechnung. Ein positiver Aspekt ist, dass Beihilfen vom vorgeschlagenen Europäischen Fischereifonds lokal integrierte Maßnahmen mit Schwerpunkt auf einer relevanten gebietsbezogenen Strategie umfassen, wobei jede Situation vor Ort gesondert analysiert wird. In erster Linie stellt er ein Finanzinstrument dar, das fester Bestandteil der Gemeinsamen Fischereipolitik mit der konkreten Zielsetzung ist, die Ressourcenbewirtschaftung zu überwachen, zur Verbesserung der Produktionsstrukturen beizutragen und ideale Bedingungen für ihre nachhaltige Entwicklung zu schaffen.
Zweitens richtet er sich nach den Kohäsionsgrundsätzen, die in Abhängigkeit von Entwicklungsstand und Wohlstandsniveau eine unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Regionen der Europäischen Union gestatten. Der Fischereiausschuss in diesem Parlament hat ausführliche Konsultationen durchgeführt. Wir haben uns mit allen betroffenen Parteien dieses Sektors zusammengesetzt, berieten mit Fischern und den Vertretern der Mitgliedstaaten und waren darauf bedacht, dass dieser Bericht letztendlich den Bedarf des Sektors genau widerspiegelt.
Obwohl die Mitgliedstaaten die Schaffung eines Europäischen Fischereifonds begrüßten, dessen Ziel mit der Reform der Fischereipolitik einhergeht, gab es dennoch Bedenken, dass der Fonds sich nicht angemessen mit der Erneuerung von Schiffen befasst. So wurde vorgeschlagen, im Verordnungsentwurf die Erneuerung und Modernisierung von Flotten vorzusehen, gleichzeitig aber die Möglichkeit offen zu halten, neue Schiffe zu bauen, ohne damit den Fischereiaufwand zu erhöhen. Allgemein herrscht die Ansicht vor, die Kommission habe sich zu stark auf den Umweltaspekt konzentriert und die potenziellen Risiken bestimmter Maßnahmen für den Fischereisektor außer Acht gelassen. Vielleicht könnten wir mit Hilfe der wissenschaftlichen Forschung einen konstruktiveren und ausgewogeneren Kompromiss erzielen und damit ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Ressourcen und der sozioökonomischen Lebensfähigkeit des Sektors herstellen.
Meiner Überzeugung nach werden in dem Bericht, über den wir morgen abstimmen werden, die Bedürfnisse aller in diesem Sektor Beschäftigten angemessen berücksichtigt. Damit wollen wir sowohl der Kommission als auch dem Sektor eine klare Botschaft zukommen lassen, und wir wollen, dass der Fischereisektor in den kommenden Jahren nachhaltig und lebensfähig bleibt. Meines Erachtens ist es für uns von grundlegender Bedeutung, dass über die Grundsätze zur Bereitstellung von Mitteln für die Fischereiindustrie eine Einigung erzielt wird. Leider blieb die vorgeschlagene Mittelzuweisung für den Europäischen Fischereifonds im Grunde genommen unverändert, nämlich ungefähr fünf Milliarden Euro, obwohl die Europäische Union ihre Quote erhöhen musste, da sie jetzt aus 25 und nicht mehr 15 Mitgliedstaaten besteht. Daraus folgt, dass ein Vergleich mit der Vergangenheit ergeben wird, dass jedes Land einen kleineren Prozentsatz an Mitteln erhalten wird. Der Umweltschutz bereitet uns große Sorgen, doch zu viele Vorsichtsmaßnahmen führen zu übermäßigem Schutz. Nicht unerwähnt bleiben soll auch, dass über diesen Fonds Fördermittel bereitgestellt werden. Wir hoffen, dass dieser Bericht zu mehr Flexibilität führen wird, und deshalb gehen wir auch davon aus, dass die Menschen in Europa von uns eine Beseitigung der unnötigen Bürokratie erwarten. Ich bin davon überzeugt, dass alle an der Erstellung dieses Berichts Beteiligten an all dies gedacht und alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um diese zu beseitigen. Wie ich bereits sagte, haben wir eine Einigung zur Erneuerung von Schiffen erzielt, was sehr wichtig ist, wir haben eine Einigung zur Modernisierung von Flotten und der Erneuerung von Küstenschiffen erzielt, und wir benötigen eine Flotte, die für die Zukunft wettbewerbsfähig und effizient ist, damit der Sektor wirklich nachhaltig bleibt. Wie gesagt, hat der Ausschuss für europäische Fischerei bereits verschiedene Ansichten zu diesem Thema geäußert und verschiedene Aspekte des Vorschlags wurden berücksichtigt, darunter die Probleme der nachhaltigen Entwicklung, Aquakultur und Fragen zur Flotte und Umsetzung. Als Berichterstatter kann ich sagen, dass ich mit den Endergebnissen zufrieden bin. Ich bin der Überzeugung, dass die wichtigsten Punkte erfolgreich in den Bericht Eingang gefunden haben und dass er darüber hinaus über ein ausreichendes politisches Gewicht verfügt, damit der Fischereisektor nachhaltig und lebensfähig bleiben kann, sowohl in finanzieller als auch in ökologischer Hinsicht.
Abschließend möchte ich das Hohe Haus daran erinnern, dass wir einen Zeitplan hatten, der um die Hälfte gekürzt wurde, damit wir bis heute alle Punkte behandeln können, und ohne die Unterstützung des Koordinators und des Beraters meiner Fraktion ebenso wie die vieler anderer, insbesondere der Vertreter der Kommission und meiner persönlichen Mitarbeiter, wäre es uns wahrscheinlich nicht gelungen. Ich danke allen für ihre Unterstützung.
Alun Michael,amtierender Ratspräsident. (EN) Herr Präsident! Ich freue mich, an dieser äußerst wichtigen Debatte über die Zukunft der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds teilnehmen zu können, da das von der Europäischen Kommission erarbeitete Paket von fünf Verordnungsentwürfen große Bedeutung hat. Es wird für den gesamten Siebenjahreszeitraum der nächsten Finanziellen Vorausschau den allgemeinen Rahmen für die Gestaltung der Regionalpolitik der EU vorgeben. Eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament ist unerlässlich, um diesem Vorhaben zum Erfolg zu verhelfen.
Der Ausschuss für regionale Entwicklung hat ausgezeichnete Berichte zu den Verordnungsentwürfen erarbeitet. Auch wenn der Rat und das Parlament in bestimmten Fragen unterschiedlicher Meinung sind, haben wir doch viele Ziele und Anliegen gemeinsam. Ich möchte Herrn Hatzidakis, Herrn Andria, Herrn Fava, Herrn Olbrycht und Herrn Silva Peneda für ihren großen Einsatz und ihre wertvollen Ausführungen bei der Einleitung der Aussprache am heutigen Nachmittag danken.
Herrn Hatzidakis möchte ich darauf hinweisen, dass ich heute im Namen der Präsidentschaft spreche und die Notwendigkeit einer Einigung betone. Ich sage das, weil er mich als britischen Minister bezeichnet hat. Heute sprechen wir nicht über das Haushaltsvolumen, auch wenn die Befürworter einer stärkeren Haushaltsdisziplin meinen, dass das die Glaubwürdigkeit der Union erhöhen und zu einer verbesserten Lenkung der Ressourcen auf die bedürftigsten Bereiche führen würde. Doch es ist allen Beteiligten und insbesondere dem Parlament hoch anzurechnen, dass die praktischen Aspekte der Verordnungsvorschläge der Kommission parallel zur Haushaltsdiskussion erörtert und entwickelt werden. Durch unsere Zusammenkünfte weiß ich, dass Kommissarin Hübner diese Fragen sehr pragmatisch angeht, und sehe ihrem Beitrag sowie dem von Kommissar Špidla erwartungsvoll entgegen.
Ich lasse den Bericht von Herrn Casa nicht außer Acht. Mir ist bekannt, dass das Parlament bei dieser Aussprache auch den Entwurf einer Verordnung für den Europäischen Fischereifonds erörtern wird. Als britischer Minister für Regionalpolitik kann ich mich nicht zu dieser wichtigen Vorlage äußern, verspreche aber, meine Anmerkungen an meinen Kollegen Ben Bradshaw weiterzuleiten, den britischen Minister für Fischereipolitik, der nächste Woche zu Besuch beim Parlament sein wird, um an Gesprächen zu diesem wichtigen Thema teilzunehmen.
Ich möchte betonen, dass die britische Präsidentschaft großen Wert auf die Erzielung von Fortschritten in diesem überaus wichtigen Politikbereich legt. Uns ist klar, dass dies eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament erfordert. Unter der niederländischen und der luxemburgischen Präsidentschaft ist schon vieles erreicht worden, aber es gibt noch viel zu tun. Selbst wenn der Rat und das Parlament zu einer Einigung über die Verordnungen gelangt sind, müssen die Kommission und die Mitgliedstaaten wichtige bilaterale Gespräche zum Abschluss bringen, ehe die neue Programmrunde anlaufen kann und ehe die Gelder fließen können – Gelder, die dringend benötigt werden, um die ärmsten Teile der Union bei der wirtschaftliche Sanierung zu unterstützen –, und deshalb wollen wir erreichen, dass es unter unserer Präsidentschaft schnell vorangeht.
Wie ich aber schon erwähnte, stehen diese Verhandlungen in engem Zusammenhang mit den allgemeinen Diskussionen über die künftige Finanzierung der Union. Die Strukturfonds stellen den größten Ausgabenbereich der EU nach der Landwirtschaft dar und haben einen Anteil von ca. 30 % am Gesamthaushalt der EG. Wir müssen uns über den EG-Haushalt einigen, ehe diese Verordnungen unter Dach und Fach gebracht werden können.
Wir teilen die Besorgnis des Europäischen Parlaments und vieler Mitgliedstaaten – insbesondere der neuen Mitgliedstaaten – über mögliche Verzögerungen bei der Einigung über den Haushalt sowie das Bewusstsein, dass es auf einen raschen Beginn des nächsten Zyklus der Strukturfondsprogramme ankommt.
Tony Blair sagte Ihnen vor weniger als zwei Wochen, dass wir uns vollständig darüber im Klaren sind, wie wichtig die Übereinkunft über den Haushalt ist, und dass wir während unserer Präsidentschaft möglichst weit vorankommen wollen. Allerdings muss es auch die richtige Übereinkunft sein: Sie muss die EU zur wirksamen Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts befähigen, die allgemeine Diskussion über die künftige Richtung der Union berücksichtigen und den Bedürfnissen der neuen Mitgliedstaaten Rechnung tragen, damit die EU-Erweiterung auch weiterhin ein Erfolg ist.
Neben der Frage der Finanzierung sind eine Reihe anderer wichtiger Fragen zu klären, die die Behandlung der Strukturfondsausgaben und die praktische Durchführung der Programme betreffen. Wir diskutieren diese Dinge seit September vergangenen Jahres im Rat und haben dabei gute Fortschritte erzielt. Unser Ziel während der britischen Präsidentschaft besteht darin, so rasch wie möglich einen Konsens zu noch offenen technischen Fragen in den Verordnungen herbeizuführen, damit das Verordnungspaket unverzüglich geschnürt werden kann, sobald das Ergebnis der Verhandlungen über die künftige Finanzierung feststeht.
Deshalb begrüße ich es sehr, dass Sie heute diese wichtige Aussprache durchführen und in Kürze über die fünf Berichte abstimmen werden. Dies wird gewährleisten, dass der Rat eine klare Vorstellung von den Ansichten des Parlaments hat. Diese Ansichten spielen eine wichtige Rolle bei der Konsensbildung zwischen unseren beiden Institutionen, und wir werden sie auf dem Wege zur politischen Einigung im Rat sehr sorgfältig prüfen. Ich sehe den übrigen Beiträgen des heutigen Tages mit Interesse entgegen.
Danuta Hübner,Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Durch viele Plenartagungen wie diese hier und durch den unermüdlichen Einsatz ihrer Ausschüsse hat Ihre Institution stets eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der europäischen Kohäsionspolitik gespielt. Die Kommission würdigt Ihren vorausschauenden Beitrag zur Begründung und Entwicklung einer Politik, die nicht nur wirtschaftliche Ziele verfolgt, sondern auch ein festes Band zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgern knüpft. Unsere heutige Aussprache über die mittelfristige politische Zukunft ist das jüngste Beispiel für diese Bemühungen.
Indem ich Ihnen die Anerkennung und den Dank der Kommission für Ihr Engagement übermittle, möchte ich zugleich den vier Berichterstattern – Herrn Hatzidakis, Herrn Fava, Herrn Andria und Herrn Olbrycht – meinen persönlichen Dank für die herausragende Qualität ihrer Berichte aussprechen. Ferner danke ich Herrn Galeote Quecedo, der die Arbeit des Ausschusses für regionale Entwicklung mit großem Geschick geleitet hat. Zusammen haben sie die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass heute eine fruchtbare Diskussion stattfinden kann. Wenn ich nun auf die von Ihnen vorgeschlagenen Änderungen eingehe, hoffe ich, ebenso klare und überzeugende Aussagen treffen zu können wie die Berichte selbst.
Wie bereits gesagt, sprechen wir hier über die Zukunft der Kohäsionspolitik bis 2013. In der Zeit von 2007 bis 2013 kann die Kohäsionspolitik auf den bisherigen Ergebnissen aufbauen, doch müssen wir uns nach vorne orientieren und bewegen. Wir können eine Wachstumsdividende erzielen, indem wir die Regionen stärker in unsere wirtschaftliche und gesellschaftliche Modernisierung einbeziehen. Darum geht es bei den derzeitigen Diskussionen über die Kohäsionspolitik. Die Kommission und das Parlament wissen um die Vorteile der Einbindung unserer Regionen und Städte, und es kann nur von Nutzen sein, ihre Rolle als Schlüsselakteure von Lissabon und Göteborg weiter auszubauen. Vor dem Hintergrund dieser globalen Ziele möchte ich Ihnen nun die Antwort der Kommission auf die vorgeschlagenen Änderungen mitteilen; eine Antwort, die im Zeichen unserer gemeinsamen Ziele steht. Die Kommission ist Ihnen dankbar für die Unterstützung in vielen wichtigen Belangen. Ich möchte einige davon anführen.
Wir sind einer Meinung über die Architektur der Politik, deren Eckpfeiler die regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung, die regionale Zusammenarbeit in verschiedenen Formen und natürlich die Konvergenz sein sollen. Es geht darum, das Wachstum in den ärmsten Regionen anzukurbeln und die Wohlstandslücke zwischen ihnen und der übrigen Union zu schließen. Hier kommt der Kohäsionspolitik der EU eine tragende Rolle bei der Förderung des Produktivitätswachstums in der Union insgesamt zu.
Wir sind einer Meinung darüber, dass es unerlässlich ist, die Finanzhilfen auf die ärmsten Regionen zu konzentrieren. Ich gehe voll und ganz mit Ihrer Ansicht konform, dass der einzelstaatliche strategische Rahmenplan Gegenstand einer Vereinbarung zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission sein sollte. Diese Vereinbarung sollte die Grundlage für die endgültige Entscheidung der Kommission bilden, wie in Artikel 26 des Vorschlags für eine allgemeine Verordnung vorgesehen.
Einer Meinung sind wir auch über die maßgebliche Rolle der Kohäsionspolitik bei der Schaffung einer modernen wissensbasierten Wirtschaft. Deshalb ist es wichtig, dass der Rat strategische Orientierungen für die Union als Ganzes verabschiedet, und deshalb schlagen wir vor, dass die Mitgliedstaaten einzelstaatliche Strategien für die Erreichung dieser Ziele erarbeiten. Der Ihnen vorliegende Bericht unterstützt diese Auffassung. Allerdings muss ich Ihnen sagen, dass die Schlacht noch nicht gewonnen ist. Uns bleibt somit noch ein ganzes Stück Arbeit, bis dieser Teil des Kommissionsvorschlags und die Auffassungen des Europäischen Rates in die politische Realität umgesetzt sind.
Die Kommission und das Parlament sind sich einig über die Bedeutung des territorialen Zusammenhalts, also darüber, dass es der wirtschaftlichen Modernisierung zugute kommt, wenn bestimmten Gebieten in Europa besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Die Initiative URBAN, die auf Drängen Ihres Parlaments in die Kohäsionspolitik aufgenommen wurde, ist ein großer Erfolg und die Kommission möchte darauf aufbauen, indem sie nicht nur den Städten, sondern auch den ländlichen Gebieten einen besonderen Platz einräumt. Wir haben ein Sonderprogramm für die Gebiete in äußerster Randlage vorgeschlagen und begrüßen Ihre Unterstützung.
Dies sind einige der Punkte, in denen die dem Parlament vorliegenden Entschließungsanträge den Vorschlägen der Kommission starken Rückhalt geben. Die Kommission wiederum wird Empfehlungen Ihrer Berichterstatter aufgreifen. Vielleicht kann ich ein oder zwei Beispiele anführen. Ihre Entschließung besagte, dass eine bessere Zusammenarbeit zwischen den vom EFRE kofinanzierten Programmen und anderen Gemeinschaftsprogrammen die Kohäsionspolitik stärken wird. Ich bin ganz Ihrer Meinung und arbeite daran, dies in die Tat umzusetzen. Allerdings muss uns allen klar sein, dass die Verwirklichung dieses Zieles und die Forderung nach einem konzentrierten Einsatz unserer knappen Finanzmittel bedeuten, dass bestimmte Arten von Projekten nicht mehr zu unseren Prioritäten gehören können.
Ferner schlagen Sie eine spezifische Komponente für die interregionale Zusammenarbeit im Rahmen des Ziels „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ vor. Die Kommission ist damit einverstanden. Sie haben vorgeschlagen, die mögliche Querfinanzierung zwischen dem Regional- und dem Sozialfonds von 5 % auf 10 % zu erhöhen. Dies ermöglicht eine größere Flexibilität der regionalen und nationalen Programmverwalter und gewährleistet dadurch in einigen Fällen eine enge Verbindung zwischen Investition und Ausbildung.
Die Kommission hält das für äußerst sinnvoll und nimmt den Vorschlag an. Was speziell den Bericht von Herrn Olbrycht über den Europäischen Verbund für grenzüberschreitende Zusammenarbeit anbetrifft, so freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Kommission die meisten Änderungsanträge des Parlaments akzeptiert. Am wichtigsten ist der Vorschlag, die Eintragung europäischer Verbünde den nationalen Regelungen für die Eintragung von Verbänden zu unterwerfen.
Über die Änderungsanträge zu sprechen, denen die Kommission nicht zustimmen kann, ist immer eine etwas heikle Angelegenheit. Ich will hier auf ein oder zwei Fälle eingehen und hoffe, dass meine Erklärungen zu den Gründen für das Vorgehen der Kommission das Parlament überzeugen. Wie ich bereits sagte, muss sich die Kohäsionspolitik auf die wirtschaftliche Modernisierung konzentrieren. Ich habe auch gesagt, dass dies insbesondere für das Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ von Bedeutung ist. In diesem Bereich der Kohäsionspolitik sind die Mittel besonders knapp bemessen, und außerdem müssen wir in der Lage sein, den gesamtwirtschaftlichen Nutzeffekt nachzuweisen.
In Anbetracht dessen bin ich besorgt über die Änderungsvorschläge, die den Erfassungsbereich der Kohäsionspolitik erweitern wollen, insbesondere im Hinblick auf das Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit“. Ich sehe ein, warum die Abgeordneten vielleicht der Auffassung sind, dass hier und da ein bisschen mehr Spielraum geschaffen werden sollte, aber ich möchte Sie bitten einzusehen, dass wir die Fähigkeit zur Ausrichtung der Politik auf Schlüsselfragen und Schlüsselbereiche einbüßen, wenn wir nicht sehr vorsichtig vorgehen. Wir müssen ein angemessenes Verhältnis finden. So glaube ich beispielsweise nicht, dass es angemessen wäre, die Kohäsionsförderung generell auf Betriebsbeihilfen auszuweiten oder die Bestimmungen für den Landerwerb zu lockern. Dies ist kein Mangel an Verständnis; es ist die Einsicht in die Notwendigkeit, die Politik auf die wichtigsten Herausforderungen zu konzentrieren.
Es gibt zwei spezifische Punkte, die ich in diesem Zusammenhang ansprechen möchte: Mehrwertsteuer und Wohnungsbau. Die Diskussionen um die Mehrwertsteuer und den Wohnungsbau sind ein Ergebnis der Bemühungen der Kommission, die Verordnung durch eine klare Auflistung der nicht förderfähigen Ausgaben zu vereinfachen.
Was die Mehrwertsteuer anbetrifft, so zeigen die Diskussionen im Rat und die Änderungsanträge der Abgeordneten, dass dieser Teil des Kommissionsvorschlags einige Probleme bereitet, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten. Wir wollen verhindern, dass die EFRE-Kofinanzierung direkt in die Haushalte der Mitgliedstaaten fließt, indem die Mehrwertsteuerzahlungen kofinanziert werden. Ich bin sicher, dass Ihr Parlament ebenfalls dieser Auffassung ist. Zugleich höre ich von Ihnen, was es für Probleme gibt: die Kosten, die einigen Begünstigten wie zum Beispiel freien Trägern und Kommunalverwaltungen dadurch entstehen, dass die Mehrwertsteuer, zu deren Zahlung sie verpflichtet sind, nicht erstattungsfähig ist. Daher wird sich die Kommission diesen Vorschlag in den nächsten Wochen nochmals vornehmen, um eine Lösung für Ihre Kritikpunkte zu finden.
Das gilt im Wesentlichen auch für den Wohnungsbau, obwohl die Lösung dieses Problems vielleicht keine Änderung des Kommissionsvorschlags erforderlich macht. Auch die Ausgaben für den Wohnungsbau sollten nach Ansicht der Kommission nicht für eine Kofinanzierung im Rahmen der Kohäsionspolitik in Frage kommen. Das ist keine Abkehr von der bisherigen Praxis. Es ist lediglich eine Klarstellung. Inzwischen haben die Änderungsanträge der Abgeordneten und die Diskussionen im Rat deutlich gezeigt, dass das, was eigentlich als Klarstellung gedacht war, Verwirrung auslösen und damit den Programmverwaltern das Leben schwer machen könnte. Der offensichtliche Ausweg wäre eine gemeinsame Erklärung mit dem Rat, in der die Arten von Investitionen im Wohnungsbau aufgeführt werden, die durch den EFRE kofinanziert werden können. Darin würden wir beispielsweise klarstellen, dass Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Wohngebäuden zuschussfähig sind und dass dasselbe auch für Investitionen zur Verschönerung des Umfelds im sozialen Wohnungsbau gilt.
Ein anderer Bereich, um den es in den Änderungsanträgen der Abgeordneten geht, ist die Bestimmung über die automatische Freigabe (die so genannte N+2-Regel), die ab 2007 auf den Kohäsionsfonds angewandt werden soll, da die Kommission den Übergang vom derzeitigen Projektansatz zum Programmansatz vorschlägt.
Genau diese Art von Disziplin ist die Grundlage für die jetzige Leistungsfähigkeit der offiziellen Programme und macht sich vor Ort bezahlt. Sie erweist sich als starker Anreiz für eine effiziente und zügige Durchführung der Programme. Wir erkennen allerdings auch an, dass die Anwendung dieser Regel auf den Kohäsionsfonds insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten Schwierigkeiten mit sich bringen könnte, da die Hauptzielgruppe dieses Fonds die großen Infrastrukturprojekte sind, bei denen der Investitionszyklus und die Verfahren der öffentlichen Auftragsvergabe wesentlich länger und komplexer sind. Wir unterschätzen diese Probleme nicht. Aus diesem Grund haben wir mit der Präsidentschaft und den Mitgliedstaaten zusammengearbeitet, um die Erfordernisse der wirtschaftlichen Haushaltsführung und Haushaltsdisziplin mit dem besonderen Charakter des Kohäsionsfonds in Einklang zu bringen.
Die Kommission kann einigen Vorschlägen der Abgeordneten nicht zustimmen, die eine Änderung der Bedingungen für die Umsetzung der Politik zum Ziel haben. Hierbei müssen wir natürlich die Bedeutung einer wirtschaftlichen Haushaltsführung bedenken, was uns veranlasst, auf Klarheit und eine klare Unterscheidung zwischen der allgemeinen Verordnung und den EFRE-Verordnungen zu achten. Wir müssen an die Bedeutung einer dezentralen Verwaltung und an die Rolle der Regionen und der Mitgliedstaaten bei der Festlegung von Entwicklungsstrategien denken. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass die neuen Verordnungen von den Programmverwaltern gut verstanden und befolgt werden können und dass sie keine politischen Botschaften oder Absichtserklärungen enthalten. Aus diesen Gründen kann die Kommission eine Reihe von Änderungsanträgen nicht akzeptieren.
Sie wissen genau, unter welch schwierigen Umständen die Debatte über den künftigen Finanzrahmen stattfindet. Die Kommission braucht Ihre rückhaltlose Unterstützung, um zu gewährleisten, dass bis 2007 eine ehrgeizige Kohäsionspolitik zur Umsetzung der Ziele von Lissabon und Göteborg durchgeführt werden kann.
Mit der Annahme Ihrer Berichte signalisieren Sie dem Rat Ihre Entschlossenheit, sich dieser wichtigen Aufgabe zu stellen. Indem das Parlament diesen Zeitpunkt gewählt hat, um seinen Standpunkt zur künftigen Gestaltung der Kohäsionspolitik zu erörtern, vermittelt es die Botschaft, dass keine Zeit zu verlieren ist. Sie signalisieren, dass Sie noch vor Jahresende eine mittelfristige Zukunft für die Kohäsionspolitik sichern wollen. Die Kommission steht Ihnen dabei zur Seite. Wir setzen uns mit ganzer Kraft dafür ein, dass die nötigen Entscheidungen so rasch wie möglich unter der britischen Präsidentschaft gefasst werden, damit die Mitgliedstaaten und Regionen neue Kohäsionsprogramme vorliegen haben, die Anfang 2007 anlaufen können.
Vladimír Špidla,Mitglied der Kommission. (CS) Meine Damen und Herren, ich darf eingangs dem Berichterstatter, Herrn Silva Peneda, und allen, die ihm geholfen haben, für ihre ausgezeichnete Arbeit danken.
Die Unterstützung seitens des Parlaments war für die Formulierung unseres gemeinsamen Ziels absolut entscheidend. Es besteht in der Etablierung einer Rechtsgrundlage, die es dem Europäischen Sozialfonds ermöglicht, die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen zu fördern.
Den Vorschlägen der Kommission zur Reform des Strukturfonds im Allgemeinen und des Europäischen Sozialfonds im Besonderen liegt eine Reihe von Prinzipien zugrunde. Die Mittel werden für die wesentlichen Prioritäten der Gemeinschaft und in jenen Regionen eingesetzt, die ihrer am meisten bedürfen. Unterstützung wird der europäischen Beschäftigungsstrategie gewährt werden, wodurch der Europäische Sozialfonds einen direkten Beitrag zur Erreichung der Ziele von Lissabon leisten kann, ebenso wie Einzelpersonen und Angehörigen benachteiligter Gruppierungen.
Bei der Realisierung des Europäischen Sozialfonds wird die Kommission nach wie vor allen jenen Gruppierungen Vorrang geben, die Probleme bei der Suche nach einem Arbeitsplatz haben oder deren Arbeitsplatz gefährdet ist, unabhängig von der Ursache dieser Probleme. Zu den Zielen, die sich die Kommission in ihrem Vorschlag selbst setzt, gehört die Erreichung der größtmöglichen Einbeziehung aller an der Umsetzung des Europäischen Sozialfonds Beteiligten. Die Sozialpartner sollten beim künftigen Europäischen Sozialfonds eine führende Rolle einnehmen, denn sie sind entscheidende Gremien bei der Umsetzung von Beschäftigungspolitiken und bei Interventionen des Europäischen Sozialfonds.
Die Kommission teilt die Auffassung des Parlaments, dass NRO stärker in die Kohäsionspolitik einbezogen werden sollten, und sie hat eben aus diesem Grund die Prinzipien der Partnerschaft bekräftigt. So heißt es bereits in den Verordnungsentwürfen, dass NRO in Fragen der Planung, der Durchführung und Überwachung von Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Sozialfonds konsultiert werden. Die Kommission möchte betonen, dass NRO Zugang zu aus dem Europäischen Sozialfonds finanzierten Aktivitäten haben müssen, insbesondere im Fall jener Organisationen, die auf dem Gebiet der sozialen Integration und des Kampfes gegen Diskriminierung tätig sind.
Die Bemühungen der Berichterstatter bei der Anfertigung dieser Berichte werden uns zweifellos bei der effizienteren Ausarbeitung einer Vereinbarung und auch bei der Verbesserung der Endfassung des Vorschlags behilflich sein. Ich möchte ihnen für ihre Arbeit danken.
Joe Borg,Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst den Berichterstatter, Herrn Casa, zu seiner ausgezeichneten Arbeit beglückwünschen und dem Ausschuss für Fischerei sowie dessen Vorsitzendem für den wertvollen Beitrag zur Aussprache über den Europäischen Fischereifonds danken. Ihnen gilt meine ganz besondere Anerkennung für die intensiven Bemühungen um die rechtzeitige Vorlage der Stellungnahme des Parlaments und um die aktive Einbeziehung der Mitgliedstaaten und des Fischereisektors in diese Debatte.
Ich selbst bin mit den Kommissionsdienststellen in verschiedene Mitgliedstaaten gereist, um die Meinungen der Behörden wie auch des Sektors einzuholen. Trotz der Vielzahl der vorgeschlagenen Änderungen finde ich, dass Ihre und unsere Vorschläge im Grunde vieles gemein haben, und freue mich über Ihre großzügige Unterstützung für unseren Vorschlag. Daran zeigt sich unsere gemeinsame Auffassung, dass der neue Fonds der Umsetzung der GFP dienen und die nachhaltige Entwicklung des Fischerei- und Aquakultursektors in der Gemeinschaft zum Ziel haben sollte.
Ich teile nicht die Meinung des Berichterstatters, dass der Fonds zu stark auf die Umweltdimension ausgerichtet ist. Er ist auf die langfristige Sicherstellung einer nachhaltigen Fischerei im Interesse der Fischer selbst ausgerichtet – auf Nachhaltigkeit im umfassendsten Sinne des Wortes, also in wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht.
Gestatten Sie mir nun ein paar Worte zum gegenwärtigen Stand des Vorschlags. Bekanntlich ist der Rat am 20. und 21. Juni zusammengetreten, um den Vorschlag zu erörtern, nachdem umfangreiche Arbeiten auf technischer Ebene durchgeführt wurden. Unter der Leitung der Präsidentschaft konnten wir weiter auf einen breiten Konsens mit den Mitgliedstaaten hinarbeiten, wobei zugleich die laufenden Arbeiten des Ausschusses für Fischerei berücksichtigt wurden.
Um nur drei Bereiche zu nennen, in denen wir Ihren Anliegen entsprochen haben, verweise ich hier auf die Ausweitung der Förderung auf mittelständische Verarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen im Aquakultursektor, auf die Aufnahme neuer Bestimmungen zugunsten der kleinen Fischerei und junger Fischer und auf die größere Flexibilität bei den Auswahlkriterien für Fischereigebiete, in denen lokale Entwicklungsstrategien durchgeführt werden können.
Allerdings haben wir die Diskussionen im Rat am 21. Juni nicht zum Abschluss gebracht. Die Mitgliedstaaten sind nach wie vor unterschiedlicher Meinung, was die Förderung der Erneuerung und Modernisierung der Flotte anbelangt, und einige von ihnen sind für die Wiedereinführung der Förderung des Baus von Fischereifahrzeugen.
Ich habe im Rat meinen Standpunkt zum Ausdruck gebracht, den ich hier nochmals vortragen möchte. Ich bin nicht bereit zu einer Wiederaufnahme der Diskussion über die Förderung des Baus von Fischereifahrzeugen, die im Zuge der Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik auslief. Angesichts der Überkapazitäten und der Überfischung würde dies unser Engagement für eine nachhaltige Fischerei ebenso untergraben wie unsere Bemühungen auf internationaler Ebene, die Subventionierung einer Erweiterung der Flottenkapazität zu verhindern. Wir müssen uns nicht nur zum Verzicht auf eine Kapazitätserhöhung verpflichten, sondern wir müssen die Kapazität verringern, um die Fischerei nachhaltig zu gestalten.
Was die Förderung der Modernisierung von Fischereifahrzeugen anbetrifft, so ist die Kommission bereit, einige der vom Ausschuss für Fischerei befürworteten Änderungen zu akzeptieren. Erstens muss aber klargestellt werden, dass die Förderung für eine Modernisierung der Schiffe unter Deck im Interesse der Sicherheit, der Arbeitsbedingungen, der Hygiene und der Produktqualität sowie unter der Voraussetzung gewährt wird, dass sich dadurch die Kapazität nicht erhöht. Zweitens müssen sicherheitsrelevante Maßnahmen explizit für eine Förderung durch den Europäischen Fischereifonds in Frage kommen.
In mancherlei Hinsicht widerspiegeln die Diskussionen im Rat die Argumentation des Europäischen Parlaments in Bezug auf die Umstrukturierung der kleinen Küstenfischerei. Ich bin überzeugt, dass die besondere Beachtung der kleinen Fischerei gerechtfertigt ist, und zwar aufgrund ihrer bedeutenden Auswirkungen auf das sozioökonomische Gefüge der Fischereigebiete, ihrer territorialen Dimension und der häufig anzutreffenden Konkurrenz durch andere Flottensegmente.
Daher sind wir bereit, die Förderung des Ersatzes von Motoren für kleine Fischereifahrzeuge mit aufzunehmen, sofern sichergestellt wird, dass die Kapazität nicht erhöht wird und dass die Bestände nachhaltig bewirtschaftet werden. Dies könnte insbesondere im Rahmen von Küstenbewirtschaftungsplänen geschehen, deren Ziel die nachhaltige Entwicklung der Fischerei zum Nutzen der Gemeinden ist.
Ich bin zuversichtlich, dass die heutige Aussprache zur weiteren inhaltlichen Verbesserung des Vorschlags für den Europäischen Fischereifonds beitragen wird. Wir werden unsere Arbeit im Rat fortsetzen, um seine baldige Annahme zu ermöglichen, und ich werde den Rat nach der heutigen Aussprache gewiss über Ihre noch offenen Anliegen informieren.
VORSITZ: LUIGI COCILOVO Vizepräsident
Nathalie Griesbeck (ALDE), Verfasserin der Stellungnahmedes mitberatenden Haushaltsausschusses. – (FR) Sehr geehrter Herr Ratspräsident, sehr geehrter Herr Kommissionspräsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich hervorheben, dass ich in meiner Eigenschaft als Verfasserin der Stellungnahme über die Strukturfonds im Haushaltsausschuss spreche. In der mir zur Verfügung stehenden Zeit gäbe es so viel zu sagen, dass ich beschlossen habe, einige Punkte auszuwählen, die nach den in unserem Hause geltenden klassischen Haushaltsgrundsätzen auf alle Stellungnahmen zutreffen und auch für die entsprechenden verschiedenen Berichte gelten können, sowohl den Bericht meines verehrten Kollegen Andria über den Kohäsionsfonds, als auch den EFRE, den ESF, den Europäischen Fischereifonds, und auch auf die allgemeine Stellungnahme unseres Kollegen Hatzidakis über die Verordnung mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds. Ich danke auch allen meinen Kolleginnen und Kollegen für die umfangreiche Arbeit, die geleistet wurde.
Die vor Europa stehenden Aufgaben sind heute mehr denn je von außerordentlicher Bedeutung für die Entwicklung der künftigen Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union, deren Strukturfonds nicht nur die unentbehrlichen Finanzierungsinstrumente darstellen, sondern auch, im derzeitigen Europa der 25, in dem wir leben, das wir aufbauen, im erweiterten Europa, das Kernstück der Haushaltsziele der Union und das wichtigste Instrument unserer Ambition für Europa.
Ich möchte nicht weiter auf die umfangreiche Arbeit des Haushaltsausschusses und auch des nichtständigen Ausschusses des Parlaments über die Finanzielle Vorausschau eingehen. Während Europa eine bisher nie da gewesene Krise erlebt, hat sich unser Parlament seiner Verantwortung gestellt und im Juni den Böge-Bericht verabschiedet, der die Haushaltsziele der erweiterten Union für den Zeitraum 2007-2013 festlegt. Allerdings verfügten wir bei der vorbereitenden Aussprache über die Strukturfonds auf der Grundlage des Kommissionsvorschlags, in dessen Mittelpunkt drei Ziele standen – “Konvergenz“, „regionale Wettbewerbstätigkeit und Beschäftigung“ und „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ –, noch über keine konkreten Angaben zu den Haushaltsbeträgen.
Die derzeitige Lage ist nach wie vor komplex, um nicht zu sagen grotesk, wie es einige unserer Mitbürger nennen: Wir sind aufgerufen, uns zu den Strukturfonds zu äußern und kennen immer noch nicht die endgültigen Beträge, mit denen sie ausgestattet sein werden, wenn wir – was ich hoffe und was auch die überwiegende Mehrheit unserer Kollegen hofft – zu einer raschen Einigung über die Finanzielle Vorausschau gelangen. Daher möchte ich einfach anhand von zwei oder drei Schwerpunkten einige Grundsätze des gesunden Menschenverstands und der klassischen Haushaltspolitik hervorheben, die es gestatten, die Befugnisse des Europäischen Parlaments als dem für die Feststellung des Haushaltsplans zuständigen Organ geltend zu machen.
Im ersten Punkt geht es darum, dass die Kommission nach Verabschiedung der Finanziellen Vorausschau in erster Linie die im Vorschlag für die Verordnung genannten Beträge bestätigen oder gegebenenfalls und bei Bedarf die angepassten Beträge dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Billigung unterbreiten und so die Vereinbarkeit mit den Obergrenzen sicherstellen sollte, wie es der Haushaltsausschuss immer wieder anmahnt.
Im zweiten, bereits mehrfach angesprochenen, sehr ausführlich erörterten und regelmäßig im Haushaltsausschuss des Parlaments betonten Punkt geht es darum, die positiven Ergebnisse der Anwendung der N+2-Regel deutlich zu machen und vorzuschlagen, dass diese auch im vorliegenden Entwurf als Grundsatzregel angewendet wird.
Denn die Verordnung mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds und die Verordnung über den Kohäsionsfonds sieht die Anwendung dieser N+2-Regel auf den Kohäsionsfonds vor. Ich möchte daran erinnern, dass es Ziel dieser Regelung ist, die Empfängermitgliedstaaten zu einem zügigen Verbrauch der bereitgestellten Mittel anzuhalten, und dass sie zur Einhaltung einer gewissen Disziplin bei der Vorbereitung und Mittelbewirtschaftung der Projekte verpflichtet sind.
Insofern haben wir, vor allem aber der Berichterstatter Herr Andria, im Bewusstsein der potenziellen Schwierigkeiten, die die neuen Mitgliedstaaten mit der zügigen Verwendung der Strukturfonds haben, in harten Auseinandersetzungen und in langen Diskussionen einen Kompromiss erzielt, damit diese N+2-Regel ausgehend vom Bedarf unserer neuen Kollegen gelockert wird und ein geeignetes Maß an Flexibilität gewinnt, sodass die Projekte zügig begonnen und durchgeführt werden können. Die für die N+2-Regel vorgesehene Frist beginnt mit dem ersten Tag der Umsetzung des Programms und nicht mit dem ersten Tag der Planung durch die Kommission, sodass diese Flexibilität, die der Verwirklichung unserer Ziele sehr entgegen kommt, genutzt werden kann.
Ich werde auch nicht noch einmal auf die nicht erstattungsfähige Mehrwertsteuer eingehen, wozu wir voll und ganz den Standpunkt von Kommissionsmitglied Frau Hübner teilen. Abschließend möchte ich sagen, dass der Haushaltsausschuss über die Verteidigung seiner verschiedenen, vom Parlament angenommenen Standpunkte wachen wird. Selbstverständlich ist er bereit, unverzüglich die Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission über die Finanzielle Vorausschau aufzunehmen, die ihm sehr am Herzen liegen, denn entgegen den am 30. Juni im Figaro wiedergegebenen Aussagen von Jack Straw wäre es wirklich tragisch, wenn bis Ende des Jahres keine Einigung erzielt würde. Sollten sich diese Einigung hinziehen, müssen wir uns bewusst sein, dass die dadurch verzögerte Umsetzung der politischen Ziele schwerwiegende wirtschaftliche und soziale Konsequenzen für unsere europäischen Mitbürger hätte. Aber – und gerade in diesem Zusammenhang – es ist wichtig, dass die Dinge in einem Punkt klar sind: Das Parlament wird keiner schlechten Übereinkunft zustimmen, und wir werden nicht zögern, nein zu sagen.
Tadeusz Zwiefka (PPE-DE),Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.–(PL)Herr Präsident! Wir alle wissen nur zu gut, dass die vielen Ziele, die wir uns setzen, und die zahlreichen Bedürfnisse, die gedeckt werden müssen, die uns zur Verfügung stehenden Mittel bei weitem übersteigen. Es liegt daher auf der Hand, dass diese Mittel bestmöglich verplant und so effektiv wie möglich eingesetzt werden müssen. Darauf zielen die Änderungsanträge zur nächsten Finanziellen Vorausschau ab.
Es ist völlig unverständlich, dass bestimmte Grundsätze aufgegeben wurden, die sich bewährt haben und bisher gut funktionierten. Ich denke da insbesondere an das Konzept der gemischten Finanzierung, wonach die verschiedenen Mittel, die zur Umsetzung eines einzelnen Vorhabens benötigt werden, auf nationaler Ebene so effektiv wie möglich miteinander kombiniert werden können, das heißt, dass das betreffende Land die Mittel nach eigenem Ermessen verwenden kann. Diese Vorgehensweise wird nunmehr geändert, indem die Mischfinanzierung auf 5 % beschränkt wird. Weshalb aber sollte eine Bestimmung geändert werden, die bisher gut funktioniert hat und für die administrative Instrumente bereits entwickelt und Mitarbeiter ausgebildet wurden? Weshalb eine Bestimmung ändern, die eine größere Entscheidungsfreiheit bei der operativen Planung und der Umsetzung von Projekten ermöglicht?
Eine weitere Frage, auf die ich gern eingehen möchte, sind die Unterbringungskosten. Ich stimme natürlich mit den Änderungen der Kommission überein, dass die Unterbringungskosten als solche keine förderfähige Ausgabe darstellen. Ich bin über die Erklärungen von Frau Hübner erfreut, wonach Ausgaben für Sozialwohnungen zum Zweck der Energieeinsparung und des Umweltschutzes zu den förderfähigen Ausgaben gerechnet werden.
Da ich aus einem neuen Mitgliedstaat – Polen – komme, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass sich die Sozialwohnungen in den ehemaligen Ostblockstaaten meistens in Plattenbauten befinden, die nicht mehr das Kriterium der Umweltfreundlichkeit erfüllen und deren sicherheitstechnischer Zustand in vielen Fällen sehr zu wünschen übrig lässt.
Deshalb sollte vielleicht darüber nachgedacht werden, ob es nicht sinnvoll wäre, die Sanierung dieser Gebäude aus dem Kohäsionsfonds zu finanzieren, da es unmöglich ist, die notwendige Anzahl von Häusern wieder komplett neu aufzubauen.
Bogusław Sonik (PPE-DE),Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit.– (PL) Herr Präsident! Ich begrüße die Tatsache, dass wir trotz der Verfassungs- und Haushaltskrise, die die Europäische Union gerade durchlebt, eine Aussprache über die Ausgestaltung der Schlüsselinstrumente der europäischen Solidarität, nämlich die Strukturfonds, den Kohäsionsfonds und den Sozialfonds, führen.
Solidarität bildet das Fundament des europäischen Aufbauwerks. So ist es der Politik der Solidarität zu verdanken, dass die Gründerstaaten und die ärmeren Länder unseres Kontinents so schnell zusammengewachsen sind. Da wir ja heute hier in Straßburg zusammengekommen sind, möchte ich daran erinnern, dass die Volkswirtschaften Westeuropas vor vielen Jahren mithilfe des Marshall-Plans aus ihren Ruinen wieder auferstehen konnten. Dies trifft auch auf Deutschland zu, das heute die stärkste Wirtschaftsmacht in Europa darstellt. Die kommunistischen Regierungen Mitteleuropas hingegen lehnten den Marshall-Plan ab und verurteilten damit ihre Völker zu jahrzehntelanger Rückständigkeit, was die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Länder angeht.
Wie Herr Juncker in seiner Abschiedsrede hervorhob, kann man die Politik der Solidarität als wichtigste Politik des vereinigten Europas bezeichnen. Leider wurde dieser Politik nicht der ihr gebührende Platz in der ansonsten ausgezeichneten Rede des britischen Premierministers, Tony Blair, eingeräumt. Das ist schon sehr bedauerlich. Die neuen EU-Mitgliedstaaten sind bereit, Reformen einzuleiten und Veränderungen in Angriff zu nehmen. Schließlich führen wir nun schon seit 15 Jahren Reformen durch und lassen uns von notwendigen neuen Aufgaben nicht gleich abschrecken. Daher können diese neuen Mitgliedstaaten echte Verbündete Londons werden und den Briten bei der Verwirklichung ihres Wunsches helfen, eine moderne und wohlhabende EU aufzubauen, die sich schnell entwickelt und frei von Ängsten und Sorgen ist.
Das werden wir jedoch nur erreichen, wenn wir an einer Politik des Zusammenhalts, der Solidarität und der Unterstützung zugunsten ärmerer Länder und Regionen festhalten, denn dies macht den wichtigsten Aspekt der EU-Politik aus. Auch für neue Bereiche, die zu einer ausgewogenen Entwicklung beitragen – wie Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Absorption von Kohlendioxid und umweltfreundliche öffentliche Verkehrsmittel –, sollten Fördermittel zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollte die Unterhaltung der Wassernetze aus dem Kohäsionsfonds finanziert werden, wozu insbesondere Programme zur Hochwasserprävention und das Netz Natura 2000 gehören.
Außerdem schlage ich vor, dass für Fördergelder, die aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Kohäsionsfonds stammen, die derzeit gültigen Regeln zur Zuschussfähigkeit der Mehrwertsteuer beibehalten werden sollten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass dies bei der Inanspruchnahme von Fördermitteln aus den Strukturfonds von entscheidender Bedeutung ist.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. – (EL) Herr Präsident! Wenn wir über den gemeinschaftlichen Besitzstand reden, dann müssen wir darin auch den Beitrag einschließen, den das Europäische Parlament mit der Erfahrung und dem außerordentlichen und konstruktiven Engagement von Europaabgeordneten wie Herrn Hatzidakis leistet, der nicht nur mit diesem, heute zur Diskussion stehenden Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung mit Bestimmungen über den Europäischen Strukturfonds, sondern auch mit einem vorangegangenen dritten Bericht sowie dem Arbeitsdokument vom vergangenen Dezember zur Aufrechterhaltung und Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts beigetragen hat und der jetzt ebenfalls eine konkrete Bezugnahme auf den territorialen Zusammenhalt der Europäischen Union fordert.
Die im Entschließungsantrag enthaltenen Empfehlungen und die spezifischen Vorschläge über bestimmte Änderungen und Zusätze zum Kommissionsvorschlag werden, so hoffen wir, helfen, einen Standpunkt zu formulieren, der im Hinblick auf die Aufstellung eines zuverlässigen Haushaltes für den Zeitraum von 2007 bis 2013 auch für den Rat politisch akzeptabel ist. Wir begrüßen den Vorschlag des Berichterstatters über ein ausgewogenes polyzentrisches Modell für die nachhaltige Entwicklung für ganz Europa, das eine ausgeglichene Entwicklung der Konvergenzregionen sowie der Regionen gewährleistet, die unter das Ziel Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung fallen, und das zudem eine flexible Zusammenarbeit auf europäischer Ebene sicherstellt.
Als Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter stelle ich mit Genugtuung fest, dass in den Bericht spezielle Empfehlungen aufgenommen worden sind, wie die Ausweitung des Prinzips der Gleichstellung von Männern und Frauen, um jegliche Form von Diskriminierung zu verhindern. Dies wird ergänzt durch die Forderung nach einer Bewertung der Fortschritte, die im Hinblick auf die Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen und der sozialen Eingliederung erzielt wurden. Zudem wird vorgeschlagen, dass die Zugänglichkeit für Behinderte eine Bedingung für die Förderung durch die Fonds darstellen sollte.
Wir verweisen ebenfalls auf den Vorschlag des Berichterstatters zur Berechnung des Kofinanzierungssatzes, der verhindern soll, dass die Teilnahme von Nichtregierungsorganisationen und anderen nicht auf Gewinn ausgerichteten Organisationen an den Aktivitäten der Strukturfonds beeinträchtigt wird.
Was den Europäischen Sozialfonds betrifft, so gratuliere ich dem Berichterstatter, Herrn Peneda, zu seiner Kooperationsbereitschaft. Dadurch wird gewährleistet, dass sich die Vorschläge, die in der neuen Verordnung zu diesem Fonds enthalten sind, aufgrund der Flexibilität im Hinblick auf die Förderfähigkeit der Konvergenzregionen und der Regionen, die unter das Ziel Wettbewerbsfähigkeit fallen, insbesondere für die europäischen Bürger und Bürgerinnen als effektiv erweisen.
Mit Genugtuung stellen wir auch fest, dass im Vorschlag von Herrn Peneda betont wird, das Mainstreaming der Gleichstellung von Männern und Frauen sowie die Beseitigung der Diskriminierung in allen Politiken durch spezifische Maßnahmen voranzutreiben, die darauf abzielen, in Übereinstimmung mit den Zielsetzungen der Lissabon-Strategie die dauerhafte Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben zu steigern und ihre berufliche Bildung sowie ihren beruflichen Aufstieg zu fördern.
Wir konstatieren allerdings ebenfalls, dass der Vorschlag nicht genügend Maßnahmen zur Informierung der Öffentlichkeit über die Aktivitäten enthält, die gemäß dem Vorschlag für eine Verordnung über den Europäischen Sozialfonds finanziert werden; dies ist jedoch notwendig, um Interessierten einen einfachen und schnellen Zugang zu ihnen zu gewähren.
Josu Ortuondo Larrea (ALDE),Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr. – (ES) Herr Präsident! Das Erste, was wir dem Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr vorgeschlagen haben, ist, dass die Beihilfen des Kohäsionsfonds nicht nur die im Beschluss von 1996 festgelegten transeuropäischen Verkehrsnetze, also die vom Rat von Essen beschlossenen Netze, berücksichtigen sollen, sondern dass ebenso die von der hochrangig besetzten Van-Miert-Gruppe ermittelten Vorhaben, die auch die neuen Mitgliedstaaten, die Hochgeschwindigkeitsseewege und das GALILEO-Projekt betreffen, einbezogen werden, die alle in unserem Beschluss aus dem Jahr 2004 erfasst sind.
In Bezug auf die Bereiche, auf die sich die Hilfe des Kohäsionsfonds richten soll, empfehlen wir zudem, die die transeuropäischen Netze verbindende Autobahnen und Staatsstraßen ebenfalls zu berücksichtigen und auch das rollende Eisenbahnmaterial und die öffentlichen Verkehrsmittel sowie die Straßeninfrastruktur für den Kraftomnibusverkehr einzubeziehen.
Schließlich sollte die Verordnung, die wir heute diskutieren, unserer Meinung nach nicht verhindern, dass der Rat die Anwendung des Kohäsionsfonds auf einer im Zeitraum 2007-2013 jährlich abnehmenden Basis auf jene Mitgliedstaaten ausdehnen kann, deren Reichtum 90 % des europäischen Durchschnitts übersteigt, aber nicht aufgrund positiver Entwicklungen in ihrem Wirtschaftswachstum, sondern einfach wegen des statistischen Effekts der Einbeziehung von neuen Mitgliedstaaten mit einem niedrigeren mittleren BIP in die Union. Wenn wir das nicht tun, betrügen wir uns selbst.
Roselyne Bachelot-Narquin (PPE-DE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. – (FR) Sehr geehrter Herr Präsident! Die Stellungnahme über den Regionalen Entwicklungsfonds, die ich vor dem Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten vorgetragen habe, wurde in drei Schwerpunkten einstimmig angenommen: Verwirklichung der Ziele von Lissabon, nachhaltige Politik der Vollbeschäftigung und anspruchsvolle Politik für Menschen mit Behinderungen. Dieser Katalog umfasst über das soziale Anliegen hinaus gemeinschaftliche Prioritäten. Sie soll noch vor der Gemeinsamen Agrarpolitik in drei Punkten – Solidarität, Effizienz und Gerechtigkeit – vorrangige Politik der Union werden.
Solidarität gegenüber den neuen Mitgliedstaaten, allerdings unter bestimmten Voraussetzungen. Einhaltung der Wettbewerbsregeln des Binnenmarktes. Solidarität darf nicht mit Nachlässigkeit verwechselt werden! Daher stimme ich den Kolleginnen und Kollegen, wie unserem Berichterstatter, Herrn Fava, zu, die vorschlagen, die Mehrwertsteuer nicht in die rückzahlbaren Ausgaben einzubeziehen und nicht Mittel erneut zu vergeben, die Gegenstand der Bestimmung über die automatische Freigabe, die so genannte N+2-Regel waren. Diese Politikbereiche müssen optimiert werden. Bislang haben wir ein Konzept des Verbrauchs von Mitteln für leichtere Projekte zu Lasten von strukturbestimmenden Projekten verfolgt. Dieser falsch verstandene Ansatz ist bedauerlich und könnte durch die Zurückbehaltung von Leistungsreserven noch verstärkt werden. Wir müssen ein Konzept verfolgen, das sich auf eine eingeschränkte Anzahl von Themen konzentriert. Solidarität und Effizienz: Effizienz heißt, die Ziele der Agenda von Lissabon zu befolgen und in die Forschung sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen zu investieren.
Die Politik der Solidarität, der Effizienz und der Gerechtigkeit muss weiterhin eine für alle Länder der Union geltende Strategie der Gemeinschaft bleiben. Danke an Danuta Hübner, dass sie dem am letzten Donnerstag bei ihrem Besuch in meiner Region, der Loire, zustimmte. Die Ungewissheit über die Finanzielle Vorausschau, Herr Michael - Sie haben es ja erlebt - hat uns nicht daran gehindert, uns zu den Ausgaben und zu den strukturellen Veränderungen zu äußern. Vielleicht wird auch die britische Ratspräsidentschaft damit konfrontiert sein.
Schließlich möchte ich einen Wunsch äußern, der sicherlich von unserem Berichterstatter, Herrn Fava, unterstützt wird, nämlich, dass sich zu diesen Berichten ein Konsens ähnlich dem, der zum Bericht Böge erzielt wurde, herausbildet. Übrigens besteht ein Zusammenhang zwischen den Themen der beiden Berichte. Das Parlament wird seine Aufgaben umso besser wahrnehmen können, wenn sich der Standpunkt des Rates nicht allzu weit von dem entfernt, was wir festgelegt haben. In dieser schwierigen Zeit ist es wichtig, dass das Europäische Parlament weiterhin Kurs auf die ernsthaften und anspruchsvollen Ziele der Gemeinschaft hält.
Lambert van Nistelrooij (PPE-DE),Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. – (NL) Herr Präsident! Heute erlebt das Europäische Parlament einen historischen Tag, an dem wir den Kurs der Kohäsionspolitik und Solidarität in Europa fortführen. Ich danke den Berichterstattern für ihren Weitblick.
In der heutigen Aussprache möchte ich mich auf die neuen Ziele 2 und 3, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und interregionale Zusammenarbeit in Europa, beschränken, die in den Kommissionsvorschlägen ein Gesamtpaket von etwa 40 Milliarden Euro ausmachen. Das beweist auch, dass diese Ziele einen entscheidenden Beitrag zu den Zielen von Lissabon leisten. Bei den gestrigen Beratungen im Ausschuss hat Frau Hübner zu Recht auf die „Lissabonnisierung“ der Strukturfonds hingewiesen.
Im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie habe ich in jedem Änderungsantrag zunächst eine Ausdehnung der privaten Kofinanzierung gefordert. Durch Innovation sorgt die Industrie für die Zugkraft, während Lissabon den Kurs vorgibt. Der Staat legt 1 % auf den Tisch, die Industrie gibt 2 % dazu.
Zweitens sollten die Strukturfonds ausdrücklich mit Ziel 2 im Forschungs- und Entwicklungsbudget gekoppelt sein. Die Möglichkeiten zur Beschleunigung durch offene Innovation, Forschung und Kenntnisse in der intensiven Produktion gehen Hand in Hand. Kommissar Verheugens Vorschläge, das CIP, gehen ebenfalls in diese Richtung.
Drittens sollte es den KMU vermehrt möglich sein, diese Fonds direkt in Anspruch zu nehmen. Ihnen muss das Wissen, das durch Finanzierung aus öffentlichen Mitteln gewonnen wurde, beispielsweise durch Einsatz von „Wissensgutscheinen“ schneller zur Verfügung gestellt werden.
Viertens sollte eine vierte Bestimmung in Bezug auf den Zugang sämtlicher Grenzregionen zu den Fonds erarbeitet werden. Diese sollten zu diesem Zweck verfügbar bleiben. Schließlich hört Lissabon nicht an der Grenze auf.
Abschließend möchte ich noch anmerken, dass die „Lissabonnisierung“ gerade erst begonnen hat und der weltweite Wettbewerb immer gnadenloser wird. Als Niederländer muss ich feststellen, dass eine Debatte über die neue Agenda für die Strukturfonds nicht oder nur in Ansätzen stattgefunden hat, und deshalb müssen wir einen Zahn zulegen. Draußen läuft die Tour de France, aber das hier ist eine tour de force. Bei der nächsten Aussprache im Parlament mit dem Rat über die Kriterien des EFRE beispielsweise sollten wir uns meines Erachtens noch einmal darüber unterhalten, wie wir den Zielen von Lissabon konkret Gestalt verleihen können.
Gábor Harangozó (PSE),Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Landwirtschaft. –(EN) Herr Präsident! In den Aussprachen über die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds gibt es eine Reihe äußerst sensibler Fragen, die fraktionsübergreifende Meinungskonflikte hervorrufen. Die Mehrzahl der Fraktionen ist sich uneins in der Frage der N+2-Regel, der Mehrwertsteuer und der öffentlich-privaten Partnerschaften.
Wir müssen dafür sorgen, dass die Fonds den ärmsten Begünstigten zugute kommen. Das Streben nach einer Vereinfachung der Verordnungen darf keinesfalls dazu führen, dass die ärmsten Begünstigten an der Beantragung von Mitteln gehindert werden. Beim jetzigen Stand der Berichte hätten die darin enthaltenen Regelungen in Bezug auf Mehrwertsteuer und KKP gravierende Konsequenzen für diejenigen Kommunen, die Mittel beantragen möchten. Diese Regelungen verursachen einen zusätzlichen Kostenaufwand, den die ärmsten Begünstigten nicht bewältigen können.
Es geht uns nicht um mehr Geld. Im Gegenteil – wir wollen lediglich, dass die geltende Verordnung in dieser Hinsicht beibehalten wird. Es ist einfach nicht fair, die Spielregeln zu ändern, nachdem zehn neue Mitgliedstaaten mit einem niedrigeren sozioökonomischen Entwicklungsstand der Union beigetreten sind. Dies ist kein Konflikt zwischen den alten und den neuen Mitgliedstaaten, oder zumindest sollte es das nicht sein.
Ich appelliere daher inständig an Sie, die tragenden Prinzipien der Struktur- und der Kohäsionspolitik im Auge zu behalten. Diese Politiken wurden ins Leben gerufen, um den Ärmsten zu helfen, und nicht, um zusätzliche Schwierigkeiten für die Begünstigten zu schaffen. Uns allen ist bewusst, dass sich die Union derzeit in einer schweren Krise befindet. Wir müssen ernsthaft darüber nachdenken, welche Botschaft unser Parlament zu diesem kritischen Zeitpunkt vermitteln will. Im Namen der Solidarität mit den Ärmsten fordere ich Sie daher dringend auf, die Änderungsanträge zu den Themen N+2, Mehrwertsteuer und KKP zu unterstützen.
Marta Vincenzi (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum Ausgleich der regionalen Ungleichgewichte beizutragen, ist in dieser für Europa schwierigen Phase ein äußerst wichtiges und konkretes Ziel, sofern den Bürgern ein klares und verständliches Projekt geboten wird.
Der Berichterstatter zum Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, Herr Fava, hat in dieser Richtung eine ausgezeichnete Arbeit geleistet; er hat die Beiträge der anderen mitberatenden Ausschüsse übernommen und, auf der Grundlage eines Finanzierungsvolumens, das nicht gekürzt werden darf, einen glaubhaften Vorschlag für einen Abbau der Disparitäten ausgearbeitet.
Dieser Abbau wird zu einem wesentlichen Teil durch die Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts erfolgen. Die Tatsache, dass der ursprüngliche Kommissionsvorschlag keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Einbeziehung der Gleichstellungsdimension als Mehrwert für die Wiederherstellung des regionalen Gleichgewichts enthält, ist ein besorgniserregender Schritt zurück.
Deshalb bringe ich, auch im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, meine Zufriedenheit darüber zum Ausdruck, dass dieser Aspekt durch den Bericht wieder eingeführt wurde, und fordere das Plenum auf, ihm seine Zustimmung zu geben. Außerdem ersuche ich die Kommission und den Vertreter des Rates, die Überwindung der unausgewogenen Vertretung der Geschlechter, auch in den Verwaltungs-, Evaluierungs- und Kontrollbehörden der Strukturfonds, die von den Mitgliedstaaten geschaffen werden müssen, als nicht verhandelbar zu betrachten.
Elisabeth Schroedter (Verts/ALE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für regionale Entwicklung.– Herr Präsident, werte Kommissarin, werter Ratsvorsitz, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich glaube, es ist nicht übertrieben, wenn ich die europäische Strukturpolitik als Herzstück der Europäischen Union bezeichne. Das heißt auch, dass Kürzungen der Strukturfonds mit einer riskanten Herzoperation verglichen werden können. Sie kann schief gehen, sie kann Beeinträchtigung hinterlassen, sie sollte deshalb besser vermieden werden.
An die britische Präsidentschaft gerichtet möchte ich erwähnen, dass ein Körper ohne Herz bekanntlich tot ist. Wer seine Hand an die Strukturpolitik legt, setzt die Gemeinschaft aufs Spiel. Alle hier im Saal möchte ich nochmals dazu aufrufen, die Europäischen Strukturfonds so zu gestalten, dass sie für den Körper eine so zentrale Rolle wie das Herz spielen: Gesundheit ist dann gegeben, wenn es allen Teilen gut geht, wenn sie miteinander Solidarität üben und sich fair gegenüberstehen und nicht die vorhandenen Ressourcen dazu benutzen, sich gegenseitig totzukonkurrieren.
Dafür gilt es aber, die Ressourcen nachhaltig einzusetzen, effizient und nach dem bottom-up-Prinzip, damit die Schwächsten gestärkt werden und bei Entwicklungsproblemen entsprechend reagiert werden kann. Um das mit den neuen Strukturfonds zu erreichen, hat das Parlament einen substanziell besseren Vorschlag vorgelegt als die Kommission. In allen Entwürfen zu den einzelnen Fonds ist vor allem die lokale Ebene – als Förderziel, als Programmebene, als Akteur – einbezogen worden, und das ist von größter Bedeutung.
Ich möchte deshalb noch einmal hervorheben, dass die Europäischen Strukturfonds immer wichtig werden, wenn es darum geht, Probleme zu bewältigen. Sowohl in kleinen Dörfern als auch in den Problemvierteln großer Städte sind sie sichtbares Europa und greifbar für die Menschen und deshalb unverzichtbar und unersetzbar für die Integration Europas. Am deutlichsten wird das beim Europäischen Sozialfonds. Er ist nach den substanziellen Verbesserungen des Parlaments zum „Kleine-Leute-Fonds“ geworden. Er springt dort ein, wo es zu Ausgrenzung kommt, er unterstützt dort, wo Menschen den Anschluss verpassen, er inspiriert dort, wo Innovation beim Schaffen von Arbeitsplätzen gefragt ist.
Als Antwort auf die Erklärung des Ratsvorsitzes möchte ich noch einmal betonen, dass Arbeitsplätze auch in Regionen geschaffen werden können, die bereits als abgeschrieben gelten. Dafür ist der ESF mit den Änderungen des Parlaments ein hervorragendes Instrument. Er ist das Gegenkonzept zu den Vorstellungen, dass allein durch Großinvestitionen Wettbewerb und Arbeitsplätze geschaffen werden können. Er setzt dort an, wo Wissen und innovatives Potenzial der Region gefragt sind. Diese Faktoren finden sich in Problemregionen genauso, und deswegen kann er dort auf Erfolg setzen.
Ich möchte noch einmal betonen, dass die Kommission ihrem Anspruch nicht gerecht wird, demzufolge EQUAL vollständig in den ESF übernommen werden sollte. Deswegen sind hier die Änderungen des Parlaments besonders wichtig, um zu erreichen, dass der gesamte Ansatz innovativ übernommen wird.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Satz zum Partnerschaftsprinzip sagen: Der Versuch des Rates, es zu streichen, ist ein Frontalangriff auf den demokratischen Charakter der Strukturfonds. Es ist ja gerade die gesellschaftliche Kontrolle, die dafür sorgt, dass Geld nicht verschwendet und wirklich dort eingesetzt wird, wo es Not tut. Die Stärkung des Partnerschaftsprinzips ist deshalb für die Strukturfonds unverzichtbar. Wir unterstützen den Kommissionsvorschlag, auch die Partner einzubeziehen, die Gruppen vertreten, die jetzt unter dem Antidiskriminierungsartikel des Vertrages endlich Anerkennung finden. Allerdings brauchen diese Gruppen das Know-how, um als ebenbürtige Partner Sachgutachten und Stellungnahmen abgeben zu können. Wir glauben nicht, dass es klug ist – und das sage ich noch einmal an die Kommission gerichtet –, Gender Mainstreaming gegen diese Gruppen auszuspielen.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass der Erfolg der Europäischen Strukturfonds nur dann eintreten kann, wenn sie dem Nachhaltigkeitsprinzip Rechnung tragen.
Jim Higgins (PPE-DE),Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für regionale Entwicklung. –(EN) Herr Präsident! Sämtliche Ziele des Europäischen Fischereifonds sind erstrebenswert und eindeutig: erstens Anpassung der Fangtätigkeit und besserer Schutz der Meeresumwelt; zweitens Aquakultur, Verarbeitung und Vermarktung; drittens Verfolgung gemeinsamer Interessen wie Maßnahmen zum Schutz der Wasserfauna, Maßnahmen für Fischereihäfen und Erschließung neuer Absatzmöglichkeiten; viertens nachhaltige Entwicklung der Fischereigebiete. Dennoch gibt es echte Probleme. Erstens wirkt das Budget mit 4,963 Milliarden Euro zwar recht beachtlich, doch stellt dies für den Siebenjahreszeitraum von 2007 bis 2013 nur einen Anstieg von 0,7 Milliarden gegenüber dem vorherigen Haushalt dar. Außerdem haben wir zehn neue Mitgliedstaaten, also ist das in Wirklichkeit gar kein Anstieg.
Zweitens bin ich enttäuscht, dass dieser Bericht einen Änderungsantrag außer Acht lässt, der vom Ausschuss für regionale Entwicklung angenommen wurde, nämlich dass 25 % des Finanzbeitrags der Gemeinschaft auf Schwerpunkt 4 – nachhaltige Entwicklung der Fischereigebiete – entfallen sollten.
Dies sind bedrohte Gebiete. Die Statistiken sind erschreckend: Jedes Jahr gehen in der Fischerei an sich 8 000 Arbeitsplätze verloren. Die Küstenfischereigebiete befinden sich in äußerster Randlage und sind bedroht. Es kommt darauf an, Fischereipolitik und Regionalpolitik miteinander zu koppeln, aber darauf geht der Bericht kaum ein.
In mehreren Änderungsanträgen des Berichterstatters wird die Förderung des Ersatzes von Fischereifahrzeugen sowie der Verbesserung und Modernisierung von Fischereifahrzeugen vorgeschlagen, doch wird dafür keine prozentuale Höchstgrenze festgesetzt. Wenn wir dieser Strategie folgen, wird die Masse der Fondsmittel verbraucht, und die Schlüsselziele des Fonds können nicht verwirklicht werden. Es sollte den Mitgliedstaaten überlassen sein, vorbehaltlich der Zustimmung der EU Subventionen für den Erwerb, die Modernisierung und den Ersatz von Fischereifahrzeugen zu gewähren, aber eben nur mit EU-Zustimmung. Wichtig sind der Schutz und die Entwicklung der Fischbestände. Wie der Kommissar sagte, muss die Betonung auf der Nachhaltigkeit liegen – dafür muss die Meeresumwelt, müssen die in ihrer Existenz bedrohten Fischereigemeinden geschützt werden.
Nicht zuletzt müssen wir den Fischereigemeinden auch die Möglichkeit zur Diversifizierung geben.
Gerardo Galeote Quecedo, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Ich möchte zunächst den Berichterstattern und insbesondere Herrn Hatzidakis, Herrn Fava und Herrn Andria gratulieren, deren Arbeit wir im Ausschuss für regionale Entwicklung, der eng mit dem Gegenstand der Aussprache befasst war, genau verfolgen konnten. Sie haben ein hervorragendes Beispiel für Einsatz, Ausgleich und Konsensstreben gegeben. Ich möchte auch Kommissarin Hübner beglückwünschen, da uns ihre Beharrlichkeit, unsere legislative Arbeit voranzubringen, geholfen hat, die Entmutigung nach dem Scheitern des letzten Rates zu überwinden.
Ich hoffe, die morgige Abstimmung im Plenum wird vom Rat richtig als ein Beweis für die Entschlossenheit des Europäischen Parlaments verstanden, dass die Kohäsionspolitik weiterhin einen wesentlichen Pfeiler der europäischen Integration darstellen muss. Ich möchte die Aufmerksamkeit des britischen Vorsitzes auf diese Frage lenken, weil manche zu der Ansicht gelangen könnten, dass wir vielleicht durch die Eröffnung sehr allgemeiner Debatten – auch wenn sie ohne Zweifel sehr wichtig sind – letztendlich zu keiner Vereinbarung kommen. Es besteht keine Notwendigkeit, darauf hinzuweisen, dass es für die Kommission bereits zu spät ist, um bis Januar 2007 die Programme zur Ausführung der Fonds zu erarbeiten. Wenn wir bis zum Frühjahr kommenden Jahres auf eine Einigung des Rates warten müssten, wäre die Kommission nicht in der Lage, vor 2009 die ersten Zahlungen vorzunehmen, was für die Kohäsionspolitik im Allgemeinen und für die neuen Mitgliedstaaten im Besonderen, denen gegenüber sich das Vereinigte Königreich immer verbunden erklärt hat, dramatisch wäre.
Ich glaube, die Beiträge des Europäischen Parlaments, insbesondere die Kompromisse zu so sensiblen Themen wie die N+2-Regelung, die Mehrwertsteuer oder den statistischen Effekt, werden annehmbar sein.
Herr Präsident, unsere drei Institutionen haben die Verantwortung, in den kommenden Monaten mit dem Willen zur Einigung in die Verhandlungen zu gehen, weil wir uns ein erneutes Scheitern nicht erlauben können und dürfen.
Constanze Angela Krehl, im Namen der PSE-Fraktion.– Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die gemeinsame Debatte über die zukünftige Struktur- und Kohäsionspolitik mit einem Dank an die Kolleginnen und Kollegen verbinden und beginnen, besonders an die Berichterstatter und die Schattenberichterstatter, und da wiederum besonders an Alain Hutchinson, unseren Schattenberichterstatter für den Bericht Hatzidakis. Er kann heute an der Debatte nicht teilnehmen, weil er bei einer Wahlbeobachtung in Burundi ist. Er bedauert sehr, nicht hier sein zu können.
Aus Hunderten von Anträgen ist es uns im Ausschuss gelungen, Kompromisse zu finden, die meines Erachtens einen sehr positiven Input zu den Vorschlägen der Kommission darstellen. Die generelle Linie der Vereinfachung und der Entbürokratisierung der Kohäsions- und Strukturpolitik wurde von uns deutlich unterstützt. Für unsere Fraktion wichtige Punkte sind nochmals gestärkt worden, beispielsweise die Stärkung des Partnerschaftsprinzips, die Stärkung der städtischen Dimension der Kohäsions- und Strukturpolitik, einschließlich der Ermöglichung der Unterstützung des sozialen Wohnungsbaus für umweltverbessernde Projekte. Aber auch die Möglichkeit der privaten Kofinanzierung haben wir im Ausschuss gemeinsam beschlossen. Für die Situation der vom statistischen Effekt betroffenen Regionen wurde ein gemeinsames Vorgehen beschlossen. Für den gesamten Ausschuss war dabei wichtig, dass wir Politik für die Menschen in den ärmsten und am stärksten benachteiligten Regionen in einer erweiterten Europäischen Union machen, dass wir solidarisch sind.
Bei der Frage der Bezuschussung der Mehrwertsteuer im Regionalfonds gab es in unserer Fraktion schwierige Diskussionen. Die Mehrheit unserer Fraktion ist der Auffassung, dass europäische Strukturpolitik für Investitionen in den Regionen da ist, und nicht für die Bezuschussung der öffentlichen Kassen. Allerdings wissen wir auch um die Schwierigkeiten der Kommunen, vor allem in den neuen Mitgliedstaaten. Deshalb haben wir für den Bericht von Herrn Hatzidakis einen Kompromissantrag vorgeschlagen, der es ermöglichen soll, die Probleme in den Mitgliedstaaten zu lösen. Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Kompromissantrag eine Mehrheit in diesem Hause finden könnte und werbe ausdrücklich dafür.
Nicht zuletzt möchte ich allerdings den Ratsvorsitz auffordern, so bald wie möglich die Finanzielle Vorausschau zu beschließen und ausreichend Gelder für die meines Erachtens erfolgreichste Politik der Europäischen Union zur Verfügung zu stellen. Die besten Verordnungen nützen nichts ohne den dazu gehörigen Haushalt.
Herr Michael, ich würde Sie bitten, das auch Herrn Blair mitzunehmen: Auch in Ihrem Land gibt es hervorragende Beispiele positiver europäischer Strukturpolitik, die wir pünktlich mit dem 1. Januar 2007 auch weiterführen wollen.
(Beifall)
Jean Marie Beaupuy, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Kommissarin! Wie meine Kolleginnen und Kollegen möchte ich zunächst in meinem eigenen Namen und im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen der ALDE-Fraktion unsere Berichterstatter zu ihrer ausgezeichneten Arbeit beglückwünschen und ihnen dafür danken. Sie haben mit der ihnen eigenen Entschlossenheit gearbeitet, aber es ist auch ihrer Flexibilität und ihrer Bereitschaft zum Zuhören zu verdanken, dass ein gewisser allgemeiner Konsens erzielt werden konnte.
Als Koordinatorin der Fraktion der Demokraten und der Liberalen möchte ich vier Punkte herausarbeiten. Erstens weist das allgemeine Gefüge dieser Strukturfonds in sich eine Komplementarität und Kohärenz auf, die in den Informationen für unsere Bevölkerungen herausgestellt werden sollte. Diese Strukturfonds sind nichts Abstraktes. Es sind Fonds, die es ermöglichen, das Alltagsleben unserer Mitbürger zu verbessern. Folglich bedarf es auf dieser Ebene konkreter Informationen.
Und gerade zu diesem ersten konkreten Punkt möchte ich, wie bereits einige meiner Vorredner hervorgehoben haben, von Solidarität sprechen. Es geht hier nicht um leere Worte. Die Europäische Union begnügt sich in diesen konkreten Fällen nicht mit Worten, sondern legt konkrete Zahlen vor, die eine ganz deutliche Sprache sprechen, denn rund 80 % der Strukturfonds werden je nach den Haushaltsleitlinien für das Konvergenzziel eingesetzt. Herr Michael, Sie haben gesagt, dass die Strukturfonds momentan nach der Gemeinsamen Agrarpolitik den zweiten Ausgabenposten der Europäischen Union darstellten. In den kommenden Jahren werden sie wahrscheinlich an die erste Stelle aufrücken.
Zum Thema Solidarität möchte ich betonen, dass die 25 Mitgliedstaaten doch alle gemeinsam beschlossen haben – und unser Parlament wird dies bestätigen –, dass wir über 80 % der Mittel dieses ersten Haushaltspostens des Parlaments für die Solidarität gegenüber den zehn neuen Mitgliedstaaten verwenden werden. Dies ist ein spürbarer, konkreter, sich in klingender Münze auszahlender Beweis unserer Solidarität für die neuen Mitgliedstaaten, die sie benötigen und die, so hoffe ich, einen Betrag bewilligt bekommen, der deutlich über 300 Milliarden Euro liegen wird.
Und schließlich möchte ich mit einem hoffnungsvollen Ausklang schließen – einer Hoffnung, die sicherlich erfüllt wird –, und ich möchte keinen Augenblick daran zweifeln, dass der Erfolg, den wir in Irland, Spanien und Portugal erlebt haben, sich in den zehn neuen Mitgliedstaaten, die diese Mittel in Anspruch nehmen werden, wiederholen wird.
Aber abgesehen von den Finanzmitteln als solchen möchte ich vor allem nochmals hervorheben, wie sie verwendet werden. Einen Franc, einen Euro, einen Dollar oder einen Schilling zu besitzen, ist eine Sache. Dann aber muss dieses Geld verbraucht werden. Es fehlt mir die Zeit, um diesen Punkt weiter auszuführen, aber gestatten Sie mir, im Hinblick auf die Möglichkeiten des Einsatzes der Finanzmittel auf die Notwendigkeit zu verweisen, die Mitgliedstaaten mit allen bestehenden und von uns gebotenen Möglichkeiten vertraut zu machen, um eine erfolgreiche Realisierung sicherzustellen.
Abschließend möchte ich mich speziell an Sie, Herr Michael, als den Vertreter des Ratsvorsitzes, wenden, um noch einmal mit einer Zahl, die meines Erachtens für sich spricht, zu sagen: Wenn wir in diesem Herbst zu keiner Einigung über die Finanzielle Vorausschau gelangen, dann werden die zehn neuen Mitgliedstaaten 2007 nur rund 9 Milliarden erhalten, während sie dank einer Politik der Solidarität mittels Strukturfonds im Zeitraum 2007-2013 22 Milliarden erhalten könnten. Diese beiden Zahlen machen hervorragend deutlich, dass es unbedingt notwendig ist, unverzüglich für die Realisierung der Finanziellen Vorausschau zu sorgen.
Gisela Kallenbach, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.– Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit dem Ausdruck von Respekt und Dank an alle Berichterstatter, insbesondere aber an den Kollegen Andria für seine Offenheit, für inhaltliche Diskussionen während der Zusammenarbeit beim Bericht zum Thema Kohäsionsfonds. Gleiches gilt aber auch für die Arbeitsgrundlage, den Vorschlag der Kommission.
Unsere Fraktion hat seit Langem dafür geworben, den Kohäsionsfonds in die allgemeinen Richtlinien für den Strukturfonds einzugliedern. Das heißt zielgerichtetere Ausgabe von EU-Geldern, mehr Transparenz und größere Effizienz, aber auch mehr Mitspracherechte der Regionen bei der Identifizierung der Programme und Projekte, also die Umsetzung des Partnerschaftsprinzips. Alle diese Schritte finden unsere uneingeschränkte Unterstützung. Das gilt auch für den Vorschlag der Kommission, im Kohäsionsfonds eine neue Priorität einzuführen.
Auch für Projekte zur Energieeffizienz zeichnet sich eine breite Unterstützung durch das Parlament ab. Wir haben noch einige Änderungsanträge eingebracht, für deren Unterstützung ich gerne werben möchte. Wir wollen, dass die Mittel zu gleichen Anteilen für Umwelt und Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung stehen. Das soll dazu dienen, dass wir in Europa endlich zu einer gleichberechtigten Förderung aller Verkehrsarten kommen und die ungleiche Bevorzugung von Straßenbauprojekten ein Ende hat. Wer von Ihnen schon einmal versucht hat, von Brüssel nach Straßburg mit dem Zug zu fahren, wird unserem Anliegen gewiss zustimmen.
Abschließend wünsche ich der britischen Präsidentschaft, wie meine Kollegen Vorredner, good luck, auf dass wir recht bald einen beschlossenen Haushalt haben, um die kontinuierliche Weiterführung der Strukturfondsprogramme nicht in unverantwortlicher Weise zu gefährden.
Ilda Figueiredo, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Das Bestehen einer angemessen finanzierten und aktiven europäischen Regionalpolitik ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die EU den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt voranbringen und etwas gegen die wachsenden wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten unternehmen kann.
Die Struktur- und Kohäsionsfonds sind ein maßgebendes Instrument, und im Grunde das einzige im Gemeinschaftshaushalt, das auf Umverteilung ausgerichtet ist. Dank dieser Fonds kann die EU etwas unternehmen, um regionale Unterschiede abzubauen, eine wirkliche Konvergenz zu fördern, nachhaltige Entwicklung, Wachstum, Produktion und Beschäftigung in den Regionen anzukurbeln und die Kosten des Binnenmarktes in den rückständigsten Regionen umzuverteilen und auszugleichen.
Dementsprechend ist eines der zentralen Probleme die Finanzzuweisung, also bezüglich der Höhe des Betrages wie auch der Art und Weise der Aufteilung. Aus unserer Sicht ist der Anteil von 0,41 % des EU-Bruttonationaleinkommens völlig unzureichend, um die anvisierten Ziele zu erreichen und den Kohäsionsbedarf einer erweiterten EU zu decken.
Doch so sieht der Vorschlag der Kommission und dieses unseres Parlaments in seinem Bericht zur Finanziellen Vorausschau aus. Durch eine Beschränkung auf diesen Höchstbetrag untergraben sie effektiv die Fähigkeit der EU, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zu fördern, und lassen so maßgebende Fragen wie den vollständigen Ausgleich für Regionen, die dem statistischen Effekt unterliegen, etwa die Region Algarve in Portugal, die ausreichende Finanzierung der Übergangsmechanismen, einschließlich des Kohäsionsfonds, und die angemessene Finanzierung der Regionen in äußerster Randlage unberücksichtigt. Damit haben sich die Unterzeichnerstaaten des so genannten „Schreibens der Sechs“ durchgesetzt, die den Gemeinschaftshaushalt bei 1 % des Bruttonationaleinkommens der EU deckeln wollen.
Das Scheitern des jüngsten Europäischen Rates beim Bemühen um eine Einigung zur Finanziellen Vorausschau 2007-2013 ist, wie man es auch betrachtet, ein Sieg für die Unterzeichnerstaaten des „Schreibens der Sechs“. Der luxemburgische Ratsvorsitz hatte ja als Kompromiss eine Reduzierung der Ausstattung der Strukturfonds um mehr als 30 Milliarden Euro für den betreffenden Zeitraum vorgeschlagen, was 0,37 % des EU-Bruttoinlandsprodukts entspräche. In dem uns vorliegenden Bericht bleiben auch der Umsetzungsbedarf im Hinblick auf die Vorfinanzierungs- und Kofinanzierungsbeträge sowie das Thema der Bindung des Kohäsionsfonds an den Stabilitäts- und Wachstumspakt unerwähnt.
Leider ist nun eine neue Einstellung zu den Strukturfonds und zu deren Anpassung an die Finanzierung der Lissabon-Strategie vorherrschend. Das gilt für den Europäischen Sozialfonds, der nach der Europäischen Beschäftigungsstrategie die zweite Geige spielt. Deshalb sind wir dagegen, wenn der Schwerpunkt auf Wettbewerbsfähigkeit, Wettbewerb, Anpassungsfähigkeit und Unternehmergeist gelegt wird, und das auf Kosten von Kohäsion und Konvergenz. Vor diesem Hintergrund haben wir Vorschläge für Änderungen an den Berichten unterbreitet, in denen es um diese zentralen Punkte und um die Beschleunigung der sozialen Kohäsion in Europa geht.
Vladimír Železný, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (CS) Die Aussprache über den Bericht Hatzidakis findet zu einer Zeit statt, da die EU in einer tiefen Krise steckt, ausgelöst durch die unverantwortlichen Versuche, den Mitgliedstaaten die Europäische Verfassung aufzuzwingen. Die Verfassung ist ein tot geborenes Kind, und wir müssen dafür dankbar sein, dass zwischen den Mitgliedstaaten alte Animositäten wieder aufgeflackert sind und sie sich nicht auf den Haushalt für den Zeitraum 2007-2013 zu einigen vermochten. Trotz dieser erhitzten Atmosphäre müssen wir allerdings leider feststellen, dass der Bericht Hatzidakis die EU erneut in zwei Blöcke teilt, nämlich in die alten und die neuen Mitgliedstaaten. Aus verständlichen Gründen finden die alten Mitgliedstaaten sehr kreative Möglichkeiten zur Begrenzung der ursprünglich für die schnellere Entwicklung in den neuen Mitgliedstaaten vorgesehenen Mittel. Der Bericht lässt uns wissen, dass es denjenigen, die in den 15 alten Mitgliedstaaten leben, am besten geht und dass sie, wenn sie noch dazu Inselbewohner sind oder, noch besser, in Randregionen wohnen – insbesondere wenn sie in Regionen leben, in denen der statistische Effekt wirksam wird –, keine Sorgen zu haben brauchen.
Aus kurzsichtigen Erwägungen, häufig genährt aus der Nervosität des Vorwahlkampfs, verschweigt der Bericht, dass das bei Weitem größte Problem des vereinten Europas darin besteht, wie die Folgen einer ein halbes Jahrhundert währenden Entwicklung ohne Markt in den postkommunistischen Ländern überwunden werden können. Um es den unerfahrenen neuen Mitgliedstaaten noch schwerer zu machen, an Mittel zu gelangen, lehnt der Bericht eine flexiblere Anwendung der N+2-Regelung beim Strukturfonds ab und zeigt keine Lösung für das Problem der Mehrwertsteuer und der von der EU kofinanzierten Projekte auf.
Der Bericht ist auch ein Schlag ins Gesicht eines jeden rechtschaffenen Unternehmers, der seine Produktion in einen anderen Mitgliedstaat verlegen will, wo er qualifizierte, billige und fleißige Arbeitnehmer finden kann. Einerseits untersagen wir es dem berühmt-berüchtigten polnischen Klempner, auf der anderen Seite des ehemaligen Eisernen Vorhangs tätig zu werden, weil er den Nachweis erbringen könnte, dass eine 40-Stunden-Woche möglich ist. Andererseits jedoch legen wir Unternehmern die sinnlose Verpflichtung auf, in den Regionen der EU zu verbleiben, wo die Arbeitskräfte überteuert sind und oft an eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich gewöhnt sind. Wir hindern die Unternehmer daran, sich polnische Klempner zu suchen, nur weil sie einmal vom Strukturfonds profitierten. Damals war ihnen nicht bewusst, dass sie eines Tages dafür bestraft würden; nach einem der Vorschläge wären sie zehn Jahre lang nicht frei, das zu tun, was einigermaßen absurd ist. Vielleicht hätten sie es sich genauer überlegen sollen, ehe sie die Zahlung annahmen. Das ist die perfekte Antithese der Ziele von Lissabon, aber möglicherweise fügt sich das in die Strategie von Göteborg ein.
Der Bericht Hatzidakis erhellt jedoch, wenn auch unbeabsichtigt, noch weitere EU-Probleme. Er ist voller Verachtung für den Willen der Öffentlichkeit, indem er immer wieder auf die Verfassung für Europa Bezug nimmt, die von der Bevölkerung Frankreichs und der Niederlande kategorisch abgelehnt und begraben wurde, und er beweist damit denselben elitären Geist, der die EU in diese tiefe Krise gestürzte hat. Allein aus diesem Grund, kann man diesem Bericht schwerlich seine Stimme geben.
Adam Jerzy Bielan,im Namen der UEN-Fraktion.–(PL) Herr Präsident! Auch ich möchte allen Verfassern der hier zur Diskussion stehenden Berichte meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Diese Aussprache zur Zukunft der Kohäsionspolitik stellt einen wichtigen Test für die praktische Anwendung eines grundlegenden Wertes dar, den die EU – wie sie beteuert – vertritt, nämlich Solidarität zur Erzielung von Chancengleichheit.
Ich möchte das Hohe Haus daran erinnern, dass das Ziel der Kohäsionspolitik darin besteht, die Umstrukturierung und Modernisierung in den Ländern zu unterstützen, die auf Hilfe angewiesen sind, um schnell den Anschluss an die durchschnittliche Wirtschaftsentwicklung in der Europäischen Union finden zu können. Dies trifft derzeit vor allem auf die neuen Mitgliedstaaten zu. Aus ihrer Sicht dürfte die Anwendung der N+2-Regel und die Einstufung der Mehrwertsteuer als förderfähige Ausgabe zweifelsohne das wichtigste Thema darstellen, das wir heute erörtern.
Aufgrund der Art der Projekte, die aus dem Kohäsionsfonds finanziert werden, sind allein schon für die Vorbereitung mehr als zwei Jahre erforderlich. Diese Projekte stellen oftmals riesige Investitionsvorhaben dar, die über den normalen Zeitrahmen der Projekte, die mit Mitteln aus den Strukturfonds gefördert werden, hinausgehen. Sollte die Anwendung der N+2-Regel ausgeweitet werden, würde dies zweifelsohne zu einer Verringerung der gewährten Förderbeträge führen.
Was die Mehrwertsteuer betrifft, sind die Erfahrungen der neuen Mitgliedstaaten ein unwiderlegbarer Beweis dafür, dass das größte Hindernis für die Inanspruchnahme der Strukturfonds die relativ hohen Kosten in der Anfangsphase der Projekte sind. Diese Kosten werden von dem Empfänger der Fördergelder selbst getragen. Die Streichung der Mehrwertsteuer aus der Liste der förderfähigen Ausgaben würde dazu führen, dass viele Einrichtungen einschließlich lokaler Behörden nicht mehr in der Lage wären, für die enormen Kosten aufzukommen, die mit der Durchführung dieser Projekte verbunden sind.
So geht beispielsweise aus vorläufigen Schätzungen hervor, dass die Mitgliedstaaten fast 63 % des EU-Beitrags für Projekte, die im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung durchgeführt werden, aufbringen müssten. Dadurch würden die neuen Mitgliedstaaten wesentlich schlechter gestellt werden als die Mitgliedstaaten, die früher von den Strukturfonds profitiert haben.
Ich möchte die Abgeordneten der alten Mitgliedstaaten auffordern, diese Möglichkeit zu nutzen, um unsere Solidarität unter Beweis zu stellen, und Europa eine Chance zu geben, sich weiterzuentwickeln. Dies wäre auch im Interesse der alten Mitgliedstaaten.
Jana Bobošíková (NI).–(CS) Meine Damen und Herren, wenn man die Debatte bis hierher verfolgt hat, ist man überrascht, dass wir alle in einem Punkt übereinstimmen, nämlich darin, dass das Ziel der Kohäsionspolitik darin besteht, die ausgeglichene Entwicklung aller Regionen in den einzelnen Mitgliedstaaten sicherzustellen. Insofern entspricht sie dem Grundsatz der Solidarität, der zu den Grundpfeilern der Europäischen Union gehört. Sollten wir nach der jüngsten Erweiterung, als zehn neue Mitgliedstaaten der EU beitraten, nach wie vor an diesem Grundsatz festhalten, müssen wir bei der morgigen Abstimmung über die Strukturfonds unbedingt zwei entscheidende Änderungsvorschläge annehmen.
Zunächst sollten wir der Zuschussfähigkeit von nicht rückzahlbaren Mehrwertsteuern im Rahmen der Strukturfonds zustimmen. Eine Klassifizierung von nicht rückzahlbarer Mehrwertsteuer als nicht zuschussfähige Ausgabe würde es vielen Empfängern sehr viel schwerer machen, an Mittel zu gelangen. Ich befürchte, der Zugang zu EU-Mitteln könnte ganz und gar unmöglich werden, vor allem im Fall kleinerer Antragsteller aus den zehn neuen und weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten.
Zweitens sollten wir die automatische Freigaberegelung, mit anderen Worten die N+2-Regel, aus den Richtlinien für die Durchführung des Kohäsionsfonds streichen oder zumindest eine höhere Flexibilität in den ersten Jahren des Programmzeitraums vorsehen. Aus dem Kohäsionsfonds werden wichtige Investitionsvorhaben in den Bereichen Umwelt und Verkehr finanziert, und eine rigorose Anwendung der N+2-Regel würde diese Finanzierung ernsthaft gefährden. Noch einmal, das trifft vor allem für die zehn neuen Mitgliedstaaten zu, denen es noch an Erfahrung bei der Durchführung der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds mangelt.
Rolf Berend (PPE-DE).– Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion unterstützt die Konzentration des EFRE im Bericht Fava auf Investitionen, Infrastrukturen und weitere Entwicklungsinitiativen in ausgewählten gemeinschaftlichen Schwerpunktbereichen, da, wie bisher auch, zu erwarten ist, dass derartige Investitionen einen erheblichen zusätzlichen Nutzen für die gesamte Gemeinschaft bringen. Der im Ausschuss angenommene Bericht bekräftigt im Wesentlichen eine Reihe von Bestimmungen der Verordnung, die sich mit dem Anwendungsbereich, der Hilfe und mit den Vorschriften der Förderfähigkeit der Ausgaben befassen.
Die Abstimmung im Ausschuss gibt insgesamt, wenn auch nicht in vollem Umfang und in jedem einzelnen Detail, den Standpunkt der EVP-ED-Fraktion wieder. Und wir sind mit der Kommission und dem Berichterstatter, Kollege Fava, in den Inhalten der drei Ziele, Konvergenz, regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung sowie europäische territoriale Zusammenarbeit, einig. Ebenso findet die prozentuale Mittelaufteilung, wie sie vorgeschlagen wurde, unsere Unterstützung. Dass dabei der Schwerpunkt auf die förderfähigsten Regionen gelegt wird, dass aber auch die vom statistischen Effekt betroffenen Regionen nicht benachteiligt werden, ist logische Konsequenz aus Artikel 160 des EG-Vertrags.
Das Augenmerk möchte ich jedoch besonders auf zwei Punkte lenken: Zunächst auf die private Kofinanzierung, die eigentlich, wie bisher, möglich sein muss. Das heißt die Einbeziehung von privaten Mitteln in die Berechnung des Kofinanzierungssatzes. Es gibt eigentlich keinen Grund, weswegen die Kommission dem nicht zustimmen sollte.
Sollte es – und das ist mein zweiter Punkt – im Rahmen der Finanziellen Vorausschau nicht rechtzeitig zu einer Einigung hinsichtlich der Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel kommen, müssen entsprechend der vertraglichen Vorgabe im Bereich Kohäsion die förderwürdigsten Regionen besondere Berücksichtigung finden. Das heißt: Es darf keinesfalls nur linear gekürzt werden, was eindeutig zu Lasten der Konvergenzregionen ginge und den Leitlinien europäischer Kohäsionspolitik zuwiderlaufen würde. Aber vielleicht gelingt es der britischen Präsidentschaft, eine Budgetierung der Strukturpolitik zu ermöglichen, die ja jegliche Kürzung unmöglich machen würde.
Iratxe García Pérez (PSE). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte mich zunächst den Glückwünschen an die verschiedenen Berichterstatter anschließen, insbesondere an Herrn Andria für seine Arbeit an dem Bericht über den Kohäsionsfonds und seine Dialogbereitschaft, die uns einen weit gehenden Konsens über den Inhalt dieses Berichts ermöglicht hat.
Wir in der Sozialdemokratischen Fraktion sind der Meinung, dass dieses Instrument für die Erreichung der Ziele des sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalts von grundlegender Bedeutung ist. Die Einbeziehung von Maßnahmen auf dem Gebiet der nachhaltigen Entwicklung, des Verkehrs und des Umweltschutzes bringt diesen Fonds mit der europäischen Kohäsionspolitik in Einklang.
Es gibt Fragen wie die Anwendung der N+2-Regel, die flexibler anwendbare Formeln erforderlich machen, damit ihre Durchsetzung vor allem für die neuen Mitgliedstaaten keine Probleme schafft. Wir müssen den ausdrücklichen Hinweis auf Personen mit Behinderungen in diesem Bericht hervorheben und dabei unterstreichen, dass dieser Fonds zur Beseitigung von architektonischen Hindernissen beiträgt.
Die durch dieses Instrument erzielten Erfolge haben Ländern wie Spanien die Möglichkeit gegeben, ein annehmbares Entwicklungsniveau zu erreichen; ein plötzlicher und sofortiger Verlust würde daher diese Entwicklung in beträchtlichem Maße gefährden. Ich bin deshalb froh, dass die Notwendigkeit akzeptiert worden ist, eine politische Lösung für die Länder zu suchen, die künftig davon ausgenommen werden.
Was die übrigen Verordnungen anbelangt, so müssen wir auch die Existenz anderer Realitäten berücksichtigen, die nicht ausschließlich die am stärksten benachteiligten Gebiete betreffen, sondern auch jene Regionen, die unter dem statistischen Effekt oder natürlichen Benachteiligungen leiden, die Gebiete in äußerster Randlage und dünn besiedelte Gebiete. Die europäische Wirklichkeit ist vielfältig, sie ist breit gefächert, und die unterschiedlichen Realitäten müssen Berücksichtigung finden.
Eine entschlossene und erfolgreiche Politik auf diesem Gebiet muss die unterschiedlichen Realitäten in Betracht ziehen und darf nicht vergessen, dass hinter diesen die europäischen Bürgerinnen und Bürger stehen, die eine Antwort erwarten.
Paavo Väyrynen (ALDE). – (FI) Herr Präsident, ich möchte dem Schattenberichterstatter für die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, Herrn Hatzidakis, für die ausgezeichnete Zusammenarbeit bei der Vorbereitung des Berichts zu der allgemeinen Verordnung danken. Wir haben im Ausschuss einen zufrieden stellenden Kompromiss erzielt. Er berücksichtigt in gleichem Maße die Interessen und Auffassungen der neuen wie auch der alten Mitgliedstaaten. Ich hoffe, dass der Bericht auch in der morgigen Abstimmung mehr oder weniger unverändert angenommen wird.
Wenn wir Reformen der EU-Politik vornehmen, dann müssen wir uns an nachhaltige Prinzipien halten. Ziel der Regionalpolitik sollte es sein, einerseits die Unterschiede in der Beschäftigung und im Lebensniveau zu bekämpfen, sowie andererseits schädliche Migrationsbewegungen sowohl innerhalb der Mitgliedstaaten als auch zwischen ihnen zu steuern. Der Bericht von Herrn Hatzidakis folgt diesen Prinzipien.
In der Debatte zu der Reform ist Druck im Hinblick auf eine Verletzung dieser Prinzipien ausgeübt worden. Es sind hier im Parlament Forderungen erhoben worden, das Hauptaugenmerk auf die Städte zu richten, da 80 % der Unionsbürger in Städten leben. Es gibt jedoch keine guten Argumente dafür. In einer Marktwirtschaft gibt es zu starke Tendenzen dahingehend, dass sich Ressourcen und Menschen hauptsächlich in den größten Städten konzentrieren. Diese Entwicklung sollte in der Regionalpolitik nicht noch verstärkt werden. In den Großstädten bestehen besondere Probleme, aber diese sollten nicht mit Mitteln aus dem Bereich der Regionalpolitik oder dem Haushalt der Union im Allgemeinen gelöst werden. Es gibt allerdings gute Gründe, vielen kleinen und mittleren Städten Regionalbeihilfen zukommen zu lassen, insbesondere als Bestandteil umfassenderer regionaler Entwicklungsprogramme.
Aspekte der Regionalpolitik sollten auch bei jeder Art Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik Berücksichtigung finden. Das gegenwärtige System ist absurd, da der größte Teil der Beihilfen in jenen Regionen gezahlt wird, in denen die Produktionsbedingungen am günstigsten sind.
Für die Umsetzung der Regionalpolitik ist es von großer Wichtigkeit, dass der Rat in den kommenden Monaten eine Einigung über die Finanzielle Vorausschau und die Rechtsvorschriften für den Bereich der Regionalpolitik erzielt.
Alyn Smith (Verts/ALE).–(EN) Herr Präsident! Auch ich möchte unseren fünf Berichterstattern meine Glückwünsche zu ihrem kooperativen, konstruktiven Herangehen an die Erarbeitung ihrer Berichte aussprechen. Ich kann nicht anders, als das mit dem unkooperativen, destruktiven Herangehen der britischen Regierung zu vergleichen. Fairerweise muss ich sagen, dass ich erfreut war, Herrn Michael in seinem Beitrag so oft über Partnerschaft reden zu hören, aber auch die Londoner Labour-Regierung erlebt ja immer wieder, dass uns herzliche Worte kalt lassen, wenn wir nicht auch Taten sehen.
Fest steht, dass das Vereinigte Königreich mit seiner gegenwärtigen Position die schottischen Highlands und Inseln, den Westen, Osten und Süden Schottlands um EU-Mittel in Millionenhöhe bringen würde, die uns die Kommission und dieses Hohe Haus zukommen lassen möchten. Wenn es das ist, was das Vereinigte Königreich unter Partnerschaft versteht, dann hat dieses Parlament sie rundweg abgelehnt.
Daher werde ich alle fünf Berichte mit einigen wenigen Änderungen unterstützen, die vor allem eine stärkere Beachtung des statistisches Effekts und des Partnerschaftsprinzips bewirken sollen. Ich appelliere dringend an meine Kollegen, sich gemeinsam hinter diese Berichte zu stellen, damit sich die europäische – und nicht die britische – Version von Partnerschaft durchsetzt.
Bairbre de Brún (GUE/NGL).–(Die Rednerin sprach Irisch.)
Herr Präsident! Ich möchte allen Berichterstattern danken und begrüße insbesondere den Bericht von Herrn Olbrycht über die Schaffung eines europäischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit. Ich danke dem Berichterstatter nicht nur für seine Arbeit, sondern auch für die Art seines Herangehens.
Oft halten Hindernisse bei der gemeinsamen grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung die Behörden und andere Akteure davon ab, eine praktische Zusammenarbeit auf grenzüberschreitender, transnationaler oder interregionaler Grundlage in Angriff zu nehmen. Die Folge sind Doppelarbeiten, Verschwendung und entgangene Gelegenheiten.
Der Vorschlag der Kommission und die von Herrn Olbrycht vorgenommenen bzw. koordinierten Änderungen sind für mein durch eine Nord-Süd-Grenze geteiltes Land von Vorteil, werden aber auch all denen zugute kommen, die eine umfassendere Zusammenarbeit mit ihren europäischen Nachbarn wünschen.
Herr Olbrycht befasst sich mit Fragen in Bezug auf die Finanzkontrolle, bestehende Kooperationsvereinbarungen und Partnerschaften unter Beteiligung von NRO und lokalen Gebietskörperschaften. Besonders begrüße ich die Anerkennung des Beitrags solcher Verbünde zur Förderung der grenzüberschreitenden Versöhnung in Regionen, die zivile oder militärische Konflikte erlebt haben.
Für anerkennenswert erachte ich auch den Bericht von Herrn Fava über die europäische regionale Entwicklung, und ich möchte Herrn Fava dafür danken, dass er seine Kollegen im Ausschuss bereitwillig anhörte und sich einer Reihe von Kompromissänderungsanträgen anschloss. Besonders freut es mich, dass soziale Eingliederung und nachhaltige Entwicklung in dem Bericht besonders betont werden.
Wir alle können uns dem Ziel der Beseitigung von Zugangshindernissen für Menschen mit Behinderungen und dem Ziel der Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit anschließen. Die Strukturförderung hat einen Beitrag zur Neugestaltung der wirtschaftlichen Infrastruktur Irlands geleistet. Wir werden uns in Zukunft dafür stark machen, dass die verfügbaren Investitionsmittel im Norden und im Süden Irlands gezielt in den am stärksten benachteiligten Gebieten eingesetzt werden, wozu auch die ländlichen Gemeinden an der Grenze zwischen dem Nord- und dem Südteil der Insel gehören, in denen die Teilung und der Konflikt ihre Spuren hinterlassen haben. In diesem Zusammenhang begrüße ich es auch, dass Herr Hatzidakis Kompromissänderungsanträge aufgenommen hat, die auf die spezifischen Probleme der vom natürlichen Effekt betroffenen Regionen eingehen.
Die Programme sollten auf einem Bottom-up-Ansatz beruhen, der den lokalen Gemeinden ein Mitspracherecht bei der Erarbeitung und Umsetzung der Projekte einräumt, und wir treten für Änderungen ein, die den Beitrag zur Sozialwirtschaft stärken. Allerdings sind meine Partei und ich nicht für die Nutzung öffentlich-privater Partnerschaften.
Insgesamt ist es für die EU keine leichte Aufgabe, zu gewährleisten, dass sowohl die etablierten wie auch die neueren Mitgliedstaaten ausgehend vom Bedarf eine kontinuierliche Förderung durch den EFRE erhalten. Wie meine Kollegen hoffe auch ich, dass in diesem Jahr eine Einigung über die dafür benötigten Haushaltsmittel zustande kommt, damit die nächste Runde unverzüglich anlaufen kann.
Graham Booth (IND/DEM) . –(EN) Herr Präsident! Die Kohäsionspolitik steht von jeher im Zentrum des europäischen Aufbauwerks und ist abhängig von einem Regionenkonzept, das zu Lasten der Nationen geht. In vielen Ländern und nicht zuletzt auch im Vereinigten Königreich sind Regionen rein künstliche Gebilde. Von künstlichen Regionen innerhalb der Nationalstaaten ist es nur ein kurzer Schritt bis zu künstlichen staatenübergreifenden Regionen. Wenn die europäischen Verbünde für grenzüberschreitende Zusammenarbeit diesen Schritt tun, werden sie zu Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit, eigenen Statuten, Organen und Haushaltsregeln.
Wie die Kommission ausdrücklich erklärt, ist die EVGZ ein Mittel zur Überwindung der erheblichen Schwierigkeiten, die aufgrund der unterschiedlichen nationalen Rechtsetzung bei der Umsetzung der Zusammenarbeit auftreten. Hinter dem üblichen trockenen Jargon verbirgt sich eine folgenschwere Entwicklung. Der konservativ geführte Grafschaftsrat von Kent wird von alledem begeistert sein. Er hat bereits eine inoffizielle grenzübergreifende Region – Transmanche – mit Nord-Pas de Calais gebildet, aber die Menschen im Vereinigten Königreich werden nicht einmal den Versuch einer Schaffung von Regionalregierungen innerhalb ihrer eigenen Grenzen zulassen. Ich versichere Ihnen, dass sie sich keine ihnen übergestülpte Regionalregierung gefallen lassen werden.
Seán Ó Neachtain (UEN).–(EN) Herr Präsident! Ich begrüße den ausgezeichneten Bericht von Herrn Casa zum Europäischen Fischereifonds, in dem die zentralen politischen Ziele und die Mittel zu ihrer Realisierung zutreffend dargestellt sind.
In Irland wird schon seit langem anerkannt und darauf hingewiesen, dass der Aquakultur in unseren Küstengebieten eine entscheidende sozioökonomische Rolle zukommt. Daher begrüße ich insbesondere die wichtigen Bestimmungen, die eine Diversifizierung in Richtung Aquakultur ermöglichen.
Außerdem bin ich erfreut, dass etliche Punkte in den Vorschlägen der Kommission, die insbesondere die kleine Küstenfischerei und die Investitionen in die Aquakultur betreffen, im Ausschuss abgeändert wurden. Diese Änderungen werden wesentlich zur Verwirklichung der vorrangigen Ziele des Fischereifonds beitragen.
Nicht einverstanden bin ich jedoch mit bestimmten Vorgaben im Vorschlag der Kommission, insbesondere mit der Anforderung, dass sozioökonomische Maßnahmen in die nationalen Pläne aufzunehmen sind. Meiner Meinung nach wäre die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips eher angebracht. Subsidiarität ist heute unerlässlicher denn je. Daher begrüße ich es besonders, dass es den einzelnen Mitgliedstaaten vorbehalten sein soll, ihre eigenen Prioritäten festzusetzen und über die Modalitäten der Mittelverwendung zu entscheiden.
Nicht zuletzt müssen wir alle dafür sorgen, dass die negativen Schlagzeilen über die Gemeinsame Fischereipolitik aufhören und dass dieser Fonds den europäischen Wählern in positivem Lichte präsentiert wird; vor allem muss er als ein Instrument dargestellt werden, mit dem sich der Sektor uneingeschränkt identifizieren kann, das die Entwicklung des Sektors voranbringt und das zu einer besseren Zukunft für die Fischerei beiträgt, darunter nicht zuletzt auch für die in der Fischerei beschäftigten Männer und Frauen an der Westküste Irlands, die ich vertrete.
Peter Baco (NI). – (SK)Nach Artikel 160 EG-Vertrag ist es Aufgabe des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, zum Ausgleich der größten regionalen Ungleichgewichte in der Gemeinschaft beizutragen. Der vorgeschlagene Änderungsantrag 8 richtet besonderes Augenmerk darauf, dass dieser Fonds die vom Europäischen Fonds für ländliche Entwicklung bereitgestellten Mittel ergänzt, was ganz natürlich ist.
Warum spreche ich das an? Der Erfolg unserer Pläne zur Verringerung der regionalen Ungleichgewichte in der Europäischen Union hängt direkt vom Erfolg der ländlichen Entwicklung ab. Die meisten europäischen Regionen sind ländliche Regionen, und die rückständigsten Regionen sind die ländlichsten dieser Regionen. Des Weiteren, meine Damen und Herren, zeigen aktuelle Studien eindeutig, dass dort, wo die Agrarindustrie floriert, auch die ländlichen Gebiete und die gesamte Region gedeihen, und wo sie ins Stocken gerät, auch der ländliche Raum und die gesamte Region zurückbleiben. Diese Regel gilt beinahe ohne Ausnahme.
Daher würden unsere derzeitigen Anstrengungen zur Verringerung der regionalen Ungleichgewichte durch Bemühungen zum Herunterspielen einer Gemeinsamen Agrarpolitik gefährdet, deren Ziel darin besteht, einen nachhaltigen Wohlstand in der Landwirtschaft und den ländlichen Gebieten zu erreichen.
Meine Damen und Herren, wir sollten uns stets vor Augen halten, dass die Probleme der regionalen Entwicklung in der Europäischen Union ohne eine Gewährleistung der ländlichen Entwicklung nicht erfolgreich gelöst werden können und dass wohlhabende ländliche Gebiete nur dann Wirklichkeit werden, wenn es den Landwirten gut geht. Wir sind keine Rivalen, meine Damen und Herren.
István Pálfi (PPE-DE). – (HU) Die Verhandlungen über diese Vorschläge kommen zu einer Zeit, in der eine intensive Debatte über die Zukunft der Europäischen Union geführt wird, darüber, in welche Richtung wir uns bewegen und wie wir vorankommen. Wir sprechen nicht mehr nur darüber, dass die Erweiterung ein Erfolg sein muss, sondern auch darüber, welche Mittel der Europäischen Union zur Verfügung stehen, um den externen Herausforderungen zu begegnen oder, wie es der Vertreter des Rates sagte, „die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen“. Die Instrumente der Regional- und Kohäsionspolitik müssen sowohl beim „Verdauen“ der Erweiterung – um Churchills Ausdruck zu übernehmen – als auch bei der Reaktion auf die Herausforderungen eine zentrale Rolle spielen. Es steht außer Frage, dass die wichtigsten Bewertungskriterien Effizienz und Effektivität lauten müssen. Während wir diese Kriterien stark in den Vordergrund rücken, dürfen wir jedoch nicht zulassen, dass eine Situation entsteht, in der wir im Parlament oder anderswo Verordnungen annehmen oder durchdrücken, die für die Mitgliedstaaten eine deutliche Benachteiligung darstellen können.
Jetzt, in dieser Phase, zeichnet sich ab, dass mehrere Vorschläge in diesen Berichten die Chancen der neu beigetretenen Länder zur Nutzung dieser Fonds zunichte machen. Mehrere meiner Vorredner haben bereits die „N+2“-Regel, die Frage der Mehrwertsteuer usw. erwähnt. Darüber hinaus sind diese Vorschläge so in die Berichte eingefügt, dass sie die frühere Praxis verändern, weil sie die Bedingungen weniger günstig gestalten oder die Möglichkeiten ignorieren, die sich auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit einer bestimmten Region oder auf die Lissabon-Ziele beziehen. Deshalb fordern wir die heute hier anwesenden Vertreter sowohl des Rates als auch der Kommission eindringlich auf, bitte dafür zu sorgen, dass alle Vorschläge, die sie uns später vorlegen, und alle Vorschläge, die sie unterstützen und erarbeiten, Chancengleichheit und gleiche Rechte für alle Mitgliedstaaten beim Zugang zu den Struktur- und Kohäsionsfonds sichern.
Zita Gurmai (PSE). – (HU) Entscheidende Erfahrungen, die die EU-10 in den Transformationsprozessen in den vergangenen 15 Jahren gemacht haben, bestanden im Verschwinden der nationalen Grenzen, darin, dass die Grenzen nur noch gedacht werden, und in der Anerkennung und Umsetzung der demokratischen europäischen Werte, wie beispielsweise der Subsidiarität, der Solidarität und des Regionalismus. So wie es Robert Schumann einst erträumte, sind nationalen Grenzen nichts Trennendes mehr. Wir vereinen keine Länder, sondern Regionen und Bürger. Die Regionen wollen gemeinsame Ziele, organisierte Mechanismen der Zusammenarbeit und, im Geiste der Subsidiarität, wollen sie selbst über die Zusammenarbeit und die erforderlichen Geldmittel entscheiden können. Dadurch wird Europa demokratischer und auch wirtschaftlich effizienter gestaltet.
Wir begrüßen die Bemühungen der Kommission, die Wünsche der Regionen und das Subsidiaritätsprinzip bei der Erarbeitung der Rechtsvorschriften zu berücksichtigen, und wir wissen die komplizierten und vielfältigen rechtlichen Verhandlungen sehr zu schätzen, die die Kommission geführt hat, um die anfänglichen Ängste der nationalen Regierungen zu zerstreuen. Meine Fraktion versteht die Vorsicht, die der Rat und die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Zuständigkeiten der neuen Verbünde und die geringere Rolle der zentralen Regierungsorgane erkennen ließen, und wir bereiten uns auf die nächste Verhandlungsrunde vor. Das Europa der Regionen ist vielfältig: Es wird durch eine Vielzahl an Ebenen und Formen lokaler Regierungen gekennzeichnet. Aus diesem Grund stellen die EVGZ eine vernünftige Option dar. Warum sollten wir uns nicht für sie entscheiden? Jetzt, da die Integration, das gemeinsame europäische Projekt offenbar zu einem plötzlichen Stillstand gekommen ist, erweist sich die Vertretung der lokalen und regionalen Interessen als besonders wichtig.
Ein Beispiel für eine erfolgreiche grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist die Zusammenarbeit zwischen der Steiermark und Bayern im Fall von Lawinenunglücken, die ein sofortiges Handeln ermöglicht, um Katastrophen zu verhindern. Diese funktioniert über eine vereinfachte Methode, über die sich die betroffenen Parteien rasch gegenseitig um Hilfe bitten können, anstatt sich zeitraubender Verwaltungsverfahren zu bedienen. Stellen Sie sich nur vor, was ohne ein regionales Abkommen geschehen würde! Zuerst müssten sie sich an ihre jeweiligen Zentralregierungen wenden und um formale Zustimmung ersuchen, und erst wenn sie im Besitz der entsprechenden Beschlüsse und Genehmigungen sind, könnte mit der Hilfeleistung begonnen werden. Allein der Gedanke ist entsetzlich. Meine Fraktion hat die Aufmerksamkeit des Parlaments auf die parallel laufenden Vorbereitungsarbeiten des Europäischen Rates zur Erarbeitung des dreifachen Protokolls zum Madrider Rahmenübereinkommen über Europäische Kooperationsvereinigungen gelenkt – dessen Titel an sich schon das gemeinsame Ziel der beiden Rechtsvorschriften offenbart. Meines Erachtens verdient die Arbeit des Berichterstatters Anerkennung, die Kompromissvorschläge sind nützlich, und ich empfehle die Annahme des Berichts.
Mojca Drčar Murko (ALDE). – (SL) Der Richtlinienvorschlag für die Schaffung eines Europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurde als Teil der reformierten Kohäsionspolitik verstanden, der den Mitgliedern auf Wunsch zur Verfügung gestellt wird. Er ist immer noch stark umstritten, was daraus resultiert, dass es sich aufgrund seiner juristischen Natur keinesfalls um ein Instrument handelt. Er stellt ein Mittel der neuen Generation europäischer Politik dar, das im Hinblick auf das Verfassungsziel der Erhöhung des geografischen Zusammenhalts geschaffen wurde und auf den umfassenden Erfahrungen der Regionen basiert. Diese sind nach Jahren grenzüberschreitender Zusammenarbeit im Rahmen von INTERREG aufgrund unterschiedlicher nationaler Rechtsvorschriften auf Probleme gestoßen.
Die durch diese Richtlinie eingeführten neuen Verbünde werden durch ihr Wesen an sich zielgerichtet sein. Vorher zuständige Regionen werden mit diesem Dokument in die Lage versetzt, Projekte von grenzüberschreitendem Charakter durchzuführen. Der Vorteil besteht darin, dass solche Aktivitäten nicht länger vom Wohlwollen veränderter parlamentarischer Mehrheiten in den Mitgliedstaaten abhängen und es daher nicht erforderlich ist, sie auf der untersten Ebene zu organisieren.
Die neue Richtlinie unterscheidet sich insofern von den früheren Praktiken der interregionalen Zusammenarbeit, dass eine solche Zusammenarbeit auf höherer Ebene erfolgen muss. Der Unterschied besteht in der rechtlichen Verteilung der Aufgaben, was natürlich die Verantwortlichkeit der Agenturen und die finanzielle Verantwortung bei der Nutzung gemeinsamer Mittel erhöht. Was die Mittel aus den Fonds der Europäischen Union betrifft, ist weiterhin der Staat für die Finanzen verantwortlich und wird das auch bleiben, wenn die Geldmittel von Verbünden verwaltet werden. Bei anderen Finanzmitteln werden die Verbünde selbst zuständig sein.
Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission musste hinsichtlich der Zuständigkeiten der Aufsichtsgremien des Staates, dessen Recht zur Geltung kommt, ergänzt werden. Es darf kein Gebiet geben, das nicht auf eindeutige Weise rechtlich geregelt ist. Wir sind der Ansicht, dass die vorgeschlagenen Änderungsanträge, die wir mit dem Berichterstatter abgestimmt haben, diese Lücken zufrieden stellend füllen. In der Praxis werden wir sehen, ob unsere Hypothesen korrekt waren.
Marie-Hélène Aubert(Verts/ALE). – (FR) Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich Herrn Casa für seinen überaus wichtigen Bericht über den Europäischen Fischereifonds danken. Hier handelt es sich um einen Sektor, in dem es leider aufgrund des immensen Drucks, der auf den Fischbeständen lastet, und der Schwierigkeiten, eine nachhaltige Entwicklung der Fischerei zu gestalten, um ein menschliches Umfeld und ein lebendiges Gewerbe an unseren Küsten zu erhalten, immer wieder zu Krisen kommt.
Deshalb begrüßen wir alles, was in die Richtung einer besseren Selektivität der Fanggeräte, der Verringerung der Umweltauswirkungen der Fischerei, der Unterstützung von Kleinst- und kleinen Unternehmen und der Transparenz der praktizierten politischen Konzepte geht. Allerdings bedauern wir es sehr, dass der Fischereiausschuss erneut Subventionen für den Bau und die Modernisierung neuer Schiffe bzw. deren Ausfuhren vorsehen will, wo doch diese Subventionen 2002 abgeschafft worden waren, da sich erwiesen hatte, dass sie mit den angestrebten Zielen unvereinbar waren und negative Auswirkungen hatten. Die Mittel sollten viel stärker auf die menschlichen Probleme ausgerichtet werden – Ausbildung, technische Begleitung, Umschulung, Rolle der Frauen, Unterstützung im Falle sozio-ökonomischer Krisen, bessere Kenntnisse über die Fischbestände und die Möglichkeiten ihrer Erhaltung, Wiederherstellung usw. Alles das ist für die Zukunft der Fischerei notwendig und wir hoffen, dass der Rat nicht der Versuchung erliegt, bestimmte nationale Lobbyisten auf Kosten des allgemeinen Interesses zu stärken.
Kyriacos Triantaphyllides (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Gestatten Sie mir, zunächst allen fünf Berichterstattern zu danken und insbesondere meinem Kollegen Herrn Hatzidakis meinen Dank für die Bemühungen auszusprechen, die er bei der Ausarbeitung dieses Berichts unternommen hat. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass wir, wenn wir über die europäische Regionalpolitik sprechen, über die Entwicklung eines Programms reden, dessen Ziel darin besteht, den sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt zu fördern und der Union zu ermöglichen, Maßnahmen zum Abbau der regionalen Ungleichheiten, zur Förderung des realen Zusammenhalts und zur Belebung der Beschäftigung zu ergreifen, und das gleichzeitig dazu dient, die Kosten des Binnenmarktes im Hinblick auf die schwächer entwickelten Regionen in ausgeglichener Weise umzuverteilen.
Dieser Bericht, der sich mit nahezu sämtlichen Aspekten der Regionalpolitik der Union befasst, misst den schwächer entwickelten Regionen meiner Ansicht nach nicht genügend Bedeutung bei. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die neuen Mitgliedstaaten, die unter beträchtlichen geografischen Benachteiligungen leiden, wie Zypern und Malta, im Rahmen der europäischen Regionalpolitik mehr Unterstützung benötigen.
Um dies zu realisieren, müssen wir die Anforderungen in Bezug auf eine nachhaltige Kohäsionspolitik für ganz Europa berücksichtigen, die durch praktische Maßnahmen verwirklicht wird und nicht durch vielfach angezweifelte Statistiken.
Bastiaan Belder (IND/DEM).–(NL) Herr Präsident! In unserer vom Markt geleiteten Wirtschaft geben große, oft internationale Unternehmen den Ton an. Die Schlagworte lauten Spezialisierung und Vergrößerung. Die natürlichen Vorzüge von Regionen entscheiden über die Wahl des Standorts. Daraus folgt, dass nicht jede Aktivität in jeder Region rentabel ist. Die Bedingungen wiegen oft schwerer als finanzielle Anreize der öffentlichen Hand. Daher gebe ich mich nicht der Illusion hin, dass die europäische Strukturpolitik Wunder bewirken kann. Dazu ist sie nicht realistisch genug, zu unflexibel und im Umfang zu begrenzt.
Das bedeutet jedoch nicht, die europäische Strukturpolitik könne unter bestimmten Umständen nicht einen Beitrag zur vorübergehenden Minderung regionaler und lokaler wirtschaftlicher Engpässe leisten, denn die praktischen Erfahrungen liefern den Beweis dafür, dass sie es kann. Die Berichte unserer Kolleginnen und Kollegen verdienen deshalb zumindest teilweise Unterstützung, mit besonderem Augenmerk auf einige Schwachstellen. Dabei denke ich speziell an die Möglichkeit, weiterhin private Mittel in die Berechnung des Kofinanzierungssatzes einzubeziehen, an den notwendigen Einfluss regionaler und lokaler Partner bei der Konzipierung und Durchführung der Projekte sowie an die effektive und effiziente Verwendung der vorhandenen Mittel in den dafür vorgeschriebenen Zeiträumen.
Eine mögliche Kürzung des Gesamtbudgets des Rates muss von allen Regionen getragen werden. Künftig werden wir uns weniger auf das Produktions- als vielmehr auf das Wissenselement konzentrieren müssen. Dort liegt unsere Stärke, wie die Praxis ebenfalls gezeigt hat. Wir sollten daher auf jeder Ebene Spielraum lassen, um diese Stärke auszunutzen und mit den starken Regionen die Notlage der Schwächeren zu lindern.
Salvatore Tatarella (UEN).–(IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte die Berichterstatter zu ihrer guten Arbeit, die sie geleistet haben, beglückwünschen. Nach Artikel 160 EG-Vertrag ist es Aufgabe des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, zum Ausgleich der wichtigsten regionalen Ungleichgewichte in der Gemeinschaft beizutragen, indem die strukturelle Entwicklung und Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand sowie die Umstellung der Regionen mit rückläufiger industrieller Entwicklung gefördert werden. Die Regionalpolitik ist daher eine Möglichkeit und eine Chance, die wir nicht versäumen dürfen und die optimal genutzt werden müssen.
Ich beziehe mich dabei insbesondere auf die süditalienischen Regionen, die unter das ehemalige Ziel 1 fallen, jetzt als „Konvergenzziel“ bezeichnet, und immer noch enorme Probleme und erhebliche Rückstände in vielen Bereichen aufweisen. Die Regionalpolitik kann für diese Regionen wirklich sehr hilfreich sein, obschon einige Fehler der Vergangenheit korrigiert werden müssen. Zuweilen haben wir die uns zur Verfügung stehenden Mittel nicht voll ausgeschöpft, und in anderen Fällen haben wir sie nicht zweckentsprechend genutzt.
Der Bericht von Herrn Fava, mit dem ich einverstanden bin, versucht, diese Sichtweise zu korrigieren, indem er auf Wissen, Forschung und Entwicklung setzt, deshalb ...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS Vizepräsident
James Hugh Allister (NI).–(EN) Herr Präsident! Ich muss vor allem darauf hinweisen, dass das vorgeschlagene Finanzierungspaket für die Struktur- und Kohäsionspolitik im Zeitraum 2007-2013 keine ausreichenden Vorkehrungen für diejenigen Regionen in der EU-15 trifft, die zwar von sich aus nicht genug in die Infrastruktur investieren können, aber aufgrund der nationalen Kriterien nicht für eine Förderung durch den Kohäsionsfonds in Frage kommen. Das von mir vertretene Nordirland ist eine solche Region. Unsere Wasser-, Abwasser- und Straßeninfrastruktur hat einen gewaltigen Investitionsbedarf. Seit ungefähr 30 Jahren ist bei uns nicht ein Kilometer Autobahn gebaut worden. Für unser Wasserversorgungssystem bräuchten wir einige hundert Millionen. Dennoch erfüllen wir wegen der nationalen Kriterien nicht die Voraussetzungen für eine Kohäsionsfonds-Förderung im Bereich der Umwelt und der Straßeninfrastruktur.
Unser nächster Nachbar, die Republik Irland, hat diese Voraussetzungen erfüllt und in den zehn Jahren seit 1993 mehr als zwei Milliarden Euro für solche Projekte erhalten. Diese Vorschläge, die sich fast vollständig auf die neuen Mitgliedstaaten konzentrieren, lassen den dringenden Unterstützungsbedarf von Regionen wie der meinen außer Acht. Deshalb fordere ich eine erneute Prüfung des wirklichen Bedarfs der immer noch vorhandenen Regionen in der EU-15, die jetzt Gefahr laufen, völlig ins Abseits zu geraten.
Ich würde gern noch etwas zum Europäischen Fischereifonds sagen. Mir kommt es so vor, als sei er vor allem dazu gedacht, den weiteren Niedergang zu verwalten. Das Verbot der Finanzierung neuer Schiffe ändert nichts an den Gefahren und Problemen einer alternden Flotte. Der Fonds sollte lieber den spezifischen Erfordernissen des Fischereisektors in jedem Mitgliedstaat Rechnung tragen; wenn er das täte, dann stünden die Modernisierung und die Finanzierung neuer Schiffe in vielen Bereichen ganz oben auf der Tagesordnung.
Miroslav Mikolášik (PPE-DE). – (SK) Zweifelsohne handelt es sich beim Europäischen Sozialfonds um ein wichtiges Element zur Förderung der europäischen Sozial- und Beschäftigungspolitik. Ebenso trägt er stark zur Erreichung der Ziele der Lissabon-Strategie bei, wie die Schaffung von Arbeitsplätzen, Unterstützung im Bereich allgemeine und berufliche Bildung, Förderung des Zusammenhalts und der sozialen Integration und nicht zuletzt, die Beseitigung der Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern.
An dieser Stelle möchte unserem Kollegen Silva Peneda für seine Arbeit bei der Erstellung dieses Berichts meinen Dank aussprechen. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass durch diese Bemühungen die Verordnung die bedeutenden Ungleichheiten zwischen den 25 EU-Mitgliedstaaten in den Bereichen Arbeitslosigkeit, soziale Sicherheit, allgemeine und berufliche Bildung so weit wie beseitigen kann. Der Europäische Sozialfonds ist ein maßgebliches Instrument bei der Förderung der sozialen Integration sowie bei den Bemühungen, Beschäftigung für verschiedene benachteiligte Gesellschaftsgruppen, wie Menschen mit Behinderungen, zugänglich zu machen. Ich bin außerordentlich erfreut, dass es uns in diesem Parlament gelungen ist, den Schutz dieser Menschen als eine Priorität in den Text der Verordnung aufzunehmen.
Meine Damen und Herren, hier möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf den Änderungsantrag lenken, den ich zusammen mit Herrn Březina mit Unterstützung unserer Kollegen aus der Slowakei, der Tschechischen Republik, Polen und Ungarn auf der Plenarsitzung am Mittwoch vorgelegt habe. Es handelt sich um Änderungsantrag 98, in dem wir gemeinsam vorschlagen, dass die Begründung für die Verordnung um folgenden Text erweitert wird: Der Europäische Sozialfonds sollte als eine seiner Prioritäten die negativen Auswirkungen des Ausschlusses der Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedstaaten vom Arbeitsmarkt der EU ausgleichen. Unseres Erachtens ist dieser Satz von großer politischer Bedeutung, was den Beschluss zur Festlegung einer Übergangszeit bei der Gewährung des Zugangs zum Arbeitsmarkt der Europäischen Union für Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedstaaten betrifft. Heute wissen wir, dass sich dieser Beschluss, der vor unserem Beitritt zur EU gefasst wurde, als unbegründet erwiesen hat.
Udo Bullmann (PSE).– Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Karin Jöns ist die Schattenberichterstatterin der Sozialdemokratischen Fraktion zu dem Bericht Silva Peneda. Sie ist heute aus persönlichen Gründen leider verhindert. Deshalb darf ich ihre wesentlichen Kommentare aus Sicht unserer Fraktion vortragen.
Wir bedanken uns zunächst bei Herrn Silva Peneda für die gute Zusammenarbeit. Es ist ihm wirklich gelungen, alle zusammenzuführen und die wichtigsten Ziele hier für alle zusammen zu formulieren. Der Bericht enthält zahlreiche wichtige Ergänzungen zum Kommissionsvorschlag, und wir hoffen, dass er morgen eine breite Mehrheit findet. Wir werden nur einen Antrag stellen, der aus unserer Sicht hinzugefügt werden muss.
Vier Punkte will ich in aller gebotenen Kürze erwähnen:
Erstens begrüßen wir, dass die Mitgliedstaaten in stärkerem Maße zur Durchführung von innovativen und transnationalen Maßnahmen angehalten werden. Dies sichert den europäischen Mehrwert, und es verbreitet die besten Erfahrungen, die wir in der Arbeitsmarktpolitik gesammelt haben.
Zweitens ist es aus unserer Sicht von ganz großer Bedeutung, den Bezug zu den nationalen Aktionsplänen gegen soziale Ausgrenzung zu stärken. Langzeitarbeitslose und Menschen ohne Schulabschluss brauchen besondere Förderung, die dadurch gewährt werden kann.
Drittens begrüßen wir, dass die Mitgliedstaaten zu mehr frauenspezifischen Maßnahmen verpflichtet werden, und dass Gender Budgeting festgeschrieben wird. Einzelne Mitgliedstaaten, wie die Bundesrepublik Deutschland, Belgien oder auch Österreich, zeichnen sich bereits durch mehr als 10 % ESF-Mittel für Frauenbeschäftigung aus.
Schließlich sind wir der Überzeugung, dass Asylbewerber weiterhin in den Genuss von ESF-Maßnahmen kommen müssen. Sie sind vielerorts viele Monate bei uns, um auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag zu warten, und brauchen deswegen unsere Unterstützung. Wir müssen ihnen ein Angebot machen, egal ob sie später Asyl bekommen oder in ihr Heimatland zurückkehren.
Elspeth Attwooll (ALDE).–(EN) Herr Präsident! Allen Berichterstattern gebührt Dank für ihr offenes und kooperatives Herangehen an die Erstellung der Beiträge und für die erreichte Konsensbildung. Ich selbst möchte insbesondere Herrn Hatzidakis dafür danken, dass er sich den Änderungsanträgen der ALDE zu seinem eigenen Bericht angeschlossen hat. Speziell eingehen möchte ich jedoch auf den Bericht Casa; hier wünschen wir uns Bezugnahmen auf einen ökosystemorientierten Ansatz bei der Bewirtschaftung, auf regionale Beiräte und auf eine verbesserte Offenlegung der Finanzkontrollstrukturen. Ich bitte die Kollegen, dafür zu stimmen.
Obwohl ich persönlich meine, dass der Bericht bereits viel Begrüßenswertes enthält, gibt es doch bestimmte Punkte, denen ich ebenso wie der Kommissar nicht beipflichten kann. Die Fondsmittel sind knapp bemessen; es besteht umfangreicher Unterstützungsbedarf. Die Aufnahme von Verbesserungen bei der Sicherheit und Qualitätsverbesserungen bei den Bedingungen an Bord, und die Aufnahme von Maßnahmen zur Erhöhung der Umweltfreundlichkeit der Schiffe mag akzeptabel sein, insbesondere für die kleine Küstenfischerei. Ich bin jedoch vom Prinzip her wie auch angesichts der praktischen Auswirkungen vehement dagegen, das Geld der europäischen Steuerzahler für eine umfassendere Flottenerneuerung auszugeben. Das ist nichts weiter als ein Versuch, die Zeit zurückzudrehen.
Im Großen und Ganzen – und hier wende ich mich an den amtierenden Präsidenten – möchte ich mich meinen Kollegen aus den verschiedenen Fraktionen anschließen und an den Rat appellieren, die in den Berichten Berger und Hatzidakis enthaltenen Empfehlungen des Parlaments zur Finanziellen Vorausschau und zur Strukturförderung sehr ernst zu nehmen. Ansonsten fürchte ich gravierende Folgen sowohl für den wirtschaftlichen Wiederaufschwung als auch die soziale Eingliederung. Außerdem bin ich der festen Meinung, dass die EU-Fördermittel für bedürftige Gebiete eingesetzt werden sollten, egal in welchen Teilen der Union sie sich befinden.
In diesem Sinne wünsche ich dem Vereinigten Königreich eine erfolgreiche Präsidentschaft und hoffe, dass es in deren Verlauf eine rasche Annäherung in Bezug auf die Finanzielle Vorausschau gibt. Als der britische Premierminister kürzlich hier das Wort ergriff, sprach er von einer „Union der Werte, der Solidarität zwischen Nationen und Bürgern“. Möge die Aussprache vor allem von diesem Verständnis getragen sein.
Ian Hudghton (Verts/ALE).–(EN) Herr Präsident! Wie Herr Borg sagte, sollte das Anliegen des Europäischen Fischereifonds in der Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik bestehen. In Schottland allerdings besteht die Aufgabe präziser formuliert darin, die katastrophalen Auswirkungen der Gemeinsamen Fischereipolitik auf unsere Gemeinden zu kompensieren, und es stimmt bedenklich, dass etwa dieselbe Gesamtsumme, die wir zuvor für 15 Mitgliedstaaten hatten, jetzt für 25 vorgesehen ist.
Ich unterstütze die meisten Änderungsanträge des EP-Ausschusses für Fischerei, ausgenommen die in der Frage des Schiffbaus. Vor allem bin ich für einen Paradigmenwechsel vom Flottenabbau hin zur Anpassung, damit die jeweiligen Gegebenheiten in den einzelnen Gebieten berücksichtigt werden können. Ich befürworte die Hervorhebung der Bedeutung der Aquakultur, die Unterstützung der kleinen Binnenfischereibetriebe und die vorgeschlagene Entschädigung für die zwangsweise Aussetzung der Tätigkeit. Ich begrüße es, dass die Kommission die Fischerei für so wichtig hält, dass ihr Fischereikommissar bei dieser Aussprache zugegen ist. Es ist schade, dass die Präsidentschaft es ihr nicht gleichgetan hat, aber andererseits ist das nur allzu bezeichnend für die britischen Regierungsstellen und ihre Sicht auf die Fischerei, insbesondere in Schottland.
Giusto Catania (GUE/NGL).–(IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Über dieser Debatte schwebt ein Damokles-Schwert in Gestalt der Finanziellen Vorausschau der Union, die entscheidenden Einfluss auf die Festlegung der Kohäsionspolitik der Europäischen Union hat.
Die Kohäsionspolitik ist das am besten geeignete Instrument, um die Rolle der politischen Union wiederzubeleben, deren Krise vielfach durch die neoliberalen Entscheidungen und die Militarisierung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts verursacht wird.
Die Berichterstatter haben hervorragende Arbeit geleistet, denn sie haben neuartige Methoden für die Erreichung der Ziele der neuen Kohäsionspolitik entwickelt. Ich möchte im Besonderen Herrn Fava und Herrn Andria für ihre Arbeit danken.
Um die Zukunft planen zu können, muss jedoch auch Bilanz gezogen werden, welche Auswirkungen die Strukturfonds auf die Gesellschaft und die Wirtschaft der strukturschwachen Gebiete hatten. In der Tat dienten die Strukturfonds oftmals nicht dazu, die Lebensqualität der Bürger in den entwicklungsschwachen Gebieten zu verbessern, sondern waren eher ein Geschäft für die Mafia, wurden nach einem System der Vetternwirtschaft vergeben oder zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet, und mitunter wurden die Mittel überhaupt nicht ausgegeben. Da die Debatte über die Höhe der verfügbaren finanziellen Mittel bevorsteht, muss auch über die Qualität der Ausgaben nachgedacht werden.
Mieczysław Edmund Janowski (UEN).– (PL) Herr Präsident! Ich möchte allen Berichterstattern recht herzlich gratulieren! Es wurde viel über den Zusammenhalt und eine ausgewogene Entwicklung in Europa gesprochen. Damit eine solche Entwicklung aber auch wirklich stattfinden kann, müssen vernünftige Entscheidungen zu den Themen Kohäsionsfonds, Strukturfonds, Sozialfonds und grenzüberschreitende Zusammenarbeit getroffen werden.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um zur Verabschiedung flexiblerer Regelungen aufzurufen, insbesondere was die N+2-Regel für den Kohäsionsfonds, die nicht rückzahlbare Mehrwertsteuer, Sozialwohnungen und das Konzept der gemischten Finanzierung angeht. Entsprechende Änderungen würden nicht nur den neuen Mitgliedstaaten, sondern auch den alten Mitgliedstaaten zugute kommen. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass Unternehmen aus den 15 alten Mitgliedstaaten Ausschreibungen für Investitionsvorhaben in den neuen Mitgliedstaaten gewinnen. Doch die neuen Mitgliedstaaten haben ebenfalls ein umfassendes Problemverständnis, wenn es um Fragen wie den statistischen Effekt und die Lebensverhältnisse auf Inseln geht.
Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass die große Kluft zwischen den alten und den neuen Mitgliedstaaten der EU schadet. Mathematischen Spieltheorien zufolge gibt es Spiele, bei denen die Gewinne des einen Spielers keine Verluste beim anderen Spieler nach sich ziehen. An genau solch einem Spiel sollten wir uns beteiligen, denn dies würde Europa zum Vorteil gereichen.
Carmen Fraga Estévez (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich die hervorragende Arbeit und den schwierigen Konsens würdigen, den der Berichterstatter, Herr Casa, im Fischereiausschuss des Europäischen Parlaments erreicht hat.
Weiterhin möchte ich auch die Kritiker der Umstrukturierungspolitik im Fischereibereich aufrufen, das abgedroschene Argument aufzugeben, ein Fischereifahrzeug oder eine Aquakulturanlage seien gleichbedeutend mit einer Umweltkatastrophe, und ihnen stattdessen ihre Unterstützung zu leihen. Ich kann Ihnen versichern, dass wir mit dem Budget, das der Europäische Fischereifonds für uns bereit hält – 4,9 Milliarden für sechs Jahre und 27 Länder, was eine Erhöhung von gerade mal 1,5 Milliarden gegenüber dem gegenwärtigen Fonds für 15 Länder ausmacht –, der Umwelt oder dem Gemeinschaftshaushalt wenig Schaden zufügen können.
Ich glaube, der Bericht hat auf besonnene Weise weitere Maßnahmen zusätzlich zu denen des Kommissionsvorschlags aufgenommen, um eine stärkere Flexibilität zu erzielen und dadurch den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, besser auf ihre verschiedenen Sektoren zu reagieren. Wir haben die für die Erneuerung und Modernisierung der Flotte infrage kommenden Fälle erweitert, weil es schwer verständlich ist, warum wir bestimmte Berufsgruppen dazu verurteilen, mit überholten und gefährlichen Produktionsmitteln zu arbeiten, insbesondere die handwerkliche Fischereiflotte, die am stärksten veraltet ist. Bei Unglücksfällen im Nachhinein unser Bedauern auszudrücken und die Opfer zu ehren, ist wenig hilfreich. Aber jetzt haben wir die Gelegenheit, zu ihrer Vorbeugung beizutragen, denn zudem verfügen wir schon über eine ganze Reihe von Methoden der Fernerkennung und Satellitenüberwachung, um zu verhindern, dass zu viel gefischt wird oder die falschen Arten gefischt werden.
Herr Präsident, gestatten Sie mir ein letztes Wort zu den gemischten Gesellschaften. Meiner Meinung nach bilden sie die Garantie für eine effektive Entwicklungshilfe- und Kooperationspolitik, und in Übereinstimmung mit der Unterstützung, die ihnen die Kommission im Rahmen ihrer neuen Politik auf dem Gebiet der Fischereiabkommen gewährt, möchte ich mich für sie einsetzen. Aber, Herr Kommissar, ich halte es nicht für möglich, dass in Entwicklungsdrittländern gemischte Gesellschaften ohne entsprechende Hilfe der Gemeinschaft geschaffen werden können, da in diesen Ländern nicht die gleichen rechtlichen Garantien für Investitionen bestehen. Wenn wir also wirklich wollen, dass die gemischten Gesellschaften ein Eckpfeiler in der Entwicklungszusammenarbeit werden, dann sollten wir ihnen Beihilfen aus dem EFF geben.
Catherine Stihler (PSE).–(EN) Herr Präsident! Ich danke den Berichterstattern.
Die Regionalentwicklung ist eine der tragenden Säulen der Europäischen Union. Im Grunde begrüße ich den Standpunkt des Parlaments zur Regionalpolitik, bin aber auch der Meinung, dass es auf eine nachhaltige Entwicklung ankommt. Ich begrüße die Überprüfung der Gemeinsamen Fischereipolitik, die einen nachhaltigen Rahmen für die Fischerei bilden soll. Ich bedaure zutiefst, dass der Bericht über den Europäischen Fischereifonds benutzt wurde, um Beschlüsse, die bei der GFP-Überprüfung gefasst wurden, erneut zur Diskussion zu stellen.
Im Zuge der Überprüfung wurden die Subventionen für den Schiffbau eindeutig gestoppt und Grenzen für die Modernisierung gesetzt. Es ist unaufrichtig zu sagen, dass der Ersatz von Motoren und andere Formen der Modernisierung nicht zur Erhöhung der Fangkapazität führen. Ich begrüße die Betonung der Nachhaltigkeit in den Vorschlägen der Kommission zum EFF. Außerdem habe ich zur Kenntnis genommen, dass Herr Böge in seinem Arbeitsdokument über die GFP erklärte, dass die Überkapazität der Gemeinschaftsflotte trotz der Anstrengungen, die im Rahmen der vorhergehenden Strukturprogramme unternommen wurden, einer der Hauptgründe für die Überfischung bestimmter Bestände ist. Nachhaltigkeit ist der Schlüssel zu einer gedeihlichen künftigen Entwicklung im Fischereisektor.
Das Argument, kleine alte Schiffe wären unsicher und müssten mithilfe öffentlicher Mittel ersetzt werden, nehme ich niemandem ab. Es kann ja wirklich sein, dass sie ersetzt werden müssen. Andererseits war mein früheres kleines altes Auto auch unsicher und musste ersetzt werden, für den Ersatz musste ich jedoch selber zahlen. Zugegeben, ich hatte kein eigenes Fuhrgewerbe, aber hätte ich eines gehabt, dann hätte ich nicht erwartet, dass der Staat eingreift und mir das Geld gibt. Die Flotte muss erneuert werden, doch ich möchte, dass dies auf einer nachhaltigen Grundlage geschieht. Wir sollten es nicht noch fördern, dass zu viele Fischer zu wenigen Fischen hinterher jagen.
Alfonso Andria (ALDE).–(IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Diesmal melde ich mich als Schattenberichterstatter der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa zur Verordnung über den EFRE zu Wort und möchte als Erstes dem Berichterstatter, Herrn Fava, zu seiner hervorragenden Arbeit gratulieren.
Ich bewerte den Verweis des Berichterstatters auf die öffentliche Sicherheit als Schutz vor der Unterwanderung der Ausgabenverfahren im Zusammenhang mit den Strukturfonds durch die organisierte Kriminalität als positiv. Zwischen vielen von uns, die wir unterschiedlichen geografischen Gebieten und politischen Lagern entstammen, wurden bemerkenswerte Übereinstimmungen zu dem wichtigen Thema der sozialen Eingliederung erzielt.
In der Aussprache im Ausschuss wurden während der Prüfung der Änderungsanträge sehr wirksame Kompromisse und Synthesen gefunden. Ich freue mich darüber, dass der Berichterstatter die Anträge meiner Fraktion, der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, umfassend berücksichtigt hat.
Insbesondere haben wir erreicht, dass der städtischen Dimension mehr Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Der Schwerpunkt wurde auf die vorwärtstreibende Kraft gelegt, die ein gutes Investitions- und Verwaltungsprogramm der für die Städte bestimmten Mittel für die wirtschaftliche und soziokulturelle Wiederbelebung der Stadtrandgebiete und der ländlichen Gebiete im Umland haben kann, wie heute auch die hier anwesende Frau Kommissarin betont hat. Das wird als wirklicher Motor für die tragfähige und nachhaltige Entwicklung der Regionen wirken.
Was schließlich das Thema Behinderungen anbelangt, haben wir gefordert, eine konkrete Verpflichtung zur Beseitigung der architektonischen Barrieren in den durch den Fonds finanzierten Vorhaben in die Ziele des EFRE einzubeziehen, um Chancengleichheit beim Zugang zu gewährleisten.
Die anderen Themen, insbesondere die Frage der Mehrwertsteuer, wurden meines Erachtens schon vorher ausführlich erörtert.
Georgios Karatzaferis (IND/DEM). – (EL) Herr Präsident! Im letzten Jahr haben wir Ja zu den neuen Ländern und Ja zu ihrer finanziellen Unterstützung gesagt, jedoch nicht dazu, dass diese finanzielle Hilfe zu Lasten der Finanzierung benachteiligter Regionen in den alten Ländern geht. Griechenland verfügt über 3000 Inseln, die wir alle im Juli und August besuchen wollen, aber niemand fragt, wie die Menschen dort den Rest des Jahres leben, oftmals ohne Öl, ohne Ärzte und öffentlichen Nahverkehr. Wir müssen daher einsehen, dass diese 0,41 % des Haushalts nicht genügen; es ist weniger als unzureichend, um die Regionen in äußerster Randlage in gerechter Weise abzudecken.
Uns wurde mitgeteilt, dass Griechenland 24 Milliarden Euro erhalten soll. Das hat der ehemalige Ministerpräsiden Simitis gesagt. Nun kommt der neue Ministerpräsident Karamanlis und sagt, wir bekämen vom vierten Paket nur etwas über die Hälfte. Das sind lächerliche Regelungen. Auf diese Weise können die Länder keine Fortschritte erzielen. Und auch die Europäische Union kann auf diese Weise keine Fortschritte erzielen.
Die Mitgliedstaaten müssen dazu angehalten werden, die Mittel auszuschöpfen. Im Jahr 2003 haben wir laut Frau Hübner 2,6 Milliarden Euro bekommen, und im letzten Jahr 1,4 Milliarden Euro. In diesem Jahr ist nicht ein einziger Euro angekommen, dabei sind bereits sieben Monate vergangen. Das ist Geld, das dem Markt fehlt und das den Landwirten, der Produktion und der Produktivität fehlt.
Wir müssen endlich damit aufhören, die Menschen als Zahlen zu betrachten. Wenn wir so weitermachen, mit dieser Politik von Herrn Blair, dann sollten Sie sich nicht darüber wundern, wenn Sie zu Ihrer nächsten Mahlzeit keine Tomaten, sondern Mikrochips serviert bekommen und Ihnen anstelle von Obst und Gemüse CD-ROMs und Disketten vorgesetzt werden. Hier leben Menschen und keine Robocops!
Alun Michael,amtierender Ratspräsident. (EN) Herr Präsident! Vielen Dank, dass Sie mir an dieser Stelle das Wort erteilen. Meine Kollegen werden über weitere Beiträge berichten, aber ich bin Ihnen dankbar, dass Sie Verständnis für die Schwierigkeiten haben, die sich für mich aus der zeitlichen Verschiebung der Aussprache ergeben.
Wir haben einige ausgezeichnete Beiträge gehört. Besonders hat mir gefallen, dass Herr Galeote Quecedo die Bedeutung des Zusammenhalts für die Zukunft der Europäischen Union hervorhebt. Auch ich meine, dass eine baldige Entscheidung über den Haushalt sehr zu begrüßen wäre. Wir alle müssen uns intensiv dafür einsetzen, dass ein Ergebnis zustande kommt. Wir werden gewiss unseren Teil zu den Bemühungen um eine solche Einigung beitragen. Ich nehme auch zur Kenntnis, welche Betonung er auf Fragen wie Mehrwertsteuer und Wohnungsbau gelegt hat.
Ich möchte Ihnen sagen, dass wir jetzt über die heute angesprochenen Punkte nachdenken und die Berichte und die Änderungsanträge, die morgen angenommen werden, sorgfältig prüfen werden. Die Präsidentschaft wird dann bei der Erarbeitung eines Gemeinsamen Standpunkts engen Kontakt zum Parlament halten, um zu erörtern, wie wir Ihren Anliegen am besten entgegenkommen können.
Diese Anliegen waren zum Teil sehr unterschiedlich. Frau Krehl verwies auf den Erfolg des Kohäsionsfonds im Vereinigten Königreich. Ich sehe das auch so, und das ist einer der Gründe dafür, warum wir den Ausführungen von Herrn Beaupuy zustimmen, der eine besondere Berücksichtigung der zehn neuen Mitgliedstaaten fordert. Frau Griesbeck rief zu einer Einigung auf, behielt sich jedoch das Recht vor, „non“ zu sagen. Ich sage ihr und anderen, dass wir uns alle darauf konzentrieren sollten, die richtige Antwort für das Europa des 21. Jahrhunderts zu finden. Aber heute geht es erneut um die Verordnungen.
Wie ich in meinen einleitenden Bemerkungen bereits ausführte, gehen die Meinungen über das Verordnungspaket auseinander, aber die Aussprache zeigt deutlich, dass zu vielen Aspekten der Reform ein starker Konsens zwischen dem Rat und dem Parlament besteht. Wir alle sind entschlossen, eine dynamische und leistungsfähige EU-Regionalpolitik zu entwickeln, die umfassend zu den Schlüsselzielen der Union beiträgt und hilft zu gewährleisten, dass die Erweiterung ein Erfolg wird – alle außer Herrn Smith, der eine Presseerklärung zu Protokoll gegeben hat, und vielleicht Herrn Booth, dem die erheblichen Vorteile der Regionalentwicklung in England offenbar entgangen sind.
Aber kommen wir nun zum Kernpunkt der Aussprache. Das Parlament hat eine Reihe von Fragen und Problemen aufgeworfen, die den Umfang des künftigen Strukturfondsbudgets und seine Aufteilung auf die Mitgliedstaaten und ihre Regionen betreffen. Etliche Abgeordnete, insbesondere Herr Hatzidakis und Herr Andria, haben die breit angelegte Architektur der Kommissionsvorschläge verteidigt, wonach ein aufgestocktes Strukturfondsbudget auf drei Ziele ausgerichtet wäre – Konvergenz, Wettbewerbsfähigkeit und Zusammenarbeit –, und haben jegliche Änderung bei der Aufteilung der Mittel zwischen diesen drei Prioritäten abgelehnt. Frau Schroedter betonte die Rolle der EU-Regionalpolitik bei der Sicherstellung der Solidarität in der EU. Ich stimme dem zu, obwohl es offenbar verschiedene Auffassungen dazu gibt, wie man echte Solidarität in der Praxis verwirklichen kann. Beispielsweise sprach sich Herr Triantaphyllides für eine stärkere Berücksichtigung der ärmeren Mitgliedstaaten aus, während Herr Allister meinte, dass die Vorschläge der Kommission zu hohe Zuweisungen an die neuen Mitglieder vorsehen.
Im Rat findet derzeit auch eine Diskussion über optimale Varianten der Ausrichtung und Durchführung der Fonds in der nächsten Finanziellen Vorausschau statt, damit sie so wirksam wie möglich zur regionalen Entwicklung in der EU beitragen. Dabei wurden auch Fragen gestellt zu den Vorschlägen der Kommission für die Zuweisung der Mittel, für die Aufteilung zwischen den drei Zielen, zur Betonung der Konvergenzförderung für reichere Regionen insbesondere in den reicheren Mitgliedstaaten und zu dem Vorschlag, die Fördermittel im Verhältnis 50:50 zwischen den alten und neuen Mitgliedstaaten aufzuteilen.
Bei anderen Fragen ging es um bestimmte technische Regeln für die Durchführung der Programme, so zum Beispiel die Anwendung der N+2-Regel auf den Kohäsionsfonds – wobei ein begrüßenswerter Hinweis auf deren flexible Anwendung gegeben wurde – und die Behandlung der Mehrwertsteuer und anderer Ausgaben. Das sind komplexe Themen, und die Art ihrer Lösung wird entscheidenden Einfluss auf die Wirksamkeit der künftigen Strukturfondsförderung haben.
Ich habe festgestellt, dass die meisten Vertreter im Parlament und im Rat die Vorschläge der Kommission zur verstärkten strategischen Orientierung der Strukturfondsförderung auf die Agenda von Lissabon und Göteborg weit gehend befürworten. Wir alle wollen eine konsequente Evaluierung sowie flexiblere und rationellere Mechanismen für die Durchführung von Projekten, und wir alle sind sehr interessiert an der Beibehaltung strenger Regeln für die Ausgabenüberwachung, damit über die Strukturfondsausgaben konsequent Rechenschaft abgelegt wird.
Wir können Herrn Silva Peneda und Frau Krehl zustimmen, was die Notwendigkeit einer Vereinfachung der Verfahren für die Durchführung von Strukturfondsprogrammen anbelangt. Obwohl wir viele der nützlichen Initiativen der Kommission in diesem Bereich begrüßen, ist der Rat durchaus mit Herrn Silva Peneda einer Meinung, dass einige Vorschläge im Verordnungsentwurf sogar noch stärker vereinfacht werden könnten. Wir können auch Herrn Harangozó und anderen darin zustimmen, dass eine maximale Einbeziehung des privaten Sektors in die Programme erforderlich ist.
Auch bezüglich der Prioritäten für die Strukturfondsförderung haben der Rat und das Parlament vieles gemein. Beim EFRE sind wir uns alle über die Notwendigkeit einig, eine sinnvolle Konzentration auf eine begrenzte Zahl von Prioritäten beizubehalten und – wie Herr Fava vortrug – solche Aktivitäten wie Innovation, Forschung und Entwicklung zwecks Unterstützung der Lissabonner Ziele verstärkt zu berücksichtigen.
Im Hinblick auf den ESF sind wir mit Herrn Silva Peneda einer Meinung, dass der Schwerpunkt eindeutig auf der Europäischen Beschäftigungsstrategie liegen muss.
Es ist jetzt klar, welche Fragen noch offen sind. Dem Rat wie auch dem Parlament liegt sehr viel daran, am Partnerschaftsprinzip festzuhalten, damit sich die nationalen, regionalen und lokalen Interessengruppen auch weiterhin aktiv an der Durchführung der Programme beteiligen. Allerdings gibt es bezüglich der Zusammenarbeit mit Partnern Meinungsverschiedenheiten, die wir beilegen müssen.
Auch Maßnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit der Strukturfonds werden weithin befürwortet. Über einige Aspekte der Kommissionsvorschläge haben wir jedoch unterschiedliche Ansichten. Zum Beispiel sieht sich der Rat nicht in der Lage, dem Vorschlag der Kommission zur obligatorischen Einrichtung einer leistungsgebundenen Reserve und einer Reserve für Unvorhergesehenes zu folgen, weil wir befürchten, dass die Verwaltungsprobleme und der bürokratische Aufwand alle konkreten Vorteile zunichte machen würden, die das vielleicht bringt.
Das sind keine unüberwindlichen Schwierigkeiten, aber wir müssen eng zusammenarbeiten, um diese Differenzen in den nächsten Monaten beizulegen. Wir werden die Auffassungen des Parlaments berücksichtigen, wenn wir neue Kompromisstexte zur Erörterung durch die Arbeitsgruppe des Rates ausarbeiten. Mein Kollege Alan Johnson wird am 12. September beim Ausschuss für regionale Entwicklung sein und diese Fragen dann gerne mit den Abgeordneten weiter diskutieren. Wir werden engen Kontakt zu den Berichterstattern halten, um uns mit ihnen während der weiteren Arbeit am Standpunkt des Rates auszutauschen.
Dank der heutigen Aussprache habe ich jetzt einen viel besseren Einblick in die Ansichten des Parlaments zu diesen sehr wichtigen Vorlagen. Die Zeit drängt, und unsere beiden Institutionen werden eng zusammenarbeiten müssen. Ich für meinen Teil kann Ihnen versichern, dass der Rat konstruktiv und wirksam mit Ihnen zusammenarbeiten wird, um Lösungsmöglichkeiten zu finden. Ich freue mich darauf, in den nächsten Monaten zusammen mit Ihnen ein gemeinsames Fundament zu schaffen, auf dem wir eine Kohäsionspolitik aufbauen können, die einem neuen Europa des 21. Jahrhunderts angemessen ist.
Guntars Krasts (UEN). – (LV) Herr Präsident! Allgemein gesehen, erreichen die Verordnungsentwürfe für die Strukturfonds ihre beabsichtigten Ziele, doch meines Erachtens werden einige Fragen nicht den gestellten Aufgaben entsprechend gelöst.
Drei von ihnen möchte ich erwähnen. Ich unterstütze eindeutig eine Verbesserung der Finanzverwaltung der Fonds der Europäischen Union, ebenso wie eine stärkere Disziplin bei der Vorbereitung und Durchführung von Projekten; jedoch kann die Anwendung des N+2-Prinzips beim Kohäsionsfonds zum genauen Gegenteil führen – zur hastigen Vorbereitung und Durchführung von Projekten sowie einem unwirksamen und verschwenderischen Einsatz von Steuergeldern der Europäischen Union. Außerdem würden die Möglichkeiten der neuen Mitgliedstaaten zur Ausschöpfung der Beihilfen aus dem Kohäsionsfonds deutlich verringert. Als Mindestanforderung schlage ich daher vor, über das N+3-Prinzip nachzudenken.
Zweitens bin ich der Ansicht, dass wir die Ausweitung des Zeitraums für Hilfsprogramme auf sieben Jahre und die Bedingungen im Verordnungsentwurf ernsthaft auswerten und nachbearbeiten müssen, ebenso wie die Forderung, dass ausgelagerte Unternehmen die Beihilfen aus den Strukturfonds zurückzahlen müssen. Dies stellt einen eklatanten Widerspruch zu den Binnenmarktgrundsätzen sowie eine Verletzung des Wettbewerbs und der Grundfreiheiten in der Europäischen Union dar.
Drittens müssen wir die Möglichkeit zur Finanzierung von Projekten durch private Kofinanzierung der Fonds der Europäischen Union beibehalten – ohne nationale öffentliche Mittel einzusetzen. Daher schlage ich vor, dass wir die Möglichkeit schaffen, die private Kofinanzierung zu den allgemeinen zurechenbaren Kosten hinzuzufügen. So wäre es möglich, Projekte mit einer höheren Gesamtsumme auszuführen und nationale öffentliche Mittel wirkungsvoller einzusetzen.
Francesco Musotto (PPE-DE).–(IT) Herr Präsident, sehr geehrte Frau Kommissarin Hübner, meine Damen und Herren! In Zeiten politischer Unsicherheit, wie wir sie gegenwärtig erleben, müssen die europäischen Institutionen Entschlossenheit zeigen und konsequent auf die Forderungen der Bürger reagieren, um glaubwürdig zu sein.
Demzufolge muss das Europäische Parlament fähig sein, politische Ideen in lösungswirksame Maßnahmen umzusetzen. Die uns heute vorliegenden Berichte beinhalten eine wirksame Lösung für viele Probleme der Kohäsionspolitik und Regionalentwicklung, die im Zuge der Erweiterung entstanden sind.
Statistische Kriterien allein sind ungeeignet, die tatsächliche Wirtschaftslage der verschiedenen europäischen Regionen mit Entwicklungsrückstand aufzuzeigen, und reichen nicht aus, um konkrete, solidarische Antworten für jene Regionen bereitzuhalten, die ihre durch Strukturschwierigkeiten oder objektive Situationen – wie Insel- oder Randlage – bedingten Probleme noch überwinden müssen.
Ich möchte betonen, dass die Kohäsionspolitik nicht nur eine Gelegenheit sein darf, ihre entscheidende Bedeutung für die europäische Integration und die reale Beteiligung aller Bürger herauszustellen. Um wirksam, konstruktiv und vor allem glaubwürdig zu sein, muss sie durch ausreichende finanzielle Mittel unterstützt werden.
Der in dem Vorschlag für eine Verordnung vorgeschlagene Anteil von 0,46 % des BSP ist angesichts des gewaltigen Zuwachses der Bevölkerung, die im Rahmen des Konvergenzziels förderfähig ist, nach der letzten, beispiellos umfangreichen Erweiterung als bescheiden zu bewerten.
Unsere Fraktion pflichtet den in den Berichten enthaltenen Vorschlägen, die zum Teil das Ergebnis ausführlicher Diskussionen und Vermittlungen sind, bei. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, die Berichterstatter und die Antragsteller zu beglückwünschen.
Ich möchte insbesondere auf einige Aspekte zu sprechen kommen, die speziell den Europäischen Fischereifonds betreffen, in dessen Rahmen die Motoren der Fischereifahrzeuge nicht in die Modernisierungsmaßnahmen einbezogen wurden. Die Flotte zu erneuern bedeutet nicht zwangsläufig, den Fischereiaufwand zu erhöhen.
Abschließend möchte ich die Notwendigkeit bekräftigen, die Grenzen des überholten, hauptsächlich auf die Festlandseite konzentrierten Modells zu überwinden und darauf abzuzielen, die vollständige Anerkennung der Besonderheiten grenzübergreifender maritimer Probleme zu erreichen.
Jan Andersson (PSE). – (SV) Herr Präsident, sehr geehrte Mitglieder der Kommission! Ich habe den Eindruck, dass der sich herauskristallisierende Vorschlag des Parlaments logischerweise mehr oder weniger auf einer Linie mit dem bereits vorgelegten langfristigen Entwurf des Haushaltsplans liegt. Ich möchte mich auf den Europäischen Sozialfonds konzentrieren.
Der Sozialfonds hat zwei übergreifende Aufgaben, die von zunehmender Bedeutung sind: zum einen die Stärkung der Beschäftigungsstrategie und zum anderen die Förderung der sozialen Eingliederung und die Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung. Dies sind zwei Herausforderungen, vor denen die EU in der neuen globalisierten Gesellschaft mit ihren demografischen Veränderungen steht. Darum sind diese Ziele wichtiger den je.
Um das Niveau der Beschäftigung zu erhöhen, ist das lebenslange Lernen von großem Gewicht. Europa wird mit Indien und China und deren Sozialmodellen sowie deren Löhnen und Arbeitsbedingungen im Wettbewerb nicht bestehen können. Stattdessen müssen wir beispielsweise Forschung und Entwicklung sowie die Qualifikation der europäischen Arbeitskräfte als Wettbewerbsvorteil nutzen. Das liegt natürlich in der Verantwortung der Mitgliedstaaten, Unternehmen und Sozialpartner, aber die EU kann durch die Stärkung der Kompetenzen in unserem gesamten Gebiet einen wertvollen Beitrag leisten.
Wir haben zahlreiche benachteiligte Personengruppen, die stärker an der gesellschaftlichen Entwicklung, aber auch am Arbeitsmarkt beteiligt werden müssen. Um für den Wettbewerb von außen gerüstet zu sein, brauchen wir zukünftig alle auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere die Frauen. Frauen sind dort immer noch unterrepräsentiert und werden diskriminiert. Gleiches gilt auch für Menschen mit Behinderungen, die – ebenso wie Menschen aus außereuropäischen Staaten – gegenwärtig in unglaublich hohem Maße vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind.
Lassen Sie mich noch einige wichtige Punkte anschneiden. Es ist positiv, dass der transnationale Aspekt verstärkt zum Tragen kommt. Damit behalten wir die innovative Dimension bei, die unter anderem im EQUAL-Programm enthalten ist. Ferner ist es wichtig, dass der Sozialfonds in gewissem Maße auf lokaler und regionaler Ebene mit anderen Fonds zusammenarbeitet. Abschließend möchte ich mich der Meinung von Herrn Špidla anschließen, wenn er betont, wie wichtig es für die Zukunft ist, dass die Partnerschaft und die Sozialpartner auch weiterhin eine führende Rolle in der Arbeit des Sozialfonds spielen.
Grażyna Staniszewska (ALDE).– (PL) Herr Präsident! Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um nachdrücklich dazu aufzurufen, ein gewisses Maß an Kontinuität zu gewährleisten.
Als wir vor einigen Wochen über den Bericht Böge abstimmten, entschieden wir uns dafür, die N+2-Regel nicht auf den Kohäsionsfonds auszuweiten. Außerdem legten wir fest, dass Unternehmen, die Fördergelder aus den Strukturfonds erhalten haben, fünf Jahre lang am gleichen Standort bleiben müssen. Nun sind wir dabei, dies wieder zu ändern. Vor einigen Wochen vertraten wir noch die eine Meinung, und jetzt überlegen wir es uns schon wieder anders. Wir sollten doch ein gewisses Maß an Kontinuität sicherstellen.
Im Bericht Böge kamen wir zu dem Schluss, dass eine Ausweitung der N+2-Regel auf den Kohäsionsfonds dazu führen würde, dass dieser Fonds in vielen Fällen, insbesondere im Falle der neuen Mitgliedstaaten, für die Durchführung von Großprojekten nicht mehr in Anspruch genommen werden könnte. Zugleich würden wir den Eindruck erwecken, dass wir den Unternehmen mit der einen Hand Gelder zur Verfügung stellen und sie ihnen mit der anderen wieder wegnehmen, wenn wir jetzt die Regelung einführen, dass die Mehrwertsteuer keine förderfähige Ausgabe ist, nachdem so viele arme Länder und Regionen der Europäischen Union beigetreten sind. In einem polnischen Kinderreim heißt es, „wer gibt und wieder nimmt, landet in der Hölle“, und ich möchte dazu aufrufen, dass wir nicht mit der einen Hand geben und mit der anderen wieder nehmen.
Was die Mehrwertsteuer betrifft und vorausgesetzt, dass die Änderungsanträge morgen nicht angenommen werden, möchte ich die Kommissarin und den Rat dazu aufrufen, für Investitionsvorhaben im Rahmen der europäischen Fonds eine Befreiung von der Mehrwertsteuer in Betracht zu ziehen. Mit einem solchen Nullsatz wäre es möglich, dass sich diejenigen, die eine Rückführung der EU-Mittel an die Haushalte der einzelnen Länder ablehnen, und die Länder, die sich eine Verdoppelung ihrer Beiträge aufgrund der vorgeschlagenen Änderungen nicht leisten können, auf halbem Wege treffen könnten.
Ich fordere das Hohe Haus auf, diese Bedenken ernst zu nehmen, denn hierbei handelt es sich wirklich um ernsthafte Bedenken, insbesondere was die neuen Mitgliedstaaten betrifft. Ich fordere die Abgeordneten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die Erweiterung nicht zur bloßen Illusion verkommt.
Ioannis Gklavakis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich den fünf Berichterstattern meine herzlichen Glückwünsche aussprechen und dabei besonders Herrn Hatzidakis und Herrn Casa zu der exzellenten Arbeit gratulieren, die sie geleistet haben.
Ich möchte auf den Bericht von Herrn Casa eingehen und meine Änderungsanträge verteidigen. Der Bericht Casa bemüht sich darum, der Ausgewogenheit und der Achtung der Umwelt sowie der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Fischereiressourcen große Bedeutung beizumessen. Ich würde hinzufügen, dass wir uns auch darum kümmern sollten, wie wir zugleich die europäischen Fischer schützen können.
Ich möchte deshalb drei Vorschläge unterbreiten: Erstens, eine Fischereiausrüstung zuzulassen, die der Achtung der Umwelt Rechnung trägt; zweitens, die Möglichkeit des Erwerbs von Ausrüstungen zu gewähren, die zur Verbesserung der Gesundheit der Fischer sowie der Sicherheitsbedingungen beitragen, und drittens, zu gestatten, dass bei Fischereifahrzeugen Motoren bis zur gleichen Leistungsstärke ausgetauscht werden können. Wir können unsere Fischer nicht mit Motoren auf Fischfang schicken, die 20 oder 25 Jahre alt sind.
Der zweite Teil meiner Ausführungen betrifft die Aquakultur: sie muss geschützt, sie muss erweitert werden und mehr Fische produzieren. Warum? Weil die weltweite Nachfrage nach Fisch gestiegen ist. Also entweder wir überfischen, was bedeutet, dass wir das Ökosystem zerstören, oder wir lassen zu, dass mehr Fische durch Aquakultur produziert werden.
Deshalb muss die Europäische Union diesen Sektor in bestmöglicher Weise fördern. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass diese Unternehmen die Umwelt schützen, dass sie umweltfreundlich sind. Das muss höchste Priorität haben. Es kommt nicht darauf an, ob es sich um kleine, mittlere oder große Unternehmen handelt. Ich wünsche mir, dass die kleinen Unternehmen groß werden und dass die großen Unternehmen noch größer werden, damit sie anstelle der Überfischung durch uns mehr Fische produzieren können, die unser Planet braucht.
Richard Falbr (PSE).–(CS) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte vor der morgigen Abstimmung über die Verordnungen und die Strukturfonds auf einige nach meinem Dafürhalten entscheidende Punkte eingehen.
Wir sprechen uns gegen die volle Anwendung der N+2-Regelung auf den Kohäsionsfonds aus, denn dies könnte unserer Meinung nach dazu führen, dass den neuen Mitgliedstaaten erhebliche Summen aus den Kohäsionsmitteln verloren gehen. Wir sollten uns auch bemühen, einen Weg zu finden, mit dem gesichert wird, dass die Mehrwertsteuer in die Kategorie zuschussfähiger Ausgaben fällt. Das ist vor allem im Fall des europäischen Regionalen Entwicklungsfonds wichtig, falls zu den künftigen Mittelempfängern Städte und Dörfer gehören.
Unsere diesbezüglichen Forderungen sind auf Unverständnis seitens des Berichterstatters, des Koordinators und zahlreicher weiterer Abgeordneter gestoßen, und ich muss sagen, ich bin etwas enttäuscht über das Ergebnis unserer Bemühungen. Ich glaube jedoch an den gesunden Menschenverstand der Mehrheit und hoffe daher, dass die von uns eingereichten Änderungsanträge morgen angenommen werden.
Markus Pieper (PPE-DE).– Herr Präsident! Strukturpolitik ist Ausdruck der Solidargemeinschaft, indem wir die schwächsten Regionen in Europa unterstützen, vor allem auch in Osteuropa. Ich möchte etwas betonen, was meine Vorredner bislang nicht ganz so deutlich gesagt haben: Die europäische Strukturpolitik gibt auch für jene Regionen Innovationsimpulse, die nicht klassisches Fördergebiet sind.
Ich möchte die Bedeutung des Förderziels II – Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit – unterstreichen. Mit diesem Instrument unterstützt Europa die internationale Ausrichtung von Infrastrukturen und Innovationen. Diese Impulse, auch in den klassischen Wirtschaftszentren Europas, werden Wachstumseffekte für die gesamte EU nach sich ziehen. Davon profitieren wir letztlich alle.
Wir unterstützen aber durch Strukturförderung nicht nur Wachstum und europäische Modellprojekte. Ich möchte betonen, dass die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Regionen auch einen Beitrag zur Akzeptanz der europäischen Idee in Westeuropa leistet. Dies gilt in sehr starkem Maße für die Förderung aus dem Sozialfonds. Dies gilt aber auch für das Förderziel II, die territoriale Zusammenarbeit. Die Grenzverbünde leben die europäische Idee, ob nun durch grenzüberschreitende Sozialeinrichtungen, Gewerbegebiete oder Unternehmertreffen. Es ist wichtig, diese Form der europäischen Unterstützung zu erhalten. Im Grundsatz unterstützen wir deshalb den Vorschlag der Kommission.
Wir müssen aber auch sehr intensiv darüber nachdenken, wie wir die politischen Inhalte der Strukturpolitik auch mit weniger Geld erhalten können. Wir werden die Struktur- und Agrarfinanzierung neu ordnen müssen. Das heißt Folgendes: Wir brauchen eine verpflichtende nationale Kofinanzierung der Landwirtschaft. Wir brauchen Regeln, die eine private Mitfinanzierung erleichtern. Wir werden in Zukunft über eine Darlehensfinanzierung auch bei den Strukturprogrammen nachdenken müssen. Wenn wir kürzen, dürfen wir nur pauschal über alle Förderbereiche kürzen und nicht zu Lasten einzelner Regionen oder einzelner Programme.
Unterm Strich ist die europäische Strukturförderung erfolgreich. Wir sollten um die politischen Inhalte kämpfen. Wir appellieren an die Staats- und Regierungschefs, sich hier zugunsten der europäischen Regionen einzusetzen.
Inés Ayala Sender (PSE). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte den Berichterstattern und den Koordinatoren für ihre Arbeit danken. Sie ist angesichts der derzeitigen Situation nicht einfach gewesen, aber sie haben es geschafft und verdienen unsere ganze Unterstützung.
Ich möchte der Kommissarin dafür danken, dass sie den Standpunkt des Parlaments zu verstehen bemüht war. Wir hoffen, dass sie alle Anstrengungen unternehmen wird, um ein Übereinkommen zu ermöglichen, das ebenso dringend wie notwendig ist.
Wir möchten die neue Präsidentschaft, die wir auf der anderen Seite der Barriere willkommen heißen, auffordern, mit konkreten Aktionen ihre Leidenschaft für Europa, von der wir glauben wollen, dass sie aufrichtig ist, unter Beweis zu stellen. Aber wie jene, die einige Zeit regiert haben, sehr wohl wissen, existiert nichts, was nicht in den Haushaltsplänen enthalten ist. Daher ist die erste Voraussetzung, wenn Europa glaubwürdig sein soll, wie Herr Blair es wünscht, ein rechtzeitiger und ausreichender Haushalt.
Wir erwarten ebenso, dass die Kommission und auch die Präsidentschaft einen sowohl hinsichtlich seiner Gerechtigkeit als auch seines schrittweisen Charakters annehmbaren Ausgleich für die Regionen und die Mitgliedstaaten schaffen, die durch die neue Zuteilung von Mitteln für das erweiterte Europa wahrscheinlich beträchtliche finanzielle Verluste erleiden werden. Außerdem sollten sie für die Regionen, die vom statistischen Effekt betroffen sind oder aufgrund ihrer natürlichen Gegebenheiten benachteiligt sind – die Gebiete in äußerster Randlage –, für die Gebiete mit besonderen strukturellen Schwierigkeiten – Berggebiete, Grenzregionen ... –, sowie für Gebiete mit Bevölkerungsabwanderung oder für dünn besiedelte oder schwer zugängliche Regionen wie die meinige, Aragonien, eine Vorzugsbehandlung vorsehen.
Darüber hinaus wollen wir, dass die neue Zielsetzung der Wettbewerbsfähigkeit, die der Strategie von Lissabon neuen Schwung verleihen und die Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung verdoppeln soll, auch der Reduzierung der technologischen Lücke zwischen Regionen und Mitgliedstaaten dient. Wer glaubt, dass Europa auf der Grundlage einiger weniger Topleute und einer Mehrheit von digitalen Analphabeten Fortschritte machen kann, meine Damen und Herren, der macht sich völliger Naivität oder fehlender intellektueller Redlichkeit schuldig.
Jan Březina (PPE-DE). – (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kohäsionspolitik ist eine der Säulen der europäischen Integration. Sie wird im nächsten Planungszeitraum noch an Bedeutung gewinnen, da mit ihr die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Regionen verringert werden und gleichzeitig Europa auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger gemacht wird.
Ich habe zwar Hochachtung vor der Arbeit all derjenigen, die an der Ausarbeitung der Stellungnahme des Parlaments zu den Entwürfen beteiligt waren, doch bin ich enttäuscht über das bislang gezeigte mangelnde Interesse an den Forderungen und Bedürfnissen der neuen Mitgliedstaaten. Die über viele Monate im Ausschuss für regionale Entwicklung geführten Aussprachen haben bei mir den Eindruck hinterlassen, dass die Anregungen der Abgeordneten aus den neuen Mitgliedstaaten nicht wirklich Beachtung fanden. Dagegen wurde den Bedürfnissen anderer Interessenten, wie den ehemaligen Kohäsionsländern und den Randregionen sowie den vom statistischen Effekt betroffenen Regionen viel Aufmerksamkeit geschenkt. Ihre Forderungen wurden nicht nur gehört, sondern ihnen wurde auch gebührend Rechnung getragen. Ich finde die Haltung von Abgeordneten ehemaliger Kohäsionsländer in diesem Zusammenhang besonders ärgerlich, denn sie haben bislang unsere Vorschläge brüskiert, um die gegenwärtigen Regelungen beizubehalten, obgleich sie selber in der Vergangenheit von diesen Regelungen profitiert haben. Ich denke da insbesondere an die N+3-Regel für den Kohäsionsfonds und die Regelung, die Mehrwertsteuer für die Nichtsteuerzahler als zuschussfähige Ausgabe einzustufen.
Ich muss leider sagen, dass die meisten Konzessionen, die gegenüber den neuen Mitgliedstaaten gemacht wurden, entweder die Berichterstattung über die gegenwärtige Strukturfondsverordnung oder die Berichterstattung über den Kohäsionsfonds betreffen. In keinem dieser Fälle ist das Parlament zu direkten Änderungen an den Kommissionsvorschlägen befugt. Solche Forderungen wurden jedoch im Fall des Vorschlags zum Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, bei dem wir zu Änderungen befugt waren, rundheraus abgewiesen. Mit anderen Worten, Zugeständnisse an die neuen Mitgliedstaaten wurden nur in Fällen von sehr begrenzter Bedeutung gemacht.
Meiner Ansicht nach wäre eine Entscheidung, die Mehrwertsteuer völlig aus der Liste zuschussfähiger Ausgaben zu streichen, ein grober politischer Fehler, ganz zu schweigen von der unsensiblen Behandlung der neuen Mitgliedstaaten. Er könnte zig Millionen Bürgerinnen und Bürgern in diesen Ländern zu der Frage veranlassen, ob sie wirklich gleich behandelt werden, sofern ihnen der Nutzen aus den vorteilhaften Regelungen verwehrt wird, den die alten Mitgliedstaaten jahrelang genossen haben. Ich möchte daher an den guten Willen und das Verständnis dieses Hohen Hauses appellieren und die Abgeordneten ersuchen, für die Beibehaltung dieser Regelungen für den Zeitraum 2007-2013 zu stimmen.
Stavros Arnaoutakis (PSE). – (EL) Herr Präsident! Auch ich möchte zunächst den Berichterstattern, insbesondere Herrn Hatzidakis, zu der exzellenten Arbeit gratulieren, die sie während des gesamten Prozesses geleistet haben. Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass die Kohäsionspolitik den Motor für die Entwicklung der Europäischen Union darstellt. Die Kohäsionspolitik hat zur Entwicklung und Schaffung von Arbeitsplätzen beigetragen und zu positiven Ergebnissen bezüglich der Konvergenz der Regionen und der Mitgliedstaaten der Europäischen Union geführt. Die Instrumente der Kohäsion, die Strukturfonds, bringen Europa den Bürgern näher, sie fördern das Wachstum und veranschaulichen das Solidaritätsprinzip in der Praxis.
Heute nun muss sich die Kohäsionspolitik bedeutenden Herausforderungen stellen und den gewachsenen Ungleichheiten im Europa der 25 begegnen: die Entwicklung der Städte ist wichtig, doch wir brauchen auch die Entwicklung des ländlichen Raums. Jetzt ist es die Aufgabe der Kohäsionspolitik, Unterstützung beim Erreichen der strategischen Ziele von Lissabon und Göteborg zu leisten. Wir kommen nicht umhin, den Strukturfonds das Minimum an Mitteln zu garantieren, die erforderlich sind, um ihre effektive Funktion zu ermöglichen, das heißt 0,41 % bzw. mindestens 336 Milliarden Euro.
Es gilt also, eine weitere Verzögerung zu verhindern, damit die Strukturpolitiken und die entsprechenden Verordnungen im Jahre 2005 so rasch wie möglich zum Abschluss gebracht werden können.
(Beifall)
László Surján (PPE-DE). – (HU) Nachdem ich unseren Berichterstattern die obligatorischen, aber aufrichtigen Glückwünsche ausgesprochen habe, möchte ich mich ganz speziell auf ein Thema konzentrieren, auf das bereits viele Redner vor mir eingegangen sind: die Frage der Rückerstattung von MwSt.-Zahlungen. In meinem Heimatland vertrete ich die vielleicht ärmste Region. Ich weiß, dass es eine gewisse Logik hat, aus Gemeinschaftsmitteln keine Ausgaben zu unterstützen, die eigentlich Einkünfte der Staatskassen der Mitgliedstaaten darstellen. Dennoch möchte ich die andere Seite der Medaille aufzeigen. Kommunalbehörden in meiner Region, die über die Strukturpolitik der Union ihre Teilnahme an den Entwicklungsmaßnahmen planen, wird – eben aufgrund ihrer Armut – die Chance zur Bewerbung genommen, wenn sie auch noch diese Last tragen müssen. Bitte überlegen Sie genau, wie Sie bei diesen vorgeschlagenen Änderungen entscheiden. Lassen wir die Regelung so, wie sie ist!
Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen: Die EU-Verordnungen ändern sich ständig, und wir, die Vertreter der neuen Mitgliedstaaten, sind der Ansicht, dass sich diese Veränderungen verstärkt zu unserem Nachteil auswirken. Dieser Prozess muss gestoppt werden, denn wenn die Dinge so weiterlaufen, wird die Erweiterung kein Erfolg, sondern ein enormer Ansporn für den Euroskeptizismus und politische Extreme. Liebe Kollegen, bitten handeln Sie verantwortungsvoll und konsequent. Wenn etwas bis jetzt funktioniert hat, dann soll es so bleiben, und versuchen Sie nicht, die allerärmsten Regionen an den Rand zu drängen!
Jamila Madeira (PSE). – (PT) Das zweimalige Nein zur EU-Verfassung, mit dem die jüngsten Abstimmungen endeten, ist eine Botschaft der Bürger, dass Europa ein anderes Sozialmodell bieten muss, eines, das sich deutlich von dem möglicher Vereinigter Staaten von Europa unterscheidet. Die Bürger Europas haben ein klares Wort gesprochen, und was sie wollen, sind mehr Bürgerrechte, mehr soziale Themen und vor allem mehr von einem europäischen Sozialmodell.
Der Europäische Sozialfonds, eines der Gründungsprinzipien Europas, hat seit jeher – parallel zur Kohäsionspolitik – den Zweck, Menschen zu helfen, und ist damit die Politik, mit der sich die Menschen am stärksten identifiziert haben. Meiner Meinung nach darf man nicht zulassen, dass der Sozialfonds wie auch andere Fonds ein Europa der zwei Geschwindigkeiten begünstigt. Sein Ziel ist doch nicht, die Ausgrenzung zu verschärfen oder etwa die Diskriminierung in all ihren verschiedenen Formen in unserer Gesellschaft zu vertiefen. Sein Ziel ist genau das Gegenteil: zuerst die Menschen zu sehen.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, den Menschen zu zeigen, dass wir vorhaben, auch weiterhin in sie zu investieren. Deshalb müssen wir das Sozialmodell auf die Beine stellen und zum Laufen bringen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, dafür Sorge zu tragen, dass Ziele eingehalten werden und dass der statistische Effekt nicht zur Folge hat, dass die Unschuldigen nun den Kopf hinhalten müssen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht vom Ausschussverfahren zu einem Zahlenspiel kommen und dass die kleinsten Regionen nicht allein für den Wandel zahlen. Wir hoffen und erwarten, dass das uns heute vorliegende Paket von Verordnungen trotz all der Mittel, die erst einmal in Bereitschaft gehalten werden sollen, tatsächlich hilft, ein Europa der Regionen zu verwirklichen, bei dem die Menschen an oberster Stelle der Prioritäten stehen. Dieses Anliegen wird unser Motor für Europa sein.
Sérgio Marques (PPE-DE). – (PT) Die Umstände haben es gefügt, dass diese Aussprache über die Zukunft des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts zu einem für das europäische Aufbauwerk besonders entscheidenden Zeitpunkt stattfindet. Wenn wir diese Krise meistern wollen, müssen die europäischen Organe und ganz besonders der Rat eine regionale Entwicklungspolitik konzipieren, die sich durch eine Vision und Solidarität auszeichnet, die wir brauchen, um die gewaltigen Herausforderungen zu bewältigen, vor denen die EU steht.
Damit trägt das Vereinigte Königreich, das jetzt die EU-Präsidentschaft übernommen hat, eine enorme Verantwortung. Ich sehe diese Präsidentschaft mit einer Mischung aus Sorge und Hoffnung. Sorge, weil das Vereinigte Königreich ja bekanntlich eines der sechs Länder ist, die den EU-Haushalt bei 1 % des BIP deckeln wollen, was meines Erachtens einer starken Kohäsionspolitik und den ehrgeizigen Zielen für künftige EU-Maßnahmen, die wir uns setzen wollen, abträglich wäre. Sorge auch wegen der Haltung der britischen Regierung zur Renationalisierung der Aktivitäten im Bereich der europäischen wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion, was, sollte es dazu kommen, auf einen schlimmen Mangel an Solidarität nicht nur mit den neuen Mitgliedstaaten, sondern auch mit einigen Regionen hinauslaufen würde, die nach wie vor darauf angewiesen sind, namentlich Portugal, Spanien und Griechenland.
Doch neben diesen Sorgen hege ich auch große Hoffnung, denn das Vereinigte Königreich ist bekanntlich dafür, der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU Vorrang einzuräumen, ohne die es ja kein starkes Wirtschaftwachstum geben kann, und dafür zu gewährleisten, dass es mindestens dem der USA entspricht. Dies wiederum wird die Schaffung von Arbeitsplätzen ankurbeln. Dieses Ziel werden wir nicht erreichen, wenn wir nicht den Mut haben, die Lissabon-Strategie vollständig umzusetzen. Eine starke, neu belebte europäische Kohäsionspolitik mit ausreichenden finanziellen Mitteln ist einer der entscheidenden Faktoren für das Erreichen der Ziele der Lissabon-Strategie.
Die am stärksten benachteiligten Regionen Europas verfügen über ein gewaltiges Potenzial in punkto Wettbewerbsfähigkeit und Entwicklung, das es zu erschließen gilt. Das sollte doch eines der Hauptziele der europäischen Kohäsionspolitik sein.
Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (PSE).– (PL) Herr Präsident! Vor einem Jahr wurde die Europäische Union um zehn neue und größtenteils arme Mitgliedstaaten erweitert. Obwohl ständig von ausgewogener Entwicklung gesprochen wird, sind solche Aussagen meistens nichts weiter als heiße Luft. In Wirklichkeit wird doch momentan versucht, die Grundsätze, die derzeit für die Anwendung der Hauptinstrumente zur Förderung der regionalen Entwicklung gelten, noch schnell zu ändern. Warum werden den neuen Mitgliedstaaten andere und strengere Bedingungen auferlegt als diejenigen, die die Entwicklung der 15 alten Mitgliedstaaten positiv beeinflusst haben? Die Einstufung der nicht rückzahlbaren Mehrwertsteuer als nicht förderfähige Ausgabe und die Ausweitung der N+2-Regel auf den Kohäsionsfonds stellen eindeutig Hindernisse für die Entwicklung der neuen Mitgliedstaaten dar.
Sind solche Maßnahmen Ausdruck von Solidarität in Europa? Die geltenden Grundsätze sollten jetzt nicht geändert werden, weil sich die armen Länder ansonsten nicht mehr leisten könnten, EU-Fördergelder in Anspruch zu nehmen. Den neuen Mitgliedstaaten müssen die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden, die auch die 15 alten Mitgliedstaaten hatten und die sie hervorragend zu nutzen wussten. Es ist jetzt an der Zeit, die schönen Worte von einem Europa der Chancengleichheit und der ausgewogenen Entwicklung endlich in eine Rechtsvorschrift umzusetzen. Wir sollten die Dinge nicht zum Schlechteren, sondern zum Besseren ändern, und wir sollten in Europa keine Trennlinie ziehen zwischen den Ländern, die gut dastehen, und den Ländern, denen es schlechter geht.
Margie Sudre (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Kommissionsmitglieder, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Erweiterung hat zur Vergrößerung des wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsgefälles zwischen den Regionen der Union geführt. Die Kohäsionspolitik, die unbestreitbar für ganz Europa zusätzlichen Gewinn mit sich bringt, muss mehr denn je Instrument der europäischen Solidarität bleiben und darauf abzielen, die regionalen Ungleichgewichte zu verringern. Ich schließe mich den Berichterstattern an, die jede Änderung der Gestaltung dieser Reform insgesamt, jede Renationalisierung der Regionalpolitik und jede drastische Beschneidung der Gemeinschaftsausgaben ablehnen. Der Vorschlag, gegen Unternehmen finanzielle Sanktionen zu verhängen, die beschließen, ihre Tätigkeit an andere Orte zu verlagern, nachdem sie Finanzmittel aus der Gemeinschaft erhalten haben, ist heute unverzichtbar geworden.
Darüber hinaus danke ich meinen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für regionale Entwicklung für die tatkräftige Hilfe, die sie für den mit 1,1 Mrd. Euro ausgestatteten Sonderfonds für Regionen in äußerster Randlage sowie die Möglichkeit aufgewendet haben, den Interventionsbereich des EFRE einmalig auf die Finanzierung von Betriebskosten in diesen Regionen auszudehnen, um in diesen beiden Fällen die im Zusammenhang mit der äußersten Randlage entstehenden Mehrkosten auszugleichen.
Außerdem fordere ich, dass die in Artikel 299 Absatz 2 des EG-Vertrags enthaltene Bestimmung, wonach Gebiete in äußerster Randlage, vor allem die, deren BIP bereits auf über 75 % des Gemeinschaftsdurchschnitts gestiegen ist, im Hinblick auf den Zugang zu den Strukturfonds besonders berücksichtigt werden, umfassend praktisch umgesetzt wird.
Im Bezug auf den Europäischen Fischereifonds freue ich mich feststellen zu können, dass zwischen den Umweltbelangen und den sozioökonomischen Überlegungen ein echtes Gleichgewicht hergestellt werden konnte. Der Fischereiausschuss hat meinen Vorschlag angenommen, dessen Ziel es ist, aus Mitteln des Europäischen Fischereifonds die Finanzierung von öffentlichen Beihilfen für die Erneuerung und Modernisierung der Flotte in den Regionen in äußerster Randlage zu ermöglichen.
In den meisten abgelegenen Regionen ist der Fischfang eine relativ neue Tätigkeit und die Fischereiressourcen sind noch üppig. Es wäre undenkbar und kontraproduktiv, diese Art der Hilfe zu behindern. Ich bedaure jedoch, dass meine Forderung, weiterhin öffentliche Beihilfen zu dem derzeitigen Beteiligungssatz von 75 % und nicht der vorgeschlagenen 50 % für Veränderungen in den Regionen in äußerster Randlage zu gewähren, nicht aufgegriffen wurde. Möge der Rat den Weg weiterverfolgen, der vom Europäischen Parlament im Hinblick auf diese für so viele europäische Regionen entscheidende und dringliche Reform eröffnet wurde.
Bernadette Bourzai (PSE). – (FR) Sehr geehrter Herr Präsident, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Daseinsberechtigung der Regionalpolitik der Gemeinschaft ergibt sich aus dem Zusammenhalt sowohl zwischen den Mitgliedstaaten als auch zwischen den verschiedenen europäischen Regionen. Die Solidarität sollte uns dazu veranlassen, die Mittel größtenteils in die neuen Mitgliedstaaten zu lenken, wobei allerdings auch nicht vergessen werden darf, dass einige Regionen in den alten Mitgliedstaaten weiterhin die von den Strukturfonds erzeugte Anschubwirkung benötigen, um Strukturmaßnahmen erfolgreich abzuschließen und ihre Entwicklungsfortschritte zu konsolidieren.
Deshalb unterstütze ich den Vorschlag der Kommission, denn er stellt das richtige Gleichgewicht her zwischen der Konzentration von Mitteln auf die ärmsten Regionen – also in die neuen Mitgliedstaaten – und der Berücksichtigung der Problemregionen in den wohlhabenden alten Mitgliedstaaten. Eine Störung dieses Gleichgewichts würde nicht nur den Zusammenhalt Europas gefährden, sondern könnte auch die Abneigung der Bürger gegen das europäische Projekt verstärken, denn die europäische Regionalpolitik ist die in unseren Ländern bekannteste Politik und wird überall am stärksten wahrgenommen.
Daher wünsche ich dem Rat, dass die Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau zügig zum Erfolg führen, sodass die Regionalpolitik mit ausreichenden Mitteln ausgestattet wird und den Regionen, die noch Hilfe benötigen, geholfen werden kann.
Ria Oomen-Ruijten (PPE-DE).–(NL) Herr Präsident! Zusammenhalt ist der Schlüssel zum sozialen Aufbau im Europa der 25, und da wir alle dafür Verantwortung tragen, sollten sich die neuen Mitgliedstaaten und die ärmeren Regionen auf unsere Solidarität verlassen können. Die Strukturfonds müssen auf einen möglichst zügigen und erfolgreichen Wiederaufbau in diesen neuen Mitgliedstaaten ausgerichtet sein. Europa muss sich solidarisch zeigen. Wir dürfen nicht in Eigennutz ersticken, denn damit ist auch den Bürgern in den 15 alten Mitgliedstaaten nicht gedient. Abgesehen von der Hilfe aus den Fonds und den Strukturmitteln sollten wir auch Zugang zu unseren Ländern gewährleisten und sicherstellen, dass keine Region ausgeschlossen wird.
Nunmehr möchte ich mich dem Europäischen Sozialfonds zuwenden. Frau Silva Peneda hat hier ausgezeichnete Arbeit geleistet. Die jetzt vorgeschlagene Reform des ESF ist nicht ohne Bedeutung. Weshalb? Es werden Mittel für die Ziele von Lissabon bereitgestellt, wobei der Schwerpunkt eindeutig auf den neuen Ländern liegt, und das befürworte ich vorbehaltlos. Im Übrigen habe ich mich heute Morgen in den Niederlanden erkundigt, was wir uns vom ESF versprechen. Die Antwort, die ich aus den Niederlanden erhalten habe, dürfte Sie schockieren: Sie haben klar und deutlich gesagt, dass sie nichts wollen. Diese Bemerkung steht in scharfem Gegensatz zu der Meinung von Gemeinden und gesellschaftlichen Organisationen in meinem Land, die gegen die soziale Ausgrenzung jedweden Bürgers angehen. Deshalb ist es nur gerecht, dass der ESF Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten für alle schafft, die sozial ausgegrenzt sind, wo immer die Probleme auch auftreten.
Kurzum, mit den Fonds, insbesondere mit dem ESF, sollten wir keine neuen Mauern errichten. Die Großstadtproblematik tritt überall auf. Wir müssen europaweit lernen und innovativ tätig sein. Dort liegt der Mehrwert, selbst für die 15 alten Mitgliedstaaten. Europa kann nicht nur in Richtlinien, sondern auch in diesem Sinne Impulse geben, denn auch die 15 alten haben noch nicht ausgelernt.
Eluned Morgan (PSE).–(EN) Herr Präsident! Die Strukturfonds sind ein herausragendes Beispiel für die Solidarität in der EU – die Solidarität zwischen den reichsten und den ärmsten Teilen der EU –, und ich freue mich zu sehen, dass die Strukturfonds neu ausgerichtet wurden, um eine Konzentration auf die Ziele von Lissabon zu erreichen. Die strategische Planung wird sich verbessern, und es wird eine größere Vereinfachung geben, genau wie wir es anstreben.
Im Bericht Hatzidakis werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Verwendung der Gelder zu übernehmen, und wir fordern, dass die Finanzminister in den einzelnen Mitgliedstaaten die Abrechnungen jährlich abzeichnen. Wir wollen, dass die Schuldzuweisungen ein Ende haben und die Kommission nicht mehr für Misserfolge in den Mitgliedstaaten verantwortlich gemacht wird. Wir in Wales sind in den Genuss großzügiger Unterstützung durch die EU-Strukturfonds gekommen, und ich möchte gern, dass die Förderung für West Wales and the Valleys fortgesetzt wird. Wenn der Rat mehr Tempo macht, können wir die Haushaltsfrage womöglich noch vor Dezember klären, und vielleicht ergibt es sich ja, dass wir die Höchstförderung erhalten.
Armut ist kein Grund, stolz zu sein, aber in diesem Falle würde sie eine spezifische Chance bieten, unseren ärmsten Gemeinden zu helfen. Ich begrüße es auch, dass jetzt auf die Hilfe bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt Bezug genommen wird.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (PPE-DE).– (PL) Herr Präsident! Ich ergreife in dieser Aussprache zu den Verordnungen des Rates über die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds als Vertreter eines neuen Mitgliedslandes – Polen – das Wort. Daher möchte ich zunächst einmal meine große Freude zum Ausdruck bringen, dass die Arbeit an diesen Verordnungen fortgesetzt wird, obwohl der Rat nicht zu einem Einvernehmen über die neue Finanzielle Vorausschau 2007-2013 gelangen konnte. Die lange Vorbereitungszeit, die dem Inkrafttreten der Verordnungen vorausgeht, ermöglicht es den Mitgliedstaaten und insbesondere den neuen Mitgliedstaaten, die erforderlichen Vorkehrungen im Hinblick auf die öffentlichen Verwaltungsstrukturen, die verschiedenen Arten von Einrichtungen, die Begünstigten der Projekte und die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu treffen.
Angesichts der beschränkten Zeit, die uns zur Verfügung steht, möchte ich nur zwei Punkte hervorheben, die für die neuen Mitgliedstaaten von besonderer Bedeutung sind. Der erste Punkt bezieht sich auf das Problem der Mehrwertsteuer oder, genauer gesagt, das Problem der Einstufung dieser Steuer als förderfähige Projektausgabe. Eine solche Entscheidung wäre für öffentliche Empfänger von Projektfördergeldern, die keine Mehrwertsteuer entrichten, von besonderer Bedeutung. In Polen ist beispielsweise der Großteil der Projekte davon betroffen, und in solchen Fällen würden sich die Projektkosten durch die Mehrwertsteuer um mehr als das Fünffache erhöhen. Dies wiederum würde dazu führen, dass weniger Projekte eingereicht werden und die Empfänger ständig mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben.
In seinem Bericht befürwortet Herr Hatzidakis eine solche steuerliche Regelung für Mittel aus dem Kohäsionsfonds. Einige Abgeordnete schlagen eine ähnliche Lösung für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung vor, weil es keine logischen Gründe gibt, für die einzelnen Fonds verschiedene Regelungen zu verabschieden.
Ein zweiter wichtiger Vorschlag, der von einigen Abgeordneten eingereicht wurde, lautet, dass die N+2-Regel nicht auf Projekte Anwendung finden sollte, die im Rahmen des Kohäsionsfonds durchgeführt werden. Dadurch könnte bei diesem Fonds größere Flexibilität gewährleistet und die Durchführung großer Infrastrukturprojekte, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten, erleichtert werden. Eine solche Regelung würde auch in Einklang mit den Bestimmungen stehen, die zu diesem Thema im Bericht Böge über die neue Finanzielle Vorausschau 2007-2013 enthalten sind.
Abschließend möchte ich meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass die Mehrheit der Abgeordneten in der Schlussabstimmung für diese beiden wichtigen Vorschläge stimmen wird.
Ewa Hedkvist Petersen (PSE). – (SV) Herr Präsident! Europa braucht eine solidarische Regionalpolitik. Innerhalb der EU gibt es große Unterschiede zwischen den Regionen, insbesondere zwischen den neuen und den alten Mitgliedstaaten. Das ist auf einem auf Wohlstand ausgerichteten Kontinent inakzeptabel. Wir können uns jedoch nicht darauf verlassen, dass der Binnenmarkt allein diese Ungleichheiten überbrückt, und brauchen daher die Strukturfonds. Dabei sollten die neuen Regionen einen größeren Anteil an den Strukturfonds erhalten, während die reicheren Länder eine eigene Politik des regionalen Ausgleichs haben müssen. Gleichzeitig müssen die EU-Mitgliedstaaten jedoch auch unterstreichen, dass Wachstum und Forschung Raum für regionale Entwicklung schaffen.
Das Europäische Parlament legt jetzt einen Vorschlag vor, der auch finanziell gesehen sinnvoll ist. Darüber hinaus betonen wir, wie wichtig es ist, der Umweltarbeit innerhalb der Strukturfonds Priorität einzuräumen.
Abschließend möchte ich unterstreichen, dass es nach Ansicht der Kommission und des Europäischen Parlaments Regionen mit dauerhaften geografischen Benachteiligungen gibt, wie dünn besiedelte Regionen und Gebirgsregionen, die ebenfalls einen Ausgleich über die Strukturfonds erhalten müssen, da die geografischen Bedingungen sich mit der Zeit nicht verändern. Ich gehe davon aus, dass der Europäische Rat dies auch in der zukünftigen Finanziellen Vorausschau beachten wird.
Etelka Barsi-Pataky (PPE-DE). – (HU) Dies ist das erste Mal, dass der städtische Nahverkehr in den Verordnungen zum Kohäsionsfonds als zu förderndes Ziel erscheint. Seitens des Ausschusses für Verkehr begrüßen und unterstützen wir dies. Jedoch gilt es, den Vorschlag zu präzisieren. Beim städtischen öffentlichen Schienennahverkehrssystem müssen wir zusätzlich zu den Gleisen auch die Fahrzeuge einbeziehen oder, um den technischen Fachausdruck wie in meinem Änderungsvorschlag zu verwenden, das so genannte rollende Material. Schließlich hätte ohne dies der Riese nur einen Arm. Ebenso müssen die Strecken für den Bustransport, mit anderen Worten die Straßen, die die Hauptlast an Bustransporten zu tragen haben, hier mit eingeschlossen und aufgelistet werden. Was genau sagen wir eigentlich? Wir sagen, dass es entscheidend ist, Streckeninfrastruktur und Fahrzeuge gemeinsam zu entwickeln, um Ergebnisse zu erzielen; die beiden lassen sich nicht voneinander trennen.
Wir sind bestrebt, durch eine möglichst attraktive Gestaltung des öffentlichen Nahverkehrs in unseren Städten die Verkehrsüberlastungen zu reduzieren. Für europäische Städte – die Mittel aus dem Kohäsionsfonds erhalten können – wird der Vorschlag, um dessen Unterstützung ich das Parlament bitte, also eine echte Verbesserung und höhere Standards mit sich bringen. Der Ausschuss für Verkehr schlägt außerdem eine Ausweitung der Ziele des Kohäsionsfonds auf verbindende Abschnitte vor, die Autobahnen entsprechen, und die größere regionale Städte in das transeuropäische Verkehrsnetz einbinden. In einigen Regionen spielen Städte eine ausschlaggebende Rolle und stellen eine wichtige Quelle des Zusammenhalts dar. Angemessene Infrastrukturverbindungen könnten das bestehende wettbewerbliche Potenzial dieser Städte deutlich erhöhen und somit auch die Zusammenarbeit stärken. Ich fordere das Parlament auf, auch diesem Vorschlag mit überwältigender Mehrheit zuzustimmen.
Duarte Freitas (PPE-DE). – (PT) Da ich zum Europäischen Fischereifonds sprechen soll, möchte ich zunächst die Arbeit des Fischereiausschusses zu diesem Entwurf loben. Außerdem möchte ich die Gelegenheit nutzen, um meinem Kollegen David Casa zu seiner guten Arbeit dazu, was als eines der wichtigsten in dieser Wahlperiode zu behandelnden Themen vorgesehen ist, gratulieren. Meiner Meinung nach muss der Europäische Fischereifonds unbedingt zu einem wesentlichen Instrument beim Abgleichen des Ziels der Erhaltung der biologischen Meeresressourcen mit den Fangmöglichkeiten werden. Dazu muss das für diesen Zweck vorgesehen Geld dem tatsächlichen Bedarf des Fischereisektors entsprechen, der in ein erweitertes Europa mit neuen anstehenden Herausforderungen eingebunden ist.
Angesichts dessen, dass die Finanzierungssätze für den Zeitraum 2007-2013 im Wesentlichen denen des noch geltenden Gemeinschaftsrahmens entsprechen und dass Europa von 15 auf 27 Staaten erweitert wurde, halte ich eine generelle Aufstockung der Finanzzuweisung für diese Fonds sowohl für logisch als auch für notwendig. Die Richthöhe der Mittel liegt, wie gerade erwähnt, bei höchstens 0,5 % des Gemeinschaftshaushalts im Jahresdurchschnitt. Ebenso wie der finanzielle Aspekt sollte meiner Ansicht nach auch die von der Kommission vorgeschlagene Interventionsstrategie geändert werden. Damit meine ich beispielsweise die Ziele und allgemeinen Interventionsregeln für den Fonds, die die Kommission für Unternehmen einführen will. Wir werden unsere Unternehmen nicht zur Wettbewerbsfähigkeit und zu Umweltschutztechnologien auffordern können, wenn wir nur Kleinst- und Kleinunternehmen unterstützen.
Nun zum Thema der Modernisierung von Fischereifahrzeugen. Meines Erachtens muss die Kommission ihre Auffassungen zur Erneuerung von Fischereifahrzeugen der Gemeinschaft überdenken. Sie zu verbieten halte ich für falsch, und zwar aus wirtschaftlichen, biologischen, sicherheits- und arbeitstechnischen Erwägungen.
Abschließend möchte ich noch anmahnen, dass die Regionen in äußerster Randlage weiterhin den Schutz der Gemeinsamen Fischereipolitik genießen müssen. Deshalb bin ich der Meinung, dass die derzeit geltenden Ausnahmeregelungen für diese Regionen, die im Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF) verankert sind, im neuen Text des Europäischen Fischereifonds beibehalten werden müssen. Darüber hinaus halte ich auch die Anregung, einige darin enthaltene Maßnahmen zu verstärken, für sehr wichtig.
Rosa Miguélez Ramos (PSE). – (ES) Herr Präsident! Auch ich möchte zunächst den Berichterstatter zu seiner synthetischen Arbeit beglückwünschen, die in den von allen Fraktionen unterstützten Kompromissänderungsanträgen sichtbar geworden ist.
In dem vom Fischereiausschuss angenommenen Text, Herr Kommissar, nehmen Sie bitte bestimmte sehr positive Fragen zur Kenntnis, und zwar sehr genau zur Kenntnis, weil sie die Realität dieses Sektors widerspiegeln – die einige von uns sehr gut kennen, da wir sie Tag für Tag erleben –, zum Beispiel, dass die Mitgliedstaaten während des gesamten Programmplanungszeitraums nationale Pläne vorlegen können oder dass der Artikel über die Chancengleichheit von Männern und Frauen gestärkt und diese Sicht der Gleichstellung der Geschlechter in die Fischereitätigkeiten integriert wird, und dass im Hinblick auf die Aquakultur die Beihilfen auf mittelständische Unternehmen ausgeweitet werden und somit nicht nur Kleinst- und Kleinbetriebe bezuschusst werden und dass die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Sicherheit der Arbeitnehmer des Sektors finanziert werden kann.
Wichtig ist auch der erreichte Konsens zu den Kriterien der Förderfähigkeit, dem niedrigen Beschäftigungsgrad und der im Niedergang begriffenen Fischereitätigkeit, die logischerweise zur Streichung des Hinweises auf Gemeinden mit weniger als 100 000 Einwohnern führen.
Zwei stärker umstrittene Fragen, die Erneuerung und Modernisierung von Schiffen und Motoren und die gemischten Gesellschaften als Alternative zur Verschrottung, wurden aufgrund der guten Verhandlungsbereitschaft positiv gelöst.
Meine Fraktion ist dafür, dass die Flotte den Prozess der Erneuerung und Modernisierung fortsetzen kann, solange dies keine Erhöhung der Fangkapazität bedeutet. Wir sind verpflichtet, die Fischereitätigkeit in der Europäischen Union am Leben und gesund zu halten, indem wir anständige Löhne und Bedingungen für die Arbeitnehmer im Sektor garantieren und die Bestände erhalten, aber wir sind auch verpflichtet, Herr Kommissar, auf See Leben zu retten.
Meine Region, Galicien, kann Ihnen ein Lied davon singen, da sie in den letzten zwei Jahren viele ihrer Fischer durch Konstruktionsfehler, durch konstruktive Probleme der Schiffe auf dem Meer verloren hat. Wir dürfen nicht zulassen, dass dies weiterhin geschieht, und müssen uns weiterhin für die Erneuerung der Flotte einsetzen.
Ivo Belet (PPE-DE).–(NL) Herr Präsident! Gestatten Sie mir in den zwei Minuten, die mir zugewiesen sind, zwei konkrete und kurze Bemerkungen. Zunächst möchte ich auf die Ziel-2-Gebiete eingehen, die nicht links liegen gelassen werden dürfen. Zweifelsohne ist es vernünftig, dass die knappen Mittel konzentriert für die Ziele von Lissabon verwendet werden und die Innovationspolitik dabei Vorrang hat. Selbstverständlich ist das begrüßenswert, doch für die Hilfe für die so genannten „traditionellen“ Projekte, die für die lokale Wirtschaft und Beschäftigung nicht minder wichtig sind, bleibt so kaum oder keinerlei Spielraum. Deshalb dieser Aufruf zu einer wirklich dezentralisierten Politik, denn es sind ausnahmslos die politischen Entscheidungsträger in den Regionen, die wirklich genau wissen, welche Maßnahmen vonnöten sind, um die lokale Wirtschaft vorausschauend anzukurbeln. Auf die regionale Wettbewerbsfähigkeit und die regionale Beschäftigung, denn darum geht es, entfallen derzeit etwa 17 % der Strukturmittel. Mit Sicherheit, Frau Kommissarin, kann es nicht Sinn der Sache sein, und dabei wende ich mich auch an den nicht anwesenden Rat, die Budgets auf diesem Gebiet absolut zu kürzen, einfach deshalb nicht, weil die gegenwärtigen Ziel-2-Gebiete dann plötzlich den Preis für mangelnde europäische Solidarität zahlen müssen.
Zweitens, wie die Herren van Nistelrooij und Berend bereits ausgeführt haben, ist es unbedingt erforderlich, dass die Kofinanzierung aus dem privaten Sektor möglich bleibt. Daher auch unsere eindringliche Bitte, Änderungsantrag 52 im Tenor zu erhalten.
Abschließend möchte ich noch anmerken, dass wir die Änderungsanträge 124 und 126 zur Mehrwertsteuer vorbehaltlos unterstützen. Mehrfach wurde schon darauf hingewiesen, dass es ein schwerer Schlag für unzählige Projekte, beispielsweise im Bereich Bildung, wäre, wenn die Zuschussfähigkeit von nicht rückzahlbaren Mehrwertsteuern gestrichen wird. Ich bin mir sicher, die Frau Kommissarin wird mir zustimmen, dass wir dies um jeden Preis vermeiden sollten.
Paulo Casaca (PSE). – (PT) Ich möchte mich den Glückwünschen an Herrn Casa für seine herausragende Arbeit anschließen. Außerdem möchte ich die Kommission und die heute hier in diesem Hohen Haus anwesenden Kommissionsmitglieder für ihren begrüßenswerten Vorschlag loben. Doch ich muss auch auf die aus meiner Sichten gröbsten Auslassungen in Ihrem Vorschlag hinweisen, nämlich das Netzwerk Natura 2000 und dessen Geltung für die Weltmeere, sowie die Verpflichtungen der Kommission bezüglich des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR-Übereinkommen). Dies sind internationale Verpflichtungen, die zu einer obligatorischen Ausgabe aufseiten der Kommission führen sollten. In vielen Punkten ist der Vorschlag der Kommission gut, doch hier weist er eine Lücke auf. Ich fordere die Kommission und den Rat auf, diese Lücke so bald wie möglich zu schließen und ihre endgültige Entscheidung in dieser Angelegenheit zu treffen.
Thomas Mann (PPE-DE).– Herr Präsident! Der Europäische Sozialfonds ist das wichtigste Instrument zur Umsetzung der europäischen Beschäftigungspolitik. Für die Jahre 2000-2006 wurden 80 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen sowie Bildung und Ausbildung zu fördern. Allein Deutschland erhielt 12 Milliarden Euro. In den Jahren 2007-2013 soll vorrangig die Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer und der Unternehmen sowie die Verlängerung des Berufslebens gefördert werden. In Sachen Finanzen ist nach dem letzten Ratsgipfel zu hoffen, dass von englischer Seite die eine oder andere Initiative kommt.
Ich begrüße, dass die Sozialpartner bei der Gestaltung und Durchführung von Projekten mit einbezogen werden, und dass wir gemeinsam versuchen, den Austausch von best practices zu verbessern. Ich lehne aber Überlegungen der Kommission ab, beiden Bereichen, Konvergenz sowie regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung, ESF-Aktionen zuzuordnen. Dadurch entsteht – wie der Kollege Silva Peneda zu Recht ausgeführt hat – etwas Neues, nämlich ein Europa unterschiedlicher Fördergeschwindigkeiten. Maßnahmen nur zu Gunsten der neuen Mitgliedstaaten und zu Lasten der alten – das kann nicht funktionieren. Da brauchen wir Solidarität. Nicht hinnehmbar ist, dass die Kommission nur dann ESF-Mittel befürwortet, wenn sie aus öffentlichen Kassen mitfinanziert werden. Angesichts der klammen Haushalte müssten zahlreiche Förderprojekte sterben.
Ein dritter Punkt: Mit keinem Wort wird das Thema ESF-Aktivitäten für überbetriebliche Lehrgänge in handwerklichen Berufen erwähnt. In meinem Heimatland, Deutschland, werden sie in den Bildungsstätten der Handwerksorganisationen höchst erfolgreich durchgeführt. Dort wird neues, aktuelles und wichtiges wirtschaftliches Wissen vermittelt. Die EVP-ED-Fraktion fordert deshalb die Fortführung dieser Maßnahmen zu Gunsten der Auszubildenden, auch um die kleinen und mittelständischen Unternehmen finanziell zu fördern. Ich bitte alle, denen es Ernst ist mit Förderung der KMU, die Möglichkeit zu nutzen und diesem Antrag zuzustimmen. Die KMU sind schließlich das Rückgrat der europäischen Wirtschaft.
Richard Seeber (PPE-DE).– Herr Präsident, sehr geehrte Frau Kommissarin! Ich möchte allgemein anmerken, dass die Strukturpolitik wohl jener Politikbereich der Gemeinschaft ist, der von den Menschen in Europa sehr stark wahrgenommen wird, meist sehr positiv, ähnlich wie die Agrarpolitik, zumal es sich um eine Politik für die Stärkung des ländlichen Raums handelt. Wir haben zwar immer noch verschiedene Finanzierungsinstrumente und Finanzierungsregeln. Langfristig muss jedoch unser Anliegen sein, eine für die gesamte EU verbindliche Politik anzustreben. Wir müssen gemeinsam überlegen, wie wir in Zukunft die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fonds und Politikbereichen noch verstärken können, um eine insgesamt kohärente Politik zu erreichen.
Im Speziellen möchte ich Ihr Augenmerk auf folgende Punkte lenken: Zu Ziffer 47 des Berichts Hatzidakis: Das Fördergefälle zwischen Regionen an den neuen Binnengrenzen darf nicht mehr als 20% betragen, um keine Wettbewerbsverzerrungen zu bewirken. Zur Verwaltungsvereinfachung: Insbesondere bei Programmänderungen und bei Programmanpassungen muss die Europäische Kommission eine hohe Flexibilität walten lassen, um den Verwaltungsbehörden beim täglichen Handling der Programme nicht zu große Hindernisse in den Weg zu legen. Die Berggebiete sind besonders zu berücksichtigen, da sie sehr viele Funktionen erfüllen, die für die Gesamtlebensfähigkeit der Union und ihres ländlichen Raumes unerlässlich sind. Meist werden aber diese Zusatzaufgaben nicht oder nur zum Teil erfüllt, so dass die Gemeinschaft im Sinne einer Gesamtstrukturpolitik aufgerufen ist, hier einzuspringen. Zudem sollte auch die Wettbewerbspolitik in Zukunft mit ihren Förderobergrenzen sehr viel stärker als bisher auf die Strukturpolitik abgestimmt werden, um insgesamt eine kohärente Politik zu erzielen.
James Nicholson (PPE-DE).–(EN) Herr Präsident! Ich möchte die Berichterstatter zu ihren Berichten und zu ihrem großen Engagement bei deren Erarbeitung beglückwünschen.
Die künftige Reform der Strukturförderung wird viele Veränderungen für die Regionen in den ursprünglichen 15 Mitgliedstaaten mit sich bringen. Dies ruft in vielen Regionen Besorgnis hervor, so auch in meiner eigenen Region in Nordirland, die jahrelang ausgezeichnete Unterstützung erhalten hat, mit der vieles erreicht wurde.
Meiner Meinung nach liegt das größte Problem für die Europäische Union – die vielleicht über das doppelte Nein in Frankreich und den Niederlanden nachdenken sollte – darin, dass wir versuchen, alle nach dem gleichen Muster zu behandeln, von einem Ende der Union bis zum anderen. So geht das nicht; das schaffen wir nicht; das ist eines der großen Missverständnisse. Zwar haben wir Verständnis für die zahlreichen Bedürfnisse und Erfordernisse in den zehn neuen Mitgliedstaaten, doch ist das kaum ein Trost für diejenigen, die wirklich ins Hintertreffen geraten werden.
In Nordirland, wo ich herkomme, ist die Lage jetzt viel besser als vor zehn Jahren. Sie ist keinesfalls vollkommen, und ich will auch gar nichts anderes behaupten, aber wir haben gewissermaßen einen unvollkommenen Frieden, und das war damals nicht der Fall. Dennoch haben wir in den letzten 30 Jahren unter dem Terrorismus gelitten, Bomben haben unsere Städte und Dörfer zerstört. Viele Menschen kamen ums Leben, doch die Willens- und Widerstandskraft der Bevölkerung ließen uns jene düsteren und schrecklichen Tage überstehen. Aber der Wiederaufbau musste bezahlt werden, und deshalb gab es keine schrittweisen Investitionen in die Infrastruktur und in die Entwicklung von Straßen-, Schienen- und sonstigen Verbindungen zum übrigen Vereinigten Königreich und zu Europa, keine Modernisierung unserer Infrastruktur, sondern das ganze Geld ging in den Wiederaufbau der zerbombten Gebiete.
Wir haben es mit einer schweren Hinterlassenschaft zu tun – Verfall und Niedergang, veraltete Bauten und Kapazitätsüberhänge in unseren Wasser- und Abwasserbetrieben. In der ganzen Zeit haben wir nicht einen Kilometer Autobahn gebaut. Der Westen und der Nordwesten meiner Provinz schreien förmlich nach Infrastrukturentwicklungen, die Verbindungen innerhalb der Provinz schaffen und die Ansiedlung von Industrie in diesen Gebieten fördern. Unser Schienennetz wurde zwar in den letzten Jahren verbessert, doch beim Fahrzeugbestand gibt es Nachholbedarf. Wir sind ins Hintertreffen geraten. Wir werden weitere Unterstützung benötigen.
Herr Kommissar, Sie haben kürzlich Nordirland besucht und sind auch nach Belfast gekommen. Es war nur eine Stippvisite. Ich hoffe, dass wir Sie bald wieder bei uns begrüßen können, damit Sie sich selbst ein Bild machen und uns vielleicht bei der Überwindung einiger unserer Schwierigkeiten helfen können.
Danuta Hübner,Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte gern ein paar Worte sagen und danke Ihnen für diese Gelegenheit.
Ich möchte mich bei Ihnen allen für diese anregende Aussprache bedanken. Ich habe Ihre Argumentation aufmerksam mitverfolgt und bin absolut überzeugt, dass die Kommission im Laufe unseres weiteren Dialogs und unserer Zusammenarbeit in den verschiedenen Phasen des Legislativverfahrens in der Lage sein wird, sich viele Ihrer Anliegen zu eigen zu machen, und dass sich dies vorteilhaft auf unsere Vorschläge auswirken wird. In diesem Zusammenhang ist die Bereitschaft der Präsidentschaft zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit im Interesse baldiger Ergebnisse wirklich erfreulich.
Gestatten Sie mir zwei kurze Anmerkungen zu zwei Fragen, auf die ich bei meinen einleitenden Ausführungen nicht eingegangen bin. Zum Thema Partnerschaft möchte ich sagen, dass die Kommission denen unter Ihnen, die sich für eine verstärkte Partnerschaft bei der Durchführung der Fonds ausgesprochen haben, voll und ganz zustimmt. Es ist ja gerade das Partnerschaftsprinzip, das unserer Politikgestaltung ihr besonderes Gepräge verleiht.
Meine zweite Bemerkung betrifft eine Frage, die mir besonders am Herzen liegt, und zwar die Beteiligung von Privatkapital an der Finanzierung von Kohäsionsprogrammen. Die Kommission würde es ganz gewiss begrüßen, wenn die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Kohäsionspolitik öffentlich-private Partnerschaften nutzen würden, und ich kann Ihnen mitteilen, dass der ursprüngliche Vorschlag abgeändert wurde, um es den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, den Kofinanzierungssatz auf Programmebene und nicht auf Schwerpunktebene festzulegen.
Abschließend möchte ich auf die Dinge verweisen, die das Parlament und die Kommission verbinden, und nicht auf das, was uns trennt. Ich bin sicher, dass die Kommission wie auch das Parlament davon überzeugt sind, dass die Kohäsionspolitik der Union für jede einzelne Region Europas gelten muss, auch wenn sie sich auf die ärmsten von ihnen konzentriert und auf deren Bedürfnisse eingeht. Die Solidarität, die in dieser Politik zum Ausdruck kommt, war in der Vergangenheit ein entscheidender Faktor für die harmonische Entwicklung der Union und sollte dies auch in Zukunft sein. Ich denke, dass das Parlament wie auch die Kommission davon überzeugt sind, dass eine dynamische und ausreichend finanzierte Kohäsionspolitik einen maßgeblichen Beitrag zur Modernisierung der Wirtschaft der Union leisten kann, indem sie ihr hilft, die Lissabonner Ziele zu verwirklichen und sich die Globalisierung der Märkte zunutze zu machen.
Abschließend sei gesagt, dass der Ausbau und die Weiterentwicklung dieser Politik unsere gemeinsame Aufgabe ist und dass die Kommission stets Kraft aus der ideellen und politischen Unterstützung des Parlaments geschöpft hat. Ich werde mich dafür einsetzen, dass der Dialog zwischen unseren Institutionen im formalen Rahmen und auch darüber hinaus weitergeht. Ich bin sicher, dass wir gemeinsam etwas aufbauen können, das für unsere Bürger von dauerhaftem Nutzen ist und ihnen bei der Verbesserung der Qualität des täglichen Lebens helfen wird.
Vladimír Špidla,Mitglied der Kommission. (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe Ihren Bemerkungen und Kommentaren sehr aufmerksam zugehört und möchte dem Hohen Haus noch einmal für diese wertvollen Beiträge danken. Ich freue mich, dass Kommission und Parlament in den Grundfragen Einigkeit erzielt haben, und wir stehen fest hinter den Bemühungen dieses Hauses sicherzustellen, dass die Gleichheit von Mann und Frau und Chancengleichheit im Allgemeinen in jedem Bereich des Europäischen Sozialfonds beachtet werden.
Die Kohäsionspolitik muss zur Ausmerzung aller Formen von Diskriminierung beitragen. In dieser Hinsicht möchte ich das Hohe Haus daran erinnern, dass die Strukturfonds bereits eine entscheidende Rolle bei der Förderung der sozialen Integration der Roma und anderer benachteiligter Gruppen spielen und eine noch wichtigere Rolle in der Zukunft spielen werden. Die Kohäsionspolitik muss auch mittels unserer Zielsetzungen bei der Bekämpfung der Ausgrenzung die soziale Integration fördern. Das Parlament hat das bekräftigt, und das findet in jedem Fall die Unterstützung seitens der Kommission.
Ich kann Ihnen mitteilen, dass die Kommission insgesamt 68 Änderungsanträge akzeptiert. Damit verbleiben 31 Änderungsanträge, die sie nicht akzeptieren kann. Die Gründe dafür sind folgende: Erstens misst die Kommission der möglichen künftigen Rolle der Sozialpartner bei der Umsetzung des Europäischen Sozialfonds große Bedeutung bei. Deshalb haben wir die Änderungsanträge 6, 46 und 54 akzeptiert, und weil das so ist, können wir keine Änderungsanträge annehmen, die ihnen widersprechen.
Unsere Vorbehalte gegenüber bestimmten anderen Änderungsanträgen entspringen einer Reihe von Überlegungen. Einige sind horizontale Bestimmungen, die unter andere Verordnungen fallen, während sich andere wiederum mit anderen Bestimmungen entweder des Verordnungsentwurfs oder aber der gegenwärtigen Verordnung überschneiden. Wieder andere sind nicht handhabbar oder fallen nicht in den Bereich des Europäischen Sozialfonds. Schließlich verstoßen einige Anträge gegen die Grundsätze gesunden und effizienten Finanzmanagements.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich freue mich, dass die Zusammenarbeit zwischen Kommission und Parlament so fruchtbar war. Das beabsichtigte Resultat dieser Zusammenarbeit bildet eine Gewähr dafür, dass der Europäische Sozialfonds auch in Zukunft wirksam funktioniert, indem wir an den Wachstums- und Beschäftigungszielen der revidierten Lissabon-Strategie festhalten.
Die dem Europäischen Sozialfonds im Zeitraum 2007-2013 zugrunde liegenden Prinzipien werden Kohäsion, Konsolidierung und Vereinfachung sein, und diese werden auch von einer Partnerschaft untermauert, die alle wichtigen Beteiligten einbezieht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass eine so gesehene Strategie ein wirksames Mittel in unseren Bemühungen um die Stärkung der Beschäftigung in Europa, die Förderung des sozialen Zusammenhalts und der Chancengleichheit sowie die Ausmerzung aller Formen von Diskriminierung und Benachteiligung sein wird.
Joe Borg,Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Da mir nur begrenzte Zeit zur Verfügung steht, kann ich mich nur ganz allgemein zum Tenor der eingebrachten Änderungsanträge äußern.
Die Kommission kann einer Reihe von Änderungsanträgen zustimmen, in denen sich auch die im Rat erzielten Fortschritte widerspiegeln. Dazu gehört die Förderfähigkeit des Ersatzes von Motoren für kleine Fischereifahrzeuge unter ganz bestimmten Voraussetzungen, die gewährleisten sollen, dass es nicht zu einer Steigerung der Fangkapazität kommt.
Was die Förderung für junge Fischer anbelangt, die in der kleinen Fischerei tätig sind und ein gebrauchtes Fischereifahrzeug kaufen möchten, so beschränken sich die vom Rat erörterten Vorschläge auf die Förderung des Erwerbs von Schiffen unter zwölf Metern, bei denen keine Zug- und Schleppgeräte eingesetzt werden. Ihr Antrag auf die Ausweitung dieser Möglichkeit auf alle Fischereifahrzeuge erfordert eine weitere Prüfung.
Neu im Spektrum der sozioökonomischen Maßnahmen sind die Ausbildung und die bei endgültiger Einstellung der Tätigkeit gewährte Entschädigung für Fischer, die an Bord von Fischereifahrzeugen gearbeitet haben.
Die Anforderung, dass die Beihilfe für die vorübergehende Einstellung der Tätigkeit mit einer Verringerung der Fangkapazität einhergehen muss, wird zurückgenommen und an ihre Stelle treten erneut die geltenden FIAF-Bestimmungen, in denen die Schwellenwerte für den Gemeinschaftsbeitrag zu allen Arten von vorübergehender Einstellung festgelegt sind.
Wir haben im Rat erklärt, dass die vom EFF finanzierten Pläne, die nach der Annahme von Notfallmaßnahmen vorgelegt werden, auch Echtzeitschließungen bei hoher Jungfischkonzentration oder zu Fortpflanzungszeiten beinhalten könnten.
Es wird vorgeschlagen, die EFF-Förderung auf mittelständische Unternehmen in den Bereichen Aquakultur, Verarbeitung und Vermarktung auszudehnen, wobei der Schwerpunkt weiterhin auf den Klein- und Kleinstunternehmen liegen soll.
Die Aquakultur wird stärker ins Blickfeld gerückt. Mehr noch, wir haben die Aquakultur in die Definition des Fischereisektors aufgenommen und die Förderung der Aquakultur wird ausdrücklich als eine der Zielsetzungen und Aufgaben des EFF genannt.
Die Binnenfischerei – mit Ausnahme des Schiffbaus – sowie die Gründung und Umstrukturierung von Erzeugerorganisationen sind erneut förderfähig.
Es bestehen neue Fördermöglichkeiten für die Sanierung und den Schutz der Umwelt in Natura-2000-Gebieten, die von Fischereitätigkeiten betroffen sind.
Zusätzlich zu anderen Bestimmungen im Bereich der Chancengleichheit haben wir Beihilfen für Maßnahmen von allgemeinem Interesse aufgenommen, deren Ziel die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch zwischen Organisationen ist, die die Chancengleichheit von Männern und Frauen fördern.
Die folgenden in Ihrem Bericht enthaltenen Vorschläge kann die Kommission nicht akzeptieren:
Bau oder Ersatz von Fischereifahrzeugen, selbst wenn dies nicht mit einer Kapazitätserhöhung einhergeht. Die Kommission kann keinem Vorschlag zustimmen, der gegen unsere Politik der Bestandserhaltung gerichtet ist. Eine derartige Förderung würde zur Beibehaltung der Überkapazität der Fangflotten beitragen. Die Kommission ist nicht bereit, von diesem Standpunkt abzuweichen, der für uns nach wie vor ein Eckpfeiler einer nachhaltigen Fischerei ist.
Dasselbe gilt für Beihilfen zur Gründung von Joint Ventures. Solche Beihilfen nutzen in erster Linie den privaten Reedern und laufen den Verpflichtungen zuwider, die wir gegenüber internationalen Organisationen abgegeben haben. Allerdings besteht Übereinstimmung dahingehend, dass Machbarkeitsstudien über solche gemischten Gesellschaften gefördert werden könnten.
Im Hinblick auf den Ersatz von Motoren für alle Arten von Fischereifahrzeugen möchte ich wiederholen, dass die Kommission während der Beratungen im Rat einen Kompromiss dahingehend einging, dass der Ersatz von Motoren für kleine Fischereifahrzeuge subventionierbar ist. Ich habe Ihren Ausführungen zu einer Ausweitung der Förderung über die von der Kommission bereits akzeptierten Parameter hinaus aufmerksam zugehört. Hier besteht eindeutig weiterer Evaluierungsbedarf.
Meiner Meinung nach muss die Existenzgründung junger Fischzüchter nicht auf dieselbe Weise gefördert werden wie die junger Fischer, da in der Aquakultur nicht dieselben Nachwuchsprobleme bestehen wie im Fangsektor. Ich bin bereit, mich näher damit zu befassen.
Wir haben die Wiederaufnahme der Förderung für die Binnenfischerei vorgeschlagen. Die Kommission kann jedoch nicht dem Antrag auf Subventionierung des Baus von Binnenfischereifahrzeugen zustimmen, denn Vorsorge ist auch in der Binnenfischerei notwendig, da sich bestimmte Bestände Berichten zufolge in einem schlechten Zustand befinden und da sich die wissenschaftlichen Kenntnisse auf diesem Gebiet in Grenzen halten. Dennoch haben wir vor, die Fischereifahrzeuge gleich zu behandeln, egal ob sie in der Binnenfischerei oder in der Seefischerei eingesetzt werden.
Sorgfältig geprüft haben wir schließlich auch Ihre Änderungsanträge zu den „horizontalen Fragen“ im Hinblick auf die Verwaltungs-, Begleitungs- und Kontrollsysteme. Wie Sie sicherlich wissen, lehnen sich diese Bestimmungen sehr stark an die Vorschläge für eine Strukturfondsverordnung an. Im Interesse der Kohärenz zwischen den Gemeinschaftsinstrumenten werden wir abwarten, bis die Verhandlungen zu diesen Vorschlägen ausreichend vorangekommen sind.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.
(Die Sitzung wird um 19.15 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)
Die Kommission ist in der Lage, die folgenden Änderungsanträge zu akzeptieren: 4, 8 (zweiter Teil, ab „sowie die Schaffung …“), 10, 12, 13, 27 (erster Teil bis „Kluft zwischen den Regionen“), 60, 65, 73, 74, 80 (erster Teil: „Entwicklung der … Projektentwicklung“), 102 (Artikel 14 Absatz 1 Unterabsatz 2 „funktional“) und 108.
Unter der Voraussetzung, dass sie eine andere Fassung erhalten, kann die Kommission die folgenden Änderungsanträge annehmen:
Die Kommission kann Änderungsanträge 32 und 117 vorbehaltlich ihrer Neuformulierung akzueptieren. Was den ersten Teil betrifft, „Bewirtschaftung … Wasserversorgung“, so ist die Kommission bereit, Investitionen im Zusammenhang mit der Wasserversorgung und der Wasserbewirtschaftung und -qualität anzunehmen, ohne dass die Betriebskosten und die Löhne bei der Wasserbewirtschaftung finanziert werden. Hinsichtlich des letzten Teils „Förderung…Natura 2000“ kann die Kommission die Finanzierung von Investitionen für Natura 2000 akzeptieren, nicht aber die Finanzierung von Betriebs- und betriebsbedingten Kosten.
Die Kommission akzeptiert Änderungsantrag 68 unter der Bedingung, dass er neu lautet: „Förderung der städtischen und ländlichen Entwicklung und Verhältnisse“.
- Was den Vorschlag der Kommission zur Schaffung eines Europäischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit betrifft, so freut es mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Kommission mit der Mehrzahl der Änderungsanträge des Parlaments einverstanden ist.
- Die Kommission akzeptiert uneingeschränkt die folgenden 17 Änderungsanträge: 1 - 7, 12, 14 - 16, 23, 25 - 27, 32 und 35.
- Weitere 17 Änderungsanträge sind grundsätzlich/im Wesentlichen annehmbar, ihr Wortlaut muss jedoch geändert werden (Änderungsanträge Nr. 8, 9, 13, 17, 20 - 22, 24, 28 - 31, 33, 34, 38, 39 und 41).
- Eine Gruppe von zwei Änderungsanträgen kann nur partiell angenommen werden (Änderungsanträge Nr. 36 und 37).
- Schließlich gibt es noch eine kleine Gruppe von sechs Änderungsanträgen, denen die Kommission ihre Zustimmung verweigert (Änderungsanträge Nr. 10, 18, 40 und 42 - 44). Die drei letztgenannten Änderungsanträge wurden in der Plenarsitzung vorgelegt, doch deckt sich ihr Inhalt mit den zuvor bereits angenommenen Änderungsanträgen.
- Zwei Änderungsanträge (11 und 19) betreffen nur einen Fehler in einer der Sprachversionen.
VORSITZ: Janusz ONYSZKIEWICZ Vizepräsident
27. Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen: siehe Protokoll
28. Frauen in der Türkei
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt der Bericht von Frau Bozkurt im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über die Rolle der Frauen in der Türkei im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben (2004/2215(INI)) (A6-0175/2005).
Emine Bozkurt (PSE),Berichterstatterin. – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der ländlichen Türkei sollte eine Frau gegen ihren Willen verheiratet werden. Von Frauenrechtsorganisationen erfuhr sie jedoch, nach der neuen türkischen Gesetzgebung könne sie das Gericht anrufen und ihre Ehe für ungültig erklären lassen. Als sie ihren Eltern erzählte, sie beabsichtige genau das zu tun, erkannten sie, dass es überhaupt keinen Sinn hat, sie zu verheiraten, und die Hochzeit wurde abgesagt. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie die Türkei derzeit die Lage der Frauen verbessert.
Im Bericht über die Rolle der Frauen in der Türkei im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben hat der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter den neuen türkischen Rechtsvorschriften Anerkennung gezollt. Im Bereich der Frauenrechte hat sich in der Türkei in Bezug auf die neue Verfassung, das Arbeitsrecht und das neue Strafrecht eine Menge zum Besseren gewendet. Nunmehr gilt es, das, was auf dem Papier steht, in die Praxis umzusetzen. Obgleich die Türkei bereits damit begonnen hat, muss sie unermüdlich weitermachen. Die Achtung der Rechte der Frau ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der EU. In dem Bericht wird die Europäische Kommission aufgefordert, die Frage der Rechte der Frau an vorderer Stelle auf die Tagesordnung für die Verhandlungen mit der Türkei zu setzen.
Gestern hat Kommissar Rehn dem Parlament erläutert, wie die Verhandlungen mit der Türkei ausgestaltet werden. Es stimmt mich froh, dass er hinzufügte, die Rechte der Frau würden zu den wichtigsten Prioritäten zählen und im jährlichen Bericht über die Fortschritte der Türkei eine Rolle spielen. Außerdem hat die türkische Regierung zu verstehen gegeben, sie werde den Bericht sehr ernst nehmen. Als Reaktion auf frühere Diskussionen über diesen Bericht in der Türkei hat sie beispielsweise schon jetzt die Einrichtung eines Ausschusses für die Rechte der Frau im türkischen Parlament beschlossen und hat bereits den Bau weiterer Häuser für Frauen zugesagt, die Opfer von Gewalt geworden sind.
Eine große Mehrheit der türkischen Frauenrechtsorganisationen steht hinter dem Ergebnis meines Berichts. Im Europäischen Parlament fand der Bericht während der Abstimmung im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter ebenfalls breite Unterstützung. Allen, die an diesem Bericht mitgewirkt haben, bin ich zu Dank verpflichtet. Mein besonderer Dank gilt der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten für die exzellente Zusammenarbeit im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter.
Selbstverständlich bedeutet die breite Unterstützung für den Bericht nicht, dass wir uns in allem einig sind. Ich möchte einige Dinge herausgreifen, die möglicherweise für die morgige Abstimmung von Bedeutung sind. In der Türkei ist die politische Mitwirkung der Frauen äußerst gering. Als mögliche Lösung wird im Bericht ein Quotensystem angeregt, das dazu beitragen kann, die Beteiligung der Frauen an der Politik kurzfristig zu verbessern. Die Quoten werden als mögliche Problemlösung vorgeschlagen und nicht zur Bedingung gemacht, denn die Europäische Union kann von der Türkei natürlich nichts fordern, was in den eigenen Mitgliedstaaten noch nicht allgemein anerkannt ist.
Gemeinsam mit den Frauenorganisationen in der Türkei bitte ich Sie in diesem Punkt um Ihren Beistand. Die Liberalen haben dazu einen Änderungsantrag eingebracht, mit dem ich mich identifizieren kann, sofern die türkische Regierung über ihre Verantwortung zur Rechenschaft gezogen wird. Ich darf Sie um Unterstützung für meinen mündlichen Änderungsantrag bitten, den ich dem Plenum übermorgen vorstellen werde und dem die Liberalen nach eigenem Bekunden zustimmen können.
Dann wäre da noch das Kopftuchproblem. In der Türkei ist es infolge der strengen Trennung von Kirche und Staat verboten, an Universitäten und in öffentlichen Funktionen religiöse Kleidung zu tragen. Wenn sich die Frauen weigern, das Kopftuch abzulegen, können sie keine Universität besuchen und nicht im öffentlichen Dienst arbeiten. In meinem Bericht bekräftige ich den Appell aus dem Bericht Eurlings an die türkische Regierung zu gewährleisten, dass alle Mädchen und Frauen unabhängig von ihrem Hintergrund in den Genuss ihres Rechts auf Bildung kommen. Ich befürworte den Änderungsantrag von Herrn Szymánski von der Fraktion Union für das Europa der Nationen, in dem unmittelbar zur Aufhebung des Kopftuchverbots aufgerufen wird. Und zwar nicht deshalb, weil ich mir der negativen Folgen dieses Verbots nicht bewusst bin, sondern weil Europa selbst keine einheitliche Politik gegenüber dem Tragen von Kopftüchern verfolgt. Wir können der Türkei schwerlich etwas auftragen, über das wir uns selbst noch nicht im Klaren sind. Zudem hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kürzlich entschieden, dass die Türkei mit diesem Verbot die Rechte der Frau nicht verletze. Jedes Land darf hinsichtlich religiöser Symbole eine eigenständige Politik verfolgen. Die Türkei sollte also selbst eine vernünftige Lösung für die Kopftuchproblematik finden. Ich möchte gern bei der Suche nach dieser Lösung helfen, vorausgesetzt, das Problem kann beispielsweise zunächst ausgiebig im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU-Türkei erörtert werden. Sowohl in der Türkei als auch in Europa muss dieses Thema diskutiert werden. Selbstverständlich können wir als Parlament dieses Problem nicht selbst aus der Welt schaffen, einen Diskussionsbeitrag können wir jedoch durchaus liefern.
Zum Schluss möchte ich an alle appellieren, für diesen Bericht zu stimmen – verständlicherweise, denn er stammt aus meiner Feder. Allerdings habe ich mich bei diesem Bericht besonders um eine konstruktive Zusammenarbeit mit anderen Parteien bemüht, weil die Türkei unbedingt erkennen muss, dass der Aufruf, mit aller Kraft für die Rechte der Frau einzutreten, vom gesamten Europäischen Parlament ausgeht. Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Unterstützung und für Ihre Aufmerksamkeit und sehe Ihren Beiträgen während dieser Aussprache mit Interesse entgegen.
Olli Rehn,Kommission. (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich war bereits vor zweieinhalb Stunden einmal hier, und es ist ärgerlich, dass es wieder einmal zu einer ziemlich unzumutbaren Verzögerung gekommen ist, bevor wir mit dieser Aussprache beginnen können, zumal es sich hier um eine solch wichtige Angelegenheit handelt. Ich muss sagen, dass es kein Wunder ist, dass die europäische Wettbewerbsfähigkeit auf einem solch wackligen Fundament steht, wenn sich Menschen nicht an eine so einfache Regel wie einen Zeitplan halten können. Ich hoffe, dass sich das Präsidiummit dieser Sache befassen und hier für die Zukunft etwas unternehmen wird.
(EN) Ich begrüße diese Gelegenheit zu einer Diskussion über die Rechte der Frau in der Türkei auf der Grundlage des ausgezeichneten Berichts von Frau Bozkurt, die zu einem für die Beziehungen EU-Türkei besonders wichtigen Zeitpunkt stattfindet.
Vergangene Woche legte die Kommission den Mitgliedstaaten den Verhandlungsrahmen für die Türkei vor, und es ist die strengste Rahmenvorgabe, die sie je präsentiert hat. Danach erwartet die Union von der Türkei, dass sie den Reformprozess fortsetzt und seine entschlossene Umsetzung sicherstellt, um die uneingeschränkte Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in allen Lebensbereichen und allen Teilen des Landes zu gewährleisten.
Ich habe gesagt, dass bei den Verhandlungen mit der Türkei der Weg mindestens ebenso wichtig ist wie das Ziel, aber um einen sinnvollen Weg zu gehen, braucht man ein Ziel, und es ist ja gerade die Aussicht auf den EU-Beitritt, die der Türkei ein solches Ziel gibt und für die Europäische Union ein seriöses Druckmittel zur Einflussnahme auf solche Fragen wie die Rechte der Frauen in der Türkei darstellt.
Seien wir einmal ehrlich. Keine andere Perspektive wäre für die Türkei ein ebensolcher Anreiz zur Übernahme und Umsetzung europäischer Werte in Bezug auf die Geschlechtergleichstellung, wie es die Aussicht auf Mitgliedschaft in der Union ist. Darin liegt das Erfolgsgeheimnis unserer Erweiterungspolitik, und dieses Geheimnis wollen wir nicht vergessen.
Ich möchte die Berichterstatterin zu ihrem Bericht beglückwünschen. Es handelt sich um einen gut recherchierten und umfassenden Bericht, der auf viele der Probleme eingeht, die die Kommission in ihren regelmäßigen Berichten angeführt hat. Die in diesem Bericht gegebenen Empfehlungen sollten von allen Beteiligten befürwortet werden. Besonders begrüße ich die im Bericht enthaltenen Forderungen nach einer stärkeren Eingliederung der Frauen in das Berufsleben, nach einer verstärkten Mitwirkung der Frauen an Entscheidungsprozessen, nach der Bekämpfung der häuslichen Gewalt gegen Frauen und insbesondere nach mehr Frauenhäusern für die Gewaltopfer.
Wie die Berichterstatterin zolle auch ich der türkischen Regierung Anerkennung für ihre Bemühungen um Verfassungs- und Legislativreformen, zum Beispiel das Strafgesetzbuch, das sich der Situation der Frauen annimmt und die Gleichstellung der Geschlechter fördert. Das neue Strafgesetzbuch wurde in mehrerer Hinsicht kritisiert, doch insgesamt stellt es eine eindeutig positive Entwicklung dar, die das Strafrechtssystem modernisiert, da es viele Verbesserungen für Frauen enthält.
Ich möchte einige ganz konkrete Beispiele nennen. Das Strafgesetzbuch stellt die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe, schafft die Diskriminierung von nicht jungfräulichen und unverheirateten Frauen ab, stellt die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz unter Strafe, schafft das patriarchalische Konzept des Familienoberhaupts ab und begründet gleiche Rechte für außerehelich geborene Kinder. All das ist im neuen Strafgesetzbuch enthalten. Jetzt heißt es: umsetzen, umsetzen, umsetzen.
Abschließend möchte ich unterstreichen, dass die Rechte der Frau für die Kommission auch weiterhin ein Schwerpunktthema bei den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sein werden und dass wir die Lage der Frauenrechte in unserem nächsten regelmäßigen Bericht, den die Kommission am 9. November dieses Jahres verabschiedet, eingehend untersuchen werden.
Doris Pack, im Namen der PPE-DE-Fraktion.– Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In einer wichtigen deutschen Monatszeitschrift habe ich in der vergangenen Woche einen wunderschönen Bericht über drei türkische business women gelesen. Wenn man dann den heutigen Bericht liest, kann man sehen, wie groß das Gefälle in der Türkei ist.
Unser Hauptanliegen ist es, den Menschenrechten, d. h. hier explizit den Frauenrechten, zum Durchbruch zu verhelfen. Gewalt gegen Frauen, auch die häusliche Gewalt, die so genannten Ehrenmorde, die Zwangsverheiratung, die hohe Rate von Analphabetinnen, all das ist alarmierend. Viele Hunderttausend Mädchen dürfen gar nicht zur Schule gehen aus Gründen der Rückständigkeit ihrer Eltern oder wegen nicht vorhandener Infrastruktur. All dies trifft insbesondere gerade auch die kurdischen Frauen. Gesetze sind verabschiedet – der Kommissar hat es gerade gesagt –, aber auf ihre Umsetzung müssen wir warten. Ich hoffe sehr, dass die Kommission darauf pocht.
Aber Ehrenmorde und Zwangsverheiratung sind auch und gerade ein Problem, das zu uns immigrierte Türkinnen betrifft und damit auch unsere eigene Gesellschaft. Die Unterrepräsentanz von Türkinnen in Parlamenten sollte ebenfalls mit entsprechenden Mitteln durch die Parteien geändert werden. Der Türkei aber die Quoten und ein Reißverschlusssystem aufzuzwingen, ist, gelinde gesagt, Humbug. Das müsste man zunächst einmal in unseren eigenen Ländern versuchen.
Ich hoffe, dass die Frauenverbände in der Türkei mit der Entschließung, die wir gemeinsam verabschieden werden, ein Hilfsmittel in die Hand bekommen, um mit ihren politischen Vertretern dort Tacheles zu reden. Die Änderungen sind notwendig, weil diese Rechtsverletzungen Menschenrechtsverletzungen sind, deren Unterbindung unabhängig von einer angestrebten Mitgliedschaft in der Europäischen Union selbstverständlich sein müsste. Ich hoffe, dass dies allmählich auch den Politikern in der Türkei einleuchtet.
Lissy Gröner, im Namen der PSE-Fraktion.– Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Für die Sozialdemokratische Fraktion möchte ich der Berichterstatterin gratulieren. Der Bericht ist ein sehr fundierter Bericht. Er kommt zur richtigen Zeit, und wir haben unzählige Gespräche geführt, sowohl mit dem Frauenausschuss in der Türkei als auch hier im Europäischen Parlament. Wir haben mit den NGO gesprochen, wir haben mit der politischen Klasse und mit den Sozialpartnern gesprochen. Das Ergebnis war eine breite Debatte im Frauenausschuss und ein Bericht, der von fast allen Fraktionen mitgetragen wurde.
Der Bericht sagt sehr klar, dass es in der Türkei viel Bewegung gab, um dem acquis der Europäischen Union zu entsprechen. Am 1. Juni ist das neue Strafgesetz in Kraft getreten. Das muss natürlich umgesetzt werden, und der Druck muss aufrechterhalten werden. Aber die Türkei muss auch etwas Zeit bekommen, das zu tun. Vergewaltigung in der Ehe ist ab jetzt strafbar, und wir haben die Verbrechen im Namen der Ehre als das gebrandmarkt was sie sind, nämlich sehr unehrenhafte und strafbare Handlungen.
Jetzt ist es an der Türkei, den nächsten Schritt zu tun und Frauen in politische Ämter einzusetzen. Eine Quote von 4 % Frauen im türkischen Parlament ist untragbar, eine Quote von 1 % in den kommunalen Parlamenten ist verschwindend gering. Da brauchen die Frauen unsere Hilfe und der eindringliche Appell der Frauenorganisationen zielt darauf ab, hier im Parlament klare Worte zu finden und zu sagen: Bitte unterstützt uns mit Quoten, unterstützt uns auch mit Best-Practice-Methoden, aber schreibt es in die Entschließung! Und ich denke, das sollten wir tun. Wir sollten auch die Gewalt an Frauen immer wieder anprangern und auf die Tagesordnung setzen. Am 3. Oktober sollen die Verhandlungen beginnen, und dieser Bericht ist ein wichtiger Baustein dazu.
Anneli Jäätteenmäki,im Namen der ALDE-Fraktion. – (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind schnell dabei, Ländern außerhalb der Union Ratschläge in Angelegenheiten zu erteilen, in denen wir möglicherweise selbst noch viel zu tun haben. Der vorliegende Bericht zu den Rechten der Frau in der Türkei weist darauf hin, dass der Anteil von Frauen im türkischen Parlament nur 4,4 % beträgt. Dieses Problem muss angesprochen werden, mit dem Ziel, hier eine Änderung zum Besseren herbeizuführen. Allerdings können wir nicht vorschlagen, zur Verbesserung der Beteiligung von Frauen in der türkischen Politik ein festes Quotensystem einzuführen, wenn wir nicht gleichzeitig unsere eigenen Mitgliedstaaten auffordern, ihre Gesetzgebung auf genau die gleiche Art und Weise zu ändern. Wir können von der Türkei nicht mehr verlangen, als was wir selbst zu tun bereit sind. Aus diesem Grunde hat die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa Änderungsantrag 3 eingebracht.
Ich möchte mich an unsere türkischen Kollegen wenden und sie auffordern: Ermutigen Sie Frauen, sich stärker in der Politik zu engagieren; seien Sie mutiger als die Führer vieler der gegenwärtigen Mitgliedstaaten der Union! Der Frauenanteil im nationalen Parlament Frankreichs beispielsweise liegt bei ungefähr 12 %, und in Italien ist er noch geringer. Ich habe noch von keinem der führenden Politiker dieser Länder oder der Europäischen Union gehört, dass sie ob dieser Situation und der geringen Beteiligung von Frauen in diesen Ländern besorgt seien. Hier hätten wir genug zu tun. Wir sollten nicht unsere eigenen Probleme verstecken und mit dem Finger gerade auf die Türkei zeigen, sondern das Problem der geringen Anzahl von Frauen im politischen Leben sowohl in der Türkei als auch in der EU sowie, in der Tat, auch bei den Auswahlverfahren in der Union selbst ansprechen.
Abschließend möchte ich dem Berichterstatter danken, der eine ausgezeichnete Arbeit geleistet hat. Gleichzeitig sei auch Herrn Kommissar Rehn gedankt, der, was ihn ehrt, die Frage der Rechte von Frauen in diesen Beitrittsverhandlungen aufgeworfen hat.
Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.– Herr Präsident! Auch im Namen der Verts/ALE-Fraktion möchte ich der Berichterstatterin für diesen Bericht herzlich danken. Ich hoffe, dass morgen nicht nur seitens des Parlaments ein klares Signal gegeben wird. Ich wünsche mir, dass auch die Kommission die Gleichstellungspolitik stärker in den Mittelpunkt rückt. Ich finde, dass diese in der Vergangenheit leider nur ein Schattendasein geführt hat.
Wir müssen eindeutig klarstellen, dass wir uns nicht mit Fortschritten auf dem Papier zufrieden geben, sondern eine konkrete Umsetzung der Frauenrechte in der Praxis fordern.
Ich freue mich, dass wir die Quote vorgeschrieben haben. Mehr noch: Wir sollten uns in der Tat überlegen, das auch für die Europäische Union zu fordern. Wenn wir nur 4% Frauenanteil im nationalen Parlament und 1% auf lokaler Ebene haben, dann ist dies wirklich ein politischer Offenbarungseid, ein Armutszeugnis. Dem muss dringend gegengesteuert werden, und mit etwas anderem als Quoten kann man das nicht erreichen.
Wir haben uns als Parlament bereits in der Entschließung vom 8. März ganz klar gegen die Zwangsehe ausgesprochen. Daher bitte ich nochmals um Unterstützung für unseren Antrag einer unmittelbaren Registrierung von Neugeborenen, um damit zu unterbinden, dass minderjährige Mädchen für volljährig erklärt werden und somit die Zwangsverheiratung de facto legitimiert wird.
Feleknas Uca, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.– Herr Präsident! Wir als die GUE/NGL-Fraktion unterstützen den Bericht von Frau Bozkurt und werden ihn auch morgen bei der Abstimmung unterstützen. Der Bericht stellt klar, dass trotz der Verbesserung der Situation der Frau in der Türkei, wie sie unter anderem in der Gesetzgebung zu den so genannten Ehrenmorden und zur Vergewaltigung in der Ehe deutlich wird, im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Bereich doch noch viel getan werden muss. Uns, der GUE/NGL-Fraktion, ist es wichtig, dass eine politische Lösung für den Südosten der Türkei gefunden und die Benachteiligung in den kurdischen Gebieten beendet wird. Es ist uns ein Anliegen, dass die Frauen in den rückständigen ländlichen Regionen mehr Chancen auf Arbeit und Bildung erhalten, und dass Projekte gefördert werden, die genau dies unterstützen. Daher habe ich in dem Bericht die Aufforderung an die türkische Regierung eingebracht, mit Bürgermeistern der kurdischen Region zusammenzuarbeiten und Programme zur Chancengleichheit und für die Rechte der dort ansässigen Frauen gezielt zu fördern. Eine Verbesserung der Lage der Frauen in der Türkei ist ein wichtiger Schritt für die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.
Georgios Karatzaferis, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Ich spreche als Autor des Buches „Frauen heute“, ein Buch, das in meinem Land ein Bestseller geworden ist, und ich wende mich an meine weiblichen Kollegen. Wenn sie die Frauen der Türkei lieben und sie Frauen gegenüber wirkliche Solidarität empfinden, dann sollten sie nicht für den Bericht stimmen.
Wie sieht die Situation tatsächlich aus? Sie wird in einem Artikel beschrieben, der vor einigen Monaten erschienen ist: ein 14 Jahre altes Mädchen wurde von ihrem Onkel vergewaltigt, sie sagte es ihrer Familie, es wurde ein Familienrat abgehalten, und sie töteten das Mädchen. Die Mörder sind auf freiem Fuß. Das ist die Realität. So sieht es aus.
Wir können keine Berichte von Brüssel aus verfassen. Dies können wir nur tun, wenn wir nach Diyarbakir gehen und uns anschauen, wie die Frauen dort leben. In mittelalterlichen Verhältnissen. Vorurteile gegenüber Frauen sind an der Tagesordnung. Das Bildungssystem in der Türkei kultiviert dies. Die patriarchalische Struktur der Familie schreibt das Vergewaltigen und Verprügeln von Frauen vor.
Wenn wir denn Achtung vor Frauen auf der ganzen Welt demonstrieren wollen, dann können wir nicht für diesen Bericht stimmen. Herr Erdogan, der türkische Ministerpräsident, hat für die Frauen in der Türkei die Uhr um zehn Jahre zurückgestellt. Nach einer Zeit, da in diesem Land eine Frau Ministerpräsidentin war, läuft die Ehefrau des Ministerpräsidenten heute mit einem Schleier herum. Das ist der Rückschritt der Frauen in der Türkei.
Koenraad Dillen (NI).–(NL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielehen, Zwangsehen, Analphabetismus, Ehrenmorde, häusliche Gewalt, Diskriminierung in der Politik und so weiter: Dieser Bericht über die Rolle der Frauen in der Türkei ist zwar inhaltlich recht erschöpfend und fundiert, aber wer die politische Situation in der Türkei aus nächster Nähe beobachtet, weiß nicht erst seit heute, dass sich der beitrittswillige Staat, der so genannte „säkulare Modellstaat Türkei“, um es mit Herrn Michels Worten auszudrücken, „was die Menschenrechte anbelangt, in einem sehr schlechten Zustand befindet“, insbesondere was die Rechte der Frau in einer islamischen Gesellschaft betrifft.
Dennoch empfinde ich es als hilfreich, dass uns die Berichterstatterin einige Monate vor dem offiziellen Beginn der Beitrittsverhandlungen noch einmal einige Fakten vor Augen führt. Für jene, die nichts daraus gelernt haben, als die türkische Polizei friedlich demonstrierende Frauen zusammenschlug, kommt der Bericht gerade zum rechten Zeitpunkt. Sollten hier übrigens Berichte über die Rolle der religiösen Minderheiten, über die Besatzung Zyperns, über die Rechte der Armenier oder über die Einschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung und der Versammlungsfreiheit in der Türkei präsentiert werden, wäre man ebenso wenig voll des Lobes. Mindestens einmal pro Woche berichten unabhängige Quellen über gravierende Mängel auf dem Gebiet, das wir feierlich als Grundrechte bezeichnen. Von Besserung ist auf keiner Ebene etwas zu spüren, und im Übrigen steht dieser ganze Bericht in krassem Widerspruch zu den optimistischen Tönen, die wir im vergangenen Jahr aus dem Munde von Kommissar Verheugen und Romano Prodi vernehmen durften, als die Kommission voll und ganz der Wahrheit zuwider versuchte, uns weiszumachen, dass in der Türkei nur noch minimale Menschenrechtsprobleme bestehen. Und das nur, um der Türkei grünes Licht zu geben.
Selbstverständlich stellt sich die Frage, und damit komme ich zum Schluss, ob wir den politischen Mut aufbringen und die einzig nahe liegende Schlussfolgerung ziehen sollten, die da lautet, Ankara offen und ehrlich zu sagen, dass sich das Wertemuster der türkischen Gesellschaft zu sehr von dem unsrigen unterscheidet, um die Türkei an dem vorgesehenen Datum der Europäischen Union beitreten zu lassen, denn das ist die einzig vernünftige Lehre, die wir aus diesem Bericht ziehen können.
Edit Bauer (PPE-DE). – (HU) Nicht nur in der Türkei ist die Lage der Frauen ein Maßstab für die demokratische Entwicklung. In dieser Hinsicht hat die Türkei enorme Fortschritte erzielt, und dies gilt auch, obwohl wir wissen, dass rechtliche Lücken bestehen. Niemand stellt in Frage, dass die Verfassungsänderungen und das neue Strafgesetzbuch einen großen Schritt nach vorn darstellen, nicht nur was die Rechte der Frauen, sondern auch was die universalen Menschenrechte betrifft. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Anwendung der Gesetze bei der Umsetzung dieser Rechte langsam und inkonsequent vonstatten geht. Das Problem besteht nicht nur darin, dass es schwieriger ist, Traditionen und Gepflogenheiten zu ändern als Gesetze. Im Bericht wird die türkische Regierung aufgefordert, bei ihren Bemühungen zur Änderung der Situation konsequenter vorzugehen.
Es ist gut, dass laut Verfassung die Verantwortung für die Schaffung von Chancengleichheit in die Zuständigkeit der Regierung fällt, doch ist keine zugrunde liegende Strategie ersichtlich, wie die Regierung dieses Ziel zu erreichen gedenkt. Es ist gut, dass Männer legal nur eine Ehe schließen können, doch in der Praxis halten Imams immer noch Trauzeremonien für Zweit- und Drittfrauen ab. Es ist gut, dass ca. 40 % der Hochschullehrer Frauen sind, doch ändert dies nichts daran, dass beinahe ein Viertel der Frauen Analphabetinnen sind. Wo sich die Regierung engagiert, sind Ergebnisse ersichtlich. In den vergangenen Wochen wurden im Rahmen einer Regierungskampagne über 20 000 bis dahin nicht registrierte Kinder im Laufe eines einzigen Tages offiziell registriert. Das Ziel des vorgelegten Berichts sowie der vorgeschlagenen Änderungen besteht darin sicherzustellen, dass die tatsächlich gemachten Fortschritte dazu beitragen, die oft enorme Kluft zwischen der De-jure- und der De-facto-Menschenrechtssituation zu schließen.
Zita Gurmai (PSE).–(EN) Herr Präsident! Es war gewiss eine langwierige und schwierige Arbeit, alle einschlägigen Informationen und Daten zusammenzutragen, um einen so ausführlichen Bericht über die tatsächliche Lage der türkischen Frauen erstellen zu können. Wir haben zahllose Probleme auf dem Gebiet der Frauenrechte und der Geschlechtergleichstellung erörtert, von denen viele in allen Bereichen des Lebens in der Türkei auftreten. Obwohl die Türkei begonnen hat, diesen Problemen auf rechtlicher Grundlage entgegenzutreten, steht die praktische Umsetzung dieser Grundsätze im täglichen Leben noch aus. Die Türkei, die sich um die EU-Mitgliedschaft beworben hat und sich selbst als potenziellen Kandidaten betrachtet, sollte die grundlegenden Menschenrechte und den gemeinschaftlichen Besitzstand auf dem Gebiet der Menschenrechte und der Geschlechtergleichstellung achten.
Die türkische Regierung hat ihr starkes Engagement für europäische Grundsätze und Werte unter Beweis gestellt, indem sie ein neues Strafgesetzbuch schuf, das die Rechte der Frau schützt. Dazu möchte ich sie beglückwünschen. Es sei daran erinnert, dass wir vorgeschlagen haben, das Jahr 2006 zum europäischen Jahr der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zu erklären. Die Türkei sollte sich dem anschließen, und zwar sowohl vom Prinzip her als auch in der Praxis durch konkrete und sichtbare Maßnahmen, die sich nicht nur gegen Gewalt richten, sondern auch auf die Verwirklichung der Geschlechtergleichheit in anderen Bereichen abzielen.
Ein starker politischer Wille zur Verwirklichung von Gleichstellungsmaßnahmen garantiert für sich genommen noch keinen Erfolg. Dazu müssen noch viele andere Hindernisse überwunden werden, zum Beispiel Traditionen, patriarchalische Sozialstrukturen, religiöse Aspekte, Gepflogenheiten, Wertvorstellungen in Bezug auf Bildung, Beschäftigung und Familie, Normen und Klischees, die sämtlich den Fortschritt behindern. Das ist eine große Herausforderung, da diese Strukturen im Laufe von Jahrhunderten entstanden sind und es nicht leicht ist, Reformen auf einen Schlag durchzuführen, aber wenn sich die Türkei an Europa annähern und Mitglied werden will, sollte sie auch europäische Werte achten.
Wir sind fest überzeugt, dass die türkische Regierung Maßnahmen zur Umsetzung unserer Empfehlungen ergreifen wird. Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, die erzielten Fortschritte zu beobachten, damit wir uns ein zutreffendes Bild von der Lage machen können.
Cem Özdemir (Verts/ALE).– Herr Präsident! Auch ich möchte Emine Bozkurt recht herzlich für den exzellenten Bericht danken, den sie vorgelegt hat. Ich glaube, das Thema Gleichberechtigung von Frauen in der Türkei ist nicht ein, sondern DAS zentrale Thema im Zusammenhang mit der von der Türkei gewünschten Mitgliedschaft in der Europäischen Union.
Als Erzieher und Sozialpädagoge möchte ich aber auch nicht vergessen, etwas Positives zu sagen: Wenn beispielsweise die türkische Tageszeitung Milliyet eine Kampagne unter dem Slogan „Papa, schick mich in die Schule!“ begonnen hat, dann ist dies auch etwas, das wir uns auf unsere Fahne schreiben können. Dies geschieht vor dem Hintergrund der EU-Beitrittspläne. Wenn sich beispielsweise die türkische Mediengruppe Dogan gegen innerfamiliäre Gewalt einsetzt, dann ist auch das etwas, das wir begrüßen sollten.
Ich glaube, dass die Türkei in den nächsten Jahren auch einen neuen innergesellschaftlichen Konsens in der Kopftuchfrage finden muss. Es kann nicht richtig sein, dass in der osttürkischen Stadt Erzurum Mütter mit Kopftüchern nicht auf den Universitätscampus gelassen werden, wenn sie an der Feier ihrer Kinder teilnehmen wollen. Ich bin für ein klares Nein zum Kopftuchzwang. Nein aber auch zu einem pervertierten Laizismus, der Müttern verbietet, ihre Kinder in der Schule zu besuchen!
Jan Tadeusz Masiel (NI).– (PL) Herr Präsident! Aus dem Bericht, der Gegenstand der heutigen Aussprache ist, können wir schließen, dass die Türkei für den Beitritt in die Europäische Union und die Mitwirkung an einem System, das auf christlichen Werten beruht, noch nicht bereit ist und auch gar nicht bereit sein will. Ich schlage vor, dass die Beitrittsverhandlungen mit diesem Land, die eigentlich in drei Monaten beginnen sollen, nicht aufgenommen werden, und sei es nur deshalb, weil die Rechte der Frauen in der Türkei nicht geachtet werden. Dies stellt jedoch nur einen von vielen Gründen dar. Am wichtigsten sind wohl die kulturellen Unterschiede.
Ich schlage vor, die Verhandlungen erst aufzunehmen, wenn in der Türkei ähnliche Verhältnisse wie in Europa herrschen, was wahrscheinlich nie eintreten wird. Wir haben nicht das Recht, von der Türkei zu verlangen, dass sie ihren eigenen Kulturkreis und ihr eigenes Wertesystem sowie ihre eigene Religion aufgibt, denn die Religion stellt das Fundament einer jeden Zivilisation dar.
Werden Frauen in der Türkei wirklich diskriminiert? Werden sie heutzutage stärker diskriminiert als früher? Vielleicht verfügt die Türkei ja auch einfach über andere Normen und kulturelle Modelle, die mit dem europäischen Verhaltensmodell nicht in Einklang gebracht werden können. Es könnte vielleicht sogar sein, dass die zunehmende Gewalt gegenüber Frauen Ausdruck von Angst und Abneigung ist, die die traditionelle türkische Gesellschaft gegenüber der europäischen Integration empfindet.
Wenn die türkischen Bürger ihren eigenen Frauen und nationalen Minderheiten keine Achtung entgegenbringen können, dann werden sie uns Europäer, die wir in einem anderen Kulturkreis und Wertesystem aufgewachsen sind, erst recht nicht respektieren können.
Katerina Batzeli (PSE). – (EL) Herr Präsident! Eine der elementarsten Fragen, auf deren Grundlage der Fortschritt der Türkei auf ihrem Wege nach Europa während der nächsten Jahre beurteilt wird, betrifft die Verbesserungen beim Schutz der Menschenrechte. In diesem Rahmen kommt den Verbesserungen bezüglich der Lage der Frauen in allen Bereichen in der Türkei entscheidende Bedeutung zu, und zwar insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Gleichstellung der Geschlechter und die Achtung der Menschenrechte sowie vor allem der Rechte der Frauen heute Bestandteil des gemeinschaftlichen Besitzstandes sind. Die Europäische Union muss die Türkei bei ihren Anpassungsbemühungen unterstützen.
Es sei jedoch auf einige Punkte hingewiesen, die auch von Frau Bozkurt in ihrem Bericht hervorgehoben werden:
Erstens, ist es erforderlich, dass die für die Rechte der Frauen zuständige Regierungsbehörde eine integrierte Politik entwickelt, die ausreichend finanziert ist.
Das erhebliche Problem der Gewalt gegen Frauen, sei es in Form von Ehrenverbrechen oder häuslicher Gewalt, muss beseitigt und die Frauen müssen durch jedwede Politik der Regierung geschützt werden. Die Beteiligung von Frauen am politischen Leben in der Türkei ist minimal. Sie muss durch die Anhebung der Quoten bzw. durch die aktivere Beteiligung der Frauen in demokratischen Parteien bzw. an der Regierung verbessert werden.
Abschließend möchte ich meine Unterstützung für den Bericht von Frau Bozkurt zum Ausdruck bringen, in dem sie sich in der Tat darum bemüht hat, realisierbare und substanzielle Vorschläge zu formulieren, um den Vorbeitrittsprozess dieses Landes auf dem Weg in die Europäische Union zu unterstützen.
Olli Rehn,Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich danke den Abgeordneten für ihre Bemerkungen, die einige sehr wichtige Hinweise enthielten, denen Rechnung getragen werden muss. Ich will nur auf zwei oder drei Fragen eingehen, die von den meisten Rednern angesprochen wurden.
Erstens: Wie die Berichterstatterin, Frau Pack und viele andere gesagt haben, ist die Umsetzung tatsächlich das zentrale Thema, ebenso wie ein Mentalitätswechsel. Die Gesetzesänderungen sind wichtig und ihre Umsetzung unerlässlich, aber mindestens genauso wichtig ist ein Wandel in der Mentalität und in der geistigen Einstellung. Deshalb unterstützen wir – und werden dies künftig noch stärker tun – bewusstseinsfördernde Maßnahmen zur Förderung eines Wandels in der Mentalität und der geistigen Einstellung, was die praktische Anwendung der Frauenrechte betrifft, und in der Einstellung der Sicherheitskräfte, beispielsweise zu den Menschenrechten im Allgemeinen.
Darin besteht auch das Ziel des zivilgesellschaftlichen Dialogs, den wir letzte Woche eingeleitet haben, der die Verhandlungen begleiten und sich parallel zu den eigentlichen Verhandlungen weiterentwickeln soll. Wir wollen langfristige Partnerschaften aufbauen, so beispielsweise zwischen Frauenorganisationen in der Europäischen Union und der Türkei, um das gegenseitige Verständnis zu verbessern und die Zivilgesellschaft in der Türkei zu stärken, die eine ihrer Schwachstellen ist. Das wird gewiss die Mitsprache der Frauen und europäische Wertvorstellungen in Bezug auf Geschlechtergleichstellung und Frauenrechte fördern.
Was die Quoten anbetrifft, die Frau Jäätteenmäki und die Berichterstatterin angesprochen haben, so stimmt die Kommission mit der Berichterstatterin darin überein, dass wir von der Türkei nicht mehr verlangen können, als wir selbst zu tun bereit sind. Tatsache ist, dass es in einigen Mitgliedstaaten Quoten gibt und in anderen nicht. Ich erinnere mich, dass der Mitgliedstaat, den ich am besten kenne, seit geraumer Zeit Quoten zur Förderung der Beteiligung von Frauen an öffentlichen Entscheidungsprozessen anwendet. Ich erinnere mich, dass 1991, als ich ein junger Abgeordneter war – zusammen mit Frau Jäätteenmäki – eine Abstimmung über Gleichstellungsquoten bevorstand. Damals hatte ich ein Treffen mit anderen Abgeordneten unter 35 und stellte fest, dass ich eine Minderheit von 12,5 % war, weil die anderen sieben Abgeordneten unter 35 Frauen waren. Natürlich habe ich für die Quoten gestimmt, um künftig eine ausgewogene Vertretung beider Geschlechter zu gewährleisten.
Am 3. Oktober werden wir uns auf einen langen und zweifellos mühevollen Weg begeben. Wichtig ist die Einsicht, dass es gerade die Aussicht auf den Beitritt ist, die der Türkei einen Anreiz zur Stärkung der Rechte der Frauen bietet. Sie bietet außerdem ein sehr starkes Druckmittel für Aktivisten und Bürger, denen das am Herzen liegt und die sich für diese bedeutenden europäischen Werte einsetzen wollen.
Ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission im Verlauf dieser Beitrittsverhandlungen für eine objektive und strenge Überwachung sorgen wird. Es ist eine sehr gute Idee, die Entwicklung jährlich zu prüfen und so die Fortschritte hinsichtlich der Frauenrechte in der Türkei mitzuverfolgen.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.00 Uhr statt.
29. Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen
Der Präsident. Nach der Tagesordnung folgt der Bericht von Frau Niebler im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (KOM(2004)0279 – C6-0037/2004 – 2004/0084(COD)) (A6-0176/2005).
Vladimír Špidla,Mitglied der Kommission. (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Niebler, und dem Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter für ihren Schlüsselbericht über unseren Vorschlag für eine neu gefasst Richtlinie danken. Zweck dieses Vorschlags ist die Vereinfachung, Modernisierung und Verbesserung der Gemeinschaftsgesetzgebung zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Beschäftigungsfragen. Die neu gefasste Richtlinie soll die einschlägigen Bestimmungen früherer Richtlinien zu diesen Fragen in einem einzigen Dokument zusammenfassen, um sie handhabbarer und für alle Bürgerinnen und Bürger verständlicher zu machen. Das fügt sich in unsere Bemühungen ein, die EU offener, transparenter und für das tägliche Leben relevanter zu gestalten.
Der Vorschlag geht jedoch über die bloße Konsolidierung der bestehenden Gesetzgebung hinaus. Er vereinfacht sie auch und unternimmt vorsichtige Schritte zu ihrer Modernisierung. Daraus ergeben sich signifikante Verbesserungen, deren wichtigster Aspekt die Verwendung einer einheitlichen Terminologie und, ganz wichtig, einheitlicher Definitionen ist, was der Gesetzgebung eine größere Kohärenz verleiht. Auch wurden ausdrücklich zahlreiche horizontale Bestimmungen in Bezug auf die soziale Absicherung im Beruf verwendet, und es wurde die jüngste Rechtsprechung des Gerichtshofs einbezogen, um die Rechtssicherheit und die rechtliche Klarheit zu erhöhen.
Es ist unbestritten, dass der Vorschlag keine neuen Politiken oder innovative Ideen einbringt, aber es sei betont, dass wir uns in einer besonderen Situation befinden: Wir überprüfen eine Richtlinie auf der Grundlage einer interinstitutionellen Vereinbarung. Der Hauptvorteil dieser legislativen Methode besteht darin, dass sie uns technische Verbesserungen an der EU-Gesetzgebung auf Gemeinschaftsebene und die Sicherung vergangener Erfolge ermöglicht, ohne dass die Aussprache neu eröffnet wird und Lösungen in Zweifel gezogen werden, die bereits als politisch vernünftig und als komplex befunden wurden. Die Kommission hat sich bemüht, diese Methode und ihr Potenzial für die legislative Überprüfung zu nutzen, um die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen besser fördern zu können.
Joachim Wuermeling (PPE-DE), stellvertretender Berichterstatter.– Herr Präsident, Herr Kommissar Špidla, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die morgige Abstimmung über den Bericht über die Neufassungsrichtlinie bildet den Abschluss von sehr intensiven Beratungen im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. Deswegen werden Sie verstehen, dass es Frau Niebler sehr Leid tut, heute bei dieser Debatte nicht anwesend sein zu können. Der Grund ist ein Trauerfall in ihrem engeren Familienkreis. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen um Verständnis dafür, dass sie mich gebeten hat, ihre Erklärung an ihrer Stelle abzugeben.
Frau Niebler dankt Ihnen allen für die gute und faire Zusammenarbeit im Ausschuss bei der Vorbereitung dieses wichtigen Berichts. Was die Kommission hier vorgeschlagen hat, ist eine etwas schwierige Gratwanderung zwischen einer bloßen Konsolidierung des bisherigen Rechts und einer teilweisen Verbesserung der bestehenden Vorschriften. Die bestehenden rechtlichen Regelungen sollen verständlicher gefasst werden, sie sollen modernisiert werden, sie sollen vereinfacht werden, und auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs soll in den konsolidierten Text aufgenommen werden. Als früheres Mitglied des Rechtsausschusses kann ich persönlich dieses Ziel nur unterstützen. Wir brauchen mehr Transparenz, mehr Übersichtlichkeit, mehr Klarheit über das, was Europa in diesem Bereich verlangt, und deswegen unterstützen wir diesen Ansatz.
Bekannterweise fällt der Vorschlag nun in eine Zeit, in der die Umsetzung der gemeinschaftlichen Vorgaben in den Mitgliedstaaten ausgesprochen kontrovers diskutiert wird – ich darf nur an die erhitzte Diskussion in Deutschland erinnern, wo die rot-grüne Bundesregierung sogar weit über die europäischen Vorgaben hinausgeht und eine politische Niederlage einstecken muss. Das ist hier aber nicht das Thema. Diese Richtlinie beschäftigt sich ausschließlich mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau in Arbeits- und Beschäftigungsfragen – im Grunde ein Herzstück der europäischen Gleichstellungspolitik und auch ein Bereich unbestrittener Zuständigkeit der Europäischen Union.
Wie sieht es nach jahrzehntelangen Bemühungen um die Gleichberechtigung aus? Trotz der Bemühungen, gerade im Arbeitsleben eine Gleichstellung zu erreichen, stellen wir immer noch ein geschlechterspezifisches Lohngefälle von sage und schreibe 16 % fest. Männer sind doppelt so häufig in Führungspositionen und haben dreimal so oft eine Spitzenposition. In den höchsten Entscheidungsgremien der 50 größten börsennotierten Unternehmen gibt es gerade einmal 10 % Frauen.
Im Ausschuss sind drei Themenkomplexe kontrovers diskutiert worden. Der erste Punkt: Verschiedene Kolleginnen und Kollegen haben die Einbeziehung des Elternurlaubs in die Richtlinie gefordert. Nach Auffassung von Frau Niebler ist aber diese Neufassung nicht die richtige Gelegenheit, um eine so gravierende Veränderung des europäischen Rechts herbeizuführen. Angesichts der völlig unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten – der Elternurlaub beträgt zwischen drei Monaten und drei Jahren – wäre eine Ausdehnung der Richtlinie hier mit enormen Veränderungen verbunden und bedürfte einer intensiven Diskussion und auch einer Folgenabschätzung. Unterstützenswert ist deshalb der gefundene Kompromiss, der nämlich die Sozialpartner, die ja in diesem Bereich bereits tätig geworden sind, auffordert, eine entsprechende Überprüfung der bestehenden Regelungen vorzunehmen.
Der zweite Punkt, der kritisch diskutiert wurde, sind die so genannten Unisex-Tarife. Der Ausschuss hat sich an einer Stelle mit sehr knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, bei Betriebsrenten nicht mehr zwischen Männern und Frauen zu differenzieren. Frau Niebler warnt aber in aller Ausdrücklichkeit davor, diese Diskussion hier erneut zu führen. Denn erst vor wenigen Monaten gab es mit Blick auf den Bereich der Altersvorsorge nach langen Verhandlungen einen ganz vernünftigen Kompromiss. Es ist Frau Niebler sehr wichtig, dies zu erwähnen. Denn wenn wir jetzt die Debatte um die Unisex-Tarife neu eröffnen, dann droht die Neufassungsrichtlinie an diesem politisch sehr kontroversen Thema zu scheitern. Wir würden diesen Prozess der Konsolidierung des bestehenden Rechts überfrachten.
Das gleiche Argument gilt auch für die dritte Frage, wo wir gesagt haben, es muss mehr Druck auf die Mitgliedstaaten und Sozialpartner ausgeübt werden, die Situation zu verbessern. Gefährden wir also nicht die Richtlinie insgesamt, indem wir sie mit inhaltlichen Forderungen überfrachten! Klarheit und Verständlichkeit des Rechts ist ein Wert an sich. Das ist das Ziel der Richtlinie, und das bitte ich Sie alle zu unterstützen.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der Bericht über den Vorschlag für eine neu gefasste Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen ist dem Plenum heute nach Monaten mühevoller Arbeit durch die Berichterstatterin, Frau Niebler, in seiner neuen Form präsentiert worden.
Während der Ausarbeitung des Berichts hatten alle Seiten die Gelegenheit, ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen und von all jenen angehört zu werden, die geholfen haben, den heute vorliegenden Vorschlag zu formulieren. Der Berichterstatterin gebühren herzliche Glückwünsche, da sie die Vorschläge der Kommission zur Vereinfachung der Kodifizierung bestehender Rechtsvorschriften mit der Erweiterung des Geltungsbereichs der horizontalen Politiken in den Basissektoren des europäischen Rechts, wie dem Lohn- und dem Versicherungssektor, verbunden hat.
Als Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten stelle ich fest, dass die Chancengleichheit am Arbeitsplatz im Hinblick auf den Zugang zur Berufsbildung, zur Beschäftigung und zum beruflichen Aufstieg, insbesondere bezüglich des Gehalts, besser gewährleistet wird.
Indem die Mitgliedstaaten wiederholt aufgefordert werden, individuelle Maßnahmen zur Gleichbehandlung zu beschließen, stärkt der Vorschlag das Subsidiaritätsprinzip. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsbeistand wird ebenso garantiert wie abschreckende Sanktionen im Falle einer Belästigung.
Die Kommission sollte den unterschiedlichen Standpunkt zwischen dem Revisionsverfahren und dem Mitentscheidungsverfahren nicht zum Anlass nehmen, eine Vendetta zwischen ihr und dem Parlament fortzusetzen. Das demografische Problem der Europäischen Union macht es notwendig, die Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen in Bezug auf den Elternurlaub zu gewährleisten, eine Entscheidung, die die Kommission und die Sozialpartner in einer Richtlinie allein getroffen haben. Die Kommission sollte übrigens vorschlagen, die Richtlinie zu überarbeiten.
Ungleichheiten entstehen dann, wenn Frauen sich um minderjährige Kinder bzw. Pflegebedürftige kümmern. Deshalb geht der Vorschlag, Maßnahmen zur Vereinbarung von Berufs- und Familienleben mit dem Mutterschutz zu verbinden, in die richtige Richtung.
Wir fordern den Rat ebenfalls auf, seinen politischen Willen zum Ausdruck zu bringen...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Katalin Lévai (PSE), im Namen des mitberatenden Rechtsausschusses. – (HU) Die Chancengleichheit von Frauen und Männern ist ein Grundrecht und eine Priorität in der Europäischen Union. Die Gemeinschaftspolitik zur Gewährleistung der Chancengleichheit steht seit dem Beginn der Integration auf der Agenda der Gemeinschaft, wenn auch mit Änderungen im Inhalt. In der Richtlinie, die – so hoffen wir – morgen angenommen wird, werden die Richtlinien, die bereits das Thema behandeln, zusammengefasst, und daher spiegelt sie das Ziel der Gesetzgeber wider, einheitliche, vereinfachte Verordnungen festzulegen, die alle zu dieser Angelegenheit bestehenden Bestimmungen zusammenbringen. Ein entscheidendes Element der Richtlinie ist, dass nicht nur das Ziel der Gleichbehandlung von Männern und Frauen festgeschrieben wird, sondern auch die Gleichheit zwischen den Geschlechtern. Es ist wichtig zu betonen, dass das Prinzip der Chancengleichheit nicht nur auf Beschäftigung beschränkt werden darf, denn es betrifft alle Lebensbereiche.
Dieser Grundsatz besagt, dass es keinerlei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts geben darf, insbesondere was die Heirat und den Familienstand und vor allem, was die Zugangsbedingungen zu den Systemen der sozialen Sicherheit betrifft, wenn es um die Berechnung von Beitragsverpflichtungen und Leistungsansprüchen geht. Da die traditionelle Rolle der Frauen in der Familie einer der Hauptgründe für die Ungleichheit am Arbeitsplatz ist, werden in der Richtlinie flexiblere Arbeitszeitregelungen gefordert, die es sowohl Männern als auch Frauen ermöglichen, Familie und Beruf miteinander in Einklang zu bringen. Die Richtlinie zielt darauf ab, es den Geschädigten zu ermöglichen, ihre gesetzlich verankerten Rechte wirksam durchzusetzen; dies wird durch die Umkehr der Beweislast im Falle der Diskriminierung und das Verbot einer indirekten oder versteckten Diskriminierung erleichtert. Außerdem soll durch die Richtlinie die Aufmerksamkeit der Mitgliedstaaten gezielt darauf gelenkt werden, dass die Nachteile, die Frauen haben, keinesfalls beseitigt werden können, solange die Regierungen keine aktive Rolle übernehmen, und dass außerdem demokratische Institutionen zur Kontrolle der Regierungsbemühungen vonnöten sind. Lassen Sie uns spezielle Einrichtungen schaffen, um die Rechte der Frauen sowohl innerhalb als auch außerhalb des institutionellen Systems der Regierung zu gewährleisten.
Anna Záborská, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, lassen Sie mich zunächst meinen Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter für ihre nützliche und wirksame Zusammenarbeit danken. Dann möchte ich zwei aktuelle Punkte ansprechen: erstens, die Pflicht der Respektierung zur uneingeschränkten Gesetzgebungshoheit der Mitgliedstaaten und zweitens die wirtschaftliche Anerkennung der Arbeit von Frauen in allen ihren Formen.
Zunächst, „Ja“ zu einem sozialen Europa, das die volle Gleichstellung von Männern und Frauen erleichtert, aber auch „Ja“ zur Achtung der unterschiedlichen Kulturen der Staaten. Die Aktionsplattform von Peking ist eindeutig und auch die Europäische Union sollte sie berücksichtigen. Ich zitiere: „Die Umsetzung dieser Plattform liegt in der souveränen Verantwortung eines jeden Staates, im Einklang mit allen Menschenrechten und Grundfreiheiten. Die Bedeutung der verschiedenen religiösen und ethischen Wertvorstellungen, Kulturtraditionen und philosophischen Überzeugungen der einzelnen Menschen und ihrer Gemeinwesen sowie deren volle Achtung sollten dazu beitragen, dass die Frauen ihre Menschenrechte im Hinblick auf die Herbeiführung von Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden uneingeschränkt wahrnehmen können.“
Da es sich allerdings um eine Überarbeitung handelt, konnte lediglich übernommen werden, was bereits in vorherigen Richtlinien stand. Dennoch wäre eine Richtlinie über den wirtschaftlichen Wert der Arbeit von Frauen im dritten Sektor und im informellen Sektor, d. h. die unbezahlte Arbeit von Frauen im Rahmen der Solidarität im sozialen Bereich, der Solidarität zwischen den Generationen und im gewerblichen Bereich von Nutzen. Hier ist ein wirtschaftlicher Wert gegeben. Ich fordere alle Kolleginnen und Kollegen auf, sich mit dem Gedankengut des Nobelpreisträgers Gary Becker vertraut zu machen, in dessen Arbeiten eben der wirtschaftliche Wert jeglicher Form der Frauenarbeit bewertet wurde. Dies verdient es wirklich, vor dem Hintergrund der umfassenden Gleichbehandlung von Männern und Frauen nochmals umfassend durchdacht, bewertet und quantifiziert zu werden.
Bernadette Vergnaud, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich unsere Berichterstatterin, Frau Angelika Niebler, zu dem von ihr ausgearbeiteten umfassenden und ausgewogenen Text beglückwünschen. Diese nach den vorgenommenen Änderungen erzielte Kompromissfassung stellt einen wichtigen und soliden Beitrag zur parlamentarischen Arbeit dar.
Es geht dabei vornehmlich um die Neufassung der Vorschriften der vorangegangenen Richtlinien über gleiche Löhne, die Gleichbehandlung beim Zugang zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg, die Arbeitsbedingungen, die betrieblichen Systeme der sozialen Sicherheit und die Bekämpfung von Belästigungen. Mit dieser Neufassung wird es möglich sein, einen einzigen geschlossenen Text vorzulegen, in dem keine widersprüchlichen Definitionen mehr vorkommen, die Transparenz und Klarheit der Rechtsvorschriften über die Gleichbehandlung zu erhöhen und ihre wirksame Umsetzung durch die Stärkung des acquis communautaire, die Vermeidung von Rückschritten und auch die Einbeziehung aller jüngeren Entwicklungen der europäischen Rechtsprechung zu erleichtern. Da in diesen Text auch alle Definitionen über direkte und indirekte Diskriminierung und Belästigungen sowie der Grundsatz der gleichen Entlohnung und über die betrieblichen Rentensysteme eingehen sollen, wird er die für eine ordnungsgemäße Umsetzung in den Mitgliedstaaten wesentlichen Klarstellungen und Vereinfachungen ermöglichen und ein hohes Maß an Rechtssicherheit gewährleisten.
Allerdings bedaure ich, dass der Text bei den drei wichtigsten von der Kommission angesprochenen Zielen – Vereinfachung, Modernisierung und Verbesserung des Gemeinschaftsrechts – im Kapitel Verbesserung keine konkreten Vorschläge enthält. Dieses Ziel müsste eine aktive Politik zum Schutz der Frauen, die – auch in der Landwirtschaft und im Handwerk – eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, sowie im Hinblick auf den Elternurlaub und die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben umfassen, und ich bedaure, dass dem nicht so ist.
Ich ersuche daher die Kommission, ein deutliches Zeichen zu setzen, indem sie zunächst die Richtlinie 86/613 über die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, schnellstmöglich überarbeitet und verbessert und dann die Richtlinie 96/34 über den Elternurlaub überprüft, um sie der gegenwärtigen Lage in den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Einführung von Anreizen wie einer angemessenen Aufwandsentschädigung und der Anerkennung des Wertes nicht entlohnter Arbeit in den Statistiken anzupassen.
Wesentlich zu verbessern ist auch die Arbeit, die geleistet wird, um der traditionellen Rollenverteilung in den Familien entgegenzuwirken und ein ausgewogeneres Verhältnis von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt, kurz eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben, sicherzustellen. Die Gleichbehandlung ist eine unerlässliche Voraussetzung, um die Ziele des Wachstums und der nachhaltigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung zu erreichen, die Bestandteil der Neubelebung der Lissabonner Strategie sind. Europa muss bestimmte Mindestrechte für alle gewähren und dafür sorgen, dass diese in den Mitgliedstaaten möglichst bald umgesetzt werden. Dieses Ziel erfordert von uns – dem Parlament, dem Rat und der Kommission – einen starken politischen Willen und eine kluge Zusammenarbeit im Dienste unserer Mitbürger.
Anneli Jäätteenmäki,im Namen der ALDE-Fraktion. – (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Frage der Gleichbehandlung bei der Bezahlung ist bereits seit Jahrzehnten eines unserer größten Probleme im Bereich der Chancengleichheit. Mit den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft ist es bislang nicht gelungen, diese Form der Ungleichbehandlung zu beseitigen. Bloße Anreize und Empfehlungen werden auch künftig nicht ausreichen, um eine Gleichbehandlung in Bezug auf das Arbeitsentgelt zu erreichen. Es muss deutlich gemacht werden, dass ungerechtfertigte Unterschiede bei der Bezahlung nicht hinnehmbar sind. Wir brauchen strengere Forderungen, wir brauchen rechtliche Sanktionen, und wir brauchen Ergebnisse.
Die Mitgliedstaaten sollten aufgefordert werden, über die Umsetzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in die Praxis Bericht zu erstatten. Die Informationen darüber, wie er in nationales Recht umgesetzt wird, sind unzureichend. Wir brauchen dazu geeigneteVerfahren in den Mitgliedstaaten. Gerade haben wir darüber gesprochen, dass die Türkei eine entsprechende Gesetzgebung einführen muss und dass es nicht ausreicht, einfach nur bestimmten Gesetzen zuzustimmen. In dieser Hinsicht könnten die EU und ihre gegenwärtigen Mitgliedstaaten einmal in den Spiegel schauen und jene Vorschriften und Regelungen umsetzen, die wir gemeinsam verabschiedet haben.
Anstatt die Sozialpartner anzutreiben, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass sie den Gleichbehandlungsgrundsatz umsetzen und fördern, und damit das tun, was EU-Verträge und -Rechtsvorschriften vorschreiben. Wenn ein Arbeitgeber eine Vorschrift missachtet, dann sollte er sich dafür verantworten müssen.
Wir Parlamentarier wollen die gegenwärtige Gesetzgebung so verbessern, dass sie geeignet ist, die Gleichbehandlung von Frauen und Männern voranzutreiben. Ich hoffe, dass wir im Hinblick auf die Ziele einen Konsens mit der Kommission und dem Rat erreichen werden.
Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.– Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union war in der Vergangenheit immer ein Leuchtturm für die Gleichstellung der Frauen. Wir haben in der Debatte zur Türkei viel von der Wertegemeinschaft, vom Wert der Gleichstellung in der Europäischen Union, gesprochen. Ich hoffe, dass dieser Wert nicht abgeschliffen wird. Für uns ist es unverzichtbar, dass die Betriebsrenten in diesen Bericht aufgenommen werden, denn wir wissen, dass Frauen aufgrund des Geschlechts diskriminiert werden, denn sie wissen ja im Betrieb nicht, ob sie oder die männlichen Kollegen länger leben. Dass wir nach wie vor unterschiedliche Betriebsrenten haben, ist nicht nur unvereinbar mit Artikel 13 des Vertrags, sondern auch mit dem Grundsatz der Gleichstellung am Arbeitsplatz. Deshalb erwarte und hoffe ich, dass es zu diesem Vorschlag eine breite Zustimmung aus dem Frauenausschuss gibt.
Außerdem finde ich es nicht in Ordnung, dass Herr Wuermeling und andere hier en passant eine Generalattacke auf die Geltung der Antidiskriminierungsrichtlinien auch außerhalb des Erwerbslebens reiten. Ich erwarte auch, Herr Kommissar Špidla, dass Sie sich noch einmal klar und deutlich hinter die Antidiskriminierungsrichtlinien stellen, nicht nur innerhalb des Erwerbslebens, sondern auch außerhalb des Erwerbslebens. In der Frauenpolitik darf man nicht einmal Hü und dann wieder Hott sagen. Wir müssen vielmehr deutlich machen, dass sie in der Europäischen Union einen Wert darstellt. Von der Gleichstellungspolitik dürfen wir nicht abrücken.
Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Der gesamte Bericht behandelt die eigentliche Grundlage aller Gleichstellungsarbeit, das heißt das Recht und die Möglichkeit, seinen eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich möchte insbesondere drei Teile dieser Richtlinie hervorheben.
Der erste Punkt beinhaltet gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Das ist nichts Neues, sondern war bereits in früheren Richtlinien enthalten. Dieser Aspekt wird jedoch gestärkt, indem die Sozialpartner aufgerufen werden, die Initiative zu ergreifen und ihre Verantwortung für das Lohngleichheitsgebot wahrzunehmen. Obwohl es eine Richtlinie über Lohngleichheit gibt, ist das Lohngefälle immer noch groß, das heißt, die Diskriminierung besteht fort.
Der zweite Teil, den ich ansprechen möchte, ist der Elternurlaub. Elternschaft wird nicht länger als Sache des einen Geschlechts betrachtet, sondern den Eltern soll die Möglichkeit gegeben werden, gemeinsam Verantwortung für die Kinder zu übernehmen.
Zum Dritten möchte ich die Gleichbehandlung bei Beschäftigung und im Beruf hervorheben. Dabei darf es uns nicht nur um die Gleichbehandlung von auf dem Arbeitsmarkt etablierten Frauen gehen, sondern wir müssen auch für Nichtdiskriminierung bei der Einstellung und den Beschäftigungsbedingungen Sorge tragen.
Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion.–(PL) Herr Präsident! Dieser Entschließungsantrag zielte eigentlich darauf ab, die Chancengleichheit zu erhöhen und die Lage der Frau auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Viele der Änderungsanträge werden dazu beitragen, dass sich die Dinge zum Besseren wenden. Wenn wir jedoch wirkliche Verbesserungen herbeiführen wollen, dann müssen wir nicht nur Rechtsnormen einführen, sondern vor allem auch unsere Einstellung zur Rolle der Frau im sozialen und wirtschaftlichen Leben ändern. Wir müssen uns von liberalen Ideen, die auf moralischem Relativismus beruhen, lösen und uns einem Konzept zuwenden, das auf ethischen und moralischen Grundsätzen beruht, damit der einzelne Mensch, ganz gleich ob Mann oder Frau, im Mittelpunkt steht und nicht nur als Humankapital zur Erzielung von Gewinnen angesehen wird. Schwächere Personen, insbesondere Frauen, bekommen die negativen Auswirkungen des utilitaristischen Ansatzes besonders stark zu spüren, denn viele Kapitalgesellschaften, Konzerne und Handelsketten verweigern Frauen den Mutterschaftsurlaub oder die Auszahlung der Gehälter, und zahlreiche Frauen werden zu erniedrigenden Arbeiten oder Dienstleistungen gezwungen.
Mit der Änderung unserer Denkweise müssen wir in der Schule, zu Hause, am Arbeitsplatz und in allen Lebensbereichen anfangen. Frauen haben andere psychologische und physische Eigenschaften, und daher sind wir der Meinung, dass ihnen um ihrer eigenen Sicherheit willen verboten werden sollte, bestimmten Beschäftigungen nachzugehen. Frauen, die sich für Chancengleichheit einsetzen, finden sich oft in belastenden Situationen wieder, weil sie häufig einen Konkurrenzkampf gegen Männer führen, anstatt unter Berücksichtigung ihrer Veranlagungen mit ihnen zusammenzuarbeiten und gemeinsam Verantwortung zu tragen.
Meiner Ansicht nach ist es höchst unfair, dass in dem Bericht nicht die große Zahl von Frauen Erwähnung findet, die entweder schon im Ruhestand sind oder keine Rente beziehen. Dies widerspricht den in der Entschließung enthaltenen Erklärungen. Sollten die eben genannten Punkte keine Berücksichtigung finden, wird die zur Diskussion stehende Richtlinie einfach nur ein weiteres totes Stück Papier werden.
Lissy Gröner (PSE).– Herr Präsident! Diese Richtlinie behandelt die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Deswegen sind auch diese in erster Linie angesprochen, und wir, die Frauen, gehen wieder einmal voran, indem gerade der Bereich der Entbürokratisierung, den wir unseren Bürgerinnen und Bürgern versprechen, vollzogen wird. Ich hoffe, dass wir morgen Einigkeit erzielen werden, und ich hoffe, dass es auch ein Zwischengeplänkel von Herrn Wuermeling war, hier das Antidiskriminierungsgesetz mit hineinzubringen. Es herrscht bereits nationaler Wahlkampf; er hat mit dieser Richtlinie jedoch nichts zu tun.
Es geht darum, dass die Frauen, denen in der europäischen Rechtsprechung laut Grundlagenvertrag Artikel 119 von Anfang an gleiche Rechte versprochen wurden, endlich deren Umsetzung erfahren. Von vielen Kolleginnen sind die Bereiche angesprochen worden, wo dies noch nicht erfolgt ist, wo Diskriminierung direkter und indirekter Art stärker bewusst gemacht werden muss. Diskriminierung beginnt auf der einen Seite in den Köpfen; aber wir müssen auch die Rechte verändern, damit sie aufgehoben werden und die Rechtsprechung sowie die nationale Umsetzung in diese Richtung erfolgen kann.
Politischer Wille ist nötig. Die Kommission hat diesen politischen Willen an den Tag gelegt. Das Europäische Parlament legt noch mehr nach. Ich hoffe, dass wir uns morgen durchsetzen können und an die Bürgerinnen das klare Signal senden: Wir sind weiterhin Motor für die Frauenrechte in Europa!
Věra Flasarová (GUE/NGL). – (CS) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Fragen der Herstellung der Balance zwischen Beruf und Privatleben gehören inzwischen zum heutigen Alltag. Einer der Gründe für den ungleichen Status der Frau am Arbeitsplatz ist der, dass Unternehmer ungern Interessenkonflikte in Bezug auf die Verantwortung für die Arbeit und für die Familie sehen. Obwohl Frauen fast 44 % am tschechischen Arbeitsmarkt ausmachen, haben nach unseren Untersuchungen bestenfalls fünf Mal so viele Männer Führungspositionen inne wie Frauen. Frauen, die auf der Karriereleiter aufsteigen wollen, müssen außergewöhnlich gut sein, um als den Männern ebenbürtig angesehen zu werden; ja, sie müssen erfolgreicher sein als Männer, die die gleiche Tätigkeit ausüben.
Der Durchschnittslohn der Frauen in der Tschechischen Republik ist gegenwärtig 19 % geringer als der für Männer. Erwiesen ist auch, dass Frauen in Einstellungsgesprächen selber ein geringeres Gehalt fordern als Männer, die sich um denselben Arbeitsplatz bewerben, was schon auf ein geringeres Selbstbewusstsein der Frauen im Bereich der Arbeitsbeziehungen hindeutet.
Daraus folgt, dass die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern nicht einfach nur eine Frage der Verabschiedung verschiedener Richtlinien und Gesetze ist. Ich bin durchaus für eine Richtlinie, aber sie muss auf fundamentalen Veränderungen in der europäischen Kultur als Ganzes beruhen. Ja, ich würde so weit gehen und sagen, dass der Ausgangspunkt die völlige Ausmerzung unserer mittelalterlichen Verhaltensweisen und des Irrglaubens sein muss, dass Gleichheit von Männern und Frauen nur Frauensache sei und es keinerlei Diskriminierung von Männer gebe.
Christa Prets (PSE).– Herr Präsident, Herr Kommissar! In der jetzigen Situation, in der die Europäische Union Schwierigkeiten hat, sich zu artikulieren, zumindest sich so zu artikulieren, dass sie auch von den Bürgerinnen und Bürgern verstanden wird, ist es umso wichtiger, dass die EU-Gesetzgebung und -Rechtsprechung klarer und verständlicher zu werden. Daher begrüße ich den vorliegenden Vorschlag.
Wenn es sich aber um Modernisierung und Verbesserung handeln soll, so wie in diesem Dokument erwähnt, dann bedauere ich es, dass die Methode der Neufassung keine wesentlichen Änderungen und Ergänzungen zulässt, wie z. B. die Gleichstellung in den Betriebspensionen.
Bei der Bearbeitung der letzten Richtlinie zu Artikel 13 wurde zugesagt, dieses Thema zu einem späteren Zeitpunkt zu behandeln, nämlich mit der neugefasstenRichtlinie. Kommission und Rat sind jetzt dagegen, und ich frage mich, warum man diese Chance nicht genutzt hat. Es wäre notwendig gewesen, hier einen stärkeren Akzent zu setzen, und ich bedauere, dass das nicht der Fall gewesen ist!
Vladimír Špidla,Mitglied der Kommission. (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen für eine äußerst lebhafte und konzentrierte Aussprache danken und gleich zu Beginn betonen, dass sich uns die Gelegenheit bietet, diese entscheidende Richtlinie ohne Verzug zu verabschieden. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Europas muss diese Gelegenheit genutzt werden. Dies ist ein entscheidender Schritt nach vorn, der getan werden muss, um die Gleichheit von Männern und Frauen in den Augen aller Beteiligten unabhängig von den unterschiedlichen Meinungen der Institutionen zu den Beweggründen dieser Neufassung zu fördern.
Ich darf jetzt vielleicht die Position der Kommission zu den Änderungsanträgen etwas näher erläutern. Die Kommission kann zahlreiche Anträge ohne Weiteres akzeptieren, ja, wir sind davon überzeugt, dass sie sich auch mit der Position des Rates, wie sie von diesem am 7. Dezember 2004 in allgemeiner Form zum Ausdruck gebracht worden war, im Einklang befinden. Sie tragen wesentlich zur Verbesserung der bestehenden Gemeinschaftsgesetzgebung auf diesem Gebiet bei und machen sie zugänglicher. Zu diesem Zweck werden vielfältige Mittel angewendet, auch technische Maßnahmen, rechtliche Klarstellungen und Bestimmungen, die der Förderung der Gleichheit von Männern und Frauen, zum Beispiel in Bezug auf gleichen Lohn, neuen politischen Auftrieb verleihen.
Ein zweites Paket von Änderungsanträgen kann die Kommission aus rein technischen Gründen nicht akzeptieren, und ich will diese Gründe im geänderten Vorschlag im Einzelnen darlegen. Weiterhin hat sie eine gewisse Anzahl von Änderungsanträgen abgelehnt, weil sie über das hinausgehen, was während dieses Überprüfungsverfahrens vernünftigerweise erreicht werden kann. Spezielles Ziel dieses Verfahrens ist es nämlich, einerseits die laufenden und parallelen Verfahren der Kodifizierung der Gemeinschaftsgesetzgebung zu erleichtern und andererseits das Fundament für grundsätzliche Änderungen zu legen.
Der erste dieser Änderungsanträge bezieht sich auf den neuen Artikel 3(a), der die Mitgliedstaaten zu positiven Maßnahmen verpflichten würde, anstatt sie ihnen als Option frei zu stellen. Da Artikel 141(4) des Vertrags, der primäres EU-Recht ist, eindeutig feststellt, dass die Mitgliedstaaten ermächtigt sind, jedwede Maßnahme zu ergreifen, die sie auf diesem Gebiet für notwendig erachten, würde jeder sekundäre Rechtsakt, in dem dieser Artikel des Vertrags zitiert wird, diese Zuständigkeit beschneiden und nach unserer Meinung auf große Hindernisse stoßen.
Zweitens kann die Kommission dem nicht zustimmen, dass die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Förderung bestimmter Maßnahmen im Rahmen des sozialen Dialogs gemäß den Änderungsanträgen zu den Artikeln 24 und 27 zu einer Verpflichtung wird, bestimmte Ergebnisse dieses Dialogs zu garantieren. Diese Änderungsanträge würden sich schwer mit dem Grundsatz der Autonomie der Sozialpartner in Einklang bringen lassen.
Auch möchte ich das Hohe Haus daran erinnern, dass nach langwierigen Verhandlungen mit dem Parlament und dem Rat entsprechende Bestimmungen in die Richtlinie 2002/73/EG aufgenommen wurden. Diese Richtlinie mit den darin niedergelegten Vorschriften, die ein innovatives Herangehen zur besseren Einbindung der Sozialpartner darstellen, wird vor Oktober 2005 nicht in Kraft treten. Nach unserem Dafürhalten wäre es nicht angebracht, diese Bestimmungen abzuändern, ehe sie ihren Wert in der Praxis nachweisen konnten.
Der neue Artikel 28(b), in dem eine Überprüfungsklausel für die Richtlinie über Elternurlaub vorgeschlagen wird, ist nicht akzeptabel, weil diese Richtlinie nicht in den Bereich der derzeitigen Neufassung fällt. Eine diesbezügliche Klausel ließe sich schwer mit den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie über Elternurlaub und mit den Bestimmungen der zwischen den Sozialpartnern auf europäischer Ebene abgeschlossenen Rahmenvereinbarung, auf der die Richtlinie basiert, in Einklang bringen. Überdies würden Probleme hinsichtlich der Kompatibilität dieses Änderungsantrags mit der Autonomie der Sozialpartner und ihrer Funktion, wie sie in den Artikeln 138 und 139 des Vertrags verankert sind, auftreten.
Schließlich kann die Kommission nicht die Änderungen zu Artikel 8 akzeptieren, die auf das Verbot der Nutzung geschlechtlicher Unterschiede als Faktor bei der Berechnung von Versicherungsprämien und Vergünstigungen aus Arbeitnehmerversicherungen abzielen. Diese Änderungsanträge gehen ebenfalls über das hinaus, was bei der Ausarbeitung von Gesetzesvorschlägen, wie der zur Diskussion stehenden Richtlinie, angezeigt ist. Das soll nicht heißen, dass diese Frage nicht in der Zukunft Gegenstand der politischen Debatte sein sollte. Auch wenn die Meinungen in dieser Frage auseinander gehen und die gegenwärtig vom Rat vertretene Position ziemlich klar ist, bin ich absolut davon überzeugt, dass dies eine wichtige Frage ist, die unsere Aufmerksamkeit verlangt.
Außerdem meint die Kommission natürlich nicht, dass die Anwendung unterschiedlicher Systeme für Renten der zweiten – und dritten – Säule im vorliegenden Kontext zu Uneindeutigkeiten führen könnte, wie in der Aussprache suggeriert wurde. Das ist eine völlig andere Sache, die über rein technische Überlegungen hinausgeht.
Abschließend möchte ich feststellen, dass die Kommission, ausgehend, von diesen Überlegungen, zahlreiche Änderungsanträge uneingeschränkt akzeptieren kann, und ich werde, wenn ich darf, die betreffenden Änderungen nennen. Uneingeschränkt akzeptieren kann die Kommission folgende Änderungsanträge: 1, 2, 4, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 25, 26, 27, 28, 31, 32, 33, 34, 35, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 45, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 64, 65, 66, 68, 69, 70, 74, 75, 77, 78, 79, 80, 82, 83, 85, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 96, 101, 106, 107, 108 und 109. Teilweise akzeptieren kann die Kommission die Änderungsanträge 5, 24, 71, 72, 73, 76, 84, 98, 102, 103, 104 und 105. Nicht akzeptieren kann die Kommission indes die Änderungsanträge 3, 12, 13, 29, 30, 36, 44, 46, 53, 63, 67, 81, 86, 94, 95, 97, 99 oder 100. Die Beweggründe für die Position der Kommission habe ich Ihnen erläutert.
Hiltrud Breyer (Verts/ALE).– Herr Präsident, Herr Kommissar! Dazu eine Frage an Sie: Sie haben den Vorschlag des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter in zwei wesentlichen Punkten, nämlich Elternurlaub und Betriebsrenten – das war das Herzstück dieses Vorschlages –, abgelehnt. Zu den Betriebsrenten haben Sie gesagt, das ist ein sehr wichtiges Thema, und wir werden das irgendwann aufgreifen. Ich bin der Meinung, Herr Kommissar Špidla, Sie haben uns das versprochen, als wir die Richtlinie behandelt haben ...
(Der Präsident unterbricht die Rednerin.)
Herr Präsident! Lassen Sie mich doch bitte die Frage stellen. Sie haben gesagt, dass das ein wichtiges Thema ist, das irgendwann aufgegriffen wird. Ich möchte Sie fragen: Wann wird es aufgegriffen? In welcher Form wird es aufgegriffen werden? Wie sieht Ihr konkreter Zeitplan dazu aus? Ich möchte Sie wirklich bitten, zu den Betriebsrenten Stellung zu beziehen – das haben Sie auch zugesichert –, weil es in der Tat gegen den Vertrag verstößt, ...
(Der Präsident bricht die Rede ab.)
Der Präsident.(PL) Entschuldigen Sie bitte, aber dies hat nichts mit der Frage zu tun, mit der wir uns hier gerade befassen. Dabei geht es um ein völlig anderes Thema. Aber Ihnen sei diese Frage gestattet, und ich möchte den Kommissar bitten, sich dazu zu äußern.
Vladimír Špidla,Mitglied der Kommission. (CS) Wie ich es sehe, ist aus der Aussprache eindeutig hervorgegangen, dass der Sinn dieses Vorschlags für eine Richtlinie in technischen Verbesserungen an der gegenwärtig gültigen EU-Gesetzgebung und nicht in der Aufnahme umfangreicher, weit reichender Änderungen besteht. Aus diesem Grund kann die Kommission die beiden wichtigen Änderungsanträge, auf die sich Frau Breyer bezog, nicht annehmen, denn das wäre unvereinbar mit den der Ausarbeitung dieser Richtlinie zugrunde liegenden Absichten. Die beiden von ihr genannten Fragen sind von solcher Bedeutung, dass ich mich mit ihnen im Laufe meiner Tätigkeit befassen werde. Allerdings kann ich dem Hohen Haus an dieser Stelle keine genauen Daten nennen. Es sind jedoch Fragen, über die wir in allernächster Zukunft diskutieren werden, und ich bin ziemlich sicher, dass sich dazu bei der Debatte über das Grünbuch zum demografischen Wandel in der nächsten Woche Gelegenheit bieten wird. Wie wir jedoch zu einer Schlussfolgerung gelangen, ist noch offen, und es wäre nicht angebracht, in dieser Angelegenheit weiter ins Detail zu gehen.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.00 Uhr statt.
30. Auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbares Recht (Rom II)
Der Präsident. Nach der Tagesordnung folgt der Bericht von Frau Wallis im Namen des Rechtsausschusses über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („ROM II“) (KOM(2003)0427 – C5-0338/2003 – 2003/0168(COD)) (A6-0211/2005).
Franco Frattini,Vizepräsident der Kommission. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, hat die Kommission eine Maßnahme für die Leistung von Schadenersatz vorgeschlagen, mit der drei Ziele verfolgt werden sollen.
Erstens sollen Lösungen vorgegeben und somit Rechtssicherheit für die Bürger und die Wirtschaftsteilnehmer gewährleistet werden, die Opfer schädigender Handlungen sind.
Zweitens sollen die Regelung von Streitigkeiten vor Gericht erleichtert und die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen gefördert werden.
Drittens geht es offenkundig darum, die Behandlung solcher Streitfälle maximal zu erleichtern.
Um diese Ziele zu erreichen, haben wir eine allgemeine Kollisionsnorm vorgeschlagen, wonach der Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, d. h. der Ort des direkten Schadens, erheblich ist. Wir haben uns für diesen Ansatz entschieden, weil es sich dabei um die in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten am weitesten verbreitete Lösung und unseres Erachtens auch um die Lösung handelt, die den Parteien am ehesten gleichermaßen gerecht wird.
Der Vorschlag der Kommission enthielt ferner einige Sonderbestimmungen, die zum Beispiel die Produkthaftung und die Haftung für Umweltschädigungen betreffen. Ich glaube, dass für diese speziellen Bereiche mit der allgemeinen Kollisionsnorm nicht immer ein angemessener Interessenausgleich erreicht werden kann, weshalb hierfür besondere Vorschriften erforderlich sind.
Die Initiative sieht eine gewisse Flexibilität für die Gerichte vor, um ihnen die Berücksichtigung außergewöhnlicher Umstände zu ermöglichen. Diese Flexibilität muss jedoch begrenzt sein, um zu vermeiden, dass das allgemeine Ziel, nämlich die Sicherheit der Rechtsverhältnisse, gefährdet wird. In diesem Zusammenhang ist klar, dass eine vollkommene Ermessensfreiheit des Richters die Erreichung der Rechtssicherheit, die eines der Hauptziele dieser Initiative darstellt, erschweren würde, da die Wirtschaftsteilnehmer und die Bürger im Voraus wissen wollen, welches Recht auf ihre Situation anwendbar ist.
Im Lichte des bisher Gesagten möchte ich der Berichterstatterin zu ihrem qualitativ hochwertigen, nach sehr gründlichen Konsultationen entstandenen Bericht gratulieren und ihr für ihre Entschlossenheit, zügig vorzugehen, damit der Bericht noch vor der Sommerpause angenommen werden kann, meinen Dank aussprechen.
Der einzige problematische Aspekt besteht meines Erachtens in dem übertriebenen Flexibilitätsrahmen, der den Gerichten durch die Änderungsanträge der Berichterstatterin eingeräumt wird, damit sie von Fall zu Fall besondere Umstände berücksichtigen können. Dieser übermäßige Ermessensspielraum droht die objektive Sicherheit der Rechtsverhältnisse zu gefährden.
Zudem fällt es uns schwer, die Änderungsanträge zur Streichung der Sondervorschriften zu akzeptieren. Ich habe die Produkthaftung erwähnt, die den vollständigen Schutz des Verbrauchers vorsieht, oder die Haftung für Umweltschäden. Meiner Auffassung nach wäre es gefährlich, diese Bestimmungen aufzuheben.
Hingegen stimme ich der von der Berichterstatterin gefundenen Lösung für sensible Bereiche, wie die Verleumdung durch die Medien und das Verhältnis zwischen dem internationalen Privatrecht und dem Binnenmarkt, vollkommen zu. Es handelt sich um zwei äußerst heikle Bereiche, zu denen meines Erachtens ein zufriedenstellender Kompromiss erzielt wurde.
Was schließlich die Schäden durch Verkehrsunfälle anbelangt, so möchte ich Frau Wallis noch einmal dazu beglückwünschen, dass sie sich mit dieser Frage, die von großer praktischer Bedeutung für die Bürger ist, eingehend beschäftigt hat. Die Kommission schließt sich dem Bestreben an, diese Materie, beispielsweise im Rahmen der Anwendung von „Rom 2“, weiterhin sehr gründlich zu analysieren.
Diana Wallis (ALDE), Berichterstatterin.–(EN) Herr Präsident! Meines Erachtens ist dieser Vorschlag sowohl für Europa als auch für das Parlament bahnbrechend. Er deckt im Bereich des anwendbaren Rechts eine so breite Palette an Zivil- und Handelssachen ab wie kein anderes geschlossenes Regelwerk zuvor. Somit haben wir jetzt einen potenziellen Fahrplan für den Bereich Rechtsstreitigkeiten und Rechtsschutz, der bei der gerichtlichen Zuständigkeit auf den Strukturen der Brüssel-I-Verordnung aufbaut.
Es ist das erste Mal, dass das Parlament in diesem Bereich des internationalen Privatrechts als Mitgesetzgeber fungiert. Ich bin stolz darauf, dass unser Ausschuss die politische Debatte in einigen für uns eher untypischen Bereichen anstoßen konnte. Lassen Sie mich zu einigen dieser Punkte kurz ein paar Worte sagen.
Wir haben lange und intensiv nach der Grundkonzeption gesucht, die für eine optimale Rechtsprechung an unseren Gerichten am besten geeignet erscheint. Die Lösung dürfte – lassen Sie es mich einmal so formulieren – in einem gewissen Maß an Subsidiarität für unsere Richter bestehen. Demnach hätten die Gerichte klare Vorgaben der Kommission zu befolgen, verfügten jedoch darüber hinaus bei der juristischen Klärung der vielen unterschiedlichen Sachverhalte über einen eigenen Ermessensspielraum. Hier wird deutlich, dass es bei der von der Kommission angewandten Methode naturgemäß schwierig ist, unerlaubte Handlungen zu charakterisieren. Unser Ansatz vermeidet dieses Problem, es sei denn, es lassen sich gute Definitionen finden. Auf dieser Basis würde ich den Änderungsantrag meiner sozialdemokratischen Kollegin zur Produkthaftung akzeptieren. Ich glaube, er enthält gute Definitionen und Regelungen und würde die Diskussion bereichern.
Zum Thema Verkehrsunfälle und Personenschäden im Allgemeinen haben wir deutlich gemacht, dass wir es ungerecht finden, der am Unfallort gängigen Praxis zu folgen. Lassen Sie mich das anhand eines Beispiels illustrieren: Einer meiner Wähler hatte einen Unfall in Spanien. Ihm wurden nach spanischem Recht 4000 GBP angeboten. Nach englischem Recht würde er jedoch 43 000 GBP erhalten, und in England muss er ja seinen Lebensunterhalt bestreiten. Dieses Problem muss in Angriff genommen werden – wenn nicht hier, dann in einem weiteren Vorschlag oder einer Studie der Kommission.
Was die Anwendung ausländischen Rechts betrifft, so wird der Erfolg von „Rom II“ von der guten justiziellen Zusammenarbeit, der korrekten Anwendung und der gegenseitigen Achtung der jeweiligen innerstaatlichen Rechtsvorschriften abhängen. Das bisherige Ergebnis ist durchwachsen. Die Gerichte vermeiden es oft, ausländisches Recht anzuwenden. Die Gerichte und Parteien sollten – oder müssen – sich mit dieser Thematik auseinander setzen, sonst verschwenden wir hier alle nur unsere Zeit. Es handelt sich hier um eine Angelegenheit, die genau beobachtet werden muss, wenn es im Bereich der Zivil- und Handelssachen wirklich zu einem gemeinsamen Rechtsraum kommen soll.
Zum Thema Verleumdung – einem Punkt, zu dem das Parlament ja tätig werden sollte – bin ich den Kollegen vom Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres für ihre Stellungnahme dankbar. Ich persönlich teile Ihre Ansicht, bin jedoch seit jeher der Meinung, dass wir noch mehr tun müssen, um die Bedenken der Medien in punkto Meinungsfreiheit zu berücksichtigen.
Wir haben jetzt einen Kompromiss, der vom gesamten politischen Spektrum und – wichtiger noch – von Verlagen und Journalisten mitgetragen wird. Zwar muss noch abgewartet werden, ob er technisch umsetzbar ist, er weist jedoch die Richtung für erneute Diskussionen in der Kommission und im Rat. Er zeigt, was beim Abwägen zwischen Meinungsfreiheit und Schutz vor Verleumdung vertretbar ist.
Abschließend noch ein paar Worte zum Herkunftslandprinzip, einem altbekannten Thema: Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass dies kein Rechtswahl-Prinzip ist – es wird Ihnen nicht die Frage beantworten, welches Recht bei einem Streit zwischen zwei Parteien angewendet werden sollte. Wenn Sie im Herkunftslandprinzip dennoch eine Antwort sehen, dann wahrscheinlich keine Antwort im Sinne der Befürworter des Prinzips. Es ist ein wichtiger Grundsatz des Gemeinschaftsrechts im Bereich des öffentlichen und staatlichen Rechts und sollte daher voll zum Tragen kommen. Ich glaube, wir haben dem Prinzip mit unserem Kommissionsbericht ein entsprechendes Gewicht verliehen. Ich hoffe, dass daran auch die Änderungsanträge der verschiedenen Parteien nichts ändern werden.
Ich möchte allen im Rechtsausschuss und im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres danken, die unsere Arbeit an diesem Bericht unterstützt haben. Mein Dank gilt auch dem Sekretariat des Rechtsausschusses, das uns mit umfangreichen Recherchen geholfen und viel für diesen Bericht, auf den wir als Ausschuss stolz sein können, beigetragen hat.
Barbara Kudrycka (PPE-DE),Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. – (PL) Herr Präsident! Ich möchte mich dem Kommissar anschließen und Frau Wallis ebenfalls meinen aufrichtigen Dank aussprechen, da sie in ihrem Bericht großes Einfühlungsvermögen bewiesen hat und bei vielen schwierigen Fragen Kompromisse erzielen konnte.
Wenngleich es sich hierbei um eine fachlich komplexe Verordnung handelt, stellt sie eine wichtige Etappe beim Aufbau eines einheitlichen europäischen Rechtssystems in Zivilsachen dar. Ohne ein solches System wäre es wesentlich schwieriger, einen funktionierenden Binnenmarkt aufrechtzuerhalten, und obwohl Letzterer hin und wieder kritisiert wird, bildet er doch die Grundlage für die europäische Integration. Aus diesem Grund kommt sämtlichen Bemerkungen, die vom Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und insbesondere vom Rechtsausschuss angebracht wurden, entscheidende Bedeutung zu.
In Anbetracht der kurzen Frist und vor allem angesichts seines Zuständigkeitsbereichs hat sich der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres in erster Linie auf Artikel 6 der Verordnung konzentriert. Darin ist festgelegt, welches Recht Anwendung finden soll, wenn die Ehre und das Ansehen einer Person verletzt werden bzw. wenn eine Person oder ein Unternehmen durch Medienveröffentlichungen diffamiert wird. Außerdem ist darin vorgesehen, dass dieses Recht im Falle eines Rechtsstreits angewendet werden muss. Gemäß der von mir verfassten Stellungnahme des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres muss die Europäische Union ihren Bürgern ein hohes Maß an Rechtssicherheit gewährleisten. Sofern eine Veröffentlichung die Ehre und das Ansehen einer Person verletzt, müssen die subjektiven Rechte dieser Person unbedingt geschützt werden, und dies sollte in dem Land geschehen, wo die strafbare Handlung begangen wurde.
Bei unseren Überlegungen sind wir davon ausgegangen, dass die Medienfreiheit in Europa derzeit keiner Bedrohung ausgesetzt ist, da sie gegenwärtig sowohl durch die Verfassungen der Mitgliedstaaten als auch durch die Rechtsprechung der europäischen Gerichte geschützt ist. Ferner konnte im Rechtsausschuss ein Kompromiss erzielt werden, der in einen Änderungsantrag mündete, in dem einerseits dem Standpunkt des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres Rechnung getragen wird und andererseits ein so präziser Rechtsrahmen festgelegt wird, dass die europäischen Verleger zufrieden sein können. Ich befürworte diese Änderungsanträge, denn dadurch wird – insbesondere in Verbindung mit der Brüssel-I-Verordnung – zum einen sichergestellt, dass die Verleger Rechtsschutz genießen, zum anderen aber auch gewährleistet, dass die Rechte der Opfer einklagbar sind.
Rainer Wieland, im Namen der PPE-DE-Fraktion.– Herr Präsident! Ich möchte mich ebenfalls bei der Berichterstatterin für die Behandlung dieser schwierigen Materie bedanken. Am Ende waren es nur noch wenige, aber besonders umkämpfte Punkte. Diesen will ich mich jetzt ausdrücklich nicht zuwenden, ich möchte unter Berücksichtigung dessen, was in den letzten Wochen erörtert wurde, vielmehr zwei Punkte behandeln, in denen dieser Rechtsakt in praktischer wie in grundsätzlicher Hinsicht Fortentwicklungen bringt.
Zum einen handelt es sich – dies wurde in dieser Debatte bereits beleuchtet – beim klassischen Fall des Verkehrsunfalls, glaube ich, um eine sachdienliche Fortentwicklung und Abrundung. Dies ist der Fall, bei dem man am ehesten und am meisten erleben kann, dass die Bürger mit Europa im eigentlichen Sinne des Wortes „kollidieren“ und sich hinterher fragen: Wie weit gehen denn meine Rechte?
Der zweite Punkt ist grundsätzlicher Art, nämlich das Presserecht. Hier haben wir in den letzten Wochen erlebt, dass die vierte Gewalt, die genau beobachtet, wie die drei ersten Gewalten miteinander zusammenarbeiten, und die gewissermaßen die erste Lobby des Bürgers ist, selber zur Lobby wird. Man könnte mit Blick auf das Caroline-Urteil meinen, dass dieser Bereich nur die reichen, schönen, berühmten, wichtigen oder adligen Menschen betrifft. Aber in seiner Ausformung kann er auch den normalen Menschen betreffen, wie wir nicht erst seit der verlorenen Ehre der Katharina Blum wissen. Wir leben in der Morgendämmerung eines europäischen Grundrechtsverständnisses. Wir müssen akzeptieren, dass dieses Grundrechtsverständnis auch die Kollision zwischen der Meinungsfreiheit und der Persönlichkeitsrechte mit sich bringen kann. Deshalb ist es gut, dass wir hier einerseits den Versuch einer praxistauglichen Abgrenzung unternehmen, andererseits aber auch eine Überprüfungsklausel in die Verordnung aufnehmen.
Ein letzter Punkt, ganz unspektakulär, aber wichtig: Frau Wallis hat vorgeschlagen, dass wir eine neue Möglichkeit zulassen sollten, dass Recht sich fortentwickelt ...
(Der Redner beendet seinen Beitrag vorzeitig.)
Katalin Lévai, im Namen der PSE-Fraktion. – (HU) Auch ich möchte die Berichterstatterin beglückwünschen und die Aufmerksamkeit auf ein oder zwei Punkte lenken. Meines Erachtens stellen schlüssige, vereinheitlichte europäische Verordnungen im internationalen Privatrecht in außervertraglichen zivil- und handelsrechtlichen Schuldverhältnissen einen bedeutenden Schritt für die weitere Entwicklung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts bei der Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres dar. Wir stellen fest, dass die wirtschaftliche Mobilität und die Mobilität der Bürger mit der Integration des Binnenmarkts zugenommen haben, und daher sind Fragen zur Entschädigungsverpflichtung auf diesem Gebiet zum Alltag geworden und könnten vielleicht mehrere internationale Komponenten enthalten. In solchen Fällen ist eine Konsolidierung der gültigen rechtlichen Bestimmungen auf europäischer Ebene aus mehreren Gründen unaufschiebbar, und ich bin der Ansicht, dass diese Verordnung diesem Bedarf Genüge tut.
Dies ist vom Standpunkt der Unternehmen überaus wichtig, da ihnen einheitliche Rechtsvorschriften Rechtssicherheit, Vorhersehbarkeit und Stetigkeit garantieren. Auch für die Bürger, Verbraucher und potenziellen Geschädigten und Opfer ist sie von Vorteil, da Bestimmungen niedergelegt werden, die ihrem Schutz dienen und die einschlägigen Rechtsvorschriften transparenter gestaltet werden. All dies wird dazu beitragen, die Europäische Union auch über ihren Legislativprozess den Bürgern näher zu bringen. Ein besonderes Verdienst der Bestimmungen des Entwurfs besteht darin, dass sie die Arbeit des Europäischen Gerichtshofs bei der Auslegung des Rechts berücksichtigen und gleichzeitig erleichtern. Insbesondere möchte ich die Aufmerksamkeit auf das breite Spektrum lenken, das von den Bestimmungen des Verordnungsentwurfs abgedeckt wird – vom Verbraucher erlittene Schäden und der Produkthaftung über Verkehrsunfälle und Umweltschäden bis hin zur Diffamierung. Als ungarische Abgeordnete des Europäischen Parlaments betrachte ich die Konsolidierung des europäischen Rechts bei der Haftung für internationale Umweltkatastrophen als einen besonders wichtigen Aspekt. Ich erinnere nur an die von Rumänien verursachte Zyanid-Verseuchung des Flusses Theiß vor einigen Jahren und an das Projekt Rosia Montana. Ich wiederhole: Diese Verordnung stellt im Hinblick auf Rechtssicherheit, Vorhersehbarkeit und Transparenz einen bedeutenden Schritt nach vorn dar.
Monica Frassoni, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte der Kommission und Frau Wallis für ihre ausgezeichnete Arbeit, die zu einem zweckentsprechenden Legislativtext geführt hat, danken.
Gleichwohl sind wir über einen Punkt des Textes sehr bestürzt und hoffen, dass es uns gelingt, Frau Wallis zur Änderung ihrer Auffassung zu bewegen. Es geht um Artikel 7 betreffend eine Sonderbestimmung für Umweltschädigungen. Wir halten es nicht für angebracht, diese spezielle Regelung zu streichen und glauben vielmehr, dass die Streichung dieser Sondervorschrift in der Gesamtökonomie des Berichts von Frau Wallis den Vorschlag der Kommission um ein wesentliches Element ärmer machen würde.
Bezüglich der Umweltschädigungen ist meines Erachtens auf europäischer Ebene, wie auch in vielen Mitgliedstaaten, das Recht noch sehr unzulänglich und es besteht keine Rechtssicherheit, weshalb es nicht von Vorteil wäre, den Geschädigten diese Wahlmöglichkeit zu nehmen.
Meine Fraktion hat beschlossen, Stimmenthaltung zu üben, falls dieser Punkt des Berichts von Frau Wallis gebilligt werden sollte. Allerdings hoffen wir, dass wir Frau Wallis bis morgen dazu bewegen können, diesen Änderungsantrag zurückzunehmen.
Franco Frattini,Vizepräsident der Kommission. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde mich wirklich sehr kurz fassen. Ich möchte nochmals der Berichterstatterin und allen Abgeordneten, die das Wort ergriffen haben, danken.
Ich möchte lediglich auf einen Punkt hinweisen, der bereits erörtert wurde. Erstens ist, wie ich vorhin gesagt habe, auch die Kommission der Auffassung, dass den besonderen Bereichen wie etwa dem Umweltschutz eine differenzierte Behandlung gebührt, und deshalb erlaube ich mir, das Augenmerk der Berichterstatterin auf diesen Gesichtspunkt zu lenken.
In Bezug auf die Verleumdung durch die Medien bekräftige ich meine Anerkennung für den Kompromiss, den die Berichterstatterin der Kommission vorgeschlagen und den die Kommission gebilligt hat.
Zu den Änderungsanträgen, die nach der Abstimmung im Rechtsausschuss eingereicht wurden, muss ich sagen, dass sie meiner Meinung nach die Gefahr in sich bergen, in Wirklichkeit eine bloße und simple Variante des Herkunftslandprinzips, das heißt eine Variante eines Grundsatzes wiederzugeben, den wir meines Erachtens nicht in diesem Haus festlegen und beschließen können.
Abschließend betone ich erneut meine Wertschätzung für den ersten im Rechtsausschuss erzielten und angenommenen Kompromiss, muss jedoch zugeben, dass ich gewisse Bedenken bezüglich des zweiten Änderungsvorschlags, d. h. der Änderungsanträge 56 und 57, habe.
Der Präsident.Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.00 Uhr statt.
Fausto Correia (PSE). – (PT) Zum Bericht von Frau Wallis (A6-0211/2005) über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) möchte ich sagen, dass ich zur Gewährleistung der Meinungsfreiheit in Verbindung mit einem Rechtsrahmen für den Schutz der Privatsphäre und Rechtssicherheit für Journalisten und Medien in der Europäischen Union wie folgt abgestimmt habe:
a) für die Änderungsanträge 57 zu Artikel 6 und 56 zu Erwägung 12, sowie
b) gegen Änderungsantrag 10 zu Erwägung 12 Buchstabe a und Änderungsantrag 54 zu Erwägung 26 Buchstabe a, beide aus Randnummer 3.
31. “No Fly“-Listen / Fluggastdatensätze
Der Präsident. Nach der Tagesordnung folgt die Erklärung des Rates zu „No Fly“-Listen/Fluggastdatensätzen.
Franco Frattini,Vizepräsident der Kommission.(EN) Herr Präsident! Wie Sie wissen, haben die US-amerikanischen Behörden im Hinblick auf den uns allen bekannten Zwischenfall mit einem KLM-Flug darauf hingewiesen, dem Flugzeug sei die Nutzung des Luftraums der USA verweigert worden, nachdem zwei der Passagiere über die erweiterten Fluggastdaten (API) identifiziert worden waren. Bei den erweiterten Fluggastdaten handelt es sich im Wesentlichen um Pass- und Ticket-Informationen, die beim Check-in erfasst werden, um am Zielort die Einreiseformalitäten zu beschleunigen. Die Übertragung der erweiterten Fluggastdaten durch die Fluggesellschaften vor der Ankunft am Zielort ist gängige Praxis. Laut den der Kommission zur Verfügung stehenden Informationen senden die Fluggesellschaften diese Daten jedoch nur an die Grenzkontrollbehörden. Diese Informationen werden von den US-Behörden jedoch nicht über computergesteuerte Buchungssysteme eingesehen. Die Kommission möchte zudem erneut klarstellen, dass die betreffenden Passagiere nicht auf Grundlage der Fluggastdatensätze (PNR) identifiziert werden konnten. Denn dieses Instrument gilt nicht für Flugzeuge, die die USA überfliegen, sondern nur für Flüge mit Ausgangs- und Endpunkt in den USA. Daher ist es auch für den KLM-Zwischenfall nicht von Belang.
Die Kommission vertritt die Ansicht, dass die Verwendung der erweiterten Fluggastdaten durch die US-Behörden kein Unterlaufen des PNR-Abkommens darstellt, sie wird die Angelegenheit jedoch aufmerksam verfolgen und im Rahmen einer gemeinsamen Bewertung zur Sprache bringen. Die Kommission möchte betonen, dass die Fluggesellschaften gegenwärtig nicht verpflichtet sind, den USA erweiterte Fluggastdaten auch von Passagieren zur Verfügung zu stellen, die die USA überfliegen. „No Fly“-Listen werden von den US-Behörden erstellt und enthalten die Namen von Passagieren, denen sie die Einreise in die USA aufgrund von internen Informationen und risikorelevanten Bewertungskriterien nicht gestatten möchten. Diese Listen werden von den USA erstellt, und daher sind nur die USA dafür verantwortlich. Die Europäische Union verfügt über eine strenge Politik zur Sicherheit in der Luftfahrt, doch die „No Fly“-Listen gehören nicht dazu.
Nach Ansicht der Kommission bedeutet die Existenz einer „No Fly“-Liste nicht, dass die darin enthaltenen Passagiere irgendeines Vergehens verdächtigt werden. Die USA haben einfach beschlossen, dass sie die Einreise der entsprechenden Passagiere in ihr Land aus verschiedenen Gründen und aufgrund von Kriterien, die eher allgemeiner Natur sind, nicht wünschen.
Natürlich ist es für diejenigen, denen die Einreise in die USA nicht gestattet wird, sehr ärgerlich, dass ihre Namen auf der „No Fly“-Liste stehen. Deshalb wird die Kommission bei ihren Gesprächen mit den USA um eine entsprechende Klärung bitten. So ist zum Beispiel die frühzeitige und effektive Weiterleitung von aktualisierten „No Fly“-Listen an die Fluggesellschaften ein entscheidender Punkt. Die Kommission wird daher mit den US-Behörden über die Bedeutung dieser Kriterien sprechen, um in Zukunft Fälle einer irrtümlichen Aufnahme in die Liste zu vermeiden.
Seit Beginn der EU-USA-Gespräche im März 2003 konnte die Kommission von den USA über ihren Kongress die Ernennung eines Datenschutzbeauftragten erwirken. Dieser gehört zum Ministerium für innere Sicherheit und muss jährlich vor dem Kongress Bericht erstatten. Seine Entscheidungen sind für das Ministerium verbindlich. Der Datenschutzbeauftragtehat zugesagt, solche Fälle besonders zügig zu bearbeiten, die von Datenschutzbehörden in der Europäischen Union im Namen von Bürgern eingereicht werden, die der Meinung sind, ihre Klagen seien durch das Ministerium für innere Sicherheit nicht zufrieden stellend bearbeitet worden. So sollen sich die Bürger der EU einer fairen Behandlung sicher sein.
Die gemeinsame Bewertung der von den USA ergriffenen Maßnahmen wird durch die US-amerikanischen Behörden und die Kommission erfolgen, wobei Letztere von Vertretern der europäischen Strafverfolgungsbehörden und des Datenschutzes unterstützt werden wird. Die gemeinsame Bewertung wird nach der Sommerpause stattfinden, voraussichtlich im September. Ziel ist es, ein klares Bild von den ergriffenen Maßnahmen zu erhalten. Die Kommission hat vor, das Parlament über das Ergebnis der gemeinsamen Beurteilung und bedeutende Entwicklungen zu informieren.
Abschließend möchte ich erwähnen, dass nationale Datenschutzbehörden Teil des von der Kommission geleiteten Teams sein werden, das die gemeinsame Bewertung vornehmen wird. Das dürfte es den nationalen Datenschutzbehörden, der so genannten Artikel-29-Gruppe, ermöglichen, die Umsetzung der Maßnahmen umfassend zu beurteilen. Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Zusammenarbeit zwischen der Artikel-29-Gruppe und der Kommission trotz unterschiedlicher Meinungen zum PNR-Paket der USA ausgezeichnet ist und wir auch weiter zusammenarbeiten werden.
Georg Jarzembowski, im Namen der PPE-DE-Fraktion.– Herr Präsident, sehr verehrter Herr Kommissar! Für meine Fraktion kann ich erklären, dass Ihre Erläuterungen zu dieser Frage sehr überzeugend waren.
Lassen Sie uns einmal festhalten, dass es gut ist, dass wir eine gemeinsame Bewertung der Absprachen zu den PNR-Daten vornehmen wollen. Wir sind hier in einer schwierigen Situation. Es gilt, das Interesse eines jeden Mitgliedstaates innerhalb der Union auf der einen Seite und der USA auf der anderen Seite, am Schutz vor terroristischen Akten gegen den Schutz der Personendaten der einzelnen Bürger abzuwägen. Das ist ein schwieriger Prozess.
Ich hoffe, dass die Amerikaner auch das einhalten, was sie uns versprochen haben, nämlich dass die Daten, die wir ihnen liefern, nur zum Schutz gegen Terrorismus gesammelt und ausgewertet werden, dass sie entsprechend vernichtet werden, wenn sie nicht mehr benötigt werden, und dass wir uns gegenseitig über die Probleme der inneren Sicherheit informieren. Ich glaube schon, dass wir eine gute Chance haben, dass die Absprache zwischen der Europäischen Union und den USA zu einem Ergebnis führt, das sowohl die Datenschutzbestimmungen erfüllt als auch unsere gemeinsame Sorge in Bezug auf terroristische Angriffe mindert.
Aber lassen Sie uns einen Blick in die Zukunft werfen! Ich finde eines wichtig – und das müssen wir den Amerikanern auch immer wieder sagen: Unilaterale Sicherheitsbestimmungen mögen wie nicht, denn wir wollen unsere Bürger genau so schützen, wie die Amerikaner ihre Bürger schützen wollen. Deshalb, glaube ich, ist dieser Ansatz richtig, Herr Kommissar: Lassen Sie uns mit den USA gemeinsam die Risiken für unsere Passagiere bewerten und gemeinsame Schlussfolgerungen ziehen, so dass wir gemeinsam die Sicherheit unserer Bürger erhöhen können!
Martine Roure, im Namen der PSE-Fraktion.– (FR) Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar! Wir danken Ihnen für alle Ihre Erläuterungen, Herr Kommissar. Allerdings bleibt festzustellen, dass die USA versuchen, Europa eine zunehmende Anzahl von Verpflichtungen im Sicherheitsbereich aufzuerlegen, und wir fühlen uns nach wie vor nicht sicher. Daher wenden wir uns gegen das Abkommen über die Übermittlung von Fluggastdaten durch die Fluggesellschaften an die amerikanischen Behörden.
Bei der Terrorismusbekämpfung gilt es, das Gleichgewicht zwischen der Sicherheit und der Freiheit der Bürger zu wahren. Nun stehen aber die fraglichen Übereinkommen in keinem Verhältnis zu ihren Zielen. Man kann nicht alle Bürger von vornherein als Terroristen behandeln. Daher wird ein Abkommen mit den USA nur dann annehmbar sein, wenn dem systematischen Transfer personenbezogener Daten über alle Fluggäste ein Ende gesetzt wird.
Wie Sie sagten, Herr Kommissar, wurde unlängst ein Flugzeug der Fluggesellschaft KLM mit dem Ziel Mexiko auf Betreiben der USA umgeleitet. Dieser Vorfall zeigte erneut, dass die Rechte der europäischen Bürger nicht ernst genommen werden. Wie konnten die amerikanischen Behörden an die Daten über die Passagiere dieses Fluges gelangen, wo dieser doch ihr Territorium gar nicht zum Ziel hatte? Wurden übrigens die Fluggastdaten weitergegeben, und wenn ja, mit welchem Recht? Welche Maßnahmen kann die Kommission konkret ergreifen, um diesen Praktiken endgültig ein Ende zu setzen, die eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts, vor allem der Datenschutzrichtlinie, darstellen? Sie sagten, sie hätten eine Verpflichtungserklärung erhalten. Wie aber können wir überprüfen, ob diese Verpflichtung eingehalten wird? Kann uns die Kommission versichern, dass die US-amerikanischen Behörden nicht unbeschränkt Zugriff auf die Buchungssysteme der Fluggesellschaften haben?
Dieser repressiven Sicht auf die Terrorismusbekämpfung muss Europa seine eigene Sicht entgegensetzen. Wir erkennen an, dass eine wirksame Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit erforderlich macht, aber die europäische Politik der Terrorismusbekämpfung muss unter der uneingeschränkten Achtung der Rechte der Bürger, insbesondere ihres Rechts auf Freizügigkeit und ihres Rechts auf den Schutz ihrer Privatsphäre, entwickelt werden.
Sophia in 't Veld,im Namen der ALDE-Fraktion. –(EN) Herr Präsident, Herr Kommissar! Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns hier zu später Stunde treffen, um die Thematik der Fluggastdaten zu besprechen.
Herr Kommissar, Sie erwähnten den KLM-Zwischenfall und versicherten uns, die USA seien auf völlig legitimem Wege zu den Daten gelangt. Aber mich beruhigt dies ebenso wenig wie Frau Roure, da wir bisher nie eine klare Antwort erhalten haben. In dem vorliegenden Fall haben die USA die APIS-Daten anscheinend von Mexiko bekommen. Woher hat Mexiko die Daten? War es Mexiko erlaubt, die Daten an die USA weiterzugeben? Gilt ein solches Abkommen auch für Flüge durch den Luftraum der USA? Wir hätten gern eine genaue Antwort und keine allgemeinen Versicherungen. Vergangene Woche waren wir in den USA, um über diese Thematik zu sprechen. Ich habe das Gefühl, dass die USA möglicherweise auf der Basis des PNR-Abkommens direkten Zugang zur Datenbank haben.
Zweitens würde ich gern Näheres über die „No Fly“-Listen der US-Behörden erfahren. Sie sagten, die auf diesen Listen vermerkten Passagiere seien nicht unbedingt gefährlich; aber ich finde es schon bemerkenswert, dass die US-Behörden sie für gefährlich genug halten, um ihnen die Nutzung des US-Luftraums zu verweigern und sie wieder in die Europäische Union zurückzuschicken, ohne die EU-Behörden zu informieren – sie unterrichten ja lediglich die Fluggesellschaften. Offensichtlich gelten diese Passagiere als gefährlich für die USA, jedoch nicht für Europa.
Was die jährliche gemeinsame Bewertung betrifft, so sagten Sie, Sie wollen den Schutz der Privatsphäre bewerten. Ich hoffe, dass Sie auch die Effektivität der Maßnahmen in diese Bewertung mit aufnehmen werden. Das Wort „Sicherheit“ ist hier bereits mehrmals gefallen, aber mich würde interessieren, wie viele Schurken gefasst worden sind, wie viele Anschläge verhindert worden sind und wie viele Fehler – falsche Verdächtige – es dabei gegeben hat.
Die gemeinsame Bewertung sollte eigentlich im Mai stattfinden. Jetzt ist sie auf September verschoben worden. Nach meinen Informationen ist der Grund für die Vertagung, dass die USA nicht in der Lage oder nicht willens waren, uns Zugang zu den angeforderten Daten zu verschaffen. Könnten Sie, Herr Kommissar, uns hier ein Licht aufstecken?
Stavros Lambrinidis (PSE). – (EL) Herr Präsident! Ich werde Griechisch sprechen. Entweder spreche ich sehr, sehr schnell und niemand wird übersetzen, oder ich spreche sehr schnell bzw. etwas langsamer. Ich bitte Sie um Nachsicht.
Wie viele „No-Fly“-Passagierlisten gibt es derzeit in Amerika und wie wird eine fälschliche Wiedererkennung vermieden? Wie viele Namen wurden diesen Listen hinzugefügt und auf welche Weise ist dies geschehen? Mit welchen Zielsetzungen und auf welche Weise wird der Versuchung vorgebeugt, sie für andere Zwecke zu verwenden? Wie sicher sind die Namen und Daten vor unautorisiertem Zugriff und unautorisierter Benutzung? Wie effektiv sind die Listen im Endeffekt bei der Identifizierung von Terroristen, wenn, wie wir alle wissen, die Namen mutmaßlicher Terroristen nicht auf die Listen gesetzt worden sind, um zu verhindern, dass sie den Fluggesellschaften bekannt werden und durchsickert, dass sie unter Beobachtung stehen? Und wie können die Bürger ihre Daten einsehen und korrigieren?
Das sind nicht meine Fragen. Der amerikanische Kongress selbst hat sie der US-Regierung gestellt. Für amerikanische Bürger mögen dies bereits schwierige Fragen sein, doch sie sind doppelt problematisch, wenn sie europäische Bürger betreffen. Die Kommission muss hier mit den USA zusammenarbeiten und sich darum bemühen, gemeinsam politische Konzepte zu formulieren, die unsere Belange betreffen.
Herr Kommissar! Im März 2005 hat der Congressional Research Service einen Bericht vorgelegt, der sich mit eben diesem Thema befasst. Darin wird im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben, festgestellt, dass die PNR-Daten für das Flugsicherheitsprogramm verwendet werden, das ausschließlich Inlandsflüge und nicht die internationalen Flüge betrifft. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen die Seite und die Details geben.
Abschließend möchte ich sagen, dass derzeit drei große Gefahren bestehen: Die Bürger kontrollieren nicht die Behörden; es sind die Behörden, die die Bürger kontrollieren und überwachen.
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Franco Frattini,Vizepräsident der Kommission. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde mich ebenfalls äußerst kurz fassen, doch halte ich es für angebracht, bestimmte Punkte näher zu erläutern.
In den Gesprächen mit den USA wird die Kommission Klarheit verlangen, um die Anwendung unilateraler Maßnahmen, die die Interessen der europäischen Bürger berühren können, abzuwehren und zu fordern, dass solche Schritte mit den europäischen Institutionen abgestimmt werden.
Ich beziehe mich insbesondere auf die so genannte No-fly-Liste. Wir halten sie für einen ersten wichtigen Schritt, denn gegenwärtig unterliegt die No-fly-Liste der ausschließlichen Verantwortung der USA und gilt nur für das Überfliegen ihres eigenen Hoheitsgebiets.
Für Flüge von oder nach Europa werden wir von den Fluggesellschaften eine Vorankündigung verlangen, um somit Fehler der Vergangenheit, als beispielsweise Personen des gleichen Namens in die No-fly-Liste eingetragen wurden und dadurch nur wegen einer Personenverwechselung ein Flugzeug aufgehalten wurde, zu vermeiden. Durch eine vorherige Unterrichtung der Fluggesellschaften über die Daten der No-fly-Liste könnten solche Fehler ausgeschaltet werden.
Was die von Herrn Lambrinidis angesprochene Frage der secure flights anbelangt, so haben wir sie bereits ausführlich mit den für die Sicherheit des Luftverkehrs zuständigen US-amerikanischen Behörden erörtert.
Es ist mir eine große Genugtuung, Ihnen mitzuteilen, dass die US-amerikanischen Behörden vor kurzem eingewilligt haben, dass die amerikanischen Fluggesellschaften Bürger europäischer Herkunft aus dem Programm der secure flights ausnehmen. Anders ausgedrückt, sie verpflichten sich, keine Datenangaben europäischer Bürger in die Versuche, die mit Inlandsflügen der Vereinigten Staaten von Amerika durchgeführt werden, aufzunehmen. Diese Garantie wurde uns gegeben, doch werden wir trotzdem weiter darüber verhandeln.
Aus technischen Gründen hatten wir keine Möglichkeit, dieses Treffen früher abzuhalten. Gleichwohl fand vor einigen Wochen eine Videokonferenz statt, und der Dialog wird bei der vorhin von mir erwähnten Begegnung im September fortgesetzt. Ich für meinen Teil werde unmissverständlich die vollständige Wahrung des Datenschutzes der Unionsbürger fordern. Ich habe das bereits gegenüber Staatssekretär Chertoff anlässlich unseres Treffens vor einigen Tagen in Sheffield deutlich erklärt, und ich werde das auch weiterhin tun.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
32. Belarus: Politische Lage und Unabhängigkeit der Medien
Der Präsident. Nach der Tagesordnung folgt die Erklärung der Kommission zur politischen Lage und Unabhängigkeit der Medien in Belarus.
Benita Ferrero-Waldner,Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst all jenen danken, die um eine Aussprache zum Thema Belarus gebeten haben. Seit meinem Amtsantritt als Kommissarin ist dies der dritte Meinungsaustausch zu Belarus. Ein solcher Austausch ist sehr wichtig, denn ich teile Ihre Besorgnis. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Stärkung der Demokratie und die Unterstützung unabhängiger Informationsquellen in Belarus höchste Priorität haben müssen, insbesondere in Hinblick auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen.
Die Europäische Kommission hat ein starkes Interesse daran, dass sich Belarus als demokratischer und stabiler Nachbar erweist, der in nächster Zukunft hoffentlich vollständig von der europäischen Nachbarschaftspolitik profitieren kann.
Die jüngsten Entwicklungen in Belarus haben das politische System des Landes jedoch noch weiter von einer europäischen demokratischen Ordnung und den dazugehörigen Normen und Wertvorstellungen abrücken lassen und das Land auf diese Weise daran gehindert, seinen rechtmäßigen Platz in der Familie der europäischen Nationen einzunehmen. Nach den Parlamentswahlen und dem Referendum in Belarus im vergangenen Jahr, die sehr weit von den internationalen Standards für demokratische Wahlen entfernt waren, bestätigte der Rat der Europäischen Union im November 2004 die Einschränkungen bei den Kontakten mit belarussischen Vertretern auf Ministerebene. Gleichzeitig sandte die Europäische Union eine sehr klare Botschaft an die Bevölkerung und teilte ihr mit, dass wir sie nicht vergessen haben und dass wir unsere Kontakte mit der Zivilgesellschaft verstärken wollen.
Die Europäische Union hat die Verhaftungen und politisch motivierten Gerichtsverfahren gegen potenzielle Gegner von Präsident Lukaschenko stets verurteilt. Wir haben die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und die sofortige Freilassung dieser Menschen gefordert. Wir betrachten diese Aktivitäten des Regimes als Versuch, die Oppositionsführer zu eliminieren, insbesondere im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2006. Die zunehmende Unterdrückung von politischen Parteien, Nichtregierungsorganisationen und unabhängigen Medien beunruhigen uns zutiefst.
Wir beobachten auch die Menschenrechtssituation in Belarus sehr genau. Als klares Signal dafür, dass die Europäische Union Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht toleriert, haben wir im vergangen Jahr hochrangigen offiziellen belarussischen Vertretern Einreiseverbote auferlegt, wobei wir uns auf die Bewertung des Europarats stützten. Es gab den Pourgourides-Bericht zum politisch motivierten Verschwinden von Personen. Das Einreiseverbot wurde später auf diejenigen Beamten ausgeweitet, die vermutlich für die Manipulationen der Wahlen und des Referendums verantwortlich sind, sowie auf die Verantwortlichen für die Unterdrückung von friedlichen Demonstrationen.
Unsere tiefe Besorgnis über die Einhaltung der Gewerkschaftsrechte in Belarus hat zu einer Untersuchung mutmaßlicher Verstöße gegen die Vereinigungsfreiheit sowie das Recht auf Tarifverhandlungen geführt, wie es im Übereinkommen der IAO festgeschrieben ist, insbesondere im Rahmen des APS, dem Allgemeinen Präferenzsystem. Diese Untersuchung könnte letztendlich dazu führen, dass Belarus der Zugang zum APS entzogen wird.
Vor dem Hintergrund der sich verschlechternden Situation in Belarus wird sich die Europäische Union auch weiterhin für die Unterstützung der Zivilgesellschaft und der belarussischen Menschen stark machen. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass die Kommission einer der wichtigsten Geber für Belarus ist und dass wir unsere Hilfe für dieses Land in den vergangenen Monaten effektiver gestaltet haben. In Vilnius wurde speziell zur Koordinierung unserer Hilfe ein Workshop organisiert. Dieser Workshop war sehr wichtig, da er uns die Chance gab, nicht nur die Koordinierung innerhalb der Mitgliedstaaten, sondern auch die Abstimmung mit Ländern wie den USA und Kanada, zu intensivieren.
Wir verfolgen zwei Ziele. Das eine ist die Unterstützung von Menschenrechten, Demokratisierung, Zivilgesellschaft und demokratischen Kräften im engen Sinne des Wortes. Wir widmen der Förderung der Medien, der Nichtregierungsorganisationen, der Stärkung der demokratischen Institutionen und der Rechtsstaatlichkeit besondere Aufmerksamkeit. Diese Unterstützung erfolgt durch die EIDHR – die Europäische Initiative für Demokratie und Menschenrechte – und das Instrument für eine dezentrale Zusammenarbeit. Hier hat es im März zwei Ausschreibungen gegeben, und die Projektauswahl ist bereits abgeschlossen. Die Verträge werden wahrscheinlich im Laufe des Sommers abgeschlossen werden, sodass die Aktivitäten vor Ende des Jahres beginnen können. Es handelt sich um 10 bis 12 Projekte mit dem Schwerpunkt Bildung und Hilfe im Bereich von Rechtsfragen für Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch Nichtregierungsorganisationen. Ich hoffe, dass wir hier ausgezeichnete Ergebnisse erzielen werden.
Das zweite Ziel ist die Unterstützung der Bedürfnisse der Bevölkerung in ganz allgemeiner Hinsicht. Damit meine ich das TACIS-Programm, das sich auf die Unterstützung der Bevölkerung in verschiedenen Bereichen konzentriert, darunter des funktionierenden Gemeinwesens, der nachhaltigen Entwicklung, des Sozialbereichs, der Bildung, der Gesundheit, der Umwelt und der wirtschaftlichen Entwicklung sowie auch der Linderung der durch die Tschernobyl-Katastrophe verursachten Probleme – wobei der letzte Punkt in unserem Hilfsprogramm eine hohe Priorität genießt.
Die Idee der Förderung eines unabhängigen Rundfunksenders, der nach Belarus sendet, ist als effektive und nützliche Antwort auf den Mangel an Alternativen und unabhängigen Informationen in Belarus vorgeschlagen worden. Wir haben uns sorgfältig mit den Möglichkeiten beschäftigt und werden darüber nachdenken, wie wir das angehen könnten. Bei den gegenwärtigen Finanzregelungen ist es nicht leicht, sofort die richtige Lösung zu finden. Zu den Problemen, die Journalisten in Belarus haben, kann ich Ihnen jedoch sagen, dass ein Programm zur Ausbildung von Journalisten läuft und wir bereits viel bewirken konnten. Wir unterstützen den Journalistenverband von Belarus, der dafür sehr dankbar ist. So haben wir uns beispielsweise im Jahr 2004 für die Vergabe des Sacharow-Preises für geistige Freiheit an den Verband ausgesprochen.
Bogdan Klich, im Namen der PPE-DE-Fraktion.–(PL) Herr Präsident! Frau Kommissarin! Dies ist bereits die vierte Entschließung des Parlaments zu Belarus. Es ist jedoch die erste, die unserem tiefen Gefühl der Enttäuschung über das Verhalten der Kommission entspringt. Aus der Sicht des Parlaments ist der Rat ein Verbündeter und die Kommission unser Gegner, zumindest was die Überprüfung der gegenwärtigen Politik gegenüber Belarus angeht. Während der Rat versteht, was in dieser Situation notwendig ist, kann die Kommission überhaupt nicht nachvollziehen, wie die vorhandenen Instrumente abgeändert werden müssen, um die Zivilgesellschaft und den Prozess des demokratischen Wandels in Belarus zu unterstützen.
Die Botschaft, die Javier Solana während seines Treffens in Vilnius mit Condoleezza Rice zur demokratischen Opposition in Belarus aussendete, ist in politischer Hinsicht von Bedeutung. Zugleich ist die Kommission jedoch auch in eine Art Teufelskreis geraten. Sie vertritt die Auffassung, dass der Wandel in Belarus mithilfe der vorhandenen politischen Mechanismen und Instrumente herbeigeführt werden kann. Dem ist jedoch nicht so. Der Wandel kann nicht in dieser Weise auf den Weg gebracht werden, weil diese Instrumente für Länder konzipiert sind, in denen der Prozess des demokratischen Wandels bereits begonnen hat oder in denen die Demokratie schon fest etabliert ist. In keinem Land der Welt wäre es möglich, den demokratischen Wandel mit den Instrumenten einzuleiten, die von der Kommissarin genannt wurden. Wenn wir dies versuchen würden, dann würden wir die politische Glaubwürdigkeit der Europäischen Union aufs Spiel setzen und außerdem Gefahr laufen, dass auf politische Erklärungen künftig keine Maßnahmen mehr folgen.
Vor diesem Hintergrund werden bald – oder besser gesagt im nächsten Jahr – in Belarus Präsidentschaftswahlen stattfinden. Wir müssen den Belarussen bei ihrer Entscheidung helfen. Daher ist es unbedingt erforderlich, dass ihnen zuverlässige und unabhängige Informationen, vor allem mithilfe von Rundfunksendern, zur Verfügung gestellt werden. Ich möchte darauf hinweisen, dass auch in Polen und Litauen Projekte ins Leben gerufen wurden, um unabhängige Rundfunksender aufzubauen. Diese Projekte konkurrierten zunächst miteinander, doch jetzt findet eine Zusammenarbeit statt. Deshalb wird in dem Entschließungsantrag die Einrichtung eines Rundfunknetzes für Belarus gefordert.
Die Regierungen der Mitgliedstaaten haben bereits ihre Unterstützung für diese Projekte zugesagt. Sie sollten allerdings auch seitens der Europäischen Union unterstützt werden. Hier ist ein Umdenken erforderlich. Die Kommission erwägt eine solche Unterstützung nun schon seit acht Monaten, und so kann es einfach nicht weitergehen. Auf genau dieses Problem zielt der Entschließungsantrag ab.
Marek Maciej Siwiec, im Namen der PSE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Im Grunde genommen läuft doch die heutige Aussprache auf eine bloße Beschreibung einer anhaltenden Krise hinaus. Die Nachrichten von dieser Krise sind bei uns eingetroffen, und wir alle haben die Bilder von den Demonstrationen, Opfern und zusammengeschlagenen Menschen gesehen. Diese Personen landen später im Gefängnis, und wir verschicken Protestschreiben und warten darauf, dass die nächsten Bilder im Fernsehen erscheinen. Das heißt, eigentlich können wir nicht viel tun. Wir können nicht viel ausrichten und sollten wenigstens so ehrlich sein, uns das einzugestehen.
Bei der heutigen Aussprache zum Thema Medien geht es nur um einen kleinen Aspekt der harten Realität, mit der sich die Belarussen in sämtlichen Lebensbereichen konfrontiert sehen. Im Namen meiner Fraktion möchte ich die Kommission nachdrücklich auffordern, den Kompromissentschließungsantrag, den wir erarbeitet haben und morgen einreichen werden, als Anregung für ihre weiteren Maßnahmen zu nehmen.
Es gibt noch einen weiteren Punkt, den wir nicht vergessen sollten. Ungeachtet der fortgeschrittenen Stunde und des kleinen Publikums sollten wir ehrlich zu uns selbst sein und uns eingestehen, dass die Europäische Union – womit ich alle Abgeordnete in diesem Parlament und die Mitgliedstaaten meine – machtlos und hilflos sein wird, wenn wir nicht mit Russland Gespräche über das Thema Belarus führen.
Wir reden zwar mit Russland über die unterschiedlichsten Fragen, wobei uns insbesondere das Thema Erdgas und diverse wirtschaftliche Interessen am Herzen liegen, aber nie haben wir Russland nach seiner ehrlichen Meinung zur Lage in Belarus gefragt. Russland und Präsident Putin kommt es doch sehr gelegen, dass es in diesem Teil Europas ein Land gibt, auf das sie herabsehen können und dessen Regime als schwarzes Schaf in Europa angesehen werden kann. Lukaschenko und seine Eskapaden werden toleriert und mit billigem Erdgas und Erdöl unterstützt, und die Europäische Union ist damit einverstanden. Wir sollten uns zumindest eingestehen, dass das Lukaschenko-Regime Russland ganz gelegen kommt und uns das nicht weiter stört.
Angesichts der in Belarus herrschenden Verhältnisse mutet die Verurteilung von Michail Chodorkowski fast wie eine Bagatelle an. Wir raufen uns die Haare und protestieren gegen die Behandlung von Chodorkowski, doch über die anonymen Opfer des Lukaschenko-Regimes wird kaum ein Wort verloren. Wenn wir nicht konkrete Schritte zur Stärkung der Zivilgesellschaft unternehmen, dann werden diese Menschen ihr wichtigstes Gut verlieren – die Hoffnung. Das wäre wirklich das Ende.
Anne E. Jensen, im Namen der ALDE-Fraktion.–(DA) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Sie haben die gegenwärtige Lage in Belarus sehr lebhaft beschrieben. Die Dinge entwickeln sich dort in die falsche Richtung, und das ist natürlich umso bedrückender, als insbesondere in den anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion ein Geist der Erneuerung herrscht, den man in Belarus überhaupt nicht beobachten kann.
Sie erwähnen eine lange Liste von laufenden Programmen. Ich denke allerdings, dass Herr Klich ganz Recht hatte, wenn er sagte, viele der EU-Programme richteten sich auf Nachbarländer mit einer gewissen demokratischen Struktur. Anders ist es, wenn wir es mit einer Diktatur zu tun haben wie im Fall von Belarus. Für dieses Land braucht man andere Instrumente. Bekanntlich stellt Tacis umfangreiche Mittel zur Lösung von Umweltproblemen und für die Klärung von Fragen der Grenzüberwachung bereit. Wie können wir jedoch wissen, ob Präsident Lukaschenko diese Mittel im Interesse der EU verwaltet?
Ich denke daher, dass der Vorschlag in der Entschließung, über die wir morgen abstimmen sollen, völlig richtig ist. Diese Entschließung ist ein Dokument, das die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa uneingeschränkt und vorbehaltlos befürworten kann. Es ist wichtig, dass wir das Recht auf freie Meinungsbildung in Belarus unterstützen, und wir haben schlicht und einfach eine Verpflichtung, einige dieser Projekte anzupacken, die vom finanziellen Standpunkt aus äußerst bescheiden sind, aber für die Moral der Kämpfer für Demokratie in Belarus unglaublich viel bedeuten. Sie müssen hören und verstehen, dass es Menschen gibt, die sich über ihre Situation im Klaren sind, die hinter ihnen stehen und sie von ganzem Herzen unterstützen. Mit ihrem Kampf setzen sie alles aufs Spiel, und ihr Leben ist in großer Gefahr. Wir müssen ihnen von außen helfen. Wir tragen eine Verantwortung, und ich denke, Sie sollten uns erklären, was Sie praktisch unternehmen werden.
Konrad Szymański,im Namen der UEN-Fraktion.– (PL) Herr Präsident! In den vergangenen Wochen hat das Lukaschenko-Regime auf seine Liste fragwürdiger Praktiken noch einen weiteren Punkt gesetzt. Das Regime hat damit begonnen, die nationalistische Karte gegen die polnische Gemeinschaft in Belarus auszuspielen, obwohl diese seit jeher in diesem Land lebt.
Gegen den Bund der Polen in Belarus wurde seit der Wahl einer neuen demokratischen Regierung ständig Hetze betrieben, obwohl sich diese Organisation aus der belarussischen Innenpolitik vollkommen heraushält. Die polnisch-deutsche Zeitung wurde verboten, und in den staatlichen Medien wird offiziell Propaganda gemacht, wobei die Polen als Agenten ausländischer Kräfte dargestellt werden, die von der NATO und der CIA finanziert werden und praktisch ein blutige Revolte gegen den belarussischen Staat vorbereiten.
Die EU-Politik muss eine Antwort auf solche Geschehnisse bieten. Meiner Meinung nach sollte über ein erhöhtes Maß an Solidarität nachgedacht werden, die zwischen den Ländern auf Regierungsebene sowie im Rahmen der europäischen und transatlantischen Politik geübt wird. Was die Kommission angeht, müssen die Handlungskonzepte auf die Umsetzung ganz konkreter Projekte wie der Unterstützung der unabhängigen Medien ausgerichtet sein.
Frau Kommissarin! An dieser Stelle möchte ich einen Punkt ganz besonders unterstreichen. Dieses Parlament wird sicherlich keinerlei Verständnis aufbringen, wenn sich die Kommission während dieser Wahlperiode als passiv und zögerlich erweist. Sollten Sie an Ihrem bisherigen Vorgehen festhalten, dann werden Sie nur noch mehr Reibungspunkte zwischen dem Parlament und der Kommission erzeugen. Sie lassen uns keine andere Wahl, Frau Kommissarin!
Aldis Kušķis (PPE-DE). – (LV) Herr Präsident, meine Damen und Herren, Frau Kommissarin! Lukaschenko, der Diktator von Belarus, baut erfolgreich ein totalitäres Regime auf, wobei er von den Klassikern des sowjetischen totalitären Kommunismus lernt und sie lobpreist. Diesmal benutzt er allerdings nicht die Diktatur des Proletariats und die kommunistische Ideologie als Maske, sondern zerstört systematisch die bürgerlichen und politischen Freiheiten der Menschen von Belarus sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung und wahrheitsgemäße Information. Die Menschen in Belarus erhalten von den versklavten Medien peinlich genaue Berichte über die Heldentaten des Diktators. Im Radio sind Freudengesänge zu hören, und eine Propagandamaschinerie à la Goebbels zerstört das Vertrauen der Gesellschaft. Das Bedürfnis nach demokratischen Freiheiten wird zerstört, die Hoffnungslosigkeit macht die Träume der Menschen und den Glauben in ihre eigenen Stärken zunichte. Wie kann dieser Prozess, der den Menschen zum „Mankurt“ macht, gestoppt werden? Wie können wir die noch intakten Schösslinge der Zivilgesellschaft erhalten? Wie können wir im Lande selbst die Forderung nach ehrlicher und wahrheitsgemäßer Information wiederbeleben?
Das wird uns gelingen, wenn die Europäische Union ihren eigenen Rechten und Pflichten nachkommt, wenn wir dem Recht und der Pflicht zur Schaffung eines freien Informationsraums mit den Haushaltsmitteln nachkommen, denen dieses Jahr bereits zugestimmt wurde. Ich fordere die Europäische Kommission auf, ihre übertriebene Diplomatie aufzugeben und ihren Pflichten nachzukommen. Zurzeit hängt der Beginn der Ausstrahlung von unabhängigen Radiosendungen allein vom guten Willen der Europäischen Kommission ab. Finanzielle, technische und organisatorische Fragen können im Laufe dieses Jahres gelöst werden. In diesem Augenblick stehen Berufsjournalisten zum Verfassen objektiver Inhalte bereit. Diese Arbeit wäre ihnen eine noch größere Ehre als der Sacharow-Preis, der ihnen im vergangenen Jahr vom Europäischen Parlament verliehen wurde. Ich fordere Sie auf, diesen Entschließungsantrag zu unterstützen. Unterstützen Sie ihn und setzen Sie ihn um, damit Belarus nicht zu einem totalitären Staat wird.
Joseph Muscat (PSE).–(EN) Herr Präsident! Niemand von uns muss der Frau Kommissarin erklären, was in Belarus vor sich geht. Frau Kommissarin, ich glaube, dass Sie auf unserer Seite sind. Lassen Sie uns jetzt aber Nägel mit Köpfen machen. Das ist unser gemeinsamer Appell an Sie.
Vorschriften sind ein Mittel zum Zweck, doch nicht der Zweck selbst. Wir können den Menschen in Belarus nicht sagen, dass wir ihnen gerade nicht helfen können, weil wir uns an komplizierte Vorschriften halten müssen. Lassen Sie uns diese Vorschriften ändern.
Einer der Hauptakteure beim Aufstellen von Regeln und ihrer Durchsetzung ist das Parlament. Lassen Sie uns schauen, was wir da tun können. Wir alle wünschen uns beim Rundfunksender-Projekt ein ganz konkretes Engagement, Direktbeihilfen für die Familien von Opfern des Regimes – die sich in einer Notlage befinden – und drittens und vor allem einen konkreten, realistischen Zeitplan. Ich verstehe, was Sie meinen, wenn Sie einen Zeitplan nennen, der hoffentlich nach der Sommerpause beginnen und für die nächste Zukunft gelten soll, wir sollten jedoch einen konkreten Zeitplan für bestimmte Veranstaltungen haben, die bereits innerhalb der nächsten zwölf Monate stattfinden können.
Rolandas Pavilionis (UEN).(LT) Die Europäische Humanistische Universität, die vor einem Jahr in Minsk geschlossen wurde, ist kürzlich in Vilnius wiedererstanden. Historisch waren die Universitäten in Europa die Vorläufer der Europäischen Union. Die eigentlichen Wurzeln der Europäischen Union liegen in den Universitäten, denn die Universitäten beruhen auf Gedankenfreiheit. Deshalb begrüßen wir die Wiedereröffnung der Europäischen Humanistischen Universität in der Entschließung, die wir dem Parlament im Namen der Union für das Europa der Nationen vorlegen. Wir freuen uns auch über die Bemühungen der Republik Litauen zur Verbreitung von Demokratie, Gedankenfreiheit und Menschenrechten durch Bildung, indem eine gebildete Generation für ein neues Land vorbereitet wird, ein Land, das der Europäischen Union benachbart ist, aber sich noch in den Klauen einer Diktatur befindet. Daher wenden wir uns an die Europäische Kommission, an die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und rufen Sie auf, dem Beispiel der Geber in Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika zu folgen und diese Universität auf jede nur mögliche Weise zu unterstützen. Wir sind gewiss, dass wir so das Reich der Freiheit, in dem die Freiheit eines Volkes, die Solidarität und die Zusammenarbeit der Würde des Einzelnen – unserer eigenen Würde – dienen, wirklich ausweiten werden.
Charles Tannock (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich interessiere mich seit langem für Belarus und bin nie für den vollständigen Abbruch der Kontakte zu den belarussischen Behörden gewesen, vor allem was Bereiche betrifft, die für beide Seiten wichtig bzw. brisant sind, wie der Menschenhandel oder Handelsfragen. Es stimmt auch, dass sich das bisherige Vorgehen der EU nicht ausgezahlt hat. Das Regime von Präsident Lukaschenko hat zu einer Art Festungsmentalität Zuflucht genommen, und die zunehmende Paranoia in Bezug auf die Absichten der EU, der USA und manchmal sogar Russlands hat zu wachsender Unterdrückung und autoritären Maßnahmen geführt.
Die Demokratie ist angesichts der Scheinwahlen und der unbegrenzten Amtsdauer für den Präsidenten faktisch aufgehoben, auch wenn die GUS-Beobachter etwas anderes behaupten. Die Menschenrechte werden mit Füßen getreten, Oppositionelle verschwinden auf unerklärliche Weise. Die Justiz ist alles andere als unabhängig und stellt die Kampagne des stellvertretenden Staatsanwaltes Paval Radzivonaw als Hauptdrahtzieher des scharfen Vorgehens gegen Zeitungen wie die „Nowaja Gaseta Smorgoni“ und „Wremja“nicht in Frage. Die kriminelle Verurteilung von Oppositionellen wie Michail Marinitsch ist ein weiterer Beweis dafür. Jetzt gibt es praktisch keine Pressefreiheit, Zeitungen werden aufgelöst und Journalisten einschließlich Auslandskorrespondenten schikaniert oder mit Geldstrafen belegt. Theoretisch können Belarussen für Kritik am Präsidenten sogar in Arbeitslager gesteckt werden. Eine Journalistin, Veronika Tscherkassowa, wurde im vergangenen Jahr unter mysteriösen Umständen ermordet.
In punkto Medienfreiheit befindet sich Belarus nun auf einer Stufe mit einigen Pariastaaten der Welt wie Kuba, Birma, Nordkorea und Iran. Die EU und die USA sind sich in der Verurteilung dieses brutalen Regimes und der Verhängung intelligenter Sanktionen gegen dessen Vertreter einig.
Ich bin ein starker Befürworter eines unabhängigen Rundfunksenders, der von der EU nach Belarus sendet, sowie der finanziellen Unterstützung belarussischer Journalisten und der Zivilgesellschaft. Ich hoffe, dass die Tage dieses schrecklichen Regimes gezählt sind und es bald von der europäischen Landkarte verschwinden wird.
Benita Ferrero-Waldner,Mitglied der Kommission.(EN) Herr Präsident! Ich glaube, wir vertreten eigentlich dieselbe Meinung. Es handelt sich hier um ein Regime, in dem die Freiheit mit Füßen getreten wird, wir müssen also etwas tun, wie ich bereits dreimal gesagt habe. Es war die Kommission, die sich bereit erklärt hatte, mit einigen Mitgliedstaaten in Litauen gemeinsam geeignete Strategien zu erarbeiten.
Die richtigen Strategien gibt es nun, das Problem sind jedoch unsere Finanzvorschriften. Diese wurden auf Wunsch des Parlaments eingeführt. Warum? Weil es in der Vergangenheit Unregelmäßigkeiten gegeben hat – jetzt sind wir dadurch aber sehr eingeschränkt. Für mich ist es sehr schwierig, entgegen den Finanzvorschriften zu handeln, deshalb dauert vieles so lange. Ich kann nicht einfach Geld an Nichtregierungsorganisationen verteilen. Dies muss im Einklang mit den Vorschriften geschehen, und die sind sehr kompliziert und streng. Wenn wir die Vorschriften ändern wollen – und ich hätte nichts dagegen, sie zu vereinfachen, – dann brauche ich offen gesagt die Unterstützung des Parlaments, sonst kann ich gar nichts tun. Ich möchte nicht, dass man mir – wie anderen Kollegen in der Vergangenheit – Unregelmäßigkeiten vorwirft. Ich bin immer flexibel und offen. Ich werde die Angelegenheit prüfen, aber das dauert lange. Die Umsetzung der Vorhaben kann Monate dauern, wir befinden uns jedoch auf dem richtigen Weg.
Meines Erachtens ist es nicht korrekt zu sagen, der Rat hätte da andere Vorstellungen. Der Rat ist uns gefolgt. Wir haben angefangen, mit ein paar Mitgliedstaaten und mit vielen NRO zu arbeiten, der Rat ist jedoch nicht verantwortlich für die Umsetzung. Die Umsetzung muss durch uns erfolgen, im Einklang mit der Finanziellen Vorausschau, den Vorschriften und im Rahmen der uns auferlegten Beschränkungen. Das ist der eigentliche Kern des Problems. Das sollten Sie wissen, deshalb sage ich das hier ganz klar und offen.
Es stimmt auch nicht, dass wir diese Thematik nicht mit Russland besprechen. Natürlich tun wir das. Leider sieht die Realität jedoch so aus, dass Russland bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts verändert hat, und solche Veränderungen scheinen für Russland schwierig zu sein. Aber ich stimme Ihnen da völlig zu – und wir waren uns auch während des Seminars einig –, dass wir auf die Medien zugehen und direkt Kontakt mit ihnen aufnehmen sollten; wir sollten Journalisten schulen.
Wir sollten auch mit der Ukraine zusammenarbeiten. Wir arbeiten mit unseren polnischen und litauischen Kollegen zusammen, und wir werden auch zunehmend mit Ukrainern zusammenarbeiten, da sie besseren Zugang haben als wir. Es stimmt, dass Lukaschenko nun strengere Maßnahmen umsetzt, weil er befürchtet, dass sich in seinem Land ähnliche Ereignisse wie in der Ukraine, Georgien und Kasachstan abspielen könnten.
Das ist die reale Lage, doch mehr Informationen kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht geben. Wir arbeiten an der Umsetzung, die leider länger dauert, als mir lieb ist. In meiner früheren Position als österreichische Außenministerin gab ich Anweisungen, die dann befolgt und manchmal innerhalb von Monaten umgesetzt wurden. In der Kommission ist das komplexer. Wir müssen genau aufpassen, dass es nicht zu Unregelmäßigkeiten kommt. Wenn Sie bereit sind, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen, bin ich es auch.
Der Präsident. Ich teile Ihnen mit, dass ich gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung sieben Entschließungsanträge erhalten habe(1).
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Donnerstag um 12.00 Uhr statt.
33. Ursprungsregeln im Rahmen der Präferenzhandelsregelungen
Der Präsident. Nach der Tagesordnung folgt die mündliche Anfrage von Herrn Barón Crespo im Namen des Ausschusses für internationalen Handel an die Kommission zu den Ursprungsregeln im Rahmen der Präferenzhandelsregelungen (KOM(2005)0100 endgültig)) (B6-0329/2005).
Enrique Barón Crespo (PSE), Verfasser. – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel möchte ich zunächst Herrn Kommissar Kovács begrüßen und ihm sagen, dass wir ihn gern im Ausschuss für internationalen Handel empfangen würden, um eine erste Debatte über die von uns gemeinsam behandelten Fragen zu führen. Ich sage ihm das direkt in dieser sehr intimen Atmosphäre zu dieser späten Stunde.
Ich möchte meine Genugtuung und die meines Ausschusses über die Verabschiedung der APS-Verordnung im April zum Ausdruck bringen, obwohl es bedauerlich ist, dass sie nicht zum vorgesehenen Termin angenommen wurde, um die vom Tsunami betroffenen Länder begünstigen zu können. Und was die Ursprungsregeln anbelangt, so haben wir das Recht, regelmäßig über die durch Komitologie durchgeführten Verfahren informiert zu werden, obwohl natürlich das Parlament aufgrund des Ratsbeschlusses aus dem Jahre 1999, der die Verfahren für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse festlegt, in der Frage der Verordnung zur Anwendung des Zollkodexes weder über eine Mitentscheidungsbefugnis verfügt noch konsultiert werden muss.
Dies würde bedeuten, dass die Generaldirektion Steuern und Zollunion unseren Ausschüssen, wie im Fall der Generaldirektion Handel, von der wir regelmäßig die Dokumente des Ausschusses 133 erhalten, die Entwürfe der Ausführungsmaßnahmen sowie die Ergebnisse der Abstimmungen und die Sitzungsprotokolle übermittelt.
Dies stimmt mit unseren in der Geschäftsordnung festgelegten Zuständigkeiten überein, die nicht nur die kommerziellen Fragen, sondern auch die wirtschaftlichen und kommerziellen Beziehungen mit Drittländern betreffen. Wir sind daher interessiert und bereit, Herr Kommissar, unsere jeweiligen Tagesordnungen zu konsultieren, um vernünftige Beziehungen mit Ihnen einzugehen, wozu Debatte, Dialog und Kontrolle gehören.
Was die vorgeschlagene Reform angeht, so glauben wir, dass die aus Sicht der Vereinfachung, Flexibilisierung und Kontrolle angesprochenen Fragen wichtig sind; ich werde kurz auf sie eingehen.
Was die Vereinfachung anbelangt, so halten wir die Beseitigung einer langen Liste von Bedingungen, die den Exporteuren auferlegt werden, und die Ausstellung des Herkunftsnachweises einzig nach dem Kriterium der Wertschöpfung für positiv. In diesem Zusammenhang möchten wir baldmöglichst die durchgeführten Impaktstudien oder Simulationen erhalten, aus denen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Errichtung von Wertschöpfungsschwellen auf den Warenaustausch und die begünstigten Länder hervorgehen.
In Bezug auf die Erhöhung der Flexibilität glauben wir, dass die Ermöglichung einer regionalen Kumulation zwischen Ländern, die ein und derselben Region angehören, die wirtschaftliche Integration zwischen ihnen fördern wird, was unserer grundlegenden Philosophie entspricht und auch vorteilhafte Wirkungen haben kann.
Schließlich müssen wir in der Frage der Kontrolle einen Vorschlag zur Errichtung neuer Kontrollmechanismen unterbreiten, um sicherzustellen, dass es nicht zu einer Anhäufung von bürokratisch-administrativen Verfahren kommt, die von der Anwendung der Mechanismen zur Nutzung der Präferenzen abschrecken können.
Wir halten diesen Zeitpunkt, an dem sowohl in diesem Parlament als auch in der UNO, der OSZE und auf dem G-8 eine lebhafte Debatte über die Erreichung der Millennium-Ziele und den Kampf gegen die Armut stattfindet, für sehr gut geeignet, um eine Reform der Ursprungsregeln durchzuführen, die unsere Märkte öffnet und diejenigen Länder begünstigt, die dies am nötigsten haben. Das ist der Zweck dieser Anfrage, und wir möchten gern die derzeitigen Ansichten der Kommission dazu erfahren.
László Kovács,Mitglied der Kommission.(EN) Herr Präsident! Die Mitteilung vom 16. März 2005 enthält allgemeine Leitlinien für die künftige Ausrichtung der Ursprungsregeln im Rahmen der Präferenzhandelsregelungen. Es handelt sich hier um einen dreigleisigen Ansatz, der als Ganzes betrachtet werden sollte: erstens Vereinfachung und angemessene Lockerung des Regelinhalts, zweitens verbesserte Verfahren für die Anwendung und Durchsetzung der Regelungen und drittens sichere Rahmenbedingungen für legitimen Handel, insbesondere durch die zielgerichtete Überwachung der Einhaltung der Regelungen. Die Leitlinien sollten nach und nach in allen Bereichen Anwendung finden, der Schwerpunkt liegt jedoch in erster Linie auf der Entwicklung der einzelnen Zollpräferenzen.
Die Kommission zieht in Erwägung, die zahlreichen und komplexen Regelungen zur Bestimmung des Ursprungs von Erzeugnissen, die nicht vollständig in einem Land hergestellt werden, durch ein einziges, übergreifendes und auf dem Wertzuwachs beruhendes Konzept zu ersetzen und so formal zu vereinfachen. Durch die Definition eines Schwellenwertes wäre dieses Konzept zudem flexibel genug, um die Ursprungsanforderungen an den gewünschten Marktzugangsergebnissen und der Entwicklung der begünstigten Länder zu orientieren. Mithilfe dieses Konzepts ließe sich definieren, wann Materialien in einem Land oder einer Kumulierungszone als „in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet“ gelten, wenn sie aus anderen Ländern stammen und es ließe sich anhand von unterschiedlichen Schwellenwerten auch der Ursprung von Erzeugnissen in Kumulierungszonen ermitteln.
An dieser Stelle möchte ich auf Ihre zweite Frage eingehen: Wie ich eingangs andeutete, muss die Notwendigkeit einer Lockerung in Abhängigkeit von den gewünschten Ergebnissen gesehen werden, zu denen nicht nur eine durch das APS hervorgerufene verstärkte Exporttätigkeit zählt, sondern in erster Linie auch die Entwicklung der begünstigten Länder. Vor diesem Hintergrund sind die zur Festlegung eines Schwellenwertes anzuwendenden Kriterien davon abhängig, wie sich die neuen Regelungen auf die Entwicklung auswirken werden.
Deshalb macht das Wertzuwachs-Konzept den Anfang. Die Kommission hat mit entsprechenden Studien begonnen, um die Auswirkungen dieses Konzepts auf solche Erzeugnisse zu testen, die für die Entwicklungsländer von besonderer Bedeutung sind – wie Textilien, landwirtschaftliche Erzeugnisse und Fischereiprodukte – und die im Bereich Zölle und Märkte für die Gemeinschaft sensibel sind (bislang wurde der Ursprung solcher Erzeugnisse nicht auf der Grundlage des Wertzuwachses ermittelt). Die Studie wird dabei helfen, die entsprechenden Kriterien festzulegen und herauszufinden, ob ein Konzept des Wertzuwachses mit den jeweiligen Schwellenwerten sowohl für die in ausreichendem Maße erfolgte Be- oder Verarbeitung als auch die Kumulierung im Einklang mit den Prinzipien der Vereinfachung steht und der Entwicklung der Länder zuträglich ist. Sollte die Studie ergeben, dass das Konzept des Wertzuwachses für bestimmte Sektoren nicht die gewünschten Ergebnisse zeitigt, würde die Kommission ein anderes Konzept annehmen, um diesen Zielsetzungen besser gerecht zu werden.
Was Ihre erste Frage anbelangt, so ist die Kommission bereit, dem Parlament die Einzelheiten zu erläutern. Bei der Studie geht es aber darum, wie die einzelnen Erzeugnisse und Länder für die Simulationen ausgewählt werden und welche Schritte zur Auswertung der Ergebnisse erforderlich sind.
Die Schwellenwerte werden im Rahmen der künftigen Kommissionsverordnung zur Modifizierung der APS-Ursprungsregeln festgelegt. Daran wird das Parlament in Einklang mit dem Ausschussverfahren mitwirken. Sobald die Kommission in der Lage ist, die Prüfung des Verordnungsentwurfs durch den Ausschuss für den Zollkodex formal einzuleiten, wird der Entwurf dem Parlament zugänglich gemacht.
Zu Ihrer dritten Frage: Die Kommission hat über die Idee, globale Kumulierung zwischen allen begünstigten Ländern des APS zuzulassen, sorgfältig nachgedacht. Das ginge weit über die regionale Kumulierung hinaus. Ursprungskumulierung sollte, um tatsächlich etwas zu bewirken, eine zusätzliche Möglichkeit zum Erwerb von Vormaterialien aus solchen Ländern sein, die verlässliche Wirtschaftspartner sind und daher weniger Beschränkungen als andere Länder auferlegen.
Eine Erweiterung der Beschaffungsmöglichkeiten auf alle Entwicklungsländer würde das eigentliche Konzept der Kumulierung untergraben, wenn man davon ausgeht, dass die Vormaterialien, die in den Entwicklungsländern zur Herstellung von Produkten für den Export in die EU unter dem APS verwendet werden, zumeist aus anderen Entwicklungsländern stammen. Eine globale Kumulierung dieser Art würde nämlich die normalen Ursprungsanforderungen ersetzen. Die Hauptbegünstigten einer solchen Situation wären wieder einmal die größten Exportnationen und nicht die ärmsten und schwächsten Länder, deren Interessen mit entsprechenden Schwellenwerten besser gedient wäre.
Um tatsächlich etwas zu bewirken, muss die Kumulierung für solche Ländergruppen möglich sein, die gegenseitige und ausgewogene wirtschaftliche Interessen haben. Wie in der Mitteilung bereits hervorgehoben wurde, schließt das nicht aus, bereits bestehende Kumulierungszonen zu erweitern oder Gruppen wie ASEAN und SAARC zusammenzulegen. Der Wunsch nach Kumulierung muss jedoch von den Ländergruppen selbst kommen und durch die notwendigen Instrumente zur Verwaltungszusammenarbeit in Ursprungsfragen unterstützt werden.
Die Kommission steht dem Parlament für Informationen zur weiteren Entwicklung dieser wichtigen Angelegenheit zur Verfügung. Herr Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel, ich wäre jederzeit bereit, einer Einladung zur Teilnahme an Ihren Sitzungen zu folgen.
Maria Martens,im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Als wir damals im März über das Handelspräferenzsystem für Entwicklungsländer sprachen, forderten wir die Kommission zur Überprüfung der Ursprungsregeln auf, um insbesondere eine bessere Nutzung des Systems sicherzustellen. Deshalb stimmt es uns froh, dass dies im Werden begriffen ist. Begonnen wurde im März, und die endgültigen Vorschläge dürfen wir in diesem Herbst erwarten. In dieser Hinsicht möchte ich Ihnen drei Fragen stellen.
Die erste bezieht sich auf die Kumulierung. Die Kommission hat bereits zu verstehen gegeben, dass sie die regionale Kumulierung stärken will, was ich für außerordentlich wichtig halte, und dass sie die regionenübergreifende oder eventuell die globale Kumulierung weiterentwickeln möchte. Kann die Kommission zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon Näheres dazu sagen?
Die zweite Frage betrifft die Nutzung des Allgemeinen Präferenzsystems. Die größten Vorteile genießen vornehmlich nur eine Hand voll Länder, einschließlich China. Wir stehen vor der schwierigen Aufgabe, die Anpassungen derart zu gestalten, dass die bedürftigsten Länder tatsächlich von diesem System Gebrauch machen und machen können. Wie gedenkt die Kommission dies zu bewerkstelligen? Zieht die Kommission einen niedrigeren Schwellenwert für die regionale Kumulierung für die LDC in Erwägung?
Zum Schluss möchte ich noch ein paar Worte zur Möglichkeit für potenziellen Missbrauch und Betrug verlieren, was tatsächlich ein Problem ist. Korrekturen erhofft man sich durch eine Lockerung der Ursprungskriterien und eine Vereinfachung der Verwaltungsverfahren sowie durch flexiblere Bedingungen für die regionale Kumulierung. In dieser Beziehung war eine Risikoanalyse vorgesehen. Von der Kommission möchte ich wissen, ob diese Analyse mittlerweile durchgeführt wurde und ob sich der Kommissar dazu äußern kann.
Antolín Sánchez Presedo, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Als Berichterstatter über das Allgemeine Präferenzsystem und als Schattenberichterstatter zur Reform der Ursprungsregeln möchte ich unterstreichen, dass es sehr wichtig ist, die von der Union anerkannten Präferenzen effektiv anzuwenden und deren Empfänger wirklich zu begünstigen. Das Hauptinteresse des Parlaments besteht darin, die Erfüllung dieser Absicht zu gewährleisten, und deshalb möchte ich einige Fragen ansprechen, wobei ich mit den Zielsetzungen Ihrer Mitteilung übereinstimme.
In Bezug auf die Vereinfachung möchte ich zunächst hervorheben, dass eine Sonderbehandlung der am wenigsten entwickelten Länder notwendig ist und dass es anerkannt niedrigere Schwellenwerte und die Möglichkeit von Mindestregeln zu ihren Gunsten geben muss. Gleichzeitig erfordert die Errichtung von Wertschöpfungsschwellen als dem einzigen Kriterium die Berücksichtigung bestimmter Kollateralprobleme, da diese Forderung für Unternehmen aus den am wenigsten entwickelten Ländern, die ziemlich anspruchsvolle Buchführungs- und Buchprüfungssysteme benötigen würden, sehr kostenaufwändig sein kann. Wenn wir dieses Kriterium zu den Nettoproduktionskosten der verschiedenen Länder in Verbindung mit Wechselkursen, Löhnen und Rohstoffpreisen in Beziehung setzen, kann das System noch komplizierter werden, was zur Ausgrenzung in den am wenigsten entwickelten Ländern mit billigen Arbeitskräften führen kann.
Was die flexiblere Gestaltung der Ursprungsregeln anbelangt, so möchte ich die Notwendigkeit hervorheben, dass Länder, die die gleiche Präferenzbehandlung genießen, wenngleich sie unterschiedlichen geografischen oder kommerziellen Regionen angehören, in der Lage sein müssen, untereinander zu akkumulieren. Wir würden dies für eine kohärente Regel und es gleichzeitig für notwendig halten, die Möglichkeit der bilateralen Kumulation mit der Europäischen Union zu akzeptieren, damit die in einem begünstigten Land erzeugten Endprodukte, die aus der Gemeinschaft stammende Materialien enthalten, ebenfalls die Präferenzen genießen können.
Hinsichtlich der Kontrollmaßnahmen möchte ich unterstreichen, dass wir Impaktstudien und Simulationen brauchen, und ich fordere Sie auf, die Positionen der Zivilgesellschaft anzuhören und die Überwachung des Systems zu gewährleisten, indem Sie das Parlament entsprechend informieren.
László Kovács,Mitglied der Kommission.(EN) Herr Präsident! Ich habe das große Interesse des Parlaments an der grundlegenden, von der Kommission eingeleiteten Überarbeitung der Ursprungsregeln mit Freude zur Kenntnis genommen. Wir verfolgen eindeutig dieselben Ziele.
Obwohl die APS-Ursprungsregeln Priorität haben, werden die Leitlinien der Mitteilung der Kommission auch Einfluss auf die Überprüfung der Ursprungsregeln anderer Vereinbarungen haben, insbesondere im Bereich der Verhandlungen zwischen den AKP-Staaten und der EU zum Abschluss neuer Handelsabkommen.
Ich möchte erneut darauf hinweisen, dass zwar die formale Beteiligung Ihrer Institution auf dem Rechtsrahmen für die Definition der Ursprungsregeln im Rahmen der Präferenzhandelsregelungen beruht, ich es aber als äußerst wichtig erachte, dass Ihr Ausschuss umfassend informiert wird und die Möglichkeit hat, sich zur Einführung von Gebühren für einen besseren Marktzugang und eine bessere Marktentwicklung zu äußern.
Damit Erzeugnisse im Rahmen der regionalen Kumulierung als „in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet“ eingestuft werden können, muss festgestellt werden, aus welchem Land dieser Region die Erzeugnisse stammen. Dies ist wichtig, da es in einer Region Entwicklungsländer geben kann, die von verschiedenen Präferenzhandelsregelungen des APS profitieren, und Mehrfachvergünstigungen sollten vermieden werden. Zu diesem Zweck wird ein Kumulierungs-Schwellenwert festgelegt werden, um festzustellen, ob es sich bei den Produkten um Ursprungserzeugnisse aus dem Endverarbeitungsland handelt. Dieser Schwellenwert sollte niedriger sein als der Schwellenwert für Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, um die Beschaffung in der Kumulierungszone zu fördern, muss aber gleichzeitig hoch genug sein, um Mehrfachvergünstigungen zu vermeiden. Die Entwicklungsländer werden diesen Schwellenwert leichter erreichen.
Eine Überarbeitung der Ursprungsregeln ist für die Verbesserung der Handelsmöglichkeiten der ärmsten und schwächsten Länder der Welt von entscheidender Bedeutung. Wir müssen gewährleisten, dass wir unsere Versprechen halten können. Zu einigen weiteren Einzelheiten der Anfrage werden wir uns schriftlich äußern.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
34. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll