12. Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgen die Ausführungen von einer Minute zu Fragen von politischer Bedeutung.
Marianne Thyssen (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Heute begehen wir den Europäischen Tag der Sprachen. Wir feiern die sprachliche Vielfalt, die Teil unseres kulturellen Erbes ist und unsere Gesellschaft bereichert. Schon als kleines Mädchen lernte ich das Sprichwort: „So viele Sprachen du sprichst, so oft bist du Mensch“. Auf der Website der Kommission, auf der eine Erklärung von Kommissar Figel' erscheint, ist dieses Sprichwort offensichtlich auch bekannt. Das sollte uns in diesem Parlament darin bestärken, mit ganzer Kraft für vernünftige Programme, die das Sprachenlernen möglichst vieler Menschen fördern, einzutreten.
Gleichwohl sollten wir als Parlament auch erkennen, dass die Einhaltung interner Vorschriften im Bereich der sprachlichen Vielfalt Ausdruck der Achtung aller Menschen ist und zum demokratischen Funktionieren unserer Institution beiträgt. Deshalb erscheint es mir dringend geboten, obgleich mir nicht viel Zeit zur Verfügung steht, Sie speziell auf zwei Probleme aufmerksam zu machen.
Erstens sollten wir uns nach wie vor bemühen und all jenen, die in unserem Haus tätig sind, Mitgliedern und Bediensteten, die Möglichkeit einräumen, Sprachkurse zu belegen, und zweitens müssen Sie unsere Bediensteten weiterhin zur genauen Einhaltung unserer internen Sprachreglungen anhalten. Was immer wir auch unternehmen, wir dürfen nicht nachlassen und dem Beispiel des Rates folgen, im Lichte... (der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Catherine Stihler (PSE). – (EN) Herr Präsident! Öffentliche Verkehrsmittel sind für alle unsere Kommunen wichtig. In Schottland sind es Fähren, die die Anbindung einiger der abgelegensten und schwächsten Gemeinden der Europäischen Union gewährleisten. Diese Woche werde ich eine Delegation der Gewerkschaften von CalMac im Europäischen Parlament begrüßen dürfen, die sich am Mittwoch mit dem für Verkehr zuständigen Kommissionsmitglied treffen wird.
Derzeit werden diese Fährverbindungen in Kommunen ausgeschrieben, in denen sie die einzigen Transportmittel sind, die die Inselgemeinden mit dem Festland verbinden. Gemäß den jüngsten Kommissionsvorschlägen zu den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Landverkehr soll die öffentliche Verwaltung bei Ausschreibungsverfahren über mehr Flexibilität verfügen und bestimmte Dienstleistungen direkt an lokale Anbieter vergeben dürfen. Warum aber werden dann solche wichtigen Fährverbindungen anders behandelt als Züge, Straßenbahnen und U-Bahnen? Auf den abgeschiedenen schottischen Inseln gibt es weder Züge noch Straßenbahnen noch U-Bahnen. Der Standpunkt der Kommission erscheint mir in diesem Licht widersprüchlich, und ich fordere die Kommission zu einer Klärung ihres Standpunkts auf. Fährverbindungen, von denen die Menschen abhängig sind, sind viel zu wichtig, um einfach ignoriert zu werden.
Sophia in 't Veld (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte Ihnen meine Besorgnis darüber mitteilen, dass in einem nationalen Parlament eines EU-Mitgliedstaats wieder eine schockierende homophobe Rede gehalten wurde. Diesmal geht es um das Parlament von Lettland, das gerade sowohl über die Umsetzung von Artikel 13 – europäische Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Diskriminierung – debattiert, als auch über den Vorschlag eines verfassungsrechtlichen Verbots von gleichgeschlechtlichen Ehen. Gestatten Sie mir die Bemerkung, dass es nicht einmal George Bush wagen würde, so weit zu gehen.
Ich möchte an unsere Kolleginnen und Kollegen im lettischen Parlament appellieren, ihre Debatten mit Würde zu führen, Hassreden zu verurteilen und daran zu denken, dass Lettland wie die anderen Mitgliedstaaten die Charta der Grundrechte unterzeichnet hat. Es hat außerdem die Europäische Verfassung ratifiziert, die jegliche Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung untersagt.
Mary Lou McDonald (GUE/NGL). – (EN) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wahrscheinlich schon wissen, hat die Irisch-Republikanische Armee eine weitere Initiative zur Förderung des Friedensprozesses in Irland ergriffen. Die heutige mutige Entscheidung, ihre Waffen nachweislich und endgültig abzugeben, ist ein großer Fortschritt für den irischen Friedensprozess.
Die ungeheure Bedeutung dieses Schritts der IRA sollte weder unterschätzt noch unterbewertet werden. Ich möchte die IRA bei dieser Gelegenheit dafür würdigen, dass sie da, wo sich andere vor der Verantwortung gedrückt haben, keine Risiken gescheut hat.
Eine enorme Verantwortung lastet nun auf der britischen und der irischen Regierung, das Karfreitagsabkommen in all seinen Aspekten, darunter Gleichberechtigung, Menschenrechte, Polizeiapparat, Entmilitarisierung und auch die Repräsentation Nordirlands in der Oireachtas, umzusetzen. Die Democratic Unionist Party, die auch durch einen Abgeordneten in diesem Parlament vertreten ist, muss sich wieder am Friedensprozess beteiligen. Es gibt jetzt keine akzeptable Entschuldigung für sie, sich nicht zusammenzusetzen …
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Dariusz Maciej Grabowski (IND/DEM). – (PL) Herr Präsident! Bei der Unterzeichnung des Abkommens über den Bau einer Gaspipeline auf dem Grund der Ostsee waren Bilder zu sehen, die den russischen Präsidenten Putin und Bundeskanzler Schröder in inniger Umarmung zeigen. Diese Demonstration der Verbundenheit geschah vor dem Hintergrund zweier ernsthafter Bedrohungen für den Frieden und die Sicherheit der Weltwirtschaft. Ich meine den internationalen Terrorismus sowie die Preiserhöhungen und die Instabilität auf dem Energierohstoffmarkt. Jeder ist sich darüber im Klaren, dass in dieser Situation Zusammenarbeit auf globaler Ebene das Gebot der Stunde ist. Bedauerlicherweise haben Bundeskanzler Schröder und Präsident Putin zu einem Zeitpunkt, da die Europäische Union ein Beispiel kollektiver Vernunft sowie der Solidarität zwischen den Ländern geben sollte, laut und deutlich verkündet, dass für sie nur die egoistischen Interessen Deutschlands und Russlands zählen. Dass die Länder, durch deren Seewirtschaftsraum die Gasleitung verlaufen soll, weder informiert noch konsultiert wurden, zeigt den mangelnden Respekt dieser beiden Länder gegenüber dem internationalen Seerecht.
Wir sind fest davon überzeugt, dass das Abkommen über den Bau der Gaspipeline sich gegen die Interessen einiger Mitgliedstaaten der Europäischen Union richtet. Polen, die baltischen Staaten und andere Länder werden gezwungen, sich der Kontrolle ihrer Energieversorgung durch Russland zu unterwerfen. Das Abkommen zeigt auch ganz deutlich einen Zusammenhang...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Ryszard Czarnecki (NI). – (PL) Herr Präsident! Bis zum Beginn der ersten neuen siebenjährigen Haushaltsperiode der Union sind es nur noch 15 Monate. Ungeachtet der Regeln und Gepflogenheiten in der Union haben wir aber immer noch keinen Haushaltsplanentwurf. Die Union treibt gewissermaßen steuerlos im Haushaltsmeer. Jeder weitere Monat der Verzögerung bringt unnötige Spannung und Unsicherheit und sät Misstrauen zwischen alten und neuen Mitgliedstaaten.
Mit ihrem Unvermögen, einen Haushalt aufzustellen, sendet die Union ein falsches Signal an ihre künftigen Mitglieder und ihre externen Partner. Sie zeigt Schwäche und lässt einen Mangel an Visionen für die Zukunft und an politischem Willen erkennen, solidarisch zusammenzuarbeiten, um diese Zukunft aufzubauen. Diese Situation bedeutet, um einen Begriff aus dem Schachspiel zu verwenden, kein Remis, sondern vielmehr das Schachmatt für die Idee von einem wahrhaft vereinten Europa, das in Bezug auf seinen Reichtum und sein historisches Erbe nicht in ein Europa erster und zweiter Klasse gespalten ist.
Ich appelliere an den Rat und die britische Ratspräsidentschaft, dafür zu sorgen, dass die Arbeiten am Haushalt schnellstmöglich abgeschlossen werden.
Zdzisław Zbigniew Podkański (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Polen ist jetzt das zweite Jahr Mitglied der Europäischen Union, doch die Aussichten für die polnischen Bauern werden nicht besser, sondern immer schlechter.
Die polnischen Beerenobstproduzenten, auf die 50 % der europäischen Produktion entfallen, befinden sich am Rande des Ruins. Das gilt auch für die Kartoffelproduzenten in Polen, die hier unionsweit an erster Stelle stehen, und ebenso für die Produzenten von Getreide und Faserpflanzen. Die Schweinezüchter, die Milch- und Zuckerrübenproduzenten werden sich bald in der gleichen Lage befinden, und ich möchte Sie daran erinnern, dass Polen der drittgrößte Zuckerrübenproduzent in Europa ist. Die Abgeordneten hier in diesem Hause verstehen die Situation, was man aber von der Europäischen Kommission, die das Parlament und seine Entscheidungen zu ignorieren pflegt, nicht sagen kann. Genau das ist beispielsweise im Falle des Berichts über die Stärkeproduktion geschehen.
Die geplante Reform des Zuckermarkts führt zu einer über 42%igen Preissenkung bei Zuckerrüben, deren Produktion damit unwirtschaftlich wird. Die Europäische Kommission scheint mehr um das Wohl der Beerenobstproduzenten in China und Marokko sowie der Zuckerproduzenten in Brasilien besorgt zu sein als um das der Bauern und Produzenten in den neuen Mitgliedstaaten. Damit erhebt sich die Frage, weshalb die Europäische Kommission und der zuständige Kommissar selbst eine Politik verfolgen, die den Landwirten in den Mitgliedstaaten Nachteile bringt, und weshalb die Entscheidungen des Europäischen Parlaments missachtet werden.
Antonio Masip Hidalgo (PSE). – (ES) Herr Präsident! Ich ergreife das Wort im Namen von Herrn Pittella aus Italien und Frau Madeira aus Portugal und möchte den Ratsvorsitz bitten, in die Vorschläge zur finanziellen Vorausschau, die er vorzulegen hat, die Kriterien wieder aufzunehmen, die von der Kommission zu den von den Auswirkungen der Statistik betroffenen Regionen unterbreitet wurden und in denen es um die Notwendigkeit geht, sie ohne jegliche beschämende Diskriminierung untereinander zu unterstützen, da dies, wie ich in diesem Hohen Haus am 9. März sagte, eine Frage der Würde ist, eine Frage, die europäische Politik getreu ihren Wurzeln und Ambitionen verständlich, egalitär, ausgewogen und demokratisch zu gestalten.
Marian Harkin (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich danke Ihnen für die Gelegenheit, ein paar Worte zu diesem für Irland so historischen Tag zu sagen. Im Juli dieses Jahres wies die IRA ihre Einheiten an, die Waffen abzugeben, und heute haben wir die Gewissheit, dass diese Worte in die Tat umgesetzt worden sind. Ja, es müssen noch viele Hürden überwunden werden, doch heute haben wir meines Erachtens den Rubikon überschritten.
Schwierigkeiten werden nicht zu vermeiden sein; es gibt auf beiden Seiten Friedensbrecher, die den Prozess zum Scheitern bringen wollen. Deshalb müssen diejenigen, die den Frieden aufbauen, die Menschen, deren Vertrauen täglich wächst und die eine gemeinsame Zukunft anstreben, mit aller Kraft unterstützt werden. Unsere Wertschätzung gilt den Menschen auf allen Seiten, die dazu beigetragen haben, diesen Tag möglich zu machen. Ich möchte hier im Europäischen Parlament auch die positive und unterstützende Rolle würdigen, die die Europäische Union bei diesem Prozess gespielt hat.
Und lassen Sie uns an diesem Tag auch der Opfer und ihrer Familien gedenken, deren Leben zerstört wurde. Für sie kommt der heutige Tag zu spät, doch für den Rest von uns ist er hoffentlich ein Anfang.
Mirosław Mariusz Piotrowski (IND/DEM). – (PL) Herr Präsident! Vor kurzem ist das deutsch-russische Abkommen über den Bau einer Gasleitung im Norden Europas unterzeichnet worden, die durch die Ostsee verlaufen soll. Dieses Abkommen besitzt zweifellos nicht nur große wirtschaftliche Bedeutung, sondern auch eine ebenso wichtige politische Dimension. Polen und die baltischen Staaten sind übergangen worden, sehr zum Nachteil für die nationalen Interessen dieser Länder, die Teil derselben Struktur, nämlich der Europäischen Union, sind. Einmal mehr hat sich die gemeinsame Wirtschafts- und Außenpolitik der Union als leeres Gerede erwiesen, und zahlreiche Journalisten und Politiker vergleichen das unlängst unterzeichnete Abkommen bereits mit dem Ribbentrop-Molotow-Pakt von 1939.
Ich fordere Deutschland auf, sich an die für alle Mitgliedstaaten geltenden Verfahren zu halten und die Lage zu klären. Ich verlange ferner, dass das Europäische Parlament entsprechend informiert wird.
Zbigniew Zaleski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Europa hat im Zusammenhang mit den tragischen Ereignissen in Portugal bewiesen, dass es Solidarität üben kann. Mitunter lassen sich die politisch Verantwortlichen in Europa aber von egoistischen Interessen leiten, wie Herr Chirac, Herr Schröder und Herr Putin bei ihrem Treffen in Kaliningrad, das seltsamerweise Teil des russischen Hoheitsgebiets ist, gezeigt haben. Mit der Unterzeichnung des Abkommens über den Bau einer Gaspipeline wiederum verfolgten Herr Schröder und Herr Putin eigennützige Interessen. Angeblich soll mit der Gasleitung die Energieversorgung Deutschlands gesichert werden, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Mit diesem Schritt unterstützt Herr Schröder Putins „Teile-und-herrsche“-Politik, die auf eine Schwächung der Union abzielt. Das Europäische Parlament muss sich für Europa stark machen und diese Handlungsweise als das verurteilen, was sie tatsächlich ist.
Europa braucht über partikuläre Interessen hinausgehende Entscheidungen. Ohne Kohäsionspolitik wird es nie zu einer Integration kommen. Das wäre so, als wollte man ein Haus aus Ziegelsteinen, aber ohne Mörtel bauen.
Panagiotis Beglitis (PSE). – (EL) Herr Präsident! In den letzten Tagen haben uns von den Menschenrechts-NRO in der Türkei besonders beunruhigende Informationen über die Verfolgung und Verurteilung von türkischen Journalisten erreicht.
Ich meine damit nicht nur den Fall des Schriftstellers Orhan Pamuk, sondern auch den des Journalisten Emin Karaca, der wegen Verstoßes gegen Artikel 301 Absatz 2 des unlängst überarbeiteten Strafgesetzbuches zu fünf Monaten Haft verurteilt wurde. Ich denke dabei auch an andere Fälle, in denen Journalisten unter Anwendung desselben Artikels verfolgt wurden.
Deshalb appelliere ich an das Europäische Parlament und, was noch wichtiger ist, an seinen Präsidenten, sich unverzüglich an den Premierminister der Türkei, Herrn Erdogan, sowie an den Sprecher der Türkischen Nationalversammlung, Herrn Arinc, zu wenden und die Einstellung der Verfolgungen sowie die Gewährleistung der Redefreiheit zu fordern, desgleichen an den britischen Ratsvorsitz und die Europäische Kommission...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Obwohl ich für die Kommunikation eine gemeinsame Arbeitssprache befürworte, akzeptiere und respektiere ich das Recht aller Abgeordneten, die eigene Landessprache zu hören und zu sprechen. Was ich dagegen nicht akzeptieren kann, ist die Tatsache, dass es mehr als ein Jahr nach dem Beitritt der zehn neuen Mitgliedstaaten mindestens einen parlamentarischen Ausschuss gibt, in dem für bestimmte Sprachen der neuen Mitgliedstaaten keine Dolmetschleistungen angeboten werden, und dass die Kolleginnen und Kollegen aus den entsprechenden Ländern an den Beratungen dieser Ausschüsse nicht in ihrer jeweiligen Muttersprache teilnehmen können, obwohl diese zu den Amtssprachen zählt. Das ist für diese Kolleginnen und Kollegen ein offensichtlicher Nachteil. Die Situation ist inakzeptabel, und ich fordere Sie dazu auf, den Abgeordneten an diesem Tag der linguistischen Freiheit zu versichern, dass für diese bedauerliche Situation so schnell wie möglich eine Lösung gefunden wird und dass diese Probleme beim Beitritt der nächsten beiden Länder in naher Zukunft gar nicht erst auftreten werden.
Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Ein Viertel des irischen BIP ist für das Bauwesen bestimmt. Man könnte Irland auch als ein Land bezeichnen, das sich im Bau befindet. Allerdings werden in vielen Dörfern meines Wahlkreises im Umkreis von Städten Häuser einfach aus dem Boden gestampft, ohne an eine ausreichende Wasserversorgung oder ein vernünftiges Abwassersystem zu denken und ohne dass man sich über die Kernelemente der sozialen Infrastruktur Gedanken macht. Manche Kinder verbringen ihre gesamte Schulzeit in Baucontainern. Oft gibt es keine Sportplätze oder Kinderkrippen und nur wenige Geschäfte. So werden Dörfer schnell zu „Schlafstädten“ ohne Gemeinschaftsgefühl. Ist das im Sinne Europas? Ist das ländliche Entwicklung? Ich bin den Menschen in Watergrass Hill, Glenville und den anderen Kommunen eine Antwort schuldig; den Menschen, die hinter ihren neuen und glänzenden, aber seelenlosen Fassaden mit dem Leben zurechtkommen müssen.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Ich möchte den heutigen Europäischen Tag der Sprachen zum Anlass nehmen, um meiner Sorge darüber Ausdruck zu verleihen, dass Kindern von EU-Bürgern, die sich in anderen Mitgliedstaaten der Union niederlassen, nicht die Muttersprache gelehrt wird, sodass diese Kinder die Sprache ihrer Herkunft und damit ihre kulturelle Identität vergessen.
Die sprachliche Assimilation der Kinder und Jugendlichen, die in andere Mitgliedstaaten übersiedeln – und das gilt vor allem für jene, deren Muttersprache nicht so weit verbreitet ist wie die von Millionen Europäern gesprochenen europäischen Sprachen –, trägt keineswegs dazu bei, die von der Europäische Union angeblich angestrebte sprachliche Vielfalt zu erhalten.
Ich fordere die Kommission auf, die wirksame Umsetzung der Richtlinie 77/486/ΕWG vom 25. Juli 1977 über die schulische Betreuung der Kinder von Wanderarbeitnehmern im Rahmen der neuen Strategie der Mehrsprachigkeit zu überwachen...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Alfredo Antoniozzi (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute wird in Europa ein wichtiger Tag begangen: der Europäische Tag der Sprachen. An diesem seit 2001 gefeierten Ereignis beteiligen sich die Europäische Union und insbesondere der Europarat, der Veranstaltungen in ganz Europa geplant hat.
Heute empfangen wir hier unsere neuen Kollegen aus Rumänien und Bulgarien; durch sie werden ab Januar 2007 Bulgarisch und Rumänisch zu unserer Sprachenfamilie in der Gemeinschaft gehören, womit sich die Zahl der Amtssprachen von 20 auf 22 erhöht.
Für uns Europäer ist die Sprache Synonym für Kultur und Geschichte und folglich für ein gewaltiges historisches und kulturelles Erbe. Daher meine Überlegung, ob es nicht angezeigt wäre, dass wir als Europäisches Parlament endlich eine konstruktive Reform der Sprachenregelung innerhalb der EU-Organe voranbringen. Die Aufnahme der neuen Sprachen, und speziell jener, mit denen wir es bald in unserer täglichen Arbeit zu tun bekommen, erfüllt mich gewiss mit Freude, andererseits erfüllen mich das Chaos und das Fehlen schriftlicher Regeln, wie sie mir gegenüber von der Kommission bestätigt wurden, jedoch mit großer Sorge.
Magda Kósáné Kovács (PSE). – (HU) Herr Präsident! Ein Mann ist gestorben. Er galt bei vielen als unbarmherziger Rächer, obwohl er nicht nach Rache, sondern nach Gerechtigkeit trachtete. Sein Credo lautete: Wenn Menschen, die Verbrechen begangen haben, die Vergangenheit ohne Konsequenzen hinter sich lassen könnten, würde diese Vergangenheit wiederkehren und sowohl die Gegenwart als auch die Zukunft vergiften. Simon Wiesenthal ist tot.
Er war auch nur ein Mensch und machte manchmal Fehler. Doch er konnte sich nicht damit abfinden, dass Europa, die neue Welt, die auf ihren gemeinsamen Werten eine gemeinsame Zukunft erbaute, bereits in der Vergangenheit einmal vereint war. Vereint im Glauben an die rassische Überlegenheit, in Verachtung, Ausgrenzung und Hass. Ein 96 Jahre alter Mann ist von uns gegangen. Sein Vermächtnis an uns besagt, dass Europa nie wieder in der Verachtung für andere menschliche Wesen und im Töten von Menschen vereint werden darf. Denken wir an ihn, wenn wir darauf hinarbeiten, dass die Einheit des neuen Europas auf gleicher Behandlung und auf Chancengleichheit beruht. Im Gedenken an ihn fordern wir die Kommission auf, in Ziffer 13... (Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Nikolaos Sifunakis (PSE). – (EL) Herr Präsident! Ich möchte das Plenum auf eine sehr ernste Angelegenheit aufmerksam machen.
Während wir hier reden, stehen die türkischen Behörden vor dem Abschluss der Bauarbeiten für einen Damm. Dieser Damm, der am 15. November, d. h. in weniger als 50 Tagen von heute an gerechnet, fertig sein soll, wird zur Überflutung und damit zum unwiderruflichen Verlust einer der bedeutendsten Ausgrabungsstätten im heutigen Kleinasien führen.
Ich beziehe mich auf Allianoi, eine römische Badeanlage, 18 Kilometer von der Stadt Bergama entfernt.
Die Ausgrabungsstätte von Allianoi umfasst einen ganzen Komplex von Bädern, die allem Anschein nach das berühmte Asklepion von Bergama ergänzen.
Ich denke, das Europäische Parlament sollte in der Frage dieses Verlustes Stellung beziehen. Sollte die Antwort der Kommission nicht zufrieden stellend ausfallen, schlage ich vor, dass der Parlamentspräsident sich schriftlich an den Präsidenten der Türkei wendet und ihn auffordert, die Arbeiten zur Fertigstellung des Damms, mit dem ein Stück europäischen Kulturerbes unwiderruflich verloren ginge, einzustellen.
Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Da Kommissar McCreevy und seine Kollegen hier sind, möchte ich auf die Notwendigkeit der von der Kommission vorgeschlagenen Reform der Zuckerregelung hinweisen. Entgegen der landläufigen Meinung wird weltweit bereits so viel Zucker verbraucht, dass die Produktion nicht mehr Schritt halten kann.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen sagte für 2004 und 2005 einen weltweiten Zuckerverbrauch von 145 Millionen Tonnen voraus, bei einer Produktion von 143 Millionen Tonnen. Im nächsten Jahr soll der weltweite Zuckerverbrauch 149 Millionen Tonnen erreichen, wobei allein beim Pro-Kopf-Verbrauch in China ein mittelfristiger Anstieg von derzeit 10 Kilogramm auf das EU-Niveau von 35 Kilogramm erwartet wird. In Brasilien liegt der Zuckerverbrauch pro Kopf bereits bei 50 Kilogramm. Hinzu kommt, dass es in den Entwicklungsländern und anderswo immer weniger Wasser für Bewässerungszwecke gibt, und das wird eine Abkehr von der Kultivierung von Zuckerrohr, einer wasserintensiven Pflanze, bedeuten. Unvermeidlich ist auch eine Veränderung in der Art der Verwendung von Zuckerrohr, wenn man bedenkt, dass durch den Anstieg der Ölpreise wohl auch alkoholhaltiges Benzin (Gasohol) stärker nachgefragt werden wird und alternative Biokraftstoff-Technologien zur Normalität werden. Zucker könnte so allmählich zu einer strategischen Ware werden. Die Welt muss sich auf einen langfristigen Anstieg der Nachfrage einstellen.
Marta Vincenzi (PSE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte über die Lage in der Westsahara sprechen. Im August hat die Polisario-Front die letzten marokkanischen Kriegsgefangenen freigelassen. Dies ist ein positiver Schritt, der vom Generalsekretär der Vereinten Nationen, von Präsident Bush und der ganzen Völkergemeinschaft begrüßt wurde.
Allerdings geschieht nichts dergleichen mit den Häftlingen in den marokkanischen Gefängnissen: Die körperliche Verfassung der in Hungerstreik getretenen mehreren Dutzend saharauischen Gefangenen ist laut Meldung von Amnesty International inzwischen Besorgnis erregend. Unter ihnen sind Frauen und Männer, die für die Verteidigung der Menschenrechte stehen. Europa darf sich nicht länger in Schweigen hüllen, sondern muss eine entschlossene Initiative auf den Weg bringen, um zu erreichen, dass die Menschenrechtler freigelassen werden und dass Marokko und die in der Westsahara verbliebenen Sahraouis, die Flüchtlinge, zu einer Einigung gelangen, um in Frieden zu leben und an der Entstehung der neuen Demokratischen Arabischen Republik Sahara mitzuwirken, anstatt weiter im Exil oder im Gefängnis zu verharren.
Christopher Beazley (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Auch ich möchte unsere rumänischen Kolleginnen und Kollegen von der Demokratischen Partei Rumäniens, der Demokratischen Allianz der Ungarn in Rumänien und der Konservativen Partei Rumäniens, insbesondere in meiner eigenen Fraktion, herzlich willkommen heißen. Als Beobachter werden Sie sich mit unserer Arbeitsweise, die vielleicht etwas kompliziert sein mag, vertraut machen können, doch ich glaube auch, dass wir von der Geschichte Rumäniens lernen sollten. Rumänien hat zur Zeit der Eisernen Garde unter dem Faschismus und zur Zeit Ceauşescus unter dem Kommunismus gelitten.
Aus politischer Bequemlichkeit haben viele Menschen jedoch vergessen, dass Stalin, mit Hitler als Komplizen, illegal in Bessarabien eingefallen war. Hunderttausende verloren ihr Leben oder wurden vertrieben, und dieser Teil Rumäniens wurde unterworfen. Bestimmte Kapitel in der Geschichte Mittel- und Osteuropas sind in Vergessenheit geraten, und wir müssen uns mit ihnen auseinander setzen. Das sollte zwar nicht zur Manie werden, doch wir müssen unsere Schlüsse aus der Vergangenheit ziehen und dann in die Zukunft schauen. Rumänien war vor den Zeiten des Kommunismus und Faschismus ein blühendes Land, es gab zum Beispiel die anglo-rumänische Ölgesellschaft, und bedeutende Investitionen kamen aus Frankreich.
Peter Skinner (PSE). – (EN) Herr Präsident! Über nationale und politische Grenzen hinweg unterstützen Abgeordnete John Packwood, der von Spanien nach Marokko abgeschoben werden soll, was spanischen Staatsbürgern nicht passieren könnte. Das ist eindeutig eine Verletzung der Gleichbehandlung der EU-Bürger, die im EG-Vertrag verankert ist. Es handelt sich hier um Diskriminierung, und ich fordere die Kommission und den Präsidenten eindringlich dazu auf, bei der spanischen Regierung vor dem Abschiebetermin Protest einzulegen.
Dieser Fall sollte vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gelangen, doch das ist in der kurzen Zeit, die noch verbleibt, leider nicht möglich. Wir haben hier einen verzweifelten Mann, der sich in einer Notlage befindet und all unsere Unterstützung braucht. Ich fordere Sie eindringlich dazu auf, ihm zu helfen.
Tunne Kelam (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Am 15. September drang ein mit vier Raketen bestücktes russisches Kampfflugzeug in den litauischen Luftraum ein und stürzte in der Nähe der Stadt Kaunas ab. Es gehörte zu einer Gruppe von sechs Kampffliegern, die ein russisches Spionageflugzeug auf dem Weg von St. Petersburg nach Kaliningrad begleitete. Hier handelt es sich um einen sehr ernsten Zwischenfall in einer langen Reihe von Verletzungen des finnischen und baltischen Luftraums durch russische Flugzeuge. Am Vorabend des bevorstehenden EU-Russland-Gipfels möchte ich die Kommission fragen, wie die systematischen Verletzungen der Grenzen der EU-Mitgliedstaaten durch russische Flugzeuge mit den gemeinsamen Werten, auf denen die Partnerschaft EU-Russland offiziell beruht, in Einklang zu bringen sind. Ist die Integrität der Ostgrenze der EU nicht Bestandteil unserer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik?
Und was Kaliningrad betrifft: Liegt es nicht im Interesse aller Parteien, nach Wegen zur Entmilitarisierung dieser letzten Bastion des Kalten Krieges in Europa zu suchen?
Ljudmila Novak (PPE-DE). – (SL) Im Jahr 1940, als sich die Gefahr eines Krieges abzeichnete, entfernte Italien aus den slowenischen Ortschaften Istria, Koper, Izola und Piran Kunstwerke, die dort im Auftrag der Kirche und von Privatpersonen geschaffen wurden und von italienischen Meistern stammten.
So wie Jugoslawien zuvor unternimmt auch der slowenische Staat im Auftrag der Eigentümer große Anstrengungen, um die Rückgabe der unschätzbaren Kunstwerke zu erreichen. Italien hat diese Angelegenheit nicht ernst genommen und lehnt alle Bemühungen der slowenischen Seite um eine Lösung des Problems auf diplomatischer Ebene ab.
Deshalb übermittelte das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten am 22. September dieses Jahres eine weitere Verbalnote, in der es sein Ersuchen um eine diplomatische Lösung dieses Problems erneuerte. Italien ist durch internationalen Vertrag verpflichtet, alles zurückzugeben, was es aus den besetzten Gebieten entfernt hat, und deshalb erwarten wir zu Recht, das diese Kunstwerke an Slowenien zurückgegeben werden.