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Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 28. September 2005 - Straßburg Ausgabe im ABl.

24. Reform der Vereinten Nationen und Millennium-Entwicklungsziele
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  Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Reform der Vereinten Nationen und zu den Millennium-Entwicklungszielen.

 
  
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  Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Herr Präsident! Vor zwei Wochen kamen unsere Staats- und Regierungschefs auf dem Weltgipfel zusammen, um zu entscheiden, was die internationale Gemeinschaft im Rahmen der UNO zur Lösung der weltweit dringendsten und nicht voneinander zu trennenden Probleme der Entwicklung, der Sicherheit und der Menschenrechte tun sollte.

Die Beschlüsse, die sie nach zweijährigen Debatten und Konsultationen gefasst und im Ergebnisdokument verankert haben, bestimmen die Agenda der Vereinten Nationen für die nächsten Jahre. Mit den Problemfeldern der weltweiten Sicherheit und des Wohlstands haben sich das von UNO-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzte hochrangige Expertengremium „High-Level Panel on Threats, Challenges and Change“, Professor Jeffrey Sachs, der an der Spitze des Millenniumsprojekts der UNO steht, und Kofi Annan selbst in seinem Bericht „In größerer Freiheit“ sehr eingehend befasst. Dabei kam man einheitlich zu dem Schluss, dass es uns nicht gelingen wird, Konflikte zu vermeiden oder zu lösen, solange wir keine vordringlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut, Krankheit, Umweltzerstörung und sozialer Ungerechtigkeit ergreifen. Wir werden keinen Frieden schaffen können, und ohne Frieden und Sicherheit kann es auch keine wirkliche Entwicklung geben. Keines dieser Ziele kann ohne den Schutz der Menschenrechte erreicht werden.

Wie die Abgeordneten dieses Parlaments wissen, sind diese Ziele nicht neu. Die Vereinten Nationen wurden vor 60 Jahren gegründet, eben um sich für Frieden und Sicherheit weltweit einzusetzen. Doch die Welt hat sich in diesen 60 Jahren stark verändert. Dank der modernen Technik und der Kommunikationstechnologien sind die Länder näher zusammengerückt. Das bedeutet aber auch, dass Konflikte und Katastrophen zunehmend globale Dimensionen aufweisen. Wir alle haben daher ein großes Interesse daran, zur Sicherung des Friedens und des Wohlstandes zusammenzuarbeiten.

Ich weiß, dass einige von den Ergebnissen des Weltgipfels sehr enttäuscht waren. Viele waren der Ansicht, dass die eingegangenen Verpflichtungen nicht weit genug gingen. Es war klar, dass es nicht einfach sein würde, 191 Nationen unter einen Hut zu bringen. Das wissen wir nur zu gut aus eigener Erfahrung mit nur 25 Ländern.

Deshalb sollten wir aus der Tatsache Mut schöpfen, dass die weit reichenden Verpflichtungen, die im Juli von den Staats- und Regierungschefs der G8 zur Erhöhung der Hilfe, zur Senkung der Schulden und zum Ausbau des Handels eingegangen worden waren, vom UNO-Gipfel im Wesentlichen bekräftigt wurden. Wie Generalsekretär Kofi Annan sagte, und ich zitiere wörtlich: „… als Ganzes betrachtet ist das (UNO-Gipfel-)Dokument immer noch ein bemerkenswerter Ausdruck der Einheit der Welt bei einer Vielzahl von Problemen“.

Unsere Aufgabe ist es jetzt, dafür Sorge zu tragen, dass die Vereinbarungen umgesetzt werden. Wie sagte doch Tony Blair, mein Premierminister, in New York: Wenn wir damit beginnen, die Vereinbarungen über die Verdopplung der Hilfe, die Öffnung der Märkte und die Festsetzung von Regeln für einen fairen Handel, über Schuldenerlass, die Bekämpfung von HIV/Aids und Malaria sowie über die Vermeidung von Konflikten und Völkermord vordringlich umzusetzen, dann trägt das zu mehr Demokratie, weniger Unterdrückung, mehr Freiheit, weniger Terrorismus, mehr Wachstum und weniger Armut bei.

Ich bin stolz darauf, dass die Europäische Union zu den energischsten Befürwortern eines Konsenses zu allen debattierten Fragen zählt. Wir haben auf den vier Gebieten Entwicklung, Frieden und kollektive Sicherheit, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sowie Stärkung der Vereinten Nationen zahlreiche Prioritäten verfolgt.

Meines Erachtens weisen uns die auf dem Gipfel erzielten Schlussfolgerungen den richtigen Weg für Verbesserungen in all diesen Bereichen, vorausgesetzt, die Dynamik bleibt erhalten und wir handeln jetzt. Das Interesse und Engagement der Abgeordneten dieses Parlaments für Verbesserungen in den genannten Bereichen, das in der Kompetenz der gemeinsam von Nirj Deva und Michel Rocard geleiteten Delegation des Europäischen Parlaments zum Ausdruck kam, verdient unsere Bewunderung.

Auf dem Gipfel gaben sowohl Geber- als auch Entwicklungsländer feste und klare Zusagen bezüglich dessen ab, was zur Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele erforderlich ist. Der Gipfel trug zur Stärkung der Partnerschaft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bei, die in Monterrey begründet worden war, und bekräftigte das bisher in diesem Jahr Erreichte. Er verbreiterte den Konsens bezüglich der im Juli in Gleneagles gegenüber 191 Ländern eingegangenen Verpflichtungen, und zwar insbesondere im Hinblick auf die beschleunigte Umsetzung der Millennium-Entwicklungsziele in Afrika und auf weitere internationale Fortschritte bei der Bekämpfung des Klimawandels. Man kam ferner überein, dass die Entwicklung nachhaltig verlaufen muss und ihre Auswirkungen auf die globale Umwelt berücksichtigt werden müssen.

Unter dem britischen Ratsvorsitz setzt sich der Europäische Rat auch weiterhin entschlossen für eine Aufstockung der internationalen Entwicklungshilfe im Kampf gegen Armut und Benachteiligung ein. Schon jetzt ist die Europäische Union der mit Abstand größte Geber der Welt: 80 % der 5 Milliarden US-Dollar, die auf dem G8-Gipfel in Gleneagles an zusätzlicher Hilfe zugesagt wurden, werden aus Europa kommen.

Des Weiteren haben wir die historische Verpflichtung übernommen, die Hilfe für Afrika bis 2010 zu verdoppeln. Unter unserer maßgeblichen Mitwirkung sind in diesem Jahr wichtige Übereinkommen zum Schuldenabbau und zur Durchführung eines weltweiten Immunisierungsprogramms gegen Krankheiten in den ärmsten Ländern der Welt zustande gekommen.

Natürlich wurde auf dem Gipfel im Juli kritisiert, dass im Bereich des Handels bisher nicht genügend Fortschritte erzielt wurden. Doch letztlich kann und muss die internationale Gemeinschaft über die Doha-Entwicklungsrunde Maßnahmen zugunsten der Entwicklungsländer ergreifen, zu denen die Abschaffung von Ausfuhrsubventionen und der Abbau von Handelsschranken einschließlich der handelsverzerrenden internen Stützung zählen. Wir werden alles in unseren Kräften Stehende tun, um dafür zu sorgen, dass sich die Teilnehmer der im Dezember in Hongkong stattfindenden WTO-Ministerkonferenz bereits im Vorfeld der Konferenz wie auch in ihrem Verlauf ergebnisorientiert mit diesen Fragen auseinander setzen.

Wie mein Premierminister zum Ausdruck brachte, würde ein Fehlschlagen der Konferenz im Dezember weltweite Konsequenzen haben. Wir brauchen Frieden und Sicherheit, um im Bereich der Entwicklung weiter voranzukommen. Wie Kofi Annan in seinem Dokument „In größerer Freiheit“ feststellt, kann es keine Entwicklung ohne Sicherheit und keine Sicherheit ohne Entwicklung und beides nicht ohne die Achtung der Menschenrechte geben.

Der Gipfel beschloss die Einsetzung einer neuen Kommission für Friedenskonsolidierung, die UNO-Mitgliedstaaten, UNO-Organisationen sowie die internationalen Finanzinstitutionen zusammenführen wird, um die Vereinten Nationen besser in die Lage zu versetzen, Ländern nach Überwindung eines Konfliktes den entscheidenden Übergang zu langfristiger Stabilität zu erleichtern und ein erneutes Abgleiten in einen Krieg zu verhindern. Als Abgeordnete dieses Parlaments wissen Sie, dass sich die Europäische Union konsequent für die Einhaltung des auf dem Gipfel beschlossenen Termins, der die Bildung der Kommission bis Jahresende vorsieht, einsetzt.

Das Gipfeldokument hätte sich intensiver mit der Terrorismusproblematik auseinander setzen können. Die nachdrückliche Verurteilung des Terrorismus „in allen seinen Arten und Erscheinungsformen“ stellt zwar eine willkommene politische Erklärung dar, aber wir müssen jetzt gezielt auf die Einlösung unserer Verpflichtung hinarbeiten, bis September 2006 ein umfassendes Übereinkommen über den Terrorismus zu schließen. Das bedeutet, dass wir uns auf eine rechtliche Definition für terroristische Handlungen einigen müssen, für die unsere Regierungen großes Interesse zeigen. Obwohl es dem Gipfel nicht gelungen ist, eine Übereinkunft über die Nichtweiterverbreitung und die Abrüstung zu erzielen, kann ich dem Parlament versichern, dass wir unsere Bemühungen in diesen wichtigen Fragen fortsetzen werden.

Die Achtung der Menschenrechte ist eines der Hauptanliegen der Vereinten Nationen. Deshalb unterstützen wir nachdrücklich die Bildung eines Menschenrechtsrats, der die in Misskredit geratene Menschenrechtskommission ablösen soll. Wir müssen uns dringend über seine Größe, seinen Auftrag und seine Zusammensetzung einigen, damit er seine Arbeit aufnehmen und sicherstellen kann, dass die Menschenrechte wieder Dreh- und Angelpunkt des Wirkens der Vereinten Nationen sind.

Der Beschluss mit der vielleicht größten Tragweite, den der Gipfel gefasst hat, betrifft die Einigung auf die Schutzverantwortung der UNO. Damit verpflichtet sich die internationale Gemeinschaft zu handeln, wenn ein Staat seine Bevölkerung nicht vor schlimmsten Gräueltaten wie Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schützen kann oder will. Das ist ein wichtiges Bekenntnis, dass wir in der heutigen Welt nicht tatenlos zusehen können, wenn schreckliche Gräueltaten gegen wehrlose Bevölkerungsgruppen verübt werden.

Wir müssen ferner etwas zur Stärkung des Sekretariats der Vereinten Nationen unternehmen. Dazu sollten wir zunächst Kofi Annan ermutigen, die Entscheidungsbefugnisse, über die er bereits verfügt, zu nutzen, um Veränderungen von innen zu bewirken. Doch es obliegt auch uns als Mitgliedstaaten, dafür Sorge zu tragen, dass die Vereinten Nationen so aufgebaut und ausgestattet sind, dass sie den Anforderungen der Gegenwart und Zukunft gewachsen sind. Der Europäische Rat begrüßt die Verpflichtung zur Reformierung der wichtigsten Organe der UNO einschließlich der Generalversammlung, des Wirtschafts- und Sozialrates und des Sicherheitsrates. Die UNO kann nur dann effektive Arbeit leisten, wenn sie mit all ihren Mitgliedern kollektiv zusammenarbeitet. Dazu braucht sie deren Unterstützung. Deshalb müssen die UNO-Organisationen repräsentativ, offen und effizient sein.

Wir werden uns auch weiterhin für eine größere Effektivität der Generalversammlung und vor allem des Ecosoc einsetzen. Wir begrüßen insbesondere das dem Generalsekretär erteilte Mandat, eine längerfristige Reform der Organisationseinheiten der UNO in den Bereichen Entwicklung, humanitäre Hilfe und Umwelt zu prüfen, um ihre Arbeit besser führen und koordinieren zu können.

Für eine effektive Tätigkeit ist die UNO auf die dafür erforderlichen Ressourcen angewiesen. Sie kann es sich jedoch nicht leisten, Mittel durch Ineffizienz und Doppelarbeit zu verschwenden. Die Europäische Union unterstützt mit Nachdruck den bewährten Grundsatz der Haushaltsdisziplin. Deshalb streben wir für das nächste Finanzjahr die Verabschiedung eines Haushalts an, der den Generalsekretär und die Vereinten Nationen in die Lage versetzt, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Dazu zählen auch die ihnen auf dem Gipfel in New York erteilten Mandate.

Der Schlüssel zum Erfolg des Millennium+5-Gipfels von 2005 und des UNO-Reformprogramms generell steckt natürlich in der Umsetzung. Mit einigen der Vorschläge wird sich der bis zum Jahresende tagende Ausschuss der Generalversammlung befassen, andere werden von unabhängiger Stelle geprüft werden. Auch an diesem Prozess wird die Europäische Union an vorderster Front mitwirken. Es ist jetzt unsere Aufgabe als Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, den Worten Taten folgen zu lassen.

(Beifall)

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner , Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich war stolz darauf, dass ich am Millennium-Gipfel und der sich anschließenden Ministerwoche teilnehmen konnte. Bei diesem Ereignis kamen mehr Staats- und Regierungschefs zusammen als je zuvor, und ich hoffe, dass es eine neue Ära in der internationalen Zusammenarbeit einleiten wird. Trotz aller Kritik auch von meiner Seite muss dennoch ganz klar festgestellt werden, dass die Vereinten Nationen das solide Fundament der modernen Weltordnung bilden.

Wie mein Kollege schon sagte, fiel das Ergebnis gemischt aus. Doch das Glas ist halb voll und nicht halb leer. Die Europäische Union hatte sich viel vorgenommen und ging gemeinsam mit Jean Ping, dem Präsidenten der UNO-Generalversammlung, in die Offensive. Leider konnten wir nicht alles erreichen, was wir uns gewünscht hatten. Doch das ist bei multilateralen Zusammenkünften normal. Man nimmt sich sehr viel vor, aber schließlich muss man Kompromisse schließen.

Trotzdem können wir auf eine Reihe sehr bedeutender Erfolge verweisen, während wir in anderen Fragen enttäuscht wurden. Wie sehen diese Erfolge aus? Aus Sicht der Kommission war es bemerkenswert, dass die Millennium-Entwicklungsziele in der Millenniums-Erklärung verankert werden konnten. Das haben wir meinem Kollegen Herrn Michel zu verdanken. Ich freue mich, feststellen zu können, dass die Europäische Union mit 0,56 % bis 2010 und 0,7 % bis 2015 ein Beispiel gibt. Darüber zeigten sich vor allem die Kollegen aus den Entwicklungsländern sehr erfreut. Dieses erneute Bekenntnis zu den Millennium-Entwicklungszielen als Rahmen, der der Entwicklungsarbeit neuen Auftrieb gibt, wurde erstmals auf zwischenstaatlicher Ebene abgegeben.

Der zweite wichtige Erfolg war die Bekräftigung des Grundsatzes der Schutzverantwortung gegenüber den Völkern. Er ist deshalb so bedeutend, weil damit der Begriff der Souveränität als positives Konzept neu definiert wird und die Menschen in den Mittelpunkt der sicherheitspolitischen Überlegungen gestellt werden. Dies dürfte der Glaubwürdigkeit der internationalen Gemeinschaft zugute kommen, und es bedeutet, dass die UNO bei Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischen Säuberungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingreifen wird. Ich komme aus einem Land nahe dem Balkan, und ich kann mich an die Intervention im Kosovo erinnern. In gewisser Weise hat das dortige Eingreifen diese neue Entwicklung des Völkerrechts und erstmals auch die Verankerung der Entwicklungsziele ausgelöst.

Der dritte Erfolg war der Beschluss, eine Kommission für Friedenskonsolidierung einzusetzen. Das ist ein wichtiges und konkretes Ergebnis, das zur effektiven Gestaltung und Koordinierung der Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf die Erfordernisse eines Landes nach einem Konflikt beitragen sollte. Die Kommission ist in den gleichen Bereichen tätig – von der humanitären Hilfe über die Unterstützung des Wiederaufbaus und des Verwaltungsaufbaus bis hin zur Förderung des Handels und zu allen Fragen der Demokratie und der Menschenrechte; von militärischen Friedensmissionen bis zur Wahlbeobachtung. Die Koordinierung all dieser Aktivitäten wird jetzt die Kommission für Friedenskonsolidierung übernehmen, und wir sind der Ansicht, dass auch die Kommission am Verhandlungstisch vertreten sein sollte.

Über einige Ergebnisse war ich persönlich enttäuscht. Das betrifft zunächst den Menschenrechtsrat. Hier haben wir es wohl eher mit einer Namensänderung als einem wirklichen Ergebnis zu tun. Doch zumindest wurde der Grundsatz akzeptiert, und wir hoffen, dass es uns gemeinsam gelingen wird, die neue Menschenrechtsarchitektur zu verbessern und ihr mehr Gewicht zu verleihen. Dazu werden wir auch eng mit Jan Eliasson, dem neuen Präsidenten der Generalversammlung, zusammenarbeiten. Wir brauchen eine starke und glaubwürdige ständige Organisation, der Mitgliedstaaten mit einer positiven Menschenrechtsbilanz angehören.

Zu erwähnen wären auch einige positive Schritte im Bereich der Menschenrechte wie die Verdopplung der Haushaltsmittel für den Hohen Kommissar für Menschenrechte, durch die es möglich wird, Direktmaßnahmen in diesem Bereich zu ergreifen. Ermutigend finde ich ferner, dass sich die Mitgliedstaaten im Ergebnisdokument dazu verpflichten, „das Instrumentarium der Vereinten Nationen auf dem Gebiet der Menschenrechte weiter zu stärken, um die effektive Ausübung aller Menschenrechte … durch alle Menschen zu gewährleisten“.

Ein weiteres Manko war die gesamte Frage der Abrüstung. UNO-Generalsekretär Kofi Annan sprach sogar von einer Schande. In diesem sehr wichtigen Punkt müssen wir uns noch sehr stark anstrengen.

Zu erwähnen wären noch zwei weitere Fragen, von denen eine die Umwelt betrifft. Die ökologische Nachhaltigkeit ist für unseren Kampf gegen die Armut und für mehr Stabilität und Sicherheit von entscheidender Bedeutung. Angesichts der durch den Tsunami, durch Katarina und Rita ausgelösten Katastrophen sowie der Überschwemmungen in der Europäischen Union wäre eine UNO-Umweltorganisation die richtige Antwort der internationalen Gemeinschaft.

Abschließend ein Wort zu den Managementreformen der Vereinten Nationen. Meines Erachtens geht es darum, dass wir den Generalsekretär nicht nur zu Rechenschaft und Verantwortlichkeit verpflichten, sondern dass er auch die für die Leitung und Umsetzung dieser Managementreform erforderlichen Befugnisse erhält.

(Beifall)

 
  
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  Francisco José Millán Mon, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Ich stimme mit Kommissarin Ferrero-Waldner überein, dass die Ergebnisse des Gipfels von New York sehr unterschiedlich und heterogen sind und sowohl positive als auch negative Elemente beinhalten.

Auf jeden Fall fühle ich mich etwas erleichtert angesichts des Schlussdokuments des Gipfels, weil ich mich gut erinnere, dass die internationale Gemeinschaft vor zwei Jahren tief gespalten war und die Vereinten Nationen blockiert waren. Zudem schien es noch Stunden vor der Eröffnung des Gipfels sehr schwer, ein Schlussdokument zustande zu bringen, das etwas mehr als nur allgemeine Punkte enthält.

Glücklicherweise war es möglich, eine Einigung zu einem Dokument zu erzielen, das einige substantielle Ergebnisse enthält, obwohl darin fraglos auch Unzulänglichkeiten und Mängel vorhanden sind.

Ich möchte hervorheben – wie es auch die Kommissarin getan hat –, dass der Gipfel beispielsweise die Millennium-Entwicklungsziele nochmals maßgeblich bestätigt hat.

In Bezug auf die Sicherheit komme ich zum gleichen Urteil: Das Fehlen jeglicher Ergebnisse im Hinblick auf die Nichtverbreitung und Abrüstung ist bedauerlich.

Auf dem Gebiet des Kampfes gegen den Terrorismus – einem so wichtigen Thema – sind meiner Meinung nach sehr geringe Fortschritte erzielt worden. Wir waren nicht einmal imstande, eine minimale Definition des Terrorismus zu formulieren, auf die sich die internationale Gemeinschaft einigen könnte. Der positive Aspekt jedoch – wie schon erwähnt wurde – ist die Schaffung einer Kommission zur Friedenskonsolidierung.

Was die Reform der Vereinten Nationen angeht, so glaube ich nicht, dass jemand über das Scheitern der Reform des Sicherheitsrates erstaunt ist. In der internationalen Gemeinschaft bestehen tief greifende und scheinbar unüberwindliche Differenzen in dieser Frage. Wir in der Europäischen Union haben keinen gemeinsamen Standpunkt. Das Einzige, was ich hier hervorheben möchte, ist, dass die Mehrheit dieses Parlaments in seiner Entschließung vom Juni dieses Jahres ihre Unterstützung für einen Sitz der Europäischen Union zum Ausdruck brachte.

In einem anderen großen Bereich – den Menschenrechten – freue ich mich – wie der Vertreter des Rates und die Kommissarin erklärt haben – über die Anerkennung des Rechts und der Pflicht der Gemeinschaft in Bezug auf den Schutz vor Völkermord. Doch leider wurde auf dem gleichen Gebiet der Menschenrechte lediglich der Beschluss gefasst, einen Menschenrechtsrat zu schaffen, ohne weitere Details festzulegen. Ich befürchte deshalb sehr, dass die Verhandlungen über die Definition des Mandats des Rates, seine Mitglieder und die Wahlmethode sich stark verzögern werden.

Insgesamt glaube ich, dass noch viel zu tun bleibt, doch die Wahrheit ist, dass nach dem Gipfel – und ich komme zum Schluss, Herr Präsident – nunmehr eine Grundlage vorhanden ist, auf der aufgebaut werden kann. Der 60. Jahrestag der Gründung der Vereinten Nationen hat eine gute Gelegenheit geboten, um die internationale Gemeinschaft wieder zusammenzuführen und sie an die Herausforderungen des neuen Jahrhunderts anzupassen.

Ich hoffe, dass die Schritte, die unternommen wurden, im Laufe dieses entscheidenden Jahres zu Fortschritten führen werden.

 
  
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  Glenys Kinnock, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst den amtierenden Ratspräsidenten zu dieser Aussprache begrüßen, der, wie ich genau weiß, selbst ein überzeugter Internationalist ist. Ich danke der Kommissarin für die Unterstützung, die sie unserer Delegation auf dem Gipfel in New York zuteil werden ließ.

Wie meine Vorredner bereits feststellten, haben sich NRO und andere Beteiligte kritisch zum Ergebnisdokument des Gipfels geäußert. Ich schließe mich jedoch meinen Vorrednern an und würde ebenfalls für einen gemäßigteren Ansatz bei unserer Beurteilung plädieren. Ich bin auch der Ansicht, dass wir das Glas als halb voll beschreiben sollten. Ferner bin ich davon überzeugt, dass ein übertriebenes Beharren auf den negativen Aspekten den Entscheidungsträgern keinerlei Anreiz bietet, Risiken einzugehen und aktiv zu werden.

Das Ergebnisdokument sieht konkrete Maßnahmen vor, wie wir die Millennium-Entwicklungsziele bis 2015 erreichen sollten. Allerdings bedauere ich, dass das Ziel 8 nicht energisch genug formuliert ist, so dass Länder wie Neuseeland, Australien, Kanada oder Italien wieder einmal davonkommen. Auf sie muss verstärkt Druck ausgeübt werden, damit sie es der Europäischen Union gleichtun. Zusagen von 0,7 % reichen einfach nicht aus. Wir müssen dafür sorgen, dass sich diese und andere Länder bewegen.

Ich begrüße ferner – wie der amtierende Ratspräsident sicher auch – den nachdrücklichen Verweis des Ergebnisdokuments darauf, dass wir zur Erfüllung der Millennium-Entwicklungsziele innovative Finanzierungsquellen erschließen müssen.

Ich bin zudem der Meinung, dass die Befürwortung der Millennium-Entwicklungsziele durch George Bush einen entscheidenden Fortschritt darstellt, vielleicht den bemerkenswertesten der ganzen Woche. Möglicherweise ist es Eigennutz, der die USA veranlasst, den multilateralen Weg einzuschlagen, den sie – wie viele von uns meinen – eigentlich nicht beschreiten wollten.

Sehr froh bin ich auch darüber, dass im Ergebnisdokument eine eindeutige Verbindung hergestellt wird zwischen den Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Entwicklung und zur Konfliktlösung. Außerdem werden die Aufgaben sowohl der Industrie- als auch der Entwicklungsländer aufgezeigt. Die Erklärung der EU zur Entwicklungspolitik stellt heute unsere Anleitung zum Handeln dar. Sie ist Ausdruck unserer Überzeugung, dass wir in Europa und darüber hinaus dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit, der Entschlossenheit und des Handelns wieder beleben müssen. Auch auf gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit wird darin großer Wert gelegt, sind sie doch wichtige Gesichtspunkte unserer Arbeit mit den Entwicklungsländern.

Sie haben die Kommission zur Friedenskonsolidierung erwähnt, die sehr wichtig ist, sowie Maßnahmen zur Friendensschaffung, -erhaltung und -konsolidierung. Ich bedauere, dass der Menschenrechtsrat jetzt Sache der Generalversammlung werden soll, wo er dem üblichen Gerangel und Kuhhandel ausgesetzt sein wird. Deshalb muss auch hier die Europäische Union positiv und ordnend eingreifen.

Vor allem begrüße ich die Tatsache, dass wir nunmehr über eine kollektive Verantwortung für den Schutz von Zivilisten vor Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischen Säuberungen und sonstigen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verfügen. Jetzt warten wir auf den Nachweis dafür, dass die UNO in der Lage ist, das tragische Versagen derartiger Mechanismen wie seinerzeit in Bosnien und Ruanda zu verhindern.

Im Hinblick auf die Reformfrage bedauern wir, dass sich der Generalsekretär auch künftig sein Tun und Lassen von den Mitgliedstaaten vorschreiben lassen muss.

Die größte Enttäuschung ist jedoch die Tatsache, dass die Weiterverbreitung von Atomwaffen kaum thematisiert wurde. Das bedeutet, dass jetzt eine große Lücke in unseren internationalen Abmachungen klafft. Auch in diesem Punkt muss die EU Druck ausüben, damit wir in dieser Frage vorankommen.

Abschließend möchte ich auf den Änderungsantrag der PSE-Fraktion zu den Rechten in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit eingehen. Dieser Standpunkt ist im Hinblick auf die Umsetzung der Millennium-Entwicklungsziele von großer Bedeutung, unterstützt er doch all diese Ziele, und zwar insbesondere im Zusammenhang mit HIV/AIDS sowie der Mütter- und Kindersterblichkeit. Ich hoffe, dass das Parlament diesen Teil wieder in den Text aufnimmt, dass wir uns in dieser wichtigen Frage eindeutig festlegen, so wie wir es bei der Abstimmung über meinen Bericht über die Millennium-Entwicklungsziele getan haben. Dieses Parlament sollte ferner die internationale Legitimität der UNO unterstützen. 1945 ging es für die Politik um sehr viel. Auch heute geht es um sehr viel, und die Gründe für entschlossenes Handeln sind heute so gewichtig wie damals.

 
  
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  Alexander Lambsdorff, im Namen der ALDE-Fraktion. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Europäer sind uns einig, die Welt braucht die Vereinten Nationen, mehr noch, die Welt braucht starke Vereinte Nationen.

Selten in ihrer sechzigjährigen Geschichte stand die UNO derart im Mittelpunkt der Öffentlichkeit, selten ging es dabei um wichtigere und notwendigere Reformen als in diesem Jahr.

Was im Abschlussdokument letztlich erreicht wurde, ist nicht zufrieden stellend. Trotzdem ist meine Fraktion, die Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, der Auffassung, dass die Fortschritte gewürdigt und Nicht-Erreichtes, noch intensiver als bisher diskutiert werden muss.

Das Glas ist halb voll. Die EU hat nun die Aufgabe dazu beizutragen, es ganz zu füllen. Das Europäische Parlament insbesondere muss das Ergebnis des Gipfels als Chance begreifen. Wir sehen das Parlament als einen der Mitgestalter des weiteren Reformprozesses. Wir als Parlamentarier haben die Schlüssel in der Hand, die Akzeptanz der UNO in der Bevölkerung zu sichern und zu stärken, die Demokratisierung der Organisation erfolgreich voranzutreiben und vor allem dafür zu sorgen, dass Millionen Menschen Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser und verbesserten Gesundheitsdiensten erhalten.

Wir müssen die Millennium-Entwicklungsziele umsetzen. Der Fortschritt der Mitgliedstaaten ist hier unbefriedigend. Das Abschlussdokument des Gipfels enthält keinen präzisen Zeitplan, der die Staaten an ihre Verpflichtungen bindet. Das ist enttäuschend. Auf der anderen Seite steht – und Glenys Kinnock hat es erwähnt – das in dieser Klarheit unerwartete Bekenntnis der USA zu den Millenniumszielen – eine sehr positive Entwicklung, auf die wir aufbauen müssen. Ich denke, Glenys, wir sollten unsere amerikanischen Freunde hier beim Wort nehmen.

Meine Fraktion bewertet die Schaffung einer peace building commission sehr positiv. Das ist eine Entscheidung, die das Profil der UNO in Krisenregionen stärken wird. Die Aufgabe der EU muss es sein, wertvolle Hilfestellung zu deren Aufbau und Arbeitsweise zu geben. Die EU ist einer der größten peace builder weltweit, als Geber, als Helfer und als politische Kraft. Das muss übrigens im UN-System noch sehr viel deutlicher werden als bisher. Wir freuen uns, dass wir uns hier mit Ihnen so einig sind, Frau Kommissarin.

Ein erster Schritt, zu dem ich auch gerne eine Stellungnahme der Kommission und des Rates hätte, wäre eine Zusammenlegung der Vertretungen des Rates und der Kommission in New York und an den anderen UNO-Standorten.

Eine weitere wichtige Funktion sieht die ALDE-Fraktion in der Demokratieförderung. Die Einrichtung eines Demokratiefonds ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, weitere Maßnahmen könnten die Einrichtung eines caucus of democracies innerhalb der Generalversammlung sein. Auch über eine parlamentarische Versammlung ist nachzudenken.

Klar ist, dass die Reform der UNO nicht abgeschlossen ist und konsequent fortgesetzt werden muss. Das gilt besonders für den Sicherheitsrat. Die Vorschläge von Kofi Annan sind bekannt. Es ist jetzt an der Generalversammlung, sich bis Ende dieses Jahres für einen zu entscheiden. Wir hier halten darüber hinaus die Vision eines ständigen Sitzes für die Europäische Union aufrecht, sobald die politischen, rechtlichen und verfassungsmäßigen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Dies betonen wir erneut in unserer Entschließung, über die wir morgen abstimmen werden.

Wir können es uns nicht erlauben, die UNO aus der zweiten Reihe agieren zu lassen. Sie muss an vorderster Stelle stehen. Denn nur sie hat die Möglichkeiten, Herausforderungen unserer Zeit multilateral und in globalem Maßstab zu meistern. Das Europäische Parlament muss sie auf diesem Weg unterstützen, denn wir brauchen starke Vereinte Nationen. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir diese Debatte in Brüssel führen sollten und nicht in Straßburg.

 
  
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  Frithjof Schmidt, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man muss es einmal klar aussprechen: Die Vereinten Nationen haben die historische Chance zu einer systematischen Reform hier gerade verpasst. Das Ergebnis ist enttäuschend, und die gute Vorarbeit von Kofi Annan ist nicht in einen wirklichen Erfolg umgesetzt worden.

In vier Schlüsselbereichen ist die Reform gescheitert. Es gibt keine Reform des Sicherheitsrates, die wirklich zu einer regionalen Repräsentanz führt. Es gibt kein Konzept zur Abrüstung und gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Es ist nicht gelungen, eine UN-Umweltorganisation zu schaffen. Ich füge hinzu: Gerade vor den Herausforderungen der internationalen Klimapolitik ist das ein ganz schwerwiegendes Versäumnis. Wir haben hier kein wirkliches Instrument für die Politik der Vereinten Nationen. Es ist auch nicht gelungen, den Wirtschafts- und Sozialrat – gerade vor den großen Herausforderungen, die wir in der Entwicklungspolitik haben – weiterzuentwickeln. Deswegen gilt heute der Satz: Nach der Reform ist vor der Reform.

Aber es gibt natürlich auch Fortschritte, an die wir anknüpfen können. Es ist gut, dass es einen UN-Menschenrechtsrat gibt, dass er eingerichtet wird, auch wenn seine Zusammensetzung noch nicht klar ist. Es ist gut, dass die Mittel für den Hochkommissar für Menschenrechte verdoppelt werden. Es ist gut, dass es die Kommission für peace building geben wird. Es ist gut, dass die Millennium-Entwicklungsziele bekräftigt wurden und verschiedene Aktionsprogramme und Solidaritätsfonds geschaffen werden.

Vor diesem Hintergrund gibt es eine konkrete Herausforderung für die Europäische Union. Ich möchte deshalb den Rat und die Kommission auffordern, einen präzisen Aktionsplan vorzulegen, wie sich die Europäische Union konkret finanziell und organisatorisch an der Umsetzung dieser Maßnahmen beteiligen will. Es geht jetzt darum, nach dem Gipfel der großen Worte die Vereinten Nationen konkret materiell zu unterstützen.

 
  
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  Miguel Portas, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Auch ich würde gern sagen, dass das Glas halb voll ist, aber wir alle wissen ja, dass das nicht stimmt. Der Gipfel ist gescheitert. Er hat die bescheidenen Millenniumsziele bekräftigt, wurde aber daran gehindert, den Worten Taten folgen zu lassen. Jemand hat die Geberländer davon abgehalten, Verpflichtungen für eine auf klaren Zielstellungen basierende finanzielle Unterstützung abzugeben. Was uns bleibt, ist ein Glas voller Worte und eine Handvoll Nichts.

Die Vollversammlung hat auch gut gemeinte Worte zur Nichtverbreitung von Kernwaffen verloren, aber einige Leute haben den Weg zu einer Abrüstungsstrategie verbaut. Ohne eine solche Strategie wird sich der Nuklearklub unweigerlich auch weiterhin verbreiten. Die Vollversammlung hat sich auch um die Reformierung der Vereinten Nationen bemüht, aber jemand ist auf die Bremse getreten, um sicherzustellen, dass alles bleibt wie es ist. Dieser Jemand hat auch einen Namen: John Bolton, die offizielle Stimme des Reiches bei den Vereinten Nationen.

Frau Kommissarin, Sie haben „Katrina“ erwähnt. Die Tragödie von New Orleans und das Scheitern von New York haben einen gemeinsamen Nenner: die US-amerikanische Regierung. In New Orleans war die Regel einfach: Wer ein Auto hatte, entkam, wer nicht, hatte eben Pech. So laufen die Dinge in der Idealwelt des Kaisers. Washington möchte nichts von den Armen wissen, weil es sich noch nicht einmal um seine eigenen kümmert. Aus Sicht des Weißen Hauses sind die Armen einfach Zeit- und Geldverschwendung.

Herr Präsident! Meine Fraktion wird für diesen Entschließungsantrag stimmen, weil er zwar nicht unbedingt ehrgeizig ist, aber einen Schritt in die richtige Richtung darstellt, und weil wir eine starke UNO brauchen und alles in unserer Macht Stehende tun werden, um die UNO stark zu machen. Eines sollte uns jedoch klar sein: Wir werden nur dann eine glaubwürdige UNO haben, wenn Europa und die übrige Welt die richtigen Signale nach Washington senden. Es sind heute harte Worte zur Türkei gefallen. Ich fände es gut, wenn man den gleichen strengen Maßstab auch an Washington anlegt.

 
  
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  Hélène Goudin, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Die Juniliste ist ein Freund der Vereinten Nationen und vertritt die Auffassung, dass diese Organisation umfassend in die Lage versetzt kann, konstruktiv zur Lösung internationaler Konflikte beizutragen. Unserer Meinung nach sollten jedoch weder die EU noch ihr Parlament der UNO ihre Arbeitsweise und ihre Zielsetzungen diktieren. Die Diskussion über die Zukunft der UNO sollte unter den UN-Mitgliedstaaten und in einem breiteren internationalen Kontext als dem europäischen geführt werden. Kritisch stehen wir auch dem Vorschlag gegenüber, dass die Europäische Union im UNO-Sicherheitsrat mit einem einzigen Sitz vertreten sein soll. Außerdem lehnen wir den Wunsch des Parlaments ab, gemeinsame EU-Delegationen am Hauptsitz der UNO einzurichten. Die EU-Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Sichtweisen auf die Fragen, die von der UNO und ihrem Sicherheitsrat behandelt werden.

Schweden beispielsweise hat in der UNO eine wichtige Rolle als Brückenbauer zwischen armen und reichen Ländern, als Vermittler sowie als treibende Kraft bei der Abrüstung gespielt. Das zeigt doch, dass auch kleine Länder in der UNO und der internationalen Politik einen bedeutsamen Platz einnehmen können. Wir befürchten, dass die Stimmen der kleinen Länder kein Gehör mehr finden, wenn die EU bei der UNO mit nur einer Stimme spricht. Welche der 25 Stimmen der EU würde dann von diesem gemeinsamen Sitz aus sprechen? Wenn die Europäische Union bei den Vereinten Nationen tatsächlich mit einer gemeinsamen Stimme sprechen könnte, warum verteidigen dann Großbritannien und Frankreich ihre jetzigen ständigen Sitze im Sicherheitsrat? Warum strebt dann Deutschland nach einem eigenen Sitz im Sicherheitsrat? Die Wahrheit ist, dass die EU-Mitgliedstaaten keine einheitliche Auffassung zu internationalen politischen Fragen vertreten, wie sich ja bei verschiedenen Anlässen gezeigt hat, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Intervention der USA im Irak. Lassen Sie uns die Vielfalt unseres Kontinents bejahen und dafür sorgen, dass alle Stimmen in der Diskussion zu hören sind.

(Beifall)

 
  
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  Inese Vaidere, im Namen der UEN-Fraktion. – (LV) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach lebhaften Debatten hat das Europäische Parlament im Mai eine Entschließung zur Reform der UNO verabschiedet. In dieser Entschließung forderte das Parlament die UNO auf, ihre Versprechen zu halten, die Entwicklungsländer zu unterstützen, eine Einigung über eine gemeinsame Definition von Terrorismus zu erreichen, einen Aktionsplan zur Verhinderung von Völkermord anzunehmen und ferner den Sicherheitsrat zu reformieren, der immer noch die Weltordnung der Nachkriegszeit widerspiegelt. Keine dieser Aufgaben wurde erledigt. Im Gegenteil, die wenigen erzielten Vereinbarungen werden durch Kompromisse behindert und aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ordnungsgemäß wirksam. Bei der UNO-Reform sind derzeit mehr Misserfolge als Erfolge zu verzeichnen.

Angesichts dieser Situation stellt sich die Frage, ob die Europäische Union ein starker globaler Akteur ist. Die Antwort liegt auf der Hand. Die Europäische Union hat nicht effizient genug gearbeitet. Ich möchte die Europäische Kommission daher auffordern, die Ergebnisse der UN-Reform aus Sicht der Europäischen Union zu bewerten und auch darüber nachzudenken, wie künftige Tätigkeiten mit anderen Ländern abgestimmt werden können, damit unsere Beschlüsse keine bloßen Entschließungen bleiben. Unter diesen Bedingungen ist es notwendig, zu untersuchen, ob die UNO überhaupt in der Lage ist, sich selbst zu reformieren, oder ob vielleicht eine neue Organisation ähnlichen Typs gebraucht wird. Dies ist jedoch ein Thema für die fernere Zukunft. Jetzt kommt es darauf an, eine Strategie zu entwerfen, um die bereits gesetzten Ziele zu erreichen, damit die UNO sich wirksam für Sicherheit und Wohlstand in der modernen Welt einsetzen kann.

 
  
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  Irena Belohorská (NI). – (SK) Dass die Vereinten Nationen reformiert werden müssen, ist allgemein unumstritten. Die Frage ist nur, wie diese Reform gestaltet sein soll. Wir sind uns darin einig, dass die Strukturen der UNO zu komplex sind und gestrafft werden sollten. Das größte Problem ist meines Erachtens jedoch nicht die Reform der UNO-Gremien, sondern die Unfähigkeit der UNO-Mitglieder, eine Einigung zu erreichen, weil zur Arbeit der UNO als solcher grundlegend unterschiedliche Standpunkte bestehen. Einige Mitglieder wollen eine starke UNO, andere wehren sich gegen dieses Ziel; genau dies verhindert eine Einigung.

Stärker beunruhigt bin ich jedoch hinsichtlich der Verpflichtung der UNO, die so genannten Millennium-Entwicklungsziele zu erreichen, d. h. die Armut zu halbieren, den Hunger, Malaria und andere Krankheiten wie HIV/Aids zu bekämpfen und die Wahrung der Menschenrechte, vor allem der Rechte der Frauen, sicherzustellen. Obwohl sich die UNO verpflichtet hat, diese Ziele bis 2015 zu erfüllen, wurde die Armut bisher nicht verringert, sondern sie nimmt vielmehr zu. Schätzungen zufolge würde es hundert Jahre dauern, die Millennium-Entwicklungsziele zu verwirklichen, wenn wir in diesem Tempo weitermachen würden.

Im September nahm ich als einziges Mitglied einer EU-Institution an einer Frauenrechtskonferenz in China teil, der Peking +10 genannten Konferenz. Diese Konferenz fand zum ersten Mal 1975 statt und wurde seither alle zehn Jahre veranstaltet. Es ist aufschlussreich, dass seit 1995 kein Land der Welt in der Lage war, eine fünfte Konferenz zum Thema Frauen abzuhalten. Ich frage mich, ob die Europäische Union an Informationen interessiert ist, wie die Erklärungen, die wir mit unterzeichnet haben, umgesetzt werden, und wie die Hilfe, die die Europäische Union einigen Ländern vor allem in Form finanzieller Zuschüsse gewährt, verwendet wird.

Wenn wir die Millennium-Entwicklungsziele bis 2015 erreichen wollen, muss die finanzielle Hilfe mehr als verdoppelt werden. Die Europäische Union muss als wichtiger Geber überprüfen, wie die Hilfe verwendet wird. Es muss sichergestellt werden, dass die Beihilfen nicht für andere Zwecke missbraucht werden und das Empfängerland die Menschenrechte achtet. Werden die Menschenrechte nicht gewahrt, sollte die Finanzhilfe entzogen werden. Wenn wir jedoch nicht an Konferenzen teilnehmen und nichts über die Probleme erfahren, die bei der Umsetzung entstehen, kann unsere Hilfe für den Kauf von Waffen oder die Rekrutierung von Kindersoldaten statt für den Erwerb von Arzneimitteln und den Bau von Schulen verwendet werden.

 
  
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  Nirj Deva (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Ratspräsidenten und Kommissarin Ferrero-Waldner für die ausgezeichnete Arbeit danken, die sie bei der UNO bereits geleistet haben. Ich hatte die große Ehre, gemeinsam mit meinem verehrten Kollegen Michel Rocard, dem ehemaligen französischen Premierminister, die Delegation zum UNO-Gipfel zu leiten.

Wir brauchen eine Organisation der Vereinten Nationen, in der die gemeinsamen Wertvorstellungen der breiten Masse der Bevölkerung zum Ausdruck und zum Tragen kommen. Wir leben heute auf einem globalen Markt voller Bilder. Der Tsunami in Indonesien, die Überschwemmungen in New Orleans und der Terrorismus in London sind zu lokalen Ereignissen geworden: Ich kann sie in meinem Dorf, in meiner Realität, in meinem Zuhause und mit meinen Freunden verfolgen. Hier haben wir es mit „Einheit durch Vielfalt“ zu tun und nicht mit einem undifferenzierten Blick auf die Welt. Wie kann die UNO in dieser schönen neuen Welt überleben, ohne in die Bedeutungslosigkeit zu versinken? Die UNO verfügt über keinerlei legislative Befugnisse, und sie ist keine Weltregierung. Sie ist allenfalls eine Organisation, die ihre Aufgaben erfüllt. Das Beste, das der UNO rückblickend passiert ist, ist der plötzliche Sinneswandel der USA in Bezug auf die Leistungsfähigkeit der UNO.

Zur Geschäftsordnung überzugehen, wäre daher jetzt der falsche Ansatz, denn die Herren Ping und Annan haben bei der Einleitung des Reformprozesses ausgezeichnete Arbeit geleistet. Die Spezialorganisationen der UNO wie die WHO, das UNDP, das Welternährungsprogramm, die IMO und die ICO leisten schon jetzt vorbildliche Arbeit, aber selbst hier wäre eine gründliche Überprüfung angebracht, um sicherzustellen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt und das Management in bester Qualität erfolgt.

Mag sein, dass diese Organisationen ihre Aufgaben erfüllen, aber der UN-Prozess in New York ist wenig ergiebig. Das muss sich ändern. Wir sollten den Prozess in New York begrenzen und uns stärker auf die UNO-Spezialorganisationen konzentrieren. Wir müssen uns an beispielhaften Konzepten in Staat und Wirtschaft orientieren. Wir sollten eine Stelle für die Perspektivplanung einrichten, um Krisen weit im Voraus vorhersagen zu können.

Armut, Krankheit, Konflikte und Verzweiflung sind häufig das Ergebnis von Mängeln in der nationalen Staatsführung. Wir sollten den Aufbau entsprechender Strukturen unterstützen und jenen helfen, die klug mit diesen Strukturen umgehen können.

Ich freue mich, Ihnen mitzuteilen, dass das Europäische Parlament über den Entwicklungsausschuss bereits die Bereitstellung von ca. 2 Millionen Euro aus dem Haushalt für Maßnahmen, die rasche Ergebnisse versprechen, sowie – nach einem Treffen mit dem Kommissionsmitglied in New York – für die Kommission für Friedenskonsolidierung vorgeschlagen hat.

Ein internationaler Handlungsrahmen für Politik und Justiz ist dann effektiv, wenn er diejenigen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt haben, vor Gericht bringt. Wir haben auch das Recht, Schutz zu gewähren. Die UN-Blauhelme müssen besser ausgebildet werden, und Kapitel VII der UNO-Charta sollte sie mit Durchsetzungsbefugnissen für die Konfliktlösung ausstatten.

Herr Präsident, ich möchte feststellen, dass dies eine sehr bedeutende und ausgezeichnete Aussprache ist. Vielen Dank.

 
  
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  Jo Leinen (PSE). – Herr Präsident! Der UNO-Gipfel ist zwar nicht gescheitert, aber ich pflichte doch vielen Kollegen bei, dass er enttäuschend war. Dank des Engagements der Europäer und vieler Entwicklungsländer sind doch konkrete Ergebnisse herausgekommen. Man kann hoffen, dass die Generalversammlung in den nächsten Monaten noch weitere Fortschritte bringt.

Die größte Enttäuschung ist für mich der Mangel an Verpflichtungen zur Abrüstung in der Welt. Die Menschheit gibt jährlich 1 000 Milliarden Euro für Rüstung aus und 60 Milliarden Euro für Entwicklungshilfe. Wenn jemand von einem fremden Stern auf diese Erde schauen würde, so würde er sagen, dass diese Menschheit sich vernichten und nicht überleben will. Da ist die Frage an Kommission und Rat: Was tun die Europäer, damit eine Initiative ergriffen wird, um diesen Mangel an Abrüstung – vor allem der Massenvernichtungswaffen – wettzumachen? Ich finde es auch schade, dass die Reform der Organe der UNO fast nicht gelungen ist. Der Generalsekretär ist kaum gestärkt worden. Die Generalversammlung hat sich nicht reformieren können, und der Sicherheitsrat ist ein reiner Anachronismus. Hier ist doch erstaunlich, dass die Afrikanische Union anscheinend besser funktioniert als die Europäische Union. Die 53 afrikanischen Staaten hatten konkrete Vorstellungen, wer von diesem Kontinent im Sicherheitsrat sitzen soll. Die Europäer sind sich diesbezüglich nicht einig und haben vielleicht auch dazu beigetragen, dass der Sicherheitsrat nicht erweitert werden konnte. Daher auch die Frage an Kommission und Rat: Was tun die Europäer, um diesen Mangel zu beseitigen?

Mein letzter Punkt: Demokratisierung der UNO. Nach 60 Jahren kann es nicht allein den Regierungen überlassen bleiben. Wir brauchen eine parlamentarische Komponente. Die Interparlamentarische Union ist zwar gut und schön, aber sie reicht nicht. Eine parlamentarische Versammlung ist irgendwann nötig, weil die Zivilgesellschaft der Union in der UNO besser aufgehoben ist als die Bürgerkammern, und das kann so nicht bleiben.

 
  
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  Lapo Pistelli (ALDE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mein Freund und Kollege Alexander Lambsdorff hat bereits im Namen unserer Fraktion gesprochen und beliebte zu scherzen, im Namen des liberalen Flügels der Fraktion, indem er das Glas als halb voll beschrieb. An mir ist es nun zu versuchen, vielleicht weil ich dem demokratischen Flügel der Fraktion angehöre, einige Überlegungen über die leere Hälfte des Glases anzustellen.

Wir alle haben in den letzten Wochen einen Widerspruch erlebt: Weltweit ist das Interesse an der Rolle der Vereinten Nationen und an der Rolle Europas gewachsen wie nie zuvor. Es besteht eine große Nachfrage, doch jedes Mal, wenn wir die Chance haben, auf die steigenden Erwartungen zu reagieren, versagen wir.

Das Dokument, das wir in den Vereinten Nationen angenommen haben, sollte kein Nachdenken über die UNO einleiten, sondern es sollte eine Debatte implementieren, die nunmehr schon zwei Jahre dauerte. Mittlerweile wissen wir, dass zwischen August und September einige schwierige Fragen vom Tisch gewischt wurden; andere wurden nur prinzipiell bekräftigt, und dabei sind wir stehen geblieben; wieder andere wurden auf spätere Verhandlungen verschoben. Das ist der Stand der Dinge.

Es gab keine Reform des Sicherheitsrates, keinen Fortschritt im Verhältnis zwischen Abrüstung und Nichtverbreitung und keine klare Verurteilung des Terrorismus, sondern nur eine vage Definition des Terrorismus. Ein Organ wie der Rat für Menschenrechte existiert nur auf dem Papier. Auch das, was als ein großer Erfolg hingestellt wurde, nämlich die neue Regelung in Bezug auf das zu schützende Recht, bedeutet, wenn man sie aufmerksam liest und feststellt, dass gemäß diesem Dokument die Beurteilung durch den Weltsicherheitsrat auf „Einzelfallbasis“ erfolgen wird, dass wir uns in derselben Situation wie vor Ruanda befinden.

Es hat sich nichts geändert. Wir haben gesagt, dass ein Grundsatz gilt, doch werden wir jedes Mal festlegen müssen, ob er in dem betreffenden Fall anzuwenden ist. Was heißt das alles? Dass wir trotz unseres Bekenntnisses zu den Millennium-Entwicklungszielen eine Chance verpasst haben. Das Dokument ähnelt in gewisser Weise unserer Arbeit in Europa: Wir stecken nicht in der Krise, unser Beamtenapparat funktioniert, und wir legen Dokumente vor. Wir erlassen Tausende von Beschlüssen und Entscheidungen, doch sind das oft solche, die die Bürger nicht von uns erwarten, während wir unfähig sind, die Beschlüsse zu erlassen, die sie sich von uns erhoffen.

Das ist unser Problem. Ein 35 Seiten umfassendes Dokument, das die heikelsten Fragen verdrängt, ist kein erfolgreiches Dokument: Es ist ein Dokument, das die Schwierigkeiten unter einer Flut von Papier ertränkt. Alles, was ich sagen will, ist demzufolge, dass dieser Gipfel andererseits gezeigt hat, wie sehr heute ein Europa gebraucht wird, das als politische Einheit, als eine politische Einheit, zählt, wo wir doch Gewicht im Handelsbereich haben, weil wir dort von einem einheitlichen Willen getragen werden. Wir haben eine Rolle in der Welt; in Situationen, in denen wir in 25 Parteien gespalten sind, haben wir keine oder aber eine wesentlich geringere Rolle, als wir denken.

Wir befinden uns – nach dem Scheitern der Referenden – mitten in der Zeit des Nachdenkens. Wir sollten diese „Denkpause“ nicht zu einer mexikanischen Siesta ausweiten, sondern etwas früher aufwachen.

 
  
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  Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE).(ES) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Reden wir nicht um den heißen Brei herum: Der Gipfel zur Reform der Vereinten Nationen war, allgemein gesehen, eine große Enttäuschung für diejenigen von uns, die an diese Institution und vor allem ihre Gründungsprinzipien glauben.

Der Gipfel schloss – das ist wahr und wurde hier gesagt – mit einigen positiven Festlegungen, doch bestimmte entscheidende Aspekte wurden – wie auch schon erwähnt – ausgelassen, wie beispielsweise die Reform des Sicherheitsrates.

Die vom Generalsekretär Kofi Annan zur Diskussion gestellten Vorschläge waren gut und wohl durchdacht, aber sie waren auch dringend und hätten unterstützt werden sollen, und deshalb bedauere ich – das kann ich nur so sagen –, dass sich die Europäische Union dem Druck der USA gebeugt und dadurch vertan hat, was eine historische Chance hätte sein sollen.

Besonders beunruhigend ist das Fehlen von Verpflichtungen zur Verbesserung und Stärkung der „Global Governance“ in Bezug auf ökologische, soziale und wirtschaftliche Themen, aber auch die Zurückziehung der Schlussfolgerungen des Kapitels über Abrüstung und Nichtverbreitung. Und nichts gesagt wird auch über eine so dringende und notwendige Frage wie den Abschluss eines internationalen Abkommens über Waffenhandel, denn die Verbreitung von Waffen ist die Hauptursache für viele Tote in der Welt.

Aus allen diesen Gründen muss ich den Rat und die Kommission auffordern, von jetzt an Mut und Kühnheit zu zeigen, um diese Prinzipien mit konkreten Maßnahmen und, wie Herr Schmidt sagte, durch einen Aktionsplan zu verteidigen, der klar festlegt, welches die Position der Europäischen Union sein muss, sodass wir nicht noch einmal – das möchte ich betonen – dem Druck der USA nachgeben.

 
  
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  Tobias Pflüger (GUE/NGL). – Herr Präsident! Hier findet im Moment die Debatte darüber statt, wie voll denn das Glas sei. Ich kann nur offen sagen, in dem Glas ist fast nichts drin, es gibt nichts zu trinken, und das sollte hier allgemein akzeptiert werden.

Dieser UN-Gipfel ist umfassend gescheitert. Das, was geplant war, wurde nicht erreicht. Das sieht man sehr gut an der Veränderung dieser Abschlussresolution, wenn man sich anschaut, wie sie am Anfang ausgesehen hat, und wie jetzt am Ende ein ganz dünnes Papier übrig geblieben ist.

Bei einem Punkt allerdings bin ich froh, dass er nicht verabschiedet wurde. Er betrifft nämlich das, was die hochrangige Gruppe, die Kofi Annan einen Bericht übergeben hat, vorgeschlagen hat. Sie wollte für die Vereinten Nationen ein Präventivkriegskonzept verankern, und damit hätte sie die Grundidee der Vereinten Nationen kaputtgemacht. Dieses Präventivkriegskonzept findet sich nicht mehr konkret, sondern nur noch angedeutet in Ziffer 92. Da bin ich sehr froh, dass das nicht mehr der Fall ist.

Frau Ferrero-Waldner, wenn Sie sagen, der Kosovo-Krieg habe hierfür quasi den Anlass gegeben, dann liegt doch genau darin das Problem: Das war ein Völkerrechtsbruch, und das ist genau das, was wir nicht wollen. Das Völkerrecht sollte eingehalten werden.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Die Vereinten Nationen sind aus verschiedenen Initiativen hervorgegangen, mit denen die Länder der Welt zusammengeführt werden sollten. Das Ziel bestand darin, wahren Frieden zur fördern durch die Anerkennung der Würde und des Wertes des Menschen sowie der Rolle, die die Gemeinschaft auf lokaler, nationaler und globaler Ebene für den Schutz des Menschen spielt. In den mehr als 60 Jahren ihrer Existenz hat die UNO diesen bedeutenden Auftrag in vielerlei Hinsicht erfüllt. Seit einigen Jahrzehnten wird jedoch verstärkt kritisiert, wie die UNO ihre Geschäfte führt und wie sie ihr Geld ausgibt. Auch die Art der Ergebnisse, die sie vorzuweisen hat oder auch nicht, wird immer wieder bemängelt.

Die Millennium-Entwicklungsziele stellen eine enorme Herausforderung dar, der nur eine gut funktionierende UNO gerecht werden kann. Für Reformen muss man sich nicht schämen. Auch im ordentlichsten Haus muss hin und wieder gründlich aufgeräumt werden. Jede Organisation muss gelegentlich die eigenen Verfahren überprüfen. Meiner Meinung nach lässt sich am Beispiel der UNICEF gut nachvollziehen, wie dringend die UNO reformiert werden muss.

Jim Grant hat die UNICEF, die UNO-Hilfsorganisation für Kinder, größtenteils aufgebaut und bis zu seinem Tod 1995 geleitet. Mit ihren Programmen zur oralen Rehydration, zur Förderung des Stillens und der Primarbildung hat sich die UNICEF zu Recht die Anerkennung der Länder und Organisationen weltweit verdient. Die UNICEF wusste um die realen Bedürfnisse realer Kinder. Seit dem Tod von Herrn Grant scheint sich die UNICEF zu einem Instrument für die Propagierung einer frauenpolitischen Agenda zu entwickeln, anstatt sich für die Kinder einzusetzen. Dazu ist sie der falsche Ort; die UNICEF ist eine Organisation für Kinder.

Frau Bellamy, die nach Herrn Grants Tod die Leitung der UNICEF übernommen hatte, musste letztes Jahr zurücktreten. Obwohl in den neun Jahren ihrer Amtszeit die Kritik immer lauter geworden war, ließen die UNO-Strukturen in ihrer jetzigen Form keine interne Untersuchung der UNICEF zu. Erst als die Kritik von außen weiter zunahm und sich der Skandal um die Vernachlässigung der Kinderprogramme ausweitete, sah sie sich schließlich gezwungen zu gehen. Die Lage hatte sich immer weiter zugespitzt, denn im vergangenen Jahr berichteten etliche Publikationen – darunter „The Lancet“ –, dass das Unvermögen der UNICEF, eine einheitliche Strategie für das Überleben der Kinder zu entwickeln, und ihre generellen Mängel mitverantwortlich am Tode von 10 Millionen Kindern im Jahr seien. Wenn eine Organisation ein öffentlich bekanntes Problem wie dieses toleriert, dann muss sie dringend reformiert werden.

Reformen sind keine Schande. Eine Schande wäre es, sich dringend erforderlichen Reformen zu widersetzen. Der Erfolg wird sich einstellen, wenn wir erkennen, dass die UNO ein Ideal darstellt, das wir hegen und pflegen müssen, und dass wir eine schlagkräftige Organisation benötigen, die diesen Idealen gerecht werden kann.

 
  
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  Koenraad Dillen (NI). – (NL) Herr Präsident! General de Gaulle bezeichnete die Vereinten Nationen gern als „Le Machin“. Nachdem nun der 60. Jahrestag der UNO auf eine Aufführung hinauszulaufen schien, die an Shakespeares „Viel Lärm um nichts“ erinnert, dürfen wir uns aufrichtig die Frage stellen, ob die weisen Worte des ehemaligen französischen Staatsoberhauptes nicht bis heute ihre Gültigkeit bewahrt haben. Tatsächlich wurde wochenlang über ein 35 Seiten umfassendes Dokument diskutiert, das letztendlich – um das Kind beim Namen zu nennen – nicht viel mehr ist als eine vage Absichtserklärung.

60 Jahre nach ihrer Gründung hat sich wieder einmal deutlich gezeigt, wie schwach die Vereinten Nationen sind. An die Stelle des UN-Menschenrechtsausschusses, der wegen der Beteiligung solcher Länder wie Kuba, Simbabwe und Sudan so sehr in Misskredit geraten war, tritt jetzt ein Menschenrechtsrat. Über die Zusammensetzung dieses neuen Gremiums oder über Maßnahmen, um solche Länder künftig auszuschließen, wird in dem Text jedoch kein Wort gesagt. Während der Terrorismus durch den Weltgipfel eindeutig verurteilt wurde, konnte keine Einigung über eine umfassende Definition von Terrorismus erzielt werden.

Auch über die Grundsätze der Nichtverbreitung von Atomwaffen konnte keine Einigung erzielt werden, und nicht zuletzt wird die so dringend notwendige Reform des Sicherheitsrates erneut verschoben. In diesem Zusammenhang ist es wirklich absurd, dass Japan, um nur ein Beispiel zu nennen, 19 % der Kosten für die UN-Friedensoperationen aufbringt, beim Beschlussfassungsprozess jedoch keine Mitsprache besitzt – eine nicht gerade als demokratisch zu bezeichnende Verfahrensweise.

 
  
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  Enrique Barón Crespo (PSE).(ES) Herr Präsident, Herr Ratsvorsitzender, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Die anspruchsvolle Aufgabe des Millennium-Gipfels bildeten die humane Gestaltung der Globalisierung, die Menschenrechte, Frieden und Wohlstand für die gesamte Menschheit, und wir können schlussfolgern, dass es dem Gipfel vor allem gelungen ist, den Versuchen zur Demontage der Vereinten Nationen Einhalt zu gebieten und trotz vieler Mängel auf einige Fortschritte zu verweisen.

Ich möchte einen wichtigen davon nennen, Herr Präsident: die Initiative des Generalsekretärs Kofi Annan, der den Vorschlag des spanischen Ministerpräsidenten Rodríguez Zapatero und des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan aufgegriffen hat. Was wir heute Vormittag in diesem Parlament gesehen haben, beweist die Bedeutung dieser Initiative zur Allianz der Zivilisationen.

Herr Präsident, abschließend möchte ich sagen, dass wir beachten müssen, dass die Europäische Union zurzeit kein Mitglied der Vereinten Nationen ist, jedoch ein entscheidendes Mitglied der WTO. Das ist eine Aufgabe, der wir uns großherzig und im multilateralen Geist stellen müssen.

 
  
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  Paul Marie Coûteaux (IND/DEM). – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es kam also, was kommen musste. Es gab keine echte Reform der UNO, und es wird keinen Sitz für Europa im Sicherheitsrat geben – ein Punkt, zu dem heute jedermann schweigt, während dies doch, das sei gesagt, die größte Hoffnung der Union im Zusammenhang mit diesem Gipfel war.

Eine der Konsequenzen dieses Misserfolgs besteht darin, dass die Europäische Union, die im Übrigen ebenso wenig einen Außenminister haben wird wie sie irgendeine gemeinsame Außenpolitik hat, eine Art internationales Forum ohne Sichtbarkeit nach außen bleiben wird. All das war übrigens offenkundig, trotz der wohl gesetzten Erklärungen von Frau Ferrero-Waldner, die, nebenbei bemerkt, da sie auf französischem Boden das Wort ergriff, auch hätte Französisch sprechen können; auf alle Fälle hört sie mir nicht zu, wie das oft so ihre Art ist.

Wenn die so europäische „Maschinerie“ hinsichtlich ihrer eigenen Bedeutung ein wenig mehr Realismus aufgebracht hätte, hätten wir uns diese langen Debatten im leeren Raum über den angeblichen europäischen Sitz ersparen können, der in unseren Schränken den dicken Berg unserer verlorenen Illusionen weiter anwachsen lässt. Aber immerhin sollten wir über diese Niederlage nachdenken, denn sie sollte uns, wie es in breiterem Rahmen das Scheitern der europäischen Verfassung oder besser der Nichtverfassung getan hat, hellhörig werden lassen hinsichtlich der engen Grenzen, in denen unsere Ambitionen sich bewegen können. Die Unmöglichkeit, die UNO zu reformieren, die vorhersehbar war und die wir im Übrigen bei unseren vorangegangenen Reden über dieses Thema auch vorhergesehen haben, lag in den eigenen Bedingungen der internationalen Aktion begründet.

Was im internationalen Leben an erster Stelle steht und immer stehen wird, ist die Vorherrschaft der Souveränitäten. Während es innerhalb der Staaten ein Recht, das für alle gilt, sowie legitime Sanktionsmittel zur Befriedung der Beziehungen zwischen den Menschen geben kann, so gibt es im Gegensatz dazu in der internationalen Ordnung keinen legitimen Schiedsrichter und es wird ihn nie geben, sei es in Gestalt einer internationalen Organisation oder eines Staates, der sich als der alleinige Garant für den Frieden zwischen den Nationen ausgibt. Denn gegenüber diesem Staat, der Schiedsrichter sein will und in Wahrheit ein imperialer Staat ist, wie gegenüber jeder supranationalen Organisation, werden die übrigen Staaten niemals ihre eigenen Interessen, ihre eigene Persönlichkeit und, ich wiederhole, ihre Souveränität aus den Augen verlieren, wie meine Kollegin Hélène Goudin sagte.

Das bedeutet nicht, dass die Welt zwangsläufig ein Dschungel ist, es bedeutet einfach, dass der Frieden nur auf dem Gleichgewicht zwischen Nationen und Gruppen von Nationen basiert und dass das Völkerrecht das natürliche Spiel der Staaten nur marginal eingrenzen kann, die, so viel Hingabe sie auch für die Sache des Friedens zeigen mögen, doch kaltblütige Monster bleiben und niemals ihr eigenes Machtkalkül aufgeben.

Möge uns das eine Lehre sein: Der multilaterale Rahmen vermag zwar einiges, aber einzig und allein dann, wenn wie durch ein Wunder die Interessen der Nationen zusammenfallen. Möge der Realismus uns die Augen öffnen, damit wir endlich erkennen, in welch engem Rahmen unsere Aktion angesiedelt ist, was in der Natur der Sache liegt.

 
  
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  Miguel Angel Martínez Martínez (PSE).(ES) Herr Präsident! Ich möchte nur sechs Bemerkungen machen.

Erstens, ich möchte die Aktionen der US-Administration verurteilen, die die Vereinten Nationen im Allgemeinen und diese Tagung von New York im Besonderen torpedierten. Sie torpedierten sie, indem sie Bolton zum Vertreter der USA in den Vereinten Nationen benannten und 750 Änderungsanträge zum Entwurf des Textes vorlegten, der von der internationalen Gemeinschaft über einen langen Zeitraum bearbeitet, verhandelt und vereinbart worden war, um ihn so völlig seines Inhalts zu berauben.

Es ist absurd, wenn die USA schließlich einige Zugeständnisse eingehen müssen, so viel Dankbarkeit zu bezeugen und Glückwünsche auszusprechen, nur weil sie ihren letzten Versuch eines Remakes von „Apocalypse Now“ nicht konsequent bis zum Ende unternommen haben.

Zweitens, ich erkenne an, dass die Rolle der Europäischen Union auf dem Gipfel relativ lobenswert und positiv war. Sie war auch relativ effektiv, als die Mitgliedstaaten koordiniert und abgestimmt vorgegangen sind.

Drittens, ich möchte hervorheben, dass das beste Beispiel dafür in dem gesehen werden kann, was zweifellos der wertvollste Aspekt des Gipfels von New York ist: In Bezug auf die Millennium-Entwicklungsziele haben wir uns nicht zurückbewegt, obwohl einige Leute sich darum bemüht haben. Die Europäische Union ist entschlossen aufgetreten und hat zumindest erreicht, dass die Festlegungen und der Zeitplan, die vor fünf Jahren beschlossen worden waren, beibehalten wurden.

Viertens, es ist bedauerlich, dass die wichtige Reform der Vereinten Nationen gescheitert ist, ein Punkt, der ebenso beispielhaft ist wie der vorhergehende, doch im negativen Sinn. Hier kamen unsere Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Visionen, und die Union war nicht in der Lage, sich zu manifestieren, weder durch ihre Positionen noch durch irgendeinen Einfluss, und deshalb trägt sie einen Teil der Verantwortung für diesen Misserfolg.

Fünftens, wir empfinden Genugtuung darüber, dass der Gipfel die Strategie der „Allianz der Zivilisationen“ von Kofi Annan unterstützt und damit eine europäische Initiative wie den Vorschlag der Ministerpräsidenten Spaniens und der Türkei akzeptiert hat.

Und sechstens, wir freuen uns, dass Europa dazu beigetragen hat, die Vereinten Nationen über Wasser zu halten und sie vor dem Schiffbruch zu bewahren, den einige für sie vorbereitet hatten. Es ist jedoch nicht ausreichend, die Vereinten Nationen am Leben zu erhalten, sondern es ist zwingend notwendig, die Organisation definitiv neu zu beleben. Die Anstrengungen der Europäischen Union müssen sich auf dieses Ziel richten, doch dazu muss unsere Union etwas mehr als nur seetüchtig sein.

Ich möchte mit den Worten abschließen, die uns ein afrikanischer Politiker sagte: „Diese Welt erweckt keine Begeisterung, oft ruft sie sogar Abscheu hervor, doch es ist erschreckend zu denken, was sie wäre, wenn Europa nicht als eine Kraft für Rationalität, Ausgewogenheit, eine gewisse Kohärenz und manchmal Solidarität auftreten würde.“

 
  
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  Inger Segelström (PSE). – (SV) Herr Präsident, sehr geehrte Vertreter des Rates und der Kommission, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Der UNO-Gipfel hat die Notwendigkeit der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorismus, Klimaveränderungen, grenzüberschreitender Kriminalität und Massenvernichtungswaffen sowie beim Umgang mit der Einwanderung deutlich gemacht. Er hat verdeutlicht, dass wir mehr anstatt weniger Kooperation brauchen. Die Kommission für Friedenssicherung erhielt große Aufmerksamkeit. An diesem Punkt kann das Europäische Parlament jetzt ansetzen. Infolge der Initiative der schwedischen Außenministerin, an der 13 Außenministerinnen sowie Kommissarin Ferrero-Waldner mitwirken, gibt es jetzt eine friedenssichernde Arbeit, zu der wir Stellung nehmen können. Wir müssen mehr Frauen einbeziehen und brauchen vor allem auf allen Ebenen ebenso viele Frauen wie Männer, weil eine solche ausgewogene Vertretung sowohl Frauen als auch Männer zu einer besseren Arbeit befähigt. Warum ist das so wichtig? Nun, bei den Kriegen und Konflikten unserer Zeit sind die meisten Opfer unschuldige Frauen und Kinder. Um den Übergang von Konfliktsituationen zu einem nachhaltigen Frieden vollziehen zu können, werden alle Ressourcen und zivile Lösungen gebraucht. Wie wollen wir in der EU nun weiter vorgehen? Bei der Diskussion des Millenniumsziels wurde deutlich, dass die Geberländer großzügiger sein müssen. Daher haben wir an diesem Wochenende mit großer Freude die Nachricht über den Schuldenerlass für 18 Länder aufgenommen. Ich bedauere jedoch, dass nur Schweden und weitere vier Länder Entwicklungshilfe in Höhe von 0,7 % leisten. Wir müssen besser werden. Im Jahr 2000 erreichte Schweden 1 %. So viel, wie wir hier in der EU ausgießen, sollte es kein Problem sein, das Glas zu füllen.

 
  
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  Manuel António dos Santos (PSE).(PT) Ich gehörte der Delegation des Parlaments auf der Zweiten Weltkonferenz der Parlamentspräsidenten an, die die Interparlamentarische Union am 7., 8. und 9. September in New York veranstaltet hat.

In meiner Rede vor den 145 teilnehmenden Delegationen habe ich die jüngsten Standpunkte des Parlaments zur Reformierung der Vereinten Nationen und das Engagement für die Millennium-Entwicklungsziele bekräftigt. Meine Botschaft erhielt noch stärkere Resonanz dadurch, dass zuvor alle Entschließungen des Europäischen Parlaments zu Themen wie diesem den nationalen und regionalen politischen Delegationen bekannt gegeben wurden.

Speziell zur Reformierung der Vereinten Nationen habe ich den Delegierten erklärt, dass das Parlament entschieden hinter den Positionen des UNO-Generalsekretärs steht, beispielsweise seinem Standpunkt, dass die Sicherheit der Welt wesentlich mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, der Achtung der Menschenrechte und dem Umweltschutz verknüpft ist. Ich habe auch auf die Notwendigkeit hingewiesen, Veränderungen in der Zusammensetzung des Sicherheitsrates voranzutreiben; meiner Meinung nach sollte die EU am Ende einen ständigen Sitz haben, und es sollten so schnell wie möglich neue Sitze geschaffen werden, damit neue Länder und aufstrebende Regionen vertreten sein können.

Meine abschließende Feststellung zur UNO-Vollversammlung war, dass nicht nur die Arbeitsmethoden reformiert werden sollten, sondern es letztlich auch eine ordentliche parlamentarische Versammlung der Vereinten Nationen geben müsste.

Mit diesem kurzen Abriss, der auch als Bericht über die Reise, den ich vor diesem Parlament abzugeben habe, dienen wird, wollte ich zur Aussprache beitragen.

 
  
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  Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Herr Präsident! Ich danke Ihnen für die Gelegenheit, mich zu dieser Aussprache zu äußern. Ich danke den Abgeordneten des Parlaments für ihre inhaltsreichen Fragen und Anregungen. Ich werde mich bemühen, in meinen abschließenden Bemerkungen auf so viele der von Ihnen angesprochenen Punkte wie möglich einzugehen.

Auf dem diesjährigen Millennium-Gipfel haben unsere Staats- und Regierungschefs zusammen mit den führenden Vertretern von 166 weiteren Ländern die von Kofi Annan gestellte Aufgabe, die UNO zu reformieren, damit sie sich zu einer effizienteren und effektiveren, für die Herausforderungen der Gegenwart besser gewappneten Organisation entwickeln kann, angenommen. Das Ergebnisdokument sollte – um auf die heutige Aussprache Bezug zu nehmen – nicht als halb leeres Glas gesehen werden. Vielmehr sollte es als das verstanden werden, was es meines Erachtens ist: ein klarer Auftrag zur Veränderung. Wir alle sind uns, wie ich glaube, darin einig, dass die Stabilität und der Wohlstand in dieser interdependenten Welt nur mit einer stärkeren, effektiveren und angemessen ausgestatteten UNO gesichert werden können.

Dazu stellte die Europäische Union in ihrer Erklärung an die Generalversammlung vom 17. September fest, dass ohne gemeinsame Anstrengungen zur Beschleunigung von Fortschritten bei der Umsetzung der Millennium-Entwicklungsziele arme und reiche Länder gleichermaßen einer Zukunft in wachsender Instabilität entgegensehen. Gelingt es nicht, unter Führung der Vereinten Nationen der Gefahr des Terrorismus und der Weiterverbreitung von Kernwaffen entgegenzutreten, so gefährdet dies das Wohlergehen sowohl der Entwicklungs- als auch der Industrieländer. Die UNO sollte kein Forum sein, in dem die Länder versuchen, ihre eigene Agenda durchzusetzen, sondern ein Ort, an dem sich die internationale Gemeinschaft auf gemeinsame Maßnahmen zum Wohle aller Menschen in der Welt einigen kann.

Das scheint mir der geeignete Kontext zu sein, in dem ich auf einige der von den Abgeordneten heute angesprochenen wichtigen Punkte eingehen möchte. Herr Millán Mon, Herr Lambsdorff und Herr Schmidt sprachen die Frage der Erweiterung des Sicherheitsrates an. Zwar sind sich die Partner in der Europäischen Union einig, dass der Sicherheitsrat reformiert werden sollte, aber es gibt innerhalb der Europäischen Union keinen Konsens über das entsprechende Modell. Was die Frage anbelangt, ob die Europäische Union einen Sitz im Sicherheitsrat erhalten sollte oder nicht, möchte ich die Abgeordneten dieses Parlaments mit allem Respekt daran erinnern, dass die Charta der Vereinten Nationen in diesem Punkt keinen Zweifel zulässt: Einzelne Länder können einen Sitz im Sicherheitsrat erhalten, nicht aber regionale Organisationen. Deshalb steht die Aufnahme der EU in den Sicherheitsrat völlig außer Frage.

Frau Kinnock würdigte die geleistete Arbeit und schätzte die erzielten Fortschritte, wie ich meine, richtig ein, obwohl klar ist, dass noch sehr viel mehr getan werden muss. Ihr Beitrag gibt mir die Möglichkeit, nicht nur die unermüdlichen Anstrengungen zu würdigen, die sie seit vielen Jahren – vor ihrer Tätigkeit als Europaabgeordnete und seither – auf diesem Gebiet leistet, sondern auch vielen anderen Abgeordneten dieses Parlaments meine Anerkennung für die eingebrachten Erfahrungen und Erkenntnisse auszusprechen, mit denen sie die Debatte in der Europäischen Union zu diesen Fragen und das Auftreten der EU in internationalen Foren meiner Ansicht nach bereichern. Es wird sie kaum überraschen, dass ich den Verweis auf die Erschließung innovativer Mechanismen zur Finanzierung der Umsetzung der Millennium-Ziele unterstütze.

Ihre konkrete Frage, ob einzelne Mitgliedstaaten den Umfang ihrer Hilfszusagen bereits zurückfahren, muss ich kategorisch mit Nein beantworten. Die 25 Mitgliedstaaten haben sich kollektiv zu mindestens 0,56 % des BNE bis 2010 verpflichtet, und die EU 15 haben sich ausnahmslos zur Bereitstellung von mindestens 0,7 % ihres BNE in Form von Hilfe bis 2015 verpflichtet. Wie ich im Rahmen meiner Ansprache auf der Parteikonferenz vor wenigen Tagen bereits sagte, wäre die Vorstellung, dass 15 Länder in Europa eine solche Verpflichtung eingehen, noch vor wenigen Jahren für viele von uns, die dieses Ziel seit langem anvisieren, ein Traum gewesen.

Die Europäische Union bekräftigte diese Verpflichtung in ihrer Erklärung auf dem Millennium-Gipfel. Kommission und Rat werden jährlich die Umsetzung dieser Verpflichtung überwachen. Wir brauchen diese Garantie. Ich möchte ferner darauf hinweisen, dass die EU ihr 2002 festgelegtes Ziel für 2006 – 0,39 % des EU-Durchschnitts – voraussichtlich überbieten wird. Es gibt derzeit keinen Grund, weshalb uns das nicht noch einmal gelingen sollte.

Der nächste Punkt wurde von Herrn Portas angesprochen. Er äußerte Ansichten zu den USA, die ich offen gestanden nicht teilen kann.

Zur konkreten Frage der Nichtweiterverbreitung möchte ich jedoch Folgendes klarstellen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir die Enttäuschung vieler Mitgliedstaaten in der UNO, ja vieler Abgeordneter hier im Parlament, Herr Leinen eingeschlossen, darüber teilen, dass keine internationale Verpflichtung zur Nichtweiterverbreitung erzielt werden konnte, was im Unvermögen der Staaten, sich auf eine Sprachregelung in dieser Sache zu einigen, zum Ausdruck kommt. Obwohl ich als Vertreter des Ratsvorsitzes zu Ihnen spreche, kann ich Ihnen versichern, dass sich das Vereinigte Königreich unermüdlich und buchstäblich bis zur letzten Minute sowohl in eigener Sache als auch als Vertreter der EU auf dem Millennium-Gipfel für die bestmögliche Lösung zur Nichtweiterverbreitung und Abrüstung eingesetzt hat. Ich kann dem Hohen Haus versichern, dass wir auch künftig vernünftige und pragmatische Lösungen zur Beseitigung dieses Defizits anstreben werden, die sich positiv auf den Prozess der Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen auswirken werden.

Zu den Fragen von Herrn Guardans Cambó möchte ich mit gebührendem Respekt feststellen, dass die kleineren Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine wichtige Rolle bei der Formulierung der abgestimmten Positionen der Europäischen Union im Vorfeld des Millennium-Gipfels gespielt haben. Wer etwas anderes behauptet, negiert den Beitrag, den eine Reihe von Ländern, die nicht zu den größeren Mitgliedstaaten der EU zählen, geleistet haben.

Frau Vaidere wollte wissen, ob eine neue internationale Organisation die Vereinten Nationen ersetzen sollte. Auch hier würde ich mit einem Nein antworten. Stattdessen sollten wir ausgehend von dem, was ich und einige Abgeordnete heute deutlich gemacht haben, die Aufgabe darin sehen, dass wir den vor einigen Tagen auf dem Millennium-Gipfel der Vereinten Nationen vereinbarten Worten Taten folgen lassen sollten. Wir sollten dafür sorgen, dass das, was heute noch auf dem Papier steht, in den kommenden Wochen und Monaten in die Tat umgesetzt werden kann.

Frau Belohorská wandte sich bezüglich des Peking-Folgegipfels mit einer Frage an die Kommission. Ich kann ihr mitteilen, dass die Europäische Union keinen Vertreter zu dieser inoffiziellen Konferenz, die am 29. August und 1. September in Peking stattfand, entsandt hat. Der zehnte Jahrestag der Deklaration von Peking und der Aktionsplattform wurde im März 2005 bei der UN-Kommission für den Status der Frauen begangen. Dabei wurde die Europäische Union durch den Luxemburger Minister für die Gleichstellung der Geschlechter vertreten.

Herr Deva hat auf eindrucksvolle Weise für mehr Effizienz und Effektivität in der Arbeit der UNO plädiert. Ich glaube, dass sich das Parlament heute darin einig ist, dass diesbezüglich dringender Handlungsbedarf besteht.

Herr Pistelli äußerte sich enttäuscht über die seiner Ansicht nach recht unzureichenden Fortschritte und wollte wissen, in welchen Bereichen sich die Europäische Union in Anbetracht der Einschränkungen des Abschlussdokuments mit Nachdruck für weitere Fortschritte einsetzen kann. Dazu kann ich folgende Zusagen machen. Wir legen den Gesprächspartnern einschließlich Kofi Annan nahe, die Reformen, die uns wichtig sind, die aber im Ergebnisdokument des Gipfels nicht enthalten sind oder nicht zu unserer Zufriedenheit formuliert wurden, voranzutreiben. Was die Managementreform betrifft, über die heute vielfach gesprochen wurde, so wurde Kofi Annan im Ergebnisdokument aufgefordert, im ersten Quartal 2006 weitere Reformen für die Organisation und das Sekretariat vorzulegen. Wir haben den Generalsekretär bereits dringend gebeten, gerade auch mit Blick auf den Skandal um das Programm „Öl für Lebensmittel“ kühne Vorschläge zu unterbreiten, da derartige Schritte keinen Aufschub mehr dulden.

Die Europäische Union unterstützt die entschiedene Verurteilung des Terrorismus im Ergebnisdokument – auch zu dieser Problematik haben sich mehrere Abgeordnete geäußert – und fordert die Erarbeitung einer effektiven UNO-Strategie zur Terrorismusbekämpfung. Dennoch meinen wir, dass der Text nicht weit genug gegangen ist.

Seit fast einem Jahrzehnt erörtert die UNO ein umfassendes Übereinkommen über den Terrorismus, welches wiederum den Terrorismus definieren soll. Dabei geht es uns um eine Definition, über die vollkommenes Einvernehmen herrscht. Sie würde keinerlei Zweifel darüber zulassen, was ein terroristischer Akt ist und dass derartige Akte völlig inakzeptabel sind.

Lassen Sie mich abschließend noch auf einen weiteren Punkt verweisen. Wir teilen die große Enttäuschung des UNO-Generalsekretärs darüber, dass es nicht gelungen ist, im Ergebnisdokument eine befriedigende Formulierung über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen und die Abrüstung zu finden. Die Europäische Union hat sich buchstäblich bis zum letzten Moment um eine Einigung zu diesen Schlüsselfragen bemüht. Trotz dieses Rückschlags betone ich nochmals, dass die Europäische Union konsequent alle Möglichkeiten nutzen wird, um sich in den zuständigen Foren für die Stärkung des Abrüstungsprozesses einzusetzen.

Herr Romeva i Rueda brachte seine Enttäuschung über den Sicherheitsrat zum Ausdruck. Dazu habe ich mich bereits geäußert. Wir teilen jedoch seine Enttäuschung darüber, dass es nicht gelungen ist, bezüglich eines Vertrags über den internationalen Waffenhandel weitere Fortschritte zu erzielen. Ich bin mir bewusst, das sage ich noch einmal, dass ich in dieser Sache als Vertreter des Ratsvorsitzes und nicht eines einzelnen Mitgliedstaates zum Parlament spreche. Dennoch kann ich dem Herrn Abgeordneten versichern, dass wir uns in dieser Angelegenheit auch künftig engagieren werden, und zwar wurde meine eigene Partei im Vereinigten Königreich unlängst nicht zuletzt deshalb wiedergewählt, weil sie ausdrücklich erklärt hat, dass sie sich für weitere Fortschritte auf dem Weg zu einem Vertrag über den Waffenhandel einsetzen wird.

Frau Sinnott sagte, dass auch im ordentlichsten Haus hin und wieder gründlich aufgeräumt werden müsse. Ich teile selbstverständlich die Ansicht, dass Reformen einen konkreten Beitrag zur Umsetzung der Millennium-Entwicklungsziele leisten können. Deshalb sind wir auch fest entschlossen, den im September geäußerten Worten in den kommenden Wochen und Monaten Taten folgen zu lassen.

Herr Dillen zitierte General Charles de Gaulle. Ich war versucht, mit einem Zitat zu antworten, aber das hebe ich mir für einen späteren Zeitpunkt auf. Er ging anschließend nochmals auf die Erweiterung des UNO-Sicherheitsrates ein. Ich habe den diesbezüglichen Standpunkt des Rates bereits ausführlich erläutert.

Herr Barón Crespo sprach ein Thema an, von dem ich erwartet hatte, dass es in der heutigen Aussprache eine größere Rolle spielt, und zwar ging es um den zentralen Beitrag der in nur zehn Wochen stattfindenden WTO-Gespräche zur Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele. Europa, die Vereinten Nationen und die anderen Vertreter der Welthandelsorganisation sehen sich in Hongkong und in den Wochen vor den dort stattfindenden Gesprächen einer außerordentlichen Herausforderung gegenüber. Es steht aus den von mir bereits genannten Gründen völlig außer Zweifel, dass das Jahr 2005 bereits jetzt als das Jahr echter Fortschritte beim Schuldenabbau und bei der Aufstockung der Hilfe in die Geschichte eingehen wird. Für Europa bietet sich jetzt die Möglichkeit, die Chance zu nutzen und sich an vorderster Front aktiv und energisch dafür einzusetzen, dass die Entwicklungsdimension der ursprünglichen Doha-Erklärung in Hongkong eine zentrale Rolle spielt. Was Pascal Lamy letzte Woche in seiner ersten Pressekonferenz als Generaldirektor der WTO sagte, machte mir Mut, denn nur, wenn wir in Hongkong einen klaren Standpunkt zur Entwicklungsdimension der Doha-Runde vertreten, können wir meines Erachtens die Fortschritte erzielen, die sich viele Abgeordnete dieses Hohen Hauses Anfang Dezember wünschen.

Herr Coûteaux sprach das Problem eines Sitzes bei den Vereinten Nationen an, auf das ich bereits eingegangen bin, und Herr Martínez Martínez erwähnte die USA. Wie ich in meinem Beitrag zum Abschluss der Aussprache hoffentlich bereits deutlich gemacht habe, bin ich einigermaßen erleichtert, dass ich heute im Namen des Ratsvorsitzes spreche und nicht im Namen einer anderen Regierung. Deshalb überlasse ich es anderen, sich für Handlungen von Akteuren außerhalb der Europäischen Union zu rechtfertigen.

Frau Segelström ging auf die Terrorismusproblematik und die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit ein. Ich kann dem nur beipflichten und erinnere in diesem Zusammenhang an die eindrucksvolle Rede von Charles Clarke, dem britischen Innenminister, der in diesem Hohen Haus überzeugend darlegte, dass wir den Terrorismus nicht durch die Errichtung dickerer und höherer Mauern wirksam bekämpfen können, sondern nur durch eine engere und inhaltsreichere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Sie sprach mit Blick auf den Millennium-Gipfel zudem die wichtige Frage der Vertretung der Geschlechter in hochrangigen Führungspositionen an. Das ist eine sehr wichtige Frage, und ich denke, dass die Kommissarin für deren Beantwortung besser geeignet ist.

Der letzte Beitrag kam von Herrn dos Santos, der über seine Teilnahme an einer wichtigen internationalen Tagung im Vorfeld des Millennium-Gipfels berichtete. Ich möchte nochmals die Gelegenheit nutzen und die aufrichtige Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, die sicher die Kommission und ganz bestimmt der Ratsvorsitz angesichts der unermüdlichen Anstrengungen empfinden, die zahlreiche Abgeordnete dieses Parlaments unternommen haben, um zum Gelingen des UN-Millennium-Gipfels beizutragen.

Wie ich ohne Weiteres zugebe, herrscht eine gewisse Enttäuschung darüber, dass das Abschlussdokument nicht in vollem Umfang unseren Wünschen entspricht, aber es ist meine feste Überzeugung, dass wir ohne die wirksame Mitarbeit der Vertreter der Europäischen Union nicht die Fortschritte erzielt hätten, die wir in New York verbuchen konnten. Darauf können wir, so glaube ich, mit Recht gemeinsam stolz sein.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich werde mich kurz fassen und möchte lediglich feststellen, dass wir uns sehr über die Anwesenheit einer Delegation des Parlaments in New York gefreut haben. Ich danke Frau Kinnock, Herrn Deva und Herrn Lambsdorff für ihre Teilnahme. Ich muss sagen, dass das sehr gut war, denn auf diese Weise konnten Sie sich selbst von der positiven wie auch der negativen Seite dieses Millennium-Gipfels überzeugen.

Viele von Ihnen haben erklärt, dass das Glas Ihrer Ansicht nach halb voll oder halb leer sei. Es ist ein recht gemischtes Bild entstanden, aber wichtig ist meines Erachtens, dass der Millennium-Gipfel mit einer Erklärung zu Ende gegangen ist, die uns als Grundlage dienen kann, und das ist das Wichtigste.

Ich kenne die UNO recht gut – ich war 1994 und 1995 Protokollchefin für Boutros Boutros-Ghali – und weiß daher, dass sie nur so gut sein kann wie ihre Mitgliedstaaten und so gut wie die Mitgliedstaaten, die kompromissbereit sind. Es gibt 191 Mitgliedstaaten. Es ist also nicht einfach für eine Europäische Union mit 25 Mitgliedstaaten und einigen assoziierten Mitgliedstaaten, die dieselben Positionen vertreten, ein Problem zu thematisieren. Die Europäische Union hat sehr gute Arbeit geleistet. Das wurde auch von Generalsekretär Kofi Annan und vielen anderen bestätigt.

Es stimmt, dass wir im Menschenrechtsrat, wie ich bereits eingangs erwähnte, wie auch beispielsweise in Bezug auf die Terrorismusdefinition nicht alles erreichen konnten. Lassen Sie mich kurz bei dieser Frage verweilen. Ich würde sagen, dass die klare und uneingeschränkte Verurteilung des Terrorismus in all seinen Spielarten und Erscheinungsformen, gleichviel von wem, wo und zu welchem Zweck er begangen wird, der sich alle Regierungen angeschlossen haben, ein sehr wichtiges Element und einen spürbaren Impuls darstellt, zumal, wenn man bedenkt, dass über ein entsprechendes Übereinkommen seit fast zehn Jahren verhandelt wird. Es bestehen gute Aussichten, dass die laufende Generalversammlung noch vor Jahresende eine Einigung zu diesem Übereinkommen erzielt. Das wäre dann ein weiteres positives Ergebnis.

Ich möchte etwas zur Frauenproblematik sagen. Ich habe am Abendessen des Frauen-Netzwerks teilgenommen. Ich war Außenministerin, aber jetzt bin ich Kommissarin für Außenbeziehungen. Es ist unbedingt erforderlich, an den anderen Teil der Bevölkerung zu denken, der noch nicht immer angemessen vertreten ist. Deshalb meinen wir, dass Frauen einen konkreten Beitrag zum Bereich Frieden und Friedenskonsolidierung leisten können, der uns ganz besonders am Herzen liegt.

Ferner möchte ich zum Ausdruck bringen, dass die heute angesprochenen Probleme – einschließlich des Dialogs und des Zusammenwirkens von Zivilisationen und Kulturen – von entscheidender Bedeutung sind. Diese Probleme stehen seit langem auf der Tagesordnung, aber jetzt wurden sie neu thematisiert, und wir werden diesen Ansatz selbstverständlich aufgreifen und weiterverfolgen, denn er hilft den Menschen zu verstehen, dass wir Toleranz gegenüber unterschiedlichen Religionen und Zivilisationen üben müssen, zugleich aber auch gemeinsame Wertvorstellungen haben.

Insgesamt möchte ich noch einmal betonen, dass die EU ja der natürliche Partner der Vereinten Nationen ist. Beide Organisationen sind aus derselben Erfahrung heraus entstanden, der Erfahrung des Krieges, und beiden liegt dieselbe Überzeugung zugrunde, dass gemeinsames Handeln besser ist als ein Alleingang, selbst wenn wir gelegentlich Kompromisse schließen müssen, um voranzukommen. Wir sind unsererseits fest entschlossen, in Zusammenarbeit mit einem ausgezeichneten Präsidenten der Generalversammlung voranzukommen.

 
  
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  Alexander Lambsdorff (ALDE). – Herr Präsident! Ich hatte Kommission und Rat um eine Stellungnahme dazu gebeten, wann das Parlament die Zusammenlegung der Vertretungen von Kommission und Rat in New York und an den anderen Standorten der Vereinten Nationen erwarten darf, damit wir bessere Kohärenzen der Vertretung der Union bei den Vereinten Nationen haben. Ich wäre dankbar, wenn Rat und Kommission hierauf eingehen würden

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. Herr Präsident! Verehrter Graf Lambsdorff! Sie wissen so gut wie ich, dass die Verfassung noch nicht weitergegangen und nicht ratifiziert ist. Es gibt inzwischen ein Ratssekretariatsbüro in New York. Die Kommission selbst ist Beobachter bei den Vereinten Nationen, und wir arbeiten sehr, sehr eng zusammen. Es ist aber derzeit nicht vorgesehen, die beiden zu fusionieren.

 
  
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  Der Präsident. – Ich teile Ihnen mit, dass ich gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung sechs Entschließungsanträge erhalten habe(1).

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag, dem 29. September 2005, um 12.00 Uhr statt.

(Die Sitzung wird von 18.10 Uhr bis zur Fragestunde um 18.35 Uhr unterbrochen.)

 
  
  

VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS
Vizepräsident

 
  

(1) Siehe Protokoll.

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