Der Präsident. Nach der Tagesordnung folgt die Fragestunde (B6-0331/2005). Wir behandeln eine Reihe von Anfragen an den Rat.
Der Präsident.
Anfrage Nr. 1 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0659/05)
Betrifft: Das Abfallproblem und seine Bewältigung
Besteht eine bindende Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur getrennten Müllsammlung?
Wie beurteilt der Rat die bisherige Praxis in den Mitgliedstaaten, insbesondere was die Sammlung, Beseitigung oder Wiederverwertung chemischer und toxischer Abfälle, von Schmierstoffen und radioaktiven Abfällen betrifft?
Hält es der Rat für notwendig, das Problem bewusst zu machen und entsprechende Maßnahmen, die den Schutz der Umwelt und die Gesundheit der zukünftigen Generationen der europäischen Bürger gewährleisten, zu finanzieren?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Nach Ansicht des Rates wird die getrennte Müllsammlung zur Umsetzung der in den Abfallrichtlinien der Gemeinschaft vorgesehenen Ziele weithin durchgeführt, und das wird auch in Zukunft so sein. Die getrennte Erfassung hat höhere Verwertungsraten zur Folge und gewährleistet eine sicherere Entsorgung.
Eine Reihe von gemeinschaftlichen Richtlinien über spezifische Abfallströme sieht die getrennte Abfallsammlung vor allem von Alterzeugnissen vor, die andernfalls als feste Siedlungsabfälle entsorgt werden müssten. Dank gemeinschaftlicher Umweltschutzregelungen haben die Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet viel erreicht. So gibt es Regelungen über die Entsorgung von gefährlichen Abfällen wie Altöl und Batterien. Für einige der besonders wichtigen und komplexen Abfallströme wie Verpackungen, Altfahrzeuge und Elektro- und Elektronikaltgeräte wurden Vorgaben für das Recycling und die Weiterverwertung aufgestellt. In einigen Mitgliedstaaten müssen diese Maßnahmen noch umgesetzt werden.
Die Veränderung von Verhaltensmustern bei Herstellern, Verbrauchern oder staatlichen Stellen braucht Zeit. Ganz besonders dann, wenn ein konkretes ökologisches Resultat erzielt werden soll, das beträchtliche Investitionen in die Infrastruktur erfordert. Deshalb müssen künftige Initiativen in diesem Bereich nach einem realistischen Zeitplan erfolgen, der den Beteiligten ausreichend Zeit für die Planung ihrer Investitionen gibt.
Die Erfahrungen der Mitgliedstaaten zeigen, wie wichtig es ist, die Öffentlichkeit über Fragen der Abfallentsorgung aufzuklären. Ich bin sicher, dass die Kommission diese Überlegungen bei der Vorlage ihrer thematischen Abfallstrategie berücksichtigen wird.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Danke für Ihre Antwort, Herr Minister, aber als ich von Brüssel nach Griechenland kam, hatte ich einen ganz anderen Eindruck als den, den Sie vermittelt haben, und ich frage den Rat, ob er die bisherigen direkten und indirekten Schäden sowie die Schäden beurteilt hat, die die mangelnde Erfüllung der Richtlinien in allen Mitgliedstaaten verursachen wird.
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Selbstverständlich muss jeder Mitgliedstaat die sich aus dem EU-Recht ergebenden Verpflichtungen erfüllen. Deshalb ist gerade im Hinblick auf die erlassenen Richtlinien zu bedenken, dass auch Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden können. Obwohl uns klar ist, dass die EU-Abfallrichtlinien noch nicht von allen Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt worden sind, würde ich doch meinen, dass sich die Umsetzung des Umweltrechts der Europäischen Union in den letzten Jahren verbessert hat.
Der Präsident.
Anfrage Nr. 2 von Sajjad Karim (H-0661/05)
Betrifft: Harmonisierung der Vorgehensweisen der Mitgliedstaaten im Kampf gegen den Terrorismus
Angesichts der Anti-Terrorismus-Gesetze, die in einigen Mitgliedstaaten unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terrorismus verabschiedet wurden, muss sich die EU nun der Tatsache stellen, dass eine der Auswirkungen der terroristischen Bedrohung darin besteht, dass die hart erkämpften Freiheiten, die die gemeinsamen Werte und Grundsätze der Union untermauern, in Frage gestellt und unterminiert werden. Vor dem Hintergrund der Bombenattentate in Madrid am 11. März 2004 und in London am 7. Juli 2005 befindet sich die EU nun an einem entscheidenden Punkt in ihrer Vorgehensweise im Kampf gegen diesen Angriff auf die europäische Lebensart.
Wie beabsichtigt der Rat unter der Präsidentschaft des Vereinigten Königreichs die Zusammenarbeit zu gestalten sowie nationale Unterschiede und bürokratische Hürden in den 25 Mitgliedstaaten zu überwinden, um eine harmonisierte Vorgehensweise im Kampf gegen den Terrorismus zu entwickeln, die ein Gleichgewicht schafft zwischen der Gewährleistung der Sicherheit der EU-Bürger und der gleichzeitigen Garantie ihrer Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten, ungeachtet ihres Glaubens und ihrer ethnischen Herkunft?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Ich bin ganz und gar der Ansicht des Herrn Abgeordneten, was die Bedeutung dieser Fragen gerade vor dem Hintergrund der Anschläge in Madrid und am 7. Juli in London betrifft. Der Rat hat sich stets um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Gewährleistung der Sicherheit der Bürger der Europäischen Union und der gleichzeitigen Garantie ihrer Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten, ungeachtet ihres Glaubens oder ihrer ethnischen Herkunft, bemüht.
Am 13. Juni 2002 verabschiedete der Rat einen Rahmenbeschluss zur Terrorismusbekämpfung. Dieser Rahmenbeschluss sieht eine Harmonisierung der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten im Hinblick auf terroristische Handlungen, Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Vereinigungen sowie Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten vor. In Artikel 1 des Rahmenbeschlusses heißt es dazu konkret: „Dieser Rahmenbeschluss berührt nicht die Pflicht, die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegt sind, zu achten.“ Gerade um diese Rechte zu verteidigen, müssen die Mitgliedstaaten den Terrorismus bekämpfen, der nach dem Verständnis unserer demokratischen Gesellschaften das Gegenteil der Menschenrechte darstellt.
In seiner Rede vor dem Europäischen Parlament betonte mein Kollege Charles Clarke, der britische Innenminister, am 7. September, dass wir das richtige Maß zwischen bürgerlichen Freiheiten und mehr Sicherheit finden müssen. Bei dieser Gelegenheit unterstrich auch Herr Frattini, der Vizepräsident der Kommission, die Notwendigkeit eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen der Strafverfolgung und dem Schutz der Grundrechte.
Sajjad Karim (ALDE). – (EN) Ich möchte den Herrn Minister nochmals in diesem Hohen Haus begrüßen. Ich freue mich sehr, dass Sie hier sind und meine Frage ausführlich beantwortet haben.
Sie erwähnen die Ausführungen Ihres Kollegen, des britischen Innenministers. Darf ich Sie auf einige Dinge verweisen, die er seither gesagt hat, und Sie fragen, in welchem Maße der Ratsvorsitz gedenkt, einzelne Bestimmungen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte abzuschaffen?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) In Beantwortung der Frage möchte ich ganz klar feststellen, dass die Priorität unseres Ratsvorsitzes nicht zuletzt im Hinblick auf die Anschläge von Madrid und London darin besteht, dem von allen Mitgliedstaaten vereinbarten Aktionsplan zur Bekämpfung des Terrorismus neue Impulse zu verleihen. Wenn wir unsere Anstrengungen in diesem Aktionsplan bündeln, dann, so meinen wir, kann uns die Harmonisierung gelingen und können wir die gemeinsame Basis finden, von der ich vorhin sprach.
David Martin (PSE). – (EN) Herr Präsident! Der europäische Haftbefehl ist eine sehr vernünftige und begrüßenswerte Maßnahme zur Terrorismusbekämpfung, aber er wurde von einigen Mitgliedstaaten nicht umgesetzt, weil man befürchtet, dass im Rahmen des Haftbefehls ausgelieferte Personen möglicherweise weder ein faires Verfahren noch angemessenen Rechtsbeistand oder sprachlichen Beistand erhalten. Werden Sie als der amtierende Präsident dies prüfen, um nach Möglichkeit alle Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, dass der Haftbefehl vollständig umgesetzt werden kann?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Ich kann dem Herrn Abgeordneten versichern, dass wir dieses Problem in Anbetracht der Tatsache, dass wir uns nicht nur für einen gemeinsamen Haftbefehl einsetzen, sondern auch für eine in der gesamten Europäischen Union geltende gemeinsame Beweisanordnung, sehr ernst nehmen. Wenn es aufgrund von Bedenken in einzelnen Mitgliedstaaten praktische Gründe gibt, die die Vertiefung der von mir erwähnten Zusammenarbeit verhindern, so wird sich der Rat damit beschäftigen. Ich werde vor allem dafür sorgen, dass die Hinweise des Herrn Abgeordneten dem Innenminister zur Kenntnis gebracht werden.
Der Präsident.
Anfrage Nr. 3 von Chris Davies (H-0663/05)
Betrifft: Webseite des Ministerrates
Ist dem Rat eine Webseite bekannt, die von einer europäischen Institution unterhalten wird und besser geeignet ist, den Bürgern den Zugang zu Informationen zu vereiteln, als die des Ministerrates?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Zunächst einmal möchte ich das Europäische Parlament zum Start seiner eigenen Webseite beglückwünschen, bevor ich versuchen werde, die des Rates zu verteidigen.
(Beifall)
Ich werde mich nach Kräften bemühen. Die Webseite des Ministerrates verfolgt zwei Ziele: Erstens geht es um die Bereitstellung von Informationen über die Rolle und die Aktivitäten des Rates sowie darum, dass der Rat seinen Pflichten im Hinblick auf den Zugang zu Dokumenten nachkommen kann. In diesem Zusammenhang bietet die Webseite des Rates neben der Homepage von Javier Solana, dem Generalsekretär des Rates und Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Zugang zu Presseerklärungen sowie umfangreiche Informationen über die Aktivitäten des Rates in den verschiedenen Politikbereichen, die für die Medien von besonderem Interesse sind.
Außerdem umfasst die Webseite ein öffentliches Register der Dokumente des Rates sowie Informationen über die Benutzung des Registers und über die Bestimmungen zur Transparenz und zum Zugang zu Dokumenten. Dabei ist zu beachten, dass man bei der Gestaltung der stärker fachorientierten Webseite des Rates Überschneidungen mit der interinstitutionellen Webseite Europa, die von der Europäischen Kommission verwaltet wird und sich an die breite Öffentlichkeit wendet, vermeiden wollte.
Chris Davies (ALDE). – (EN) „Yes, Minister!“ Ist sich der amtierende Ratspräsident bewusst, dass Journalisten und NRO nicht wissen, ob sie sich vor Lachen krümmen oder vor Wut mit den Zähnen knirschen sollen, wenn man sie bittet, die Unzulänglichkeiten der Webseite des Rates zu berücksichtigen?
Ist er nicht auch der Ansicht, dass die öffentlichen Informationsquellen der Europäischen Union die Grundsätze der Offenheit und Transparenz widerspiegeln müssen, wenn die EU mehr Bürgernähe praktizieren will? Wird er sich für die Einleitung einer Überprüfung und öffentlichen Konsultation einsetzen, um das Sekretariat des Rates zur Aufgabe seiner rückständigen Haltung zu bewegen und der Öffentlichkeit eine erstklassige Quelle für ehrliche, sachliche und genaue Informationen anzubieten?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Ausgehend von meinen Erkundigungen, die ich nach Vorlage der Frage eingezogen habe, kann ich die von dem Herrn Abgeordneten angesprochenen Punkte durchaus nachvollziehen. Ich kann ihm versichern, dass Inhalt und Struktur der Webseite des Rates kontinuierlich überprüft werden. Dieser Prozess erfolgt parallel zu Verbesserungen an der Europa-Webseite, die ich vorhin erwähnt habe.
Meiner Ansicht nach rühren unsere Differenzen im Hinblick auf die mir gestellte Frage einzig und allein daher, dass Sie davon ausgehen, dass die Öffentlichkeit zuerst die Webseite des Rates und nicht die Europa-Webseite besuchen sollte. Ich denke, es geht wirklich darum, wie wir die Überschneidungen, die nur allzu häufig zwischen den Webseiten der Regierungen der Mitgliedstaaten auftreten, vermeiden und dafür sorgen, dass sich das den europäischen Bürgern angebotene Produkt zum zentralen Anlaufpunkt für die Öffentlichkeit entwickelt, den wir uns wünschen. Was die Öffentlichkeit betrifft, so ist das ganz eindeutig die Europa-Webseite. Die Kommission hat kürzlich ihren Aktionsplan für die Verbesserung der Kommunikationsarbeit in Europa vorgestellt, und ich bin sicher, dass sich dieser Aktionsplan direkt auf die Gestaltung der Europa-Webseite auswirken wird.
David Martin (PSE). – (EN) Herr Ratspräsident! Wenn Sie eine Webseite besuchen wollen, die einen wirklich frustriert, die wirklich Ungereimtheiten enthält, dann sollten Sie die der britischen Liberal Democratic Party besuchen, auf der beispielsweise behauptet wird, dass diese Partei die wichtigste Opposition zur britischen Regierung darstellt und dass sie politische Ziele verfolgt.
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Ausgehend von meinen Aufgaben als Vertreter des Ratsvorsitzes und nicht einer bestimmten Partei würde ich sagen, dass diese Ungereimtheiten vielleicht eher ideologischer als technologischer Natur sind.
Bill Newton Dunn (ALDE). – (EN) Ich würde den amtierenden Ratspräsidenten bitten, freundlicherweise die ursprüngliche Frage von Herrn Davis zu beantworten. Weiß der Rat von einer Webseite einer öffentlichen Behörde, deren Gestaltung noch frustrierender ist? Er hat diese Frage nicht wirklich beantwortet.
Können wir also davon ausgehen, dass er ebenfalls der Ansicht ist, dass es keine öffentliche Behörde gibt, die eine schlimmere Webseite als der Rat vorzuweisen hat?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Darauf kann ich nur antworten: Wenn der Herr Abgeordnete meint, dass der Besuch sämtlicher behördlicher Webseiten im Internet eine effektive und sinnvolle Nutzung der Zeit des Rates darstellt, dann muss ich ihm leider widersprechen.
Der Präsident.
Anfrage Nr. 4 von Sarah Ludford (H-0665/05)
Betrifft: Hindernisse beim Recht auf Zugang zu den Dokumenten des Rates
Nach der Verordnung (EG) Nr. 1049/20011(1) über den Zugang zu Dokumenten sind die Organe der EU gehalten, ein Dokumentenregister zu führen und den direkten Zugang zu Dokumenten in elektronischer Form zu gewähren. Das Register des Rates ist – obwohl in letzter Zeit einige Verbesserungen vorgenommen worden sind – nicht benutzerfreundlich gestaltet. Wird der Rat sein Register und seine Webseite neu gestalten und dabei möglicherweise dem Vorbild des Europäischen Parlaments folgen, das eine Übersicht über die Legislativverfahren (Legislative Oberservatory) und besondere Webseiten für jede Sitzung anbietet, die es den Bürgern gestatten, alle einschlägigen Dokumente auf der Tagesordnung aufzufinden und den Beschlussfassungsprozess über seine verschiedenen Stufen zu verfolgen?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Wie die Frau Abgeordnete feststellt, sind die Organe der Europäischen Union gesetzlich verpflichtet, ein Dokumentenregister zu führen und den direkten Zugang zu Dokumenten in elektronischer Form zu gewähren. Mit der Einrichtung dieses öffentlichen Dokumentenregisters, das, soweit mir bekannt ist, im Januar 1999 betriebsbereit war, entsprach der Rat dieser Anforderung lange vor Inkrafttreten der entsprechenden Verordnung.
Die Zahl derjenigen, die auf das Register des Rates zugreifen, ist seither ständig angestiegen. So verzeichnete das öffentliche Dokumentenregister des Rates 2004 fast 300 000 verschiedene Nutzer, während es 2003 etwa 180 000 gewesen waren. Das entspricht einem Anstieg der Nutzerzahl um fast 63 % innerhalb eines Jahres. Die Zahl der Besuche insgesamt erhöhte sich von 770 000 im Jahre 2003 um knapp 20 % auf 920 000 im Jahre 2004. Das entspricht mehr als 2 500 Besuchen pro Tag.
Die Zahl der Konsultationen im Sinne der Zahl der aufgerufenen Seiten belief sich auf insgesamt über 5,5 Millionen. Wie diese Zahlen über die Nutzung des Dokumentenregisters des Rates durch die Öffentlichkeit zeigen, hat sich das Register zu einem häufig in Anspruch genommenen Rechercheinstrument für Bürger entwickelt, die die Entwicklungen auf EU-Ebene verfolgen möchten. Das ist umso verständlicher, als das Register des Rates kontinuierlich über ein automatisches Archivierungssystem aktualisiert wird. Zum 9. September 2005 enthielt das Register des Rates Verweise auf über 640 000 Dokumente.
Hinzu kommt, dass sehr viele Dokumente des Rates automatisch im Volltextformat über das Ratsregister bereitgestellt werden, sobald sie vorliegen. So war es 2004 möglich, ca. 70 000 Dokumente, das sind etwa 60 % der über 100 000 Dokumente, die in diesem Jahr erstellt und registriert worden waren, unmittelbar nach ihrer Inumlaufsetzung als Volltexte online einzusehen.
Die vorläufige Tagesordnung für Tagungen des Rates oder der entsprechenden Vorbereitungsgremien kann online eingesehen werden, sobald sie in Umlauf gesetzt wird, so dass Nutzer des Registers in der Lage sind, problemlos die Referenznummer aller auf diesen Tagungen behandelten Dokumente zu ermitteln.
Neben der Dokumentennummer können die Nutzer des Registers über andere Einträge wie das Datum einer Sitzung, das interinstitutionelle Dossier oder den Sachgebietscode auch nach Dokumenten über ein bestimmtes Sachgebiet suchen.
Zur weiteren Verbesserung der Qualität des Registers wird der Rat prüfen, ob es technisch möglich ist, eine automatische Suche nach Dokumenten zu einem bestimmten Thema oder zu Dokumenten, die Teil desselben Vorgangs sind, mithilfe interaktiver Recherchewerkzeuge durchzuführen.
Sarah Ludford (ALDE). – (EN) Ich möchte dem Ratsvorsitz danken, aber ich möchte Ihnen ein Beispiel geben.
Wenn Sie beispielsweise in der Suchzeile des Sachgebiets den Begriff „Vorratsspeicherung von Daten“ eingeben – ein Thema, das in letzter Zeit häufig in den Schlagzeilen war, – wird überhaupt kein Dokument angezeigt. Es ist, als hätten wir uns die hektische Aktivität von Charles Clarke nur eingebildet. Geben Sie den Begriff „Vorratsspeicherung von Daten“ in die Titel-Suchzeile ein, so werden 45 Dokumente angezeigt, aber es ist nicht möglich festzustellen, auf welche Tagung sie sich beziehen.
Sie sind nicht auf die konkrete Bitte in meiner Frage eingegangen. Werden Sie die Übersicht über die Legislativverfahren (Legislative Observatory) des Europäischen Parlaments kopieren, um das Navigieren auf der Webseite des Rates zu vereinfachen?
Klickt man beispielsweise auf Hilfe, erhält man Informationen über die Suffixe eines Dokuments. Es können mehrere Suffixe zur Kennzeichnung unterschiedlicher Fassungen verwendet werden. Beispiele: REV 1 (erste Überarbeitung), REV 2 COR 1 (erstes Korrigendum zur zweiten Überarbeitung), COR 1 REV 2 (zweite Überarbeitung des ersten Korrigendums). Ich glaube nicht, dass dies zur allgemeinen Erhellung beiträgt.
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Ich weiß nicht, ob es zur allgemeinen Erhellung beiträgt, wenn das, was ich im letzten Abschnitt meiner Antwort gesagt habe, offenbar überhört wurde. Deshalb möchte ich das nochmals zum Mitschreiben wiederholen. Zur weiteren Verbesserung der Qualität des Registers wird der Rat prüfen, ob es technisch möglich ist, eine automatische Suche nach Dokumenten zu einem bestimmten Thema oder zu Dokumenten, die Teil desselben Vorgangs sind, mithilfe interaktiver Recherchewerkzeuge durchzuführen.
Der Präsident.
Anfrage Nr. 5 von Nigel Farage (H-0666/05)
Betrifft: Fischereipartnerschaftsabkommen
Die Fischereipartnerschaftsabkommen mit Drittländern sind absolut unfair, äußerst nachteilig für die einheimische Bevölkerung und haben katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt.
Ebenso wie die Organisationen WWF, Oxfam und andere bin ich entschieden der Auffassung, dass eine solche „Entwicklung“ wohl kaum als „nachhaltig“ zu bezeichnen ist.
Wird es eine Untersuchung dieser Abkommen geben? Wird sich der Rat dieser Auffassung anschließen und mit diesen verheerenden Fischereiabkommen Schluss machen?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Der Rat weiß, dass verschiedene Organisationen ihre Bedenken über die vermeintlich negativen Auswirkungen von Fischereiabkommen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern zum Ausdruck gebracht haben. Ausgehend von dieser Kritik veröffentlichte die Kommission am 27. Dezember 2002 eine Mitteilung über einen integrierten Rahmen für partnerschaftliche Fischereiabkommen mit Drittländern. Im Juli 2004 bestätigte der Rat den von der Kommission in ihrer Mitteilung befürworteten Richtungswechsel.
Dabei liegt die Betonung auf dem Wort „partnerschaftlich“, denn es geht um mehr als den bloßen Aufkauf von Fischereirechten bei Drittländern und die Dezimierung ihrer Bestände. Die Gemeinschaft nimmt auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse den Dialog mit Drittländern auf, um festzustellen, ob Möglichkeiten zum Abfischen von Überschüssen bestehen, die von den Fischereifahrzeugen der Gemeinschaft nachhaltig genutzt werden können. Die Gemeinschaft erörtert mit dem jeweiligen Drittland, wie das dafür gezahlte Geld zum Nutzen der Menschen in diesem Land eingesetzt werden kann. Da es sich um partnerschaftliche Fischereiabkommen handelt, wird sich der Rat stets darum bemühen, dass von diesen Geldern der lokale Fischereisektor einschließlich der Fischer und der Küstenbevölkerung profitiert.
Außerdem legt die Kommission dem Rat bei der Vorbereitung neuer oder der Verlängerung bestehender Abkommen systematisch Berichte zur Bewertung der Auswirkungen dieser Abkommen vor. Nach Ansicht des Rates sind diese Abkommen für beide Seiten von Nutzen. Er hofft, künftig weitere partnerschaftliche Fischereiabkommen mit Drittländern abschließen zu können. In Zusammenarbeit mit der Kommission bereitet der britische Ratsvorsitz ein Seminar über Abkommen mit Drittländern vor, das noch in diesem Jahr stattfinden soll.
Nigel Farage (IND/DEM). – (EN) Herr Minister! Ich finde es äußerst merkwürdig, dass eine Regierung wie die Ihre und dass Tony Blair, Ihr Regierungschef, der soviel Aufhebens über Afrika macht, über die dortige Missstände und die Maßnahmen, die wir ergreifen können, um Afrika zu helfen, jetzt den Kopf in den Sand stecken. Ich fürchte, diese Fischereiabkommen mit Drittländern sind eine höchst verabscheuungswürdige Kombination aus Profitgier der Europäer und schlimmer Korruption seitens afrikanischer Regierungen.
Aus jedem beliebigen unabhängigen Bericht können Sie ersehen, dass diese Vereinbarungen über den Fischfang vor der afrikanischen Westküste ökologisch betrachtet mit Brandstiftung in der Serengeti vergleichbar sind. Das steht vollkommen außer Frage. Der Bevölkerung vor Ort wird die Existenzgrundlage genommen, und ich bin sehr enttäuscht darüber, dass Sie uns nicht einmal eine Untersuchung zusagen.
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Ich zweifele nicht an der Aufrichtigkeit des Herrn Abgeordneten in dieser Sache und ich achte die Organisationen, die er bei der Vorbereitung seines Beitrags zur heutigen Debatte konsultiert hat. Deshalb wäre ich ihm dankbar, wenn er die Erkenntnisse, die er in seiner Frage erwähnt, sowohl der Kommission als auch dem Rat zur Verfügung stellen könnte. Ich werde dann dafür sorgen, dass sie an die zuständigen Beamten weitergeleitet werden.
Christopher Beazley (PPE-DE). – (EN) Ich danke dem Herrn Ratspräsidenten für seine Antwort. Ich verfüge natürlich nicht über die unfehlbaren Erfahrungen in der Fischereifrage, die mein Kollege Herr Farage eben demonstriert hat. Ich habe allerdings vor Jahren Cornwall und Plymouth vertreten. In dem Teil der Welt läuft in der Fischerei nichts ohne Partnerschaft und Abkommen. Ohne Abkommen – da muss ich Herrn Farage widersprechen – besteht die Gefahr, dass einzelne Geschäftemacher die Bestände im Alleingang ausbeuten. Ich halte diese von der Europäischen Union geschlossenen Abkommen für eine ausgezeichnete Idee und hoffe, dass sie Bestand haben.
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Ich kann sehr gut nachvollziehen, was der verehrte Kollege eben gesagt hat. In gewisser Weise ähnelt diese Aussprache der Debatte über Abkommen zum Thema wirtschaftliche Partnerschaft im Allgemeinen. Es wird kaum jemand bestreiten, dass Partnerschaftsabkommen dieser Art den betreffenden Entwicklungsländern grundsätzlich zugute kommen können. Wenn diese Abkommen in der Praxis jedoch ihrem eigentlichen Ziel zuwiderlaufen und eher Schaden anrichten, dann ist das zu Recht als bedenklich anzusehen. Deshalb habe ich zugesagt, die Angelegenheit bei Vorlage entsprechender Beweise an die zuständigen Personen weiterzuleiten.
Catherine Stihler (PSE). – (EN) Kaum zu glauben, dass Herr Farage diese Problematik anspricht, obwohl er doch kaum an den Sitzungen des Fischereiausschusses teilnimmt. Ich würde ihm raten, etwas regelmäßiger teilzunehmen, damit er seine Ansichten in dieser Frage darlegen kann.
Sorge bereitet mir, dass er möglicherweise sämtliche Fischereiabkommen meint. Das Fischereiabkommen mit Norwegen beispielsweise ist für die Fischer in Schottland lebensnotwendig. Er sollte da schon eine konsequente Linie verfolgen.
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Ich werde die außerordentlich günstige Gelegenheit zur Erörterung der Ungereimtheiten im Standpunkt der UKIP, die sich mir hier bietet, nicht nutzen und lediglich feststellen, dass ich mir über die sehr wichtige Rolle, die partnerschaftliche Fischereiabkommen spielen, nicht zuletzt dank der unermüdlichen Arbeit, die meine verehrte Vorrednerin in Schottland leistet, im Klaren bin. Das ist ein klares Beispiel dafür, dass Alleingänge anstelle der partnerschaftlichen Zusammenarbeit weder für die Zukunft Europas noch, so meine ich, für die der Fischbestände von Vorteil sind.
Der Präsident.
Anfrage Nr. 6 von Bernd Posselt (H-0668/05)
Betrifft: Minderheitenrechte in Serbien
Während die Minderheiten im Kosovo über garantierte Parlamentssitze verfügen, wurde Serbien auf Druck der Radikalen Partei des in Den Haag angeklagten Vojslav Seselj in einen Wahlkreis ohne lokale Mandate, aber mit 5-Prozent-Hürde, umgewandelt. Dadurch sind die ethnischen Minderheiten, die in potentiellen Krisenherden leben, nämlich der Vojvodina, dem Sandzak von Novi Pazar und dem Presevo-Tal, de facto von der parlamentarischen Mitwirkung ausgeschlossen, obwohl sie in ihren Heimatregionen die Mehrheit der Bevölkerung bilden.
Sieht der Rat die Risiken, die aufgrund dieses Ungleichgewichts zwischen dem, was man vom Kosovo, und dem, was man von Serbien verlangt, entstehen können, und wie wirkt sich dies auf die Vorbereitung der EU-Vertragsverhandlungen mit Belgrad aus?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Die Zukunft von Serbien und Montenegro liegt in der europäischen Völkerfamilie. Diesen Standpunkt konnte ich auch bei meinem jüngsten Besuch auf dem Westbalkan vermitteln, als ich die Gelegenheit hatte, mit den Behörden dieses Landes zusammenzutreffen.
Die europäische Zukunft des Landes macht es daher zwingend erforderlich, dass alle ethnischen Gruppen in den demokratischen Prozess einbezogen werden. Nach unserer Ansicht stellt sich die Lage in Serbien nicht ganz so düster dar, wie die Frage vermuten lässt.
Obwohl keine direkte Analogie zwischen der politischen Lage im Kosovo und der in Serbien besteht, haben die Minderheiten in Serbien unseres Erachtens die Möglichkeit der umfassenden Teilnahme an der parlamentarischen Politikgestaltung.
Als eine der ersten Maßnahmen hat das neue serbische Parlament Anfang 2004 für Parteien, die ethnische Minderheiten vertreten, die Schwelle für den Einzug ins Parlament – die 5-Prozent-Hürde – abgeschafft. Deshalb dürften nach künftigen Parlamentswahlen auch ethnische Minderheiten im Parlament vertreten sein.
Das kommunale Wahlrecht in Serbien sieht eine 3-Prozent-Hürde vor, aber in ethnisch gemischten Gemeinden werden zudem Räte für interethnische Beziehungen gebildet, denen Vertreter aller ethnischen Gruppen angehören, deren Anteil an der Bevölkerung der Gemeinde mehr als 1 % beträgt.
Außerdem können Fragen zu nationalen Minderheiten der Zentralregierung von Serbien zur Kenntnis gebracht werden, und zwar vor allem über den 2004 gebildeten Nationalrat für ethnische Minderheiten. Das ist ein Forum, in dem alle die Minderheiten betreffenden Fragen erörtert werden können.
Wir hoffen, dass wir noch im Verlaufe unseres Ratsvorsitzes Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien einleiten können. Damit ein solches Abkommen abgeschlossen werden kann, muss Belgrad eine Reihe von Bedingungen erfüllen, die die Europäische Union stellt. Der Europäischen Union kann Belgrad erst dann beitreten, wenn sämtliche politischen Kriterien von Kopenhagen erfüllt sind.
Der Herr Abgeordnete unterstreicht zu Recht, dass die demokratischen Standards in Serbien im Mittelpunkt dieses Prozesses stehen müssen.
Bernd Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich danke Ihnen für diese sehr gute und sehr konkrete Antwort. Ich möchte noch ergänzen, dass es im Preshevo-Tal, also in dem albanisch bewohnten Teil Südserbiens, keinerlei parlamentarische Repräsentanz gibt, während es im Kosovo zumindest in der Theorie – sie werden ja noch nicht eingenommen – garantierte Sitze für die serbische Minderheit gibt. Könnten Sie sich vorstellen, dass man im Rahmen einer Kosovo-Lösung eine bilaterale Regelung anstrebt – damit Grenzen nicht verändert werden müssen, wir wollen ja keine Grenzen verändern –, die den Albanern in Serbien dieselben Rechte gibt wie den Serben im Kosovo?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Ich möchte bei allem Respekt gegenüber dem Fragesteller zum Ausdruck bringen, dass es meines Erachtens gerade in dieser von Sensibilität und Erwartung geprägten Zeit falsch wäre, dem Bericht von Botschafter Eide zum Kosovo vorzugreifen. Der Bericht wird demnächst vorliegen und die Grundlagen für die Fortsetzung der Diskussion über den endgültigen Status des Kosovo schaffen.
Zsolt László Becsey (PPE-DE). – (HU) Herr Präsident, Herr Alexander! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf eine Provinz in Nordserbien mit dem Namen Vojvodina lenken, die vor 1989 denselben Status wie das Kosovo innehatte, doch jetzt handelt es sich praktisch nur um ein „Gebiet auf dem Papier“, ohne irgendeinen Status. Niemand kann sagen, warum sein Status fünf Jahre nach dem Sturz von Milosevic nicht wiederhergestellt werden kann. Da die großen einheimischen ungarischen und kroatischen Minderheiten im Parlament von Belgrad nicht vertreten sind, werden sie in der Vojvodina politisch diskriminiert. Wenn Sie sagen, dass sich die ethnische Frage in Serbien positiv verändert hat, dann frage ich mich, ob Ihnen bekannt ist, dass die Mitglieder einer europäischen Nation, nämlich der ungarischen Nation, verfolgt und angegriffen werden, nur weil sie ungarisch sprechen. Dabei weigert sich die Polizei, ihre Beschwerden aufzunehmen, es gibt in der Region immer mehr Richter von zweifelhaftem Ruf aus dem Kosovo und aus Krajina, und jetzt ist es zu Morden gekommen…
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Dazu möchte ich mit allem gebührenden Respekt feststellen, dass Klarheit darüber herrschen muss, worin die legitimen Aufgaben des Ratsvorsitzes der Europäischen Union bestehen und welche Aufgaben die serbische Regierung hat.
Was das konkrete Problem angeht, also den Anschlag auf József Kasza, den Vorsitzenden der Allianz der Ungarn in der Vojvodina, und die allgemeine Lage der ungarischen Minderheit, so glaube ich, dass dank des raschen und entschlossenen Handelns der serbischen Regierung die Befürchtungen der ungarischen Bevölkerungsgruppe, der Anschlag auf Kasza könnte der Beginn einer Reihe weiterer Anschläge sein, zerstreut werden konnten. Wir sind froh darüber, dass den uns vorliegenden Berichten zufolge niemand verletzt wurde, aber ich bin mir der von dem Herrn Abgeordneten geäußerten Sorgen bewusst.
Paul Rübig (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich freue mich, dass in wenigen Tagen die Verhandlungen mit Kroatien jetzt tatsächlich beginnen. Das ist ein großer Fortschritt für die britische Präsidentschaft. Bis wann rechnen Sie mit Beitrittsverhandlungen mit Belgrad?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Die Frage scheint eine Vermutung zu enthalten, die ich in meiner Antwort nicht bestätigen kann. Es stehen noch einige Berichte zum Standpunkt von Kroatien aus, und zwar nicht zuletzt im Hinblick auf die Task Force Kroatien. Das ist der derzeitige Stand der Dinge – weiter sind wir noch nicht.
Der Präsident.
Anfrage Nr. 7 von Dimitrios Papadimoulis (H-0671/05)
Betrifft: Besitzrechte religiöser Minderheiten in der Türkei
Die türkische Generaldirektion „Kirchengüter“ hat angekündigt, dass sie Immobilien, die in der Vergangenheit enteignet worden waren und im Besitz philanthropischer Stiftungen religiöser Minderheiten stehen, vermieten will. Somit führt sie ihre Praxis, die Besitzrechte religiöser Minderheiten mit Füßen zu treten, weiter. Gleichzeitig akzeptiert die türkische Regierung stillschweigend dieses Vorgehen und hat der Nationalversammlung einen Gesetzesentwurf betreffend Kirchengüter vorgelegt, der vorsieht, dass der türkische Staat nur die Immobilien an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgeben wird, die unter seiner Rechtssprechung stehen, nicht aber Besitzgüter, die illegal an Dritte verkauft wurden.
Sind dem Rat das Vorgehen der türkischen Generaldirektion „Kirchengüter“ sowie der von der türkischen Regierung vorgelegte Gesetzesentwurf bekannt? Wird er diesen Gesetzesentwurf auf die Tagesordnung der Gespräche mit der türkischen Regierung setzen? Was wird er - im Lichte der Beitrittsverhandlungen, die am 3. Oktober 2005 beginnen - tun, um die Besitzrechte der religiösen Minderheiten in der Türkei zu schützen?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Wir wissen um die von dem verehrten Abgeordneten angesprochene Problematik. Zwar wird die Glaubensfreiheit in der Verfassung der Republik Türkei garantiert und im Regelmäßigen Bericht der Europäischen Kommission über die Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum Beitritt aus dem Jahre 2004 festgestellt, dass die Freiheit der Religionsausübung weitgehend unbehindert ist, dennoch bedürfen in diesem Bereich noch einige wichtige Fragen der Klärung. So sieht die überarbeitete Beitrittspartnerschaft, die im Mai 2003 angenommen wurde, vor, dass für nichtmuslimische Religionsgemeinschaften Bedingungen zu schaffen sind, die den in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union üblichen entsprechen. Der Rat stellt jedoch fest, dass muslimische und nichtmuslimische Religionsgemeinschaften und religiöse Minderheiten nach wie vor auf Probleme im Zusammenhang mit ihrer Rechtspersönlichkeit, Eigentumsrechten, der Ausbildung, Aufenthaltsrechten und der Arbeitserlaubnis für türkische und nichttürkische Geistliche, Schulen und der inneren Verwaltung stoßen. Besonders beunruhigt die Europäische Union, dass der Staat auch weiterhin Eigentum nichtmuslimischer Stiftungen konfisziert. Die Europäische Union hat der Türkei nahegelegt, unverzüglich ein Gesetz über Stiftungen zu erlassen, das sich in vollem Einklang mit den europäischen Standards befindet, und erwartet, dass die Hinweise der Kommission zum Gesetzesentwurf, die Kommissar Rehn im Juni dem türkischen Außenminister Gül übermittelt hat, ernsthaft in Betracht gezogen werden. Die Europäische Union hat die Türkei ferner aufgefordert, das griechisch-orthodoxe Seminar von Halki wiederzueröffnen.
Wie der Herr Abgeordnete weiß, kam der Europäische Rat am 16. und 17. Dezember 2004 zu dem Ergebnis, dass die Türkei die politischen Kriterien von Kopenhagen für die Aufnahme von Assoziierungsverhandlungen vollständig erfüllt. Gleichzeitig stellte er fest, dass die Union die Fortschritte der politischen Reformen in der Türkei auch weiterhin sorgfältig überwachen werde. Der Rat kann dem Herrn Abgeordneten daher versichern, dass er die Entwicklungen in diesem Bereich sehr genau verfolgen wird.
Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL). – (EL) Herr Ratspräsident! Das Europäische Parlament hat in einer gerade heute verabschiedeten Entschließung die spezifischen Rechtsvereinbarungen als unzureichend erachtet. Teilt der Rat diese Einschätzung? Haben Sie sich zu dem konkreten Rechtsakt geäußert? Beabsichtigen Sie, diese Fragen auf die Verhandlungsagenda zu setzen, und wenn ja, wann?
Wo wir gerade beim Thema Religionsfreiheit sind: Hat der britische Ratsvorsitz irgendwelche Kommentare zu der untragbaren und geringschätzigen Behandlung, die die türkische Regierung dem Papst zuteil werden ließ, nachdem ihn der orthodoxe Ökumenische Patriarch zu einem Besuch nach Istanbul eingeladen hatte?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Ich weiß nicht, ob der Herr Abgeordnete so wie ich heute Morgen die Möglichkeit hatte, an der dreistündigen Aussprache zur Türkei teilzunehmen. Ich darf Ihnen versichern, dass sich der britische Ratsvorsitz der Vielfalt der Probleme im Zusammenhang mit dem Beitritt der Türkei bewusst ist.
Viele von uns sind jedoch der Ansicht, dass der Prozess, der sich in der Türkei vollzog und noch immer vollzieht, der beste Garant dafür ist, dass diese Fragen, die es zu klären gilt, auch wirklich jetzt und in Zukunft geklärt werden.
Catherine Stihler (PSE). – (EN) Der Frage der Religionsfreiheit kommt in den Verhandlungen mit der Türkei natürlich eine zentrale Rolle zu. In den nächsten Wochen wird die NRO „First Step Forum“ in die Türkei reisen, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen, und ich bin gern bereit, dem Herrn Ratspräsidenten ein Exemplar des Berichts über diese Reise zu übermitteln.
Kann mir der Herr Ratspräsident zusichern, dass der Schwerpunkt während des türkischen Beitrittsprozesses auch auf der Religionsfreiheit und der freien Religionsausübung liegen wird?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Diese Zusicherung kann ich geben. Ich möchte die Frau Abgeordnete aber auch darauf hinweisen, dass führende Vertreter der katholischen, der griechisch-orthodoxen und der syrisch-orthodoxen Kirche in der Türkei erklärt haben, dass es ihren Gemeinden im Ergebnis der Reformen im Zuge der Angleichung an EU-Recht jetzt leichter fällt, ihre Religion auszuüben, und dass sich die Haltung ihnen gegenüber geändert hat.
Mir ist vollkommen klar, dass noch sehr viel mehr zu tun ist, und deshalb möchte ich Frau Stihler und anderen Mitarbeitern von NRO meine Anerkennung für die Arbeit aussprechen, die sie in diesem Bereich geleistet haben. Doch ich glaube, dass die von mir eben erwähnten Aussagen der führenden Vertreter der katholischen, der griechisch-orthodoxen und der syrisch-orthodoxen Kirche in der Türkei beredtes Zeugnis über die wahren Fortschritte ablegen, die bereits erreicht wurden.
Der Präsident.
Anfrage Nr. 8 von James Hugh Allister (H-0673/05)
Betrifft: IRA-Terroristen
Die verurteilten, flüchtigen Terroristen Niall Connolly, James Monaghan und Martin McCauley konnten ungehindert aus Kolumbien in die Republik Irland zurückkehren. Die Europäische Union hat sich offiziell verpflichtet, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu unterstützen. Welche Schritte hat der Rat vor diesem Hintergrund unternommen, um sicherzustellen, dass die irische Regierung diesen internationalen Terroristen keine Zuflucht gewährt? Ist der Rat davon überzeugt, dass Europol alles getan hat, um ihre Rückkehr zu verhindern?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Wie ich bereits Anfang des Monats in diesem Hohen Haus erklärte, ist das nicht Sache des Rates, sondern der irischen und der kolumbianischen Regierung.
James Hugh Allister (NI). – (EN) Herr Minister, ist diese Antwort nicht ein jämmerliches und feiges Ausweichmanöver? Der Rat hat wiederholt ein kollektives Bekenntnis zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus abgegeben, doch wenn ein Mitgliedstaat eklatant dagegen verstößt und berüchtigten internationalen Terroristen Schutz bietet, dann reagiert er darauf gerade einmal mit beklagenswerter Gleichgültigkeit und Schulterzucken.
Das ist eine Herausforderung für den Rat. Kann er seine Legitimation unter Beweis stellen, indem er den internationalen Terrorismus bekämpft, oder geht es ihm nur darum, sich vor seiner Verantwortung zu drücken? Sie können mehr erreichen. Es stellt sich die Frage: Haben Sie den politischen Willen, mehr zu erreichen, oder bleibt es bei Plattitüden und leeren Worten?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Bei allem Respekt für den Fragesteller möchte ich doch feststellen, dass es hier weniger um den Willen als vielmehr um die Zuständigkeit geht, und da der Rat von keiner der beiden Regierungen einen entsprechenden Antrag erhalten hat, verfügt der Rat auch über keine unmittelbare Zuständigkeit in dieser Sache.
James Nicholson (PPE-DE). – (EN) Ich finde die Äußerungen des Herrn Ratspräsidenten recht erstaunlich. Wenn man bedenkt, dass er einer Regierung angehört, die den internationalen Terrorismus energisch bekämpft, dann ist die Art und Weise, in der er sich drückt und der Sache heute Abend ausweicht, absolut erstaunlich.
Ist er nicht auch der Ansicht, dass er die Regierung der Republik Irland und die kolumbianische Regierung auffordern sollte, dafür zu sorgen, dass die Personen, die in Kolumbien verurteilt und eingesperrt wurden und dann geflohen sind, keinen Unterschlupf finden? Ist er nicht auch der Ansicht, dass er im Kampf gegen den internationalen Terrorismus mit gutem Beispiel vorangehen und nicht versuchen sollte, sich seiner Verantwortung zu entziehen?
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Es wird Sie kaum überraschen, dass ich die durch den Zusatzfragensteller gegen mich gerichteten Anschuldigungen zurückweise. Angesichts des Standpunktes, den seine Partei in Bezug auf die Bedeutung der Nationalstaaten einnimmt, erstaunt es mich schon etwas, dass er in dieser Sache nicht den elementaren Rechtsgrundsatz der rechtlichen Zuständigkeit akzeptiert. Die rechtliche Zuständigkeit liegt bei dem betreffenden Mitgliedstaat, und ich würde vorschlagen, dass er seine Bedenken direkt bei den entsprechenden Regierungen anmeldet, die befugt sind, etwas in dieser Angelegenheit zu unternehmen, anstatt erneut die Argumente aufzutischen, mit denen wir uns Anfang des Monats bereits beschäftigt haben.
Proinsias De Rossa (PSE). – (EN) Ich möchte diese Thematik nicht unbedingt aufgreifen. Ich möchte lediglich feststellen, dass inzwischen rechtliche und juristische Bestimmungen in der Republik Irland greifen. Dieses System unterliegt keinerlei politischem Einfluss der Parteien in Irland, wie das sicher auch im Vereinigten Königreich einschließlich Nordirland der Fall ist.
Ich möchte Sie bitten, zu Frage 9 überzugehen. Das ist die nächste und in meinem Namen gestellte Frage. Ich möchte dem Vertreter des Rates insbesondere eine Zusatzfrage zur Richtlinie über Leiharbeitnehmer stellen.
Douglas Alexander, amtierender Ratspräsident. (EN) Herr Präsident! Ich danke Ihnen für diesen Hinweis. In Anbetracht der von dem Fragesteller geäußerten Bedenken und der Tatsache, dass ich mein Flugzeug nicht verpassen will, schlage ich vor, dass die Frage schriftlich beantwortet wird, damit er eine ausführliche Antwort in Bezug auf seine Bedenken zur genannten Richtlinie erhält.
Christopher Beazley (PPE-DE). – (EN) Meine Frage ist die Frage Nr. 32 auf der Liste, aber Sie haben ja bereits gesagt, dass sie schriftlich beantwortet werden wird. Ich freue mich auf die Antwort und hoffe, dass der Minister sein Flugzeug nicht verpasst. Ich sehe der Fortsetzung dieser Diskussion mit Interesse entgegen.
Der Präsident. Da die für die Fragestunde vorgesehene Redezeit erschöpft ist, werden die Anfragen Nr. 9 bis 38 schriftlich beantwortet(2).
Die Fragestunde ist geschlossen.
(Die Sitzung wird um 19.05 Uhr unterbrochen und um 21.05 wieder aufgenommen.)