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Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 15. November 2005 - Straßburg Ausgabe im ABl.

27. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
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  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0339/2005).

Wir behandeln eine Reihe von Anfragen an die Kommission.

Teil 1

 
  
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  David Martin (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Es freut mich sehr, dass die Fragestunde bis 20.00 Uhr verlängert wird, da die für sie vorgesehene Zeit, wie es in der Vergangenheit so oft geschehen ist, nur allzu gern gekürzt wird.

Meine Wortmeldung zur Geschäftsordnung betrifft die von mir gestellte Anfrage Nr. 69, die ich speziell eingereicht habe, weil Herr Mandelson heute Abend zu diesem Hohen Haus sprechen und Anfragen beantworten sollte. Bei meiner Anfrage geht es um die WTO, doch aus unerklärlichen Gründen wurde sie offenbar als allgemeine Anfrage eingetragen. Könnten Sie bitte die Gründe dafür erläutern?

 
  
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  Die Präsidentin. Dazu kann ich Ihnen nur sagen, dass es in diesem Haus die Regel ist, dass die Kommission entscheidet, welcher Kommissar die Frage beantwortet. Deshalb ist das im dritten Teil der Fragestunde gelandet.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE).(EN) Ich habe eine Anfrage an Herrn Mandelson zum selben Thema – vielleicht wäre er so gut und würde sie mir privat beantworten?

 
  
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  Die Präsidentin. Vielleicht ist es in der Tat möglich, das auf diese Weise zu klären. Ich kann Ihnen ansonsten nur so antworten, wie ich auch schon dem Kollegen Martin geantwortet habe.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 37 von Manuel Medina Ortega (H-0893/05)

Betrifft: Besteuerung des Personenflugverkehrs

Prüft die Kommission, wie sie verhindern kann, dass nationale Maßnahmen betreffend die Besteuerung des Personenflugverkehrs, wie z. B. eine Steuer auf Tickets oder Flugbenzin, zu einem Hindernis für den Binnenmarkt werden?

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Die Frage der Besteuerung des Personenflugverkehrs wurde in letzter Zeit viel diskutiert, gehört sie doch zu den Instrumenten, die bei der Suche nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten für die offizielle Hilfe für Entwicklungsländer, die den UN-Millenniums-Entwicklungszielen zufolge zu gewähren ist, in Betracht gezogen werden.

Dem Herrn Abgeordneten ist zweifellos klar, dass der Rat die Frage eingehend prüft und dass die Kommission auf Ersuchen des Rates mehrere Arbeitspapiere zu den technischen Aspekten verfasst hat. Dabei wurden zwei Arten steuerlicher Instrumente in Erwägung gezogen: die Besteuerung von Flugbenzin und eine Abgabe auf Flugtickets, die auch als Abflugsteuer bezeichnet wird. Aus der Sicht des Binnenmarktes ist der rechtliche Rahmen für diese beiden Steuerarten nicht identisch.

Die Besteuerung von Flugbenzin ist Gegenstand des Gemeinschaftsrechts, genauer gesagt der Richtlinie 2003/96/EG zur Besteuerung von Energieerzeugnissen. Auch wenn Flugbenzin grundsätzlich steuerfrei ist, können die Mitgliedstaaten sich für die Besteuerung von Benzin bei Inlandsflügen entscheiden. Sie können auch, wenn beide Seiten sich darauf einigen, Benzin für Flüge zwischen den Mitgliedstaaten besteuern. In der Praxis besteht jedoch nicht die Möglichkeit, Flugbenzin zu besteuern, das in der EG tätige gemeinschaftsfremde Luftfahrtunternehmen verwenden.

Was eine Abgabe auf Flugtickets angeht, so gibt es dazu keine speziellen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft. Daher steht es den Mitgliedstaaten frei, derartige Abgaben zu erheben, aber natürlich nur, wenn sie mit ihren Verpflichtungen im Rahmen des EG-Vertrags vereinbar sind.

Der Herr Abgeordnete hat gefragt, ob die Kommission Möglichkeiten prüft, um zu verhindern, dass eine derartige Besteuerung des Personenflugverkehrs zu einem Hindernis für den Binnenmarkt wird. Zunächst möchte ich betonen, dass die Tatsache, dass eine Ware oder Dienstleistung besteuert wird, nicht bedeutet, dass ihr freier Verkehr behindert wird. Eine Behinderung des Binnenmarkts erfolgt nur, wenn eine Abgabe auf Transaktionen zwischen den Mitgliedstaaten größer ist als auf ähnliche Transaktionen innerhalb eines Mitgliedstaats. Die Kommission wird von ihren Befugnissen uneingeschränkt Gebrauch machen, um den Vertrag gegen jedwede diskriminierende Besteuerung des Flugverkehrs durchzusetzen – so wie sie es auch bei allen anderen Steuern tut. Ich kann allerdings verstehen, dass es bei den Diskussionen zwischen den Mitgliedstaaten in dieser Phase hauptsächlich um Abgaben auf Flugtickets geht. Hier muss ich betonen, dass dies in Ermangelung einschlägiger Rechtsvorschriften der Gemeinschaft zuallererst Sache der Mitgliedstaaten selbst ist, wenn sie innerhalb ihrer Steuerhoheit tätig werden.

Dennoch hat die Kommission in ihren Arbeitspapieren geltend gemacht, dass es gute Gründe für ein gemeinsames Vorgehen bei Abgaben auf Tickets gibt. Sie hat sich auch bereit erklärt, mit den Mitgliedstaaten, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen möchten, gemeinsam an den technischen Aspekten zu arbeiten. Dies würde dazu beitragen, die Vereinbarkeit mit den Verpflichtungen des EG-Vertrags zu gewährleisten.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Kommission das Funktionieren des Binnenmarktes stets überwacht. Steuern, wie sie in der Anfrage des Herrn Abgeordneten genannt werden, sind noch immer selten. Sollte die Kommission im Zusammenhang mit der Besteuerung des Personenflugverkehrs auf ein strukturelles Problem stoßen – seien dies Benzinsteuern oder Abgaben auf Tickets –, könnte sie letzten Endes von ihrem Recht Gebrauch machen, geeignete Rechtsvorschriften vorzuschlagen.

 
  
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  Manuel Medina Ortega (PSE).(ES) Herr Mandelson, da Sie gerade anwesend sind und Verantwortung für die externen Politikbereiche der Europäischen Union tragen, möchte ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass die Länder, die am meisten von einer Steuer auf Flugtickets zugunsten der Globalisierung benachteiligt würden, die Länder der dritten Welt wären, die in ihrem Fortschritt wesentlich vom Tourismus abhängen, wobei der Tourismus auch noch eines der wenigen Gebiete ist, in denen sie tätig sind.

Zweitens, eine Steuer auf Flugtickets und auf Flugbenzin wäre zum Schaden der auf Inseln oder Halbinseln gelegenen Staaten. Diese Steuer ist ausschließlich aus kontinentaler Sicht erdacht und würde den Verkehr zwischen den Kontinentalregionen der Europäischen Union und den Inselregionen und -ländern, insbesondere denen in äußerster Randlage und denen, die vom Zentrum der Europäischen Union am weitesten entfernt sind, wirklich einschränken.

Ich hoffe, dass Sie Kommissar Kovács meine Bedenken übermitteln können.

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Zu Ihrer ersten Anfrage zum Fremdenverkehr möchte ich sagen, eine höhere Besteuerung des Personenflugverkehrs könnte theoretisch zu einer geringeren Nachfrage führen. Der Preisanstieg bei Flugtickets muss jedoch im Zusammenhang mit den Gesamtkosten einer Pauschalreise gesehen werden – das heißt Ausgaben für die Reise, die Unterkunft und Freizeitaktivitäten – von denen er normalerweise einen kleineren Teil ausmacht. Die möglichen Auswirkungen auf den Fremdenverkehr sollten auch dem allgemeinen Trend eines sehr starken Anstiegs der Nachfrage im Bereich Fremdenverkehr gegenübergestellt werden. Es kann also mit gutem Grund davon ausgegangen werden, dass die Auswirkungen auf den Fremdenverkehr insgesamt nicht allzu groß sein werden.

Was Ihre zweite Anfrage zu den Regionen in äußerster Randlage betrifft, so wirken sich die gestiegenen Flugkosten unter Umständen stärker auf die Regionen aus, die sehr vom Flugverkehr abhängig sind. Da Steuern auf Flugtickets jedoch hauptsächlich Angelegenheit der Mitgliedstaaten sind, werden die Länder, die sich für diese Steuern entscheiden, über so viel Spielraum zur Gestaltung ihrer Steuern verfügen, dass auch Korrekturmöglichkeiten gegeben sind, um die besonderen Umstände abgelegener Regionen und die sozialen Bedürfnisse ihrer Bewohner zu berücksichtigen.

Die Kommission hat mitgeteilt, dass sie, wie ich bereits sagte, bereit ist, bei den technischen Aspekten der Flugtickets mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten. Dazu könnte auch die Prüfung verschiedener Korrekturmöglichkeiten für Regionen in äußerster Randlage innerhalb der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zählen.

 
  
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  Josu Ortuondo Larrea (ALDE).(ES) Herr Kommissar, ich stimme der Ansicht zu, dass die Staaten Maßnahmen ergreifen sollten, um die Entwicklungspolitik in jenen Ländern zu verstärken, die uns, gerade weil sie ihren Bürgerinnen und Bürgern keine Chancen bieten, immer mehr Einwanderer schicken und so ernsthafte Probleme in der Europäischen Union hervorrufen.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen, ob die Kommission andere Alternativen ausreichend geprüft hat, die zu diesem Ziel führen, wie den Vorschlag des Ökonomen James Tobin zur Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen, durch die der Tourismus nicht beeinträchtigt würde.

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Die kurze Antwort auf diese Frage lautet, dass die Kommission keine Alternativen – wie beispielsweise die vorgesehene Tobin-Steuer – in Erwägung zieht, bei der es sich um einen ziemlich umstrittenen Vorschlag handelt, der von vielen in Frage gestellt wird.

Die Vorschläge, die die Kommission geprüft hat, sind das Ergebnis der Diskussionen unter unseren Mitgliedstaaten. Wie ich bereits sagte, sind sie Gegenstand der Arbeitspapiere der Kommissionsdienststellen. Den Anstoß zu ihnen gibt momentan nicht die Kommission selbst.

Sollten viele Mitgliedstaaten eine so genannte Tobin-Steuer zur Diskussion stellen oder befürworten, könnte die Kommission sie selbstverständlich prüfen und entsprechende Stellungnahmen abgeben.

 
  
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  Agnes Schierhuber (PPE-DE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Wir alle wissen, dass die Entwicklungsländer unsere besondere Beachtung und Obsorge verdienen. Aber ich frage mich immer, warum man nicht bereit ist, Flugbenzin genauso zu besteuern wie andere Energieträger, gerade fossile Energieträger. Im Zusammenhang mit dem Thema Umweltbelastung möchte ich auf die großen Probleme hinweisen, die teilweise in den Einflugschneisen der Flughäfen entstehen.

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Die Frau Abgeordnete hat eine sehr richtige Beobachtung gemacht. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass eine Steuer auf Flugbenzin, obwohl sie sich auf die Preise auswirken würde, wirklich dazu beitragen könnte, den Flugverkehr genauso wie alternative Verkehrsmittel, beispielsweise den Straßentransport, zu behandeln, bei denen Benzin derzeit besteuert wird und die für finanziell schwächere Reisende häufig die einzige Alternative darstellen. Es steht außer Frage, dass das von der Frau Abgeordneten angesprochene Problem von denjenigen, denen die Weiterverfolgung dieser Angelegenheit am Herzen liegt, berücksichtigt wird.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 38 von Sarah Ludford (H-0896/05)

Betrifft: Datenschutz, EU-Datenbanken

Sowohl im ersten als auch im zweiten Jahresbericht an den Rat und das Europäische Parlament (SEK(2004)0557 und SEK(2005)0839) über die Tätigkeit der Eurodac-Zentraleinheit, der Asylbewerber-Datenbank der EU, hieß es, dass diese Einheit eine überraschend hohe Anzahl von „special searches“ verzeichnet habe. Diese Kategorie ist für die Umsetzung des Artikels 18 (Absatz 2ff) der Eurodac-Verordnung vorgesehen, d. h. für Datenschutzzwecke mit dem Ziel, die Ansprüche der betroffenen Person auf Zugang zu ihren Daten zu schützen.

Diese „special searches” haben jedoch stattgefunden, ohne dass die einzelstaatlichen Kontrollbehörden bestätigen konnten, dass es sich in diesen Fällen tatsächlich um Personen handelte, die Zugang zu ihren eigenen Daten beantragt hatten. Welche Maßnahmen hat die Kommission eingeleitet, um Aufschluss über den Status dieser „special searches“ zu erhalten? Hat die Kommission ihr Versprechen eingehalten, die Anwendung der Eurodac-Verordnung in dieser Hinsicht weiterhin zu überwachen, und mit welchem Ergebnis?

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Die Abgeordnete Baroness Ludford bittet um Klarstellung bezüglich der „special searches“ der Eurodac-Zentraleinheit und der Maßnahmen der Kommission. Es freut mich sehr, diese Anfrage beantworten zu dürfen, die eigentlich in den Zuständigkeitsbereich des Kommissionsvizepräsidenten Frattini fällt.

Erstens gilt eine „search“, eine Abfrage also, als „special“, wenn mit ihr nicht der für einen Asylantrag zuständige Mitgliedstaat bestimmt werden soll, sondern wenn jeder Einzelperson die Ausübung ihrer Rechte garantiert werden soll, die ihr gemäß der Datenschutzrichtlinie zustehen.

In Artikel 18 der Eurodac-Verordnung werden die Verfahren für die Ausübung des Rechts auf Information bzw. Auskunft, Berichtigung oder Löschung im Rahmen von Eurodac verarbeiteter personenbezogener Daten festgelegt. Diese Rechte werden durch die EU-Datenschutzvorschriften gewährt und haben den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen zum Ziel. Gemäß Artikel 18 Absatz 2 und entsprechend der Eurodac-Verordnung hat tatsächlich jede in einem Mitgliedstaat ansässige Person das Recht, in jedem Mitgliedstaat darüber unterrichtet zu werden, welche sie betreffenden Daten in der zentralen Datenbank gespeichert sind und welcher Mitgliedstaat die Daten an die Zentraleinheit übermittelt hat. Sie kann dann von diesem Mitgliedstaat verlangen, dass sachlich falsche Daten berichtigt oder unrechtmäßig gespeicherte Daten gelöscht werden. Es sei darauf hingewiesen, dass nur einige wenige Mitgliedstaaten der Zentraleinheit derartige Abfragen übermittelt haben.

Entsprechend dem in den EU-Datenschutzvorschriften festgelegten System sind die Datenschutzbehörden der Mitgliedstaaten und der Europäische Datenschutzbeauftragte dafür zuständig, die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Eurodac zu überwachen. Vor kurzem erinnerte die Kommission die Eurodac-Nutzer auf einem Treffen an ihre rechtlichen Verpflichtungen. Auf einer weiteren vom Europäischen Datenschutzbeauftragten organisierten Zusammenkunft wies die Kommission diesen und die nationalen Kontrollstellen auf die hohe Anzahl der in der Eurodac-Zentraleinheit verzeichneten „special searches“ hin.

Die Kommission verfolgt diese Frage sehr genau, da unbedingt geklärt werden muss, ob die Tätigkeiten der nationalen Behörden im Rahmen von Eurodac unseren Datenschutzvorschriften entsprechen.

 
  
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  Sarah Ludford (ALDE).(EN) Ich danke Ihnen, Kommissar Rehn, bis zu einem gewissen Punkt. Ihren Worten entnehme ich, dass die Kommission auch nicht besser als die nationalen Datenschutzbehörden weiß, warum diese „special searches“ durchgeführt werden. Der Grund, warum dieses Thema so wichtig ist, besteht darin, dass immer mehr Anträge auf Zugang zu EU-Datenbanken gestellt werden.

Wie wissen wir im Falle von Eurodac, dass sich die nationalen Behörden bei den Fällen, in denen „special searches“ durchgeführt wurden, nicht unerlaubt Zugang verschafft haben, indem sie sich als Einzelpersonen ausgaben, die sich ihre eigenen Daten ansehen wollten? Wenn die Kommission die Antwort nicht weiß, wie können wir uns, da der Datenschutz immer mehr unter Druck gerät, noch auf ihre Überwachungsfunktion verlassen? Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Kommission für die Durchsetzung der Vorschriften dieser Verordnung zuständig ist.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Erstens, ich werde Ihre Bedenken an Kommissar Frattini übermitteln. Zweitens hat die Kommission um weitere Klärung seitens eines Mitgliedstaats gebeten, in dem in einem sehr kurzen Zeitraum besonders viele Abfragen durchgeführt wurden.

Sie werden verstehen, dass ich zu diesem Zeitpunkt, ohne die genauen Gründe für diese hohe Anzahl an Abfragen zu kennen, keine speziellen Mitgliedstaaten beim Namen nennen möchte. Ich wiederhole, dass, auch wenn uns diese Zahlen überraschen, momentan keine Beweise für eine missbräuchliche Anwendung der Eurodac-Verordnung vorliegen.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 39 von Giorgos Dimitrakopoulos (H-0904/05)

Betrifft: Kosovo

Ist gewährleistet, dass die Europäische Union an den Verhandlungen über den künftigen Status des Kosovo teilnimmt? Wurde ein Katalog mit Fragen und Problemen aufgestellt, zu denen die Europäische Union und insbesondere die Kommission und das Europäische Parlament einen wesentlichen Beitrag leisten können, zumal in den vorliegenden Dokumenten der Organe der EU zum Kosovo ausdrücklich dessen europäische Perspektive erwähnt wird?

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die endgültige Verantwortung für die Beschlussfassung, mit der der politische Prozess zur Festlegung des zukünftigen Status des Kosovo erleichtert werden soll, entsprechend der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats in den Händen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen liegt.

Die Kommission ist sehr erfreut über die jüngste Empfehlung des UN-Generalsekretärs und ihre Billigung durch den Sicherheitsrat, der zufolge die Verhandlungen über den zukünftigen Status des Kosovo fortgesetzt werden sollen. Ebenfalls erfreut ist die Kommission darüber, dass Präsident Martti Ahtisaari am 1. November dieses Jahres zum Sonderbeauftragen des UN-Generalsekretärs bzw. UN-Beauftragten für die Statusfrage ernannt wurde und nun die Gespräche über die Zukunft des Kosovo führt. Die Kommission unterstützt die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft und von Präsident Ahtisaari zur Vorbereitung und Ausarbeitung einer ausgewogenen und dauerhaften Lösung für den Kosovo auf ganzer Linie, und wir werden selbstverständlich eng mit Präsident Ahtisaari zusammenarbeiten, um dieses Ziel zu verwirklichen. Was die Beteiligung der EU und die Rolle der Kommission angeht, so möchte ich auf folgende vier Aspekte hinweisen.

Zuallererst müssen wir sicherstellen, dass das Ergebnis mit der europäischen Perspektive für den Kosovo vereinbar ist und den gesamten westlichen Balkan umfasst.

Zweitens muss die Eigenverantwortung der lokalen Behörden, unserer künftigen Gesprächspartner, gestärkt und zugleich als Sicherheitsgarantie im Kosovo eine reduzierte internationale Präsenz gewahrt werden.

Drittens, und ich bin mir sicher, dass das Europäische Parlament mir hier besonders zustimmt, muss unser gemeinsames Ziel der „Status mit Standards“ sein. Es ist von allergrößter Bedeutung, dass die Rechte von Minderheiten und der Schutz der kulturellen und historischen Stätten gewährleistet sind, um eine dauerhafte Regelung zu erreichen, die Stabilität und eine europäische Perspektive für die gesamte Region ermöglicht.

Viertens und letztens ist die wirtschaftliche Entwicklung entscheidend für die Zukunft des Kosovo. Ich werde in Kürze gemeinsam mit Javier Solana ein Papier über das Gesamtkonzept der EU zum Kosovo vorlegen. In diesem Dokument werden wir erläutern, wie wir den Prozess der Festlegung des künftigen Status mit den entsprechenden Finanzmitteln erleichtern werden, wobei die Kommission gerne eng mit dem Parlament zusammenarbeiten möchte. Bei diesem bedeutenden Unterfangen zähle ich auf Ihre Unterstützung.

 
  
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  Giorgos Dimitrakopoulos (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin, ich möchte dem Herrn Kommissar und seinem Mitarbeiterstab für ihre Antwort und ihre Mitwirkung danken und einfach nur zwei Punkte wiederholen.

Erstens ist es sehr wichtig, die europäische Dimension des Kosovo zu stärken, wie UN-Botschafter Eide in mehreren Abschnitten seines Berichts hervorhebt.

Zweitens ist es, vorausgesetzt, es wird ein gemeinsames Dokument mit Herrn Solana ausgearbeitet, wie der Herr Kommissar sagte, für die Europäische Union sehr wichtig, eine spezielle Verhandlungstaktik zu speziellen Punkten zu haben, sodass wir die aufkommenden Probleme zur Sprache bringen können und dies alles zusammen gleichzeitig die europäische Perspektive für den Kosovo bilden kann.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Ich möchte Herrn Dimitrakopoulos für seine Anfrage und die daran anschließende Frage danken. Ich kann ihm versichern, dass wir tatsächlich ein gemeinsames Ziel verfolgen, indem wir gewährleisten, dass die Zukunft des Kosovo in der europäischen Perspektive besteht.

Ich stimme zu, dass dies im Bericht von Botschafter Eide über die Standards im Kosovo sehr stark hervorgehoben wurde. Meiner Ansicht nach zeichnet sich Herrn Eides Bericht durch hohe Sachkenntnis, hervorragende Qualität, große Objektivität und Realismus aus. In ihm wird darüber hinaus betont, dass wir mit dem Voranschreiten des Verhandlungsprozesses sowohl Standards als auch den Status garantieren müssen. Ich kann Ihnen auch versichern, dass wir in dem gemeinsamen Papier mit Herrn Solana unser Ziel einer ausgewogenen und dauerhaften Lösung darlegen werden.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE).(NL) Frau Präsidentin! Ich gehe voll und ganz mit dem Kommissar konform, wenn er erklärt, dem Kosovo müsse eine europäische Perspektive geboten werden. Selbst die lokalen Behörden stimmen darin überein, dass eine Militärpräsenz erforderlich ist, sobald der Kosovo seine Unabhängigkeit erlangt hat. Bedeutet das, Herr Kommissar, dass zu gegebener Zeit, wenn dieser Unabhängigkeitsstatus erreicht ist, die KFOR-Truppen abgezogen und durch europäische Truppen ersetzt werden? Wenn dem so ist, haben Sie schon eine Vorstellung, wie teuer dies der Europäischen Union zu stehen kommen wird, und sind die Europäische Union und die Kommission bereit zu gewährleisten, dass hinreichende finanzielle Mittel bereitstehen?

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Präsident Ahtisaari hat mit seiner Arbeit gerade erst begonnen und ist momentan mit Pendeldiplomatie zwischen Belgrad und Pristina und mit der internationalen Gemeinschaft beschäftigt. Daher möchte ich die Dinge jetzt ungern überstürzen und den Vorschlag des UN-Sonderbeauftragten Präsident Ahtisaari vorwegnehmen. Meiner Ansicht nach ist es besser, ihn arbeiten und sich mit den verschiedenen Parteien beraten zu lassen, und dann, wenn es an der Zeit ist, mit der nötigen Entschlossenheit zu versuchen, eine Lösung herbeizuführen. Daher halte ich es nicht für ratsam, jetzt einen Standpunkt dazu zu beziehen, ob bzw. in welcher Form die K-For weiterhin im Kosovo tätig sein sollte.

Ich möchte noch zwei Dinge ansprechen. Erstens muss es auch in Zukunft eine internationale Präsenz geben, als Sicherheitsgarantie. Zweitens beginnen wir gerade damit, den Finanzbedarf im Kosovo abzuschätzen, damit wir die Arbeit der internationalen Gemeinschaft und von Präsident Ahtisaari unterstützen können.

 
  
  

Teil 2

Anfragen an Herrn Michel

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 40 von Bart Staes (H-0894/05)

Betrifft: Auswirkungen von FLEGT auf den Schutz der sozialen Rechte und der Umwelt in Entwicklungsländern

Das EU-Aktionsprogramm FLEGT gegen illegalen Holzeinschlag und Handel konzentriert sich im Wesentlichen auf den Aspekt der Legalität des Holzeinschlags, wogegen die nachhaltige Forstwirtschaft größtenteils unberücksichtigt bleibt. Der legale Holzeinschlag an sich bietet allerdings noch keinerlei Garantie für eine nachhaltige Entwicklung der betroffenen Entwicklungsländer, die Verbesserung der sozialen Lage der lokalen Bevölkerung und den Schutz der Artenvielfalt und der Umwelt. Ist die Kommission nicht auch der Auffassung, dass bei den Verhandlungen über Partnerschaften im Rahmen von FLEGT verbindliche Bedingungen im Hinblick auf Entwicklungsaspekte (im sozialen wie auch im Umweltbereich) gestellt werden sollten, damit sich die Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung verbessern, und meint die Kommission nicht auch, dass Legalität kein FLEGT-Ziel an sich darstellt, sondern eine Grundvoraussetzung für den Zugang zum europäischen Markt?

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Der EU-Aktionsplan namens FLEGT – Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor – interessiert sich ausschließlich für den Begriff der Legalität und lässt die umfassenderen und komplexeren Fragen der nachhaltigen Entwicklung der Forstwirtschaft unberücksichtigt. Man muss deutlich zwischen diesen beiden Aspekten unterscheiden. Holz, das legalen Ursprungs ist, kann auf eine umweltschädigende Weise gewonnen werden, beispielsweise durch eine genehmigte Rodung. Ebenso kann Holz illegalen Ursprungs aus einer nachhaltigen Quelle stammen, wie dies bei Holz der Fall ist, das im Rahmen althergebrachter Bewirtschaftungssysteme gewonnen wird, die zwar umweltschonend sind, sich aber nicht den formalen rechtlichen Anforderungen unterwerfen.

Immerhin basiert in den meisten Ländern die Forstgesetzgebung auf den Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung. Somit werden die Verbesserung der Governance und eine bessere Anwendung der Rechtsvorschriften eine umweltschonendere Bewirtschaftung der Wälder nach sich ziehen. Die im Rahmen des Aktionsplans FLEGT abzuschließenden Partnerschaftsabkommen werden ebenfalls ein Mittel sein, damit sich die Beteiligten an einen Tisch setzen, um umfassendere Aspekte der Governance im Forstsektor zu beraten und gegebenenfalls die Umsetzung von ordnungspolitischen Reformen zu unterstützen. Die Kommission hofft, dass diese Verfahren es ermöglichen werden, die Rechtsvorschriften und die Governance in den Partnerländern zu verbessern und fairer zu gestalten. Folglich hoffe ich auf Ihr Verständnis dafür, dass die Bedeutung, die im Aktionsplan FLEGT der Frage der Legalität beigemessen wurde, kein Selbstzweck ist, sondern ein Mittel der Zusammenarbeit mit den Partnerstaaten, um die Governance im Forstsektor zu verbessern.

Der EU-Aktionsplan FLEGT stellt allerdings eine Initiative dar, die darauf gerichtet ist, dank des Engagements aller Parteien Veränderungen herbeizuführen. Es ist also nicht wünschenswert, dass den potenziellen Partnerstaaten strenge soziale und umweltpolitische Auflagen gemacht werden. Zu strenge Bedingungen würden ihr Engagement für die Partnerschaftsabkommen behindern. Man muss auch berücksichtigen, dass der EU-Aktionsplan FLEGT zwar das Schwergewicht auf Governance und Legalität legt, die Union jedoch auch weiterhin entschlossen ist, die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder in den Entwicklungsländern zu fördern. In den letzten zehn Jahren hat die Europäische Union mehr als 700 Millionen Euro für die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder in Asien, Zentralafrika und Südamerika bereitgestellt.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE).(NL) Frau Präsidentin! Herr Kommissar, ich danke Ihnen für Ihre Antwort und einige Ihrer Bemerkungen. Selbstverständlich kann die Zusammenarbeit mit diesen Partnerschaftsländern eine gute Sache sein, aber wie wir alle wissen, wird mögliche Partnerschaftsländer nichts davon abhalten, über Drittstaaten wie China dennoch illegal Holz nach Europa einzuführen. Greenpeace hat erst kürzlich von der Entdeckung illegaler Netzwerke berichtet, die sich von Kongo-Brazzaville nach Italien, von Papua-Neuguinea nach China und anschließend bis nach Großbritannien erstrecken. Meine Frage lautet deshalb, wie die Kommission und insbesondere der Kommissar gedenken, derartigen Praktiken ein Ende zu setzen?

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) Die Kommission versteht natürlich beispielsweise den Wunsch – dazu wurde ich unlängst befragt –, ein einseitiges Verbot für Importe von Holz illegalen Ursprungs auszusprechen. Allerdings muss man einräumen, dass in der Praxis dieser Schritt das Problem der illegalen Waldnutzung nicht lösen würde. Erstens würde man mit der Verhängung eines einseitigen Verbots für den Import von Holz illegalen Ursprungs in die Union unsere Zollbehörden nicht mit einem Instrument ausstatten, das es ermöglicht, die Legalität der Herkunft des Holzes zu bestätigen oder auszuschließen. Dieses Verbot an sich würde also nicht ausreichen, um die Einfuhr von Holz illegalen Ursprungs in die Union zu verhindern. Um zwischen Holz legalen Ursprungs und illegalen Ursprungs unterscheiden zu können, und das ist die große Schwierigkeit, vor der wir stehen, brauchen wir die uneingeschränkte Kooperation der Ausfuhrländer.

Zweitens wäre ein europaweites Verbot kein Mittel, um das Problem der Governance in den Erzeugerländern zu regeln. Aus diesem Grunde hat die Kommission einen Ansatz vorgeschlagen, der auf der Unterzeichnung von Partnerschaften mit den Holz erzeugenden Ländern beruht. Dieser Schritt erleichtert die geforderte Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Erzeugerländern, um sich des Problems der Korruption und der Lücken hinsichtlich der Governance anzunehmen, die die Ursache für die illegale Nutzung der Wälder sind. Ohne verstärkte und abgestimmte Anstrengungen zur Beseitigung der Korruption in der Holzbranche der Erzeugerländer werden die Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Holzhandels in Verbindung mit der illegalen Waldnutzung wirkungslos bleiben.

Drittens ist der Ansatz in Richtung auf Partnerschaften gezielt und verhältnismäßig. Er ermöglicht es, die Aufmerksamkeit und die Ressourcen auf die Länder zu konzentrieren, die von diesem Problem schwer betroffen sind, ohne den Handel mit den Ländern zu beeinträchtigen, in denen die illegale Waldnutzung kein größeres Problem darstellt. Der größte Teil des Handels mit Holzprodukten steht nicht unter dem Verdacht der Illegalität.

Verständigen müssen wir uns jedoch über die Art und Weise der Reaktion, sobald der Handel mit Nicht-Partner-Ländern unter Illegalitätsverdacht steht. Diese Frage wird eingehender bei der nächsten Bewertung geprüft werden. Ich möchte die Tatsache unterstreichen, dass die geprüften Maßnahmen im Falle dieser Bewertung nicht dazu bestimmt sind, den im Aktionsplan FLEGT empfohlenen freiwilligen Ansatz zu ersetzen, sondern ihn gegebenenfalls zu ergänzen. Zugleich möchte ich darauf hinweisen, dass es sich um eine Bewertung handelt und wir im derzeitigen Stadium nicht die Absicht haben, neue Legislativvorschläge hierzu vorzulegen.

Die Kommission verpflichtet sich, die Machbarkeit zusätzlicher Rechtsvorschriften zur Unterstützung des Aktionsplans FLEGT zu prüfen und zu analysieren, wie das hier mehrfach erbeten wurde. Ich habe also die Botschaft wie versprochen an den Rat weitergeleitet. Leider wurden diese Arbeiten infolge der Verzögerungen, die bei der Bestätigung der aktiven Teilnahme der Mitgliedstaaten eingetreten sind, und durch unsere Entscheidung, die geringen Mittel auf die Umsetzung des im Aktionsplan genannten freiwilligen Ansatzes zu konzentrieren, gebremst. Die Bewertung ist im Gange und erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, da ein großer Teil der potenziellen Maßnahmen in die nationale Zuständigkeit fällt.

Zu den bewerteten Optionen gehören auch die Politik des öffentlichen Auftragswesens, die Geldwäsche, gestohlene Waren und die Antikorruptionsvorschriften sowie die Machbarkeit der praktischen Aspekte der neuen Rechtsvorschriften für die Kontrolle der Einfuhren illegal gewonnenen Holzes.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch folgendes sagen. Während meiner kurzen Tätigkeit als Forschungskommissar hatte ich Gelegenheit, das Forschungszentrum der Kommission in der Nähe von Mailand zu besuchen und habe dort äußerst interessante Arbeiten gesehen. Satellitenüberwachungen, die es ermöglichten, sowohl den Holzeinschlag als auch die Wiederaufforstungen sehr genau zu beobachten. Ich glaube also, dass es vielleicht auch nützlich wäre zu prüfen, ob wir da nicht über ein Instrument verfügen, das es uns in unserem politischen Dialog mit den Ländern zumindest ermöglicht, bei ihnen etwas mehr Bereitschaft zur Mithilfe zu wecken. Das ist ein technologisches Mittel, mit dessen Hilfe wir die Entwicklung dieser Situation etwas näher verfolgen könnten. Ich weiß nicht, ob Sie bereits Gelegenheit hatten, dieses Zentrum zu besuchen und zu sehen, was man tun kann, ich kann Ihnen aber sagen, dass ich sehr beeindruckt war. Es ist durchaus möglich, eine relativ präzise Überwachung über die zuweilen dramatische, zuweilen jedoch eher optimistische Entwicklung dieser Situation auszuüben.

 
  
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  John Bowis (PPE-DE).(EN) Herr Kommissar! Ich bin mir sicher, dass das Parlament Sie stärken möchte, wenn es darum geht, auf der Grundlage des Berichts, der im Rahmen des Aktionsplans bis 2004 vorzulegen war, weitere Maßnahmen zu ergreifen.

Eine Möglichkeit, mit der wir Sie stärken können, besteht darin, auf Maßnahmen im Rahmen der sehr willkommenen, im September auf dem Gipfel mit China unterzeichneten Vereinbarung zu drängen. Kann der Herr Kommissar Angaben darüber machen, wie dies seiner Ansicht nach dazu beitragen wird, die Holzwäsche in China und dieser Region zu beenden?

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) Sehr verehrter Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen leider nichts anderes sagen, als dass ich mit meinem Ansatz eine gute Absicht verfolge und dass diese Frage auf den Tisch kommen wird, sobald wir mit unseren Partnern sprechen. Ich kann Ihnen aber nur meinen guten Willen zusichern. Ich wünsche mir zwei Dinge. Zunächst möchte ich, dass die Mitgliedstaaten, das heißt der Rat, ebenfalls etwas zielgerichteter an das Thema herangehen. Ich glaube, es würde uns helfen, wenn man beispielsweise die Prüfung unserer Anträge nicht behindern würde, denn ich bin absolut nicht gegen strengere Rechtsvorschriften, im Gegenteil. Irgendwann werden wir das ohnehin einmal tun müssen.

Ich habe Ihnen einen Weg gezeigt, den ich als technisch bezeichnen möchte und der es zumindest ermöglichen würde, auf die Partnerstaaten und natürlich auch auf die Mitgliedstaaten Druck auszuüben. Was wir wirklich brauchen, ist ein sozusagen wissenschaftliches Mittel, um den Ursprung des Holzes festzustellen und zu bestimmen. Technisch ist das beispielsweise für Diamanten bereits gelungen. Es gibt heute vollkommen exakte Methoden, um die Herkunft eines Diamanten zu bestimmen. So etwa in dieser Richtung müssen wir suchen.

 
  
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  Agnes Schierhuber (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Herr Kommissar! Die europäische Familienforstwirtschaft praktiziert überzeugend die Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft zum Wohl der gesamten Wirtschaft. Wie sehen Sie, Herr Kommissar, die Möglichkeit, diese von uns diskutierten Länder durch fachliche Beratung vor Ort zu unterstützen, damit wir nicht wieder im Nachhinein reagieren müssen. Eines ist klar – und Sie haben die Forschung angesprochen –: Holz ist auch in Zukunft ein Grundstoff für viele andere Produkte.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) In all unseren Entwicklungsprogrammen zeigt sich, dass die von Ihnen in Ihrer Frage angeregte Maßnahme natürlich Teil von Entwicklungsprojekten und als solche förderfähig sein kann, sei es für technische Hilfe, für Implantate oder für eine Reihe anderer Maßnahmen. Wir widmen diesem Aspekt natürlich große Aufmerksamkeit. Die Frage, die Sie hinsichtlich von Entwicklungsprojekten angesprochen haben, nimmt immer mehr übergreifenden Charakter an. Natürlich sind dies bei allen Entwicklungsprojekten, die Länder, Regionen oder Gebiete betreffen, Projekte, die voll und ganz förderfähig sind. Eine Reihe solcher Projekte wird übrigens heute bereits umgesetzt.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 41 von Othmar Karas (H-0902/05)

Betrifft: Entwicklungszusammenarbeit

Es besteht die Forderung, die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) der Geberländer auf jeweils 0,7 % ihres Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Damit könnten die Millenniums-Entwicklungsziele fristgerecht bis 2015 erreicht werden. Hierzu sollte die nationale ODA folgende Stufen erreichen: bis 2006 „substantielle Erhöhung“, bis 2009 0,5 % und bis 2015 0,7 % des BIP.

In vielen Ländern wird zur Errechung dieses Prozentsatzes allerdings die Entschuldung mitberechnet, was jedoch zur Folge hat, dass kein zusätzliches Geld zur Verfügung steht, welches aber für die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) dringend nötig wäre. Welche anderen Komponenten finden in die Berechnung dieser 0,7 % Eingang, und wie kann versucht werden, eine einheitliche Berechnungsgrundlage dafür zu finden? Wie können Mitgliedstaaten rechtlich dafür verantwortlich gemacht werden?

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um die Millennium-Entwicklungsziele bis zum Jahr 2015 zu erreichen, müssen die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit natürlich bedeutend aufgestockt werden.

Bekanntermaßen nimmt die Europäische Union die Herausforderungen, wie sie sich im Zusammenhang mit den Haushaltsmitteln, die für die Halbierung der Armut bis 2015 bereitzustellen sind, sehr ernst. Aus diesem Grund hat sich die Union bereits 2002 ein erstes Zwischenziel zur Aufstockung der Entwicklungshilfe im Jahr 2006 gesetzt. Die Union strebt für die öffentliche Entwicklungshilfe ein Niveau an, das 0,39 % des kumulierten Bruttosozialprodukts entspricht.

Der Rat hat im Mai des vergangenen Jahres die Vorschläge für den Beginn einer neuen Etappe gebilligt, um 2010 gemeinsam 0,56 % des BSP und 2015 das 0,7 %-Ziel zu erreichen. Diese Zielsetzungen sind zwar anspruchsvoll, aber realistisch. Sie beruhen nicht auf einer zufälligen Evaluierung. Vier unserer Mitgliedstaaten haben diesen Stand begrüßenswerterweise bereits erreicht. Sechs weitere haben angekündigt, ihn noch vor 2015 erreichen zu wollen.

Es gibt eine genaue Begriffsbestimmung dessen, was „öffentliche Entwicklungshilfe“ impliziert. Sie ist von der OECD erstellt und weltweit anerkannt worden. Nach dieser Definition gilt Schuldenerlass als Entwicklungshilfe. Dies ist insoweit gerechtfertigt, als durch erlassene Schulden ursprünglich für den Schuldendienst vorbehaltene Mittel frei werden und in den Dienst der Entwicklung der armen Länder gestellt werden können.

Seit der Konferenz von Monterrey über die Finanzierung der Entwicklungspolitik war tatsächlich eine Steigerung der Entwicklungshilfeleistungen der Europäischen Union zu verzeichnen, damit der als Zwischenstufe festgelegte Zielwert im Jahr 2006 erfüllt werden kann. An diesem Anstieg haben Schuldenerlass-Maßnahmen einen wesentlichen Anteil.

Der Monterrey-Konsensus sieht jedoch vor, dass die Entschuldungsinitiative für die hochverschuldeten armen Länder – ich zitiere – „vollständig durch zusätzliche Mittel finanziert werden muss“. So hat die Kommission 2005 in ihrem Jahresbericht über die Umsetzung der von der Union in Monterrey eingegangenen Verpflichtungen eine sorgfältige Prüfung der potenziellen Auswirkungen der Bemühungen um Schuldenerlass auf die Entwicklungshilfeströme empfohlen. In unseren zukünftigen Jahresberichten werden wir selbstredend weiterhin Wachsamkeit walten lassen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass sich die Europäische Union verpflichtet hat, ab 2010 jährlich etwa 66 Milliarden Euro bereitzustellen. Das sind also 20 Milliarden Euro mehr als für 2006 geplant. Angesichts dieses vorgesehenen Entwicklungshilfevolumens wird sich der Schuldenerlass auf den Anstieg der öffentlichen Entwicklungshilfe kurz- und mittelfristig nur mäßig auswirken.

 
  
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  Othmar Karas (PPE-DE). – Herr Kommissar! Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie annehmen, dass wir das Zwischenziel 2006 erreichen. Ich frage Sie: Wann können Sie einen diesbezüglichen Bericht vorlegen? Was sind die Konsequenzen für jene Länder, die dieses Ziel nicht erreichen? Denn wenn wir das erste nicht erreichen, werden wir auch das zweite nur schleppend erreichen. Welche zusätzlichen Projekte in Form von Kofinanzierungsprojekten der EU werden Sie zur Unterstützung dieser Ziele vorlegen und welche Schwerpunkte werden diese Projekte haben?

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) In meinem ersten Redebeitrag habe ich mich vielleicht nicht ganz klar ausgedrückt. Ich wollte sagen, dass die für 2006 gemachten Zusagen nicht nur eingehalten, sondern sogar überschritten werden, denn 2006 werden wir über dem liegen, was wir versprochen hatten. Mit anderen Worten, wir sind dem Fahrplan also schon ein wenig vorausgeeilt. Damit diese – relative – Dynamik nicht verloren geht, habe ich übrigens für 2010 eine neue Zielsetzung vorgeschlagen. Ich glaube, ich habe es schon gesagt: dass das für 2010 gesetzte Ziel erreicht wird, ist eine recht realistische Annahme. Leider verfüge ich über keinerlei Druckmittel, um säumige Mitgliedstaaten zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen zu zwingen.

Gleichwohl besteht nach meinem Dafürhalten heute ein gewisses Bewusstsein, dass die Entwicklungspolitik von elementarer Bedeutung ist und es jedenfalls keine Entschuldigung mehr gibt, um den Verpflichtungen nicht nachzukommen. Für die im Rahmen des Millenniums eingegangenen Verpflichtungen kann es überhaupt keine Ausrede mehr geben. Die finanziellen Mittel können, sofern man dazu gewillt ist, aufgebracht werden. Der politische Wille ist meiner Meinung nach vorhanden, es gilt nur noch, ihn in Taten umzusetzen.

Wie lassen sich nun aber, und das ist Ihre Frage, zusätzliche Mittel beschaffen? Verschiedene Länder haben, wie Sie wissen, bereits beschlossen, eine Abgabe bzw. eine Sondersteuer auf Flugzeugtickets zu erheben. Bekanntlich ist erneut die Diskussion um die Tobin-Steuer auf Finanztransaktionen entbrannt, wiewohl für einen weiteren Vorstoß in dieser Frage keine Übereinstimmung erzielt werden konnte.

Selbstverständlich bin ich persönlich für jeden neuen Vorschlag zu diesem Thema empfänglich. Ich hatte seinerzeit auch die Idee einer Steuer auf den Rüstungsmarkt vorgebracht. Die Sache ist allerdings moralisch etwas problematisch. Der legale Rüstungsmarkt hat ein Volumen von eintausend Milliarden Dollar jährlich, während der illegale Rüstungsmarkt auf über zweitausend Milliarden geschätzt wird. Somit stellt sich ein Problem: soll der legale Rüstungsmarkt besteuert werden, während der illegale Markt, sehr zu meinem Bedauern, einer Besteuerung entgeht?

Wie Sie wissen, soll in wenigen Minuten eine von Ihrem Kollegen, Herrn Rocard, eingereichte Anfrage zur Einrichtung einer Welt-Lotterie behandelt werden, einer Idee, der gegenüber ich sehr aufgeschlossen bin. Wie Sie aber auch wissen, ist der Ertrag der an die Kommission für die Nichteinhaltung der Wettbewerbsvorschriften gezahlten Strafen ins Gerede geworden. Weshalb also sollten diese Beträge nicht der Entwicklung vorbehalten werden? Hier gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die gegenwärtig auf ihre technische Durchführbarkeit hin geprüft werden.

Glauben Sie mir, ich habe noch weitere Vorstellungen, zu deren Umsetzung die Mitgliedstaaten allerdings auch bereit sein müssen. Diese Ideen werden nämlich größtenteils zwecklos bzw. nicht wirklich zielführend sein, wenn sie nur von drei, vier, fünf oder sechs Ländern implementiert werden. Dazu bedarf es eines allgemeineren Vorgehens. Meiner Einschätzung nach – und damit komme ich zum Schluss – müsste eine substanzielle Aufstockung der Entwicklungshilfe in den kommenden Jahren möglich sein.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 42 von Marie-Hélène Aubert (H-0934/05)

Betrifft: Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo

Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die Abhaltung freier Wahlen in Afrika immer noch so viele Probleme aufwirft, müssen die Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo genau beobachtet werden. Die Nachrichten über die Glaubwürdigkeit künftiger Wahlgänge sind nämlich alarmierend: Es ist nicht klar, wer wahlberechtigt ist, es findet massiver Betrug bei der Eintragung in die Wählerlisten statt, es wird eine Atmosphäre der Unsicherheit geschaffen, um den Zugang zu den Wahllokalen einzuschränken, vor allem im Osten des Landes, bedeutende Bevölkerungsgruppen, insbesondere die Kongolesen, die im Ausland leben (davon über 3 Millionen in der Europäischen Union), werden ausgeschlossen. Diese Unregelmäßigkeiten werden unweigerlich dazu führen, dass die demokratischen politischen Kräfte sich weigern werden, an den Wahlen teilzunehmen, sowie dazu, dass die Ergebnisse der Wahl mit hoher Wahrscheinlichkeit angefochten werden.

Die Europäische Union, die die Abhaltung dieser Wahlen aktiv unterstützt, muss wachsam bleiben und beobachten, was sich in der Demokratischen Republik Kongo abspielt. Kann die Kommission daher mitteilen, über welche Informationen sie in Bezug auf die Abhaltung der Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo verfügt? Wie gedenkt sie, einen reibungslosen Ablauf der Wahlen zu unterstützen? Welche Maßnahmen würde sie im Falle massiven Betrugs ergreifen?

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) Frau Präsidentin, die Kommission verfolgt, übrigens ebenso wie die gesamte internationale Gemeinschaft, die Entwicklung des Wahlprozesses in der DRK und seine Organisation durch die unabhängige Wahlkommission sehr genau. Ich war persönlich zu einer Überwachungsmission der Wählerregistrierung Ende August dieses Jahres dort, um festzustellen, unter welchen Bedingungen diese Registrierung erfolgt. Trotz des schlechten Zustands der Infrastruktur des Landes wurden bis zum heutigen Tag mehr als 21 Millionen Wähler registriert. Diese Zahl stimmt weitgehend mit den demografischen Projektionen überein, die auf der Grundlage der letzten allgemeinen Bevölkerungszählung vorgenommen wurden, welche bislang die zuverlässigste statistische Arbeitsgrundlage darstellt.

Für die Wählerregistrierung gilt ein spezielles Gesetz, das die Voraussetzungen dafür festlegt, sich auf freiwilliger Basis registrieren lassen zu können. Außerdem hat die Wahlkommission Bestimmungen erlassen, um zu garantieren, dass die Wählerbüros gleichberechtigt behandelt wurden und dass keine Region oder Zone durch eine verspätete Öffnung des Büros benachteiligt wurde. Um Ihnen eine einfache Vorstellung von der Größe der technischen Schwierigkeiten zu geben, muss ich Ihnen sagen, dass mehr als 10 000 Registrierungsmodule auf dem gesamten Territorium des Kongo verteilt werden mussten, wobei es in einigen Gegenden keine Wege, keine Straßen mehr gibt und Hubschrauber eingesetzt werden mussten. Sie können sich also vorstellen, welch gewaltige Arbeit das war.

Um die Risiken von Doppeleintragungen und massivem Betrug – um den es in der Frage ging – weitgehend zu vermeiden, hat sich die Wahlkommission mit Zustimmung der internationalen Gemeinschaft für eine Registrierung der Wähler auf der Grundlage biometrischer Daten, die sofortige Ausstellung des Wählerausweises, den täglichen Aushang der Listen der eingetragenen Wähler in jedem Wahllokal, die Verwendung nicht zu entfernender Tinte und die Bereinigung der Wählerlisten auf der Grundlage der biometrischen Daten entschieden. Die Kommission unterstützt die Organisation des Wahlprozesses mit einem substanziellen Beitrag von 149 Millionen Euro über einen Treuhandfonds, der vom UN-Programm für Entwicklung verwaltet wird, und beteiligt sich aktiv an dem Lenkungsausschuss des Projekts für die Unterstützung des Wahlprozesses, der die Tätigkeit der Wahlkommission im Rahmen des Projekts überwacht.

Um zu gewährleisten, dass die Wahlen im Einklang mit den internationalen Normen ablaufen, hat die Kommission gerade beschlossen, eine Wahlbeobachtungsmission zu entsenden, deren Tätigkeit nach dem Verfassungsreferendum am 18. Dezember dieses Jahres beginnen und mit dem Abschluss des Wahlprozesses enden soll.

Im derzeitigen Stadium deutet nichts darauf hin, dass es Fälle von massivem Betrug bei der Organisation und Abhaltung des Wahlprozesses gibt. Natürlich muss man, wenn ich „massiv“ sage, bedenken, dass es 22 Millionen Eintragungen gibt. Heute Nachmittag habe ich zahlen erhalten, die besagen, dass Betrugsfälle festgestellt worden sind, davon einige vorsätzliche. In anderen Fällen weiß man nicht, ob sie vorsätzlich begangen wurden, auch Fehler sind vorgekommen. Die Personen, die diese Eintragungen vornehmen, sind im Allgemeinen kongolesische Bürgerinnen und Bürger, die durch die Firma, welche die Module geliefert hat, geschult wurden, und es ist klar, dass man bei der Registrierung von Millionen Personen mit einem gewissen Prozentsatz rein technischer Fehler oder Handhabungsfehler rechnen muss. Wenn man sich bei einem Namen getäuscht und das Gerät ihn einmal registriert hat, kann man diesen nicht sofort wieder löschen. Man kann hingegen auf zentraler Ebene tätig werden. Dort wird man also die Doppelerfassungen unter den heute registrierten 22 Millionen Registrierungen bereinigen. Es ist also damit zu rechnen, dass nach Bereinigung der Doppelerfassungen zweifellos etwa 21 bis 22 Millionen legal, ohne Doppeleintrag, erfasst sein werden.

Sollten durch die Wahlbeobachtungsmission Unregelmäßigkeiten in einem Umfang festgestellt werden, dass sie die Transparenz, die Glaubwürdigkeit und die Repräsentativität des Prozesses gefährden, steht die Kommission entsprechend den Bestimmungen des Abkommens von Cotonou bereit, einen verstärkten politischen Dialog zu führen, um Korrekturmaßnahmen festzulegen. Das ist bereits nicht mehr aktuell, wir sind schon weiter. Lassen Sie mich einige Zahlen anführen.

Die Ergebnisse der Bereinigung – wie man das respektlos nennt – im Wahlbezirk Kinshasa wurden heute auf der Sitzung des technischen Ausschusses zum Wahlprozess vorgestellt. Unter insgesamt 2 963 101 in Kinshasa eingetragenen Wählern wurden 150 000 Fälle von Doppelerfassungen festgestellt. Davon sind 18 587 Fälle technische Doppelerfassungen – wie ich vorhin sagte, Handhabungsfehler –, 10 490 Fälle von Betrug und 121 000 Fälle von möglichem Betrug. Der Gesamtanteil der Doppelerfassungen macht also etwa 5 % der Registrierungen aus.

Was den Prozentsatz der betrügerischen Doppelerfassungen betrifft, so muss man die Tatsache berücksichtigen, dass, wenn einmal eine Doppelerfassung festgestellt wurde, jeder Fall nicht eine Person betrifft, sondern zwei. So gelangt man also, selbst wenn man die Betrugsfälle und die Fälle potenziellen Betrugs addiert, zu maximal 2 % Betrugsfällen bezogen auf die Gesamtzahl der Registrierungen. Die Zahlen zu den Fällen potenziellen Betrugs werden im Laufe der nächsten Woche bekannt gegeben, ebenso wie das Ergebnis der Bereinigung für die Provinz Unterkongo. Alles wird also auf zentraler Ebene bereinigt, sodass man dann über eine völlig korrekte allgemeine Wahlliste ohne Betrugsfälle verfügen müsste, die auf alle Fälle die Feststellung zulässt, dass diese Wahl, sofern sie stattfindet, hinsichtlich der eingetragenen Wähler auf einer völlig korrekten Grundlage erfolgt.

Im Übrigen habe ich vor Ort überprüft, wie das funktioniert, und ich muss Ihnen sagen, dass das sehr beeindruckend war. All die Personen, die zur Einschreibung kamen, sich eintragen lassen wollten und glücklich waren, dies tun zu können, hatten erstmals Gelegenheit, gegenüber ihrem Staat als Rechtsperson aufzutreten. Sie erhielten erstmals einen Wählerausweis, der in gewisser Weise auch als Personalausweis diente, was für sie, die nie echte Papiere besessen hatten, neu war. All dies zu sehen, war sehr beeindruckend, und die Tatsache, dass unter den bekannten Umständen mehr als 22 Millionen Wähler registriert wurden – die Registrierung ist noch nicht ganz abgeschlossen, es wird noch einige Tage dauern – stellt einen sehr großen Erfolg dar, auch für die internationale Gemeinschaft und besonders für die Europäische Union, die diesen Prozess intensiv unterstützt hat.

 
  
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  Marie-Hélène Aubert (Verts/ALE). – (FR) Vielen Dank, Herr Kommissar, für diese recht ermutigenden Präzisierungen und deren hohes technisches Niveau. Sie wissen sehr wohl, dass Entwicklungshilfe ohne ein Minimum an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht wirklich effizient sein kann.

Gestatten Sie mir noch eine Zusatzfrage zur Meinungs- und Pressefreiheit. Einige Ereignisse beweisen, dass es beträchtliche Schwierigkeiten in diesem Bereich gibt, von denen Journalisten und einige Oppositionelle betroffen sind, die sich Gehör verschaffen wollen. Die Wählerlisten sind also eine Sache, die Meinungsfreiheit ist aber eine andere. Könnten Sie uns mehr Informationen darüber geben, was die Kommission im Falle der Feststellung von Fehlentwicklungen zu tun gedenkt?

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) Das Niveau des politischen Dialogs, das wir mit den kongolesischen Behörden erreicht haben, würde es uns nötigenfalls ermöglichen, zu intervenieren und sie gewiss zu einer Änderung ihrer Haltung zu bewegen.

Was die Pressefreiheit betrifft, so weiß ich nicht, ob Sie Gelegenheit hatten, die kongolesische Presse vor Ort zu verfolgen. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen einige Zeitungen zur Verfügung stellen, auch alle Tageszeitungen, die in Kinshasa und anderen Städten erscheinen. Ich muss Ihnen sagen, dass die kongolesische Presse insgesamt von einer Meinungsfreiheit, einer Freiheit, Anklagen nach allen Seiten zu verteilen – was übrigens manchmal auf meine Kosten geht – gekennzeichnet ist, wie man sie nur in wenigen Demokratien findet. Wenn es also einen Bereich gibt, in dem wirklich sehr substanzielle Fortschritte zu verzeichnen sind, so ist es der Bereich der Pressefreiheit, wenngleich es noch viel zu sagen gäbe, vor allem zur Governance. Für die Journalisten in Kinshasa und anderswo herrscht vollkommene Freiheit des Wortes. Ich muss sagen, dass man die Worte, die man gebraucht, nicht abwägt, man klagt ohne jede Grundlage einfach an. Ohne behaupten zu wollen, dass die gesamte Presse so ist, kann ich doch sagen, dass sich die Presse über jedermann auslassen kann, sei es nun der Präsident oder seien es andere Persönlichkeiten. Was also die Pressefreiheit in Kongo betrifft, so glaube ich, da gibt es keine Probleme. Es gibt andere Probleme, enorme Probleme sogar, aber ehrlich gesagt, ich habe nicht das Gefühl, dass es in diesem Punkt Probleme gibt.

Was die Opposition betrifft, so muss ich Ihnen sagen, dass ich zurzeit und auch schon seit einer ganzen Weile nichts gehört habe, dass ein Oppositioneller an der Teilnahme an den Wahlen oder beispielsweise der Gründung einer politischen Partei gehindert worden wäre, natürlich sofern diese den Kriterien entspricht. Ich will nicht den Eindruck erwecken, als sei alles perfekt. Man muss aber berücksichtigen, welcher Weg zurückgelegt wurde.

Als jemand, der dieses Problem des Kongo seit Jahren verfolgt, vor allem in meiner anderen Funktion, muss ich zugeben, dass wir in den letzten Jahren noch nie der Chance so nahe waren, dieses Land zu demokratischen und freien Wahlen zu führen und ihm so zu Stabilität zu verhelfen. Ich hoffe mit ganzer Kraft, dass die Verfassung Ende Dezember ratifiziert wird und dass die Wahlen ab März oder April stattfinden, sodass die letzte Frist eingehalten werden kann. Ich habe nicht gesagt, dass ich in naiven Optimismus verfallen will. Ich sage nur, dass man den Mindestvoraussetzungen für die Wiederherstellung der Stabilität in Kongo noch nie so nahe war.

Es stimmt auch, dass ich mich in dieser Frage sehr engagiere, weil ich der Auffassung bin, dass die Stabilität in der DRK ein äußerst starkes Element für die Stabilität der ganzen Region darstellt. Man muss sich immerhin im Klaren sein, dass Zentralafrika quasi die Größe eines Kontinents hat. Wenn man die Zahl der Todesopfer seit 1994 berücksichtigt und die Fortschritte betrachtet, die in Ruanda erreicht wurden, oder die Wahlen, die einen problemlosen Wechsel in Burundi ermöglicht haben – was immerhin ziemlich unerwartet war – und wenn ich beispielsweise die ersten Gesten und Taten des Präsidenten El Nkurunziza in Burundi sehe, so hoffe ich, dass in Kongo in einigen Monaten die gleiche Art der Entwicklung zu verzeichnen sein wird.

 
  
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  Die Präsidentin. Die Anfragen Nr. 43 bis 45 werden schriftlich beantwortet.(1)

Anfragen an Herrn Mandelson

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 46 von Sajjad Karim (H-0906/05)

Betrifft: Mehr Transparenz und Kontrolle bei den WTO-Verhandlungen

Für den Handel ist ausschließlich die EU zuständig. Daher ist es für die Mitglieder des Europäischen Parlaments in ihrer Funktion als gewählte Vertreter sehr wichtig, dass sie die Möglichkeit haben, die Handelspolitik der EU einer umfassenden demokratischen Kontrolle zu unterziehen. Die Hinzuziehung eines nicht gewählten, dem Ministerrat unterstehenden, verstohlen agierenden Ausschusses nach Artikel 133, der die Handelspolitik festlegt, höhlt die legitime Befugnis der MdEP aus, im Auftrag ihrer Wähler zu handeln. Angesichts von Hinweisen, dass es selbst den entschiedensten Befürwortern der in der WTO geführten Verhandlungen über den Marktzugang für Nicht-Agrarerzeugnisse (NAMA) wie der britischen Regierung schwer fällt zu beweisen, dass „freier“ Handel tatsächlich das bewirkt, was sie in ihrem Gerede über Armut und Nachhaltigkeit behaupten, sowie angesichts der Kritik des Europäischen Bürgerbeauftragten an der Transparenz der Handelsgespräche und -verhandlungen stellt sich die Frage, was die Kommission zu tun gedenkt, um den Zugang der Öffentlichkeit zu den WTO-Verhandlungen zu verbessern. Insbesondere ist zu fragen, ob die Kommission eine umfassende Folgenabschätzung in allen NAMA-Bereichen einschließlich der heiklen Bereiche Fischerei und Forstwirtschaft durchführen und über deren Ergebnisse Bericht erstatten wird.

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Die Kommission befürwortet die Erhöhung der Transparenz und Rechenschaftspflicht der WTO, um die Legitimität dieser Institution zu verstärken.

Was die Funktionsweise der WTO angeht, so hat die EU einige Verbesserungsvorschläge z. B. hinsichtlich der besseren Vorbereitung und Steuerung der Ministertagungen vorgelegt, um eine effizientere Verhandlungsführung und Entscheidungsfindung der weiter wachsenden Mitgliedschaft zu ermöglichen. So dürfte es z. B. kurzfristig möglich sein, Einvernehmen über eine bessere Definition der Rolle des Gastgebers bei den WTO-Ministertagungen zu erzielen. Darüber hinaus muss die Fähigkeit der kleineren (und nicht ortansässigen) Delegationen zur wirksamen Beteiligung an den Verhandlungen sowohl in Genf als auch auf den Ministertagungen gesteigert werden.

Was die parlamentarische Kontrolle angeht, so befürwortet es die Kommission, dass das Europäische Parlament bei der Handelspolitik mehr Befugnisse erhält. Sie hat daher Vorschläge unterstützt, die dem Europäischen Parlament bei der Handelspolitik im Konvent für die Zukunft Europas dieselben Rechte einräumen wie dem Rat.

In der Zwischenzeit halten wir das Europäische Parlament über den Verlauf und den Abschluss internationaler Verhandlungen in vollem Umfang auf dem Laufenden, indem wir regelmäßig an den formellen und informellen Sitzungen des Parlaments teilnehmen, ihm gleichberechtigt mit dem Rat Strategiedokumente zukommen lassen und es zu den wesentlichen handelspolitischen Leitlinien anhören.

Die Kommission ist jedoch verpflichtet, sich an den Rahmen des EG-Vertrags zu halten. Der 133-Ausschuss, der sich aus den Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten zusammensetzt, ist kein Beschlussfassungs-, sondern ein Beratungsorgan. Die wesentlichen politischen Entscheidungen werden von den demokratisch gewählten Ministern im Rat getroffen.

Was die Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit im Allgemeinen angeht, so verfolgt die Kommission eine proaktive Politik der Kommunikation, indem sie unter anderem einschlägige Informationen auf ihre Website stellt, einen regelmäßigen Dialog mit der Zivilgesellschaft führt und die Anträge der Bürger auf Zugang zu Dokumenten beantwortet.

Was die Untersuchungen der Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit betrifft, so wurden sie für den ersten Teil der NAMA-Sektoren, d. h. Textilwaren und Bekleidung, Arzneimittel und Nichteisenmetalle, bereits 2002/2003 durchgeführt. Die Ergebnisse werden seit 2003 auf der Website der Universität Manchester zur Verfügung gestellt, wobei, wenn im Inland oder in Drittländern Ungleichgewichte festgestellt werden, Vorschläge für Anpassungen unterbreitet werden.

Darüber hinaus wurde eine Studie zu Wäldern durchgeführt, deren Ergebnisse im Juni 2005 veröffentlicht wurden. Momentan wird eine zweite Studienreihe über weitere NAMA-Sektoren durchgeführt, bei der es unter anderem um die Fischerei geht. Die Ergebnisse dieser zweiten Studienreihe werden wahrscheinlich im ersten Halbjahr 2006 veröffentlicht.

 
  
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  David Martin (PSE).(EN) Ich begrüße die Äußerungen des Herrn Kommissars über die Information des Parlaments. Wird er selbst sich verpflichten, die Delegation des Parlaments für die Verhandlungen in Hongkong uneingeschränkt über die Entwicklung der WTO-Verhandlungen auf dem Laufenden zu halten, damit sie sich aktiv an ihnen beteiligen und als Vermittlerin der Informationen an die Öffentlichkeit fungieren kann, um uneingeschränkte Transparenz zu gewährleisten?

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Das ist sehr wichtig. Für die Delegation des Europäischen Parlaments wurden umfangreiche Abmachungen getroffen, nicht nur, damit sie uns in Hongkong begleiten kann, sondern auch, damit sie uns täglich treffen kann, um auf dem Laufenden gehalten zu werden. Ich habe gerade an den Vorsitzenden des Ausschusses für internationalen Handel geschrieben und ihm mitgeteilt, dass jeden Morgen Briefings stattfinden werden.

Es muss unbedingt darauf hingewiesen werden, dass das, was wir in Hongkong tun, nichts Undurchsichtiges, Abstraktes ist. Es geht vielmehr um den Alltag und die Beschäftigungsmöglichkeiten von Milliarden Menschen. Unsere Aufgabe besteht darin, das, was wir tun, zu rechtfertigen, damit die Öffentlichkeit das, was wir bei diesem äußerst bedeutenden Ministertreffen verhandeln, versteht und befürwortet.

 
  
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  James Hugh Allister (NI).(EN) Herr Kommissar! Ich möchte Sie bitten, Ihre Aufmerksamkeit einen Augenblick auf einen inhaltlichen Aspekt der WTO-Verhandlungen zu lenken, nämlich den Eindruck, der bei vielen entstanden ist, dass die Landwirtschaft bei diesen Verhandlungen zum Prügelknaben und Opfer gemacht wird.

Die GAP-Reform wurde zweifellos als Instrument zum Schutz der Agrarzölle vor künftigen Angriffen verkauft. Uns wurde damals gesagt, dass die Landwirtschaft in der WTO sicher sei. Jetzt stellen wir fest, dass Sie, vielleicht ein wenig voreilig, ein einseitiges Angebot unterbreitet haben, um diese Zölle um einen weiteren riesigen Prozentsatz zu kürzen. Man fragt sich wirklich, ob erkannt wird, in was für eine schreckliche Gefahr die Landwirtschaft in vielen Regionen wie der meinen, die Ihnen ja bekannt ist, nun gebracht wird, wenn das der Prozess ist, der verfolgt werden soll.

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Es ist zu verlockend zu behaupten, dass Sie, wenn Sie diejenigen, mit denen ich in der WTO verhandle, davon überzeugen würden, dass wir unsere Agrarzölle drastisch kürzen, bessere Arbeit geleistet hätten, sie von der Bedeutung unseres Agrarangebots zu überzeugen, als ich. Selbstverständlich haben wir bei den Agrarzöllen ein durchweg glaubwürdiges und ernsthaftes Angebot unterbreitet, das an die Vorschläge anschließt, die wir bezüglich der inländischen Subventionen und der Abschaffung der Exportsubventionen gemacht haben. Diese sind angemessen und fest im Finanzrahmen für die bestehenden GAP-Reformen verwurzelt und sprengen ihn nicht. Sie stellen genau das dar, was von uns verlangt wird. Wir haben uns in einem ursprünglichen Doha-Mandat und letzten Sommer dann im Rahmenabkommen verpflichtet, Maßnahmen einzuführen, durch die der Marktzugang für Agrarerzeugnisse wesentlich verbessert wird. Genau das ist es, was wir meines Erachtens tun. Wir gehen allerdings kein Risiko ein und gefährden oder bedrohen den Lebensunterhalt der europäischen Landwirte oder Agrargemeinschaften nicht. Das ist Panikmache, der ich mich nicht anschließe.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). – Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sollten die Verhandlungen in Hongkong nach dem multilateralen System scheitern – was wir alle nicht hoffen, aber es steht zur Debatte –, glauben Sie, dass dann eine Freihandelszone zwischen Europa und Amerika leichter gestaltbar wäre, oder dass dies dann schwieriger würde?

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Ich kann mir nichts Schwierigeres oder vielleicht Schmerzlicheres vorstellen, als eine Freihandelszone zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika auszuhandeln! Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass es Raum für die Beseitigung einiger nicht tarifärer Hemmnisse gibt, die die Zunahme des Handels und der Investitionen auf beiden Seiten des Atlantiks behindern.

Wie der Herr Abgeordnete weiß, interessiert mich dies sehr. Besonders besorgt bin ich über die Unterschiede bei den Rechtsordnungen, die fehlende Konvergenz und die Hindernisse, die aufgrund der Unterschiede und oft anzutreffenden Unvereinbarkeit der verschiedenen Rechtssysteme in Europa und den Vereinigten Staaten in den Weg gestellt werden. Beide Rechtssysteme sind jedoch der Tradition und den bisher angewandten Verfahren verhaftet, und ich vermute, dass es uns in Europa genauso wenig gelänge, den Amerikanern zu sagen, wie sie ihr Rechtssystem reformieren sollen, wie den Amerikanern, hierher zu kommen und uns zu sagen, wie unsere Rechtssysteme zu funktionieren haben. Dennoch sollten wir durch einen geduldigen Dialog und – wie ich hoffe, zu gegebener Zeit – Verhandlungen in der Lage sein, einige notwendige und wichtige Verbesserungen vorzunehmen, die für unsere Unternehmen und daher für Arbeitsplätze und den Lebensunterhalt auf beiden Seiten des Atlantik von Nutzen sein werden.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 47 von Hélène Goudin (H-0909/05)

Betrifft: Zollsenkungen für thailändische Krabben

Die Kommission hat für thailändische Krabben eine Zollsenkung von 12% auf 4,2% beschlossen. Die Zollsenkung sollte ursprünglich vom 1. Juli diesen Jahres gelten, wurde aber aufgrund des verheerenden Tsunami auf den 1. April vorgezogen. Man hofft, dass die EU durch die Zollsenkung Thailand helfen kann, sich wirtschaftlich zu erholen. Der Rat hatte nun früher schon vereinbart, dass die gemeinschaftliche Hilfe für die von dem Tsunami betroffenen Länder dazu beitragen soll, die Anfälligkeit gegen etwaige künftige Naturkatastrophen zu verringern. Kritiker behaupten, dass die Zollsenkung für thailändische Krabben dieser Vereinbarung im Rat widerspricht. Begründet wird dies damit, dass die Krabbenzüchter strandnahe Mangrovenwälder roden, um Platz für Teiche zu schaffen. Mangrovenwälder sind ein wichtiger Schutz gegen Stürme, Überschwemmungen und Riesenwellen. Die schwedische Naturschutzvereinigung hat darauf hingewiesen, dass die Folgen des Tsunami geringer gewesen wären, wenn die Mangrovenwälder nicht vernichtet worden wären, um Platz für die Krabbenzucht zu schaffen.

Ist die Kommission der Auffassung, dass die Unterstützung für die Krabbenzüchter in Form von Zollsenkungen mit dem oben genannten Beschluss des Rates im Einklang ist? Hat die Kommission untersucht, welche Folgen die Zerstörung von Mangrovenwäldern im Interesse der Krabbenzucht in Thailand hat?

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Im Rahmen des derzeitigen Allgemeinen Präferenzsystems – APS –, dem einseitigen System der Zollzugeständnisse für 180 Entwicklungsländer, das noch immer bis zum 1. Januar 2006 gilt, profitieren Einfuhren von Fischereierzeugnissen einschließlich Garnelen und Krabben in die EU durch die Hauptkonkurrenten Thailands – Indonesien, Malaysia und Brasilien – von Zollsätzen, die von 12 % auf 4,2 % gesenkt wurden. Aufgrund seiner hohen Wettbewerbsfähigkeit auf dem EU-Markt kommt Thailand seit dem 1. Januar 1999 nicht in den Genuss der APS-Präferenzen für Fischereierzeugnisse.

Das vom Rat am 27. Juni 2005 verabschiedete neue APS basiert auf anderen Kriterien und ist darüber hinaus großzügiger gegenüber allen durch das APS begünstigten Ländern, zu denen, wie beschlossen wurde, auch vom Tsunami betroffene Länder wie Thailand zählen. Daher wird Thailand gemäß dem neuen APS ab Januar 2006 erneut von gesenkten Zollsätzen für seine Fischereierzeugnisse profitieren. Dies steht im Einklang mit dem allgemeinen Ziel von Kommission und Rat, die vom Tsunami betroffenen Länder zu unterstützen.

Die Kommission ist sich dessen bewusst, dass bezüglich der Frage der Krabbenzucht in Südostasien und der Auswirkungen der Rodung von Mangrovenwäldern, um Platz für Teiche zu schaffen, Bedenken geäußert wurden. Daher unterstützt sie die nachhaltige Entwicklung der Bewirtschaftung der Küstengebiete in Asien durch den Transfer bewährter Praktiken und ökologischer Lösungen von Europa nach Asien.

EuropeAid, das Amt für Zusammenarbeit der Kommission, hat bisher Finanzmittel für drei Projekte zugesagt, bei denen es um die Wiederherstellung der Mangrovenwälder in vom Tsunami betroffenen Gebieten Indonesiens, Sri Lankas und Thailands durch das Programm „Asia Pro Eco – Post Tsunami“ geht. Dies soll des Weiteren zum Schutz der Garnelenzucht beitragen – eines im Rahmen dieses Programms förderfähigen Sektors –, wodurch die Entwicklung einer ökologischen Bewirtschaftung in den Küstengebieten, die Aquakultur betreiben, erreicht werden soll.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 48 von Ilda Figueiredo (H-0930/05)

Betrifft: Schwierigkeiten in der Schuhindustrie

Bekanntlich macht die Schuhindustrie infolge der Liberalisierung des Welthandels eine schwere Krise durch, die vor allem die wirtschaftlich schwächeren Länder wie Portugal trifft, wo es im Norden des Landes Gebiete gibt, die von hoher Arbeitslosigkeit bedroht sind und in denen die Gefahr der Drosselung der Entwicklung besteht, wie es jüngst deutlich wurde. Besonders gravierend war die Abschaffung der Quotenregelung für die Einfuhren aus China, wofür der Rückgang des durchschnittlichen Einfuhrpreises um etwa 50 % eines der deutlichsten Anzeichen ist.

Daher wird die Kommission gebeten mitzuteilen, welche Maßnahmen sie derzeit ergreift, insbesondere in Bezug auf die von dem Europäischen Verband der Schuhindustrie geforderte Antidumpinguntersuchung.

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Der Kommission sind die jüngsten Entwicklungen bei den Einfuhren von Schuhen aus China und Vietnam in die Gemeinschaft bekannt. In diesem Zusammenhang gingen bei der Kommission Anfang dieses Jahres Beschwerden der europäischen Schuhindustrie ein, die überzeugende Daten enthielten, denen zufolge dieser Industriezweig unter den negativen Auswirkungen zu leiden hat, die durch die Dumpingpreise für Schuheinfuhren in die Gemeinschaft entstehen.

Die Kommission hat sofort reagiert, indem sie zwei Antidumpinguntersuchungen in die Wege leitete. Bei der ersten geht es um die Einfuhr von Schuhen mit Schutzkappe mit Ursprung in China und Indien, bei der zweiten um Schuhe mit Oberteil aus Leder, ebenfalls aus China und Vietnam.

Durch diese Untersuchungen soll herausgefunden werden, ob die betreffenden Einfuhren gedumpt sind und sich negativ auf die wirtschaftliche Lage der Schuhindustrie der Gemeinschaft ausgewirkt haben. Darüber hinaus sollen die Konsequenzen und die möglichen negativen Auswirkungen etwaiger Maßnahmen auf die anderen Wirtschaftsakteure in der Gemeinschaft untersucht.

Bei der Untersuchung wurden Fortschritte erzielt. Die Kommission geht nun der Frage der marktwirtschaftlichen Behandlung der betreffenden Exporteure, der Definition der verschiedenen Kategorien und Modelle der einschlägigen Produkte, der Frage, ob Dumping betrieben wird, den Auswirkungen dieser Einfuhren auf die Schuhindustrie der Gemeinschaft sowie der Position der Groß- und Einzelhändler und Verbraucher nach. All das kommt gut voran. Dass hier ein äußerst komplizierter Fall vorliegt, überrascht keinesfalls. Angesichts der enormen technischen Probleme mit hunderten von Wirtschaftsakteuren und einem Erzeugnis, das aus tausenden verschiedenen Modellen besteht, ist es noch zu früh, konkrete Hinweise zum möglichen Ergebnis zu geben.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Es gibt viele kleine und mittlere Unternehmen, die bereits schließen oder kurz davor stehen. Die Folge davon ist, dass sich das Arbeitslosigkeitsproblem in den betreffenden Gebieten verschärft – wie etwa in meinem Land und in vielen anderen südeuropäischen Ländern – und die Entwicklung dort ernsthaft behindert wird. Wenn man hier nicht bald vorankommt, könnte es schon zu spät sein. Deshalb möchte ich Sie fragen, wie lange die am schlimmsten betroffenen Gebiete warten müssen, bis praktische und wirksame Maßnahmen, beispielsweise Schutzklauseln, umgesetzt werden.

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Die Untersuchung wird innerhalb der vorgeschriebenen Frist abgeschlossen werden, auch wenn ich nicht genau sagen kann, wann das sein wird. Die Kommission kann zwischen zwei und neun Monate nach Beginn der Untersuchung einstweilige Maßnahmen ergreifen.

Ich möchte betonen, dass es sich hier wirklich um eine sehr vielschichtige Angelegenheit handelt, die sich nun als viel komplizierter erweist, als wir zu Beginn der Untersuchung ursprünglich gedacht hatten. Wir müssen sehr vorsichtig vorgehen, so dass wir nicht nur genau beurteilen, welche Auswirkungen dies auf die Interessen der Gemeinschaft hat, sondern auch, welche Konsequenzen es hätte, wenn wir auf verschiedene Erzeuger und Wirtschaftsakteure in diesem Sektor Antidumpingmaßnahmen anwenden. Einige Hersteller in der EU produzieren zum Teil selbst außerhalb der Gemeinschaft.

Ehemals reine EU-Hersteller lassen ihre Tätigkeiten im Bereich Forschung, Design und Entwicklung weiterhin innerhalb der Gemeinschaft ausführen, beziehen ihre Lieferungen jedoch aus verschiedenen Quellen, zum Beispiel China und Vietnam, aber auch Rumänien, Bulgarien und Brasilien sowie Italien, der Slowakei und anderen Mitgliedstaaten. Diese ehemaligen Hersteller bieten durch diese anderen Wirtschaftstätigkeiten auch eine beträchtliche Anzahl an Arbeitsplätzen.

Hieran sehen Sie – und ich könnte weitere Dinge anführen, die diese Angelegenheit noch komplizierter machen –, dass wir bei unserer Beurteilung sehr vorsichtig sein müssen. Es gibt in Europa keine einheitliche, homogene Gruppe von Herstellern mit klar erkennbaren und quantifizierbaren Interessen, sondern viele verschiedene Herstellerinteressen, und wir müssen uns nach unserer ersten Beurteilung, ob die Vorwürfe der Dumpingpraktiken gerechtfertigt sind, überlegen, welche Auswirkungen dies auf die zahlreichen unterschiedlichen Herstellerinteressen hätte, wenn dagegen vorgegangen werden sollte.

 
  
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  David Martin (PSE).(EN) Die Antwort des Herrn Kommissars freut mich und hat mich sehr erleichtert, weil europäische Einzelhändler an mich herangetreten sind, die beträchtliche Summen in Asien investiert, den Gesundheitsschutz und die Sicherheit am Arbeitsplatz sowie die Arbeitsbedingungen in asiatischen Ländern verbessert haben und sowohl den Arbeitnehmern in Asien als auch den Einzelhändlern in Europa wirtschaftliche Vorteile verschaffen. Stimmt der Herr Kommissar mir zu, dass es ziemlich falsch wäre, wenn auf diese Unternehmen Antidumpingzölle zukommen würden?

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Der Herr Abgeordnete hat einen solchen Typ eines europäischen Herstellers benannt, dessen Interessen ich berücksichtigen muss. Es wird definitiv nicht leicht sein, in dieser sehr komplizierten Situation eine ausgewogene und gerechte Lösung zu finden, und die Kommission wird, offen gesagt, ziemlich viel Einfallsreichtum und Flexibilität brauchen, um in dieser Angelegenheit eine Lösung herbeizuführen, die für die Mitgliedstaaten und die Wirtschaftsakteure annehmbar ist.

Meine Dienststellen werden allerdings den Mitgliedstaaten in Kürze einen Vorschlag unterbreiten, den vietnamesischen Exporteuren keine marktwirtschaftliche Behandlung zu gewähren, da Eingriffe des Staates, Subventionen und andere Wettbewerbsverzerrungen noch immer weit verbreitet sind. Zu China hat die Kommission noch keine Ergebnisse zusammengetragen.

 
  
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  Anne E. Jensen (ALDE).(DA) Frau Präsidentin! Auch ich möchte Herrn Mandelson dafür danken, dass er sich für den Freihandel ausspricht und für die Branchen einsetzt, die vom Freihandel profitieren. Konkret im Zusammenhang damit würde ich gern wissen, warum sich die Antidumpinguntersuchungen auch auf Sportschuhe erstrecken, die von der Verordnung 467/98 und insgesamt seit vielen Jahren von allen Einfuhrbeschränkungen ausgenommen sind. Es entsteht hier der Eindruck, dass die Kommission unter dem Druck der Kräfte in der EU, die den freien Wettbewerb fürchten, in Panik geraten ist. Kann der Kommissar bestätigen, dass das nicht der Fall ist?

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Die Frau Abgeordnete hat auf eine wichtige Frage hingewiesen. Sie sollte nicht davon ausgehen, dass Hersteller derartiger Sportbekleidung Antidumpingzölle entrichten müssen. Ich muss mich selbst erst noch davon überzeugen, ob es in der Gemeinschaft einen direkten Konkurrenten gibt, der derartige Sportbekleidung herstellt. Daher ist mir noch nicht ganz klar, inwiefern dem Interesse der Gemeinschaft in diesem Bereich des Sektors geschadet wird. Die Untersuchung wird jedoch fortgesetzt. Ich gehe davon aus, dass wir uns zu dem speziellen Sektor, auf den sie sich bezieht, in Kürze eine Meinung bilden können.

 
  
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  Die Präsidentin. Die Anfragen Nr. 49 bis 53 werden schriftlich beantwortet.(2)

Anfragen an Herrn Spidla

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 54 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0890/05)

Betrifft: Umstrukturierungsprognosen

Welche Mittel nutzt die Kommission, um Umstrukturierungen und künftigen Entwicklungen in den einzelnen Bereichen des europäischen Binnenmarktes und in den verschiedenen Kategorien von Arbeitplätzen – insbesondere in den Inselregionen sowie den ländlichen und entlegenen Regionen der EU – zu prognostizieren?

Wie beeinflussen die bilateralen und internationalen Verpflichtungen und Verträge der EU diese Vorausschau?

Mit welchen Mechanismen wird die Kommission die nachhaltige Entwicklung dieser Regionen, die Erhaltung ihrer sozialen Struktur und insbesondere die berufliche Fortentwicklung der Arbeitnehmer und die Planung von Bildungsmaßnahmen für die junge Generation sicherstellen?

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Kommission ist europaweit auf dem Gebiet der Umstrukturierung tätig. Für die Vorhersage der Umstrukturierung von Unternehmen und zukünftigen wirtschaftlichen sowie arbeitsmarktpolitischen Entwicklungen in jedem Sektor des Marktes und bei jeder Art von Tätigkeit in den Inselregionen sowie den ländlichen und entlegenen Regionen stehen ihr keine speziellen Instrumente zur Verfügung. Während jeder Mitgliedstaat Zugang zu Mitteln für die Überwachung einzelner Sektoren und seines Arbeitsmarktes hat, kann die Kommission im Einzelnen lediglich spezifische Sektoren oder auch Regionen überwachen. In ihrer Mitteilung vom 31. März 2005 zu Umstrukturierung und Beschäftigung gab die Kommission den Sozialpartnern die Möglichkeit, der Kommission ihre Meinung zu dieser Frage mitzuteilen. Des Weiteren verwies die Kommission in ihrer Mitteilung vom 5. Oktober 2005 zur Industriepolitik auf bestimmte Wirtschaftszweige, in denen sich in den nächsten Jahren strukturelle Veränderungen vollziehen können. Daraus folgt, dass wir in der Lage sein müssen, diese Veränderungen frühzeitig zu erkennen und sie auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene zu fördern. Auch das Dienstleistungsgewerbe kann die Auswirkungen von Umstrukturierung zu spüren bekommen, so dass umfassende Untersuchungen dieser Problematik notwendig sind.

Die Kommission arbeitet mit der Europäischen Stelle zur Beobachtung des Wandels, die ihren Sitz in Dublin hat, eng zusammen und beteiligt sich aktiv an deren Projekten, die sich mit bestimmten Sektoren befassen und die Umstrukturierung überwachen. Die von der Europäischen Union eingegangenen bilateralen und internationalen Verpflichtungen und die Verträge, die sie abgeschlossen hat, wirken sich auf bestimmte wesentliche Aspekte der Umstrukturierung aus. Dazu gehören der Grad der Öffnung der Märkte, der Zugang zu Märkten, technologische Innovationen und die gemeinsame Nutzung von Technologien sowie die Sozialklauseln in dieser Art von Verträgen. Der Kommission stehen bestimmte Instrumente zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung der Regionen zur Verfügung, darunter vor allem die Europäische Beschäftigungsstrategie, der Europäische Sozialfonds für Investitionen in das Humankapital und der Europäische Fonds für Regionalentwicklung für Investitionen in die Infrastruktur, in produktive Investitionen und die Entwicklung des Potenzials der Regionen.

Die Strukturfonds leisten Unterstützung in Form von mittelfristigen Strategieprogrammen, die die Prognose und bessere Bewältigung industriellerer Entwicklungen sowie die Abschwächung von deren Auswirkungen auf die Arbeitnehmer zum Ziel haben. Deshalb stehen bei den Zielen Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung auch die Überwachung und Gestaltung des Wandels im Mittelpunkt der Kommissionsvorschläge für den Programmzeitraum 2007-2013. Dabei werden wir uns auf drei Schlüsselthemen konzentrieren: auf die großen Ungleichheiten, die im Bereich Beschäftigung bestehen, auf das anhaltend hohe Tempo der wirtschaftlichen und sozialen Umstrukturierung infolge der Globalisierung und der Entwicklung einer wissensbasierten Wirtschaft sowie auf den demografischen Wandel, der zu einer Überalterung der Arbeitskräfte führt.

Diese Verordnung sieht unter anderem Rückstellungen für unvorhergesehene Ausgaben in Höhe von 1 % für Konvergenzregionen und 3 % für andere Regionen vor. Damit wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben, die Fonds zu nutzen, um die wirtschaftliche und soziale Umstrukturierung besser in den Griff zu bekommen und mit den Folgen der globalen Marktöffnung besser fertig zu werden. Darüber hinaus hat die Kommission kürzlich vorgeschlagen, einen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung einzurichten, um negative Auswirkungen der Umstrukturierung bewältigen zu können. Wenn dieser Fonds eingerichtet wird, soll er die Arbeitnehmer, die von globalisierungsbedingten Krisen betroffen sind, unterstützen.

Zu Bildungsmaßnahmen für zukünftige Generationen möchte ich sagen, dass die europäischen Bildungsprogramme Erasmus, Socrates und Leonardo Tausenden von jungen Menschen ein Studium im Ausland ermöglichen. Darüber hinaus gewährleistet das Forschungsrahmenprogramm die Finanzierung wichtiger Projekte auf EU-Ebene, insbesondere in den Bereichen Beschäftigung, Bildung, berufliche Fortentwicklung und Innovation. Diese Projekte werden den Boden für weitere Maßnahmen bereiten.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin, ich danke dem Herrn Kommissar für seine recht aufschlussreiche Antwort.

Speziell wollte ich fragen, ob Sie einen Plan haben, woraus dieser geplante Fonds zur Stärkung der Umstrukturierungen finanziert werden soll, und ob Vorkehrungen getroffen wurden, um alle diese zusätzlichen Maßnahmen bekannt zu machen, um das Vertrauen der Europäer in die Entwicklungen zu festigen und sie angesichts des Phänomens der Globalisierung vor Entmutigungen zu bewahren.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission.  (CS) Selbstverständlich kann die Kommission mit den ihr gegenwärtig zur Verfügung stehenden Mitteln bereits jetzt auf bestimmte unerwartete Veränderungen reagieren. Nehmen wir nur ein bekanntes Beispiel: Erst kürzlich wurden 5 000 Arbeitnehmer bei Rover innerhalb eines kurzen Zeitraums entlassen. Die Kommission setzte Strukturfondsmittel ein, und diese Maßnahme war weitestgehend von Erfolg gekrönt. Ich brauche nicht extra zu betonen, dass dieser Fall etwas Außergewöhnliches war, da nur ein Werk in einem Land betroffen war. Die jüngsten Veränderungen bei Electrolux sind ein Beispiel für eng miteinander verflochtene Probleme, die durch wesentliche Umstrukturierungen des Systems in mehr als einem Land bedingt sind. Gegenwärtig sind wir nicht im Besitz von wirkungsvollen Instrumenten, um in solchen Fällen eingreifen zu können. Deshalb entstand auch der Gedanke, einen Fonds zur Bewältigung der Auswirkungen von Globalisierung und Umstrukturierung einzurichten. Sein Sinn und Zweck soll nicht darin bestehen, nicht wettbewerbsfähige Unternehmen zu schützen, sondern soll von Umstrukturierung in negativer Weise betroffene Menschen in die Lage versetzen, eine neue Existenzgrundlage zu finden. Wenn Sie gestatten, möchte ich einen bildlichen Vergleich bringen: Unser Ziel besteht nicht darin, ein sinkendes Schiff, sondern die Mannschaft zu retten, und sie auf ein anderes Schiff oder sicher an Land zu bringen, damit sie weiterleben können.

Der Fonds soll Investitionen in das Humankapital und in das lebenslange Lernen sowie den Abschluss von Vereinbarungen über Beschäftigung und Partnerschaften für Innovation auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene fördern. Ferner soll er die Entwicklung von Mechanismen und Instrumenten unterstützen, die die Prognostizierung von sozialem und wirtschaftlichem Wandel erleichtern, eine größere Flexibilität der von Umstrukturierung betroffenen Arbeitnehmer und Unternehmen befördern und die Verwaltungskapazitäten und Produktivität aller Beteiligten verbessern, indem beispielsweise die mit dem Wandel befassten Manager geschult werden. Um diesen Fonds ins Leben zu rufen, kann man die bereits auf Ebene der Mitgliedstaaten vorhandenen Instrumente nutzen, darunter die für den Europäischen Sozialfonds verwendeten Instrumente.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 55 von Joachim Wuermeling (H-0899/05)

Betrifft: Freizügigkeit für Arbeitnehmer

Ende September äußerte sich der Kommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit, Vladimir Spidla, bei einem Treffen mit den Sozialpartnern zu der Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Berichten zufolge will die Kommission die Beschränkung für Arbeitssuchende aus den osteuropäischen Ländern so früh wie möglich aufheben.

Da aber gerade in den an die neuen Mitgliedstaaten angrenzenden Regionen ein extrem hohes Lohngefälle besteht, ist der Aufschub der Freizügigkeit für Arbeitnehmer und der Dienstleistungsfreiheit von zentraler Bedeutung.

Gibt es in der Kommission bereits einen konkreten Plan, die Beschränkungen für Arbeitssuchende aus den osteuropäischen Ländern aufzuheben? Wenn ja, wie und wann wird dies geschehen?

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission.  (CS) Meine Damen und Herren! Beim Abschluss der Beitrittsverträge wurde bereits vereinbart, dass für die Übergangszeit der „2+3+2“-Mechanismus zur Anwendung kommen soll. Die unterschiedlichen Übergangszeiten bzw. Intervalle, in denen Überprüfungen mit Blick auf eine mögliche Verlängerung vorgenommen werden sollen, können auch so gesehen werden, dass ihre Festlegung von dem Wunsch geprägt war, einerseits die Beitrittsverträge zu unterzeichnen und andererseits die Übergangszeiten nicht für alle Zeiten bestehen zu lassen, da Letztere die vollständige Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb einer möglichst kurzen Zeitraums verhindern.

Aufgabe der Kommission ist es nun, einen Bericht vorzulegen, in dem die Auswirkungen der Übergangszeiten in den ersten beiden Jahren untersucht werden. Unser Ziel besteht darin, einen Bericht zu erarbeiten, der glaubhaft und methodisch absolut zuverlässig ist, und der auch alle Umstände berücksichtigt, einschließlich der Tatsache, dass einige Länder mit den neuen Mitgliedstaaten eine gemeinsame Grenze haben. Ich kann Ihnen versichern, dass ich diesem Bericht großen Wert beimesse. Einerseits soll er eine zuverlässige Grundlage für die Entscheidungsfindung in einer solch heiklen Frage sein, doch andererseits muss er auch als Ausgangsbasis für die weitere Arbeit und Evaluierungen in drei Jahren dienen. Auch dann werden Entscheidungen wiederum in Übereinstimmung mit dem Vertrag getroffen, da seit Beginn der Übergangszeit fünf Jahre vergangen sein werden. Außerdem werden wir wesentlich weniger Spielraum als nach lediglich zwei Jahren haben. Unsere Absicht, um nicht zu sagen unser oberstes Anliegen, ist es, allen maßgeblichen Umständen im Zusammenhang mit dieser sensitiven Frage die gebührende Beachtung zu schenken, und dazu zählt auch die geografische Lage der einzelnen Länder.

 
  
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  Manfred Weber (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Ich möchte mich ganz herzlich beim Kommissar für die Ausführungen und auch für den Hinweis darauf bedanken, dass es ein ausgewogener Bericht werden soll. Ich möchte die Frage anschließen, warum in den öffentlichen Äußerungen von Ihnen und von Ihrem Haus schon das Signal der Vorfestlegung ausgegangen ist und man die Freizügigkeit so schnell herstellen will.

Wir sind uns alle einig im Ziel der Freizügigkeit, und sie ist ein Grundprinzip der Europäischen Union, zu dem wir auch stehen. Es geht aber um das Ernstnehmen der Sorgen aller Seiten, die davon betroffen sind. Deswegen noch einmal die Nachfrage: Warum wurde diese Vorfestlegung von Ihnen so getroffen?

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission.  (CS) In gewissem Sinne bin ich auf diese Frage bereits in meiner vorigen Antwort eingegangen, doch ich denke, sie ist so wichtig, dass sie eine noch ausführlichere Antwort verdient. Im Beitrittsvertrag wurden die Übergangszeiten in Abschnitte unter der Voraussetzung unterteilt, dass jeweils eine gründliche Bewertung erfolgt. Ziel dieser Zwischenstufen ist es, die Übergangszeiten zu beenden, und je schneller das erfolgt, desto besser ist es. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu den wichtigsten Triebkräften des Wirtschaftswachstums in der Europäischen Union gehört, und damit meine ich auch die Schaffung von Arbeitsplätzen. Daher ist dies auch eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse.

Andererseits ist mir aber auch bewusst, dass es sich hier um ein höchst heikles Thema handelt. Ich möchte nochmals betonen, dass unser Ziel darin besteht, einen Bericht vorzulegen, der als zuverlässig angesehen werden kann. Damit meine ich, dass er methodisch gesehen über jeden Tadel erhaben sein soll. Natürlich werden die einzelnen Länder ausgehend vom Vertrag ihre eigenen Entscheidungen treffen, und sie können auf der Grundlage der Fakten entscheiden, was für sie gut und richtig ist. Die Kommission hat keinesfalls die Absicht, den Zusammenbruch des Arbeitsmarktes in irgendeinem Land herbeizuführen oder ihn zu vernichten. Ziel der Beitrittsverträge ist es vielmehr, einen gemeinsamen Markt zu schaffen und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb dieses gemeinsamen Marktes zu erreichen, da dies zu den vier wichtigsten Werten gehört, die in der Europäischen Union geachtet werden und die das Konzept der europäischen Integration untermauern. Daher bin ich auch der Meinung, dass wir entsprechend schnell handeln sollten und nach Abwägung aller maßgeblichen Informationen den notwendigen Mut aufbringen sollten. Selbstredend liegt die Verantwortung für diese Entscheidung bei den Regierungen.

 
  
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  Claude Moraes (PSE) . – (EN) Vielen Dank, Herr Kommissar, dass Sie sich erneut dem Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer verpflichtet haben. Ich stimme Ihnen da auf ganzer Linie zu.

Ich möchte Sie jedoch fragen, ob Sie den Beschluss des Vereinigten Königreichs und anderer Länder vom Standpunkt der Kommission aus untersuchen oder analysieren werden, wonach diese Länder, anders als die Staaten, die Beschränkungen einführen, ihre Arbeitsmärkte unverzüglich öffnen wollen und so die Freizügigkeit der betreffenden Arbeitnehmer gewährleisten. Haben Sie Pläne in diese Richtung und könnten Sie uns sagen, ob diese Idee sich in die Tat umsetzen lässt?

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission.  (CS) Es steht außer Frage, dass die vom Vereinigten Königreich, Irland und Schweden gemachten Erfahrungen wertvolle Informationen darstellen, wenn es darum geht, die Auswirkungen der Beendigung oder Nichtanwendung von Übergangszeiten einzuschätzen. Diese Erfahrungen müssen sorgfältig ausgewertet werden, und dazu könnten sich durchaus Untersuchungen erforderlich machen.

 
  
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  Die Präsidentin. Da die für die Fragestunde vorgesehene Redezeit erschöpft ist, werden die Anfragen Nr. 56 bis 90 schriftlich beantwortet.(3)

Die Fragestunde ist damit geschlossen.

(Die Sitzung wird um 20.15 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: JACEK EMIL SARYUSZ-WOLSKI
Vizepräsident

 
  

(1) Für nicht behandelte Anfragen siehe Anlage „Fragestunde“.
(2)Für nicht behandelte Anfragen siehe Anlage „Fragestunde“.
(3) Für nicht behandelte Anfragen siehe Anlage „Fragestunde”.

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