Präsident. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über
- den Bericht von Rebecca Harms im Namen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Durchführung des Protokolls Nr. 9 über das Kernkraftwerk Bohunice V1 in der Slowakischen Republik zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik (KOM(2004)0642 - C6-0205/2004 - 2004/0221(CNS)) (A6-0282/2005) und
- den Bericht von Rebecca Harms im Namen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie über die Verwendung der finanziellen Ressourcen für die Stilllegung von Leistungsreaktoren (2005/2027(INI)) (A6-0279/2005).
Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Lassen Sie mich zuallererst diese Gelegenheit nutzen, um Frau Harms herzlich für die exzellenten Berichte zu danken, die sie zu den heute zur Debatte stehenden Themen erarbeitet hat. Ich möchte auch meine Anerkennung für die Qualität der Debatten zum Ausdruck bringen, die im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie stattgefunden haben. Die Vorschläge der Kommission und in gewissem Maße die heutige Diskussion würde ich gern in einen größeren Zusammenhang stellen.
Wir stehen wahrscheinlich am Anfang einer lang anhaltenden Periode hoher Öl- und Gaspreise auf den internationalen Märkten, mit einer drastisch ansteigenden Nachfrage weltweit. Auf diese neue Lage müssen wir mit entschlossenen und ehrgeizigen Schritten reagieren. Wir haben bereits den Fünf-Punkte-Plan in früheren Aussprachen mit Ihnen erörtert. Unmittelbare Handlungsmöglichkeiten ergeben sich für die EU auf der Nachfrageseite, da die Europäische Union hier den größten Gestaltungsspielraum hat.
Was die Energieversorgung betrifft, so möchte ich darauf hinweisen, dass die Wahl des Energieträgers bei den einzelnen Mitgliedstaaten liegt. Es ist ihre individuelle Entscheidung, welchen Energiemix sie bevorzugen, wobei natürlich der von der Europäischen Union vorgegebene Rahmen, wie etwa die Verpflichtungen zur Verringerung der CO2-Emissionen oder die Förderung erneuerbarer Energien, einzuhalten ist.
Mit Kernenergie wird heute ein Drittel des Stroms in der Europäischen Union erzeugt. Die Rolle der Kernenergie ist eng verknüpft mit einer durchdachten Strategie für die Sicherheit von Kernmaterial und die Nichtverbreitung, den Strahlenschutz, die nukleare Sicherheit, die sichere Entsorgung nuklearer Abfälle und die sichere Stilllegung kerntechnischer Anlagen. Es wird heute Abend wohlgemerkt nicht um Kernkraftwerke gehen, sondern um die Stilllegung kerntechnischer Anlagen; hierbei geht es entweder um das Ende ihrer Laufzeit oder um Kraftwerke in den neuen Mitgliedstaaten, die nicht zu erschwinglichen Kosten aufgerüstet werden könnten.
Die Finanzierung der Stilllegung ist eine komplizierte Angelegenheit, für die es in den Mitgliedstaaten verschiedene Konzepte gibt, wie festgestellt wurde. Die Kommission hat ihren Bericht über die Stilllegung vorgelegt, der heute auf Wunsch des Europäischen Parlaments erörtert wird. Darin hat sie eingeräumt, dass ein erhöhtes Maß an Transparenz und Harmonisierung bei der Verwaltung der benötigten Finanzmittel erforderlich ist. Deshalb beabsichtigt die Kommission, Empfehlungen für Finanzierungsregelungen anzunehmen, die für die Stilllegung bestimmt sind.
Dank der im Laufe des Jahres 2005 aufgenommenen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und der fruchtbaren Diskussionen, die mit dem Europäischen Parlament zum Thema Stilllegungsregelungen eingeleitet wurden, werden nun signifikante Fortschritte auf diesem Gebiet möglich sein.
Was die konkrete Frage der Stilllegung von Bohunice angeht, so gibt das Beitrittsprotokoll den Rahmen für die vorzeitige Abschaltung des Kraftwerks vor. Die Unterstützung, die zur Gewährleistung der vorzeitigen Abschaltung der beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Bohunice gewährt werden soll, ist ein Ausdruck der Solidarität der Gemeinschaft mit der slowakischen Republik und unterstreicht, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten die beachtlichen Herausforderungen, die eine solche vorzeitige Schließung bedeutet, anerkennt.
Die Kommission hat die Aufgabe, die Einhaltung der Stilllegungsverpflichtungen zu überwachen und mithilfe der hierzu verfügbaren Mechanismen entsprechend Unterstützung zu leisten. Dies haben wir bei den Zusagen für die jährlichen Beihilfen in den Jahren 2004 und 2005 so gehandhabt, und ich sehe auch in Bezug auf den Beitrag für 2006 keinerlei Schwierigkeiten.
Das mit dem Beitrittsvertrag verbundene Protokoll enthält die Feststellung, dass die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Stilllegung noch über mehrere Jahre fortgesetzt werden müssen und sie eine beträchtliche finanzielle Belastung für die Slowakei darstellen würden. Deshalb wird dies bei den Beschlüssen über die Finanzhilfen der EU nach 2006 berücksichtigt.
Vor diesem Hintergrund und in dem Bestreben, ihre Vorschläge für die nächste Finanzielle Vorausschau vorlegen zu können, hat die Kommission den Entwurf einer Verordnung vorbereitet, zu der Sie nun konsultiert werden. Wir hielten es für notwendig, weiter Unterstützung zu leisten, denn die Kommission räumt ein, dass es sich bei der Stilllegung um einen Prozess handelt. Die Höhe der Unterstützung in unserem Vorschlag orientiert sich an der Unterstützung, die bereits bei den Beitrittsverhandlungen in Protokoll Nr. 9 vereinbart wurde. Der Betrag von 237 Millionen Euro geht in die Finanzielle Vorausschau ein, über die gegenwärtig verhandelt wird. Die Kommission behält sich ihren Standpunkt zu jedweder Änderung einer Finanzierung vor, die Teil der Finanziellen Vorausschau ist.
Ich hoffe, dass mit diesen kurzen Bemerkungen zu den beiden zur Debatte stehenden Berichten ein wenig der Rahmen abgesteckt und erläutert wurde, in welchem Geist und mit welchen Zielen die Vorschläge der Kommission erarbeitet und angenommen wurden.
Rebecca Harms (Verts/ALE), Berichterstatterin. – Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Berichte, die ich heute Nacht vorstelle, betreffen die Finanzierung des Rückbaus von Atomkraftwerken im Allgemeinen und in einem konkreten Fall. Ich bedaure sehr, dass wir dieses Thema spät nachts diskutieren, denn tatsächlich ist die Sache insgesamt so verfahren und so ernst, dass ich mir das ganze helle Licht des Tages wünschte und volle Aufmerksamkeit für das Problem, wie wir sie in der Debatte hier derzeit nur für das Thema REACH haben.
Die Kommission hat uns in diesem Jahr eine erste Mitteilung vorgelegt über die Vorbereitung zur Finanzierung des Rückbaus und der Entsorgung von Atomanlagen in den Mitgliedstaaten, in denen Atomkraftwerke betrieben werden.
Diese Mitteilung ist – gelinde gesagt – lückenhaft. Für diese Lücken ist aber ausnahmsweise einmal nicht die Kommission verantwortlich, sondern die Regierungen der Mitgliedstaaten, die bis heute nur sehr ungern die Wahrheit über die Alt- und die Zukunftslasten der Atomindustrie bekannt machen.
Die Mitteilung der Kommission zeigt mir, wie wenig bisher das Prinzip „der Verursacher zahlt“ für die Atomindustrie in Europa gilt. Fonds, in denen ausreichend Gelder vorhanden sind, um den Rückbau der Atomkraftwerke und die Lagerung des gesamten Atommülls zu finanzieren, sind in Europa leider die Ausnahme und überhaupt nicht die Regel. In der Vernachlässigung der Rückstellungen für die Entsorgung ähneln erstaunlicherweise die östlichen Mitgliedstaaten den westlichen Mitgliedstaaten viel mehr, als uns allen lieb sein kann. In Frankreich – der führenden Atomnation der Europäischen Union – geht der Rechnungshof davon aus, dass der Steuerzahler eines Tages für die Lasten der EDF – also der Atomindustrie – wird aufkommen müssen. In England hat der Staat – also der Steuerzahler – die Anschubfinanzierung für den Entsorgungsfonds übernommen: 1,5 Milliarden Euro, wenn wir von Schätzungen der Kommission ausgehen. Und es muss auch nicht unbedingt das letzte Mal gewesen sein, dass die englische Atomindustrie dem Bürger in die Tasche gegriffen hat. Die Kosten für den Rückbau eines Atomkraftwerks werden von 200 Millionen Euro bis zu 1 Milliarde Euro geschätzt. Sie können sich also ausmalen, was da noch kommen kann.
Um die finanzielle Dimension des ganzen Problems deutlich zu machen: In Europa werden heute 149 Atomkraftwerke betrieben, und angesichts ihres Alters und ihres technischen Zustandes geht die Kommission davon aus, dass in den nächsten 20 Jahren 50 bis 60 dieser Reaktoren vom Netz gehen müssen. Für den Rückbau und die Entsorgung ist in den allermeisten Fällen bisher nicht ausreichend oder auch gar nicht vorgesorgt.
Wann und wie allerdings mit dem Rückbau eines Atomkraftwerks nach der Abschaltung begonnen wird, wie die Entsorgung organisiert wird, das ist auch nach der eigentlichen Abschaltung von zentraler Bedeutung für die Vermeidung von radioaktiver Belastung der Umwelt, der Anwohner oder auch der Arbeitnehmer, die mit dem Rückbau beauftragt werden. Diese Entscheidung, wie und wann man zurückbaut, darf meiner Meinung nach – und ich denke auch nach Meinung derer, die verantwortlich Umweltpolitik machen wollen – sich allein an der Sicherheit orientieren, und die Sicherheit darf auf keinen Fall hinter finanziellen Interessen der Atomindustrie zurückstehen.
Diese ganze Angelegenheit wird sehr teuer, und dieses ganze Geld, das derzeit überhaupt noch nicht verfügbar ist, muss eben nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern möglicherweise über viele Jahrzehnte andauernd verfügbar sein. Angesichts von Pleiten und Konkursen in Wirtschaft und Industrie, angesichts des wachsenden Hungers der internationalen Hedgefonds auch nach europäischen Unternehmen, kann ich die Kommission eigentlich nur ermutigen, den Mitgliedstaaten Dampf zu machen, damit sie die Atomindustrie endlich dazu bringen, ihre Lasten, die sie produzieren, auch finanziell zu bewältigen. Dafür müssen meiner Meinung nach tatsächlich Fonds gebildet werden.
Wir können zum Beispiel in Deutschland heute davon ausgehen, dass 30 Milliarden Euro von der Atomindustrie tatsächlich zurückgestellt wurden. Wo diese Gelder sich derzeit befinden, kann man allerdings nicht sagen, weil diese Summe – 30 Milliarden, immerhin so viel wie das Bruttosozialprodukt aller baltischen Staaten in einem Jahr zusammen genommen – für Einkaufstouren innerhalb und außerhalb unseres Kontinents genutzt wird. Man kauft gerne andere Energieversorgungsunternehmen auf, man kauft aber auch gern im Wasserbereich oder in der Telekommunikation – eigentlich in allen Branchen mit Netzcharakter. Das Geld muss arbeiten, höre ich immer, wenn wir uns darüber auseinandersetzen. Aber auch in Deutschland kann mir derzeit niemand garantieren, dass die Milliarden, die wir im Jahre 2030, 2040 oder 2050 brauchen werden, dann tatsächlich auch verfügbar sein werden. Ich bin der Meinung, dass wir uns einerseits für eine sichere Verfügbarkeit der Entsorgungsmittel einsetzen müssen, ich bin andererseits der Auffassung, dass der marktverzerrenden, wettbewerbsverzerrenden Nutzung dieser Rückstellungsmittel, die ja einmal mit dem Zweck der Rückstellung geschaffen worden sind, beim Stromkunden abgeholt worden sind, Einhalt geboten werden muss.
Mit diesem Kompromisstext, den ich heute mit meinem Initiativbericht hier im Plenarsaal vorstelle und über den wir morgen abstimmen werden, möchte ich eigentlich die Kommission ermutigen, gegen die Missstände im Bereich der Entsorgungsrückstellungen vorzugehen. Ich bin bis heute von der Richtigkeit der nationalen Verantwortung für den Atommüll überzeugt. Ich bin aber genauso davon überzeugt, dass in Europa einheitliche, strenge Kriterien für die Einrichtung von Fonds durch die Unternehmen fehlen. Das Prinzip „Polluter pays“ muss meiner Meinung nach durchgesetzt werden. Die finanzielle Vorsorge für Rückbau und Entsorgung muss sich außerdem an höchsten Sicherheitsstandards orientieren. Entsorgungsfonds auf der Unternehmensebene, die nicht mit dem allgemeinen Budget vermengt werden und die außerdem von außen kontrolliert werden, würden einerseits für mehr nukleare Sicherheit sorgen, und gleichzeitig würden wir vermeiden, dass die Atomindustrie immer wieder öffentliche Gelder regelrecht abzockt.
Schade, dass wir uns im Ausschuss zwar schon über die Richtung geeinigt haben, die die Entsorgungsrückstellungen nehmen müssten, dass wir uns aber im Detail nicht einigen konnten, einen Kriterienkatalog zu beschließen, den wir der Kommission bei ihrem hoffentlich engagierten Vorgehen in meinem Sinne mit auf den Weg geben könnten. Wenn Sie das noch wollen, meine Damen und Herren, dann unterstützen Sie die Änderungsanträge, die meine Fraktion vorlegt, um das zu ermöglichen, was ich Ihnen eben vorgeschlagen habe.
Konkret behandeln wir heute aber nicht nur die Rückstellungen im Allgemeinen, sondern ausdrücklich das Problem des Rückbaus des Atomkraftwerkes Bohunice. Wegen Sicherheitsmängeln, die durch technische Nachrüstung nicht zu beheben sind, wurde in Bohunice die Stilllegung beschlossen. Im Rahmen des PHARE-Programms der Europäischen Union wurden bis 2006 im Zusammenhang mit der Stilllegung von Bohunice bereits 240 Millionen Euro EU-Gelder an die Slowakei gezahlt. Diese Gelder sollen der Sicherheit rund um Bohunice dienen und auch einen finanziellen Ausgleich für die vorzeitige Stilllegung gewährleisten. Die Kommission schlägt nach dieser ersten Zahlung nun weitere 237 Millionen Euro für Stilllegungsmaßnahmen und Ersatz vor. Ich halte diesen Vorschlag nach dem, was mir über die Kosten für Stilllegungs- und Entsorgungsmaßnahmen bekannt ist, für angemessen.
Ich lehne aber die vorgeschlagene Erhöhung der Mittel – von links und rechts dieses Hauses gibt es da Initiativen – auf 400 Millionen Euro ausdrücklich ab. Falsche Versprechungen helfen uns weder bei der Akzeptanz der europäischen Politik noch bei der Gewährleistung von Sicherheit in Bohunice. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die von der Kommission als notwendig angesehenen Mittel fließen. Ich werde mich dafür auch im Rahmen der Auseinandersetzungen um die Finanzielle Vorausschau einsetzen und im Rahmen der Haushaltsdebatten der nächsten Perioden. Aber ich werde mich gleichzeitig dafür einsetzen, dass die Verwendung dieser Mittel, wenn wir sie denn zahlen können – das hängt ja noch von der Finanziellen Vorausschau ab –, tatsächlich der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in der Slowakei und in der EU zu Gute kommt. Ich werde mich entschieden dagegen stellen, dass Unternehmen wie Slovenské Elektrárne oder ENEL in Italien mit diesem Geld neue Atomkraftwerke bauen.
Als Berichterstatterin und als Atomkraftgegnerin hätte ich Ihnen gerne empfohlen, den Änderungsantrag Nr. 18 der EVP-Fraktion zu unterstützen, der auch den Kommissionsvorschlag unterstützt hat, was die Höhe der Mittel angeht. Leider ist dieser Antrag zurückgezogen worden. Ich empfehle Ihnen deshalb, wenn Sie realistisch und ehrlich in der Slowakei handeln wollen, morgen gegen den Änderungsantrag Nr. 12 zu stimmen und sich dafür einzusetzen, dass der vernünftige Vorschlag von Kommissar Piebalgs verwirklicht wird.
Ján Hudacký, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (SK) Es ist unbestritten, dass sich die Slowakei unter dem politischen Druck seitens der Europäischen Union während der Beitrittsverhandlungen zu einer vorzeitigen Schließung ihres Kernkraftwerkes in Jaslovske Bohunice bereit erklärt hat, obwohl die Anlage nach der Modernisierung der Gesamtheit der Sicherheitssysteme nunmehr alle Sicherheitsstandards erfüllt. Dies wird von der Internationalen Atomenergie-Organisation bestätigt. Allein die Kosten für die Modernisierung beliefen sich auf 250 Millionen Euro. Andererseits hat sich die Europäische Union verpflichtet, einen Teil der Kosten zu übernehmen. Für den Zeitraum 2007-2013 hat die Kommission dafür einen Finanzbeitrag von 237 Millionen Euro vorgeschlagen, der jedoch weit hinter den Gesamtkosten zurückbleibt, die aus den jüngsten von der slowakischen Regierung vorgelegten Studien hervorgehen.
Die Kommission stützte ihre Berechnung der Rückbaukosten und dem daraus resultierenden Umfang ihres Beitrags auf veraltete und recht fragwürdige Methoden und hat dabei lediglich den Stilllegungsprozess selbst berücksichtigt. Auf Basis der jüngsten Studien belaufen sich die direkten Gesamtkosten auf 1,3 Milliarden Euro, die indirekten Kosten auf 1,8 Milliarden Euro und die Verluste aufgrund der Einstellung der Energieerzeugung auf 1,5 Milliarden Euro, wenn man von einer weiteren Lebensdauer der Anlage bis 2015 ausgeht.
Die Gesamtkosten einschließlich des Energieerzeugungsverlusts erreichen somit 4,6 Milliarden Euro. Unter Berücksichtigung dieser Fakten hat der parlamentarische Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie in seinem überarbeiteten Bericht vorgeschlagen, den Finanzbeitrag der EU für 2007-2013 auf 400 Millionen Euro aufzustocken. Dieser Vorschlag stellt auch für die Regierung der Slowakischen Republik einen positiven Kompromiss dar, die eine Finanzhilfe von etwa 700 Millionen Euro beantragt hatte. Ich bin mir der komplizierten Situation im Zusammenhang mit der nicht erfolgten Einigung der EU über einen Haushalt für 2007-2013 durchaus bewusst. Das Drängen der meisten Mitgliedstaaten auf Haushaltskürzungen ist groß und oftmals berechtigt. Dennoch kann die Slowakei nicht die Sicherheit ihrer Bevölkerung aufs Spiel setzen und benötigt ausreichende finanzielle Mittel, um mit dem sicheren Rückbau zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beginnen.
In einer Zeit, in der der Energiesektor in eine immer größere Krise gerät und der Stromverbrauch steigt, fehlte es bei der Entscheidung, auf die vorzeitige Stilllegung einer sicheren Nuklearanlage zu drängen, vielleicht an Weitblick. Die Slowakei wird dadurch 19 % ihrer Energieerzeugungskapazität verlieren und in naher Zukunft höchstwahrscheinlich von Stromimporten abhängig werden. Dennoch betrachten einige in Europa dieses Ergebnis offenbar als befriedigend. Jeder muss für seine Fehler bezahlen, doch dieses Mal werden wir alle draufzahlen müssen. Ich hoffe, dass in der Zukunft entsprechende Lehren aus solch absurden Irrtümern gezogen werden.
Edit Herczog, im Namen der PSE-Fraktion. – (HU) Herr Präsident! Ich begrüße den Bericht von Frau Harms, möchte Sie jedoch gleichzeitig darin erinnern, dass es in der heutigen Aussprache nicht um Argumente für oder gegen die Kernkraft geht; es muss in erster Linie um die Sicherheit gehen. Dazu gehören einerseits die nukleare Sicherheit und andererseits die Sicherheit der Energieversorgung.
Wir sind uns alle der äußerst hohen Kosten bewusst, die die sichere und fachgerechte Stilllegung von Atomkraftwerken nach sich zieht. Ich bin davon überzeugt, dass alle europäischen Organe, die Kommission, das Parlament und jeder Abgeordnete dieses Hauses zustimmen, dass wir nicht sparen dürfen, wenn es um die nukleare Sicherheit geht. Neben dem Verursacherprinzip müssen wir folglich Raum für den Satz „Sicherheit hat ihren Preis“ schaffen.
Besonders wichtig erscheint mir, dass die Europäische Union die Selbstlosigkeit der Slowakei in dieser Angelegenheit würdigen muss. Die Slowakei musste der Stilllegung zweier Blöcke des Kernkraftwerks Bohunice zustimmen, als diese Forderung als beinahe unverrückbare Bedingung in den allerletzten Phasen des Beitrittsprozesses hinzugefügt wurde. Es war uns klar, dass dies mit einem Verlust an Erzeugungskapazität einhergehen würde, ein Engpass, den die Slowakei mit neuen Investitionen und Importen würde beheben müssen.
Da, wo ich herkomme, gibt es auch ein Sprichwort „Wer zahlt, darf auch bestimmen“. In diesem Sinne ist ohne jeden Zweifel nachvollziehbar, wenn die Slowakei von dem europäischen Organ fordert, dass ihr eine sichere Stilllegung des Kraftwerks ermöglicht wird.
Meines Erachtens finden sich in den Grundsätzen und der Politik der Europäischen Union zumindest drei Elemente, die eine Unterstützung der Stilllegung aus europäischen Mitteln ausreichend rechtfertigen. Beim ersten handelt es sich um den Grundsatz des sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalts zwischen den Mitgliedstaaten. Die Slowakei ist um der Europäischen Union willen eine große Verpflichtung eingegangen, und sie erfüllt diese, kann jedoch nicht über ihre eigenen Grenzen, ihren Stand der wirtschaftlichen Entwicklung hinausgehen.
Das zweite ist das der Sicherheit der Energieversorgung, auf die die privaten und gewerblichen Verbraucher in der Slowakei ebenso ein Recht haben wie die Verbraucher in jedem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir vor nicht allzu langer Zeit eine Entschließung angenommen haben, in der ein Anteil von 20 % für erneuerbare Energieträger am EU-Gesamtenergieverbrauch bis 2020 gefordert wurde; daher ist die Situation heute nicht dieselbe wie in der Vergangenheit.
Beim dritten Element geht es um die Bekämpfung der Energieabhängigkeit. Eine frühzeitige Schließung rentabler Energieerzeugungskapazitäten kann in dieser Hinsicht nur helfen, wenn sie durch effizientere und sparsamere Kapazitäten ersetzt werden. Aufgrund all dieser Punkte fordere ich Sie auf, Änderungsantrag 16 zu unterstützen, mit dem dieses Ziel verfolgt wird.
Fiona Hall, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Was den konkreten Fall der Reaktoren 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 angeht, so haben beide Berichterstatter in der slowakischen Regierung eine Schätzung vorgelegt, wonach sich die Gesamtkosten für die Stilllegung der beiden Blöcke wohl auf 750 Millionen Euro belaufen dürften. So gesehen erscheint der Vorschlag der Kommission für einen Finanzrahmen von 237 Millionen Euro für den Zeitraum von 2007 bis 2013 vielleicht etwas dürftig, doch gibt es zwei sehr gute Gründe, die für eine Beibehaltung dieses Betrags von 237 Millionen Euro sprechen.
Erstens: Auch wenn Block 1 im Jahr 2006 abgeschaltet werden soll, werden größere bauliche Stilllegungsmaßnahmen nicht beginnen, bevor Block 2 im Jahr 2008 abgeschaltet wird. 237 Millionen Euro sind eine beachtliche Summe für die ersten fünf Jahre eines Stilllegungszeitraums, der sich wohl über 30 Jahre erstrecken dürfte.
Zweitens würde bei einer Aufstockung des Betrags der vom Parlament bereits beschlossene Haushalt zu einer Farce geraten. Wir wissen, dass wir politisch gesehen in eine äußerst heikle Phase eintreten, was die Finanzielle Vorausschau betrifft, und da ist es nicht hilfreich, wenn das Parlament zuerst das eine beschließt und dann gleich wieder etwas anderes. Wir haben die Abstimmung über den Haushalt zu respektieren. Auch sollten wir nicht versuchen, über 2013 hinaus haushaltspolitische Tatsachen zu schaffen.
Die Debatte über mögliche weitere Mittel für Bohunice sollte im Rahmen der nächsten Runde der Haushaltsberatungen stattfinden und sich daran orientieren, was bei der Stilllegung bis dahin geschehen ist. Es ist allerdings verständlich, dass die slowakischen Behörden wissen wollen, wo sie bei der Finanzierung im Rahmen der Finanziellen Vorausschau 2006-2013 stehen, sodass die Gesamtsumme von 237 Millionen Euro nun für diesen Zeitraum ohne weitere Änderungen festgelegt werden muss, auch wenn die jährliche Zuweisung schwanken darf.
Was die Frage der Stilllegung insgesamt betrifft, so besteht die wesentliche Aufgabe darin, sicherzustellen, dass einerseits genug Geld zur sicheren Stilllegung der Kernkraftwerke zur Verfügung steht, und andererseits die Finanzierung der Stilllegung nicht zu einer staatlichen Beihilfe über die Hintertür wird. In diesem Zusammenhang ist Ziffer 5 des Berichts von Bedeutung. Es ist Aufgabe der Atomindustrie – und nicht der Regierungen –, rechtzeitig Vorkehrungen für die Stilllegung zu treffen und dafür zu sorgen hat, dass die gesamten Kosten von Beginn an in der Bilanz ausgewiesen werden. Es ist schon zu oft vorgekommen, dass sich die Atomindustrie bei den Beträgen verrechnet und dann um finanzielle Unterstützung gebettelt hat. Das ist nicht hinnehmbar, denn wenn es die Atomindustrie nicht schafft, bei den Stilllegungskosten entsprechend vorzusorgen, verzerrt das den Wettbewerb. Wenn die Entsorgungskosten nicht vernünftig eingerechnet werden, dann scheint Atomstrom viel günstiger zu sein, als er es wirklich ist. Hoffentlich wird die Kommission dafür sorgen, dass ein solches wettbewerbswidriges Verhalten in Zukunft nicht mehr erlaubt ist.
Esko Seppänen, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FI) Herr Präsident, im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie haben wir uns entschlossen, einen Initiativbericht über die Verwendung der für die Stilllegung von Atomkraftwerken vorgesehenen Finanzmittel einzubringen. Grund dafür war, dass die Verwaltung dieser Mittel Teil eines Gesamtpakets zur Atomsicherheit ist, zu dem das Parlament eine Stellungnahme angenommen hat, zu dem aber im Rat keine Einigung erzielt wurde.
Von der Kommission erwarten wir, dass sie in dieser Angelegenheit einen neuen Richtlinienvorschlag vorlegt. Darin sollte gewährleistet werden, dass der Rückbau von Atomkraftwerken sicher erfolgt und ausreichend Mittel dafür zur Verfügung stehen, die Reaktoren für tausende von Jahren von der Umwelt abzuschotten.
Die Verwaltung der Stilllegungsmittel sollte grundsätzlich in die Zuständigkeiten der einzelnen Behörden fallen. Dennoch könnten wir uns auf die Aufstellung gemeinsamer Regeln verständigen und dies damit begründen, dass das Herunterfahren von Atomkraftwerken Auswirkungen auf die Sicherheit der Beschäftigten und die Gesundheit von Menschen über nationale Grenzen hinweg hat. Ein möglicherweise auftretendes Problem wird sich immer über Staatsgrenzen hinweg auswirken.
Leider können wir nicht viel Vertrauen dahingehend haben, dass alle Mitgliedstaaten Rückstellungen bilden, damit wir ganz sicher sein können, dass noch für viele kommende Generationen ausreichend Geld zur Verfügung steht. Ein Indiz dafür ist die Stilllegung des Atomkraftwerks Bohunice, ganz zu schweigen von Ingalina. Dafür brauchen wir eine EU-Finanzierung. Wenn die Mittel für den Rückbau nicht vollständig über den Strompreis eingenommen werden, dann führt das zu einer Verzerrung des Wettbewerbs auf dem Strommarkt. In diesem Sinne haben diese Mittel auch Auswirkungen auf den Binnenmarkt. In Atomkraftwerken erzeugter Strom sollte nicht einfach deshalb billig sein, weil die Kosten für den Rückbau der Kraftwerke auf die kommenden Generationen verlagert werden.
Die Berichterstatterin, Frau Harms, hat eine gewissenhafte Arbeit geleistet, indem sie, in Form dieser Berichte, eine Botschaft an die Kommission sendet, in der sie diese auffordert, eine neue Richtlinie auszuarbeiten.
Nils Lundgren, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Betrieb und Stilllegung von Kernkraftwerken in Europa können grenzüberschreitende Auswirkungen haben. Daher müssen sie, im Gegensatz zu den meisten anderen Bereichen, auf Gemeinschaftsebene kontrolliert werden. Die Kernkraft gleicht jedoch anderen verarbeitenden Branchen. Die technischen Entwicklungen führen oft zur Verlängerung der Lebensdauer von Reaktoren. In Zukunft können vielleicht sogar Reaktordruckbehälter ausgetauscht werden. Wir können daher nicht mit Sicherheit sagen, wann ein Reaktor stillgelegt werden muss. Bei den inzwischen durchschnittlich 25 Jahre alten schwedischen Reaktoren wird die Leistung jetzt deutlich angehoben und daher davon ausgegangen, dass ihre verbleibende Betriebsdauer noch beachtlich ist.
Natürlich ist eine Stilllegung mit Kosten verbunden, für die Mittel bereitgestellt werden müssen. In meinem Heimatland Schweden, wo etwa die Hälfte der Elektroenergie durch Kernreaktoren erzeugt wird, wurde die entsprechende Finanzierung von Anfang an sichergestellt. Ich denke, wir können davon ausgehen, dass dies in allen demokratischen Ländern so ist. Detaillierte bürokratische Vorschriften für die Überwachung dieses Prozesses sind daher nicht nötig. Es mutet nachgerade absurd an, dass Technokraten in Brüssel nötig sein sollen, damit sie erfahrene Kernkraftexperten in den Mitgliedstaaten bevormunden. Die Regierungen und Behörden der Mitgliedstaaten unterliegen einer demokratischen Kontrolle und können die Bürger keinen Gefahren aussetzen.
Es ist jedoch offensichtlich, dass die Mitgliedstaaten, in denen früher undemokratische kommunistische Regimes geherrscht haben, sich in einer gänzlich anderen Situation befinden. Ihre Reaktoren entstammen einer anderen Sicherheitskultur, in der größere Risiken eingegangen wurden und keine ausreichenden finanziellen Rückstellungen für die Stilllegung erfolgten. Es wäre ein deutliches Zeichen der Solidarität vonseiten der reicheren Mitgliedstaaten, wenn diese hierfür Mittel bereitstellten. Aber wie viel? Da die Finanzielle Vorausschau nicht angenommen wurde, sollte die Finanzhilfe für Bohunice V1 in der Slowakei nach Ansicht der Juniliste zunächst auf den von der Kommission vorgeschlagenen Betrag in Höhe von 237 Millionen Euro für den Zeitraum 2007–2013 festgelegt werden. Damit würden wir uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu Beihilfen aus dem Gemeinschaftshaushalt für die Zeit danach verpflichten.
Umberto Pirilli, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Diese Debatte ist von strategischer Bedeutung für die Politik der Europäischen Union. Die Probleme, die wir zu erörtern haben, betreffen das Kernkraftwerk Bohunice in der Slowakischen Republik und damit verbunden die Verwendung der finanziellen Ressourcen für die Stilllegung von Leistungsreaktoren.
Das erste Problem berührt die Anwendung des Protokolls Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik. Artikel 3 dieses Protokolls sieht die Fortführung der Finanzhilfe für die Stilllegung der Reaktoren 1 und 2 des Kraftwerks Bohunice vor. Unserer Auffassung nach müssen die größtmöglichen finanziellen Anstrengungen unternommen werden, um die Reaktoren 1 und 2 in Bohunice im Rahmen ihres Abschaltens sicher zu machen.
Das Problem, das ich herausstellen möchte, betrifft jedoch die Sicherheit auf unserem gesamten Kontinent und die damit verbundene Frage, wie diese Sicherheit Hand in Hand mit einer geeigneten und wirksamen Energieversorgungspolitik angestrebt werden kann, die angesichts der Herausforderungen der Innovation und Entwicklung eine entsprechende finanzielle Wettbewerbsfähigkeit des Systems Europa gewährleisten muss.
Heute gibt es in Europa 155 aktive Leistungsreaktoren, die in den nächsten Jahren zu mindestens einem Drittel vom Netz genommen werden sollen. Das Abschalten von 50 oder 60 Leistungsreaktoren wird Kosten verursachen, die sich realistisch betrachtet auf etwa 50 Milliarden Euro belaufen dürften. Da sich die meisten dieser Reaktoren in den neuen Mitgliedstaaten befinden, die folglich strukturell und finanziell weniger leistungsfähig sind, steht die Kommission zunächst vor der Aufgabe, für deren Stilllegung ein umfassendes Hilfe- und Unterstützungsprogramm zugunsten dieser Länder aufzustellen.
Ein zweites Problem beinhaltet die Notwendigkeit, eine gewissenhafte Kosten-Nutzen-Analyse der Kernkraftwerk vorzusehen, wobei diese Parameter mit den Bau- und den Stillegungskosten verglichen werden müssen, die selbstverständlich auf die durchschnittliche Funktionsdauer der Reaktoren bezogen sein müssen. Ausgehend von den Ergebnissen dieser Analyse können und müssen dann endgültige und beherzte Entscheidungen in dieser oder jener Richtung getroffen werden.
Ein letztes, nicht weniger schwerwiegendes Problem betrifft das, was außerhalb Europas geschieht. Heute sind weltweit 440 Reaktoren in Betrieb, und weitere 25 befinden sich im Bau. Nach Tschernobyl war die Weltöffentlichkeit sprachlos angesichts des schlechten Zustands und des hohen Gefährdungsgrads, der von unzähligen Reaktoren, darunter vielen in der ehemaligen Sowjetunion, für die Menschheit ausgeht.
Ist das Parlament eingedenk dessen nicht der Auffassung, der Kommission die Aufnahme von Verhandlungen mit den USA Staaten, mit Russland und allen anderen betroffenen Ländern empfehlen zu müssen, um weltweit eine Sicherheits- und Sanierungspolitik auf den Weg zu bringen?
Sergej Kozlík (NI). – (SK) Im Rahmen der Beitrittsverhandlungen veranlassten die Organe der Europäischen Union die Slowakische Republik, einer vorzeitigen Stilllegung von zwei Blöcken des Kernkraftwerkes Jaslovské Bohunice zuzustimmen, obwohl die Internationale Atomenergie-Organisation bestätigt hat, dass das Werk die Kriterien für einen sicheren Langzeitbetrieb erfüllt.
Die erzwungene – und politisch motivierte – vorzeitige Abschaltung dieser Kernanlagen wird die Energieprobleme der Slowakei und der Europäischen Union insgesamt verschärfen. Die Slowakische Republik wird die Mittel nicht aufbringen können, die für einen sicheren Rückbau der Kernanlagen erforderlich sind, auch nicht mit der finanziellen Unterstützung durch die Europäische Union in der derzeitigen Höhe. Im Vergleich dazu liegen die Kosten, die die Union für das litauische Kernkraftwerk in Ignalina veranschlagt hat, dreimal höher als die für das slowakische Werk, worüber man einmal nachdenken sollte.
Deshalb möchte ich Sie, meine Damen und Herren, bitten, sich zumindest für die Minimallösung auszusprechen, wonach die Förderung der Stilllegung der Reaktoren von Bohunice, wie vom ITRE-Ausschuss vorgeschlagen, von 237 Millionen Euro auf 400 Millionen Euro aufgestockt wird.
Romana Jordan Cizelj (PPE-DE). – (SL) Im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten möchte ich die Frage der Finanzmittel für die Stilllegung von Kernkraftwerken ansprechen.
Unsere Fraktion vertritt die Ansicht, dass Finanzmittel nach dem Verursacherprinzip bereitgestellt werden sollten. Auch sprechen wir uns dafür aus, dass diese Mittel angemessen sein und zu dem in den Stilllegungsprogrammen der einzelnen Mitgliedstaaten vorgesehenen Zeitpunkt verfügbar gemacht werden müssen. Die Bereitstellung der Mittel ist vor dem Ende der angenommenen Nutzungsdauer eines Kernkraftwerks zu sichern. Die Mittel müssen zweckgebunden verwendet, transparent verwaltet und in Übereinstimmung mit den europäischen Rechtsvorschriften zur Wettbewerbsfähigkeit eingesetzt werden.
Unsere Fraktion hält es für nicht hinnehmbar, dass sich der Rückbau aufgrund unzureichender finanzieller Mittel verzögert. Akzeptieren können wir allerdings geplante Verzögerungen über Zeiträume, in denen der anhaltende radioaktive Zerfall die Radioaktivität der Materialien und folglich die Strahlenexposition der Arbeitnehmer vermindert.
Aufgrund unserer Verantwortung für die nachfolgenden Generationen müssen wir auf europäischer Ebene einen geeigneten Mechanismus zur Überwachung und Verwaltung dieser Finanzmittel finden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass zwischen den Kompetenzen der einzelnen Mitgliedstaaten und der Europäischen Union gemäß dem Euratom-Vertrag ein ausgewogenes Verhältnis notwendig ist.
Herr Kommissar Piebalgs, mir geht es darum, dass wir unsere Praxis auf europäischer Ebene überwachen und sicherstellen müssen, dass die eingegangenen Verpflichtungen und die internationalen Standards seitens der Mitgliedstaaten und Kandidatenländer – Bulgarien und Rumänien – eingehalten werden. Gleichzeitig müssen wir auch die Entwicklungen in den Ländern aufmerksam verfolgen, mit denen Beitrittsverhandlungen begonnen haben. Damit meine ich Kroatien, das zu 50 % am Kernkraftwerk Krško (in Slowenien) beteiligt ist und gleiche Verpflichtungen wie die anderen Kernenergiestaaten eingegangen ist.
Reino Paasilinna (PSE). – (FI) Herr Präsident, Herr Kommissar! Das Problem mit der Stilllegung des Atomkraftwerks Bohunice ist dasselbe wie das bei Ingalina. Beide Anlagen befinden sich, laut der Internationalen Atomenergieorganisation, derzeit in einem Zustand, dass sie noch weiter betrieben werden könnten. Europa hat eine fortwährende Energiekrise, was zum Teil daran liegt, dass der Ölpreis auf den Märkten fortwährend willkürlich schwankt. Der Verbrauch steigt, und gleichzeitig müssen wir letztlich auch Maßnahmen zur Bekämpfung des Treibhauseffekts ergreifen.
Die neuen, kleinen Mitgliedstaaten, die nicht in ausreichendem Maße über alternative Energieformen verfügen, müssen dennoch unter dem Druck, der seit ihrem EU-Beitritt von den alten Mitgliedstaaten auf sie ausgeübt wird, ihre Kraftwerke schließen. Dieser Druck war teilweise auf die Angst und das Misstrauen gegenüber der sowjetischen Technik zurückzuführen, hatte teilweise aber auch mit der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile zu tun. Es ist recht und billig, dass die Slowakei und die anderen neuen Mitgliedstaaten, die sich in einer ähnlichen Lage befinden, ausreichende finanzielle Unterstützung zur Deckung der Stilllegungskosten erhalten. Wir schlagen 400 Millionen Euro vor. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Rückbau durch Firmen aus den großen, alten Mitgliedstaaten durchgeführt wird. Das Problem wird indessen bestehen bleiben: Unser Energieverbrauch wird weiter steigen, und die Zeit wird nicht ausreichen, die Situation mit Hilfe erneuerbarer Energien zu lösen. Der Energieverbrauch zum Kühlen hat sich beispielsweise in Schweden in den letzten zehn Jahren vervielfacht. Zum Kühlen! Zuwächse in der Erdölgewinnung werden von China geschluckt. Wir brauchen eine neue Energiepolitik.
Šarūnas Birutis (ALDE). – (LT) Unter erheblichem Druck wurden Beitrittskandidaten wie die Slowakei, Litauen und jetzt Bulgarien vor einigen Jahren bedingungslos gezwungen, ihre Kernkraftwerke vor Ablauf ihrer geplanten Betriebszeit stillzulegen. Solche Unternehmungen sind schwerlich wirtschaftlich zu untermauern oder logisch zu erklären. Wir müssen eingestehen, dass einige unbegründete politische Entscheidungen getroffen wurden.
Die meisten Fachleute räumen ein, dass die vorzeitige Schließung von Kernkraftwerken ein harter Schlag für die Wirtschaften der Regionen ist und eine milliardenschwere Belastung der EU-Steuerzahler darstellt.
Eine zentrale Aufgabe besteht darin zu helfen, die Energiesicherheit in diesen Regionen zu gewährleisten, da die erzwungene Stilllegung von Kernkraftwerken nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine politische Abhängigkeit von anderen Energielieferanten zu schaffen droht. In diesem Zusammenhang möchte ich besonders eine unabdingbare Voraussetzung für die Stilllegung betonen, nämlich die Entwicklung eines gemeinsamen EU-Energiesystems und die Lieferung von Energieressourcen.
Der Rückbau von Kernkraftwerken muss in diesem Falle durch ausreichende und rechtzeitig bereitgestellte Mittel gestützt werden, und die Anlagen dürfen nicht auf Kosten anderer stillgelegt werden. Die veränderte Situation erfordert die umsichtigste Lösung – den fortgesetzten Betrieb von Kraftwerken.
Wir müssen mit einem vernünftigen Sinn für die Realität an die Situation herangehen.
Vladimír Remek (GUE/NGL). – (CS) Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Das Problem, das wir im Hinblick auf das Atomkraftwerk Bohunice haben, besteht darin, dass sich ein neuer Mitgliedstaat selbst dazu verpflichtet hat, eine für das Land äußerst wichtige Energiequelle stillzulegen. Dieses Kraftwerk ist bei weitem noch nicht am Ende seines Lebenszyklus angelangt. Mehr noch, viel Geld wurde für seine Modernisierung ausgegeben, und die Internationale Atomenergie-Organisation hat bestätigt, dass es die Normen für ähnliche Atomanlagen des gleichen Alters erfüllt. Bekanntermaßen stand die Slowakei unter einem gewissen internationalen Druck, so dass sie sich verpflichtet hat, Bohunice stillzulegen. Die damalige Regierung ließ sich dabei von dem Gedanken leiten, dass sie der EU beitreten möchte. Die heutige Regierung hat die Absicht, das Versprechen einzulösen, obwohl dies der slowakischen Wirtschaft abträglich ist und bedeutet, dass das Land Energie zu einem Zeitpunkt einführen muss, da die Energiepreise ständig steigen.
Meiner Meinung nach sollten wir uns der Schlussfolgerung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie anschließen und für die vorgeschlagene Aufstockung der gemeinschaftlichen Mittel für eine sichere Stilllegung des Kraftwerks Bohunice stimmen, damit die slowakische Wirtschaft nicht ihre Wettbewerbsfähigkeit einbüßt. Die Menschen in der Slowakei dürfen nicht das Gefühl haben, dass sie aufgrund des Beitritts zur Europäischen Union und der Einhaltung strenger Vorschriften, die von vielen als ziemlich ungerechtfertigt angesehen werden, im Endeffekt den Kürzeren ziehen.
Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte die Situation zusammenfassen. Zwei Kernkraftwerke sind in die Jahre gekommen und unsicher und müssen stillgelegt werden. Die Kosten für die Abschaltung der Anlagen betragen fast zwei Milliarden Euro. Für die laufende Instandhaltung der stillgelegten Anlagen wird man für mehrere Jahrzehnte oder vielleicht ein ganzes Jahrhundert ein Expertenteam beschäftigen müssen. Es muss nun einmal getan werden, und uns wird gesagt, dass es die EU richten muss. Fehler der Vergangenheit sind teuer. Das einzig Positive an dieser katastrophalen Situation ist, dass wir eine Lektion für die Zukunft erhalten. Werden wir sie als solche begreifen? Werden wir aus den Folgen unserer Schwärmerei für die Kernkraft lernen?
In den Ländern, die sich dazu entschließen, ihre Anlagen zu privatisieren oder den Eigentümer zu wechseln, findet ein gefährliches Schwarzer-Peter-Spiel statt, wer für die Stilllegungskosten aufzukommen hat. Wir wissen, dass ein Kernkraftwerk nicht auf unbegrenzte Dauer in Betrieb bleibt, aber bedenken wir das, bevor sie gebaut werden? Stilllegungskosten sollten von vornherein mitkalkuliert werden, und dann muss jemand hergehen und die Verantwortung für die finanzielle und organisatorische Belastung übernehmen, die mit der Beseitigung des zurückbleibenden Atommülls verbunden ist.
Vor 28 Jahren erzählte uns der damalige Industrie- und Handelsminister Des O’Malley, dass Irland ohne Kernkraft nicht überleben würde. Uns wurde erzählt, dass wir ohne Licht im Dunkeln sitzen würden, dass wir auf unsere Melkmaschinen verzichten und wieder mit der Hand melken müssten und dass der Strom rationiert würde. Weil die Menschen in Irland an die Zukunft dachten, sagten sie nein. Sie bedachten die Art von Problemen, die wir jetzt bei der Stilllegung der beiden zur Debatte stehenden Anlagen und vielen anderen veralteten Atomruinen haben.
Irland musste wegen mangelnder Kernkraft nicht dicht machen. Wir haben noch immer keine Kernkraft und wir haben die stärkste Wirtschaft in der EU. Die irische Wirtschaft hat sich stark entwickelt, trotz der Tatsache, dass das Land keine Kernkraft hat. Den irischen Kernkraftgegnern möchte ich hier meine Anerkennung aussprechen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch die Entscheidungsträger auffordern, die Beispiele in Litauen, der Slowakei und Irland zu bedenken, bevor sie sich entschließen, eine neue Generation von Kernkraftwerken einzuführen. Es gibt bessere, sicherere und billigere Möglichkeiten, die Räder am Laufen und das Licht am Brennen zu halten.
Paul Rübig (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich mich bei der Berichterstatterin dafür bedanken, dass sie sehr umfassend und in die Tiefe gehend Analysen angestellt hat. Es war immer schon unsere Meinung, dass die Sicherung und Sicherheit von Nuklearkraftwerken ein europäisches Thema ist, dass gerade solche Themen uns alle betreffen, weil bei einem Störfall oder bei Problemen alle Bürger in Europa betroffen sind.
Die Stilllegung und Endlagerung ist eine klare Frage des Wettbewerbsrechts. Wir müssen darauf achten, dass die Finanzmittel im Einklang mit dem EU-Wettbewerbsrecht vergeben werden, und ich glaube, dass auch die rechtliche Ausgestaltung zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen zur Verfügung stehen muss, und zwar von Wettbewerbsverzerrungen sowohl zwischen den Mitgliedstaaten, aber vor allem auch zwischen den Erzeugern; nicht nur im Bereich der Nuklearenergie, sondern bei allen Energieformen. Aus diesem Grund steht für uns im Zentrum, dass wir peer review brauchen, das heißt die gegenseitige Kontrolle und die Transparenz in der Ausführung, und dass wir insbesondere darauf achten müssen, dass in Zukunft die Mittel für die Stilllegung, für die Endlagerung und für die Sicherung vom Konsumenten der jeweiligen Energieform zur Verfügung gestellt werden.
Wir sollten von Seiten der Europäischen Union, des Rechnungshofs und der verschiedenen Institutionen klare Vorgaben machen. Es kommt darauf an, die Situation so klar wie möglich darzustellen und auch bei den Kosten Modelle anzuwenden, die für den Verbraucher die Kosten minimieren, aber Sicherung, Sicherheit, Endlagerung und Stilllegung optimieren.
Hannes Swoboda (PSE). – Herr Präsident! Grundsätzlich würde ich mich viel wohler in einem Europa ohne Atomkraftwerke und die damit verbundenen Risiken fühlen. Aber weil es eine nationale Entscheidung ist – wie der Kommissar richtig gesagt hat –, müssen wir den Fragen der Sicherheit natürlich besonderes Augenmerk schenken; es muss sich auch um europäische Regeln und Normen handeln.
Nur geht es in diesem Fall ja um ein Kraftwerk, das vor dem Beitritt zur Europäischen Union gebaut wurde, und das jetzt wegen dem Beitritt zur Europäischen Union geschlossen werden muss. Es geht um ein Kraftwerk in einem nicht sehr wohlhabenden Land, in einem Land, das wirtschaftliche Probleme hat. Das muss man, glaube ich, mit berücksichtigen, und deshalb haben sich gerade die österreichischen Abgeordneten in der Sozialdemokratischen Fraktion sehr dafür eingesetzt, dass wir zu einem höheren Beitrag für die Stilllegung dieses Kraftwerkes kommen. Die Fraktion der Sozialdemokraten wird daher diesem höheren Beitrag auch zustimmen. Ich sehe hier keinen großen Widerspruch zur finanziellen Vorausschau, denn langfristig sind diese Mittel durchaus unterzubringen.
Ich darf nochmals an die Kolleginnen und Kollegen appellieren, die Slowakei in diesem Fall wirklich zu unterstützen, ihr unter die Arme zu greifen und zu helfen, damit wir dieses Kraftwerk möglichst rasch schließen können und damit der Sicherheit in Europa dienen.
Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Wir alle scheinen uns einig zu sein, dass die Stilllegung von Kernkraftwerken aus Gründen der Sicherheit und des Umweltschutzes notwendig ist, doch die eigentliche Frage ist, wer dafür aufkommen soll und ob diese Kosten nicht bei der Planung neuer Kernkraftwerke in Zukunft berücksichtigt werden sollten.
Wir haben gehört, dass in der EU etwa 60 Kernkraftwerke in den nächsten 20 Jahren vom Netz gehen müssen, was pro Anlage durchschnittlich 500 Millionen Euro kostet. Das bedeutet, dass sage und schreibe 30 Milliarden Euro in den nächsten 20 Jahren benötigt werden! Das ist etwa dreißig Mal so viel wie der Jahreshaushalt meines Landes Zypern und ein Betrag, mit dem sich Hunderte von Krankenhäusern, Schulen und anderen nützlichen Einrichtungen bauen ließen. Mein Land hatte mit Kernmaterial nie etwas zu tun, abgesehen von der skandalösen Lagerung von Atombomben durch die Briten an ihren dortigen Kolonialstützpunkten.
Ist es da nicht fairer, wenn Länder, die aus der Erzeugung von Kernenergie Gewinn gezogen haben, selbst in deutlich höherem Maße zur Stilllegung ihrer Kernkraftwerke beitragen? Und warum sollten diejenigen, die für den Bau dieser Anlagen verantwortlich waren – beispielsweise die russische Regierung sowie zahlreiche multinationale Unternehmen – nicht dazu aufgefordert werden, gemäß dem Verursacherprinzip ihren Beitrag zu leisten? Wäre es außerdem nicht fairer, wenn dieser Beitrag von den EU-Ländern käme, die selbst von der Erzeugung von Kernenergie profitieren? Ich vertrete den klaren Standpunkt, dass Mitgliedstaaten, die selbst keine Kernenergie nutzen, nicht für die Stilllegung von Kernkraftwerken in anderen Mitgliedstaaten aufkommen sollten.
Erik Meijer (GUE/NGL). – (NL) Herr Präsident! In den nächsten 20 Jahren muss mehr als ein Drittel der 150 europäischen Kernkraftwerke stillgelegt werden. Wer muss für die Kosten aufkommen: der Steuerzahler oder der Verursacher? Nicht vorhandene Mittel sollten nicht dazu führen, dass veraltete Kraftwerke länger betrieben werden. Abfälle umfassen nicht nur radioaktives Material, das nach der Stilllegung zurückbleibt. Einschließlich der Kosten von altem spaltbaren Material, dem Abtransport und von Bergbauabfällen fallen die externen Kosten wahrscheinlich erheblich höher aus als die geschätzte eine Milliarde pro Kernkraftwerk.
Zu Recht empfiehlt Frau Harms, dass die Energieversorgungsunternehmen jährlich Mittel in einen Fonds einzahlen, der sämtliche Kosten der Stilllegung, der Entsorgung und der Lagerung von radioaktiven Abfällen deckt. Durch Einbeziehung dieser Kosten wird der Preis der Kernenergie nicht mehr durch Beihilfen künstlich niedrig gehalten und zeigt sich, wie gering der wirtschaftliche Wirkungsgrad ist. Bis heute führt die intransparente Kopplung zwischen zivilen und militärischen Zielen zu einer regelrechten Wettbewerbsverzerrung und zu verkappten Ausfuhrsubventionen. Wir begrüßen den Vorschlag, eine Liste von Stilllegungskriterien aufzustellen, die mit Reservefonds verbunden sind, in die Energieunternehmen angemessene Mittel für die Entsorgung der Abfälle sowie für die Stilllegung einzahlen.
Peter Baco (NI). – (SK) Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie ergebenst um Ihre Unterstützung für die geänderten Vorschläge bitten, die der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie zur vorzeitigen Schließung des Kernkraftwerks V1 im slowakischen Jaslovske Bohunice vorgelegt hat.
In seinen Vorschlägen stellt der Ausschuss fest, dass die Slowakei ihrer Verantwortung in diesem Bereich ordnungsgemäß nachkommt. In den Vorschlägen wird zudem auf die erheblichen finanziellen Verluste hingewiesen, die die Slowakei infolge der vorzeitigen Schließung der Anlage erleiden wird. Die Verluste sind hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass durch die vorzeitige Schließung der Anlage die für die spätere Stilllegung vorgesehenen Finanzmittel jetzt nicht aufgebracht werden. Darüber hinaus sind die 250 Millionen Euro, die die Slowakische Republik in die Modernisierung des Werkes investiert hat, um für dessen langfristige Betriebssicherheit zu sorgen, damit vergeudet.
Der vorgeschlagene Beitrag von 400 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt zu den Kosten der vorzeitigen Schließung stellt daher eine wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung der Verpflichtungen dar, die sowohl die Europäische Union als auch die Slowakische Republik eingegangen sind.
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Die Frage der Finanzierung der vorzeitigen Schließung des Kernkraftwerkes Bohunice ist nicht nur für den Nuklearsektor, sondern für die gesamte Energiepolitik der Slowakischen Republik von zentraler Bedeutung.
Die Slowakei ist bereit, ihrer Verpflichtung gemäß Protokoll Nr. 9 zum EU-Beitrittsvertrag nachzukommen, obwohl sie 250 Millionen Euro in die Modernisierung und in die Verbesserung der Sicherheit des Werkes Bohunice investiert hat. Hinzu kommt, dass die Slowakei so wie viele andere EU-Länder selbst über keine nennenswerten natürlichen Energieträger verfügt und die Abschaltung von zwei Blöcken dieser Anlage ihre Selbstversorgung mit Energie empfindlich beeinträchtigen wird.
Die slowakische Öffentlichkeit ist derzeit gegen den Rückbau der Anlage in Bohunice. Die Menschen in der Slowakei sind sich der Konsequenzen der Energiekrise und daraus resultierender Strompreissteigerungen durchaus bewusst. Daher würde eine Ablehnung des Ersuchens um mehr Finanzmittel der Europäischen Union den Gegnern der Stilllegung in die Hände spielen.
Gestützt auf die Studie, die als Grundlage für die Gespräche mit der Kommission diente, hat die Slowakei 702 Millionen Euro beantragt, während von der Kommission 237 Millionen Euro vorgeschlagen wurden. Der Ausschuss des Europäischen Parlaments für Industrie, Forschung und Energie billigte als Kompromiss 400 Millionen Euro. Ich möchte Sie alle bei dieser Gelegenheit darum bitten, Solidarität mit meinem Land zu bekunden und dem Vorschlag des Industrieausschusses Ihre Unterstützung zu geben.
Miloš Koterec (PSE). – (SK) Während des EU-Beitrittsprozesses tat die Slowakische Republik alles in ihrer Kraft Stehende, um den weiteren Betrieb ihrer Kernkraftwerke vom Typ WWER zu sichern und gleichzeitig deren Sicherheit auf europäische Standards zu bringen, um die Bürger der Slowakei und aller Länder der Union, insbesondere unsere Nachbarn, zu schützen.
Im Laufe des Beitrittsprozesses haben wir etwa 250 Millionen Euro in die beiden Blöcke des Kernkraftwerkes Bohunice investiert – eine erhebliche Summe für ein Land, dessen BIP nur knapp über 50 % des EU-Durchschnitts liegt –, und nach Aussage der Internationalen Atomernergie-Organisation haben wir damit den sicheren Betrieb der Anlage bis 2015 gewährleistet.
Ein Außenstehender könnte nun die Frage stellen: „Wenn das so ist, warum brauchen Sie dann das Geld für den Rückbau der Anlage im Haushaltszeitraum 2007-2013?“ Und der Experte würde antworten: „Weil sich die Slowakei während ihres Beitrittsprozesses sozusagen unter dem Druck der Umstände verpflichtet hat, die beiden Blöcke 2006 bzw. 2008 stillzulegen.“ Es bedarf keiner großen mathematischen Künste, um zu erkennen, dass damit viele Millionen Euro den Bach hinuntergespült werden.
Uns wurde jedoch zugesichert, dass die Union uns beim Rückbau helfen würde. Wenn sich die direkten und indirekten Gesamtkosten für die Stilllegung auf mehrere Millionen Euro beläuft, wäre der von der Kommission vorgeschlagene Betrag von 237 Millionen Euro recht niedrig. Wie Frau Harms in ihrem zweiten Bericht anführt, unterstützt die Slowakei natürlich die Einrichtung spezieller Fonds für die Stilllegung von Kernkraftanlagen und ist bereit, einen erheblichen Teil der Gesamtkosten für den Rückbau selbst zu übernehmen. Dennoch sollte auch der Stand der wirtschaftlichen Entwicklung berücksichtigt werden. Wenn nach Expertenschätzungen die zur Einhaltung des Termins benötigte Unterstützung 702 Millionen Euro beträgt, dann scheint die vom Industrieausschuss vorgeschlagene Kompromisssumme von 400 Millionen Euro durchaus akzeptabel, und eine Reihe von Argumenten spricht dafür, dass dieser Betrag auch für die Endfassung des Haushaltsplanes kein Problem sein dürfte.
Ich meine, dass beide Berichte, über die wir gerade beraten, einen gemeinsamen Nenner haben, nämlich die Sicherheit von Nuklearanlagen. Wenn es in der EU das gemeinsame Ziel gibt, in dieser Frage einem bestimmten Zeitplan zu folgen, dann muss es auch das gemeinsame Ziel geben, die dafür erforderliche Finanzierung bereitzustellen. Gehen diese beiden Ziele nicht Hand in Hand, hätte dies meiner Ansicht nach früher oder später zur Folge, dass sich die Union den Konsequenzen dieser Unstimmigkeiten stellen muss.
Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin für ihre sehr zutreffende und eingehende Analyse der Herausforderungen im Zusammenhang mit der Stilllegung danken.
Was Bohunice betrifft, so erfolgte die Entscheidung zur Abschaltung der Reaktoren aus Sicherheitsgründen. In der Europäischen Union entscheidet die WENRA – die Westeuropäische Vereinigung der Regulierungsstellen für den Nuklearsektor – über die Sicherheitsanforderungen in einzelnen Mitgliedstaaten. Danach sind diese Arten von Reaktoren nicht nachrüstbar, nicht weil sie noch aus der Sowjetunion stammen, sondern wegen ihrer technischen Merkmale. Das ist der Grund, warum die Abschaltung dieser Reaktoren bei den Verhandlungen gefordert wurde. Dieser Sachverhalt war schon frühzeitig bekannt, weshalb in den Verhandlungen alle möglichen Konsequenzen berücksichtigt wurden. Die Entscheidung wurde nicht im letzten Paket getroffen: In vielen Fällen, darunter auch im Falle der Slowakischen Republik, haben die Regierungen frühzeitig Zusagen gegeben, einzelne Reaktoren wie zum Beispiel in Bohunice abzuschalten. Deshalb muss ich das Argument, hier sei politischer Druck ausgeübt worden, zurückweisen: Die Entscheidung beruhte auf Analysen jener Stellen, die für die nukleare Sicherheit in der Europäischen Union verantwortlich sind. Das ist Fakt.
Es wurden entsprechende Verhandlungen geführt, in denen alle eventuellen Auswirkungen berücksichtigt wurden, und das nicht nur in Bezug auf die Stilllegung, sondern auch im Hinblick auf andere Fragen. Das ist auch der Grund, warum wir unterschiedliche Protokolle für Litauen und die Slowakei haben.
Mir ist bewusst, dass die Stilllegung eine gewaltige Aufgabe ist, aber ich kann ohne weiteres erläutern, wie der Vorschlag der Kommission zustande kam: Er beruhte auf den Ergebnissen der Beitrittsverhandlungen. Jede andere Frage sollte auf anderen Erwägungen beruhen, aber in dieser Phase können wir einfach nicht mehr andere Erwägungen anstellen.
Meine Dienststellen stehen in engem Kontakt mit den slowakischen Behörden, um die bevorstehenden Aufgaben zu erörtern. Es handelt sich jedoch ganz klar um eine Verpflichtung, der die Bürger der Europäischen Union und die slowakischen Bürger in den Beitrittsverhandlungen zugestimmt haben und die nun erfüllt werden muss, nicht nur seitens der EU, sondern auch von slowakischer Seite. Deshalb handelt es sich um eine Herausforderung, der wir uns gemeinsam stellen sollten.
Gleichzeitig ist noch zu klären, ob die Verwendung von Stilllegungsfonds zu einem Zeitpunkt sinnvoll war bzw. ist, zu dem alle Reaktoren noch in Betrieb waren und es noch sind: Wenn man keinen Stilllegungsfonds hat, ist der Preis günstiger. Aber wer kommt dann letztlich dafür auf? Die Steuerzahler? Andere Bürger? Das ist wirklich eine Herausforderung globaler Art.
Die heutige Debatte zu dieser späten Stunde ist sehr wichtig. Die Kommission hat bereits versucht, Gesetzesvorschläge zu den Stilllegungsfonds zu erarbeiten, denn sie sind für die Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Europäischen Union und für die Klärung der Frage, wer sie bezahlen soll, von entscheidender Bedeutung. Ich bin völlig einverstanden damit, dass der Verursacher zahlen sollte. Dieses Element sollte in den Preis einbezogen werden.
Die Kommission wird eine Empfehlung erarbeiten und auf eine ausreichende und transparente Verwendung der Stilllegungsfonds drängen, die bei Bedarf bereitstehen sollten. Diesen Tatsachen sollten wir uns ganz klar stellen, wenn wir über Kernenergie reden. Wettbewerbsfragen werden keinesfalls aus der Diskussion ausgeklammert, denn es ist äußerst wichtig zu wissen, welche Stützungsregelungen wir für die anderen Teile unseres Energiemixes vorsehen. Das ist eine sehr wichtige Frage.
Ich danke Ihnen für die Aussprache heute Abend. Es freut mich wirklich, dass sie so ausführlich war. Wir sollten diese Debatte fortsetzen, wenn wir uns wieder Energiefragen widmen.
(Beifall)
Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.00 Uhr statt.