3. Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: Geltungsdauer des Mindestnormalsatzes - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige - Auf arbeitsintensive Dienstleistungen anwendbare Mehrwertsteuer
Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Gemeinsame Aussprache über
den Bericht von Zsolt László Becsey im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der Geltungsdauer des Mindestnormalsatzes (KOM(2005)0136 – C6-0113/2005 – 2005/0051(CNS)) (A6-0323/2005),
den Bericht von Zsolt László Becsey im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 77/388/EWG an nicht im Inland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (KOM(2004)0728 – C6-0251/2005 – 2005/0807(CNS)) (A6-0324/2005) und
die Anfrage zur mündlichen Beantwortung an die Kommission von Pervenche Berès im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über das Auslaufen der Richtlinie 1999/85/EG über die Möglichkeit, auf arbeitsintensive Dienstleistungen versuchsweise einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden (O-0106/2005 – B6-0342/2005).
Zsolt László Becsey (PPE-DE), Berichterstatter. – (HU) In unserer Aussprache geht es um zwei Punkte, und ich möchte mit dem Mindestnormalsatz beginnen. Wir sprechen über ein rechtlich und politisch überaus sensibles Thema. Dem Bericht der Kommission zufolge ist eine Verlängerung der derzeitigen zeitlich befristeten Regelung, wie sie die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie vorsieht, die am 31. Dezember 2005 ausläuft, gerechtfertigt. Ich denke, wir könnten die Regelung mit dem Mindestnormalsatz von gegenwärtig 15 % – ebenfalls befristet – bis 2010 verlängern. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung unseres Parlaments hat über diesen Vorschlag beraten und stimmt dem Ansatz der Kommission im Wesentlichen zu. Auch wir akzeptieren diesen Vorschlag und den entsprechenden Zeitrahmen, nämlich die Verlängerung bis zum Jahr 2010. Wir sehen ebenfalls die Notwendigkeit, diesen Punkt schnellstmöglich - noch vor der letzten Tagung des ECOFIN-Rates am 6. Dezember - zu beraten, damit dem Rat eine Stellungnahme des Parlaments vorliegt und er auf dieser Grundlage entscheiden kann. Dem Ergebnis der Aussprache im Ausschuss folgend ändern wir den ursprünglichen Vorschlag der Kommission in dem Punkt ab, dass wir neben dem Mindestnormalsatz auch einen Höchstsatz von 25 % festsetzen; das ist der höchste Steuersatz, der derzeit in den Mitgliedstaaten angewendet wird. Damit brauchten die Mitgliedstaaten keine kurzfristigen Änderungen in der Gesetzgebung oder Korrekturen am Haushaltskurs vorzunehmen. Mit der Annahme dieser Maßnahme macht die Mehrheit des Parlaments jedoch unsere Auffassung deutlich, dass ein Auseinanderdriften der Normalsätze verhindert werden muss. Das Parlament hat aber auch einen weiteren wichtigen Standpunkt in dieser Sache erarbeitet, der zwar auf die anstehende rasche Entscheidung über die Verlängerung keine Auswirkungen hat, für uns jedoch wesentlich ist. Wir wollen ganz einfach vermeiden, dass wieder eine Situation ähnlich der heutigen eintritt, wo wir zeitlich unter Druck geraten, was die Verlängerung sowohl der Gültigkeit des Mindestnormalsatzes als auch der Regelung zu den arbeitsintensiven Dienstleistungen anbelangt, die am Jahresende ausläuft und die unter Beteiligung einiger Mitgliedstaaten, die bei ihrer Umsetzung wertvolle positive Erfahrungen gesammelt haben, eingeführt wurde. Deshalb ersuchen wir die Kommission, bis Anfang 2007 eine Bewertung vorzunehmen, damit das Parlament rechtzeitig und ohne Zeitdruck mit seiner für 2007-2008 vorgesehenen Aussprache über Richtung und Inhalt der Mehrwertsteuerpolitik, die die Mitgliedstaaten einführen sollen, sowie über die dazu erforderliche EU-Verordnung beginnen kann.
In unserem Antrag, an dessen Ausarbeitung alle Fraktionen beteiligt waren, ersuchen wir die Kommission, die Unterschiede zwischen dem geltenden impliziten – d. h. auf einen Satz umgerechneten – Mehrwertsteuernormalsatz sowie die damit verbundenen Auswirkungen auf die Haushaltseinnahmen zu bewerten. Das betrifft vor allem die Unterschiede in den Mitgliedstaaten, die der EU im Zuge der jüngsten Erweiterung beigetreten sind und die die einzelnen ermäßigten Sätze nicht anwenden dürfen und bis 2007 lediglich den Übergang zu den Bereichen vollziehen können, die nicht in der Sechsten MwSt.-Richtlinie, also nicht in Anhang K oder Anhang H, enthalten sind. Auf der Grundlage dieses Materials der Kommission können wir den Standpunkt des Parlaments zur Mehrwertsteuer - in Form der Quellensteuer oder der beim Verbraucher erhobenen Steuer - festlegen und prüfen, ob wir - unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips - auf Gemeinschaftsebene einen Mindest- und einen Höchstsatz festsetzen müssen und ob wir, sollte die Antwort Ja lauten, den Normalsatz oder den impliziten, d. h. den sich aus der Umrechnung ergebenden tatsächlichen Satz der Mehrwertsteuer anwenden sollen. Mit Blick auf die Wirksamkeit des Stabilitäts- und Wachstumspakts muss das Parlament in den kommenden Jahren auch darüber beraten, inwieweit den Mitgliedstaaten freigestellt werden kann, die Mehrwertsteuersätze eventuell zu senken, und ob die Normalsätze oder die einzelnen Ausnahmen davon möglicherweise zu Marktverzerrungen führen (wenn sie überhaupt solche Verzerrungen verursachen). Parallel dazu könnten wir auch prüfen, ob der Umstand, dass der Verbrauchsteuer gegenüber den direkten Steuern und insbesondere den die Arbeitnehmer belastenden Steuern Priorität eingeräumt wird, wirklich dazu beiträgt, dass die Mitgliedstaaten die Beschäftigungsziele von Lissabon erreichen. Das wären die Themen für die nächste Aussprache, für die genügend Zeit zur Verfügung stehen müsste. Ich bin davon überzeugt, dass ein guter Hintergrundbericht des Ausschusses dem Parlament in dieser Frage von Nutzen sein würde und wir sogar noch vor dem Jahr 2010 einen schlüssigen Standpunkt festlegen könnten. Zum jetzigen Zeitpunkt jedoch schlagen wir eine Verlängerung vor, und zwar mit der Änderung, dass auch der Höchstsatz von 25 % festgesetzt werden muss.
Mein zweiter Bericht betrifft die Erstattung der Mehrwertsteuer. Der uns vorliegende Änderungsantrag zur Achten Richtlinie gehört zu einem Paket von drei überaus wichtigen Änderungsanträgen der Kommission vom Oktober 2004, dessen Gültigkeit von der jetzigen Kommission zu Recht verlängert wurde und das für die Konzepte des einzigen Schalters und der einzigen Anlaufstelle bekannt ist. In Verbindung mit den beiden vorliegenden Berichten hat das Parlament dazu wie auch zur Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Steuerbereich bereits einen Standpunkt festgelegt. Ich freue mich, dass wir dem Ersuchen des Rates nachkommen und nun - wenn auch im Nachhinein - unsere Auffassung zur Achten Richtlinie über die Mehrwertsteuererstattung darlegen können. Zunächst möchte ich feststellen, dass wir dem Ansatz der Kommission bezüglich des gesamten Pakets mit Änderungsanträgen einschließlich des Änderungsantrags zur Achten Richtlinie voll und ganz zustimmen, denn damit erhalten die Unternehmen die Möglichkeit, ausstehende Mehrwertsteuern von anderen Mitgliedstaaten einzuziehen. Zudem wird dieser Vorgang durch die Nutzung elektronischer Verfahren beschleunigt. Steuern einzuziehen war bislang nur möglich, wenn das betreffende Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat als steuerpflichtig gemeldet war. Viele haben sich diesem komplexen und kostspieligen Verfahren verweigert, und in den meisten Fällen wurde die ausstehende Mehrwertsteuer gar nicht eingezogen, weil das Verwaltungsverfahren mehr gekostet hätte als der geschuldete Mehrwertsteuerbetrag ausmachte. Der vorliegende Änderungsantrag wird vor allem die Lage der kleinen und mittleren Unternehmen verbessern, denen es besonders schwer gefallen ist, Zugang zu den für eine kostenoptimierte Erstattung erforderlichen Instrumenten zu erlangen.
Der Ansatz des Rates, wonach die zuständigen Behörden drei Monate für die Prüfung eines Anspruchs zur Verfügung haben, kommt auch den Interessen der kleinen Unternehmen entgegen. Wir unterstützen ebenso den Vorschlag, dass die zuständige Steuerbehörde für jeden Monat Zeitverzug ein sehr hohes Bußgeld zahlen muss. Den Änderungsantrag, dem zufolge jeder Mitgliedstaat das selbst regeln kann, haben wir nicht akzeptiert. Wir sind in unseren Änderungsvorschlägen diesem Ansatz der Kommission gefolgt und haben unterstrichen, dass neben dem Schutz der Unternehmen auch die Aufgaben der Steuerbehörden der Mitgliedstaaten - gegebenenfalls mit Korrekturen - eindeutig festgelegt werden müssen und ein konkreter Zeitrahmen für die Übermittlung, Prüfung, Beschlussfassung und Erstattung vorzugeben ist. Darum geht es in unseren Änderungsanträgen. Außerdem haben wir gesondert festgelegt, dass der für die Prüfung zur Verfügung stehende Zeitraum von drei Monaten auch im Falle von Rückfragen, Ersuchen um zusätzliche Informationen oder sonstigen Problemen - so haben wir das dem Vorschlag der Kommission entnommen - nicht wieder von vorn beginnt, da unserer Ansicht nach das ganze Verfahren selbst beim Auftreten solcher Probleme vier Monate nicht übersteigen darf. Mit unserem Vorschlag soll vermieden werden, dass unnötige Verzögerungen im Erstattungszeitraum entstehen und das Geld in der Staatskasse belassen wird. Obwohl wir diesen Punkt aus rechtlichen Gründen nicht als formalen Änderungsvorschlag in unseren Standpunkt aufnehmen konnten, hoffe ich dennoch, dass diese Festlegungen als Bestandteil des Pakets der Änderungsanträge, des gesamten Pakets mit den Vorschlägen für eine einzige Anlaufstelle dazu beitragen werden, die Zusammenarbeit zwischen den Behörden zu beschleunigen und Cashflowprobleme in kleinen Unternehmen sowie Probleme hinsichtlich des Anspruchs auf Mehrwertsteuererstattung und der Bestimmung der Pro-rata-Sätze, aber auch Missbrauch zu vermeiden, denn durch Betrug und die Errichtung fiktiver Unternehmen wird sehr oft versucht, die Erstattung einer fiktiven Ausfuhrumsatzsteuer geltend zu machen.
Ich hoffe, der Rat wird in seiner Aussprache die Frist von 10 – 40 Tagen, die die Behörden in dem Niederlassungsmitgliedstaat für die Übermittlung von elektronischen Daten zur Verfügung haben, im Hinblick auf die Obergrenze von 40 Tagen kürzen. Vorrang hat jedoch die schnellstmögliche Umsetzung des Maßnahmenpakets, und wir hoffen, dass wir in einigen Jahren (im Zusammenhang mit der einzigen Anlaufstelle haben wir vier Jahre veranschlagt) auf der Grundlage eines Berichts der Kommission eine Bewertung dazu vornehmen können. Ich bin davon überzeugt, dass das Verfahren und die Kontrollen zur Vermeidung von Missbrauch in Zukunft dadurch beschleunigt werden können, dass eine Art gemeinsamer Datenbank genutzt oder der Zugang zu den Datenbanken der anderen Mitgliedstaaten erleichtert wird. Dazu müssen jedoch zahlreiche rechtliche Fragen geklärt und Probleme im Zusammenhang mit dem Datenschutz sowie Probleme anderer Art gelöst werden, und das sollten wir nach der ersten Bewertung in Angriff nehmen.
Das Wichtigste ist aber jetzt, dass dieser konstruktive Vorschlag schnellstmöglich umgesetzt wird, damit unsere Unternehmen von den Vorteilen, die er bietet, profitieren können.
Pervenche Berès (PSE), Verfasserin der Anfrage. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung wollten wir die beiden von unserem verehrten Kollegen Becsey verfassten Berichte über die Mehrwertsteuer nutzen, um dem Parlament eine mündliche Anfrage vorzulegen, auf die, so hoffe ich, die Annahme einer Entschließung folgen wird. Beim System der ermäßigten Mehrwertsteuersätze für arbeitsintensive Dienstleistungen befinden wir uns in einer wirtschaftlichen, sozialen, politischen und rechtlichen Lage, die zumindest unangenehm, wenn nicht ausgesprochen schwierig ist.
Wir haben heute ein System, das bereits zweimal verlängert wurde. Ferner liegt uns ein Vorschlag der Kommission von 2003 vor, den das Parlament am 4. Dezember 2003 fast einstimmig befürwortet hat und der seitdem vom Rat blockiert wird. Man sagt uns ja oft, dass eine bessere Rechtsetzung ein zügigeres Arbeiten des Parlaments voraussetzt, aber ich habe manchmal den Eindruck, dass wir uns auch anschauen sollten, wie die Dinge aus Sicht des Rates ablaufen.
Wir haben es hier mit einem Bereich zu tun, der Einstimmigkeit erfordert, und während einige Mitgliedstaaten allein auf der Grundlage nationaler Interessen einschreiten, indem sie sich die Mehrwertsteuersätze zunutze machen, blockieren sie im Rat die Fortsetzung eines Systems, das sich bewährt hat. Dabei ermöglicht dieses System, Beschäftigung zu sichern, Schwarzarbeit zu bekämpfen und Steuersysteme der Mitgliedstaaten einheitlicher zu gestalten. Deshalb wollte unser Ausschuss diese mündliche Anfrage stellen, durch die wir sowohl die Initiative der Kommission als auch die Bemühungen der luxemburgischen und der britischen Präsidentschaft voll und ganz unterstützen, die beide einen Kompromissvorschlag vorgebracht haben, der den vom Parlament seit 2003 ausgedrückten Wünschen voll und ganz entspricht.
Wir stehen heute mit dem Rücken zur Wand: Dieses System, das zweimal verlängert wurde, läuft zum Jahresende aus, und in neun Mitgliedstaaten wissen ganze Sektoren in diesem Moment immer noch nicht, welches Steuersystem für sie ab dem 1. Januar des nächsten Jahres gilt. Der nächste Ecofin-Rat steht kurz bevor, und hoffentlich vernehmen die Wirtschafts- und Finanzminister dort das sehr starke Signal, das unser Parlament mit dieser mündlichen Anfrage, aber auch mit mehreren schriftlichen Erklärungen, die in das Register unseres Parlaments aufgenommen und von vielen Abgeordneten unterzeichnet wurden, an sie aussendet.
Der luxemburgische Vorschlag, der von der britischen Präsidentschaft aufgegriffen wurde, ermöglicht es, das, was bisher ein einfacher Versuch war, zu klären, zu vereinfachen, zu harmonisieren und zur allgemeinen Anwendung zu bringen. Für den Bausektor und den Sektor der häuslichen Pflege geht es in erster Linie um eine Verlängerung der ermäßigten Mehrwertsteuersätze. Es geht darum, einen flexibleren Mechanismus beizubehalten und dessen Verlängerung bis 2015 vorzusehen. Es geht darum, den Inhalt des berüchtigten Anhangs H geschlossen zu streichen. Auf Initiative der britischen Präsidentschaft geht es darum, alle fünf Jahre eine Bewertung des gesamten Mechanismus durchzuführen. Mir scheint, hier liegen uns ausgewogene Vorschläge vor, die es, ich wiederhole, ermöglichen, die Beschäftigung in arbeitsintensiven Sektoren zu sichern – hier kommt die Einheitlichkeit des vorgeschlagenen Steuermechanismus ins Spiel -, die Schwarzarbeit zu bekämpfen und zu dem beizutragen, was auf dem Wege ist, zum Leitmotiv dieses Parlaments – und hoffentlich auch über diese Institution hinaus des Rates – zu werden, nämlich die bessere Rechtsetzung und die Ziele von Lissabon.
Gestatten Sie mir noch einmal, dem Rat zu sagen, auch wenn ich sehe, dass er heute Morgen hier nicht vertreten ist, wie wichtig es ist, die Zustimmung der Wirtschafts- und Finanzminister zu erhalten. Ich denke, falls der luxemburgische und britische Vorschlag leider nicht einstimmig angenommen würde, müsste es im Wege der Solidarität, die auch die Tätigkeiten dieses Gremiums leiten sollte, zumindest möglich sein, das derzeitige System noch einmal um ein Jahr zu verlängern. Dies wäre noch das kleinere Übel.
László Kovács, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Bevor ich mit meinen einführenden Erläuterungen beginne, möchte ich mich noch bei Ihnen und den Abgeordneten für die Verspätung entschuldigen. Wir steckten im Verkehr fest, aber nun bin ich ja hier und kann Ihnen den Standpunkt der Kommission vortragen.
Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Becsey, für seine zwei Berichte und Frau Berès für ihre mündliche Anfrage zu einem solch wichtigen Thema danken, das auch mir sehr am Herzen liegt. Ich werde mich zuerst zum Vorschlag über den Mindestnormalsatz der Mehrwertsteuer äußern. Danach werde ich auf die mündliche Anfrage und den Entschließungsantrag zum ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu sprechen kommen. Abschließend werde ich dann kurz zum Vorschlag für eine achte Mehrwertsteuer-Richtlinie Stellung nehmen, der zum Legislativpaket für die Schaffung einer einzigen Anlaufstelle gehört, über das im September hier im Plenum eine ausführliche Aussprache stattgefunden hat.
Die Kommission dankt dem Europäischen Parlament für die schnelle Bearbeitung des Vorschlags über den Mindestnormalsatz der Mehrwertsteuer und insbesondere dem Berichterstatter, Herrn Becsey, für seinen aktiven und positiven Beitrag. Dieser Vorschlag muss dringend verabschiedet werden, da die geltenden Bestimmungen am 31. Dezember 2005 auslaufen. Wenn nicht rechtzeitig eine Entscheidung zustande kommt, wird in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft eine Rechtslücke bestehen.
Die geltenden Bestimmungen über den Normalsatz der Mehrwertsteuer haben zusammen mit den Übergangsregelungen bisher recht gut funktioniert. Daher erscheint es zweckmäßig, den Mindestnormalsatz von derzeit 15 % für einen weiteren Zeitraum von fünf Jahren beizubehalten, damit während der Umsetzung der neuen Strategie zur Vereinfachung und Verbesserung der geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft im Bereich der Mehrwertsteuer keine Rechtslücke entsteht.
Ich kann Ihnen mitteilen, dass dieser Vorschlag vom Wirtschafts- und Sozialausschuss der EU positiv aufgenommen wurde. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass der Kommissionsvorschlag angesichts der aktuellen Rechtslage – d. h. der Einstimmigkeitsregel – die beste Lösung darstellt. Ich möchte betonen, dass ich die Bedenken der Abgeordneten vollkommen verstehe, weil einen Monat vor dem Auslaufen der Richtlinie zu den ermäßigten Sätzen auf arbeitsintensive Dienstleistungen die Entscheidung des Rates noch immer aussteht. Doch meiner Meinung nach lässt sich dieses Problem mit dem vorliegenden Vorschlag nicht lösen. Daher möchte ich die Abgeordneten nachdrücklich auffordern, keine Verbindung zwischen diesem Papier und den Debatten über den Anwendungsbereich der ermäßigten Mehrwertsteuersätze herzustellen, die derzeit auf der Grundlage des Kompromissvorschlags der Kommission vom Jahre 2003 im Rat geführt werden.
Ich komme nun zur mündlichen Anfrage und zum Entschließungsantrag zu den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen auf arbeitsintensive Dienstleistungen. Ich möchte Ihnen für diese Anfrage an die Kommission danken. Mir ist bewusst, dass diese Frage der Öffentlichkeit und den Unternehmen große Sorge bereitet. Auch mich beunruhigt dieses Problem außerordentlich, da die geltende Regelung zur Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen Ende dieses Jahres auslaufen wird. Ich schätze die Bemühungen der britischen Präsidentschaft sehr, in der Frage der ermäßigten Mehrwertsteuersätze einen Kompromiss zu erzielen. Dieses Thema wurde auf der Tagung des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ vom 8. November beraten und wird am 6. Dezember noch einmal auf der Tagesordnung stehen. Sollte der Rat bis Jahresende keinen Beschluss zur Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen fassen, dann hätten wir an diesem Ergebnis schwer zu knabbern. Die Unternehmen sind sehr beunruhigt, weil sie Rechtssicherheit brauchen. Ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission alles Erdenkliche tun wird, um der Präsidentschaft beim Erzielen einer Einigung in dieser Sache zu helfen.
Ich möchte hier nicht näher auf den Kompromissvorschlag der Präsidentschaft eingehen, sondern die Schwierigkeiten schildern, die bei vorherigen Aussprachen zu diesem Thema aufgetreten sind. Einige Delegationen lehnen eine Erweiterung des Anhangs H grundsätzlich ab. Diese Haltung kann ich eigentlich nicht nachvollziehen. Da die in Anhang H aufgeführten ermäßigten Sätze auf freiwilliger Basis angewendet werden können, bestehen – abgesehen von einigen wenigen Kategorien, für die in ganz Europa weitgehend ermäßigte Sätze gelten – bereits heute gewaltige Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten.
Nimmt man noch die zahlreichen Ausnahmeregelungen für einige Mitgliedstaaten hinzu, werden diese Unterschiede sogar noch größer. Ein sehr gutes Beispiel sind die Restaurantdienstleistungen. Die Hälfte der Mitgliedstaaten wendet schon jetzt im Rahmen spezifischer Ausnahmeregelungen ermäßigte Sätze auf Restaurantdienstleistungen an, und das hat keinerlei Anlass zu Beschwerden gegeben oder Wettbewerbsverzerrungen verursacht. Weshalb sollte also nicht allen Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt werden, in diesem Bereich ermäßigte Sätze anzuwenden, falls sie dies wünschen? Einige Mitgliedstaaten drängen auf mehr Subsidiarität. Bei der Anwendung zusätzlicher ermäßigter Sätze müssen zwar auch die Auswirkungen auf den Haushalt in Betracht gezogen werden, doch meiner Meinung nach fallen hier nur sehr wenige Sektoren ins Gewicht. Im Großen und Ganzen werden wohl nur das Restaurantwesen und die Baubranche beträchtliche Auswirkungen auf den Haushalt haben. Bei der Baubranche etwa könnte der Rat Kriterien zur Einschränkung des Anwendungsbereichs ermäßigter Sätze aufstellen, um die möglichen Folgen auf den Haushalt zu begrenzen. So könnte zum Beispiel die Anwendung ermäßigter Sätze auf Gebäude ab einem bestimmten Alter beschränkt werden.
Ich möchte die wirtschaftliche Bedeutung des Bausektors hervorheben. Wie Sie wissen, hatte die Kommission stets ihre Zweifel, ob die Einführung ermäßigter Mehrwertsteuersätze den Arbeitsmarkt beflügeln würde. Daran hat sich nichts geändert. Dennoch müssen wir einsehen, dass der Mehrwertsteuersatz zumindest in diesem Sektor eine wichtige Rolle spielt. Im Gegensatz zur Senkung des Satzes könnte dessen Erhöhung durch die Wiedereinführung des Normalsatzes zu einem sofortigen Anstieg der Verbraucherpreise führen. Dies hätte negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und könnte sogar die Schattenwirtschaft in den betroffenen Mitgliedstaaten befördern. Ich bin mir bewusst, dass dies Unternehmen, den betroffenen Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament große Sorge bereitet. Deshalb gibt es meines Erachtens gute politische und wirtschaftliche Gründe, zumindest den Status quo in diesem Bereich aufrechtzuerhalten.
Allerdings bestehen da einige Bedingungen. Zunächst einmal sollten nur lokal erbrachte Dienstleistungen in den bestehenden Anwendungsbereich der ermäßigten Mehrwertsteuersätze aufgenommen werden. Außerdem sollten die ermäßigten Sätze nicht auf neue Warenkategorien ausgeweitet werden, da die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung zu hoch ist.
Zweitens ist die bloße Verlängerung der versuchsweisen ermäßigten Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen weder praktikabel noch wünschenswert. Anfangs habe ich diese Lösung favorisiert, aber wir müssen doch zu der Einsicht gelangen, dass es eine Illusion ist zu glauben, eine bloße Verlängerung hätte eine bessere Chance, vom Rat einstimmig angenommen zu werden, als der derzeit erörterte Kompromissvorschlag. Zudem war dieses Experiment auf neun Mitgliedstaaten begrenzt, so dass mit einer bloßen Verlängerung nur die ungleiche Behandlung der Mitgliedstaaten fortgesetzt werden würde. Ich muss betonen, dass der Rat ja schon mehr als zwei Jahre Zeit hatte, zu einem Beschluss zu kommen. Er sollte sich nicht noch einmal vor seiner Verantwortung drücken.
Drittens sollte die Kompromisslösung fair sein, also einen Schritt in Richtung Gleichbehandlung aller Mitgliedstaaten darstellen. Meines Erachtens würde der Vorschlag der britischen Präsidentschaft einer Verlängerung der befristeten Ausnahmeregelungen für die neuen Mitgliedstaaten zunächst bis 2015 genau dazu beitragen.
Ich weiß, dass einige der Abgeordneten dem wahrscheinlich nicht uneingeschränkt zustimmen, insbesondere was die Erweiterung der arbeitsintensiven Dienstleistungen betrifft. Deshalb möchte ich Sie bei dieser Gelegenheit daran erinnern, dass die Kommission schon damals, als der Rat eine zweite Verlängerung der Anwendung ermäßigter Sätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen gebilligt hat, die Auffassung vertrat, dass die neuen Mitgliedstaaten die gleichen Möglichkeiten erhalten sollten. Als die Beitrittsverhandlungen stattfanden, wurde die Möglichkeit der Anwendung ermäßigter Sätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen gar nicht erst in Betracht gezogen, da dieses Experiment ja eigentlich am 31. Dezember 2003 auslaufen sollte, also vor der EU-Erweiterung. Daher ergab sich durch die Verlängerung der Maßnahmen auch ein neuer Faktor, der Anlass zur Prüfung der Sachlage gab. Wir stehen jetzt eindeutig vor einer ganz anderen Situation als 2003, und deshalb ist es höchst unwahrscheinlich, dass der Rat wie bisher einstimmig darum bitten wird, dass die Kommission eine Verlängerung vorschlägt. Zudem bedeutet eine reine Verlängerung dieses Experiments bei arbeitsintensiven Dienstleistungen keine Lösung für die weit verbreitete Forderung, auch für Restaurantdienstleistungen ermäßigte Sätze einzuführen, die derzeit nicht in Anhang K enthalten sind.
Unter dem Strich halte ich es also für dringend erforderlich, dass der Rat endlich einen Entwurf für einen praktikablen Kompromiss erarbeitet, damit im Dezember auf der letzten Tagung des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ während der britischen Präsidentschaft ein politischer Beschluss gefasst werden kann. Die Kommission ist jedoch auf den Rat angewiesen, und wir können nur eines tun, nämlich den Rat beim Erzielen einer Einigung in jeder Hinsicht zu unterstützen.
Als für steuerliche Angelegenheiten zuständiger Kommissar kann ich Ihnen versichern, dass die Kommission auf der Tagung des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ am 6. Dezember alles in ihrer Macht Stehende tun und größtmögliche Flexibilität zeigen wird, damit auf der Grundlage des britischen Kompromissvorschlags eine einstimmige Einigung erzielt werden kann.
Abschließend möchte ich noch kurz etwas zum Vorschlag zur achten Richtlinie sagen. Wie ich schon bei mehreren Gelegenheiten hervorgehoben habe, könnten die Ziele von Lissabon unter anderem dadurch erreicht werden, dass der Verwaltungsaufwand und die Kosten für die Einhaltung der Vorschriften im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr abgebaut werden, um so die EU-weiten Aktivitäten von Unternehmen zu fördern. Heute besteht die Möglichkeit, einen weiteren Schritt zur Verwirklichung dieses Ziels zu machen. Der uns heute vorliegende Vorschlag gehört zu einem größeren Paket, das auf die Schaffung einer einzigen Anlaufstelle ausgerichtet ist. Die anderen Punkte des Gesamtvorschlags – wie die Vereinfachungsmaßnahmen, denen zufolge Steuerpflichtige ihre Anträge auf Erstattung der Mehrwertsteuer im Niederlassungsmitgliedstaat stellen können, und die Bestimmungen zum Informationsaustausch zwischen Mitgliedstaaten – wurden vom Parlament bereits im September verabschiedet. Dieser Teil des Vorschlags zielt auf die Reform des Verfahrens zur Mehrwertsteuererstattung für Unternehmen ab, die ihren Antrag auf Erstattung der Mehrwertsteuer in einem Mitgliedstaat stellen müssen, in dem sie nicht niedergelassen sind. Ein komplett elektronisches Verfahren würde das momentane aufwändige Papierverfahren zur Mehrwertsteuererstattung ersetzen, das derzeit im Rahmen der achten Richtlinie besteht. Durch diesen neuen Vorschlag könnte das Verfahren zur Mehrwertsteuererstattung wesentlich beschleunigt werden. Das würde vor allem kleinen und mittleren Unternehmen zugute kommen. Insofern begrüße ich zwar den positiven Beitrag des Berichterstatters, kann aber die vorgeschlagenen Abänderungen nicht befürworten. Die meisten Punkte sind bereits im Vorschlag der Kommission zur Schaffung einer einzigen Anlaufstelle enthalten. Daher bitte ich Sie, den ursprünglichen Vorschlag der Kommission zu unterstützen.
Nun bin ich gespannt auf Ihren Standpunkt zu den drei Dossiers über die Mehrwertsteuer, die auf der heutigen Tagesordnung stehen. In meinen Abschlussworten werde ich dann zu den eingereichten Änderungsanträgen Stellung nehmen.
Marianne Thyssen, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Für Ihre hoffnungsfroh stimmenden Ausführungen sei Ihnen, Herr Kommissar, herzlich gedankt. Ich glaube, wir können bei der MwSt-Gesetzgebung allen Optimismus dringend gebrauchen, denn bessere Rechtsetzung und gute Verwaltung sind zwar in aller Munde, aber bei zwei der drei auf der Tagesordnung stehenden Themen stellen wir genau das Gegenteil fest.
Ich begrüße die Vereinfachung der Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige. Unternehmen, auch die kleinsten sowie alle KMU eingeschlossen, werden nunmehr allesamt die Möglichkeit erhalten, ihr Geld innerhalb einer angemessenen Frist effektiv zurückzufordern. Diejenigen von uns, die der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten angehören, können das nur befürworten.
Dann wird da aber auch noch die Erweiterung der Spanne des normalen Mehrwertsteuersatzes vorgeschlagen. Der Vorschlag einer solchen Erweiterung ist selbstverständlich begrüßenswert und wird von uns unterstützt, doch erscheint es uns etwas drastisch, eine solche Maßnahme weniger als 30 Tage vor Ablauf der Frist und dem Inkrafttreten der Nachfolgeregelung einzuführen. Wie dem auch sei, jeder weiß, was auf ihn zukommt. Die Beschlussfassung wird zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, wonach sich dann alle wieder für weitere fünf Jahre zurücklehnen können.
Gravierender sind indes die Schwierigkeiten – anders kann ich sie nicht bezeichnen – im Zusammenhang mit Anhang K sowie, indirekt, Anhang H zur Sechsten MwSt-Richtlinie. Die versuchsweise Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf arbeitsintensive Dienstleistungen läuft jetzt schon doppelt so lange wie ursprünglich geplant. Der Rat ist schlichtweg außerstande, eine Evaluierung vorzunehmen und eine Entscheidung zu treffen.
Die Bereiche, denen wir, also die Kommission und das Parlament, 2003 die Möglichkeit der Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes in Aussicht gestellt hatten – Hotel- und Gaststättengewerbe, Baugewerbe, aber auch Wäschereien und Gartenbaubetriebe –, müssen weiter warten. Der Rat sagt weder „Ja“ noch „Nein“, der Rat trifft keine Entscheidungen, und er ist nicht in diesem Saale anwesend. Wir schaffen Unsicherheit, und Unsicherheit ist der wirtschaftlichen Entwicklung abträglich. In einer Zeit, in der wir dringend auf Wachstum und mehr Beschäftigung hoffen, ist dies inakzeptabel. Herr Kommissar, wir verlassen uns auf Ihre Unterstützung bei den Beratungen mit dem Rat und stimmen im Übrigen den beiden Berichten Becsey sowie dem mit der mündlichen Anfrage verbundenen Entschließungsantrag uneingeschränkt zu.
Ieke van den Burg, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich war diejenige, die applaudiert hat, weil ich nämlich den Ausführungen von Frau Thyssen voll und ganz beipflichte. Zunächst möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Becsey, der sich durch diese schwierige Materie hindurchgearbeitet hat und mittlerweile unser Mehrwertsteuer-Experte im Ausschuss für Wirtschaft und Währung ist, Anerkennung zollen. Wir stimmen seinem Bericht sowie dem, was andere zur Mehrwertsteuer-Erstattung gesagt haben, zu. Für grenzüberschreitend tätige Unternehmen ist eine zügigere und vereinfachte Einführung unabdingbar, andernfalls ist der Binnenmarkt in Europa eine Farce.
Der zweite Bericht steht mit der mündlichen Anfrage, die wir eingereicht haben, im Zusammenhang und betrifft die Fristen, innerhalb derer einige Festlegungen zu treffen sind. Mit Frau Thyssen gehe ich vollkommen konform, wenn sie es als lächerlich bezeichnet, dass jetzt, wo nur ein Monat verbleibt, noch Ungewissheit herrscht, insbesondere in den Sektoren arbeitsintensiver Dienstleistungen, die nach wie vor nicht wissen, woran sie sind. Den Kommissar trifft hier keine Schuld; als Rechtsetzungsorgan ist der Rat verantwortlich, und der schafft es nicht, eine Regelung festzulegen.
Ich stehe hier, um mich für diese arbeitsintensiven Dienstleistungen einzusetzen. Nach meiner Auffassung sollten sie in Anhang H – der strukturellen Lösung – aufgenommen werden. Ich hoffe, dass unser Appell hier in diesem Hause jedenfalls den letzten Anstoß dazu geben wird, eine Übereinkunft zu erzielen, und dass man die Zeit finden wird, im nächsten Jahr eine Aussprache dazu zu führen. Ich für meinen Teil bin für eine wesentlich breiter angelegte Diskussion. Die ganze Debatte über den Wechsel von der indirekten zur direkten Besteuerung, worauf Ihr Ministerpräsident, Herr Verhofstadt, nochmals sehr ausdrücklich Bezug genommen hat, steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der strukturellen Behandlung dieser Mehrwertsteuersätze.
Deshalb spreche ich mich wie Herr Becsey dagegen aus, in dieser Übergangsphase einen Höchstsatz zu bestimmen, und bin unbedingt für die Schaffung einer strukturellen Möglichkeit zur Anwendung dieser niedrigen Steuersätze. Wenn man von direkter zu indirekter Besteuerung übergehen will, was ja tatsächlich sehr vorteilhaft sein kann, muss man auch die Sätze differenzieren. Niedrige Sätze werden aus sozialen Gründen, aus Beschäftigungsgründen sowie zur Regelung und Verhinderung von Schwarzarbeit angewandt. Alle diese Elemente müssen mit berücksichtigt werden. Höhere Sätze sollte man vielleicht auf bestimmte Faktoren wie Luxus oder Umweltverschmutzung anwenden.
Diese Diskussion über strukturelle Aspekte sollte nächstes Jahr auf jeden Fall geführt werden, und hoffentlich kann der Kommissar den ersten Impuls dazu geben. Ich hoffe, dass die Mitgliedstaaten nicht jedes Mal die Einstimmigkeitsregel und die für sie bestehende Option zum Vorwand nehmen, um alle möglichen Blockaden zu errichten und heimliche Absprachen zu treffen. Dies hielte ich für keine gute Verwaltung und keine gute Rechtsetzung und schließe mich damit den Worten von Frau Berès an.
Margarita Starkevičiūtė, im Namen der ALDE-Fraktion. – (LT) Ich möchte meinem Kollegen Becsey meinen Dank für seine Arbeit zu Mehrwertsteuerfragen und die dazugehörigen Dokumente aussprechen. Heute beraten wir eine Steuer von gesamteuropäischer Bedeutung. Obwohl die Europäische Union keine gemeinsame Finanzpolitik besitzt, ist die Mehrwertsteuer eine wichtige Finanzierungsquelle für den EU-Haushalt. Bereits 1977 wurde mit der Annahme der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie der Versuch unternommen, eine gemeinsame Mehrwertsteuergrundlage zu schaffen, um die Stabilität der Zahlungen für den EU-Haushalt sicherzustellen.
Die Arbeit auf diesem Gebiet hat hervorragende Ergebnisse gebracht, doch das gegenwärtige System der Mehrwertsteuersätze sieht noch immer Ausnahmen in Form von wesentlich niedrigeren Mehrwertsteuersätzen für bestimmte Waren und Dienstleistungen vor. Darüber hinaus liegt das Problem nicht nur in den einzelnen Waren, auf die diese Mehrwertsteuersätze in verschiedenen Mitgliedstaaten angewendet werden, sondern auch in den unterschiedlichen Geltungsbedingungen für diese Ausnahmen. Ein derart kompliziertes System erschwert die Vorhersage des langfristigen Zuflusses von Haushaltsmitteln und schafft außerdem potenziell unterschiedliche Bedingungen, nach denen die Mitgliedstaaten die Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie anwenden.
Deshalb möchte ich vorschlagen und entsprechende Vorschläge unterstützen, dass die Europäische Kommission ein gemeinsames Verzeichnis von Waren und Dienstleistungen erstellt und prüft, für die ermäßigte Steuersätze gelten. Zudem sollte die Kommission die makroökonomischen Auswirkungen dieser Regelungen sowie die Erfahrungen der einzelnen Länder auswerten, um sicherzustellen, dass dieses Verzeichnis auch auf lange Sicht und nicht nur zeitweilig Gültigkeit besitzt, sofern nichts anderes vereinbart wird. Die Einführung eines solchen gemeinsamen Verzeichnisses würde dazu beitragen, die falsche Praxis der Anwendung ermäßigter Steuersätze als Ausnahmeregelungen in einigen Mitgliedstaaten zu verhindern, wenn andere Länder diese Sätze nicht in Anwendung bringen können. Ferner würde es zweifellos die Stabilität des Mittelzuflusses zum Haushalt der Europäischen Union sichern, da so die Vorhersage langfristiger Finanzflüsse möglich wäre.
Ian Hudghton, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Zum Thema der ermäßigten Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen möchte ich darauf aufmerksam machen, dass es nun schon fast ein Jahr her ist, seit das Parlament einen Bericht angenommen hat, für den ich der Berichterstatter war und in dem nachdrücklich der Grundsatz befürwortet wurde, dass alle Mitgliedstaaten zur Anwendung dieser Regelung berechtigt sein sollten. Es ist enttäuschend, dass in den letzten zwölf Monaten keine Fortschritte gemacht wurden.
Ich sagte damals, dass wir natürlich den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitgliedstaaten gewährleisten müssten, und wies außerdem darauf hin, dass wir den Rat eindringlich auffordern sollten, diesen Grundsatz fortan bei der Verwirklichung der Strategie von Lissabon zu berücksichtigen. Mir ist klar, dass es schwierig ist, die positiven Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Zahlen zu fassen, doch ich bin auch davon überzeugt, dass die plötzliche Wiedereinführung der Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen negative Folgen haben wird.
Ich weiß aus eigener Erfahrung in einem kleinen Bauunternehmen, dass die Erhebung des vollen Mehrwertsteuersatzes die Wahl der Verbraucher beeinflusst. In vielen Fällen gehen die Verbraucher dorthin, wo keine Mehrwertsteuer verlangt wird. Dieser Entschließungsantrag, den alle Fraktionen unterstützen und der heute zur Abstimmung steht, ist durchaus vernünftig. Das ist das Mindeste, was wir vom Rat erwarten können, wenn wir nicht nach dem Auslaufen dieser Regelung einen plötzlichen Schock erleben wollen. Ich hoffe, wir können die Mitgliedstaaten zu einer stärkeren Mitwirkung daran bewegen, so dass wir Daten zu den positiven Auswirkungen zusammenstellen können, die sicherlich irgendwie beziffert werden können.
Diamanto Manolakou, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Die indirekte Besteuerung stellt ein elementares Mittel dar, um das Einkommen des Volkes zu schröpfen, und ist deshalb volksfeindlich.
Die unter dem Vorwand der Investitionsförderung gewährten permanenten Steuerbefreiungen für das Großkapital und seine Profite gehen einher mit einer gleichzeitigen Anhebung der indirekten Steuern und einer Verringerung des Einkommens des Volkes. Aus diesem Grunde sprechen wir uns gegen jegliche Form einer indirekten Besteuerung aus sowie insbesondere gegen die Art und Weise, in der das Mehrwertsteuersystem derzeit funktioniert.
Erst vor kurzem hat die griechische Regierung in meinem Land in treuer Erfüllung des Diktats des Stabilitätspakts die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt erhöht. Zugleich ist zu hören, dass es unter dem Druck der Kommission eine weitere Anhebung geben könnte. In Bezug auf die Unternehmensgewinne wurde natürlich eine Steuerkürzung um zehn Prozentpunkte propagiert. Es entbehrt nicht der Ironie, aber möglicherweise gelangen wir am Ende an den paradoxen Punkt, einen MwSt-Höchstsatz von 25 % zu befürworten, weil wir dann sicher sein können, dass dieser nicht noch mehr steigen wird.
Die Sätze von 15 % bis 25 %, die keine Unterscheidung zwischen unmittelbaren Bedarfsartikeln und Luxusgütern gestatten, die Einheitssätze, die dem armen Arbeiter und dem reichen Geschäftsmann die gleiche Verbrauchsteuer auferlegen und die Zahnpasta mit demselben Satz besteuern wie eine Yacht, liegen häufig über den Sätzen, mit denen das Großkapital direkt besteuert wird. Es wird sogar vorgeschlagen, die gestaffelten Direktsteuern abzuschaffen und einen Standardsatz einzuführen, der dem für die indirekten Steuern entspricht.
Die Tatsache, dass die experimentelle Richtlinie, die für arbeitsintensive Dienstleistungen einen geringeren MwSt-Satz zulässt, keine generelle Anwendung finden kann, ist ein typisches Beispiel für die Einheitsstrategie des Großkapitals und die innerkapitalistischen Auseinandersetzungen. Der Umsetzungszeitraum, der den Mitgliedstaaten gestattet, auf bestimmte Tätigkeiten ermäßigte MwSt-Sätze zu erheben, damit dadurch zugleich auch die betreffenden Arbeitsplätze erhalten werden können, ist zweimal verlängert worden. Es ist bislang nicht möglich gewesen, sie auf alle Mitgliedstaaten anzuwenden, was eben gerade ein Beleg für die bestehenden Differenzen ist.
Wir kämpfen gemeinsam mit den Arbeitnehmern für den Schutz des Einkommens des Volkes, die Abschaffung indirekter Steuern und die Durchführung einer progressiven Einkommen- und Kapitalsteuerpolitik, um zu verhindern, dass die Arbeitnehmer, die Rentner, die Arbeitslosen und die Volksschichten generell weiterhin die Rechnung bezahlen müssen und dass die Steuern als eines der Instrumente zur Umverteilung des Einkommens der Arbeitnehmer zugunsten des Großkapitals benutzt werden.
John Whittaker, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Im Bericht Becsey zum Mindestnormalsatz heißt es, dass das Ziel des Europäischen Parlaments letztendlich darin bestehe, die wirtschaftliche Produktivität und die Wachstumsraten in der EU zu steigern. Das sind hehre Ziel, und Sie werden mir sicher gestatten, einige allgemeine Ratschläge zu geben.
Laut der aktuellen Prognose des IWF ist in der Eurozone 2006 mit einem Wachstum von 1,8 % zu rechnen, wobei die größten Volkswirtschaften am schlechtesten abschneiden. Dieses schwache Wachstum reicht bei weitem nicht aus, um das Sozialprogramm der EU zu finanzieren. Die Kommission geht davon aus, dass eine Senkung der Einkommensteuer um 1 % des BIP zu einem überproportionalen Wirtschaftswachstum führen würde. Daher sollte die Umstellung von der direkten zur indirekten Besteuerung mithilfe eines harmonisierten Mehrwertsteuersystems erfolgen. Leider gibt es keine stichhaltigen Beweise dafür, dass ein solches Wachstum auch wirklich einträte. Zudem würde ein solcher Schritt auch eine Umverteilung von Arm nach Reich mit sich bringen, wie es ja bereits bei der Gemeinsamen Agrarpolitik geschehen ist, die nicht den Landwirten, sondern den Landbesitzern zugute kommt. Ist es wirklich das, was wir wollen?
Unsere Partner in der Kommission sollten meiner Meinung nach lieber die Finger von einer Harmonisierung der Besteuerung lassen. Ist ihnen denn nicht klar, dass sie mit ihrem illusorischen Ziel der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen und ihren nach innen gerichteten Regulierungsmaßnahmen das Wachstum eher behindern, anstatt es zu fördern? Die Arbeitszeitrichtlinie, die Leiharbeitnehmer-Richtlinie und die Gemeinsame Agrarpolitik sind allesamt Beispiele für eine Europäische Union, die die Augen vor der Realität der globalen Märkte, des freien Handels und der Effizienz verschließt und stattdessen ein überholtes Sozialmodell verfolgt, das in der globalen Wirtschaft keinen Platz mehr hat.
Die Harmonisierungspolitik sollte auf der Agenda jeder nationalen Regierung an letzter Stelle stehen, wenn sie das Wirtschaftwachstum ihres Landes wirklich steigern möchte. Vielmehr würden ein paar echte deregulierende Maßnahmen wahre Wunder bewirken.
Der Präsident. Herr Whittaker, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass es weltweite Umfragen gibt, wonach Europa die attraktivste Region in der ganzen Welt ist. Die meisten Menschen der Welt würden am liebsten in Europa wohnen, noch vor Amerika. Also so schlecht kann das europäische System gar nicht sein!
Hans-Peter Martin (NI). – Herr Präsident! Wenn Sie Ihre Führung dazu benutzen, auch politische Statements abzugeben, dann können wir sagen, dass das am Image liegt. Aber was hier so technisch klingt, rührt doch an Grundsätzlichem im Gemeinwesen. Bei der Mehrwertsteuerfrage geht es immer auch um Gerechtigkeit. Man muss schon feststellen, dass diese Europäische Union aus einer Schwäche heraus – weil die Zähne, so wie wir uns organisieren, nicht mehr beißen – jetzt zusehends zur Prothese der Mehrwertsteuer greift, um überhaupt noch bestimmte Steuereinnahmen, die diesen Namen verdienen, akkumulieren zu können. Dabei wird sehr ungerecht vorgegangen, weil das, wie wir wissen, sehr oft die Falschen trifft.
Zwei Österreicher könnten da vielleicht als Vorbild dienen. Einen kennen Sie, Bruno Kreisky, den anderen werden Sie wahrscheinlich noch besser kennen lernen, Karl-Heinz Grasser. Schon Kreisky hat sehr klar erkannt, dass wir mit diesen Ansätzen nicht weiterkommen, dass wir, vor allem was die Höhe der Mehrwertsteuer betrifft, dort ansetzen müssen, wo man wieder ein bisschen von dem zurückbekommen kann, was woanders verloren geht. Also das, was den Reichen wirklich Spaß macht: die Luxuslimousinen, die Jachten, die zusätzlichen Immobilien, das soll jetzt durch diesen Änderungsantrag verhindert werden. Das halte ich für falsch. Karl-Heinz Grasser versucht wenigstens in Österreich – und ich denke, das ist vorbildhaft – zu verhindern, dass international tätige Unternehmen den Vorsteuerabzug hin und her schieben können, ohne überhaupt jemals Mehrwertsteuer abliefern zu müssen. Eine Chance der zukünftigen Ratspräsidentschaft liegt vielleicht darin, auf europäischer Ebene wenigstens beim Stopfen von Steuerschlupflöchern rund um die Mehrwertsteuer ein Stückchen voranzukommen.
Othmar Karas (PPE-DE). – Herr Präsident! Die meisten Vorredner haben gezeigt, dass die Vorgehensweise in diesem Zusammenhang unprofessionell und unverantwortlich gegenüber den Marktteilnehmern – sowohl den Unternehmen als auch den Kunden – ist und mehr Unsicherheit als Klarheit schafft.
Ich halte die Planungssicherheit für nicht gegeben, und die Hausaufgaben – sowohl im Rat als auch in der Kommission – wurden nicht ausreichend gemacht. Sonst hätten wir im Zeitplan nicht ein derartiges Wirrwarr an Berichten, Zeitverschiebungen und Verlängerungen von Provisorien, ohne je wirklich eine Lösung zu finden.
Das Wort Steuer hat eine doppelte Bedeutung. Steuern steuern. Die Steuerpolitik ist ein ordnungspolitisches Steuerungsinstrument in der Wirtschaftspolitik. Wenn wir in diesem Bereich auf europäischer Ebene nicht mehr Klarheit schaffen, auch nicht mehr Kompetenz erhalten, wenn nicht eine umfassende Steuerdebatte stattfindet, wenn wir nicht eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerungen bekommen, wenn wir nicht die Steuerschlupflöcher schließen, wenn wir nicht ein einheitliches Steuersystem für die betriebliche Altersvorsorge erhalten, können wir viele unserer politischen Ziele für Wachstum und Beschäftigung nicht erreichen, weil wir das Instrument dazu nicht in der Hand haben.
Daher trete ich für eine umfassende, und nicht für eine auf einzelne Punkte bezogene Steuerdebatte ein. Ich trete für eine langfristige Steuerkonzeption zwischen den Mitgliedstaaten ein und nicht für eine, die um drei Minuten vor zwölf stattfindet, die in der Verlängerung endet und damit keine Lösung schafft. Beide Beispiele zeigen uns, dass auch das, was jetzt herauskommen wird, nur ein Provisorium ist, das uns nicht weiterhilft.
Dariusz Rosati (PSE). – (PL) Herr Präsident! Die Mehrwertsteuersätze gehen in der Europäischen Union zurzeit weit auseinander. Die Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Normalsätze, unterschiedliche ermäßigte Sätze und unterschiedliche Regeln für deren Anwendung. Das Resultat ist eine Preisverzerrung in der Europäischen Union. Diese unterschiedlichen Sätze beeinträchtigen auch die Zuweisung von Mitteln und verringern auf lange Sicht das Wachstumspotenzial der EU.
Allerdings sind auch zahlreiche Zweifel laut geworden, ob die Mehrwertsteuersätze überhaupt harmonisiert werden müssen, und hier im Plenum waren heute ebenfalls solche Stimmen zu hören. Nach meinem Dafürhalten ist es nun für uns an der Zeit, eine ernsthafte und ausführliche Aussprache über das Steuersystem in der Europäischen Union zu führen. Ich schlage der Kommission vor, die Auswirkungen - positive oder möglicherweise negative -, die schrittweise Angleichung der Mehrwertsteuersätze innerhalb der EU sowie ihre Anwendung eingehend zu prüfen. Wir brauchen verlässliche analytische Daten, auf deren Grundlage wir ernsthafte Überlegungen zu dieser Frage anstellen können.
Was die ermäßigten Mehrwertsteuersätze für arbeitsintensive Dienstleistungen anbelangt, so möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Sätze vor sechs Jahren versuchsweise eingeführt worden sind. Es verwundert mich doch sehr, dass die Mitgliedstaaten bisher nicht in der Lage waren, die Ergebnisse dieses Experiments zu bewerten.
Diese Sachlage führt ganz offensichtlich zu einer Diskriminierung der neuen Mitgliedstaaten, und wir dürfen nicht zulassen, dass das so weitergeht.
Wolf Klinz (ALDE). – Herr Präsident, Herr Kommissar! Es ist schon erstaunlich und enttäuschend – wie ja bereits mein Vorredner gesagt hat –, dass wir uns vier Wochen vor Jahresende mit einem Thema beschäftigen, das eigentlich schon längst abgeschlossen sein sollte.
Die 1999 zunächst für drei Jahre eingeführte Sonderregelung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes bezog sich ja nur auf wenige Mitgliedstaaten und auf wenige arbeitsintensive Dienstleistungen. Nach dem Ablauf des ursprünglichen Zeitrahmens wurde dieser mehrmals verlängert, das heißt, auch in der Vergangenheit war man nicht imstande, eine definitive Lösung zu finden. Ohne erneute Entscheidung würde diese Regelung Ende dieses Jahres endgültig auslaufen. Fest steht, dass die mit der Einführung der Sonderregelung verbundenen Erwartungen sich in der Vergangenheit nicht oder nur teilweise erfüllt haben.
Die Kommission hat 2003 klar festgestellt, dass die ermäßigten Mehrwertsteuersätze sich nicht in verbilligten Preisen niedergeschlagen haben und dass sie praktisch keinen spürbaren Einfluss auf die Beschäftigungssituation hatten.
Vor diesem Hintergrund hat meine Fraktion ihre Zustimmung zu dem gemeinsamen, parteiübergreifenden Entschließungsantrag an die Erfüllung mehrerer Bedingungen geknüpft: Erstens, die Verlängerung erfolgt einmalig, aber nur noch bis Ende des nächsten Jahres. Zweitens, die Kommission stellt eine umfassende Untersuchung über die Wirksamkeit der Maßnahme an. Drittens, nach Ablauf des Verlängerungszeitraums, also ab Ende nächsten Jahres, dürfen nur noch Bereiche von der ermäßigten Mehrwertsteuer profitieren, in denen diese Ermäßigung tatsächlich positive Wirkung auf Preise und Beschäftigung hat. Dann allerdings ist die Sonderregelung von Dauer. Andere, nicht effektive Bereiche scheiden endgültig aus der Sonderregelung aus. Auch neue Mitgliedstaaten dürfen den ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden, damit es keine Wettbewerbsverzerrungen in der EU gibt.
Für Absatz 2 des Gemeinsamen Entschließungsantrags fordern wir eine getrennte Abstimmung, denn die Regelung ist schon lange in Kraft und der erwähnte Bericht der Kommission ist unseres Erachtens detailliert und aussagekräftig genug.
Marie Anne Isler Béguin (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer würde es heute wagen, in unseren alten EU-Ländern den Abbau von 170 000 Stellen bekannt zu geben? Ist dies Wahnsinn? Eine Absurdität? Nein, es ist einfach die Realität! Wenn der Ecofin-Ministerrat am 6. Dezember die Regelung zum ermäßigten Mehrwertsteuersatz nicht verlängert, wird diese katastrophale Situation schon 2006 eintreten.
Der 1999 versuchsweise eingeführte ermäßigte Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Dienstleistungen hat sich bewährt. Durch ihn wurden Arbeitsplätze geschaffen. In Frankreich beispielsweise schätzt der öffentliche Bausektor, dass etwa 60 000 Arbeitsplätze entstanden sind. Der Versuch hat auch zur Bekämpfung von Schwarzarbeit beigetragen. In Frankreich wurde die Anzahl der Verstöße im Bausektor halbiert. Darüber hinaus ist diese Maßnahme nützlich im Kampf gegen die globale Erwärmung. Eine Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes in Verbindung mit Arbeiten zur Energieeinsparung würde sowohl den Verbrauchern als auch den Unternehmen zugute kommen und beinhaltet ein Potenzial von Stellen, die nicht ausgelagert werden können. Welche überzeugenderen Argumente könnte also der Rat vorbringen, um die Fortführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes abzulehnen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Frankreich haben die Bürger ihrem Ärger über ein Europa, das nicht mehr ihren Erwartungen entspricht, ja schon Ausdruck verliehen. Deshalb erwarten wir nun in Zukunft wirklich positive Signale von Seiten des Rates.
Patrick Louis (IND/DEM). – (FR) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 4. Mai, nur wenige Tage vor dem Referendum über die Europäische Verfassung, gab die EU-Präsidentschaft bekannt, dass ein Abkommen über die Senkung der Mehrwertsteuer für den Gastronomiesektor in Frankreich von 19,6 % auf 5,5 % bevorstehe. Um die Franzosen dazu zu bewegen, für die Verfassung zu stimmen, musste die französische Regierung dieses Versprechen während der gesamten Kampagne kühn bestätigen, ein Versprechen, das in Wirklichkeit sehr alt ist, denn es stand ja schon im Programm des Präsidentschaftskandidaten Chirac von 2002 und sogar schon 1995. Ebenso hat die französische Regierung, da sie mit einer Einigung auf europäischer Ebene rechnete, in ihrem Haushaltsentwurf für 2006 eine Fortführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Renovierungsarbeiten um ein Jahr vorgesehen und angekündigt. Durch diese Doppelzüngigkeit wird natürlich eine ständige Ungewissheit in Sachen Steuerpolitik genährt, die die Verbraucher und insbesondere die in den betroffenen Sektoren Beschäftigten verunsichert.
Nachdem nun unsere Völker den Superstaat abgelehnt haben, ist es da nicht endlich Zeit, den Europäern reinen Wein einzuschenken? Immer alles mit 25 Mitgliedstaaten machen zu wollen, egal, was es kostet, wirkt lähmend. Ist es nun nicht an der Zeit, sich ein anderes Europa vorzustellen, ein Europa mit variabler Geometrie und Geographie?
José Manuel García-Margallo y Marfil (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident! Ich bin voll und ganz mit der Rede von Herrn Becsey einverstanden und werde mich deshalb ausschließlich auf den auf arbeitsintensive Dienstleistungen anwendbaren ermäßigten Mehrwertsteuersatz konzentrieren.
Alle in Europa durchgeführten Meinungsumfragen zeigen, dass sich die Europäer um zwei Dinge sorgen: Arbeit zu finden und die Sicherheit zu haben, dass die Mittel zur Aufrechterhaltung des Wohlfahrtsstaats vorhanden sein werden. Um die Bürger in dieser Hinsicht zu beruhigen, ist viel geschrieben, aber wenig getan worden. Viele Worte und keine Taten.
Eine der wenigen konkreten Initiativen, die in diesem Bereich unternommen wurden, ist wahrscheinlich die Errichtung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Dienstleistungen, die Arbeitsplätze schaffen, Dienstleistungen, die die Einstellung von Arbeitnehmern, insbesondere der gering qualifizierten, fördern. Eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes, der auch Ressourcen ans Licht bringt, die vorher verborgen waren und die zur Finanzierung künftiger Renten eingesetzt werden können. Und eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf die Arbeit, der es uns erlaubt, das instabile Verhältnis zwischen den Steuern auf das Kapital und den Steuern auf die Arbeit neu auszuloten.
Im Moment ist die Situation so, dass dieses Experiment, das im Jahr 2000 begann, auslaufen könnte, wenn es nicht verlängert wird. Und der Rat hat weiterhin keine Meinung; der Rat weiß es nicht und hat keine Antwort.
Ich möchte dem Kommissar sagen, dass er viel mehr tun kann, als er in seiner Rede gesagt hat. Der Kommissar kann Druck auf den Rat ausüben: Er kann ihm sagen, dass es keine gute Idee ist, dieses Experiment gerade dann zu beenden, wenn neue Staaten aufgenommen werden, in denen die Probleme, an deren Lösung wir arbeiten – Fehlen von Arbeitsplätzen, Schattenwirtschaft – noch drückender sind als in den alten Staaten, dass es keine gute Idee ist, ein Experiment einzustellen und dadurch Preissteigerungen und einen Rückgang der Beschäftigung zu riskieren, dass es keine gute Idee ist, dieses Experiment gerade zu dem Zeitpunkt zu beenden, an dem wir über die Dienstleistungsrichtlinie diskutieren wollen, die so viele Bedenken in Bezug auf die Beschäftigung in den Mitgliedstaaten hervorgerufen hat, und der Kommissar kann dem Rat sagen, dass es in diesem Parlament Einstimmigkeit gibt und dass es diesem Parlament nicht gefällt, dass es nicht ernst genommen wird, vor allem wenn der Rat im Gegenzug keine fundierte Meinung anbietet.
VORSITZ: JANUSZ ONYSZKIEWICZ Vizepräsident
Joseph Muscat (PSE). – (MT) Herr Präsident! Vielen Dank, Herr Präsident. Ich habe den Eindruck, dass wir hier offene Türen einrennen, denn der Rat ist nicht anwesend und der Kommissar stimmt unserem nachdrücklichen Standpunkt zu, auch wenn er erklärt, er halte die Verlängerung der Sonderregelung für keine ausreichende Lösung. Meiner Ansicht nach sollten wir jetzt, Anfang Dezember, auch diese Lösung ins Auge fassen. Ganz sicher sollte der Rat unserer Position zugunsten einer Erneuerung dieser sehr arbeitsintensiven Möglichkeit Beachtung schenken, die als Experiment erfolgreich zu sein scheint und Arbeitsplätze geschaffen hat. Abgesehen davon sollte diese Sonderregelung auch auf neue Mitgliedstaaten ausgedehnt werden. Während wir hier über ermäßigte Steuersätze und das Experimentieren damit reden, haben ironischerweise die Regierungen einiger anderer Länder, einschließlich meines eigenen Landes, Malta, seit dem Beitritt zur Europäischen Union ja nicht nur keine Versuche mit niedrigen Steuersätzen unternommen, sondern sogar die Mehrwertsteuer von 15 auf 18 Prozent erhöht. Meines Erachtens sollte auch die Palette der Dienstleistungen erweitert und beispielsweise auf Umwelt- und Restaurantdienstleistungen ausgedehnt werden. Dieser Versuch hat sich als erfolgreich erwiesen. Im Interesse unserer Glaubwürdigkeit bei den Menschen, die uns gewählt haben und die wir vertreten, sollten Kommission und Rat einem der wenigen wirklich erfolgreichen Experimente größeren Wert beimessen.
Paolo Costa (ALDE). – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme in die Ausführungen meiner Kollegen ein, selbst auf die Gefahr hin, dieselben Argumente und Auffassungen zu wiederholen.
In einigen Mitgliedstaaten wurde versuchsweise ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz angewandt, doch zum Bedauern für uns alle gerade zu einer Zeit, da die europäische Wirtschaft, speziell in vielen der größeren Mitgliedstaaten, nicht besonders glänzte.
Dieser Versuch hat de facto in den arbeitsintensiven Bereichen einen höheren Beitrag als erwartet geleistet, insofern, als er nennenswerte Beschäftigungsniveaus stützte.
Ein zusätzliches Argument zugunsten der Fortsetzung dieses Versuchs ist u. a. die Tatsache, dass sich die wirtschaftliche Gesamtlage in Europa gegenwärtig leicht, wenn auch noch sehr verhalten, verändert, weshalb ein Abbruch des Versuchs verheerende Folgen hätte.
Zudem war der Versuch insofern positiv, als er innerhalb von sechs Jahren in einigen Ländern sogar zu Strukturanpassungen geführt hat. In meinem Heimatland Italien wurde die versuchsweise Anwendung des ermäßigten MwSt-Satzes zum Beispiel durch eine Maßnahme zur Ankurbelung der Umstrukturierung im Bauwesen – über die Einkommensteuer – flankiert, die sehr erfolgreich war. Sie war wirklich erfolgreich, weil sie eine schnelle Sanierung weiter Teile des italienischen Baubestands ermöglicht und die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Landes verbessert hat.
Unter finanziellen Gesichtspunkten hat das Rezept „Einkommensteuer-ermäßigte MwSt.“ eine enorme Masse an Schwarzarbeit erkennen lassen – ein besteuerbarer Bereich für das Land selbst –, während es unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wahrscheinlich die wichtigste Maßnahme zur Stützung der gesamten Binnennachfrage in einer Phase war, wo in Italien der Konsum daniederliegt, die produktiven Investitionen schrumpfen und die Ausfuhren sinken.
Meine Erwägungen sind zwei unter vielen anderen, die für eine Fortführung des Versuchs sprechen. Deshalb hoffe ich, dass der Rat, auch dank des Eingreifens der Kommission, endlich der Stimme des Europäischen Parlaments Gehör schenkt.
Astrid Lulling (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident! Ich unterstütze die Schlussfolgerungen des Berichts über den Mindestnormalsatz der Mehrwertsteuer, aber es ist meine Pflicht, einige Probleme anzusprechen, die ich mit einigen Argumenten unseres Berichterstatters habe, und ich freue mich, dass mich die große Mehrheit meiner Fraktion in dieser Sache unterstützt.
Nach sorgfältiger Prüfung erscheint mir die Idee, für den Normalsatz der Mehrwertsteuer eine Höchstgrenze von 25 % vorzuschlagen, vernünftig. Wir hätten also einen Spielraum von 15 % bis 25 %, vergleichbar mit der Währungsschlange seinerzeit.
Erinnern wir uns daran, dass ja der Ausgangspunkt 1992 war, innerhalb des Binnenmarktes eine Annäherung der Mehrwertsteuersätze anzustreben. Zu dieser Konvergenz kam es dann nicht, aber der Vorschlag des Parlaments, einen Höchstsatz von 25 % festzulegen, könnte für uns der entscheidende Anstoß sein, in diese Richtung zu gehen und so eine zu große Verzerrung der Mehrwertsteuersätze zu verhindern, die schädlich wäre. Deshalb befürworte ich diesen Vorschlag, der vom Ausschuss für Wirtschaft und Währung verabschiedet und bereits zweimal von der Europäischen Kommission gebilligt wurde.
Auch was die in seiner Begründung vom Berichterstatter dargelegte allgemeine Idee betrifft, die Steuersysteme zu reformieren, indem die indirekte Besteuerung auf Kosten der direkten Besteuerung erhöht wird, werde ich meine Bedenken nicht leugnen. Ich sehe darin momentan viel mehr Nachteile als Vorteile: das Risiko, die ohnehin schon zu starken inflationären Spannungen zu erhöhen; die Gefahr, die oft schwache Inlandsnachfrage zu bremsen; und das Problem der sozialen Gerechtigkeit einer solchen Neuorientierung. Kurz gesagt sollten wir hier sehr vorsichtig sein, ehe wir uns auf solche Wege wagen.
Erlauben Sie mir, zuletzt noch etwas zu den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen, insbesondere für arbeitsintensive Tätigkeiten, zu sagen. Diese Maßnahme, die, was Herr Klinz und andere darüber auch denken, positive Auswirkungen auf die Beschäftigung hat, nicht weiterzuführen wäre nicht nur bedauerlich, wie Sie gesagt haben, Herr Kommissar, sondern eine echte Katastrophe für alle betroffenen Sektoren. Ich schließe mich Frau Bérès an, die unsere Sorgen sehr gut erläutert hat, um den Rat dazu zu drängen, seine letzte Chance der Tagung am 6. Dezember zu nutzen und auf der Grundlage des luxemburgischen Vorschlags, der von der britischen Ratspräsidentschaft aufgegriffen und ergänzt wurde, eine Lösung zu finden. Ich hoffe also, dass unsere diesbezügliche Entschließung beim Rat, der hier wieder einmal nicht vertreten ist, endlich Eindruck hinterlässt.
Angesichts der momentanen Sachlage bin ich der Meinung, Herr Präsident, dass die Mitgliedstaaten einen weitaus größeren Handlungsspielraum besitzen sollten, um die Sektoren zu bestimmen, für die ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz gelten soll, und das Anliegen der Beschäftigten im französischen Gastronomiesektor, um nur dieses eine Beispiel zu nennen, erscheint mir höchst gerechtfertigt. Ich richte also einen Appell an die neue deutsche Regierung, mehr Flexibilität zu zeigen.
Richard Howitt (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte insbesondere auf die Notwendigkeit aufmerksam machen, gemeinnützigen Organisationen bzw. Wohltätigkeitsvereinen die von ihnen entrichtete Mehrwertsteuer zurückzuerstatten. Ich bitte Herrn Kommissar Kovács, seine Unterstützung dafür zu bekräftigen, die er vor zwei Monaten hier in Brüssel auf der Konferenz des Ausschusses „European Charities Committee on VAT“ erklärt hat.
Wohltätigkeitsvereinen wie dem „Home Farm Trust“, der 900 Lernbehinderte unterstützt und Zweigstellen in Braintree, Colchester, Newmarket, Saffron Walden und meinem Wahlkreis Sudbury unterhält, gehen gewaltige Geldbeträge verloren, da sie keine Mehrwertsteuer erheben und ihre Leistungen günstig mit hohen Zuschüssen oder kostenlos anbieten.
Studien in Irland, Dänemark und dem Vereinigten Königreich belegen, dass die Ausgaben für die Mehrwertsteuer ungefähr 4 % der Gesamtausgaben der Wohltätigkeitsvereine ausmachen. Da diese Vereine ihre Leistungen fast ausnahmslos auf örtlicher Ebene erbringen, müsste gerade hier der Grundsatz der Subsidiarität zur Anwendung kommen und somit die von ihnen zu zahlende MwSt. von den nationalen Regierungen festgelegt werden. Dieser Grundsatz wurde vom Europäischen Parlament bereits im Bericht Randzio-Plath anerkannt, und ich fordere die Kommission auf, sich dafür einzusetzen, dass die Entscheidungen vor Jahresende getroffen werden. Andernfalls werden die Wohltätigkeitsvereine jedes Jahr Millionen von Euro verlieren.
Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich begrüße dieses Vorschlagspaket der Kommission, vor allem die Bemühungen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands speziell für kleinere und mittlere Unternehmen, die Waren und Leistungen in andere Mitgliedstaaten liefern. Eine Vereinheitlichung der Mehrwertsteuersysteme für diese Unternehmen wird die Effizienz verbessern und zu verstärkten Aktivitäten im Binnenmarkt anregen, was der Lissabonner Agenda dient, die zur Zeit für uns alle im Mittelpunkt stehen und das Ziel sein sollte.
Die Pläne zur Errichtung einer einzigen Anlaufstelle, der wichtigste Bestandteil des Pakets, werden letzten Endes die Einführung neuer Vorschriften für grenzüberschreitende Geschäfte und die Erbringung von Leistungen durch Unternehmen an Verbraucher ermöglichen. In meinem Heimatland wird dies besondere Vorteile für irische Unternehmen haben, die für Verbraucher in anderen Mitgliedstaaten Leistungen in elektronischer Form über das Internet erbringen.
Der gegenwärtig auf 15 % festgelegte Mindestnormalsatz der Mehrwertsteuer läuft Ende dieses Jahres aus. Die Kommission schlägt eine Verlängerung bis 2010 vor. Ich unterstütze dies grundsätzlich, und insbesondere unterstütze ich die Entscheidung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, eine Wirkungsanalyse der impliziten und normalen Mehrwertsteuersätze in den Mitgliedstaaten durchführen zu lassen, die auch erwägen sollte, allen Mitgliedstaaten gleiche Chancen auf die Anwendung reduzierter Sätze für bestimmte Waren und Leistungen zu gewähren. Wir müssen uns noch einmal mit dem Thema besonders ermäßigter Sätze beschäftigen. Mein Heimatland hat niemals ermäßigte Sätze beantragt. Wenn ich richtig informiert bin, gibt es, glaube ich, nur neun Mitgliedstaaten, die das nutzen.
Hier müssen wir etwas tun. Restaurants, Gastronomie- und Bewirtungsleistungen ist in allen Mitgliedstaaten besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Wenn es um Arbeitsplätze und Dienstleistungen geht, dann könnten gerade diese Bereiche im Moment Volkswirtschaften überall in Europa wirklich in Schwung bringen, gehört doch der Fremdenverkehr zu den Wachstumsbereichen. Gegenwärtig sind die auf Lebensmittel erhobenen Mehrwertsteuersätze in einigen Mitgliedstaaten unerhört hoch und bedürfen einer dringenden Überprüfung.
Ich stelle fest, dass der Bericht über die einheitlichen Anlaufstellen und die Erstattung der Mehrwertsteuer allgemein nur wegen einer Veränderung der Rechtsgrundlage an das Parlament verwiesen wurde. Ich finde es nach wie vor Besorgnis erregend, wie oft dieses Parlament Fragen im Zusammenhang mit einer Rechtsgrundlage behandelt. Hier hat das Parlament nur beratende Funktion. Aber was geschieht mit Rechtsgrundlagen? Was geschieht mit Vorschlägen der Kommission zu verschiedenen Rechtsgrundlagen, die der Rat später verändert oder ergänzt oder für die er oft eine zweifache Rechtsgrundlage einführt? Wir brauchen Rechtssicherheit. Unsichere Gesetze sind schlechte Gesetze. Wir müssen in diesem Hohen Haus dringend eine offene Aussprache über das Thema Rechtsgrundlagen führen.
László Kovács, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich danke dem Parlament noch einmal für die schnelle Prüfung des Vorschlags für einen Mindestnormalsatz – schließlich laufen die geltenden Vorschriften am 31. Dezember 2005 aus – und für den positiven Beitrag des Berichterstatters. Ich habe Verständnis für die Sorge der Abgeordneten, dass uns die Zeit davonläuft, möchte Sie jedoch daran erinnern, dass die Kommission ihren Vorschlag bereits 2003 vorgelegt hat und es vielmehr der Rat war, der nicht zu einer einmütigen Entscheidung gelangen konnte.
Ich möchte kurz auf einige Änderungsanträge eingehen. Der erste Änderungsantrag betrifft eine Beschränkung des Normalsatzes durch Einführung einer Obergrenze von 25 %, um ein weiteres Auseinanderdriften der von den Mitgliedstaaten angewandeten Normalsätze der Mehrwertsteuer zu verhindern. Dies würde einen neuen Vorschlag der Kommission erforderlich machen und damit die Annahme eines ab 1. Januar 2006 geltenden Mindestsatzes verhindern. Zudem besteht nach den bisherigen Erfahrungen keine Aussicht auf einmütige Annahme durch den Rat.
Der zweite Änderungsantrag zielt darauf ab, mehr Flexibilität in der Mehrwertsteuergesetzgebung zuzulassen, damit die Mitgliedstaaten auf die sich verändernde wirtschaftliche Situation reagieren können. Dies steht im Gegensatz zum ersten Änderungsantrag, der eine solche Flexibilität in Bezug auf den Normalsatz ja gerade zu verhindern sucht. Generell ist dieser Vorschlag noch nicht das geeignete Instrument für eine allgemeine Einschätzung der makroökonomischen Folgen von Mehrwertsteuersätzen und der damit zusammenhängenden Auswirkungen für die Einnahmen und Haushalte der EU-Mitgliedstaaten.
Ich freue mich, dass ein Teil des Pakets zur Errichtung einer einzigen Anlaufstelle zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer die Zustimmung der Abgeordneten findet. Leider kann die Kommission die vorgeschlagenen Änderungen aus folgenden Gründen nicht akzeptieren:
Die Änderungsanträge 1 und 2 betreffen die Bestimmungen für die Regelung und Zusammenarbeit im Erstattungsverfahren, das einen weiteren Bestandteil des Vorschlags zur Errichtung einer einzigen Anlaufstelle darstellt. Änderungsantrag 3 stellt auf eine Verlängerung der Frist ab, was meines Erachtens nicht notwendig ist. Änderungsantrag 4 ist nicht umsetzbar, da einerseits den Mitgliedstaaten für Erstattungen eine feste Frist von vier Monaten auferlegt würde, es andererseits aber für einen Steuerpflichtigen keine Frist für die Einreichung angeforderter zusätzlicher Informationen gäbe. Zudem steht der Änderungsantrag im Widerspruch zum zweiten Unterabsatz desselben Artikels, demzufolge mit Erhalt der zusätzlichen Informationen vom Steuerpflichtigen abermals eine dreimonatige Frist beginnt.
Ich bin überzeugt, dass die positive Stellungnahme des Parlaments zu einer rechtzeitigen Entscheidung im Rat über den Vorschlag für einen Mindestnormalsatz beitragen und die Diskussion der Vorschläge für eine einheitliche Anlaufstelle sowie deren Annahme unter der österreichischen Präsidentschaft erleichtern wird.
Im Hinblick auf die arbeitsintensiven Dienstleistungen habe ich alle Ausführungen aufmerksam verfolgt und kann Sie nur daran erinnern, dass die Kommission bereits die notwendigen Schritte eingeleitet hat, um ihre Einbeziehung in den Anwendungsbereich von ermäßigten Sätzen entsprechend Anhang H zu unterstützen. Allerdings sind die gegenwärtigen Beratungen im Rat nicht einfach.
Ich habe in meinen einleitenden Worten ausführlich erläutert, weshalb ich eine Verlängerung der versuchsweisen Regelung nicht unbedingt für einen gangbaren Weg nach vorn halte. Außerdem müssen wir sehr vorsichtig sein, da Einmütigkeit im Rat zu einer solchen Verlängerung ebenso schwierig zu erzielen sein dürfte wie eine wirkliche Einigung zum Anwendungsbereich des ermäßigten Satzes.
Ich unterstütze den in der Entschließung des Parlaments zum Ausdruck kommenden Konsens. Er ist ein sehr wichtiges Signal an den Rat, dass eine Einigung erzielt werden muss, die sowohl die Interessen der Europäischen Union insgesamt als auch die aller Mitgliedstaaten berücksichtigt.
Präsident. Zum Abschluss der Aussprache wurde gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung ein Entschließungsantrag eingereicht.(1)
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet heute um 11.00 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Art. 142)
Bruno Gollnisch (NI). – (FR) Jacques Chirac hat die Beschäftigten im französischen Gastronomiesektor bewusst belogen, indem er sie glauben machte, er könne die Mehrwertsteuer für ihren Sektor senken, ohne dafür die Erlaubnis aus Brüssel einzuholen.
Es ist nicht sicher, ob der Rat vor Jahresende eine Einigung zur Neufassung der Mehrwertsteuer-Richtlinie und insbesondere zur Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf arbeitsintensive Dienstleistungen erzielt. Falls die Genehmigung dieser ermäßigten Steuersätze nicht auf die eine oder andere Weise verlängert wird, werden ganze Sektoren, insbesondere der Bausektor, am 1. Januar 2006 die Auswirkungen voll zu spüren bekommen.
Warum stehen wir heute hier? Bei den arbeitsintensiven Dienstleistungen ist es der Versuch, den Rat dazu zu drängen, eine umfassende Reform der Mehrwertsteuer-Richtlinie anzunehmen. Für den Gastronomiesektor müssen die Anhänge der Richtlinie geändert werden. Deutschland ist dagegen. Es möchte nicht, dass auf seinem Boden ähnliche Forderungen aufkeimen, da es ja jetzt seine indirekten Steuern um 20 % erhöhen möchte. Hat Deutschland Unrecht? Nein.
Diese Probleme würden nicht existieren, wenn die Mitgliedstaaten an ihrer Steuerhoheit festgehalten hätten und diese benutzen könnten, um die Beschäftigung anzukurbeln. Der eigentliche Fehler, die eigentliche Schuld liegt bei denjenigen, die die Staaten ihrer Hoheitsrechte berauben wollten.
Dominique Vlasto (PPE-DE). – (FR) Die Europäische Union hat die Beschäftigung zu ihrer Priorität erklärt, und trotzdem ist sie nicht fähig, eine Entscheidung zur Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf arbeitsintensive Sektoren zu treffen.
Aufgrund der anhaltenden Blockade im Rat ist es momentan nicht möglich, in den Mitgliedstaaten die Liste der Sektoren, die vom ermäßigten Mehrwertsteuersatz profitieren können, zu verändern. Jahr um Jahr eine Entscheidung des Rates auf die Schnelle zu verlängern, ist kein verantwortungsbewusstes Vorgehen. Die rechtliche und wirtschaftliche Ungewissheit für diese Sektoren kann nicht länger geduldet werden.
Im öffentlichen Bausektor hat der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Renovierungsarbeiten dazu geführt, dass Tausende von kleinen Unternehmen, die von dieser Maßnahme am stärksten betroffen sind, ihre Aktivität steigern und Arbeitskräfte einstellen konnten.
Bei den häuslichen Pflegediensten hat dieser ermäßigte Steuersatz dazu geführt, dass die Schwarzarbeit verringert und die Arbeitsbedingungen verbessert werden konnten.
Für den Gastronomiesektor, eine wichtige Quelle für Beschäftigung in Europa, wird der ermäßigte Mehrwertsteuersatz in den Mitgliedstaaten, die diesen gerne anwenden würden, ohne Zweifel dieselben positiven Auswirkungen haben.
Daher fordere ich den Rat auf, sich seiner Verantwortung zu stellen und eine Einigung zu erzielen, die es ermöglicht, das Beschäftigungspotenzial der arbeitsintensiven Sektoren freizusetzen.
4. Entwicklungen in der Slowakischen Republik in Bezug auf die Situation der Polizei
Präsident. Als nächster Punkt folgt eine Erklärung der Kommission zu den Entwicklungen in der Slowakischen Republik in Bezug auf die Situation der Polizei.
László Kovács, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Der Kommission sind die von den Abgeordneten geäußerten Bedenken in Bezug auf die slowakische Polizei sehr wohl bekannt. Angesichts der Komplexität und des sensiblen Charakters der Angelegenheit und der Zeit, die die Kommission benötigt, um Stellung zu nehmen, brauchen wir noch mehr Zeit, um das Problem zu untersuchen und objektive und unparteiliche Informationen einzuholen.
Die zuständigen Dienste der Kommission stehen mit der Ständigen Vertretung der Slowakischen Republik hier in Brüssel in Verbindung und bemühen sich um die erforderlichen Informationen. Darüber hinaus ist die Kommission vom Dachverband der europäischen Polizeigewerkschaften umfassend über die Sachlage informiert worden.
Ich bedauere, dass wir Ihnen zu diesem Zeitpunkt keine vollständigere Antwort geben können. Die Kommission unternimmt alles in ihren Kräften Stehende, um sich so schnell wie möglich ein vollständiges Bild von dieser Angelegenheit machen zu können, und wird Ihnen ihre Erkenntnisse sofort mitteilen. Die Kommission wäre daher bereit, die mündliche Anfrage auf einer späteren Tagung zu beantworten, falls das Parlament beschließt, diese auf seine Tagesordnung zu setzen.
Ján Hudacký, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (SK) Diskreditierung des eigenen Landes zur Verfolgung persönlicher politischer Ziele – so kann man den Vorstoß von Frau Beňová und ihren Vorschlag bezeichnen, eine Diskussion über die Situation der Polizei in der Slowakischen Republik auf die Tagesordnung zu setzen.
Die politischen Schachzüge der Gewerkschaftsbosse innerhalb der Polizei haben nichts mit dem Schutz der Arbeitsbedingungen und der Menschenrechte zu tun. Mit ihren Lügen und Halbwahrheiten sowie der Verheimlichung der Fakten bezüglich der Gehälter – die übrigens erst zwei Wochen vor der fraglichen Versammlung angehoben wurden – sollten rechtschaffene Polizeibeamte manipuliert und die Effektivität der Polizei untergraben und damit die Bürger ihres Rechts auf Schutz und Sicherheit beraubt werden. Die Möglichkeit, dass die slowakische Regierung den Gewerkschaftsbossen nachgibt, zieht die Polizei in gefährlicher Weise in den politischen Streit hinein.
Die politischen Schwindeleien der Gewerkschaftsbosse schmälern in keiner Weise die hervorragenden Ergebnisse, die die slowakische Polizei im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und die Korruption erzielt hat. Die auf der jüngsten Versammlung ausgegebenen Parolen wie ‚Wenn die Regierung die Polizei nicht bezahlt, übernimmt die Mafia das gern’ verletzen alle akzeptierten Prinzipien der Arbeit unabhängiger Gewerkschaften.
Das Versammlungsrecht der Polizei ist nie beschnitten oder in Frage gestellt worden, was eine für den kommenden Sonnabend geplante Kundgebung beweist. Weder das Europäische Parlament noch andere Institutionen der Europäischen Union sollten sich in diese fragwürdigen politischen Winkelzüge hineinziehen lassen, die einzig zu dem Zweck inszeniert wurden, die Erfolge der regierenden Koalition in der Slowakei zu diskreditieren.
Monika Beňová, im Namen der PSE-Fraktion. – (SK) Herr Kommissar, Ihre Reaktion hat mich eher enttäuscht als überrascht. Ich werde auch weiterhin darauf bestehen, dass die Kommission diese Frage genau verfolgt. Ihre Ausführungen kann ich nicht weiter kommentieren, denn Sie haben uns im Grunde gar nichts gesagt. Bitte fassen Sie dies nicht als persönlichen Angriff auf, denn ich möchte das vielmehr als Angriff auf den Inhalt des von der Kommission vorgelegten Materials verstanden wissen.
Mein Kollege, Herr Hudacký, der ebenso wie ich aus der Slowakei kommt, hat davon gesprochen, dass politische Auseinandersetzungen in das Europäische Parlament hineingetragen werden. Ich möchte aber mit Nachdruck feststellen, dass das, was im Innenministerium geschehen ist, auch vom stellvertretenden Vorsitzenden des Verteidigungs- und Sicherheitsausschusses, der auch Mitglied der regierenden Koalition ist und der Partei von Premierminister Dzurinda angehört, auf das Entschiedenste verurteilt wurde. Somit wird deutlich, dass diese Angelegenheit nicht als interner politischer Streit abgetan werden kann. Jetzt ist es an der Europäischen Kommission zu erklären, ob eine Beschneidung der Rechte von Polizisten in der Slowakei hinnehmbar ist, denn ein Polizeibeamter ist EU-Bürger und Arbeitnehmer wie andere EU-Bürger und Arbeitnehmer auch.
Wir haben der Kommission zwei wichtige Fragen gestellt, die umso bedeutsamer für uns sind, als hier möglicherweise eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention und des Kodexes für Polizeiethik des Europarates vorliegt. Unserer Meinung nach ist die Europäische Kommission verpflichtet, dazu Stellung zu nehmen, ob eventuell Rechte der Bürger eines Mitgliedstaates verletzt wurden. Das Parlament hat gestern diese Anfrage an die Kommission zugelassen und damit sehr deutlich gemacht, dass es derartige Praktiken in keinem EU-Mitgliedstaat akzeptiert. Aus diesem Grunde möchte ich Sie, Herr Kommissar, noch einmal bitten, dass diese Frage nicht beiseite geschoben wird und wir auf der nächsten Tagung des Parlaments darauf zurückkommen. Sie sollten die Abgeordneten über die Stellungnahme der Kommission informieren.
Angelika Beer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kovács! Meine Fraktion – die Grünen – hat unterstützt, dass wir heute diese Debatte führen. Wir beziehen uns auf Informationen aus der Slowakei, insbesondere von der „European Confederation of Police“, die bereits seit Juni vorliegen. Wir sehen das nicht als innerslowakische Angelegenheit und sind zutiefst besorgt. Deshalb fordern wir Sie auf, die Vorwürfe schnellstmöglich zu überprüfen. Die Unterstellung der Polizei unter die Militärgerichtsbarkeit in der Slowakei ist ganz offensichtlich ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Europarats bzw. die Polizeiethik. Die Gleichstellung von Polizisten und Soldaten ist ein Verstoß gegen die Genfer Konvention und gegen die Konvention der Vereinten Nationen!
Der zivile Status der Polizei ist eine Errungenschaft der Demokratie in Europa, eine Errungenschaft, für die wir gekämpft haben, gerade auch in den Balkanländern, als Polizisten während der ethnischen Auseinandersetzungen in militärische Aktionen involviert waren. Sollten die uns vorliegenden Berichte stimmen, dann haben wir die slowakische Regierung – aber auch das Parlament – aufzufordern, diese Fehlentscheidung, diesen Rückfall in eine Zeit der Politik, die nicht mit demokratischen Grundsätzen in Europa vereinbar ist, zurückzunehmen und in die demokratische Gemeinschaft zurückzukehren.
Auch Polizisten haben ein Recht zu demonstrieren! Die Freiheit der Polizisten zu demonstrieren ist ein Zeichen der Freiheit unserer Gesellschaft und der Demokratie. Deshalb bitten wir die Kommission, die Vorwürfe schnellstmöglich zu analysieren und Stellung zu beziehen.
Tobias Pflüger, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Es geht um zwei Bereiche. In der Slowakei wurde offensichtlich die Polizei wieder unter Militärrecht gestellt. Das ist Remilitarisierung und kann nicht akzeptiert werden. Polizei und Militär sind einfach zwei verschiedene Paar Stiefel. Allerdings ist genau diese Vermischung zwischen zivilem und militärischem Bereich, wenn es um Militär- bzw. Polizeieinsätze der Europäischen Union im Ausland geht, typisch für die Europäische Union. Die zukünftige österreichische Präsidentschaft hat dies sogar als einen ihrer Schwerpunkte definiert.
Zweitens geht es in diesem Kontext um die Einschränkung gewerkschaftlicher Rechte von Polizisten. Auch dies ist nicht hinnehmbar. Dieses Parlament ist immer groß dabei, wenn es um die Verletzung von Menschenrechten in Ländern außerhalb der Europäischen Union geht. Es geht in diesem Hause aber auch darum, eindeutige Verletzungen von Menschenrechten innerhalb der Europäischen Union klar zu benennen. Hier war die Aussage des Kommissars nicht ausreichend. Hier muss nachgebessert werden, hier müssen Sie mehr an Informationen bringen. Wir sollten auch Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern klar benennen. Ich nenne ein Beispiel aus Deutschland; auch dort gibt es zurzeit ein Berufsverbot bzw. exzessive Polizeigewalt und dies sollte hier einmal klar ausgesprochen werden.
Sergej Kozlík (NI). – (SK) Ich habe die jüngsten Maßnahmen des slowakischen Innenministers, Herrn Palko, mit großer Sorge und Beunruhigung verfolgt, da sie die Grundprinzipien der Demokratie und Bürgerrechte in der Slowakei untergraben.
Der Innenminister hat sich in einen legitimen gewerkschaftlichen Protest der slowakischen Polizeibeamten eingemischt und tut das auch weiterhin. Er hat den Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft seines Amtes enthoben und ihn zu einem einfachen Polizisten degradiert. Damit hat er nicht nur in die Persönlichkeitsrechte eines Vertreters der Polizei eingegriffen, sondern auch die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger, ihrer Interessenverbände und der Gewerkschaften auf freie Meinungsäußerung bedroht. Unsere Volkspartei – die HZDS – empfindet Minister Palkos Drohungen, die protestierenden Polizeibeamten mit Disziplinarmaßnahmen zu bestrafen, als groteske Demonstration der Arroganz der Macht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Palko ist ein führender Vertreter einer politischen Partei, die zur Europäischen Volkspartei gehört. Ich möchte daher an die Führung dieser Fraktion appellieren, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern diese Sache genau zu prüfen. Im Namen der unabhängigen Mitglieder der Volkspartei der Slowakei – HZDS –bringe ich unsere Unterstützung für die Forderung von EUROCOP, des Dachverbandes europäischer Polizeigewerkschaften, nach einer Änderung des Führungssystems der slowakischen Polizei zum Ausdruck und übermittle unsere Bitte, dass die Europäische Kommission diese Angelegenheit prüfen möge.
Anna Záborská (PPE-DE). – (SK) Unsere heutige Diskussion über dieses Thema und die geäußerte Unterstützung für die protestierenden Polizeibeamten sind Teil des Wahlkampfes der Opposition und stellen eine Verleumdungskampagne gegen einen erfolgreichen Minister der slowakischen Regierung dar.
Es entspricht nicht den Tatsachen, dass Polizeibeamte im Kriegsfall wie Soldaten behandelt werden oder dass die slowakische Polizei ab 2006 unter die Aufsicht des Militärs gestellt wird. Ebenso wenig stimmt es, dass Polizeibeamte ihrer Rechte beraubt werden sollen, denn die Militärgerichte führen die Prozesse nach dem Zivilrecht durch, und die Polizeibeamten werden im Kriegsfall wie normale Bürger behandelt.
Die slowakische Polizei arbeitet nach den gleichen Regeln wir die Gendarmerie in Frankreich und die Carabinieri in Italien. Die Ahndung von durch Polizisten begangenen Straftaten durch Militärgerichte ist seit langem gängige Praxis. Alle Behauptungen, die Polizei würde remilitarisiert, können nur als – wenn Sie den Ausdruck entschuldigen – Unsinn und Demagogie bezeichnet werden. Meiner verehrten Kollegin Beňová möchte ich sagen, dass dieser Gesetzentwurf im slowakischen Parlament von einer Mehrheit der Abgeordneten ihrer eigenen Partei befürwortet wurde, die zudem einem Änderungsantrag, der auf eine Änderung des Systems abzielte, die Unterstützung versagte.
Poul Nyrup Rasmussen (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich muss darauf bestehen, dass die Kommission auf der Tagung in Straßburg eine vollständige Antwort gibt. Ich danke dem Kommissar für sein Angebot. Leider kann er uns diese Antwort heute nicht geben, aber wir brauchen eine klare Antwort.
Meinem Vorredner möchte ich sagen, dass es hier nicht um Propaganda geht. Wir reden hier von der Slowakei, einem neuen Mitgliedstaat der Europäischen Union, der nach den Kopenhagener Kriterien dieselben Rechte und Pflichten hat wie jeder andere Mitgliedstaat.
Artikel 6 Absatz 1 des EU-Vertrages legt demokratische Rechte und Grundfreiheiten fest. In Artikel 6 Absatz 2 garantiert die Europäische Union Rechte gemäß der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte. In dieser Konvention geht es um den gleichberechtigten Zugang zum Rechtssystem und die Gleichbehandlung vor Gericht. Ein Militärgericht besteht nicht aus unabhängigen Richtern, es wird von der Regierung ernannt und steht im Widerspruch zu den Grundwerten des EU-Vertrages.
Deshalb bitte ich den Kommissar, zwei Fragen zu beantworten: Erstens, geben Sie uns darin Recht, dass Polizisten in der Slowakei nicht denselben Zugang zu fairer Behandlung vor Gericht haben wie alle anderen Bürger des Landes? Zweitens, geben Sie mir darin Recht, dass jeder Mitgliedstaat, auch die Slowakei, die Kopenhagener Kriterien erfüllen muss und dass die slowakische Regierung gegen die Kopenhagener Kriterien verstößt, wenn sie eine freie Gewerkschaft für die Polizei ablehnt und dieser damit das Verhandlungs-, Versammlungs- und Handlungsrecht vorenthält?
Das sind zwei grundlegende Fragen, auf die ich vom Kommissar eine eindeutige Antwort erbitte. Ich bezweifle nicht, dass die Slowakei und ihre Regierung – ganz besonders ihre Regierung – diese Grundrechte respektieren müssen. Deshalb stimme ich ja völlig mit Frau Beňová überein, dass dies eine ernste Angelegenheit ist und wir von der Kommission eine ernsthafte und korrekte Antwort brauchen, damit das slowakische Volk weiß, dass die Europäische Union an seiner Seite steht.
László Kovács, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte nur kurz den Abgeordneten antworten, die die Kommission um eine angemessene Antwort gebeten haben. Ihnen möchte ich sagen, dass wir noch mehr Informationen benötigen. Um mehr Informationen zu erhalten, benötigen wir mehr Zeit, und mit Sicherheit müssen wir, ehe ein Mitglied der Kommission vor dieses Hohe Haus tritt, um eine angemessene Stellungnahme abzugeben, im Kollegium darüber beraten, und zwar auf der Grundlage der Informationen, die wir benötigen.
Das ist meine Antwort zum jetzigen Zeitpunkt, aber ganz sicher nicht das letzte Wort der Kommission in dieser Angelegenheit.
Präsident. – Das Hohe Haus hat klar seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass die Fragen, die heute angesprochen wurden, zu einem späteren Zeitpunkt beantwortet werden. Ich hoffe, der Kommissar wird diesen Wunsch weitergeben.
Poul Nyrup Rasmussen (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte nur eine formelle Frage zum Verfahren stellen. Wie ich Kommissar Kovács verstanden habe, wäre die Kommission bereit, die Anfrage in zwei Wochen auf der Tagung in Straßburg zu beantworten. Habe ich das richtig verstanden? Es ist wichtig und dringend, dass wir eine vernünftige, schnelle Antwort bekommen. Die Menschen in der Slowakei brauchen eine deutliche Antwort von der Kommission, von daher ist es eine dringende Angelegenheit. Ich möchte nur fragen, ob wir von einem solchen Zeitplan ausgehen können, denn wir reden ja hier von zwei Wochen.
Präsident. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Tagesordnung für die Tagung in Straßburg - wie für die anderen Tagungen auch - von der Konferenz der Präsidenten beschlossen wird. Es wird deshalb meines Erachtens auch die Konferenz der Präsidenten sein, die darüber entscheidet, ob dieser Punkt auf die Tagesordnung gesetzt wird, wenn die Kommission bereit ist, diese Frage in Straßburg zu beantworten.
Die Aussprache ist geschlossen.
(Die Sitzung wird um 10.40 Uhr unterbrochen und um 11.00 Uhr wieder aufgenommen.)
VORSITZ: PIERRE MOSCOVICI Vizepräsident
5. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
6. Abstimmungsstunde
Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Abstimmungsstunde.
(Die Abstimmungsergebnisse im Einzelnen sind im Protokoll enthalten.)
7. Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit und die wirtschaftliche Zusammenarbeit
– Vor der Abstimmung:
Gay Mitchell (PPE-DE), Berichterstatter. – (EN) Herr Präsident! Der vorliegende Vorschlag versucht, wirtschaftliche Ziele und Entwicklungsziele zu mischen. Er läuft auf die Abschaffung der Mitentscheidung hinaus, für die das Parlament 20 Jahre lang gekämpft hat, indem 16 bestehende Verordnungen durch eine einzige ersetzt werden, bei der das Parlament keine Rolle mehr spielt. Auf Grund der entschlossenen und einmütigen Haltung des Entwicklungsausschusses, unterstützt von drei weiteren Ausschüssen, hat die Vernunft sich durchgesetzt.
Wir können nun versuchen, diesen Vorschlag abzuändern, indem wir ihn an den Entwicklungsausschuss rücküberweisen, und ich weiß die Arbeit der Präsidentschaft sowie derjenigen in der Kommission, die einen neuen Entwurf vorgeschlagen haben, sehr zu schätzen.
Auf Irisch würde man sagen Bi Ullamh – seid bereit, seid wachsam. Das Parlament nickt Dinge nicht nur ab, es hat Mitentscheidungsgewalt. Das ist ein Prinzip. Es ist kein Produkt, das zum Verkauf steht. Auf meinen persönlichen Rat hin haben 37 Mitglieder meines Ausschusses eine Empfehlung unterzeichnet, diesen Vorschlag zur Änderung zurück an den Ausschuss zu überweisen. Ich hoffe, das Hohe Haus stimmt dem zu.
Hannes Swoboda (PSE). – Herr Präsident! Ich möchte das Anliegen absolut unterstützen. Es ist nicht akzeptabel, dass die Kommission vorschlägt, dass wir an Kompetenz verlieren! Daher möchte ich unterstützen, dass wir das in den Ausschuss zurückschicken.
(Das Parlament billigt die Rücküberweisung an den Ausschuss.)
8. Zusatzprotokoll zum Abkommen EG/Republik Südafrika über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit nach der Erweiterung
9. Rolle der „Euroregionen“ bei der Entwicklung der Regionalpolitik
10. Antrag auf Schutz der Immunität von Andrzej Pęczak
11. Antrag auf Schutz der Immunität von Giovanni Claudio Fava
12. Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 6/2005 der Europäischen Union (in der vom Rat geänderten Fassung)
13. Berichtigungshaushalt 6/2005 Errichtung des Gerichts für den öffentlichen Dienst
14. Interinstitutionelle Vereinbarung über die Haushaltsdisziplin und die Verbesserung des Haushaltsverfahrens
15. Patente an der Herstellung von Arzneimitteln für Länder mit Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit
– Vor der Abstimmung:
Johan Van Hecke (ALDE), Berichterstatter. – (NL) Herr Präsident! Aufgrund einiger Fehler, die sich in die vom Präsidium erstellte Abstimmungsliste eingeschlichen haben, ist möglicherweise Verwirrung entstanden, und um diese zu beheben, möchte ich klarstellen, dass alle, die den mit der Kommission und dem Rat erzielten Kompromiss befürworten, damit die Änderungsanträge in Block 1 unterstützen, alle anderen Änderungsanträge hingegen ablehnen. Die Kommission und der Rat haben während der gestrigen Aussprache nochmals unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ein Kompromiss nur darin bestehen kann, dass Block 1 in seiner Gesamtheit, ohne sonstige Änderungsanträge, angenommen wird.
Alle Fraktionen, mit Ausnahme der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne, haben sich gestern für diesen Kompromiss ausgesprochen. Es ist äußerst wichtig, dass wir am Vorabend der WTO-Konferenz in Hongkong über eine Verordnung verfügen. Der vorliegende Kompromiss ist hart erarbeitet worden. Dank der Kooperation der Schattenberichterstatter der anderen Fraktionen ist es uns gelungen, einen Kompromiss zu erreichen, der nahezu einstimmig gutgeheißen und akzeptiert wird. Jetzt kommt es meines Erachtens darauf an, dass er gebilligt wird und dass nicht wegen einer eventuellen Verwirrung doch noch eine weitere Abstimmung stattfindet, was wir uns nicht wünschen, was aber durchaus möglich ist.
Lassen Sie mich deshalb nochmals sagen, dass wir, wenn wir den Kompromiss unterstützen, Block 1 unter Ausschluss aller anderen Änderungsanträge annehmen müssen.
16. Gemeinschaftsmaßnahmen zur Bekämpfung der Geflügelpest
– Vor der Abstimmung:
Neil Parish (PPE-DE), Berichterstatter. – (EN) Herr Präsident! Ich begrüße diese Richtlinie der Kommission zur Überwachung und Bekämpfung der Geflügelpest in der EU sehr. Wir brauchen einen überzeugenden Vorsorgeplan, um die Seuche aus der EU fernzuhalten, und wenn sie Europa dennoch erreichen sollte, werden wir die richtigen Vorkehrungen getroffen haben müssen, um sie schnell auszurotten.
Neu an dieser Richtlinie ist die Überwachung geringpathogener Geflügelpestviren, die zum ersten Mal in Europa eingeführt wird. Ich unterstütze das sehr, weil die geringpathogene Form potenziell zu der für Vögel hoch ansteckenden und tödlichen hochpathogenen Form der Seuche mutieren kann. In einem Punkt stimme ich der Kommission allerdings nicht zu. Bei Nachweis geringpathogener Geflügelpestviren müssen die betroffenen Tiere sehr schnell vernichtet werden, um der Gefahr der Ausbreitung und Mutation zu einer hochpathogenen Form sofort zu begegnen.
Die Richtlinie besagt, dass Fleisch von an geringpathogener aviärer Influenza (LPAI) erkrankten Tieren ohne Einschränkung in die Nahrungskette gelangen darf. Ich ziehe diese wissenschaftliche Empfehlung nicht in Zweifel, aber die Verarbeitung und Vermarktung von solchem Fleisch wird nahezu unmöglich sein. Zudem würde auf diese Weise das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sehr hohe Qualität des europäischen Geflügelfleisches zunichte gemacht. Ich bitte alle Abgeordneten dieses Hohen Hauses um Unterstützung der von der PPE-DE-Fraktion vorgelegten Änderungsanträge, um ein vernünftiges Herangehen an die Ausrottung von LPAI in der Europäischen Union zu etablieren und das volle Vertrauen der Öffentlichkeit und der Verbraucher in die Industrie zu erhalten.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich einen mündlichen Änderungsantrag hinzufügen, der mir von Herrn Ebner vorgelegt worden ist und den ich voll und ganz unterstütze. Soweit mir bekannt ist, hat er mit anderen Fraktionen im Parlament gesprochen und deren Unterstützung gewonnen. Es geht um die Einbeziehung von Jägern in die Überwachung von LPAI. Der Kommissar hat diesen Gedanken gestern Abend ebenfalls befürwortet. Der mündliche Änderungsantrag bezieht sich auf die Aufnahme einer Erwägung 11 b (neu) mit dem Wortlaut: „Die Jäger in Europa sollten dazu angeregt werden, bei der Kontrolle des Auftretens aviärer Influenza bei Wildvögeln mitzuwirken, indem sie die zuständigen Behörden über Verdachtsfälle infizierter Vögel informieren.“ Diesen Antrag möchte ich dem Hohen Haus anempfehlen.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
17. Ausgaben im Veterinärbereich
18. Erweiterung des Eurogebiets
19. Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: Geltungsdauer des Mindestnormalsatzes
20. Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige
21. Europäische Regulierungsagenturen
– Vor der Abstimmung über Absatz 4f:
Jo Leinen (PSE). – Herr Präsident! In Punkt 4f geht es um die Zusammensetzung des Verwaltungsrats von Europäischen Agenturen. Hier heißt es im Text:
(EN) „entsendet das Parlament seinerseits zwei Mitglieder in den Verwaltungsrat”.
Ich schlage vor, dass es heißt:
(EN) „bestimmt das Parlament seinerseits zwei Mitglieder des Verwaltungsrats“.
Was ist die Begründung? Das Parlament als Teil der Legislative sollte nicht den Anspruch erheben, in allen nachgeordneten Exekutivagenturen offiziell zwei Vertreter zu haben. Das Parlament sollte sich allerdings das Recht vorbehalten, Experten seines Vertrauens in ausgewählte Agenturen zu schicken, wie dies bei der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen oder bei der Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Wien der Fall ist.
Mein Antrag wird unterstützt von dem Verfasser dieses Absatzes, Herrn Florenz vom Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, sowie vom Berichterstatter über Regulierungsagenturen, Herrn Papastamkos. Ich bitte um Unterstützung.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
22. Vorbereitung der WTO-Ministerkonferenz
– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 3:
Harlem Désir (PSE). – (FR) Herr Präsident! Hier liegt ein Übersetzungsfehler vor; ich nehme also an, dass die englische Fassung maßgebend ist. Wenn wir für den Änderungsantrag 3 stimmen, streichen wir nicht das Satzglied in Absatz 13, das besagt, dass im Dienstleistungsbereich das Gesundheits- und Bildungswesen sowie der audiovisuelle Sektor Ausnahmen darstellen sollen. Wenn wir für diesen Änderungsantrag 3 stimmen, erklären wir also eindeutig, dass eine Unterscheidung zwischen gewerblichen und öffentlichen Dienstleistungen getroffen werden muss, dass die öffentlichen Dienstleistungen wie Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Energie weder zerschlagen noch geschwächt werden dürfen, und dass wir daran festhalten, dass auch für das Gesundheits- und Bildungswesen sowie den audiovisuellen Sektor Ausnahmeregelungen gelten sollen.
Der Präsident. – Herr Désir, das bedeutet, dass die englische Originalfassung maßgebend ist. Wir werden sämtliche Übersetzungen überprüfen und dafür sorgen, dass sie dem Original entsprechen.
– Vor der Abstimmung über Absatz 19:
Robert Sturdy (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte einen mündlichen Änderungsantrag zu Ziffer 19 vorlegen. Ich weiß, dass die Sozialdemokraten hierzu möglicherweise gern eine getrennte Abstimmung hätten. Es geht um eine Klarstellung zu TRIPS und TRIMS. Man könnte sagen, die Abkürzung TRIMS hat uns hier ins Stolpern gebracht, ins Trippeln sozusagen. Die Reihenfolge ist falsch. Ich lese den Änderungsantrag mit den technischen Änderungen vor: „fordert umgehend eine dauerhafte Lösung im Bereich TRIMS (Handelsbezogene Investitionsmaßnahmen) und TRIPS (Handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum), um Ländern, die selbst keine Arzneimittel herstellen können und mit Problemen der öffentlichen Gesundheit kämpfen, Zugang zu Arzneimitteln zu ermöglichen“.
Es geht um die Umstellung der beiden Begriffe.
Harlem Désir (PSE). – (FR) Herr Präsident! Ich befürchte, hier besteht eine kleine Verwechslung. In einem Punkt stimme ich Herrn Sturdy zu. Absatz 19 verweist in der Tat auf das Übereinkommen über Investitionen, und das ist ein Fehler, denn in diesem Absatz geht es um Maßnahmen für den Zugang zu Medikamenten, und deshalb muss auf jeden Fall das Übereinkommen über die Rechte des geistigen Eigentums – auf Französisch ADPIC-Übereinkommen und auf Englisch TRIPS-Übereinkommen – angeführt werden und nicht das Übereinkommen über die TRIMS, das Übereinkommen über die Investitionen. Daher haben wir ja eine gesonderte Abstimmung beantragt, um den Satzteil mit dem Übereinkommen über Investitionen zu streichen. Ich glaube nicht, dass man diesen Satzteil am Anfang des Absatzes wieder einfügen kann, denn dieser Absatz hat wirklich nichts mit diesem Übereinkommen über Investitionen zu tun.
(Der mündliche Änderungsantrag wird nicht angenommen.)
23. Menschenrechte in Kambodscha, Laos und Vietnam
– Vor der Abstimmung über Absatz 5:
Charles Tannock (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Um den Wortlaut von Absatz 5, 2. Spiegelstrich, klarer und gefälliger zu formulieren, würde ich den Text: „politische Reformen durchzuführen, die zu Demokratie und Rechtstaatlichkeit führen, wobei zuallererst mehrere Parteien zuzulassen sind und allen Meinungsströmungen erlaubt werden muss, ihre Ansichten zu äußern“, dessen letzter Teil recht schwerfällig wirkt, gern durch folgende Formulierung ersetzen: „alle Reformen so bald wie möglich auszuarbeiten und umzusetzen, die zur Demokratisierung des Landes, zur Gewährleistung der friedlichen Ausübung der Rechte der politischen Opposition und zur Sicherstellung einer raschen Durchführung einer Mehrparteienwahl unter internationaler Beobachtung mit Blick auf die nationale Versöhnung erforderlich sind“.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
24. Olympischer Friede
25. Entwicklung und Sport
– Vor der Abstimmung über Absatz 10:
Jana Hybášková (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Zur Klarstellung möchte ich zunächst den Änderungsantrag vorlesen: „anerkennt das uneingeschränkte Recht der Frauen, frei im Sport mitzuwirken, und unterstützt eine stärkere Mitwirkung von Frauen im Sport“.
(CS) Herr Präsident, der von mir eingereichte Änderungsantrag soll den Text deutlicher machen und verbessern. Ich halte es für überaus wichtig, dass das Parlament und die Europäische Union das Recht der Frauen in Entwicklungsländern und in islamischen Ländern, wie beispielsweise Saudi Arabien, anerkennen, uneingeschränkt an allen sportlichen Aktivitäten mitzuwirken. Ich hoffe, meine männlichen Kollegen in diesem Hause werden heute, ebenso wie die Frauen, für meinen Änderungsantrag stimmen.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
26. Zustimmung zur Europäischen Kommission
27. Anwendung der EG-Wettbewerbsregeln auf den Seeverkehr
28. Europäische Vorschriften und Märkte im Bereich der elektronischen Kommunikation 2004
29. Auf arbeitsintensive Dienstleistungen anwendbare Mehrwertsteuer
Der Präsident. – Die Abstimmung ist hiermit beendet.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe für die Rücküberweisung dieses mangelhaften Vorschlags über Entwicklungszusammenarbeit und wirtschaftliche Zusammenarbeit an den Ausschuss gestimmt. Da die Kommission jetzt deutlich gemacht hat, dass sie nicht beabsichtigt, einen neuen Vorschlag vorzulegen, werden wesentliche Änderungen erforderlich sein, um sicherzustellen, dass das Parlament sein Recht auf Überwachung der Formulierung und Umsetzung von Entwicklungspolitik aufrechterhalten kann.
Ich halte es für äußerst wichtig, dass das Europäische Parlament in dieser Frage im Kampf für die – durch diesen Vorschlag untergrabene – Mitentscheidung über den Politikbereich Entwicklungszusammenarbeit Geschlossenheit zeigt. Die Linderung der Armut muss zu Recht Dreh- und Angelpunkt eines jeden Instruments zur Entwicklungszusammenarbeit sein, und daher sind weitere Beratungen der zuständigen Ausschüsse (Entwicklungsausschuss und Ausschuss für internationalen Handel) in diesem Zusammenhang erforderlich.
Ich bin noch immer nicht davon überzeugt, dass eine Aufteilung in die Kapitel Entwicklung und Wirtschaft bei diesem Instrument für Entwicklungsländer von Vorteil ist, hat doch der überwiegende Teil der EU-Entwicklungspolitik als Entwicklungshilfe und außenwirtschaftliche Zusammenarbeit im Vertrag eine gemeinsame Rechtsgrundlage.
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) (Ich bin mir nicht sicher, ob ich bei diesem Lärm reden kann.) Ausgehend von meinen beruflichen Erfahrungen mit der slowakisch-polnischen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Tatra-Euroregion habe ich für den Antrag gestimmt. Verschiedene Initiativen für Euroregionen sind auf ganz natürlichem Wege – ausgehend von den Bürgern – entstanden. Die Euroregionen von heute sind Vereinigungen mit einer Rechtspersönlichkeit und eigenen grenzüberschreitenden Strukturen, die über hervorragendes Fachwissen auf dem Gebiet der nachhaltigen regionalen Entwicklung verfügen. Sie sind außerdem zu wichtigen Instrumenten der grenzübergreifenden Zusammenarbeit geworden, die entsprechend dem Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften bzw. Behörden von grundlegender Bedeutung für die europäische Kohäsion ist.
Aufgrund ihrer Erfahrungen mit den Problemen von Grenzregionen ist es von größter Wichtigkeit, dass die Euroregionen an der Entwicklung von Strategien für den Zeitraum 2007 - 2013 beteiligt werden und bei der Zusammenarbeit mit nationalen Institutionen im Bereich der Verwaltung von EU-Programmen eine größere Rolle spielen. Dieser Bericht ist eine bedeutsame Initiative des Europäischen Parlaments, denn mit unserer Unterstützung der Euroregionen werden wir dazu beitragen, dass eines der grundlegenden Ziele der EU – die Beseitigung regionaler Ungleichheiten – schneller erreicht wird.
Anne Ferreira (PSE), schriftlich. – (FR) Dank des Engagements der britischen Ratspräsidentschaft und der Berichterstatter des Europäischen Parlaments konnte zu dieser Verordnung über die Vergabe von Zwangslizenzen für Patente an der Herstellung von Arzneimitteln eine Einigung erzielt werden.
Diese Einigung ermöglicht es, den Vorschlag der Europäischen Kommission auszugleichen, der es im Zusammenhang mit dem WTO-Beschluss den Ländern, die mit ernsten Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit kämpfen, noch schwerer gemacht hat, Zugang zu Arzneimitteln zu erhalten.
Dieser Kompromiss mit dem Rat ist zufrieden stellend, da das System der Zwangslizenzen auf NRO, internationale Organisationen und Länder, die nicht Mitglied der WTO sind, ausgeweitet wird. Er erlaubt die Ausfuhr in Länder, die zum selben regionalen Handelsabkommen gehören.
Ich bedauere, dass die Förderung des Technologietransfers in die Länder des Südens abgelehnt wurde und dass die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, zusätzliche Bedingungen vorzuschreiben, beibehalten wurde.
Diese Rechtsvorschrift, die allerdings erst zweieinhalb Jahre nach der Verabschiedung des WTO-Beschlusses in Kraft tritt, ist notwendig für zahlreiche Entwicklungsländer mit ernsten Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Ich freue mich, dass diese Entscheidung mit dem Weltaidstag zusammenfällt.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Obwohl mit den Vorschlägen des Parlaments einige Verbesserungen am Verordnungsvorschlag der Kommission vorgenommen werden, enthalten sie keinerlei Maßnahmen gegen den Druck, den die multinationalen Pharmakonzerne dank der Praxis der Patentierung von Arzneimitteln auf den Markt ausüben können, worum es hier doch in erster Linie geht.
Bei den Vorschlägen des Parlaments stehen die „Legalisierung“ und die Einführung eines „Zwangssystems“ für die Abgabe von wichtigen Medikamenten an viele Menschen im Vordergrund. Erklärtes Ziel ist Regulierung, doch handelt es sich um einen äußerst zynischen Schritt, denn die Vorschläge enthalten keine Mechanismen für die Förderung von Forschung und nichts zur Entwicklung von Möglichkeiten für die Erforschung, Herstellung und Lieferung – von diesen und für diese Gruppen – der Arzneimittel, die für sie lebenswichtig sind und auf die sie Anspruch haben.
Anliegen ist es, den Zugang zu Arzneimitteln für so genannte unterentwickelte Länder dergestalt zu „regulieren“, dass die multinationalen Konzerne weniger Geld verlangen dürfen, wodurch sie in die Lage versetzt werden, ihre Märkte auszudehnen, ohne den privilegierten Status zu verlieren, den sie genießen.
Doch diese Strategie steht im Widerspruch zu den Schlussfolgerungen der Doha-Konferenz der Welthandelsorganisation, in denen es hieß, dass Länder Patente aus Gründen der öffentlichen Gesundheit „verletzen“ sollten, wobei Brasilien und Südafrika als Beispiele dienen, da es dort gelungen ist, AIDS-Patienten Arzneimittel kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Deshalb haben wir dagegen gestimmt.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Diese Verordnung stellt einen wichtigen Meilenstein bei der Verbesserung des Zugangs zu Arzneimitteln in Entwicklungsländern dar und hat meine volle Unterstützung. Mit ihr überwindet die EU den gegenwärtigen Stillstand bei der WTO in der Frage der Vergabe von „Zwangslizenzen“ für Arzneimittel zur Bekämpfung von Krankheiten, an denen Millionen Menschen in den Entwicklungsländern leiden.
Mit ihrer Annahme kann die EU als weltweit größter Binnenmarkt jetzt nicht nur die von Armen so dringend benötigten Medikamente zu erschwinglichen Preisen bereit stellen, sondern auch die überaus wichtige Entwicklung der Herstellung vor Ort durch den Transfer von Technologie und Know-how an öffentliche Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern unterstützen.
Insbesondere würdige ich die Bemühungen des Berichterstatters und Verfassers um eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs dieser Verordnung auf Nicht-WTO-Mitglieder, darunter mindestens 40 Entwicklungsländer. Weiterhin befürworte ich die Schritte, mit denen gewährleistet werden soll, dass diese neue Verordnung auch die wichtige Rolle von NRO und UN-Organisationen als Erbringern von Gesundheitsdiensten berücksichtigen kann.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Obwohl wir meiner Meinung nach noch keine Ideallösungen gefunden haben, zolle ich den Bemühungen Beifall, die im hier vorliegenden Vorschlag für eine Entschließung unternommen wurden. Besonders begrüße ich einige Änderungsanträge, die vom Parlament angenommen wurden und die darauf abzielen, die ärmsten Länder in die Lage zu versetzen, den Kampf gegen schwere Krankheiten, die erschreckend viele Menschenleben kosten, so wirksam und kostengünstig wie möglich zu führen.
Der Schutz von Urheberrechten und insbesondere des geistigen Eigentums ist gewiss nicht unvereinbar mit dem Schutz der Gesundheit und mit unserer Pflicht, für die ärmsten Länder den Zugang zu den Arzneimitteln zu verbessern, die sie am meisten benötigen.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße die vorgeschlagene Richtlinie über Maßnahmen zur Bekämpfung der Geflügelpest. Die vorgeschlagene Richtlinie zielt ab auf eine Aktualisierung der Maßnahmen der EU unter Berücksichtigung der Lehren aus in letzter Zeit drohenden Epidemien und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Ausbreitung der Erkrankung und ihre Gefahren für die menschliche Gesundheit. Die geltende Richtlinie gibt nur Maßnahmen zur Bekämpfung „hochpathogener“ Geflügelpestviren vor, also jener, die große Seuchenausbrüche bei Geflügel auslösen und in bestimmten Fällen auch auf den Menschen übertragbar sein können.
Es gibt jedoch Anhaltspunkte dafür, dass diese hochpathogenen Viren ursprünglich auf Mutationen so genannter „geringpathogener“ Influenzaviren zurückzuführen sind. Um große Ausbrüche aviärer Influenza zu vermeiden, schreibt die neue Rechtsvorschrift auch Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen für geringpathogene Influenzaviren vor, die von Wildvögeln wie Enten und Gänsen auf Hausgeflügel übertragen werden können. Die geringpathogenen Viren können bei Wildvögeln nicht ausgerottet werden, doch die Infektion von Hausgeflügel kann effektiv kontrolliert und Mutationen in gefährliche Formen des Virus können verhindert werden.
Ich unterstütze uneingeschränkt das Ziel der neuen Rechtsvorschrift, die den Einsatz der am besten geeigneten Maßnahmen zur Überwachung und Verhütung aviärer Influenza gewährleistet und die Gesundheitsrisiken, wirtschaftlichen Kosten und negativen...
(Erklärung zur Abstimmung gemäß Artikel 163 gekürzt)
Jean-Claude Martinez (NI), schriftlich. – (FR) Schon 1989 war die Gefahr einer Ansteckung des Menschen mit dem Erreger der spongiformen Rinderenzephalopathie (BSE) absehbar. Die Kommission und die Mitgliedstaaten wie beispielsweise Frankreich warteten bis 1996, ehe sie Schutzmaßnahmen ergriffen.
Ebenso hatte der Ultraliberalismus der Regierung Thatcher die britische Regierung dazu veranlasst, seine nationalen tiermedizinischen Netzwerke zu zerschlagen. Als die Maul- und Klauenseuche 2003 die britischen Rinder- und Schweinehaltungsbetriebe traf, gab es keinerlei gesundheitspolizeiliche Barrieren mehr. Millionen von Tieren wurden als Vorsorgemaßnahme geschlachtet, und riesige Scheiterhaufen verbrannten alles. Nur die ideologische Dummheit des Ultraliberalismus und des unsinnigen Freihandels blieben unversehrt.
Nach der Laxheit der Laisser-faire-Politik geht man heute im Fall der Vogelgrippe dazu über, das Thema bewusst im Dunkeln zu halten, indem die Grundängste der Menschen ausgenutzt werden. All dies angeblich im Namen eines Vorsorgeprinzips, das nichts weiter als die rückschrittliche Reaktion einer europäischen Elite nach Amish-Art ist.
Ein Virus, das heute nicht existiert und in der Phantasie einer politischen Klasse entstanden ist, die vergangene gesundheitspolitische Versäumnisse durch einen zügellosen gesundheitspolitischen Aktivismus wieder gutmachen will, bedroht die Menschheit angeblich mit einer Hollywood-tauglichen Pandemie vergleichbar der Spanischen Grippe.
Als nächster Schritt werden nun wirkungslose Virostatika wie Tamiflu angehäuft und dabei die Ängste der Menschen geschürt, um die Versäumnisse bei den Auslagerungen, der Islamisierung und anderen wirklichen Problemen, die man weiterhin ignoriert, vergessen zu lassen.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Wie der Berichterstatter ganz richtig feststellt, ist der beste Weg, eine mögliche Pandemie der Vogelgrippe beim Menschen zu verhindern, die völlige Ausrottung der Seuche bei den Vögeln.
Deshalb muss die Gemeinschaft ihre Anstrengungen der Forschung und der Mobilisierung von Mitteln widmen, und zwar für die Entwicklung und die Gewinnung von oralen Impfstoffen, die bei allen in Frage kommenden Vogelarten zur Bekämpfung der verschiedenen Stämme wirken.
Außerdem begrüßen wir die Änderung der derzeit geltenden Richtlinie, mit der Maßnahmen befürwortet werden, die sich auf gering pathogene Viren bei Geflügel richten, um das Risiko einer Mutation zur hoch pathogenen Form auszuschalten.
Der Bericht umfasst eine Reihe von Maßnahmen zur Verhinderung der Ansteckung von Menschen, und deshalb haben wir dafür gestimmt.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Ich bin sehr erfreut, dass mein Bericht angenommen wurde. Wir brauchen eine größere Unterstützung auf Gemeinschaftsebene, um die Forschung für einen oralen Impfstoff zur Bekämpfung unterschiedlicher Stämme zu entwickeln und dessen Einsatz zu fördern, sollte er notwendig werden; sämtliche Kosten für die Impfstoffe sollten von der Gemeinschaft getragen werden.
Den Mitgliedstaaten muss ferner Gemeinschaftsunterstützung gewährt werden, damit sie ein System für die Überwachung der Seuche entwickeln können, das die Labordiagnose und Erforschung geeigneter Impfstoffe einschließt. Außerdem sollten Maßnahmen zur Zusammenarbeit und für die technische Hilfe zugunsten von Drittländern getroffen werden, insbesondere in Asien, um die Vorbeugung und Früherkennung in den Ursprungsländern der Geflügelinfluenza zu gewährleisten.
Was die Finanzhilfe der Gemeinschaft anbelangt, so bin ich enttäuscht, dass mein Vorschlag abgelehnt wurde, die Unterstützung von 50 auf 60 % der Kosten, die die Mitgliedstaaten sowohl bei der hoch als auch bei der gering pathogenen Geflügelinfluenza zu tragen haben, anzuheben.
Auch der Vorschlag, 50 % der Einkommensverluste zu decken, die während der Zeit der Errichtung eines neuen Betriebes entstehen, ohne natürlich die Regeln des Marktes zu untergraben, wurde abgelehnt.
Davon abgesehen verlasse ich mich darauf, dass die Kommission und der Rat den angenommenen Vorschlägen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gebührend Beachtung schenken werden.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Maßnahmen für die öffentliche Gesundheit kosten Geld. Sie sind dazu bestimmt, einer großen Zahl von Menschen zu helfen, und umfassen Forschung, Verhütung und Kontrolle. Im Falle der Geflügelinfluenza muss das Verfahren zur Gewährung von Finanzhilfe, um die bei Durchführung der notwendigen veterinärmedizinischen Maßnahmen anfallenden Kosten zu decken, aktualisiert werden.
Es besteht die Möglichkeit einer weltweiten Pandemie, doch einige Mitgliedstaaten sind aufgrund ihrer Lage auf den Routen von Zugvögeln stärker gefährdet als andere.
Betrachtet man die Prävention, insbesondere in Verbindung mit der Entwicklung von Überwachungssystemen, Laborkosten und der Erforschung neuer Impfstoffe, lässt sich der gewaltige Umfang des erforderlichen finanziellen Engagements ermessen. Deshalb habe ich für den Bericht gestimmt.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Zweck dieses Kommissionsvorschlags ist die Änderung der Verordnung 974/98, die während der Umstellungsperiode im Kontext der Einführung des Euro in allen derzeitigen Ländern des Euro-Raums als Rechtsgrundlage diente. Jetzt soll dieser Rechtsrahmen für die Länder zur Anwendung kommen, die am 1. Mai 2004 EU-Mitglieder wurden und rechtlich verpflichtet waren, dem Euro-Gebiet beizutreten. Einer der wichtigsten Vorschläge lautet, den Umstellungszeitraum zu verkürzen und eine „Big Bang“-Lösung zu nutzen, d. h. die Einführung von Euro-Banknoten und -Münzen zeitgleich mit der Einführung des Euro als Währung.
Dieser Bericht folgt diesem Weg und tritt dafür ein, dass kein Mitgliedstaat den Euro-Raum verlassen darf. Das halten wir für inakzeptabel. Die Mitgliedstaaten haben das uneingeschränkte Recht, den Euro-Raum zu verlassen, wenn sie dies wünschen. Der Versuch, den neuen Mitgliedstaaten eine solche Beschränkung aufzuerlegen, während für zwei Länder, nämlich Dänemark und das Vereinigte Königreich, eine Ausstiegsklausel gilt und ein weiteres, nämlich Schweden, beschlossen hat, nicht beizutreten, grenzt an Diskriminierung.
Deshalb haben wir dagegen gestimmt. Wir bleiben bei unserer prinzipiellen Ablehnung des Euro. Es steht fest, dass die Geldpolitik zu wirtschaftlichem Stillstand und Arbeitslosigkeit geführt hat, was auch ......
(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 163 Absatz 1 GO)
Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Was hat die Eurozone heute überhaupt zu bieten? Die niedrigste Wachstumsrate der Industrieländer. Arbeitslosigkeit. Steigende Lebenshaltungskosten. Absurde Haushaltszwänge. Eine explosionsartige Zunahme der öffentlichen Verschuldung. Eine nicht vorhandene Währungspolitik und einen überbewerteten Euro. Eine Europäische Zentralbank, die sich so sehr auf die Angst vor einer Inflation konzentriert, dass sie nun im Begriff ist, ihren Leitzins anzuheben, auf die Gefahr hin, der Wirtschaft und der Beschäftigung zu schaden. Der Euro hat viele Enttäuschungen bereitet und viel Schaden angerichtet, und das wird sich verschärfen, wenn sich die Volkswirtschaften in der Eurozone immer weiter auseinander entwickeln.
Kurz nach dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zur Europäischen Union zeigten in der westlichen Presse veröffentlichte Umfrageergebnisse, dass die Bürger dieser Länder zwar für die Mitgliedschaft waren, die ihnen endgültig einen Platz unter den demokratischen Ländern verschaffte, sich aber nicht aller Konsequenzen dieses Beitritts bewusst waren. Viele von ihnen waren und sind sicherlich immer noch davon überzeugt, dass die Euro-Einführung eine Möglichkeit und nicht eine Pflicht ist.
Es geht weniger darum, ob ein Land die Euro-Münzen und -Scheine einführen kann oder nicht, sobald es die Einheitswährung angenommen hat, sondern vielmehr darum, ob dessen Bürger damit einverstanden sind und ob sie sich aller Folgen eines solchen Schritts bewusst sind. Sie müssen auf jeden Fall in einem Referendum gefragt werden.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße diesen Bericht, der die bisherigen nationalen Strategien für die Einführung des Euro beleuchtet und Vorschläge zu deren Verbesserung und Umsetzung in den Mitgliedstaaten vorlegt, die sich künftig für einen Beitritt zum Euro-Raum entscheiden.
Ich hoffe, er wird eines Tages für das Vereinigte Königreich relevant sein.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. In mancher Hinsicht ist es verständlich, wenn die neuen Mitgliedsstaaten um eine rasche Einführung des Euro bemüht sind.
Nicht außer Acht gelassen werden sollte jedoch der Umstand, dass nur noch 38% der Bürger in den zehn neuen EU-Staaten von positiven Auswirkungen einer Euro-Einführung überzeugt sind und fast die Hälfte für eine möglichst späten Euro-Beitritt plädieren.
Diesen Wunsch sollten wir akzeptieren, bietet er doch den betroffenen Ländern die Möglichkeit, im gemächlicheren Tempo dafür notwendige Reformen durchzuführen und mehr Zeit, in der sich die Bevölkerung an die geänderten Umstände gewöhnen kann.
Nicht zuletzt zeigen ja auch die Erfahrungen der Vergangenheit, dass allen Dementi zum Trotz, eine Euro-Einführung zu Verteuerung führt, da ja die Unternehmen bestrebt sind, ihre durch die Umstellung entstehenden Kosten wieder herein zu holen.
Ein Referendum zum Auslosten des Volkswillens, wie in Polen geplant, sollte - gerade als Lehre aus dem Scheitern der EU-Verfassung - seitens der Kommission unterstützt werden, anstatt damit zu kontern, Polen sei zur Euro-Einführung verpflichtet. Wenn Staaten wie Großbritannien, Dänemark und Schweden ihre währungspolitische Eigenständigkeit behalten, dann sollten wir dies auch anderen zugestehen.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Das Konzept der freiwilligen grenzübergreifenden Zusammenarbeit hat meine Unterstützung und sollte gefördert werden.
Generell begrüße ich eine Zusammenarbeit der Verwaltungen der einzelnen Mitgliedstaaten auf verschiedenen Ebenen von ganzem Herzen, vor allem, wenn dies auf eine freiwillige Initiative dieser Verwaltungen zurückgeht (was sich auf fördern lässt) und wenn es nicht zu einer neuen administrativen und bürokratischen Institution führt. Ich begrüße auch, dass in diesem speziellen Fall grenzübergreifende Nachbarschaften außerhalb der EU mit eingeschlossen sind.
Deshalb habe ich für diesen Bericht gestimmt.
Eines muss ich jedoch klarstellen:
Diese Initiativen dürfen nicht auf der Grundlage eines Ansatzes gefördert oder konzipiert werden, der dem der Zentralgewalten zuwiderläuft. Die EU darf also nicht über eine solche Förderung versuchen, den inneren Zusammenbruch einzelner Mitgliedstaaten herbeizuführen, was diesen nur schaden kann. Das ist nicht die Rolle oder der Zweck der Union und darf es auch nicht werden.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die Verordnung über die Einführung des Euro hat sich während der Umstellungsperiode im Kontext der Einführung des Euro als einheitliche Währung in sämtlichen derzeitigen Ländern des Euro-Raums als gesunde Rechtsgrundlage erwiesen. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass sie eine geeignete Grundlage für künftige teilnehmende Mitgliedstaaten ist, auch wenn einige technische Änderungen erforderlich sind. Notwendig sind nach den Erfahrungen aus der Umstellung zum Euro vor allem eine bessere Kommunikationsstrategie, und zwar für die parallele Angabe von Preisen zur Information der Bürger, Veränderungen beim Zeitraum des Parallelumlaufs für beide Währungen sowie eine Verlängerung der Fristen für die Banken zur Durchführung der Umstellung.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Seit Oktober 1992 und den anschließenden drei Verlängerungen (bis Ende 2005) hat der Rat einen Mindestnormalsatz der Mehrwertsteuer in der EU von 15 % beibehalten. Mit diesem Kommissionsvorschlag soll dieser Satz bis zum 31. Dezember 2010 weiter verlängert werden, und das begrüßen wir.
Der Festlegung eines Mindestsatzes lag ursprünglich die Idee zugrunde, zusammen mit einem Höchstsatz eine Bandbreite zu schaffen, die dann zu einem einheitlichen MwSt.-Satz in der gesamten Gemeinschaft harmonisiert würde. Obwohl in keinem Mitgliedstaat ein Satz von unter 15 % oder über 25 % gilt, würde die Schaffung dieser Bandbreite die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten und deren Finanzierungsoptionen im Rahmen des Gemeinschaftshaushalts berühren.
Der Bericht enthält auch einen Punkt, der wieder einmal aus der Versenkung auftaucht und uns dazu veranlasst hat, mit Nein zu stimmen. Man unternimmt subtile Versuche, die Debatte um die MwSt.-Harmonisierung anzukurbeln, was andere flexible Elemente der derzeitigen Regelungen untergraben würde, beispielsweise ermäßigte MwSt.-Sätze entsprechend den sozialen und kulturellen Erfordernissen in den einzelnen Mitgliedstaaten. Das bestärkt uns noch in unserer Entscheidung, dagegen zu stimmen.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich unterstütze diesen Bericht, der den Vorschlag der Kommission zur Verlängerung der versuchsweisen Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze auf bestimmte arbeitsintensive Dienstleistungen gemäß „Anhang K“ billigt.
Ich bedauere, dass das Europäische Parlament eine Stellungnahme zur Mehrwertsteuer abgegeben hat und der Rat dieses Thema weiterhin blockiert. Das Problem bei diesem Vorschlag ist, dass die versuchsweise in neun Mitgliedstaaten geltenden ermäßigten Mehrwertsteuersätze auslaufen, falls der Rat bis Ende Dezember keine Einigung erzielt. Das betrifft nicht das Vereinigte Königreich, das Vereinigte Königreich wendet die ermäßigten Sätze gemäß Anhang H an. Dennoch wäre ich enttäuscht, wenn diese Regelung wegfallen würde.
Jean-Claude Martinez (NI), schriftlich. – (FR) Vor 50 Jahren erfanden zwei Franzosen, Maurice Lauré und Georges Egret, die größte technologische Errungenschaft der Steuergeschichte des Menschen: das Mehrwertsteuersystem, das von über 123 Ländern angewandt wird, darunter seit der ersten Richtlinie von 1967 auch in den EU-Ländern.
In den 90er Jahren wollte die monotheistische Religion des Binnenmarktes einen gemeinsamen Mehrwertsteuersatz, für den grenzüberschreitend die Rechtsvorschriften des Herkunftslandes und nicht die des Verbrauchs- oder Bestimmungslandes gelten sollten.
Die Gefahr war, dass eine kontinentale Ausgleichskasse geschaffen würde, ein riesiges undurchsichtiges System zur Verteilung der Mehrwertsteuereinnahmen aus dem innergemeinschaftlichen Handel.
Die Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten ermöglichte es dem Rat, „vorübergehend dauerhaft“ die Besteuerung im souveränen Verbrauchsland durchzusetzen.
Ein intelligenter Schritt wäre heute, die Arbeit in Europa in punkto Besteuerung mit der Arbeit weltweit auf eine Stufe zu stellen und nach einem Jahrhundert von Fehlern ein neues Kapitel zu beginnen und die idiotische Besteuerung der Arbeit abzuschaffen.
Ebenso muss das geniale System der ermäßigten Mehrwertsteuersätze dazu genutzt werden, die Einfuhrabgaben zu klonen, um auf diese zu Gunsten des Exporteurs eine abziehbare Vorsteuer zu erheben, wodurch man die wirtschaftlichen und sozialen Krankheiten der Globalisierung mit ihren Auslagerungen und ihrer Arbeitslosigkeit heilen würde.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Der vorliegende Bericht, den ich unterstütze, entwickelt das grenzüberschreitende System zur Erstattung der Mehrwertsteuer für KMU, indem er Fristen für den Erhalt von Informationen und die Erstattung von Geldern festlegt. Ich hoffe, er trägt zur Verringerung des Verwaltungsaufwands von KMU bei.
Mairead McGuinness (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte im Namen meiner Kollegen feststellen, dass wir in der Annahme für diesen Entschließungsantrag zur WTO gestimmt haben, dass mit der unter Ziffer 6 erwähnten GAP-Reform die 2003 unter Kommissar Fischler durchgeführten GAP-Reformen gemeint sind.
Proinsias De Rossa (PSE), schriftlich. (EN) Ich unterstütze diesen gemeinsamen Entschließungsantrag zu den Vorbereitungen für die WTO-Konferenz und hoffe, er wird dazu beitragen, dass der internationale Handel eine wichtige Rolle bei der Förderung wirtschaftlicher Entwicklung und bei der Bekämpfung von Armut spielt. Insbesondere unterstütze ich den Änderungsantrag, der die Abschaffung aller Formen von Ausfuhrwettbewerb, einschließlich Lebensmittelhilfe, Ausfuhrsubventionen und Staatshandelsunternehmen, durch alle Industrieländer parallel bis 2010 fordert. Es ist wichtig, dass zwischen Handelsdienstleistungen und öffentlichen Dienstleistungen unterschieden wird, und öffentliche Dienstleistungen wie Wasser, Abwasser und Strom sollten in den GATS-Verhandlungen nicht abgebaut oder untergraben werden.
Die Doha-Runde muss zu einem Erfolg werden, um das multilaterale Handelssystem zu stärken und den Fortschritt und die harmonische Entwicklung der Weltwirtschaft zu gewährleisten. Handel in Verbindung mit Hilfe und Schuldenerlass ist für das Erreichen der Millenniumsziele 2015 unverzichtbar, deshalb müssen auf der Ministerkonferenz in Hongkong konkrete Ergebnisse zu den Entwicklungsaspekten der Doha-Runde erzielt werden.
Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Die Kommission ist im Begriff, in der Doha-Runde unsere Landwirtschaft und unsere Lebensmittelsicherheit zu opfern. Sie schickt sich an, das Allgemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen – das berühmte GATS – zu unterstützen, das nichts anderes ist als eine Bolkestein-Richtlinie auf internationaler Ebene. Die Kommission beabsichtigt, unsere Einfuhrabgaben, die ohnehin schon die niedrigsten der Welt sind, noch weiter zu senken, und sie wird die europäischen Interessen gegen Dumping aller Art, Piraterie und Fälschung oder die notwendige Achtung eines Minimums an sozialen und Umweltschutznormen durch ihre Konkurrenten nur halbherzig verteidigen.
Mit beeindruckender Standhaftigkeit und Kurzsichtigkeit begrüßt dieses Parlament die Errungenschaften der Globalisierung und beschränkt seine Überlegungen zum Schutz und zur Diversifizierung der Wirtschaft, zur notwendigen Berücksichtigung nationaler Interessen, zur Freiheit, den Rhythmus und das Tempo der Liberalisierung selbst zu bestimmen, oder auch zum Erhalt von Arbeitsplätzen allein auf die Entwicklungsländer.
Da sich diese Versammlung wiederholt, wiederhole auch ich mich. Welthandel ist unausgewogen. Er ist unfair. Aber die Hauptopfer sind die europäischen Länder und ihre Völker.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Mit dieser Entschließung hat die Mehrheit in diesem Hohen Haus, einschließlich der portugiesischen Sozialisten, Sozialdemokraten und Christdemokraten, ihr Ansinnen bekräftigt, den Welthandel zu liberalisieren, d. h. Märkte für den Wettbewerb zwischen vollkommen unterschiedlichen Ländern bezogen auf den Stand der wirtschaftlichen Entwicklung zu öffnen, und das zur großen Freude der großen Wirtschafts- und Finanzgruppen, die davon gewaltig profitieren würden. Die Mehrheit hat sich Mühe gegeben, den Menschen Sand in die Augen zu streuen, indem man ihnen versichert hat, dass Entwicklung nur stattfinden kann, wenn der Handel im Rahmen des kapitalistischen Angriffs liberalisiert wird. Dabei hat sich in Wirklichkeit die Armut ebenso wie die Ungleichheiten überall in der Welt verschlimmert, eine Tendenz, die – wie das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen warnt – nur noch zunehmen wird, wenn wir den Weg der derzeitigen Liberalisierungspolitik weiter gehen.
Die Auswirkungen der Liberalisierung sehen so aus: Die Errungenschaften der Arbeitnehmer werden aufgeweicht, die Souveränität des Volkes wird angegriffen, große multinationale Konzerne eignen sich Naturressourcen und Artenvielfalt an, es kommt zu Umweltzerstörung und höherer Arbeitslosigkeit, Millionen von Landwirten gehen bankrott, und die Nahrungsmittelsouveränität und -sicherheit geraten in Gefahr.
Deshalb brauchen wir eine andere internationale Ordnung, die auf gegenseitig vorteilhafter Zusammenarbeit beruht und die den Bedürfnissen jeder Gemeinschaft gerecht wird, die dafür sorgt, dass die Menschen ihre grundlegendsten Rechte auf Nahrung, Gesundheit, Wohnung, Bildung, Kultur und Freizeit wahrnehmen können, die dazu führt, dass jeder Staat unter Wahrung seiner Souveränität sein volles Potenzial ausschöpft, und die sicherstellt, dass der Umweltschutz gefördert wird.
Um all dies geht es...
Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. Ich lehne die Resolution zu den Vorbereitungen für die 6. Ministerkonferenz der WTO in Hongkong in der eingereichten gemeinsamen Fassung ab. Die darin festgehaltenen Anforderungen und Überlegungen sind zu eng gefasst und hätte ich mir viel weitgreifendere Forderungen hinsichtlich der sozialen Dimension in der WTO gewünscht.
Nichthandelsbezogene Gesichtspunkte wie Sozial-, Umwelt- und Kulturfragen sollten in die Doha-Runde aufgenommen werden! International anerkannte soziale Mindeststandards sind nicht als Form von Handelsprotektionismus zu sehen, sondern wird dadurch „fairer“ Handel ermöglicht, besteht doch eine Wechselwirkung zwischen Handels- und Sozialfragen.
Die verbindliche Verankerung von Mindestarbeitsnormen in den WTO-Abkommen sehe ich als Voraussetzung für eine gerechte wirtschaftliche und soziale Entwicklung.
Verbot der Kinderarbeit, Recht auf gleiche Entlohnung von Männern und Frauen, die Abschaffung von Zwangsarbeit, die Zulassung von Gewerkschaften und die so genannte Kollektivvertragsfreiheit zählen zu den grundlegendsten Mindestarbeitsnormen und sind diese von den meisten Nationen im Rahmen der ILO ohnehin verbindlich umzusetzen. Für den Aufbau eines fairen Welthandelssystems müssen solche bindenden Mindestarbeitsnormen, aber auch die Einhaltung internationaler Umweltstandards, gleichberechtigt neben dem herrschenden WTO-Handelsrecht stehen. Festgeschriebene Arbeitsnormen können sich nur positiv auf die Wirtschaft eines Landes auswirken und dürfen nicht als Hemmnis gesehen werden!
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe für eine Erklärung zur WTO-Ministerkonferenz gestimmt, die ein starkes Signal aussendet, dass Entwicklung weiterhin im Mittelpunkt der Beratungen der Doha-Runde stehen muss.
Das bedeutet, reichere Akteure wie die EU müssen die notwendigen Reformen zur Abschaffung wettbewerbsverzerrender Subventionen in der Landwirtschaft abschließen und ihre Agrarmärkte für Erzeugnisse ärmerer, von Landwirtschaft abhängiger Länder öffnen. Gleichzeitig sollten an die ärmsten Länder keine unfairen Forderungen nach Öffnung ihrer Binnenmärkte in anderen Bereichen gestellt werden.
In Hongkong steht viel auf dem Spiel, nicht zuletzt müssen wir unser Engagement für die Förderung des Handels zwischen Entwicklungsländern beweisen. Der Süd-Süd-Handel bleibt ein wichtiges Instrument zur langfristigen Entwicklung von Ländern, gehen doch 70 % der von Entwicklungsländern entrichteten Zölle an andere Entwicklungsländer. Außerdem erwarten die Entwicklungsländer auf diesem Gebiet große Gewinne, da der Handel zwischen Entwicklungsländern Schätzungen zufolge doppelt so schnell wächst wie der Welthandel und bereits jetzt rund 40 % der Exporte von Entwicklungsländern ausmacht.
Jean-Claude Martinez (NI), schriftlich. – (FR) Nach Seattle, Doha und Cancun ist nun die Ministerkonferenz von Hongkong an der Reihe, um den bereits 60 Jahre währenden philosophischen und technischen Fehler der Senkung der Einfuhrabgaben mit dem langfristigen Ziel ihrer Aufhebung fortzusetzen. Dies findet im Namen einer Ricardoschen Theorie statt, die wissenschaftlich nicht fundiert ist und vor allem ständig durch Tatsachen widerlegt wird.
Die stetige Senkung der Einfuhrabgaben soll angeblich den wirtschaftlichen Wohlstand begünstigen. Nach Jahrzehnten der Zollöffnung wird Afrika jedoch weiter immer ärmer. Die Aufhebung der Einfuhrzölle soll den „Reichtum der Nationen“ schaffen. Das Freihandelsabkommen NAFTA von 1994 hat jedoch in Nordamerika den Ruin der mexikanischen Bauern bewirkt.
Die Völker wollen diese Senkung der Einfuhrzölle angeblich. Doch hat beispielsweise die indigene Bevölkerung der Anden in Ecuador im November 2005 das Freihandelsabkommen abgelehnt, das die Bush-Administration Kolumbien, Peru und Ecuador aufzwingen will.
Die Weltbank, die OECD, der IWF und die WTO erklären lang und breit, dass eine Senkung der Zölle zu einer Erhöhung des Lebensstandards führt. Das Bananendossier beweist uns jedoch das Gegenteil. Die WTO und ihre Konferenz, das ist der Sklavenmarkt à la Ricardo, Adam Smith und anderer betrügerischer Prediger der Dschungel-Bibel.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die Auffassung, dass die Entwicklung des internationalen Handels zu Wirtschaftswachstum, Entwicklung, Beschäftigung und auch eines besseren Umfelds in den internationalen Beziehungen beiträgt, ist, wie ich mit Freuden feststelle, weit verbreitet. Doch noch immer präsentieren einige Gruppen Programme und Strategien für einen gemeinsamen Kampf gegen eine freiere und offenere Welt im Bereich des Handels. Zwar wäre es unklug, sich ihnen anzuschließen, aber wir müssen auch begreifen, woher diese Unzufriedenheit rührt, denn man kann nicht Politik betreiben, indem man der Realität den Rücken zukehrt.
Davon ausgehend geht die vorliegende Gemeinsame Entschließung auf die wichtigsten Bedenken ein und enthält einige ausgesprochen sachdienliche Argumente. Aus meiner Sicht muss die EU sowohl eine klare und unnachgiebige Verhandlungsposition einnehmen als auch ihr aufrichtiges Ansinnen unter Beweis stellen, die wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstum des Welthandels zu fördern. Deshalb begrüße ich, dass diese Entschließung für eine Unterstützung des Wirtschaftswachstums in den Entwicklungsländern eintritt und das Hauptaugenmerk auf soziale, ökologische, arbeitsbezogene, kulturelle und nicht zuletzt wirtschaftliche Belange legt.
Wir brauchen einen verstärkten – und gerechteren – internationalen Handel, ohne dass wir dabei unsere Verantwortung gegenüber unseren Bürgern aus den Augen verlieren.
Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Beschlüsse der EU für die WTO-Konferenz sind durch das Bestreben der Imperialisten, insbesondere der USA und der EU, gekennzeichnet, die Regeln des internationalen Handels zu benutzen, um die Märkte der entwickelten Staaten und der Entwicklungsländer zu plündern, was negative Folgen für die Völker und katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt haben wird.
Mit dem gemeinsamen Entschließungsantrag, der von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten, der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa und der Fraktion Union für das Europa der Nationen unterstützt wurde, ist die aggressive und volksfeindliche Politik der EU abgesegnet worden.
Die EU hat die gemäß der Bolkestein-Richtlinie propagierte Liberalisierung der Dienstleistungen in den EU-Mitgliedstaaten als internationale Strategie im Rahmen der WTO gewählt, um gegen Tarifverträge und Arbeitnehmerrechte generell vorzugehen.
Die drastischen Kürzungen bei den Subventionen für Agrarerzeugnisse, die auf der Grundlage der Reform der GAP der EU und der generellen Umstrukturierung der landwirtschaftlichen Produktion zugunsten der Monopole vorgenommen werden, zielen darauf ab, die kleinen und mittleren Landwirtschaftsbetriebe verschwinden zu lassen.
Gleichzeitig bleibt die Vorherrschaft der Pharmamonopolgruppen bestehen.
Die WTO ist ein internationales imperialistisches Gremium, das dazu dient, die Herrschaft und die Profite des Großkapitals auch in Zukunft sicherzustellen.
Aus diesen Gründen haben die Abgeordneten der Kommunistischen Partei Griechenlands im Europäischen Parlament gegen den Entschließungsantrag zur WTO gestimmt, womit sie einen Beitrag zur Entwicklung des Kampfes der Arbeiter leisten und den antiimperialistischen und antimonopolistischen Kampf stärken, so dass die Völker selbst über ihre Zukunft entscheiden können, indem sie Abkommen ausarbeiten, die auf dem Grundsatz des gegenseitigen Nutzens basieren.
- Entschließungsantrag: Kambodscha, Laos und Vietnam (RC-B6-0622/2005)
Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Mit dem gemeinsamen Entschließungsantrag soll die Sozialistische Republik Vietnam in beleidigender und inakzeptabler Weise verleumdet werden, indem sie der Verletzung der Menschenrechte bezichtigt wird.
Das Ziel besteht darin, Druck auszuüben und den Boden für den Sturz des Sozialismus und die Zerstörung der Errungenschaften des Volkes zu bereiten, um damit die Voraussetzungen für die Ausplünderung des Landes zu schaffen. Die Interventionsstrategie der EU, die darin besteht, eine finanziell unterstützte „Opposition“ aufzubauen, ist allseits bekannt.
Es ist eine unverschämte Frechheit, den 30. Jahrestag des glorreichen Sieges des vietnamesischen Volkes über den amerikanischen Imperialismus zu erwähnen und gleichzeitig der Regierung demokratische Defizite vorzuwerfen. Das heroische Volk Vietnams hat seine Unabhängigkeit unter dem Opfer des Lebens von Millionen Menschen erlangt, die bei den imperialistischen Interventionen getötet wurden. Wo bleibt die Sensibilität für die Menschenrechte bei den Zehntausenden von Vietnamesen, die ermordet worden sind, bei den Tausenden von Kindern, die wegen des Einsatzes von „Agent-Orange“-Chemikalien mit erheblichen Gesundheitsproblemen geboren werden? Warum fordert die sonst so sensible EU nicht die USA und die multinationale Monsanto-Gruppe auf, für die Opfer der chemischen und biologischen Kriegführung zu zahlen?
Die europäischen und amerikanischen Imperialisten werden dem Land niemals verzeihen, dass es ihm gelungen ist, drei imperialistischen Großmächten, den USA, Großbritannien und Frankreich, eine vernichtende Niederlage beizubringen. Wir bringen unsere Unterstützung und Solidarität für dieses heroische Volk zum Ausdruck, das ein Symbol für die Geschichte der Menschheit ist.
Mario Borghezio (IND/DEM). – (FR) Herr Präsident! Ich bedauere zutiefst, dass Frau de Palacio im Namen der Kommission der Durchsetzung des olympischen Friedens im Val Susa während der olympischen Winterspiele 2006 bereits ein Ende gesetzt hat. Sogar die Region Piemont hat um diesen Frieden gebeten, um den Spannungen und Unruhen aufgrund des Widerstands der Bevölkerung gegen den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Lyon-Turin während der Spiele Einhalt zu gebieten. Unabhängigkeit für das Val Susa, freies Piemont!
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße diese Entschließung zum Olympischen Frieden während der Olympischen Winterspiele in Turin 2006. Der Frieden ist ein wichtiges Symbol des olympischen Geistes, das es zu bewahren und zu achten gilt.
- Entschließungsantrag: Entwicklung und Sport (RC-B6-0633/2005)
Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe gern für den Entschließungsantrag zu Entwicklung und Sport gestimmt, der von meiner Kollegin Maria Martens eingereicht und unterstützt wurde, denn Sport gehört zu den Disziplinen, die die Menschen zusammenbringen und auf dem Weg zu mehr Weisheit und Fortschritt vorwärts bringen. Diese Entschließung sollte der Anfang einer ehrgeizigen Sportpolitik der Europäischen Union sein, die sich, insbesondere auf der Ebene der Jugend, auf die nationalen Sportverbände der Mitgliedstaaten stützt.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe für diesen Entschließungsantrag gestimmt. Ich glaube, dass mehr getan werden muss, um junge Menschen zu aktiver sportlicher Tätigkeit zu bewegen. Wir sollten auch mehr tun, um Frauen zu ermuntern, sich an bisher von Männern dominierten Aktivitäten zu beteiligen. Und obgleich dies nicht Angelegenheit der EU ist, müssen wir schließlich die Mitgliedstaaten dazu bewegen, mehr für die Erhaltung von Grünflächen und Sportplätzen in städtischen Ballungsräumen zu tun.
Frank Vanhecke (NI). – (NL) Herr Präsident! Der Bericht von Herrn Duff zu den Leitlinien für die Zustimmung zur Europäischen Kommission lässt nach meinem Dafürhalten etwas Wesentliches vermissen. Ich möchte Sie nämlich daran erinnern, wie Herr Buttiglione, der italienische EU-Kommissionskandidat, letztes Jahr in schändlicher Weise praktisch gekreuzigt wurde. Ähnlich wie bei der spanischen Inquisition lag der Grund nicht in der Politik, die Herr Buttiglione als Kommissar möglicherweise verfolgt hätte, sondern in der Frage, ob er in seinem tiefsten Inneren nicht wohl Überzeugungen nachhängen würde, die im Widerspruch zu dieser schrecklichen politischen Korrektheit stünden.
Wie Herr Buttiglione niedergemacht wurde, war ein weiterer Schritt in der Unterdrückung durch unsere neuen links-totalitären Priester. Wäre dieses Parlament gegenüber sich selbst ehrlich und konsequent, müsste in diesem Bericht stehen, dass EU-Kommissionsmitgliedern nur politisch korrektes Denken erlaubt ist.
Philip Claeys (NI). – (NL) Herr Präsident! Der Bericht Duff erinnert mich an William Shakespeares berühmte Worte „viel Lärm um nichts“. Unabhängigkeit, allgemeine Befähigung und Einsatz für Europa, all dies sind hervorragende Eigenschaften, aber wie ich feststelle, hat dieses Parlament in der Praxis jedoch kein Problem damit, eine Person wie Louis Michel zu akzeptieren, der sich in seiner früheren Funktion als belgischer Außenminister durch seine Verteufelung Österreichs der eigentlichen Idee der europäischen Zusammenarbeit entgegenstellte; Herrn Michel, von dem allgemein bekannt ist, dass der Europäische Verhaltenskodex für Waffenexporte für ihn lediglich einen Fetzen Papier bedeutet; Herrn Michel, der im März bei einem Blitzbesuch auf Kuba erklärte, die Lage sei dort gar nicht so schlimm und die Menschenrechtsorganisationen sollten damit aufhören, Herrn Castro zu provozieren. Welch ein Glück, dass Moral und Achtung der Menschenrechte keine ausdrücklichen Kriterien für die Ernennung auf den Posten eines Kommissionsmitglieds sind.
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Unabhängig von der Bewertung der Grundsätze, Kriterien und Regelungen, die die Kommission als Kollegium befolgen muss, ist es nicht hinnehmbar, dass das Parlament Berichte annimmt, die die Formulierung „die Verfassung soll am 1. November 2006 in Kraft treten“ enthalten. Nur eine krankhafte Föderalismus- und Neoliberalismus-Besessenheit würde das Parlament dazu bringen, an diesem Konzept festzuhalten, zumal die Niederlagen in Frankreich und den Niederlanden die Annahme der so genannten Verfassung für Europa nun blockieren.
Bei den Bewertungskriterien und -grundsätzen sind einige Punkte begrüßenswert, aber wir dürfen nicht aus dem Blickfeld verlieren, dass über die Befähigung, das Engagement und die Eignung der Kandidaten hinaus auch deren Politiken im Einzelnen wie insgesamt zu betrachten sind. Das ist das ausschlaggebende Kriterium für unsere Bewertung.
Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Ich erinnere daran, dass durch die Ablehnung der Europäischen Verfassung durch die Franzosen und die Niederländer – durch ein Referendum und mit großer Mehrheit – dieser Text endgültig null und nichtig ist. Der wiederholte Verweis auf diesen Text in den Berichten des Parlaments ist eine Verleugnung der Demokratie. Wer vorgibt, die Europäer zu vertreten, sollte der Erste sein, der ihren Willen achtet, wenn dieser deutlich zum Ausdruck gebracht wird.
Zweitens ist dieses Parlament, das nicht repräsentativ für die öffentliche Meinung Europas ist, da es beispielsweise den Beitritt der Türkei, die Zuwanderung zur Stabilisierung des Bevölkerungsstands und das Herkunftslandprinzip der Bolkestein-Richtlinie befürwortet, leider keine Garantie für ein gutes Funktionieren Europas. Es hat die Kommission Santer nicht sanktioniert. Bei der Ernennung der Kommission Barroso betrieb es eine selektive Hexenjagd – nicht zum Wohle Europas, sondern aus ideologischen Gründen und aufgrund von Machtkämpfen zwischen den Organen.
Das Entscheidende ist, dass Europa kein Staat ist. Die Kommission ist keine Regierung und darf es grundsätzlich nicht sein. Sie ist lediglich ein Kollegium von Beamten. Die Billigung ihres Präsidenten und ihrer Zusammensetzung durch das Parlament ist nach wie vor nichts als Schein. Sie verleiht der Kommission keinerlei demokratische Legitimität.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Aus den Pannen und Fehlern bei der Ernennung der Kommission des Vorjahres gilt es, Lehren zu ziehen.
Kritikwürdig u. a., dass ein kompetenter Kandidat zum Rücktritt aufgefordert wurde, weil er zu seiner konservativ religiösen Überzeugung steht, ein inkompetenter Stalinist jedoch im Amt verbleit. Schon gar nicht geht es an, dass fragwürdige Kandidaten – die etwa Parteispendenaffären verschweigen – sehr wohl zum Zug kommen. Gerade an einen künftigen Kommissar sollten doch höchste moralische Ansprüche gestellt werden – rechtsgültig Verurteile haben in der Kommission nichts verloren.
Peinlich auch, dass man keine Einigkeit darüber besteht, wie die Kompetenz und Eignung eines künftigen Kommissars zu bewerten ist und demnach unterschiedlichste Messlatten setzt. Vor allem wenn bei einheitlichen Kriterien und Vorgaben noch andere Kandidaten ausgeschieden wären.
Einerseits müsste uns endlich die Möglichkeit eingeräumt werden, über einzelne designierte Kommissare zu beurteilen, statt mit einer Globalabstimmung abgespeist zu werden. Andererseits ist es essentiell, dass wir uns innerhalb des Parlaments auf einheitliche Bewertungskriterien einigen. Zudem müssen auch die Mitgliedsstaaten künftig bei der Vorauswahl mehr Sorgfalt beweisen und wirklich nur kompetente Bewerber aufstellen. Zielführend wäre sicherlich die Erstellung einer Vorschlagsliste, aus denen dann die geeignetsten Bewerber ausgewählt werden können. Nur so können zukünftige Farcen verhindert werden.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Aufgrund unseres ausgedehnten Küstenbereichs ist der Seeverkehr für Portugal von größter Bedeutung. Er ist ebenso wichtig für die gesamte Union, die eine ausgesprochen lange Seegrenze besitzt.
Deshalb halte ich es für unerlässlich sicherzustellen, dass die Meere Europas gemäß der Strategie von Lissabon effizient und wettbewerbsfähig sind.
Die gemeinschaftlichen Maßnahmen zur Wettbewerbsfähigkeit im Bereich des Seeverkehrs müssen dem Auftreten neuer Schifffahrtsnationen wie China, Korea und Taiwan Rechnung tragen. Aus diesem Grunde brauchen wir ein Instrumentarium, das den neuen Rahmen für die Unternehmenszusammenarbeit zwischen Betreibern von Liniendiensten in die Union und aus der Union schützt.
Deshalb habe ich für den Bericht Kratsa gestimmt.
- Entschließungsantrag: MwSt-Sätze für arbeitsintensive Dienstleistungen (RC-B6-0630/2005)
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Ohne eine Debatte zur Steuerharmonisierung und zu den gemeinsamen MwSt.-Regelungen auslösen zu wollen, besteht das zentrale Anliegen dieser Entschließung darin, den Versuch der Anwendung eines ermäßigten MwSt.-Satzes auf bestimmte arbeitsintensive Dienstleistungen für die Mitgliedstaaten, die sich dafür entscheiden, um ein weiteres Jahr (bis Ende 2006) zu verlängern.
Da es sich um eine einmalige Maßnahme handelt, kann dies unseres Erachtens dazu beitragen, die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern und die Schattenwirtschaft einzudämmen. Für eine Bewertung der sozioökonomischen Folgen dieser Maßnahme, die auch zu einer größeren Flexibilität bei der indirekten Besteuerung führen wird, ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch zu früh.
Man sollte bedenken, dass ein plötzliches Ende dieser Maßnahme zu Preiserhöhungen führen könnte. Diese Regelungen sollten für alle derzeitigen Mitgliedstaaten gelten, da die neuen Mitgliedstaaten keiner Diskriminierung ausgesetzt werden sollten, was inakzeptabel wäre.
31. Berichtigungen des Stimmverhaltens: siehe Protokoll
32. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll
33. Prüfung von Mandaten: siehe Protokoll
34. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
35. Übermittlung der in dieser Sitzung angenommenen Texte: siehe Protokoll
36. Zeitpunkt der nächsten Sitzungen: siehe Protokoll
37. Unterbrechung der Sitzungsperiode
Der Präsident. – Ich erkläre die Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments für unterbrochen.