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Ausführliche Sitzungsberichte
Montag, 12. Dezember 2005 - Straßburg Ausgabe im ABl.

16. Landerschließungsgesetz
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Janelly Fourtou im Namen des Petitionsausschusses über den angeblichen Missbrauch des valencianischen Gesetzes über Grundeigentum oder Ley reguladora de la actividad urbanística (LRAU – Landerschließungsgesetz) und dessen Auswirkungen auf EU-Bürger (Petitionen 609/2003, 732/2003, 985/2002, 1112/2002, 107/2004 und andere) (2004/2208(INI)) (A6-0382/2005).

 
  
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  Janelly Fourtou (ALDE), Berichterstatterin. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Das milde Klima, die herrliche Landschaft, die niedrigen Preise und die Freundlichkeit der Einwohner veranlassen Tausende Europäer seit Jahren, in der spanischen Region Valencia Eigentum zu erwerben.

Um der ständig wachsenden Nachfrage zu begegnen und gegen Spekulation einzuschreiten, hat die Regierung der Autonomen Region Valencia 1994 das Ley reguladora de la actividad urbanística oder Landerschließungsgesetz, das LRAU, verabschiedet. Gerade gegen die Anwendung dieses Gesetzes sind beim Europäischen Parlament seither Tausende Petitionen eingegangen. Die Petenten beklagen sich über die nach ihrer Auffassung missbräuchliche Infragestellung ihrer Eigentumsrechte durch Landerschließungs- und Entwicklungsvorhaben, wobei sich die Kritik sowohl auf die Sache – die rechtliche, wirtschaftliche und ökologische Zulässigkeit dieser Vorhaben – als auch auf die Form – mangelhafte Information, fehlende Transparenz, zu kurze Einspruchs- und Vorschlagsfristen, zu niedrige Entschädigungen – beziehen. Sie fühlen sich machtlos in Anbetracht einer äußerst komplexen Situation, da nicht vergessen werden sollte, dass die rechtliche und politische Verantwortung für diese Situation mehreren Körperschaften obliegt, und zwar der spanischen Regierung, was das Bodengesetz betrifft, der Autonomen Region Valencia, was die lokalen Rechtsvorschriften für Erschließungsmaßnahmen betrifft, und den Gemeinden, die, gestützt auf die spanischen und regionalen Rechtsvorschriften, die Programme durchführen, die sie für rechtmäßig halten.

Um die Lage vor Ort besser einschätzen zu können, hat der Petitionsausschuss zweimal, 2004 und 2005, eine Delegation entsandt, um sich bei den verschiedenen Beteiligten zu informieren. Ich als Berichterstatterin habe der zweiten Delegation angehört und war sehr betroffen über die große Anzahl der Petenten und beeindruckt von ihren Aussagen, aber auch von dem Vertrauen, das sie in die Reaktion Europas setzen. Darüber hinaus habe ich auch die Aufgeschlossenheit der Behörden Valencias und ihren Wunsch nach Zusammenarbeit zu schätzen gewusst.

Die Gemeinschaft Valencia ist sich der Probleme bewusst und arbeitet derzeit an einem neuen Gesetz, dem Ley Urbanística Valenciana (LUV), in dem auf die Beschwerden der Petenten eingegangen werden soll. Im Bestreben um Offenheit hat die valencianische Regierung das Europäische Parlament überdies aufgefordert, ihr die aus seiner Sicht notwendigen Vorschläge zu unterbreiten.

Europa wird häufig mangelnde Bürgernähe vorgeworfen, und wir haben hier die Möglichkeit, das Gegenteil zu beweisen: Das Europäische Parlament hat über seinen Petitionsausschuss stets ein offenes Ohr für die Bürger. Das Problem besteht jedoch darin, dass wir unsere Zuständigkeiten nicht überschreiten dürfen, denn wir müssen unbedingt vermeiden, dass bei den Bürgern Erwartungen geweckt werden, die dann unweigerlich enttäuscht werden. In Anbetracht des Sachverhalts und der Zuständigkeit der Gemeinschaft bitten wir daher die Europäische Kommission, weiterhin dafür zu sorgen, dass am Ausschreibungsverfahren festgehalten und auf jeden Verstoß gegen die Umweltschutzrichtlinien geachtet wird. Übrigens ist die Kommission bereits auf unsere Wünsche eingegangen und hat am 21. März dieses Jahres wegen Verletzung der Richtlinie über öffentliche Auftragsvergabe ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Königreich Spanien eingeleitet.

Wir bestehen bei der Regionalregierung und den Gemeinden mit Nachdruck darauf, dass allen vom LRAU betroffenen Personen geholfen und die Möglichkeit geboten wird, ein eventuelles Korrektur- und Entschädigungsverfahren ins Auge zu fassen. Wir rufen dazu auf, bei allen Vorhaben die für die Zukunft Europas so wichtige Frage des Umweltschutzes zu berücksichtigen.

Ich danke meinen Kollegen für ihren großen Einsatz in dieser Frage und für ihre Verbesserungen zu meinem ursprünglichen Bericht, möchte ihnen aber zugleich in Erinnerung rufen, dass wir nur im Rahmen unserer gemeinschaftlichen Zuständigkeiten agieren können, und dass unser Handlungsspielraum begrenzt ist. Wie wir reagieren und bisher reagiert haben, hängt von unserem Temperament und Engagement ab. Einige Kollegen zeigen großen Einsatz, andere wiederum tun nicht genug. Ich habe meinerseits versucht, den goldenen Mittelweg zu finden, und die ALDE-Fraktion wird in diesem Sinne einige Änderungsanträge einreichen, die einzig und allein dazu bestimmt sind, unser Vorgehen abzugleichen.

Ich bin versucht, den vom LRAU betroffenen EU-Bürgern zu sagen, dass sie bei uns Gehör gefunden haben und dass wir über die entstandene Situation entsetzt sind. Unsere Aufgabe ist es jedoch nicht, zu urteilen, sondern wir müssen versuchen, Druck auszuüben, um dafür zu sorgen, dass sie alle angehört und respektiert werden und dass zu guter Letzt eine gerechte und ausgewogene Lösung gefunden wird. Ich hoffe, dass dieser Bericht angenommen wird, dass letztlich eine Situation herbeigeführt wird, die allen gerecht wird, und dass der Petitionssausschuss einmal mehr unter Beweis stellen kann, dass wir ein wichtiges Rad im Getriebe der Beziehungen zwischen dem Bürger und dem Europäischen Parlament darstellen.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Die Berichterstatterin, Frau Fourtou, und ihre Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss haben hart an diesem Bericht gearbeitet, der auf Initiative dieses Hauses als Reaktion auf die tausenden beim Ausschuss eingegangenen Petitionen verfasst wurde. Ich möchte allen Beteiligten für ihre Bemühungen und ihre wertvollen Beiträge zu dieser ausgesprochen schwierigen und heiklen Aussprache danken. Wie die Zahl der eingegangenen Petitionen zeigt, liegt dieses Thema wirklich vielen Unionsbürgern am Herzen.

Es wurden zwei Erkundungsreisen nach Valencia durchgeführt, in deren Verlauf die Ausschussmitglieder Gelegenheit hatten, mit Vertretern aller Betroffenen zusammenzukommen und sich einen eigenen Eindruck von der Situation vor Ort zu verschaffen. Sie wissen von allen am besten, worum es in diesem Zusammenhang geht.

Im Bericht von Frau Fourtou werden einige wichtige Themen behandelt, die die politische Aufmerksamkeit des Parlaments auf sich gezogen haben. Die Kommission hat sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten vor allem aus Sicht des Binnenmarkts mit dieser Angelegenheit befasst. Konkret haben wir die spanischen Rechtsvorschriften zum öffentlichen Auftragswesen analysiert. Darauf werde ich näher eingehen.

Nach Auffassung der Kommission umfasst die Annahme von Programmen für integrierte Maßnahmen gemäß dem valencianischen Landerschließungsgesetz die Vergabe öffentlicher Bau- und Dienstleistungsaufträge. Zu Beginn dieses Prozesses war die Kommission der Ansicht, dass sich aus dem valencianischen Landerschließungsgesetz Probleme im Zusammenhang mit dem gemeinschaftlichen Vergaberecht ergeben. Aufträge wurden auf undurchsichtige Weise und ohne die Veröffentlichung einer Bekanntmachung im EU-Amtsblatt vergeben. Es gab weder objektive Auswahl- oder Vergabekriterien noch Auflagen für die Preisgestaltung, und es bestand keine Chancengleichheit für alle Geschäftsinteressenten. Aus diesen Gründen beschloss die Kommission, in dieser Angelegenheit ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien einzuleiten, und versandte am 21. März 2005 ein Aufforderungsschreiben.

Seither arbeiten wir mit den zuständigen Behörden zusammen, um die ermittelten Fehler bei der Anwendung der geltenden Gesetze zu korrigieren. Mit dem meinen Dienststellen vorgelegten neuen Gesetzesentwurf werden jedoch nicht alle Probleme behoben. Außerdem hat sich in der Praxis nichts geändert. Die staatlichen Behörden vergeben auch weiterhin öffentliche Aufträge ohne die erforderlichen Ausschreibungsverfahren. In Anbetracht dieser mangelnden Fortschritte werde ich in einigen Tagen ein Schreiben an die zuständigen spanischen Behörden richten und sie auffordern, geeignete Abhilfemaßnahmen zu ergreifen.

Die Vereinbarung von Planungsanforderungen und Vergabevorschriften kann sich sehr kompliziert gestalten. Dies darf jedoch nicht als Entschuldigung dafür herhalten, dass die gemeinschaftlichen Vergabevorschriften nicht angewendet werden. Diese Vorschriften bringen den staatlichen Behörden auch Vorteile, denn sie erhöhen den Wettbewerb um öffentliche Aufträge und führen zu einem Rückgang der Preise für Bauvorhaben, Lieferungen und Dienstleistungen. Sie können sich also darauf verlassen, dass ich mich bei allen künftig verabschiedeten Rechtsvorschriften nach Kräften um eine buchstabengetreue und praktische Einhaltung der gemeinschaftlichen Vergabevorschriften bemühen werde.

Frau Fourtou hat in ihrem Bericht einige weitere Probleme angesprochen, die jedoch nicht in den Zuständigkeitsbereich der Kommission fallen, sodass sich die Kommission dazu nicht äußern kann.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Als Mitglied der zweiten Delegation des Europäischen Parlaments, die die spanischen Behörden in Madrid sowie die regionalen und lokalen Behörden in der autonomen Region Valencia besucht und sich mit Gruppen von Petenten getroffen hat, bin ich verpflichtet, öffentlich festzustellen, dass die Hauptakteure eine hervorragende Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Abgeordneten des Europäischen Parlaments gezeigt haben und sie dabei bekräftigten, Verständnis für die legitimen, jedoch nicht für die illegitimen Beschwerden der Bürger zu haben und sich darum zu kümmern.

Die Berichterstatterin, Frau Fourtou, hat mit der Abfassung ihres Berichts im Namen des Petitionsausschusses ein Glanzstück vollbracht und all ihre komprimierenden Fähigkeiten meisterlich eingesetzt, um die wesentlichsten Elemente zu bewahren, die sinnvollerweise in einen Bericht, über den das Haus abzustimmen hat, aufgenommen werden sollten. Dabei hat sie sich an die Geschäftsordnung und ihre rechtlichen Pflichten gehalten und diese nicht überschritten.

Leider sind, als im Petitionsausschuss über den Bericht Fourtou abgestimmt wurde, Änderungsanträge in den Text hineingeraten, die das Subsidiaritätsprinzip berühren, sowie Vorwürfe mit aufgenommen worden, die nicht durch die entsprechenden Beweise gestützt werden.

Wir unterstützen daher die Änderungsanträge der Berichterstatterin und ihrer Fraktion, eine Reihe von Details zu streichen. Diese Änderungsanträge stellen die Würde des nichtlegislativen Textes wieder her, der selbstverständlich keine Konsequenzen hat. Zudem bemühen wir uns mit unseren Änderungsanträgen darum, den unerträglich belehrenden und anmaßenden Ton, insbesondere der Ziffern 6 und 11, die eine Beleidigung für einen Mitgliedstaat darstellen, zu verbessern. Der Änderungsantrag zu Ziffer 11 verweist insbesondere auf das generelle Problem der exzessiven Urbanisierung der Mittelmeerküste und betont den allgemein gültigen Charakter des Umweltschutzes.

Was den Erwägungsgrund I betrifft, so wird mit unserem Änderungsantrag der unbestimmte Ton des Textes korrigiert und an die Verstoßverfahren erinnert, die bereits in Übereinstimmung mit Artikel 226 des Vertrags und den geltenden europäischen Rechtsvorschriften durchgeführt werden, worauf auch Sie, Herr Kommissar, hingewiesen haben, sodass wir jeden aufrufen, der für den Bericht stimmt, auch diese Änderungsanträge zu unterstützen. Ob die Abgeordneten für den Bericht stimmen, bleibt aber ihnen überlassen.

 
  
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  Proinsias De Rossa, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Cashman entschuldigen, der heute Abend aufgrund von Reiseschwierigkeiten nicht an der Aussprache teilnehmen kann. Anderenfalls hätte er in dieser Aussprache das Wort für die PSE-Fraktion ergriffen.

Dieser Bericht ist aus mehreren Gründen ausgesprochen wichtig, denn er will den Bürgern von Valencia zeigen, dass das Europäische Parlament nicht nur Gesetzgeber ist – was natürlich stimmt –, sondern den Unionsbürgern auch als Sprachrohr dient, wenn ihre Rechte in Gefahr sind. Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass die PSE-Fraktion keine Änderungsanträge akzeptieren wird, die den Bericht schwächen sollen. Es handelt sich bereits um einen Kompromissbericht, und er ist nicht so durchgreifend, wie ich es mir wünschen würde.

Es ist nicht hinzunehmen, dass die Grundstücke der Bewohner einiger Viertel von Valencia durch die Regionalregierung enteignet wurden oder vielleicht enteignet werden sollen und sich Bauunternehmer daran bereichern. Insbesondere muss auf der Anwendung von Richtlinien bestanden werden, die in einen anderen Zuständigkeitsbereich der Kommission als den Binnenmarkt fallen. Damit meine ich insbesondere die Richtlinie über die strategische Umweltverträglichkeitsprüfung aus dem Jahre 2001 sowie die Richtlinie aus dem Jahr 2000, die sich mit der umsichtigen Verwendung und dem Schutz der Wasserressourcen befasst – all dies ist Gegenstand dieser Beschwerde. Natürlich müssen wir auch nach Möglichkeiten suchen, wie wir die Regierung von Valencia dazu bringen können, neue Bauvorhaben auszusetzen, bis ein zufrieden stellendes neues Gesetz vorliegt, das den Anforderungen der Europäischen Union vollständig gerecht wird.

Ebenso wichtig ist es, dass die Bürger ein Recht auf Schadenersatz erhalten und dass ihnen weder zum Zeitpunkt des Erwerbs noch als Eigentümer Vorhaben im Zusammenhang mit ihrem Grundstück verheimlicht werden. Es kann nicht angehen, dass Bürger einfach einseitig enteignet werden.

Noch zu einem anderen Thema. Mein Kollege hat sicher nichts dagegen, wenn ich Kommissar McCreevy daran erinnere, dass in der vergangenen Woche 100 000 Iren auf die Straße gegangen sind, um ihre Wut über die Bolkestein-Richtlinie zum Ausdruck zu bringen, für die der Kommissar gegenwärtig verantwortlich zeichnet. Da er heute Abend im Parlament zugegen ist, möchte ich ihn auf diese ernst zu nehmende Äußerung der Besorgnis vonseiten europäischer Bürger aufmerksam machen.

 
  
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  Diana Wallis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte meiner Kollegin Frau Fourtou zu ihrem ausgewogenen Bericht gratulieren. Wir in der ALDE-Fraktion werden natürlich unsere eigenen Änderungsanträge unterstützen, aber wir werden nicht für andere Änderungsanträge stimmen, mit denen dieser Bericht zusätzlich geschwächt wird.

Hier geht es um Bürgerrechte. Vor aber allem geht es hier wohl um ein Recht, das die Gemeinschaft im Kern ausmacht. Die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union ist ein großer Erfolg, und wenn sich unsere Bürger entschließen, dieses Recht wahrzunehmen, indem sie in einem anderen Mitgliedstaat leben – und sich dort oft zur Ruhe setzen –, dann verdienen sie unseren Schutz und unsere Unterstützung. Mit dem Erwerb von Immobilien tätigen viele von ihnen die größte Investition ihres Lebens.

Nun haben sich die Bürger der Region eines Mitgliedstaates zu Tausenden an uns gewandt, um uns von einer katastrophalen Fehlentwicklung zu berichten. Der Wert ihrer Immobilien wird durch ein offenbar ungeeignetes Landerschließungsgesetz zunichte gemacht. Wir haben meines Erachtens einen ausgewogenen Bericht verfasst, mit dem auch weiterhin Druck auf die Behörden in Valencia ausgeübt wird.

Drei Dinge müssen wir erreichen. Wir müssen sicherstellen, dass Sie, Herr Kommissar, sich auch weiterhin nach besten Kräften um die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts bemühen; wir müssen dafür sorgen, dass die Bürger, die sich an uns gewandt haben, in irgendeiner Weise eine Entschädigung oder Wiedergutmachung erhalten – und dafür müssen wir weiterhin Druck auf die spanischen Behörden ausüben.

Außerdem muss ich Sie um Folgendes bitten, Herr Kommissar: Wir halten ja unsere Bürger dazu an, umzuziehen und an einem anderen Ort zu leben, und wir wollen nicht, dass sich dieses Szenario wiederholt. Wäre es also möglich, ohne in die Bodengesetzgebung der Mitgliedstaaten einzugreifen, die in deren alleinige Zuständigkeit fällt, unseren Mitbürgern, die in einem anderen Mitgliedstaat Immobilien erwerben, mit Rat und Informationen zur Seite zu stehen?

Dies darf sich nicht wiederholen. Wir wollen unsere Bürger nicht verhätscheln, aber wir wollen sie unterstützen, wenn sie ihr Recht auf Freizügigkeit, das uns allen so am Herzen liegt, wahrnehmen.

 
  
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  David Hammerstein Mintz, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(ES) Herr Präsident, wir behandeln hier ein wahrhaft europäisches Thema, eine Frage der Rechte. Denn wir können die europäischen Rechtsvorschriften nicht anwenden, ohne uns mit dem Raumordnungsskandal in der Mittelmeerregion auseinander zu setzen. Wir können nicht einmal den Vertrag in Bezug auf die Menschenrechte oder die Richtlinien zum öffentlichen Auftragswesen, die Wasserrahmenrichtlinie, die Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung anwenden, ohne uns mit dem zu befassen, was der Präsident des Obersten Rats der Architektenkammer heute Vormittag als Raumordnungshorror bezeichnet hat. Er wies nämlich darauf hin, dass die Mittelmeerküste aus allen Nähten platzt, dass die Region unter der Übervölkerung und unumkehrbaren Belastungen leidet, die sehr ernste ökologische Spuren hinterlassen werden.

Wir müssen diesem Horror, mit dem die Rechte der Menschen verletzt werden, schnellstmöglich ein Ende setzen: Tausende und Abertausende Menschen – die große Mehrheit sind Valencianer – leiden unter dieser Situation.

Eine nachhaltige Umwelt ist mit diesem Modell nicht vereinbar. Ich bin der Meinung, dass Europa entschlossen und zügig auf diese Verletzungen europäischer Richtlinien reagieren muss.

Dazu haben wir alle gemeinsam einen Bericht erarbeitet, dank der zwei Jahre andauernden beispielhaften Arbeit des Petitionsausschusses, der diesen Bericht einstimmig angenommen hat. Nun wollen einige, die im Petitionsausschuss dafür gestimmt haben, diesen Bericht unbedingt zu Fall bringen. Das ist doch kein sehr ehrliches Verhalten. Ich denke, dass die Umweltinteressen der Bürger wichtiger sind als die Interessen der Bauwirtschaft, die die gesamte Mittelmeerküste zubauen will.

 
  
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  Graham Booth, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Wir haben zwar großes Mitgefühl mit den Bürgern, die sich in dieser unerfreulichen Situation befinden, doch wir in der britischen Unabhängigkeitspartei vertreten die Auffassung, dass die Situation in Valencia im Zusammenhang mit Grundstücksenteignungen bereits in bilateralen Abkommen zwischen Spanien und den betroffenen Einzelstaaten hätte geregelt werden müssen. Stattdessen schießt das Europäische Parlament vermutlich mal wieder mit Kanonen auf Spatzen.

Der Bereich der Stadtplanung sollte in kommunaler Hand bleiben, damit die Bedürfnisse der Kommunen weiterhin auf offene Ohren stoßen. Mit einer zentralisierten Politik würde sich das Problem verschlimmern und nicht verbessern. Dies konnten wir bei den so genannten europäischen Projekten immer wieder beobachten. Ich möchte einige Beispiele nennen.

Erstens haben wir die Gemeinsame Fischereipolitik mit ihrer überaus nachteiligen Kontingentierungsregelung. Sie wurde als Umweltprojekt angepriesen und hat zu nahezu irreparablen Schäden an den Fischbeständen geführt. Ein großer Teil der britischen Fischverarbeitungsbetriebe musste schließen, und die lokalen Fischwirtschaften wurden zerstört. Und wie könnten wir über Katastrophen sprechen, ohne die GAP zu erwähnen, die Weinseen und Butterberge hervorgebracht hat und Kommissar Mandelson nun genauso viel Kopfschmerzen bereitet wie den Landwirten in den Entwicklungsländern? Mit seinem Schutz des kleinen französischen Landwirts erpresst Präsident Chirac im Grunde den Rest der Welt. Anstatt die Preise auf den Rohstoffmärkten zu stabilisieren, schadet die EU genau den Menschen, denen sie angeblich helfen will.

Die Situation der Nichtspanier in Valencia, darunter zahlreiche britische Staatsbürger, sollte auf bilateraler staatlicher Ebene geklärt werden. Ich bedauere es, dass die britische Regierung bisher nicht in der Lage gewesen ist, mit Spanien in dieser Frage ein bilaterales Abkommen zu schließen. Stattdessen erleben wir erneut, wie sich der Krake der EU-Bürokratie die missliche Lage von Privatpersonen zunutze macht, um Mitgliedstaaten ihrer Souveränität zu berauben.

 
  
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  Marcin Libicki, in Nahmen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich all jenen meinen herzlichen Dank aussprechen, die an dieser Erfolgsgeschichte mitgeschrieben haben, die nun mit der Annahme des Berichts enden sollte. Vor allem begrüße ich, dass die Petenten der Europäischen Union und dem Petitionsausschuss vertraut haben, dessen Vorsitz ich führe. Darüber hinaus freut es mich außerordentlich, dass der valencianische Bürgerbeauftragte in der Entwurfsphase des Berichts sowie im Rahmen der Suche nach einer Lösung in dieser Frage seine Unterstützung anbot. Außerdem bin ich darüber erfreut, dass die von den Mitgliedern unserer Delegation geleistete Arbeit, die die Region im Juni besucht hat, sehr produktiv war. Die Delegation wurde von Michael Cashman, dem stellvertretender Vorsitzenden des Petitionsausschusses, geleitet. Des Weiteren waren Frau Fourtou, der ich meinen Dank für die Erstellung des Berichts aussprechen möchte, sowie Frau Panayotopoulos, der ich ebenfalls danke, und die Leiterin des Sekretariats unseres Ausschusses beteiligt. Die umfangreiche Arbeit hat in Form des vorliegenden Berichts Früchte getragen.

Die von Charles Svoboda im Namen der valencianischen Vereinigung „Abusos Urbanísticos No“ sowie von Herrn und Frau Schuckall und Frau Perret ursprünglich eingereichten Petitionen wurden von über 10 000 Menschen unterzeichnet. Anfangs hätte man sich fragen können, ob sich die weitere Prüfung der Petitionen überhaupt lohnen würde, doch das wurde schnell deutlich angesichts der Tatsache, dass nicht nur Umweltschutzprinzipien und die Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge verletzt wurden, sondern vor allem weil gegen ein grundsätzliches Menschenrecht verstoßen wurde. Damit meine ich das Eigentumsrecht, insbesondere das Recht auf Eigentum von Menschen in oft sehr bescheidenen Lebensumständen, die lediglich den Rest ihres Lebens in ihren kleinen, selbst erbauten Häusern verbringen wollen.

Die Gespräche, die wir mit den Petenten sowohl im Rahmen unserer Informationsreise als auch während unserer Zusammenkünfte führten, haben uns den vollen Umfang der Tragödie verdeutlicht, mit der diese Menschen konfrontiert sind, denen ein beträchtlicher Teil ihres Eigentums abgesprochen wurde. Die Erfahrungen dieser Menschen, die erleben mussten, dass ihnen ein Teil ihres Eigentums ohne ihr Wissen weggenommen und ihre Grundrechte schwer verletzt wurden, waren furchtbar.

Unser Ausschuss hat den Bericht Fourtou einstimmig mit nur einer Enthaltung angenommen. Der Bericht ist das Ergebnis eines Kompromisses und der Beratungen über die vorgelegten Änderungsanträge im Ausschuss. Daher bin ich überzeugt, dass der vorliegende Bericht jetzt auch von diesem Haus ohne Änderungsanträge angenommen wird, die seinem Inhalt nur abträglich sein könnten. Da er schon einmal einstimmig angenommen wurde, wäre ich hocherfreut, wenn das Haus dies auch täte.

Meine Damen und Herren! Unser Ziel ist es, dass die Region Valencia ein neues Gesetz verabschiedet. Ein solches Versprechen liegt bereits vor, was von der Effektivität der Arbeit des Parlaments und des Ausschusses zeugt. In diesem Gesetz müssen die Menschenrechte und die Regeln für umweltgerechte öffentliche Ausschreibungen gebührend berücksichtigt werden. Die Entschädigung der betroffenen Parteien ist eine weitere Frage, die angesprochen werden muss. Deshalb fordern wir die valencianische Regierung auf, jeden Einzelfall ausführlich zu dokumentieren und gegebenenfalls eine angemessene Entschädigung anzubieten.

Ich hoffe, Kommissar McCreevy, der im Namen der Europäischen Kommission anwesend ist, sorgt nach besten Kräften dafür, dass kein weiteres Unrecht geschieht und die Fehler der Vergangenheit gutgemacht werden.

 
  
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  Carlos José Iturgaiz Angulo (PPE-DE).(ES) Herr Präsident, es versteht sich von selbst, dass ich zunächst Frau Fourtou für die Erarbeitung dieses Berichts danke, eines Berichts, der uns – wie wir bereits betont haben – viele Diskussionen und viel Arbeit gekostet hat. Vergessen wir nicht, dass dieser Bericht – wie hier ebenfalls bemerkt wurde – im Petitionsausschuss außergewöhnlich intensiv behandelt wurde. Zwei parlamentarische Delegationen waren eigens in die Region Valencia gereist, um diese Frage zu besprechen und zu prüfen.

Ich glaube jedoch, dass dieses Thema heute abgeschlossen wird und dass durch diesen Bericht das sozialistische Raumordnungsmodell, das die Sozialisten eingeführt hatten, als sie an der Regierung waren, nun langsam in Frage gestellt wird. So gravierend sind die Folgen. Ich freue mich daher, dass, wie Herr Libicki sagte, dieses Parlament im Ergebnis dieses neuen Berichts, den das Europäische Parlament sicherlich annehmen wird, in Kürze neben anderen Maßnahmen die Initiative der derzeitigen valencianischen Regierung zur Erarbeitung eines neuen Gesetzes begrüßen kann, mit dem das vorherige sozialistische Gesetz abgelöst wird.

Insbesondere möchte ich hervorheben, dass in dem neuen Gesetz, das ausgearbeitet und in Kraft treten wird, unter anderem zwei grundlegende Punkte berücksichtigt werden, und zwar erstens, dass dieses neue Gesetz in Übereinstimmung mit den Kompetenzen im Bereich der Raumordnung, die ausschließlich bei der valencianischen Regierung liegen, beschlossen wird, und zweitens, dass mit dem Bericht eine Reihe von Empfehlungen gebilligt wird, die dem Rechtsstaat die Möglichkeit geben, auf die Klagen zu reagieren, die in Anwendung des früheren LRAU möglicherweise erhoben wurden oder noch erhoben werden. Anders gesagt, alle Rechte der Bürger, die sich beim Petitionsausschuss beschwert haben, werden nun gewahrt werden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin sicher, dass es mit der Aufhebung des LRAU der früheren sozialistischen Regierung zu einer gerechten Lösung kommen wird, und ich bin überzeugt, dass durch die Anwendung des neuen Gesetzes, das die Regierung der Volkspartei der Region Valencia auszuarbeiten gedenkt, die richtige Lösung gefunden wird.

 
  
  

VORSITZ: MIROSLAV OUZKÝ
Vizepräsident

 
  
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  Joan Calabuig Rull (PSE).(ES) Herr Präsident, zunächst möchte ich Frau Fourtou für ihre Arbeit im Ausschuss danken. Ihre Herangehensweise war offen; wir konnten viele Kompromissänderungsanträge diskutieren und wir wissen auch, dass sie eine schwierige Aufgabe hatte, denn dies ist ein Thema, bei dem Sie sich nicht vorstellen können, wie viele unterschiedliche Interessen da mitspielen und welchem Druck wir ausgesetzt sind.

Ich möchte zunächst klarstellen, dass tausende europäische Bürger seit Jahrzehnten in der Region Valencia leben, Millionen uns jedes Jahr besuchen und diese Menschen gern in unserem Land leben und mit der hohen Qualität der Dienstleistungen zufrieden sind, die sie in ihrem täglichen Leben allgemein erhalten. Wir sprechen daher von einer gastfreundlichen Region. Die meisten Menschen dort und alle, die kommen wollen, halten es für einen glücklichen Umstand, mit uns zusammenzuleben.

Es sei auch bemerkt, dass die Mehrheit ihre Probleme gerichtlich auf angemessene Weise lösen kann und die Menschen sich vielerorts an die lokalen Behörden wenden können. Doch daneben kommt es auch vor, dass Probleme nicht gelöst werden, und so haben wir es derzeit mit einer sehr großen Zahl von Personen zu tun, deren Probleme weiter bestehen. Ich bin daher bestürzt über die Tatsache, dass sich die Klagen über Fehlentwicklungen bei der Raumordnung in den vergangenen drei Jahren so gehäuft haben.

Als europäischer Bürger, der in der Region Valencia geboren wurde und dort ansässig ist, bedauere ich zutiefst, dass wir diese Aussprache führen müssen, aber vergessen wir nicht, dass dies der Fall ist, weil tausende europäische Bürger, die sich als Opfer der Fehlentwicklung der Raumordnungspolitik fühlen, sich hier beim Parlament beschwert haben. Klar und deutlich ist festzustellen, dass wir es in diesem Zusammenhang in Spanien und dem übrigen Europa mit einer Ausnahmesituation zu tun haben, die, wie wir wissen, zu formellen Protesten von 17 Botschaftern der Europäischen Union geführt hat.

Andere spanische Regionen haben ähnliche Gesetze wie das LRAU; der Minister für Raumordnung und Umwelt der Autonomen Region kam hierher, um zu erklären, dass dieses Gesetz sehr gut sei. Obwohl ähnliche Gesetze bestehen, sind Probleme von dieser Tragweite dort noch nicht aufgetreten.

Deshalb ist es richtig, sich mit den Sorgen der Bürger zu befassen. Die Behörden haben, soweit ich weiß, die Delegation, die in die Region gereist war, darum ersucht, Vorschläge zu unterbreiten, und meiner Ansicht nach hat der Ausschuss genau dies getan. Da es Wirtschaftsgruppen mit einer gewaltigen Machtfülle gibt, gegen die sich die Bürger häufig kaum verteidigen können, müssen wir einfordern, dass der Bürger respektiert wird. Ich denke, es liegt in unserer Macht, einen Beitrag zu dem zu leisten, was Herr Iturgaiz angeregt hat: diese Debatte nicht wiederholen zu müssen und diesem Zustand ein Ende zu setzen. Wenn wir diese Lösungen jetzt nicht auf den Weg bringen, ist klar, dass wir in Zukunft leider wieder vor diesem Problem stehen werden.

Wie gesagt, möchte ich als Bürger der Autonomen Region Valencia, dass diese Probleme gelöst werden und dass die Inkompetenz einer Regionalregierung nicht unser Image beschädigt, wie es zurzeit in den Augen vieler europäischer Bürger der Fall ist, denn unsere Region verdient das nicht.

 
  
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  Ignasi Guardans Cambó (ALDE).(ES) Herr Präsident, gestatten Sie mir, vor allem die Berichterstatterin, Frau Fourtou, zu ihrer Arbeit zu beglückwünschen. Ich bedauere jedoch, dass durch die Annahme bestimmter Änderungsanträge in der letzten Bearbeitungsstufe noch Änderungen vorgenommen wurden und der ursprünglich sehr sinnvoll angelegte Bericht ausgehöhlt wurde.

Was uns letztendlich heute hierher geführt hat, meine Damen und Herren, ist eine Mischung aus verantwortungslosem Populismus von Abgeordneten, die ihre Mitbürger in Spanien um jeden Preis zufrieden stellen wollen, und von spanischen Mitgliedern des Parlaments, die beschlossen haben, im Europäischen Parlament die Karte der Lokal- oder Regionalpolitik zu spielen – von welcher Seite man das auch betrachtet, Sie haben gerade ein Beispiel dafür erlebt.

Diese Kombination aus zwei Arten verantwortungslosen Populismus führt zu Absurditäten wie jenen, über die hier möglicherweise abgestimmt wird, wenn dieser Text keine Änderung erfährt. Es stimmt traurig, wenn man sieht, dass das Europäische Parlament zum regionalen Gesetzgeber gemacht wird, der den Grundsatz der Subsidiarität vollkommen entstellt und einer Autonomen Region vorschreibt, was sie zu tun hat, wie sie es tun muss, wie sie Gesetze erlassen muss, wann sie Planungsgenehmigungen erteilen kann und unter welchen Bedingungen.

Ich verstehe die Kritik an diesem Gesetz – keine Frage – und teile sie, und natürlich stimme ich mit der Kritik an seiner Anwendung durch die Regierung von Valencia überein – am Gesetz und seiner Anwendung.

Das Europäische Parlament, meine Damen und Herren, ist jedoch nicht der Wallfahrtsort Lourdes, wo die Menschen Zuflucht suchen können, wenn überall sonst die Hoffnungen zunichte gemacht wurden. Dies ist eine seriöse Institution, und das Einzige, was erreicht wird, wenn eine Entschließung dieser Art hierher gebracht wird, besteht darin, bei den Bürgern einen falschen Eindruck zu erwecken, da Entschließungen angenommen werden, die irgendwie steril bleiben, denn das Problem muss im Parlament von Valencia gelöst werden. Die Arbeit, die dieses Haus leistet, profitiert in keiner Weise davon, und die Achtung vor unserer Arbeit, um die wir die Bürger immer ersuchen, wird dadurch auch nicht erhöht.

Deshalb schließe ich mich der Kritik an der Raumordnungspolitik in Valencia vorbehaltlos an: der Kritik am Gesetz und der Kritik an der Regierung. Wenn sich das Parlament mit dieser Frage befasst, kann es bei entsprechender Gelegenheit auch gegen Verspätungen bei der Londoner U-Bahn protestieren. Ich glaube nicht, dass das Europäische Parlament der richtige Ort dafür ist, und was wir durch die Annahme eines solchen Dokuments tun, ist eine Verzerrung des institutionellen Systems an sich.

 
  
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  Bernat Joan i Marí (Verts/ALE).(EN) Herr Präsident! Mit meiner Wortmeldung möchte ich in keiner Weise die Autonomie Valencias in Frage stellen. Ich bin auf jeden Fall der Ansicht, dass die Autonomie angesichts der tatsächlichen Bedürfnisse der katalonischen Region noch nicht groß genug ist.

In Anbetracht dessen halte ich es für notwendig, eine gemeinsame europäische Zielvorstellung für Raumplanung und Umweltschutz vorzuschreiben. Ich vermute, dass sich Immobilienspekulanten die Schwäche des valencianischen Autonomiestatus zunutze machen. Dies bietet einen Nährboden für Korruption in großem Umfang. In der EU brauchen wir einen Konsens über die Vermeidung von Strategien, die eine vernünftige Raumplanung und die Umwelt gefährden. Staaten, Regionen und autonome Regionen sollten in die Festlegung dieses Konsenses eingebunden werden. Wenn wir nicht auf dieses Ziel hinarbeiten, werden ganze Regionen wie Valencia oder die Balearen, wo die Baubranche den Hauptwirtschaftszweig bildet, in Gefahr geraten. Es ist doch bereits ziemlich absurd, dass die Bauindustrie in unserem Teil der Welt der gewinnträchtigste Wirtschaftssektor ist. Wenn wir dies nicht abstellen, werden bestimmte Branchen immer reicher, was in naher Zukunft zu massiven sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Problemen führt.

 
  
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  Richard Seeber (PPE-DE). – Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar! Ich möchte vorausschicken, dass in dieser Sache bereits im Mai 2004 ein Bericht des Petitionsausschusses erstellt wurde, in dem schwere Verletzungen der Menschenrechte und des Gemeinschaftsrechts anhand konkreter Fälle geschildert wurden.

Eine Delegation dieses Parlaments hat im Juni dieses Jahres eine Informationsreise angetreten und mit verschiedenen Parteien, Bürgern, Gebietsansässigen, aber auch mit den Vertretern der Regionalregierungen und des Verfassungsgerichts in Valencia gesprochen.

Wir müssen wissen, dass die geltende Bodengesetzgebung in Spanien den Landeigentümern 90 % der Bebauungsrechte zubilligt und aufgrund des besonderen Charakters des gegenständlichen Gesetzes, dieses Landenteignungsgesetzes, Eigentümer – falls es ein Erschließungsprojekt einer lokalen Körperschaft gibt – zwingt, ohne Entschädigung 10 % ihres Grundes abzugeben. Wir müssen auch wissen, dass viele Eigentümer durch diese Erschließungsprozesse eindeutig geschädigt wurden. Zudem haben einige Erschließungspläne verheerende Auswirkungen auf die Umwelt und das ökologische Gleichgewicht vieler Küstengebiete und insbesondere auf die künftige Situation bei der Wasserversorgung, die auch ein Anliegen der Europäischen Union darstellt.

Ich begrüße daher sehr, dass die Region Valencia dieses Gesetz überarbeitet und bereits ein neues Gesetz vorgestellt hat. Wir müssen darauf achten, dass insbesondere eine eindeutige Definition des öffentlichen Interesses im Gesetz verankert wird, um unmissverständlich die Möglichkeit zu verhindern, dass die Rechtfertigung für Enteignungen im öffentlichen Interesse viel öfter zugunsten von privaten als von öffentlichen Interessen eingesetzt wird.

Außerdem muss es verbindliche Kriterien geben für die Berechnung einer Entschädigung bei Enteignungen auf der Grundlage von Normen und Prinzipien, die durch die Rechtsprechung des EuGH und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte anerkannt wurden. Wir müssen in diesem speziellen Fall aber auch aufpassen, dass das Europäische Parlament den Bürgern nicht zu viele Hoffnungen macht, die es dann eventuell nicht erfüllen kann.

 
  
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  José Manuel García-Margallo y Marfil (PPE-DE).(ES) Herr Präsident, ich möchte zwei Vorbemerkungen machen, bevor ich zum Thema der Aussprache komme.

Erstens, die Klagen, über die wir hier diskutieren, richten sich gegen ein legales Gesetz, das von einem Regionalparlament in Übereinstimmung mit seinen Befugnissen verabschiedet und vom Verfassungsgericht nicht außer Kraft gesetzt worden ist.

Zweitens, die Beurteilungen, die wir hier geben, beziehen sich keinesfalls auf illegale Akte: Spanien ist ein Land, in dem Garantien bestehen, es hat ein offenes Rechtssystem, das letztlich in die europäischen Gerichtshöfe mündet. Es ist also die Aufgabe der Gerichte, moralische Urteile nach dem klaren Grundsatz des Strafrechts zu fällen, das da lautet „nullum crimen nulla poena sine lege“.

Ich verstehe die Überlegungen von Herrn Guardans und ich hätte einen Eingriff in die Befugnisse weder des regionalen Parlaments noch des nationalen Parlaments oder der spanischen Gerichte toleriert.

Es obliegt diesem Parlament – und Frau Fourtou hat es mit unvergleichlicher Eleganz getan –, sich mit den Petitionen der Bürger zu befassen und Empfehlungen auszusprechen; Empfehlungen, die die Regierung der Region Valencia übrigens sehr großzügig und vernünftig aufgegriffen hat.

Allerdings darf dieses Parlament nicht versuchen, Raumordnungs-Aufgaben zu übernehmen, die in der Verantwortung der regionalen Behörden liegen, was ich aus der Rede – ich glaube, in Englisch – meines Landsmanns Joan i Marí herauszuhören glaubte.

Zweitens, ebenso wenig kann ein Moratorium erstellt werden, denn dies liegt in der Zuständigkeit des regionalen Parlaments.

Drittens, dieses Parlament kann keine Entschädigung festlegen, denn eine Verwaltungsbehörde kann ohne Gerichtsurteil oder behördliche Verfügung keine Entschädigung zahlen, ohne sich der Veruntreuung von Mitteln schuldig zu machen.

Schließlich ist dieses Parlament nicht der Ort, wie Herr Guardans ganz richtig bemerkte – und diese Worte richte ich an Herrn Calabuig –, für einen politischen Prozess.

Herr Calabuig hat nicht gesagt, dass das Gesetz, über das wir hier diskutieren, ja von der sozialistischen Mehrheit beschlossen worden war, zu der er gehört, und nicht von der Mehrheit, zu der ich gehöre. Zweitens hat er auch nicht gesagt, dass er der Verfasser eines Änderungsantrags ist, in dem es heißt, dass sich die Petitionen auf die letzten drei Jahre konzentrieren, den Zeitraum der Regierung von Herrn Camps; die Petitionen stammen aber aus einer Zeit lange davor, und seine politisch inspirierte Absicht ist es, die Regionalregierung zu beschuldigen, denn es ist diese Regierung, die er – bisher im Übrigen mit wenig Erfolg, und das bleibt hoffentlich noch lange so – stürzen will.

In dieser Hinsicht stimme ich mit Herr Guardans überein: Es gehört sich nicht, es ist moralisch nicht korrekt, dieses Parlament dazu zu benutzen, den Namen einer Autonomen Gemeinschaft, eines legitim gewählten Parlaments und einer von den Bürgern gestützten Regierung zu verunglimpfen.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte den Abgeordneten für ihre Beiträge danken. Allein die große Zahl der Abgeordneten, die die in Frau Fourtous Bericht behandelten Petitionen unterstützt haben, zeigt, dass die Anwendung des Landerschließungsgesetzes in Valencia Probleme mit sich bringt.

Wie ich zu Beginn dieser Aussprache angedeutet habe, fallen die meisten der angesprochenen Probleme nicht in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts. Die Kommission kann die genannten Sorgen zwar nachvollziehen, ist jedoch nicht in der Lage, eine Lösung anzubieten.

Wenn es um Fragen der Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht geht, wird die Kommission selbstverständlich handeln und die notwendigen Schritte für die Beseitigung von Missständen unternehmen. Dies ist beispielsweise im Zusammenhang mit den Aspekten der öffentlichen Auftragsvergabe auf der Grundlage des Landerschließungsgesetzes der Fall. Wir haben in diesem Bereich mehrere Probleme ermittelt, und es wurden Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien eingeleitet. Diese Verfahren führen wir durch, um eine ordnungsgemäße Anwendung des gemeinschaftlichen Vergaberechts zu gewährleisten.

Kollegen in zahlreichen Dienststellen der Kommission haben sich mit dem Bericht befasst, der sich auf Bereiche wie Umweltpolitik, Justiz und Inneres, Verbraucherpolitik und Regionalpolitik erstreckt. Es wäre nicht richtig, Hoffnungen zu wecken, dass die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts in diesen Bereichen eine Lösung für die Probleme der Petenten liefern könnte.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.

 
  
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  Jules Maaten (ALDE).(NL) Seit mehr als zwei Jahren sind in dem Europäischen Parlament zigtausende von Petitionen europäischer Bürger, darunter zahlreicher Niederländer, zu der missbräuchlichen Anwendung eines Landerschließungsgesetzes (LRAU) in der Region Valencia eingegangen. Dieses Gesetz gestattet es Bauträgern, Hauseigentümern unrechtmäßig ohne oder nur gegen eine sehr geringe Entschädigung ihren Grund und Boden wegzunehmen und sie anschließend wiederum für den Bau von Straßen, Kanalisation und Straßenbeleuchtung zur Kasse zu bitten.

Das Parlament, das sich erfreulicherweise dieses Problems angenommen hat, wird morgen über den Bericht der liberalen Abgeordneten, Frau Fourtou, abstimmen. Dabei wird Valencia zur Verbesserung des Gesetzes – ein Verfahren, das nach einem Besuch eines europäischen Untersuchungsausschusses in Gang gesetzt wurde – sowie zur Schaffung eines Verfahrens für die individuelle Beurteilung der Situation der Hauseigentümer, einschließlich Entschädigungsmaßnahmen, aufgefordert.

Ich habe bei früheren Gelegenheiten mit Niederländern in der Region gesprochen und freue mich, dass endlich die Dringlichkeit der Situation erkannt wird. Ich begrüße es zwar, dass Valencia auf Drängen Europas bereits mit der Novellierung des Gesetzes begonnen hat, jedoch müssen diesen Worten jetzt auch Taten folgen, damit nicht noch mehr Eigentümer ungerecht behandelt werden.

 
  
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  Neil Parish (PPE-DE).(EN) Das Eigentumsrecht ist ein Grundrecht. In Valencia wurden in großem Umfang Immobilien und Grundstücke beschlagnahmt und von skrupellosen Bauträgern und lokalen Behörden bebaut, die mit dem stillschweigenden Einverständnis der valencianischen Behörden und auf Grundlage des Landerschließungsgesetzes gehandelt haben. Dies wird in Petitionen an das Europäische Parlament und durch zwei Informationsreisen bestätigt.

In einer freien Gesellschaft ist dies völlig untragbar.

Alle laufenden und geplanten Urbanisierungsvorhaben in der Region sollten vorübergehend ausgesetzt werden, bis das valencianische Parlament ein neues Gesetz verabschiedet hat, bei dem die Eigentumsrechte voll gewahrt bleiben. Mit einem neuen Gesetz sollte für all diejenigen, die ihr Land und Eigentum aufgrund der Bautätigkeit der valencianischen Behörden verloren haben, schnellstmöglich eine rechtliche Verwaltungsstruktur geschaffen werden, die die Baupläne prüfen und eine angemessene Entschädigung für die Opfer festsetzen kann.

Eigentümern, die aufgrund von Absprachen zwischen Bauunternehmen und den kommunalen Behörden in Valencia Verluste hinnehmen mussten, steht eine angemessene Entschädigung zu.

Ich begrüße es zwar, dass die valencianischen Behörden die Landaneignungspolitik überdenken, doch Bürger, die bereits ihre Immobilien verloren haben, müssen erst noch zu ihrem Recht kommen.

 
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