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Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B6-0075/2006

Aussprachen :

PV 01/02/2006 - 13
CRE 01/02/2006 - 13

Abstimmungen :

PV 02/02/2006 - 8.9
CRE 02/02/2006 - 8.9
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :


Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 1. Februar 2006 - Brüssel Ausgabe im ABl.

13. Haltung der EU gegenüber der kubanischen Regierung
Protokoll
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  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an den Rat zur Haltung der EU gegenüber der kubanischen Regierung von Graham Watson, Cecilia Malmström, Emma Bonino und Marco Pannella im Namen der ALDE-Fraktion (O-0112/2005 - B6-0675/2005).

 
  
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  Cecilia Malmström (ALDE), Verfasserin. – (SV) Frau Präsidentin! Herr Ratspräsident! Etwas überschattet von den dramatischen Ereignissen im Nahen Osten narrt in Havanna ein bärtiger Diktator seit Jahrzehnten die Welt. Er herrscht über ein Land, in dem die Menschenrechte verletzt werden, die Menschen in großer Armut leben und Andersdenkende verfolgt und inhaftiert werden. Kuba ist nach China das zweitgrößte Gefängnis für Journalisten.

Im Frühjahr 2003 ging eine Welle der Unterdrückung über die Insel. Führende Persönlichkeiten der Demokratiebewegung wurden inhaftiert und 75 von ihnen in grotesken Prozessen zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Im vergangenen Jahr wurde eine große Gruppe Jugendlicher als Präventivmaßnahme mit der Begründung verhaftet, dass sie möglicherweise Probleme bereiten könnten. Das zeigt doch, wie groß die Angst auf der Insel ist. Als das Europäische Parlament kurz vor Weihnachten seinen Sacharow-Preis an die Damen in Weiß – Ehefrauen und Töchter von inhaftierten Dissidenten – verlieh, konnten die Vertreter dieser Bewegung nicht nach Straßburg reisen, da sie keine Erlaubnis zum Verlassen der Insel erhalten hatten.

Kuba ist eine entsetzliche Diktatur, und die gerade von mir genannten Tatsachen sind allgemein bekannt. In den letzten Jahren hat sich die Situation weiter verschärft. Die Lage der politischen Gefangenen ist sehr ernst. Mein Freund Héctor Palacios, der zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, ist sehr krank, so dass die Ärzte um sein Leben fürchten. Er erhält keine Behandlung für seinen hohen Blutdruck und sein Herzleiden. Auch der zu einer 15-jährigen Gefängnisstrafe verurteilte Journalist Adolfo Fernandez Seinz, um ein weiteres Beispiel zu nennen, ist in einem schlechten Gesundheitszustand und hat seit seiner Inhaftierung 20 Kilo an Gewicht verloren.

Auch außerhalb des Gefängnisses werden Dissidenten verfolgt, z. B. der Sacharow-Preisträger Oswaldo José Payá Sardiñas und der blinde Menschenrechtler Juan Carlos Gonzalez Leiva, der seit April 2004 unter Hausarrest steht. Es ist völlig unannehmbar, dass Menschen auf Kuba immer noch wegen ihrer Ansichten eingekerkert werden. Ebenso wenig geht es an, dass diese Gefangenen bei schlechtem Gesundheitszustand nicht die erforderliche Hilfe erhalten.

Als der Ministerrat vor einem Jahr eine Änderung des gemeinsamen Standpunkts beschloss, den er viele Jahre lang vertreten hatte und Gespräche mit dem Regime einleitete, glaubte er an eine Art Öffnung und neue Möglichkeiten auf Kuba. Diese Politik ist von einer Mehrheit in diesem Haus kritisiert worden, und ein Jahr danach muss jetzt festgestellt werden, dass sie keinerlei Wirkung zeigte. Es war eine falsche Entscheidung, die überdacht werden sollte. Was gedenkt der Rat jetzt zur Unterstützung der Dissidenten auf Kuba zu tun? Wie können wir die Demokratiebewegung und das kubanische Volk in konstruktiver Weise unterstützen? Wir müssen den Druck auf Fidel Castro verstärken und gleichzeitig eine Strategie finden, um die vorhandenen positiven, demokratischen Kräfte zu ermitteln. Warum ist es so schwer, die Kräfte der Demokratie auf Kuba zu unterstützen, wenn es doch in Belarus möglich ist? Es existiert immer noch eine Art peinlicher Castro-Romantik. Ich hätte wirklich gern Antworten vom Rat auf diese Fragen.

 
  
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  Hans Winkler, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin, verehrte Frau Abgeordnete! Der Rat begrüßt das kontinuierliche Interesse des Europäischen Parlaments an einer Verbesserung der Lage in Kuba, und wir werden in unseren gemeinsamen Bemühungen, einen friedlichen Wandel herbeizuführen, nicht nachlassen.

Der im Dezember 1996 festgelegte Gemeinsame Standpunkt zu Kuba ist nach wie vor gültig. Er enthält folgende Aussage: „Die Europäische Union verfolgt in ihren Beziehungen zu Kuba das Ziel, einen Prozess des Übergangs in eine pluralistische Demokratie und die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie eine nachhaltige Erholung und Verbesserung des Lebensstandards der kubanischen Bevölkerung zu fördern. Die Chancen für einen friedlichen Übergang stünden dann am besten, wenn das derzeitige Regime einen derartigen Prozess selbst einleiten oder zulassen würde. Es ist nicht die Politik der Europäischen Union, den Wandel durch Zwangsmaßnahmen herbeizuführen zu versuchen, die nur die wirtschaftliche Not der kubanischen Bevölkerung noch vergrößern würden.“

Um den friedlichen Wandel in Kuba zu fördern, hat die Europäische Union einen Dialog mit den kubanischen Behörden und allen Bereichen der kubanischen Gesellschaft aufgenommen. Die kubanischen Behörden werden regelmäßig an ihre grundlegende Verantwortung für die Menschenrechte –insbesondere die freie Meinungsäußerung und die Vereinigungsfreiheit –erinnert.

Politische Maßnahmen sind sinnlos, wenn sie vor Ort wirkungslos bleiben. Der Rat hat deshalb einige Modalitäten seiner Politik geändert, damit diese eine echte Wirkung entfaltet, insbesondere im Hinblick auf die Intensivierung des Dialogs mit der friedlichen Opposition. Diese engen Kontakte sind von der friedlichen Opposition sehr positiv aufgenommen worden.

Entsprechend den Schlussfolgerungen des Rates vom 31. Jänner 2005 haben sowohl der luxemburgische als auch der britische Vorsitz und vor allem die Vertretung der Europäischen Union in Havanna den Beziehungen zur Opposition und zu unabhängigen Bereichen neue Impulse gegeben und sich dabei unter anderem auf wesentliche mittelfristige Fragen des Übergangs konzentriert. Hierzu gehören u. a. der Ausbau des Dialogs mit wichtigen Mitgliedern der friedlichen Opposition – insbesondere hinsichtlich ihrer konkreten Pläne für die Zukunft – und andere Mittel zur Unterstützung unabhängiger und zivilgesellschaftlicher Organisationen.

Gleichzeitig hat der Rat unannehmbares Verhalten von Seiten kubanischer Behörden nach innen oder gegenüber europäischen Politikern und Besuchern klar verurteilt. Der Vorsitz hat den Zugang zu Ministerien in Havanna zur Sprache gebracht und die kubanische Regierung darauf hingewiesen, dass sie keinen Dialog erwarten kann, wenn sie den Botschaften der Europäischen Union diesen Zugang versagt und sich weigert, Gesprächspartner aus der EU anzuerkennen oder mit ihnen zu sprechen.

Ferner hat der Rat seine Bereitschaft bekräftigt, auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und der Nichtdiskriminierung weiterhin einen konstruktiven Dialog mit den kubanischen Behörden zu führen, unter anderem über die Visaerteilung für Besuche von Vertretern der jeweiligen Regierungen.

Der Vorsitz der Europäischen Union hat in einer öffentlichen Erklärung bedauert, dass die kubanischen Behörden die so genannten „Damen in Weiß“ (Damas de blanco) davon abgehalten haben, nach Straßburg zu reisen, um dort den ihnen vom Europäischen Parlament verliehenen Sacharow-Preis 2005 für geistige Freiheit entgegenzunehmen.

Solche Fälle wie auch die Weigerung der Regierung, Osvaldo Payá im Dezember zur Teilnahme an dem NRO-Forum zur freien Meinungsäußerung reisen zu lassen, machen deutlich, dass die kubanischen Behörden das in Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankerte Recht auf Freizügigkeit für die eigenen Bürger missachten. Der Rat bedauert, dass bei der Freilassung politischer Gefangener keine weiteren Fortschritte erzielt worden sind. Er hat die Inhaftierung weiterer Mitglieder der friedlichen Opposition im letzten Sommer und die von den kubanischen Behörden ergriffenen Maßnahmen zur Einschränkung der freien Meinungsäußerung sowie der Versammlungs- und Pressefreiheit verurteilt.

Der Rat hält seine Forderung an Kuba, alle politischen Gefangenen freizulassen, weiterhin aufrecht. Die EU hat bezüglich der Situation der Gefangenen, die aus Protest gegen ihre Haftbedingungen einen Hungerstreik begonnen hatten, interveniert.

In diesem Zusammenhang möchte ich ferner und abschließend an die aktive und kontinuierliche Rolle erinnern, die die EU mit nachdrücklicher Unterstützung durch das Europäische Parlament in der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen wahrnimmt. Im vergangenen Jahr hat die Europäische Union eine Resolution zu Kuba mit eingebracht.

 
  
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  José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! Kuba ist das einzige Land in Lateinamerika, das nicht durch ein Assoziations- oder Kooperationsabkommen an die Europäische Union gebunden ist. Dies ist nicht die Schuld der Europäischen Union oder der vielen Abgeordneten dieses Parlaments, die sich intensiv darum bemüht haben, die Kanäle für den Dialog mit den kubanischen Behörden und dem kubanischen Volk aufrechtzuerhalten.

Bedauerliche Vorkommnisse, wie das Reiseverbot für die Damen in Weiß, die das Europäische Parlament besuchen wollten, oder die verschärften Repressionen – wie es im Text der Entschließung heißt, die dieses Parlament morgen annehmen wird – gegen unabhängige Journalisten und, wie die Reporter ohne Grenzen kürzlich anprangerten, gegen friedliche Kämpfer und Menschenrechtsaktivisten zeigen deutlich, dass die fundamentalsten Rechte auf dieser Insel systematisch missachtet werden.

Deshalb wird in der Entschließung festgestellt, dass durch diese Vorfälle unsere Bemühungen vereitelt werden, die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Kuba zu verbessern, was ja das Hauptziel der Änderungen am Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom Januar 2005 ist, und Letzterer, Herr Ratspräsident, wird aufgefordert, entsprechend zu handeln.

Ich möchte Sie daran erinnern, Herr Ratspräsident, dass Sie, als Sie die Aufhebung der Maßnahmen gebilligt haben, die mit dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates verbunden waren, die unverzügliche und bedingungslose Freilassung der Inhaftierten forderten, und inzwischen hat sich deren Lage noch verschlechtert.

Frau Präsidentin, Andrej Sacharow sagte, dass die Stimmen, die am meisten zählen, oft jene sind, die nicht gehört werden. Ich glaube auch, Frau Präsidentin, dass dieses Parlament in diesem Hohen Hause, das die Bürgerinnen und Bürger Europas repräsentiert, erneut seine Stimme erheben muss, um sich für die Sache der Freiheit einzusetzen und die Menschen in Kuba zu verteidigen und deren schwierige Lage ans Licht zu bringen, die für ihre Freiheit und Würde kämpfen.

 
  
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  Raimon Obiols i Germà, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Ratspräsident! Unsere Fraktion ist erfreut, dass der Kontext, in dem die Debatte über Kuba stattfindet, wahrscheinlich zu einem breiten Konsens für einen Entschließungsantrag führt. Wir waren immer überzeugt, dass in diesem Parlament und in den Organen der Union eine breite Basis vorhanden ist, um zu einer Einigung zu kommen und die Beziehungen mit Kuba in die richtige Richtung zu lenken.

Als Fraktion ist unser Standpunkt ganz eindeutig: Erstens können wir bei den derzeitigen Verhältnissen nur bestätigen, dass die kubanischen Behörden nicht die erhofften Zeichen für eine Verbesserung der Menschenrechte im Land gesetzt haben. Zweitens stellen wir fest, dass wir keine Möglichkeit sehen, den Damen in Weiß den Sacharow-Preis zu überreichen, und deshalb müssen wir die kubanischen Behörden dringend auffordern, dieser Gruppe die Reise nach Europa auf Einladung des Europäischen Parlaments zu erlauben. Gleichzeitig glaube ich, dass wir den Präsidenten des Parlaments aufrufen müssen, alles in seinen Kräften Stehende zu tun, damit der Preis angemessen übergeben werden kann.

Davon abgesehen bestehen unserer Ansicht nach im aktuellen Klima der Beziehungen bessere Erfolgsaussichten als unter der vorhergehenden Politik des Rates, die uns in eine Sackgasse führte, wie ja auch die Politik, die über Jahrzehnte an Sanktionen und Embargo festhielt.

Wir sind dafür, dass die jetzige Politik des Rates beibehalten wird, und zwar mit zwei Zielsetzungen: erstens mit unverminderten, nachdrücklichen Forderungen nach Einhaltung der Menschenrechte in Kuba, Freilassung der Gefangenen aus Gewissensgründen und der friedlichen Opposition sowie Achtung der demokratischen Freiheiten, und zweitens mit der Pflege und Erweiterung der Beziehungen und des Dialogs mit allen politischen und sozialen Bereichen in Kuba, die an Beziehungen mit Europa und der Entwicklung des Landes sowie den unvermeidlichen Veränderungen, die wir in naher Zukunft in Kuba sehen werden, interessiert oder beteiligt sind.

 
  
  

VORSITZ: ALEJO VIDAL-QUADRAS ROCA
Vizepräsident

 
  
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  Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (ES) Gewiss weisen viele alarmierende Zeichen darauf hin, dass das kubanische Regime noch immer eine Politik der Repression regimekritischer Meinungen, willkürlicher Verhaftungen oppositioneller Gruppen, ständiger Schikanen gegen jeden, der eine der Regierungslinie widersprechende Ansicht äußert, verfolgt. Beunruhigend ist auch die Unterdrückung von Bereichen, die vom Regime stigmatisiert wurden, wie Homosexuelle und bestimmte Intellektuelle.

In dem konkreten Fall, um den es hier geht, ist die Weigerung des Regimes, den Damen in Weiß die Ausreise zu genehmigen, um den Sacharow-Preis entgegenzunehmen, ein weiteres Beispiel für diese Besorgnis erregende Situation. Doch wie hier bereits gesagt wurde, hat die Blockade- und Isolationspolitik, der Kuba durch mehrere westliche Mächte jahrzehntelang ausgesetzt war, die Position der Hardliner des Regimes nur gestärkt. Deshalb begrüße ich es, dass der Rat der Europäischen Union im Juni 2005 beschlossen hat, Kuba noch einmal Gelegenheit zum politischen Dialog zu bieten. Damit soll unter anderem begonnen werden, den Boden für einen bevorstehenden Übergang zur Demokratie zu bereiten, auf den viele von uns hoffen.

Wer von uns unter einer Diktatur gelitten hat, weiß, wie schwierig es ist, eine Demokratie zu errichten, besonders wenn diejenigen, die Verbündete von außen sein sollten, einem den Rücken zukehren. So gesehen ist es ein hoffnungsvolles Zeichen, dass in den Städten wie auf dem Land mehr und mehr Gemeinde-, Hochschul- und wissenschaftliche Gruppen in Kirchen oder in Bildungs- oder sozialen Zentren entstehen, die bisher nicht existierten und die durch ihre Arbeit einen wertvollen Beitrag zur politischen Entwicklung in Kuba leisten können. Für das kubanische Regime ist es Zeit zu akzeptieren, dass seine Zukunft nicht darin liegt, den Status quo aufrechtzuerhalten, sondern ernsthaft und glaubwürdig den Übergang einzuleiten, den vor allem das kubanische Volk selbst fordert.

Wir in der Europäischen Union müssen deshalb ganz klar und deutlich erklären, dass wir einfach die Absicht haben, Kuba zu helfen, auf dem Weg der Demokratie Zugang zur modernen Welt zu finden, und deshalb müssen wir weiterhin die Freilassung aller Personen fordern, die wegen ihres friedlichen Widerstands gegen das Regime zu langen Freiheitsstrafen verurteilt wurden.

 
  
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  Willy Meyer Pleite, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Ich möchte meinen Protest gegen die gemeinsame Initiative zum Ausdruck bringen, über die morgen abgestimmt wird. Diese Initiative basiert – das geht aus jeder einzelnen Zeile hervor – auf einem Standpunkt, der eine Ausnahme macht, einem Standpunkt, den die Europäischen Union seit einiger Zeit vertritt. Kuba ist das einzige Land in der Welt, bei dem die Europäische Union eine Ausnahme macht, es gibt keinen anderen Fall. Das ist meiner Meinung nach ungerecht und hat zudem keinerlei Wirkung. Est ist klar, dass man morgen für diese Position stimmen und sie völlig wirkungslos sein wird. Ich fordere ein Ende dieser Ausnahmesituation.

Die Europäische Union muss Kuba genauso behandeln wie jedes andere Land in der Welt. Wir müssen eine Position einnehmen, die eine Agenda für eine gemeinsame Debatte ermöglicht, in der alle Fragen behandelt werden. Zuallererst müssen wir natürlich fordern, dass die USA ihre Blockade der Insel Kuba aufheben. Selbstverständlich müssen wir die ganze Frage des Auslieferungsersuchens des Terroristen Posada Carriles diskutieren und in den Iberoamerikanischen Gipfel alles einbeziehen, was in Verbindung mit dem steht, was auf dem Iberoamerikanischen Gipfel zwischen der Europäischen Union und Kuba beraten wurde.

Kuba hat gewiss viele Mängel, aber es ist vorbildlich in der Süd-Süd-Zusammenarbeit. Wenn man bedenkt, dass es ein armes Land ist, dann ist die kubanische Gesellschaft auch beispielhaft bei allen öffentlichen Dienstleistungen.

Meines Erachtens darf sich die Europäische Union nicht vom Diktat des US-Außenministeriums beherrschen lassen. Das darf sie nicht tun. Darum fordere ich natürlich eine unabhängige Haltung, die der Ausnahmesituation zwischen der Europäischen Union und Kuba ein Ende bereitet.

 
  
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  Alessandro Battilocchio (NI). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche im Namen der Neuen Sozialistischen Partei Italiens. Dieses Parlament hat schon viele – zu viele – Male über die fehlende Achtung der Menschenrechte in Kuba diskutiert. „Worte, Worte, Worte“ in Erwartung positiver Signale vonseiten eines untergehenden Regimes, das überhaupt nicht daran denkt, seinen Kurs zu ändern.

Im Januar 2005 hat der Rat in der Hoffnung, eine Haltungsänderung zu bewirken, einige Zugeständnisse gemacht. All seine Erwartungen wurden jedoch prompt zunichte gemacht: die freie Meinungsäußerung ist leider immer noch eine Illusion, was auch dadurch bewiesen wird, dass es den „Damen in Weiß“ verwehrt wird, zur Entgegennahme des Sacharow-Preises 2005 hierher zu kommen.

Wir können nicht länger warten. In dieser Situation haben wir als Europäische Union die Aufgabe und Verpflichtung, mehr zu tun und schneller und wirksamer zu handeln. Ich bin ein Reformsozialist und träume deshalb von einer Gesellschaft, die sich auf die Werte der Freiheit, Mitbestimmung, Demokratie und sozialen Gerechtigkeit gründet. Zugleich bin ich der jüngste Abgeordnete in diesem Hohen Haus und habe die Bestrebungen meiner kubanischen Altersgenossen verinnerlicht. Sie wollen optimistisch in die Zukunft blicken können und träumen von einem Staat, der am Ende offener, moderner und gerechter ist.

 
  
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  José Ribeiro e Castro (PPE-DE). (PT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich bei vielen Gelegenheiten an dieses Hohe Haus gewandt, um auf das Leiden in Kuba aufmerksam zu machen, insbesondere das der Menschen, die friedlich für Demokratie und Menschenrechte kämpfen. Leider zwingt uns die traurige Realität, neuerliche Vorwürfe und Proteste zu erheben. Während der letzten Plenartagung im vergangenen Jahr haben wir gesehen, auf welches Maß an Intoleranz das Regime von Fidel Castro gesunken war. Eine Gruppe von Frauen, deren einziges Verbrechen darin bestand, um die Freiheit ihrer Ehemänner und Söhne zu bitten, die seit der Verhaftungswelle im März 2003 politische Gefangene sind, wurde daran gehindert, hierher in das Parlament zu kommen, um den Sacharow-Preis sowie unsere gebührende Anerkennung und die Bekundungen von Hochachtung der europäischen Bürger entgegenzunehmen.

Bedauerlicherweise stellen diese Entscheidung und die ihr zugrunde liegende Haltung keine Überraschung dar. Auch Oswaldo Payá, Träger des Sacharow-Preises 2002, hat man wiederholt verboten, nach Europa zu reisen, um uns persönlich darüber zu berichten, was wirklich in Kuba vor sich geht, und mit uns über die Lage zu sprechen. Daher hat das Parlament eine offene Einladung an ihn ausgesprochen, hierher zu kommen, sobald es ihm gestattet wird. Diese Einladung sollten wir jetzt auf die Damas de Blanco erweitern und dafür kämpfen, dass sie hierher kommen und unsere herzliche Anerkennung und Worte der Solidarität selbst entgegennehmen können. Es wäre sicher möglich, den Preis in Havanna zu überreichen, aber das sollte uns nicht genügen. Das sollte unsere Mindestforderung sein, aber wir sollten uns stets um mehr bemühen. Wir dürfen keine flüchtigen oder heimlichen Gesten akzeptieren, und wir dürfen uns auch nicht den Launen der Diktatur unterwerfen.

Oswaldo Payá und die Damas de Blanco müssen ein öffentliches Forum erhalten, wo sie die Botschaft ihres friedlichen Kampfes für Freiheit und Gerechtigkeit zum Ausdruck bringen können. Die Bürger Europas, vor allem die jungen, müssen von ihrer Geschichte und ihrem beispielhaften Kampf für Menschenrechte erfahren.

Ich hoffe, im Ergebnis dieser Aussprache wird niemand mehr Zweifel an der Verurteilung einer brutalen Diktatur haben können. Hoffentlich wird der Rat endlich seinen Fehler einsehen und aufhören, sich etwas vorzumachen, was – wie wir gesehen haben – nur zu härterer Unterdrückung und größerer Ungerechtigkeit führt. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Europa entschlossener handelt. Niemand soll sagen können, dass das Parlament in seiner eindeutigen Verurteilung eines diktatorischen Regimes schwankend geworden sei. Das ist mein Appell, von Demokraten zu Demokraten.

 
  
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  Miguel Angel Martínez Martínez (PSE).(ES) Ich danke meiner Fraktion, die mir gestattet zu sprechen, obwohl sie weiß, dass ich mit ihrer Position nicht übereinstimme. Ich werde nicht für die Entschließung stimmen, die mir unausgewogen, nutzlos und schädlich für das Ansehen der Europäischen Union in den Entwicklungsländern erscheint. Zudem zeigt doch die Tatsache, dass gerade mal zwanzig Abgeordnete im Saal sind, welche Priorität die Parlamentsabgeordneten dieser Aussprache beimessen.

Ich habe den sozialistischen Vorschlag bevorzugt, doch dann verschwanden grundlegende Aspekte, wie die Blockade der USA und Guantánamo als empörendste Verletzung der Menschenrechte, die es auf der Insel gibt. Die Unausgewogenheit ist noch größer, wenn man berücksichtigt, dass die Entschließung einige Aktivitäten Kubas nicht anerkennt, insbesondere die Arbeit, die das Land in der Zusammenarbeit mit den Ländern der Karibik, Lateinamerikas, Afrikas und sogar Asiens leistet.

In der vergangenen Woche haben wir in der Aussprache über Behinderung und Entwicklung darauf hingewiesen, dass 2005 in Kuba 208 000 erblindete Personen aus diesen Ländern kostenlos operiert wurden. Das scheint hier nicht wichtig zu sein, aber für die Menschen, denen das Augenlicht wiedergegeben wurde, und für ihre Länder ist es sehr wichtig. Mehr als 20 000 kubanische Ärzte und fast ebenso viele Sportinstrukteure und Lehrer sind auch in diesem Bereich der Solidarität des Südens tätig, und das verdeutlicht etwas, das viele hier bestreiten oder verschweigen, doch ihre sektiererische Haltung, die zu Entschließungen wie dieser führt, schadet dem Ansehen der Europäischen Union bei den Ländern und Völkern des Südens, die gegenüber Kuba Achtung und Dankbarkeit empfinden.

Mit dieser Entschließung werden wir schließlich nur eines erreichen, nämlich die Überzeugung der kubanischen Behörden zu bestätigen, dass die Europäische Union kein unabhängiger Gesprächspartner ist, sondern einfach ein verlängerter Arm der Interessen und Strategien der Bush-Regierung, und das wird sie nicht veranlassen, auch nur den kleinsten Schritt in die Richtung zu tun, die sich viele von uns für dieses Land wünschen. Damit ist diese Entschließung auch in dieser Hinsicht im Wesentlichen nutzlos, ausgenommen für jene hier im Haus, denen es einfach nur darum geht, Kuba zu diskriminieren und weiter als Ausnahme und anders zu behandeln als andere Länder mit ähnlichen Regimen. Am bedauerlichsten ist, dass Europa durch diese Vorgehensweise auf einem großen Teil der internationalen Bühne immer mehr Gewicht einbüßt.

Aus all diesen Gründen möchte ich wiederholen, dass ich nicht für die Entschließung stimmen werde, und ich hoffe, dass meine Kollegen meine Argumente zumindest anhören, unabhängig davon, wie sie morgen stimmen. Wenn sie wie ich stimmen, umso besser.

 
  
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  Erik Meijer (GUE/NGL). – (NL) Herr Präsident! Für manche, auch in Europa, ist Kuba ein Paradies, für andere dagegen die Hölle. Legt man gegenwärtigen europäischen Maßstab für eine Mehrparteiendemokratie und individuelle Menschenrechte an, dann lässt dieses Land sehr zu wünschen übrig. Seit nahezu einem halben Jahrhundert sind die gleiche Bewegung und der gleiche Führer an der Macht. Die Kubaner können nicht frei ins Ausland reisen, nicht einmal, um einen ihnen verliehenen Preis entgegenzunehmen.

Der Opposition sind wenig Möglichkeiten gegeben, sich zu organisieren, und wenn es ihr trotz allem gelingt, erhalten sie nicht die Chance, bei Wahlen ihren Rückhalt in der Bevölkerung zu messen. Wie sein großer Nachbar, die USA, praktiziert Kuba noch die Todesstrafe, und dies darf und muss man verurteilen. Bei all dieser Kritik an Kuba bin ich gleichwohl nicht der Meinung, dass wir es hier mit einer gewöhnlichen Diktatur zu tun haben. Dieses Land stellt hohe Ansprüche an sich selbst und diente jahrelang den übrigen Ländern Lateinamerikas als Vorbild in den Bereichen Bildungswesen, Gesundheitswesen und andere öffentliche Dienste sowie Schutz der schwächsten Bevölkerungsgruppen.

In puncto Demokratie und Menschenrechte war es um das Land gewiss nicht schlechter bestellt als um das übrige Lateinamerika. Nach wie vor ist es eine Quelle der Inspiration für jene Wähler – eine Mehrheit –, die für die Modernisierung in Venezuela, Brasilien, Bolivien, Chile, Argentinien und Uruguay eintreten. Europa ist der nordamerikanischen Taktik der Isolierung Kubas nie gefolgt, und zwar zu Recht, denn Kubas Missstände werden vielfach gerade durch diese Taktik noch gefördert. Wenn wir wollen, dass Kuba besser wird, müssen wir uns um eine offene Beziehung bemühen.

 
  
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  Frank Vanhecke (NI). – (NL) Herr Präsident! Die Tatsache, dass sich die Menschenrechtslage in diesem Museum des Stalinismus, der kommunistischen Diktatur Kuba, weiter verschlechtert hat, ist selbstverständlich eine Schande, doch möchte ich das Parlament darauf hinweisen, dass unser eigener EU-Kommissar, der belgische EU-Kommissar Louis Michel, zumindest teilweise dafür verantwortlich ist. Es war Louis Michel, der vor gar nicht so langer Zeit im Anschluss an einen viertägigen Freundschaftsbesuch in Havanna dem Europäischen Rat nachdrücklich empfahl, keine diplomatischen Sanktionen in Erwägung zu ziehen.

Es war ebenfalls Louis Michel, der Menschenrechtsorganisationen erwiderte, das Regime von Fidel Castro dürfe nicht provoziert werden. Während beispielsweise Human Rights Watch die Europäische Union dringend darum ersuchte, ihre Wirtschaftsbeziehungen zu Kuba nicht zu normalisieren, bevor nicht zumindest politische Häftlinge freigelassen und demokratische Reformen durchgeführt wurden, sprach sich Herr Michel für eine bedingungslose Ausweitung des Cotonou-Abkommens auch auf Kuba aus. Fakt ist natürlich, dass Louis Michel gut Freund ist mit den Adolf Hitlers, Stalins und Maos der heutigen Zeit, denn so ist doch Fidel Castro.

 
  
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  Peter Šťastný (PPE-DE). – (SK) Die Lage in Kuba ist sehr ernst. Den Menschen dort werden in zunehmendem Maße grundlegende Menschenrechte verweigert und die Zahl der politischen Häftlinge nimmt zu.

Europa könnte ein gutes Beispiel setzen. Als Mitglied des Europäischen Parlaments, das gemeinsam mit meinen Kollegen Frau Pleštinská und Herrn Gaľa eine Patenschaft für einen kubanischen politischen Gefangenen übernommen hat, bin ich sehr daran interessiert, dass die internationale Öffentlichkeit größeren Druck auf Fidel Castro ausübt. Ich hätte die Hoffnung, dass eine der ersten Entscheidungen unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft die Freilassung politischer Gefangener wäre, die in den Gefängnissen misshandelt werden und unmenschlichen Bedingungen ausgesetzt sind.

Dies ist einer der Gründe, warum ich den Entschließungsantrag zur Haltung der Europäischen Union gegenüber der kubanischen Regierung unterstütze, dessen Ziffer 9 sich auf Sanktionen bezieht, die der Rat der Europäischen Union erneut gegen Kuba verhängt. Ich weiß nicht, weshalb die Sanktionen am 31. Januar 2005 vorübergehend aufgehoben wurden, da in Ziffer 1 des Antrags eindeutig erklärt wird, dass es bei den Menschenrechten auf Kuba seit 2003 keine zufrieden stellenden Fortschritte gegeben hat. War es eine Belohnung für Ignoranz oder waren andere Interessen im Spiel?

Ich hoffe, der Rat wird die Sanktionen dieses Mal effektiver durchsetzen. Um dies zu gewährleisten, bedarf es der Kooperation. Idealerweise würde dies bedeuten, in erster Linie mit der UNO und der US-Regierung zu arbeiten. Mir ist klar, dass es nahezu unmöglich ist, in der UNO einen Konsens zu erzielen, aber mit den USA, und vielleicht Kanada, koordinierte Sanktionen könnten zu dem erforderlichen Resultat führen. Herr Präsident, die Europäische Union und ihre Organe dürfen und werden dem Schicksal von Millionen Menschen, die unter Repressionen leiden, und den vielen Menschen, die in Gefängnissen fürchterlichen Bedingungen ausgesetzt sind, nicht gleichgültig gegenüberstehen.

 
  
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  Margrietus van den Berg (PSE). – (NL) Herr Präsident! 2005 haben Castro und Herr Roque selber erstmals das Thema Kuba nach Castro angesprochen. Mittlerweile hat es das kubanische Volk satt, zu kämpfen, um sich über Wasser halten zu können, und der kleinen Gruppe von Kubanern, die den Mut besitzen, politisch oder gesellschaftlich aktiv zu werden, wird das Leben zur Hölle gemacht. Europa muss sich in Havanna mit einer Stimme gegen die schweren Menschenrechtsverletzungen und für einen Dialog mit den Behörden über politische und wirtschaftliche Reformen aussprechen, um zu verhindern, dass die Errungenschaften im Bildungs- und Gesundheitswesen aus den ersten Jahren der Revolution wieder zunichte gemacht werden.

Dieser Dialog muss jedoch auch zu einer Beendigung des totalitären Regimes und der Blockade wirtschaftlicher Reformen führen. Nur so besteht für die Kubaner wieder die Aussicht auf künftig bessere und gewaltfreie Zeiten, und zwar durch Eigeninitiativen, Landwirtschaft und kleinere Märkte und nicht durch Miami. Europa muss sich jetzt Gedanken machen, dem Kuba nach Castro eine soziale, wirtschaftliche und demokratische Perspektive zu bieten. Herr Solana, die Kommission und der Rat sollten Gespräche aufnehmen. Wir müssen all unsere Kräfte bündeln und uns auf die Menschenrechte sowie auf einen Dialog konzentrieren, durch den eine Fülle neuer Perspektiven eröffnet werden. Es liegt an Castro und Roque, Mut zu beweisen und sich daran zu beteiligen.

Ich war im Januar auf Kuba, von wo Ihnen die „Damas de Blanco“, die über den Preis hocherfreut sind, den wir ihnen verliehen haben, allerherzlichste Grüße übermitteln.

 
  
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  András Gyürk (PPE-DE). – (HU) „Nur die Unterdrückung muss die volle Ausübung von Freiheit fürchten“ – diese Worte von José Martí, eines Helden des kubanischen Freiheitskampfes im 19. Jahrhundert, sind heute ebenso gültig wie damals, als er sie ausgesprochen hat. Wir dürfen hinzufügen, dass eine Diktatur abgesehen von ihrer eigenen Opposition auch diejenigen fürchtet, die in anderen Ländern Freiheit ausüben. Wir, die Repräsentanten der europäischen Demokratien, müssen uns daher unserer besonderen Verantwortung bewusst sein, wenn wir über eines der letzten kommunistischen Regimes diskutieren.

Persönlich möchte ich hier noch anmerken, dass ich mir als junger ungarischer Politiker dieser Verantwortung zutiefst bewusst bin, weil meine Generation von ihren Eltern und Großeltern vor dem Hintergrund einer sozialistischen Diktatur erzogen wurde, die der in Kuba ähnelte. Auch ihnen sind wir es schuldig, entschlossen für unsere Prinzipien einzutreten.

Inzwischen hat sich gezeigt, dass die Aussetzung der gegen Kuba ergriffenen Zwangsmaßnahmen im vergangenen Jahr nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht und die kubanische Regierung nur veranlasst hat, die Unterdrückung zu verstärken. Die Festnahmen gehen weiter. 2005 wurden etwa 30 Oppositionelle inhaftiert, und damit hat die Zahl derer, die wegen ihrer politischen Überzeugungen unter oft unmenschlichen Bedingungen gefangen gehalten werden, 300 überschritten. Die Darstellungen von einer Operettendiktatur unter Führung eines freundlichen Salonrevolutionärs sind daher nicht zutreffend. Mittlerweile wird ausländischen Beobachtern die Einreise in das Land nicht gestattet, was mir kürzlich am eigenen Leib widerfahren ist. Im vergangenen Jahr wurde mir wie einigen anderen Kolleginnen und Kollegen das Einreisevisum zur Teilnahme an einem Treffen der Opposition verweigert. Wenn wir es also bis jetzt nicht wussten, können wir nun erfahren, dass eine Diktatur ob sie nun rechts- oder linksgerichtet ist keine Kompromisse zulässt. Ein weiterer Grund, weshalb wir die Aufhebung der Zwangsmaßnahmen nicht befürworten können.

Die Geschichte ist ein untrüglicher Zeuge: die Oppositionsbewegungen im früheren sozialistischen Block hätten ohne die Förderung durch die westeuropäischen Demokratien ihre Ziele nicht erreicht. Heute liegt es nun am wiedervereinigten Europa, all jene zu stärken, die demokratische Werte im Schatten einer Diktatur vertreten.

 
  
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  Filip Andrzej Kaczmarek (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Es gibt ein polnisches Sprichwort, das besagt, dass der Reiche den Armen nicht verstehen kann. Dennoch werden diejenigen von uns, die wissen, wie es ist, seiner Freiheit beraubt zu werden, besser verstehen, was zurzeit in Kuba geschieht. Diejenigen, die einen harten Kurs gegenüber Kuba ablehnen, meinen, dass dies negative Auswirkungen für die einfachen Menschen dort haben würde. Ich würde gern wissen, ob sie sich die Mühe gemacht haben herauszufinden, was die Menschen in Kuba denken. Kümmert es Castro, was die Kubaner denken?

In den 1980er-Jahren haben die polnischen Kommunisten auf die amerikanischen Wirtschaftssanktionen, die angeblich auch negative Folgen für die einfachen Menschen in Polen haben sollten, als Vergeltungsmaßnahme mit der Ankündigung reagiert, den Obdachlosen in New York Tausend Schlafsäcke zu schicken. Wie haben die einfachen Menschen in Polen darauf reagiert? In der Presse erschienen kleine Anzeigen, in denen angeboten wurde, eine geräumige Wohnung in Warschau gegen einen Schlafsack in New York zu tauschen. Viele Kubaner scheinen ähnlich zu denken, und Havanna liegt viel näher an New York als Warschau.

Wenn große Revolutionäre wie Fidel Castro mit Nachsicht behandelt werden, so werten sie das als Zeichen von Schwäche. Ist es nicht endlich an der Zeit zu zeigen, dass Europa nicht schwach ist? Wir müssen endlich begreifen, dass Kuba nicht wie eine uneinnehmbare Festung des Totalitarismus behandelt werden darf. Wenn Castro den Sacharow-Preisträgern weiterhin die Einreise nach Kuba verweigert, sollten wir nicht nach Kuba reisen, als sei nichts geschehen.

Ich meine, wir sollten die Europäer davon überzeugen, auf Kuba als Urlaubsziel zu verzichten, also nicht als Touristen dorthin zu fahren. Kuba ist nicht der geeignete Ort für einen Urlaub. Niemand macht Urlaub in Auschwitz oder in einem Gulag. Das wäre absurd. Ebenso absurd ist es, eine Tourismusindustrie zu fördern, die mit ihren Einnahmen zur Unterstützung eines Regimes beiträgt, in dem Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind.

 
  
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  Anna Záborská (PPE-DE). – (SK) Zwei Ereignisse vom Dezember 2005 charakterisieren die Situation auf Kuba: Die „Damen in Weiß“ erhielten den Sacharow-Preis für geistige Freiheit. Die kubanische Regierung verbot ihnen, das Land zu verlassen und den Preis persönlich entgegenzunehmen. Geistige Freiheit wird auf Kuba nicht belohnt. Dies ist doch ein klarer Beweis dafür, dass der Preis den richtigen Personen verliehen wurde. Der Sacharow-Preis wurde den Frauen und Müttern kubanischer politischer Häftlinge zugesprochen, die sich einzig und allein der Meinungsfreiheit schuldig gemacht haben.

Die Freilassung aller politischen Häftlinge in Kuba ist nach wie vor die zentrale Forderung der Bewegung der „Damen in Weiß“. Heutzutage, wo viele Teile der Welt von Gewalt, Krieg und Terror erschüttert werden, ist es sehr ermutigend, eine Gruppe unbewaffneter Frauen zu sehen, die in der Lage sind, mit friedlichen Mitteln großen moralischen Druck auszuüben.

Ich stamme aus einer Region, die noch vor wenigen Jahren von einem kommunistischen Regime beherrscht wurde, unter dem Menschen gleichfalls für ihre freie Geisteshaltung inhaftiert wurden, und deshalb kann ich bestätigen, dass die Unterstützung aus demokratischen Ländern immense Bedeutung hat. Darum fordere ich die europäischen Organe nachdrücklich auf, mit allen ihnen zu Gebote stehenden friedlichen Mittel Druck auf das Castro-Regime auszuüben und es zu zwingen, Menschen freizulassen, die nur wegen ihrer unabhängigen Gedanken ins Gefängnis geworfen wurden. Die Politik der Ausflüchte und Konzessionen gegenüber einem der am wenigsten demokratischen Regimes in der Welt verlängert nur das Leiden der dort lebenden Menschen und die Verletzungen der Menschenrechte.

Durch Unterstützung der demokratischen Opposition in Kuba und Ausübung konstanten Drucks auf das Castro-Regime kann Europa die Wahrung demokratischer Grundsätze in diesem sozialistischen Land sicherstellen. Wenn die Anstrengungen der EU, einen demokratischen Wandel zu bewirken, erfolgreich und wirksam sein sollen, müssen wir eine eindeutige Haltung dazu einnehmen, wie dieser Wandel erreicht und die Demokratie in Kuba etabliert werden soll.

 
  
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  Hans Winkler, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich danke für diese Debatte, ich habe mit Aufmerksamkeit zugehört und für mich und für den Rat viele Punkte mitgenommen. Es scheint mir, dass wir aufgefordert sind, die Werte, die die Europäische Union vertritt – Verteidigung der Menschenrechte, Eintreten für die Grundfreiheiten: die Freiheit der Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit – weiter aktiv zu verteidigen.

Ich habe auch zur Kenntnis genommen, dass hier gewünscht wird, dass wir die friedliche Opposition weiterhin aktiv unterstützen und dass wir uns für die Freilassung der Gefangenen einsetzen.

Es ist allerdings ein Faktum – das müssen wir uns eingestehen –, dass unsere Mittel begrenzt sind, wenn Kuba nicht ein Mindestmaß an gutem Willen aufbringt. Und offen gesagt hat die Konfrontations- und Embargopolitik, wie sie in der Vergangenheit manchmal eingeschlagen wurde, auch nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Daher glauben wir, dass wir unsere Politik des kritischen Dialogs, des Engagements und der Ermutigung zu Reformen weiterführen sollten.

 
  
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  Präsident. Zum Abschluss der Aussprache wurden gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung sechs Entschließungsanträge(1) eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 11.00 Uhr statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll.

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