Präsident. Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die Mitteilung der Kommission „Europäische Informationsstrategie – Weißbuch“.
Margot Wallström, Vizepräsidentin der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte Ihnen und den Abgeordneten danken, dass Sie so früh am Morgen hier erschienen sind. Vielen Dank, dass Sie mir die Gelegenheit geben, Ihnen das Weißbuch über eine europäische Kommunikationspolitik vorzustellen, das die Kommission auf ihrer gestrigen Sitzung angenommen hat.
Ich habe mich in diesem Haus bereits bei früheren Gelegenheiten zum Weißbuch geäußert. Zum ersten Mal habe ich es im Verlauf der Debatte zum Bericht von Herrn Herrero angekündigt, der für meine weitere Arbeit eine wichtige Grundlage gewesen ist. Im Laufe der Ausarbeitung des Weißbuchs habe ich das Europäische Parlament in Zusammenkünften mit den einzelnen Fraktionen, Ausschüssen usw. regelmäßig über meine Ideen informiert, und ich bin mir sicher, dass viele von Ihnen mit den wichtigsten Konzepten und Botschaften des Weißbuchs sehr vertraut sein werden.
Ihre Reaktionen und Ihre Unterstützung legen die Vermutung nahe, dass ich auch in Zukunft in diesem Hause einen besonders engagierten und wertvollen Verbündeten in Fragen der Kommunikation finden werde. Bei Kommunikation geht es zunächst und in erster Linie um Demokratie. Die Menschen haben ein Recht darauf zu erfahren, was die EU tut und wofür sie steht, und als Bürgerinnen und Bürger ist es ihr Recht, voll und ganz in das europäische Aufbauwerk einbezogen zu werden. Dies ist die zentrale Botschaft des Weißbuchs.
Die Kluft zwischen der Gemeinschaft und ihren Bürgern gibt Anlass zu Besorgnis. Sieben von zehn haben in Umfragen von Eurobarometer angegeben, dass sie nur wenig oder nichts über die Europäische Union wissen. Mehr als die Hälfte hat das Gefühl, dass ihre Stimme in europäischen Angelegenheiten nicht zählt. Das Vertrauen in die europäischen Institutionen sinkt, wie auch die Zahl derer, die glauben, dass Europa ihnen oder ihren Ländern Vorteile bringt. Der Eindruck einer Kommunikationskluft zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgern besteht schon lange. In EU-Kreisen wird darüber zumindest seit den Volksabstimmungen diskutiert, die vor dem In-Kraft-Treten des Vertrags von Maastricht im Jahr 1992 stattgefunden haben. In diesem Zusammenhang sind die jüngsten Referenden zum Verfassungsvertrag als eindeutige Warnung aufzufassen.
Nie war die Überbrückung der Kluft zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgern so wichtig. Wenn das europäische Einigungswerk vorankommen soll, dann muss es den Wünschen und Erwartungen der Menschen entsprechen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen es sich zu Eigen machen, und nicht nur eine kleine Elite in Brüssel oder in einigen europäischen Hauptstädten. Mit dem Weißbuch reagiert die Kommission auf diese Herausforderung und legt die Grundlage für eine Kommunikationspolitik der Europäischen Union.
Wozu sollte eine solche europäische Kommunikationspolitik in erster Linie beitragen? Im Weißbuch wird der Aufbau einer funktionierenden europäischen öffentlichen Sphäre gefordert, in der eine europapolitische Diskussion entstehen und eine Bürgerbeteiligung stattfinden kann. Das Europäische Parlament hat dieses Konzept vor einiger Zeit begrüßt, und es steht nun im Mittelpunkt der Kommunikationsstrategie der Kommission.
Im Weißbuch wird unterstrichen, wie wichtig es ist, eine gesamteuropäische politische Kultur mit europaweiten politischen Zusammenschlüssen, gesamteuropäischen Medien und Foren oder Begegnungsmöglichkeiten zu entwickeln, damit sich Bürger über Themen von gemeinsamem Interesse austauschen können. Ich möchte jedoch sofort klarstellen, dass damit die politischen Strukturen und Medien auf nationaler, regionaler und lokaler weder ersetzt noch in ihrer Rolle beschnitten werden sollen. Im Gegenteil, sie sollen ergänzt werden.
Um eine europäische politische Kultur zu schaffen, muss wahrscheinlich vor allem sichergestellt werden, dass nationale, regionale und lokale Debatten auch über europäische Themen geführt werden. Sicherlich ist es eine weit reichende und zeitaufwändige Aufgabe, eine europäische öffentliche Sphäre zu schaffen. Sie geht weit über den Zuständigkeitsbereich der Kommission hinaus. Eine entscheidende Rolle wird in diesem Zusammenhang dem Europäischen Parlament zufallen, doch wir wissen, dass wir nur erfolgreich sein können, wenn alle Beteiligten – und allen voran die Mitgliedstaaten – bereit sind, Engagement zu zeigen und Verantwortung zu übernehmen.
Mit dem Weißbuch werden daher alle Gemeinschaftsinstitutionen, die Regierungen und Parteien der Mitgliedstaaten, die Zivilgesellschaft und die Medien in allen EU-Ländern zum Handeln aufgerufen. Es wird vorgeschlagen, mit der Arbeit in fünf Hauptbereichen zu beginnen: erstens mit der Festlegung gemeinsamer Grundsätze. Eine EU-Kommunikationspolitik muss sich auf den Grundsatz der Anerkennung stützen, dass alle EU-Bürger Rechte haben, so beispielsweise das Recht auf ausgewogene und umfassende Informationen über die Europäische Union, das Recht, vielfältige Sichtweisen zur Gemeinschaft zu hören, und das Recht, sich bei den politischen Entscheidungsträgern Gehör zu verschaffen.
Im Weißbuch wird vorgeschlagen, diese Grundsätze in einem Rahmendokument - zum Beispiel einer Charta oder einem Verhaltenskodex – festzuschreiben. Dadurch würden sich alle wichtigen Akteure auf freiwilliger Basis dazu verpflichten, die Grundsätze für Kommunikationsmaßnahmen einzuhalten. Wir benötigen diese einheitlichen Grundsätze, um unser gemeinsames Vorgehen zu lenken und unseren Kommunikationsbemühungen Glaubwürdigkeit und Legitimität zu verleihen; es muss klar werden, dass die EU-Kommunikation nicht dazu dienen soll, Europa zu verkaufen oder Werbung zu produzieren, sondern unsere Demokratie zu fördern. Den Bürgern soll die Möglichkeit gegeben werden, selbst einzuschätzen, ob ihre Rechte geachtet werden.
Im zweiten im Weißbuch vorgeschlagenen Arbeitsbereich geht es darum, die Rolle der Bürger zu stärken. Wie kann eine EU-Kommunikationspolitik zu diesem Ziel beitragen? Im Weißbuch werden drei Wege aufgezeigt: eine bessere Zusammenarbeit im Bereich der politischen Bildung sowie die Förderung von Bürgerkontakten und von Kontakten zwischen den Bürgern und den Institutionen. Die Verantwortung für politische Bildung liegt zwar bei den nationalen oder regionalen Behörden, doch Europa kann einen Beitrag leisten. Die EU kann den Austausch vorbildlicher Verfahren und die Entwicklung gemeinsamer Unterrichtsmaterialien unterstützen, so dass die europäische Dimension verstärkt Berücksichtigung findet. Dies fällt mir bei meinen Reisen in den Mitgliedstaaten immer wieder auf. Lehrer und alle Beteiligten sagen: „Müssen wir wirklich das Rad neu erfinden? Können wir nicht unsere Verfahren, Materialien oder Erfahrungen effektiver austauschen?“
Neue Foren für die öffentliche Diskussion europäischer Themen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, Respekt für einander aufzubringen und Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu zeigen. In einer gesunden Demokratie ist eine funktionierende interaktive Kommunikation zwischen Bürgern und öffentlichen Einrichtungen von wesentlicher Bedeutung. Die derzeitigen Bemühungen, die EU-Institutionen serviceorientierter, offener und zugänglicher zu gestalten, müssen intensiviert werden.
Der dritte im Weißbuch angeregte Arbeitsbereich betrifft Medien und neue Technologien. Die Medien übernehmen im Rahmen der Kommunikationspolitik eine Schlüsselrolle, und es ist von grundlegendem Interesse, dass öffentliche Einrichtungen auf allen Regierungsebenen innovative Wege der Zusammenarbeit mit den überregionalen, regionalen und lokalen Medien finden. Außerdem müssen wir uns gemeinsam Gedanken darüber machen, wie wir sicherstellen wollen, dass alle Ansichten in diesen Debatten ausgewogen vertreten sind und die Bürger umfassend, angemessen und sachlich über die verschiedensten Kanäle, nicht nur über die Presse, das Radio und das Fernsehen, sondern auch über das Internet informiert werden. Wie Sie bereits den Medienberichten entnommen haben, schlagen wir zudem vor, den interinstitutionellen Dienst Europe by Satellite (EbS) sowie beispielsweise die regionalen Fernsehsender auszubauen, die den EbS-Dienst in Anspruch nehmen.
Im vierten Arbeitsbereich geht es darum, ein klares Bild von der öffentlichen Meinung in Europa zu gewinnen. Dies stellt eine besondere Herausforderung für die politischen Entscheidungsträger dar. Sie dürfen nicht den Kontakt zur öffentlichen Meinung in Europa verlieren, denn die Ansichten der Bürger zu verschiedenen Themen spiegeln teilweise sehr unterschiedliche nationale oder regionale Sichtweisen wider. Die Europäische Kommission ist führend bei der Entwicklung moderner Instrumente zur Analyse der öffentlichen Meinung in Europa; dazu gehören beispielsweise die Eurobarometer-Umfragen. Mit unserem Weißbuch wird eine Debatte darüber angeregt, wie wir diese Instrumente besser dafür einsetzen können, eine umfassende Analyse vorzunehmen und diese effektiver in den politischen Entscheidungsprozess einfließen zu lassen.
Im fünften Bereich, den wir gemeinsam erörtern wollen, geht es darum, wie die Partnerschaft funktionieren soll: Wir sagen dazu, „wie wir die Aufgabe gemeinsam angehen“. Wie können die Regierungen der Mitgliedstaaten besser untereinander und mit Brüssel zusammenarbeiten, um die Bürger zu informieren und zu konsultieren? Wie können die Gemeinschaftsinstitutionen wirksamer zusammenarbeiten und ihre Arbeit stärker dezentralisieren? Die lokalen und regionalen Behörden haben gute Voraussetzungen, um in einen Dialog mit den Bürgern zu treten. Wie können sie den politischen Entscheidungsträgern in Brüssel am besten die Ansichten der Menschen vor Ort vermitteln? Wie können die politischen Parteien und NRO zusätzlich dazu beitragen, die Öffentlichkeit für europäische Themen zu sensibilisieren und politische Debatten anzuregen?
Die Kommission hat keine vorgefertigten Antworten auf alle diese Fragen, und wir maßen uns nicht an, den anderen Beteiligten einen Vortrag darüber zu halten, was sie tun sollten. Mit dem Weißbuch wird daher eine umfassende Konsultation eingeleitet, und alle Beteiligten sind aufgefordert, sich ernsthaft Gedanken über alle diese Fragen zu machen und eigene Ideen zu formulieren. Es hat bisher nie eine öffentliche Konsultation zur Kommunikation über Europa gegeben. Dafür ist es höchste Zeit, wenn wir wirklich wollen, dass die Bürger im Mittelpunkt unserer Aktivitäten stehen. Ich würde mir das Europäische Parlament als unseren wichtigsten Verbündeten und Unterstützer in diesem Prozess wünschen. Die Strukturen für diese Zusammenarbeit gibt es bereits, und wir können darauf aufbauend unsere Arbeit besser einteilen und koordinieren.
Abschließend möchte ich den Philosophen John Dewey zitieren. Er schrieb, dass es mehr als nur eine Wortverbindung zwischen den Worten gemeinsam („common“), Gemeinschaft („community“) und Kommunikation („communication“) gebe. Man müsse nur den Versuch unternehmen, einer anderen Person ein Erlebnis vollständig und exakt zu schildern, insbesondere wenn es etwas komplexer wäre, und man würde feststellen, wie sich die eigene Einstellung zu diesem Erlebnis ändert.
Kommunikation trägt zum gemeinsamen Verständnis, zur Bildung gemeinsamer Werte und zur Entstehung von Gemeinschaften bei. Genau das ist es, was die Europäische Union mehr als alles andere benötigt. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich, Ihre Ansichten zu hören.
Struan Stevenson, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Frau Kommissarin! Ich danke Ihnen, dass Sie heute Vormittag dieses interessante und gut vermittelte Weißbuch vorlegen. Im Namen der PPE-DE-Fraktion begrüße ich Ihr Weißbuch zur europäischen Kommunikationspolitik ausdrücklich. Es erscheint zu einer Zeit, da die Kluft zwischen der Union und ihren Bürgern immer größer wird. Unter unseren Wählern breitet sich ein Gefühl der Entfremdung von Brüssel aus: Sie fühlen sich von den Institutionen entfremdet und empfinden eine allgemeine Politikverdrossenheit. Die geringe Wahlbeteiligung im Jahr 2004 war leider als deutliche Mahnung aufzufassen, dass die Gemeinschaft dringend lernen muss, besser mit ihren Bürgern zu kommunizieren.
Es geht jedoch in Europa nicht nur um mehr Kommunikation: Wir brauchen bessere Kommunikation. Und um besser zu kommunizieren, muss Europa auch mehr zuhören. Die europäischen Entscheidungsträger haben den Kontakt zu ihren Bürgern verloren, und ich stimme Ihnen zu, Frau Kommissarin, wenn Sie in Ihrer Mitteilung sagen, dass die Bürger angesichts der Globalisierung erwarten, dass ihnen Europa Wohlstand, Solidarität und Sicherheit gewährleistet. Unsere Bürger machen sich keine Sorgen um die wesentlichen Inhalte der institutionellen Reform, sie haben Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, sie zeigen sich besorgt angesichts der 20 Millionen Arbeitslosen in Europa, und daher unterstütze ich natürlich ausdrücklich Ihren neuen Ansatz, auf mehr Dialog statt auf einseitige Kommunikation zu setzen, verstärkt dezentral statt von Brüssel aus tätig zu werden und – wie Sie es in Ihrer Mitteilung formulieren - den Bürger und nicht die Institutionen in den Mittelpunkt der Kommunikation zu stellen.
Dies habe ich in meinem eigenen Wahlbezirk in Schottland gewiss versucht. Ich habe einen Essaywettbewerb zwischen Schulen eingeführt, um das Interesse der Schüler für europäische Fragen zu wecken. Morgen werde ich nach Aberdeen reisen, um mich vor den Gemeinderatsvorsitzenden zur Finanziellen Vorausschau zu äußern, und das ist europäische Kommunikation in Aktion. Sie müssen jedoch sicherstellen, dass dieses Weißbuch nicht nur eine Konsultation zur Folge hat, an der genau die Menschen, die damit erreicht werden sollen, kein Interesse haben und nicht beteiligt werden. Wir Europäer neigen eher dazu, gut im Debattieren zu sein und weniger gut im Handeln.
Auf unsere Ideen müssen Taten folgen. Als Sie gesagt haben, wie wichtig die Programme Erasmus und „Bürger für Europa“ sein können, um die Kluft zwischen der Gemeinschaft und ihren Bürgern zu überbrücken, habe ich mich gefragt, ob dies nicht ein wenig widersprüchlich ist, da die Mittelausstattung für diese Programme im Haushalt 2006 deutlich reduziert wurde. Womöglich müssen Sie uns noch einmal näher erläutern, wie Sie diese umfangreiche PR-Strategie zu finanzieren gedenken.
Selbst unter uns Abgeordneten, den Vertretern der EU, könnten Kommunikation, Transparenz, der freie Zugang zu Dokumenten und die Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen noch weiter entwickelt sein. Dieses Haus vertritt genau die Menschen, mit denen wir kommunizieren wollen, doch leider wird dieses Parlament nicht genügend konsultiert oder häufig erst dann, wenn es zu spät ist. In vielen Fällen wird ihm kein Gehör geschenkt, häufig steht seine Aktivität im Widerspruch zum unerklärlichen und rätselhaften Vorgehen des Rates. Daher, Frau Kommissarin, können wir Ihre Ziele und Bemühungen zwar nur ausdrücklich begrüßen, doch möchte ich Sie dringend dazu auffordern, ihren Plan für Dialog, Debatte und Demokratie um ein weiteres „D“ zu ergänzen, nämlich um das „D“ für durchgreifen: Wir müssen endlich durchgreifen.
(Beifall)
Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Die Kommunikationsprobleme in der Europäischen Union bereiten uns zu Recht Sorgen, und es ist richtig, dass wir, wie es im Titel dieses Weißbuchs formuliert wird, gemeinsam mit den Menschen über Europa diskutieren wollen. Die Diagnose ist eindeutig und das Weißbuch enthält ausführliche Hinweise zur Problembehandlung.
Ich möchte der Frau Kommissarin ganz herzlich für ihre Bemühungen danken, damit wir in dieser wichtigen Angelegenheit grundlegende Fortschritte machen können. Auf viele der Fraktionsvorschläge werden wir später ausführlicher eingehen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, einige allgemeine Anmerkungen zur Kommunikation zu machen.
Bei der Kommunikation ist weniger mehr. Für eine gute Kommunikation ist es von entscheidender Bedeutung, mit einfachen Worten eine überzeugende Botschaft zu vermitteln. Wir müssen den Menschen erklären, was wir tun und warum es für sie von Belang ist. Sobald sie wissen, dass unsere Entscheidungen auch ihre Interessen berühren, werden sie selbst sich für die öffentliche Sphäre einsetzen.
Im Weißbuch werden Investitionen in Mechanismen, Verfahren und neue Technologien angeregt, um Kommunikation über verschiedene Kanäle zu ermöglichen. An sich ist das gut, doch geht es dabei nicht um die Qualität der Inhalte, die durch diese Kommunikationskanäle fließen sollen. Es wird davon gesprochen, Kontakte zwischen den Bürgern herzustellen und Debatten in der öffentlichen Sphäre zu führen. Dem stimmen wir zu. Doch bevor die Menschen dazu bereit sind, müssen sie interessiert sein. Nur dann können sie sich engagieren. Wir müssen ihnen zeigen, warum es ihnen nicht egal sein darf, was die Europäische Union tut. Die Verantwortung, diese Probleme zu lösen, tragen wir alle – alle Institutionen –, nicht nur die Presseabteilung eine Etage tiefer. Partnerschaft ist daher auch ein wichtiges Konzept des Weißbuchs.
Wie ich bereits gesagt habe, würde es Sinn machen, in neue Webseiten und in unsere eigenen Fernsehkanäle zu investieren, doch wir haben hier direkt vor unseren Türen bereits die weltgrößte Gruppe akkreditierter Korrespondenten: 1 300 Journalisten warten sehnsüchtig darauf, dass sie Zuschauern in aller Welt anspruchsvolle Meldungen präsentieren können. Wenn wir den Journalisten zeitgemäße und berichtenswerte Geschichten lieferten, dann würden wir diese auch in den Schlagzeilen, auf den Webseiten, in neuen Fernsehsendern und in der öffentlichen Debatte wiederfinden.
Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus: Der Großteil unserer Kommunikationsbemühungen schlägt fehl, weil die Gemeinschaft grundlegende Fehler macht. Sie beschränkt sich darauf, Allgemeinplätze zu formulieren, anstatt intensiv nach neuen Botschaften zu suchen, um das Interesse bestimmter Mediengruppen in den einzelnen Ländern und Regionen zu wecken.
Im Weißbuch werden zu Recht die Bedeutung von Meinungsumfragen und die Notwendigkeit hervorgehoben, ein klares Bild von der öffentlichen Meinung in Europa zu gewinnen. Doch wenn die Kommission diese Informationsquelle richtig nutzt, warum legt sie dann immer wieder derart unpopuläre Vorschläge wie die Hafendienstrichtlinie vor, mit der wir uns vor einem Monat befasst haben? Im Weißbuch wird zu Recht darauf hingewiesen, dass wir den Menschen zuhören müssen. In diesem Fall hat die Kommission nicht einmal auf ihr eigenes Parlament gehört, von den Menschen mal ganz abgesehen. Der einfache Hinweis, Europa müsse den Menschen zuhören, reicht daher nicht aus: Auf Worte müssen auch Taten folgen. Warum sollten die Menschen mit uns in Brüssel sprechen wollen, wenn sie nicht sicher sein können, dass ihre Worte Bedeutung haben oder unsere Planung beeinflussen?
Ich begrüße dieses Weißbuch, weil es die Initialzündung für eine dringend benötigte Debatte ist. Unser Haus sollte die wertvollen Bemühungen von Frau Wallström begrüßen. Wir im Europäischen Parlament müssen unseren Teil dazu beitragen, dass sich die Europäische Union mit der Unterstützung ihrer Bürger weiterentwickelt und den Bürgerinteressen bestmöglich gerecht wird.
Gérard Onesta, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Ihre Mitteilung zum Weißbuch hat sehr gut begonnen, Frau Wallström, denn auf der ersten Seite lese ich, dass Kommunikation nie von dem abgekoppelt werden kann, was kommuniziert wird.
Ich habe also erwartet, eine politische Analyse darüber zu lesen, worauf der schwindende Kontakt zwischen den Europäern und ihren Institutionen zurückzuführen ist, den wir alle - Sie, wir, jeder – beobachten können. Ich gebe zu, dass ich in dieser Hinsicht stark enttäuscht wurde, denn die Selbstkritik geht nicht über den Satz hinaus, den ich soeben zitiert habe. Ihrer Meinung nach reicht es aus, positiver über Europa zu sprechen, damit die Bürger ganz selbstverständlich das verlorene Vertrauen in ihre Institutionen und das europäische Einigungswerk wieder finden. Aber kann man denn ernsthaft behaupten, die von Herrn Barroso und seinem Team energisch verfolgten liberalen Zielsetzungen würden nicht auch ihren Teil dazu beitragen, dass die Menschen in der Union zu Recht beunruhigt sind?
Es stimmt, dass Sie in Ihrem Dokument einige Wege aufzeigen. Es enthält einige ansprechende Formulierungen: Dezentralisierung, Einbeziehung, Kultur. Aber was ist neben diesen Begriffen der wesentliche Gehalt? Ich habe den Eindruck, dass Sie Kommunikation mit Dialog verwechseln. Demokratie bedeutet nicht nur Kommunikation, sondern vor allem die tatsächliche Einbindung der Nationen über ihre Institutionen. Wenn uns Herrn Barroso nach der Sommerpause sagt: „Ich habe die Botschaft vernommen, ich werde die Dokumente zurückziehen, zu denen kein Einvernehmen herrscht“, und daraufhin mehrere Dutzend zurückzieht, aber an der Dienstleistungsrichtlinie festhält, dann habe ich den Eindruck, dass wir bei der Volksabstimmung für völlig unterschiedliche Dinge gekämpft haben, und das kann ich nicht gutheißen. Ich selbst war nicht der Meinung, dass die Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer Probleme mit sich bringt, während die Dienstleistungsrichtlinie in der Praxis zu Problemen führt. Es reicht nicht aus, die politischen Strategien auszuschmücken; sie müssen wohl geändert werden.
Ich halte Ihren Ansatz für ausgesprochen technokratisch und elitär. Erasmus ist ein hervorragendes Programm, doch wie einer meiner Vorredner gesagt hat, erreicht es aufgrund der geringen Mittelausstattung nur wenige Bürger. Zu sagen, dass wir uns auf die neuen Technologien verlassen, die offensichtlich die Antwort auf alles sind, ist womöglich gleichbedeutend mit dem Glauben, dass es ausreicht, mehr Webseiten einzurichten, um mit den Problemen fertig zu werden, die sich aus der Meinung der Menschen über die EU ergeben – Probleme, die uns überdies bewusst sind. Ist es wirklich notwendig, zahlreiche Eurobarometer-Umfragen zu starten, um zu erfahren, dass unsere Bürger Angst vor Unternehmensverlagerungen, prekären sozialen Bedingungen, Unsicherheit, Gesundheitskrisen und Umweltveränderungen haben? Ich bin mir ziemlich sicher, dass bei den Umfragen das herauskommt, was ich Ihnen in nur einem Satz gesagt habe.
Welche Mittel setzen Sie ein, um diesen Ängsten zu begegnen? Ich erinnere mich, dass die Kommission, als ich Berichterstatter zum Programm Prince im Rahmen des Haushaltsplans 2005 war, vorgeschlagen hat, die Mittelausstattung für dieses Programm zu halbieren, und das nach dem Schock der doppelten Ablehnung des Verfassungsvertrags. Das Parlament hat die Mittel anschließend in diesem Plenum versechsfacht.
Frau Kommissarin, Ihre Absichten in allen Ehren, doch ich weise erneut darauf hin, wenn Sie nicht genau definieren, wofür Sie politische Unterstützung wollen, dann bringt es gar nichts, die Verpackung zu verändern und vielleicht die Schleife ein wenig anders zu binden: Eine neue Kommunikationsstrategie ist gut, aber eine neue politische Strategie ist besser.
Jens-Peter Bonde, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (DA) Herr Präsident, liebe Margot! Ihren wunderbaren Worten liegt der Wunsch der EU-Propagandaabteilung nach mehr Mitteln für zusätzliche Propaganda zugrunde. Mehr Journalisten sollen angestellt werden, um ihre eigenen Tugenden zu propagieren, und eine neue Nachrichtenagentur soll geschaffen werden, damit Sie entscheiden können, was die Medien über die EU berichten, und damit Sie jede Nachricht mit einer leicht zu verstehenden Botschaft versehen und die EU preisen können. Die Kommission braucht keine Kommunikationspolitik, sondern Transparenz und Demokratie.
Zunächst sollten die Bücher für die parlamentarische Kontrolle geöffnet werden. Ermöglichen Sie den Rechnungsprüfern der EU Zugang zu sämtlichen Ausgaben, damit sie diese kontrollieren können. Veröffentlichen Sie die Namen derjenigen, die dafür bezahlt werden, dass sie in den geheimen Arbeitgruppen der Kommission gute Ratschläge geben. Öffnen Sie die Schublade, in der die Aufforderungsschreiben liegen, damit die Wähler und gewählten Vertreter sehen können, welche Aspekte unserer Gesetze der Kommission nicht behagen. Teilen Sie uns mit, wer in der Kommission wofür stimmt. Gibt es beispielsweise Kommissionsmitglieder, die gegen Frau Wallströms Kommunikationsplan oder Herrn Kallas’ Transparenzinitiative waren? Transparenz, Demokratie und Nähe zur Bevölkerung sind wertvoller als mehr Mittel für Öffentlichkeitsarbeit.
David Hammerstein Mintz (Verts/ALE). – (ES) Herr Präsident, Frau Wallström! Ich werde einen ganz konkreten Vorschlag unterbreiten, denn Europa muss mutige und einfallsreiche Maßnahmen ergreifen, um die europäischen Themen allen näher zu bringen und Fortschritte bei der Schaffung einer europäischen öffentlichen Meinung zu erzielen.
Meines Erachtens benötigen wir ein Pilotprogramm, um die großen europäischen Debatten zu öffnen, um die Räte zu öffnen, in denen die Minister die Bürger betreffende Fragen diskutieren, und zwar mit einem eindeutigen Verhaltenskodex, der die Debatte verständlich macht. Ich glaube, dass dieses Pilotprojekt nach all den Verfassungsproblemen als ein Zeichen des guten Willens für Transparenz und für die offene Debatte betrachtet werden könnte. Ich schlage vor, dass dieses Projekt eine öffentliche Diskussion vor den Fernsehkameras über die Bolkestein-Richtlinie sein sollte.
Es ist viel von der Transparenz des Rates die Rede, aber es wird nichts Konkretes getan.
Dies würde die Menschen dazu bringen, über diese Debatte zu sprechen; eine Debatte, um Europa der Öffentlichkeit zu präsentieren, um die Positionen deutlich zu machen, so dass die Menschen wissen, was in Bezug auf die Fragen entschieden wird, die jeden von uns in unserem täglichen Leben betreffen.
Ich möchte noch hinzufügen, dass nach Artikel 8 der Geschäftsordnung des Rates jedes Mitglied der Kommission oder des Rates eine öffentliche Debatte dieser Art vorschlagen kann. Sie selbst könnten eine solche Debatte vorschlagen.
Margot Wallström, Vizepräsidentin der Kommission. (EN) Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Ich danke Ihnen für Ihre wertvollen Anmerkungen zu diesem Weißbuch.
Nun müssen zunächst einmal Taten folgen. Wenn wir davon sprechen, auf die Bürger zuzugehen, dann können wir nicht die Mittelausstattung von Programmen kürzen, mit denen wir genau dies bezwecken. Nach meinem Verständnis stimmen wir in dieser Frage mit dem Europäischen Parlament überein. Wir hoffen auf einen Haushalt, in dem die Mittel erhöht und auf keinen Fall gesenkt werden. Diese Position vertreten wir auch in den laufenden Haushaltsverhandlungen. Wir werden in dieser Hinsicht kein Blatt vor den Mund nehmen. Was diese Frage anbelangt, sind wir zweifellos einer Meinung.
Herr Wiersma, Sie haben meines Erachtens eine sehr wichtige Bemerkung gemacht, als Sie sagten, dass es hier auch um die Teilhabe der Bürger gehe. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass Demokratie nicht nur etwas für Zuschauer ist. Sie erfordert ein Engagement vonseiten der Bürger, doch sie müssen sich auch das nötige Grundwissen aneignen, um zu verstehen, was vor sich geht und wie sie Einfluss nehmen können. Wir sind daher dazu verpflichtet, beispielsweise den Zugang zu politischer Bildung zu gewährleisten, damit sich die Menschen mit den Abläufen vertraut machen und lernen können, wie sie ihrer Stimme Gehör verschaffen können.
Ich denke, die Dienstleistungsrichtlinie ist ein gutes Beispiel dafür, dass man mit Theorie nicht weiterkommt, wenn die Grundlagen fehlen und keine Konsultation stattgefunden hat. Letzten Endes werden sich keine Befürworter für den Vorschlag finden. Daraus wird meines Erachtens deutlich, wo wir wirklich Veränderungen benötigen. Wir müssen die Menschen in den Prozess einbinden. Gestern hat einer meiner Kollegen auf einer Sitzung der Kommission gesagt, dass ein Vorschlag zu Kinderrechten noch einmal völlig überarbeitet wurde, nachdem die Kommission Kinder selbst dazu konsultiert hatte. Kinder haben völlig andere Prioritäten. Aus dieser Konsultation haben wir viel gelernt.
Genau darum geht es - um die ethischen Regeln der Kommunikation. Sie kann nicht losgelöst von der Politik betrachtet werden, denn die Kommunikation selbst kann nur so gut sein wie ihr Inhalt. Es geht um die politischen Inhalte und darum, wie wir den Status quo ändern wollen. Doch wir müssen auch klarstellen, welche Regeln und Verhaltensweisen für die Demokratie und demokratische Verfahren gelten sollen. Zudem müssen wir verdeutlichen, welchen entscheidenden Beitrag die Kommunikation und ihre ethischen Regeln leisten können. Wir wollen die Instrumente, den Rahmen und die Verfahren für unsere Kommunikation und für einen interaktiven Dialog mit den Bürgern festlegen. Dies ist das Ziel unserer Bemühungen.
Sie fragen zu Recht nach der Finanzierung. Wir benötigen lediglich einige zusätzliche Mitarbeiter im Verlauf der Konsultation. Es ist noch zu früh zu sagen, was für die konkreten Vorschläge erforderlich sein wird, weil wir dazu Konsultationen durchführen. Mit den spezifischen Vorschlägen und Aktionsplänen müssen wir uns dann wieder befassen, wenn uns angemessene Folgenabschätzungen, Finanzmittel und konkrete Zahlen vorliegen. Im Moment konzentrieren wir uns voll und ganz auf die Konsultation.
Nach Herrn Bondes Darstellung habe ich mich gefragt, ob wir beide denselben Text gelesen haben. Ich muss etwas zum Thema Presseagentur sagen; dabei handelt es sich zum Teil um ein sprachliches Problem. Wir haben nie etwas anderes geplant als eine Erweiterung des Dienstes, der gegenwärtig innerhalb der Generaldirektion Kommunikation besteht. Er nennt sich „Europe by Satellite“. Dieser Dienst, der Rundfunk- und Fernsehsendern in ganz Europa Bild- und Tonmaterial liefert, wird von einigen wenigen Mitarbeitern in 20 Sprachen sichergestellt. Wenn wir wollen, dass die Qualität besser wird, mehr Fakten und Zahlen berücksichtigt werden und ausführlicher über die Ereignisse in Rat, Parlament und Kommission berichtet wird, dann benötigen wir mehr Personal und Ausrüstung. Wie ich bereits gesagt habe, unterstützen wir auf diese Weise regionale Fernseh- oder Rundfunksender, die es sich nicht leisten können, Korrespondenten nach Brüssel zu entsenden. Wenn wir diese interinstitutionellen Informationen aus erster Hand tatsächlich bereitstellen wollen, muss die Zahl der Mitarbeiter erhöht werden. Und schließlich muss ein ausgewiesener Fachmann darüber entscheiden, was aus journalistischer Sicht besonders interessant ist: Sollen wir heute ein Team ins Parlament oder an einen anderen Ort schicken, um über ein anderes Ereignis zu berichten? Dies machen wir bereits, jedoch mit ausgesprochen begrenzten Mitteln.
Dieser Dienst wird nicht in einen Interessenkonflikt mit dem Web-TV treten, in das das Parlament investieren will und das über das Geschehen innerhalb der Institution berichtet, sondern eine zusätzliche Bemühung um eine bessere Kommunikation mit den Bürgern darstellen. So war es von Anfang an geplant.
Die Journalisten in Brüssel sind unzufrieden. Sie befürchten einen Konkurrenzkampf. Ich weiß nicht, warum es zu einem großen Konkurrenzkampf kommen soll, wenn in 20 Sprachen über Pressekonferenzen berichtet wird. Ich betrachte das nicht als Problem. Doch jeder versucht, sein Gebiet abzustecken. Wir müssen realistisch sein. Wenn wir wollen, dass Rundfunk und Fernsehen – also die Quellen, die die meisten unserer Bürger heute nutzen, um sich über die Ereignisse in der Gemeinschaft zu informieren - auf lokaler und regionaler Ebene über uns berichten, dann müssen wir in sie investieren. Wir sind die einzigen, die aus den Institutionen in Wort und Bild berichten können. Niemand wird uns das streitig machen. Genau das bezwecken wir mit unserem Vorschlag im Weißbuch.
Über diesen Punkt wurde nicht abgestimmt. In der Kommission gibt es Diskussionen und in wenigen Fällen Abstimmungen. In den fünf Jahren der Prodi-Kommission wurde vielleicht nur fünf oder zehn Mal abgestimmt. Mein Weißbuch war zwar nicht Gegenstand einer Abstimmung, doch es ist auf deutliche Zustimmung gestoßen. Es freut mich, Ihnen das mitteilen zu können. Abstimmungen sind nicht alles. Sie haben Recht, wir müssen den Bürgern klar machen, dass dies eine andere politische Arena ist und dass politische Diskussionen von entscheidender Bedeutung sind. Wir brauchen Aussprachen. Wir werden unterschiedliche ideologische Auffassungen vertreten, und die Diskussion in der europäischen Arena wird immer weitergehen. Wir müssen die Bürger in die Lage versetzen, die Ereignisse verfolgen und nachvollziehen und ihre Meinung zum Ausdruck bringen zu können. Einige Anregungen dazu werden Sie im Weißbuch finden.
Abschließend möchte ich Herrn Hammerstein Mintz zustimmen. Ich hoffe, dass versuchsweise damit begonnen wird, die Ratstagungen öffentlich abzuhalten. Dies ist auch eine Möglichkeit, mit den gegenseitigen Schuldzuweisungen der Institutionen Schluss zu machen. Letzten Endes sind die Bürger die Verlierer, weil sie die Ereignisse und die Aussagen ihrer Minister im Rat nicht nachvollziehen und einschätzen können. Meiner Meinung nach sollten die Ratstagungen öffentlich sein, damit sie von den Bürgern verfolgt werden können. Wir werden unser Bestes tun, um dies zu ermöglichen. Die Kommission vertritt zudem die Auffassung, dass Offenheit und Transparenz für eine bessere Kommunikation unabdingbar sind.
Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Schriftliche Erklärung (Artikel 142)
Alyn Smith (Verts/ALE). – (EN) Ach bei dieser Aussprache beeindruckt mich, wie wir es immer wieder schaffen, genau die falschen Fragen zu stellen und demnach auch die falschen Antworten zu geben. Die Kommission verfolgt mit ihrer Kommunikationsstrategie ein ehrenwertes Ziel, doch ich habe meine Zweifel, dass sie viel erreichen wird, denn in der gesamten Gemeinschaft, und nicht nur bezüglich der Maßnahmen der Kommission selbst, sieht die Realität alles andere als ideal aus. Die Menschen sind dementsprechend skeptisch, nicht weil sie die EU missverstehen, sondern weil sie sie nur zu gut verstehen.
In Schottland gibt es ein altes Sprichwort: Man kann eine Rübe nicht zum Glänzen bringen, und wie immer wir es auch darstellen, wir werden nicht verbergen können, dass die EU ein strukturelles Problem hat, das wir nicht angehen. Die institutionellen Mechanismen und die Inhalte, mit denen sich die einzelnen Gemeinschaftsinstitutionen befassen, müssen der Erweiterung Rechnung tragen, oder aber es besteht die Gefahr eines anhaltenden Stillstands. Nur eine wirkliche Reform wird die EU ihren Bürgern näher bringen, und auf diese Reform sollten wir uns konzentrieren.
4. Mindestbedingungen für die Durchführung der Verordnungen über Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr - Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr
Präsident. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über die Berichte von Helmuth Markov im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr über
- den vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestbedingungen für die Durchführung der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr sowie zur Aufhebung der Richtlinie 88/599/EWG des Rates (PE-CONS 3672/2/2005 – C6 0417/2005 – 2003/0255(COD)) (A6-0005/2006) und
- den vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwurf einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (PE-CONS 3671/3/2005 – C6 0416/2005 – 2001/0241(COD)) (A6-0006/2006).
Helmuth Markov (GUE/NGL), Berichterstatter. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im September 2001 wurde von der Kommission das neue Weißbuch unter dem Titel „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010 – Weichenstellung für die Zukunft“ verabschiedet. In diesem Weißbuch wurden die Entwicklungsperspektiven bis zu diesem Datum skizziert. Die Kommission schlug darin gleichzeitig etwa 60 verschiedene Maßnahmen und ein Aktionsprogramm vor, insbesondere zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Eine gute Möglichkeit, positive Absichten in konkrete Politik umzuformen, ergab sich natürlich mit der Vorlage der heute hier zur Debatte stehenden Dossiers über die Lenk- und Ruhezeiten der Kraftfahrer sowie die dazugehörige Kontrollrichtlinie zur Einhaltung der in der ersten Verordnung vorgeschriebenen Bedingungen.
Bei der Bewertung der im Vermittlungsausschuss zwischen Rat und Parlament erzielten Ergebnisse gilt es also vorrangig zu hinterfragen, ob die Ziele, die wir uns selber gesetzt hatten, erreicht worden sind, nämlich erstens die Verbesserung und Harmonisierung der Arbeitsbedingungen der Berufskraftfahrer, zweitens die Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit und drittens die Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen für alle Beteiligten.
Lassen Sie mich die wichtigsten Resultate des jetzt vorliegenden Kompromisses benennen:
Erstens: Die tägliche Lenkzeit darf neun Stunden nicht überschreiten. Zweitens: Die wöchentliche Lenkzeit darf 56 Stunden nicht überschreiten und nicht dazu führen, dass die in der Arbeitszeitrichtlinie festgelegte Höchstarbeitszeit überschritten wird. Drittens: Die summierte Gesamtlenkzeit innerhalb von zwei Wochen darf 90 Stunden nicht überschreiten. Viertens: Die regelmäßige tägliche Ruhezeit beträgt elf Stunden hintereinander oder aber bei einer Zweiteilung drei und neun Stunden. Das hat insbesondere dem Wunsch der Kraftfahrer nach mehr Flexibilität entsprochen, weil die Ruhezeiten im Winter und Sommer unter unterschiedlichen klimatischen Bedingungen doch sehr unterschiedlich genutzt werden können. Fünftens: Die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit ist auf mindestens 45 Stunden festgeschrieben. Sechstens: Der digitale Tachograf wurde eingeführt, wodurch eine erweiterte und verbesserte Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften möglich ist. Siebtens: Die Haftung der Verkehrsunternehmen wurde klar geregelt. Achtens: Die vorgeschriebene Kontrolldichte wurde erhöht, nämlich ab 2008 auf 2 % und ab 2010 auf 3 %. Neuntens: Die Kontrollen müssen sowohl auf der Straße als auch auf dem Betriebsgelände der Unternehmen vollzogen werden.
Wenn man die jetzt zur Debatte stehenden Dokumente mit den vorher gültigen vergleicht, dann kann man durchaus feststellen, dass es keine einzige Verschlechterung gegeben hat. Wenn man jedoch die erzielten Ergebnisse mit den Vorstellungen, die wir am Anfang bei der Bearbeitung hatten, auf die Waagschale legt, dann kommt man teilweise zu anderen Resultaten.
Einige Beispiele: Erstens: Fahrzeuge unter 3,5 Tonnen sind von der Verordnung ausgenommen, obwohl immer mehr Transporte in diesen Gewichtskategorien vorgenommen werden und die Unfallhäufigkeit steigt. Zweitens: Es gibt lediglich zwei Verweise auf die Arbeitszeitrichtlinie, jedoch keine Kontrolle derselben während der Lenk- und Ruhezeitkontrollen. Dadurch ist meines Erachtens bei weitem nicht garantiert, dass Übermüdung und Überschreitung der Höchstzeiten reduziert werden oder gar nicht mehr vorkommen. Drittens: Obwohl im Anhang zur Kontrollrichtlinie definiert wurde, was als Verstoß gegen die Verordnung anzusehen ist, gibt es keine rechtsverbindliche Harmonisierung derselben. Viertens: Es gibt keinerlei Festlegungen über harmonisierte Sanktionen. Dies bedeutet, dass die Mitgliedstaaten nach wie vor unterschiedliche Strafen für gleiche Verstöße zum Ansatz bringen.
Wenn man das alles abwägt, kann man durchaus sagen, dass wir gemeinsam eine Menge flexibler Lösungen gefunden haben. Natürlich hoffen wir, dass sich diese Gesetzgebung auch in dem vorgesehenen Zeitraum von zwei Jahren im dann neuen AETR wieder findet und damit auch für die Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind, aber dennoch die Straßen der Europäischen Union befahren, gültig ist, um so tatsächlich Wettbewerbsgleichheit insgesamt herzustellen.
Persönlich – das wissen die meisten von Ihnen – habe ich im Vermittlungsausschuss gegen den erzielten Kompromiss gestimmt. Dies tat ich aus der Überzeugung heraus, dass das Parlament mehr erreichen hätte können und die dortige Mehrheit die Verhandlungen mit dem Rat zu früh eingestellt hat. Demzufolge kann ich es durchaus nachvollziehen, wenn es bei der heutigen Abstimmung nicht nur Befürworter des jetzt vorliegenden Kompromisses gibt. Die meisten von der Verordnung und Richtlinie Betroffenen sind zwar nicht richtig glücklich, haben sich aber absolut mehrheitlich für die Annahme dieser zwei Dossiers ausgesprochen. Dem werde ich dann mit meinem Votum auch Rechnung tragen.
Die Kommission möchte ich abschließend bitten, drei Dinge zu tun: Erstens: Fertigen Sie eine Studie über das Verkehrsverhalten der Fahrzeuge für den Güterverkehr unter 3,5 Tonnen an, weil ich immer der guten Hoffnung bin, dass es uns gelingt, einen anderen Lobbyismus einzuführen und zu einem späteren Zeitpunkt diese Kategorien auch noch mit in die Verordnung aufzunehmen. Zweitens: Helfen Sie bei der Koordinierung der unterschiedlichen Organe zur Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten und der Arbeitszeit. Drittens: Organisieren Sie gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern Seminare, um möglichst schnell diese neue Rechtsprechung zu implementieren.
Zum Schluss möchte ich mich ganz herzlich bei allen jenen, die gemeinsam mit mir über viele Jahre dieses Dossier bearbeitet haben – das sind vom Ausschuss vorrangig Herr Hauck und Herr Darmis –, bei meinen Schattenberichterstatterinnen und Schattenberichterstattern bedanken. Das war ein sehr gutes Zusammenwirken. Es war etwas ungewöhnlich, aber es hat sich auch gelohnt. Ebenso möchte ich mich bei meinem Kollegen, dem Vizepräsidenten Vidal-Quadras, der in den Vermittlungen die Sache ganz souverän geführt hat, und bei dem zuständigen Bearbeiter, Herrn Tziorkas, bedanken.
Ich hoffe, dass der digitale Tachograf schnell eingeführt wird, dass die Mitgliedstaaten die Fahrerkarten zur Verfügung stellen und dass wir damit in dem Bemühen, etwas mehr soziale Gerechtigkeit, Verkehrssicherheit und fairen Wettbewerb auf den Straßen der Europäischen Union herzustellen, ein Stückchen weiter gekommen sind.
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Die beträchtliche Zunahme des Straßenverkehrs in den vergangenen zwanzig Jahren veranlasste die Kommission, zwei Texte vorzulegen. Erstens einen Vorschlag für eine Verordnung aus dem Jahre 2001 zur Vereinfachung, Verdeutlichung und Aktualisierung einer unter Fahrern bereits bekannten Verordnung, nämlich der Nummer 3820/85, in der die Lenkzeiten, Unterbrechungen und Ruhezeiten von Berufskraftfahrern festgelegt werden. Und zweitens einen Vorschlag für eine Richtlinie aus dem Jahre 2003, mit der eine Richtlinie aus dem Jahre 1988 ersetzt wird. Mit diesem Richtlinienvorschlag soll ein Mindestmaß an Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr gewährleistet werden.
Wir haben uns alle darum bemüht, dass dieses Paket am 6. Dezember 2005 nach mehr als zweijährigen langen und schwierigen Verhandlungen abgeschlossen werden konnte. Der Vermittlungsausschuss hat schließlich eine Einigung erzielt. Das Parlament hat einen wichtigen Beitrag geleistet, um diese Angelegenheit voranzubringen, und ich möchte dem Vorsitzenden Ihrer Delegation, Herrn Vidal-Quadras Roca, gratulieren, dem Herr Markov so begeistert gedankt hat. Ganz besonders begrüße ich auch die Bemühungen von Herrn Markov, Herrn Grosch und Herrn Piecyk sowie der Mitglieder des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr, die sich sehr ausführlich mit dem Sachverhalt befasst haben und konkrete Fortschritte beim Text des Gemeinsamen Standpunkts des Rates erzielen konnten.
Zu zwei Dritteln der Änderungsanträge des Parlaments zu der Verordnung und zu mehr als der Hälfte der Änderungsanträge des Parlaments zur Richtlinie konnte ein Kompromiss gefunden werden. Ein Beispiel ist die Einführung eines Gemeinschaftssystems, um gemeinsame und genaue Kriterien für die Einstufung von Verstößen nach ihrer Schwere festzulegen. Mit einer solchen Harmonisierung lassen sich die Pflichten verdeutlichen, die sich aus den Rechtsvorschriften ergeben, sowohl aus Sicht der Branche als auch aus Sicht der Kontrolleure in ganz Europa. Ich sage absichtlich ganz Europa und nicht nur Europäische Union. Auf Drängen des Parlaments haben sich Rat und Kommission darum bemüht, dass das AETR-Übereinkommen innerhalb einer Frist von zwei Jahren auch von anderen europäischen Staaten einschließlich Russland ratifiziert werden kann.
Es stimmt, wir haben es nicht geschafft, die Kontrolle der Arbeitszeit in den Anwendungsbereich der neuen Richtlinie aufzunehmen. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass die Kommission ihr Möglichstes tun wird, damit die Arbeitszeitrichtlinie vollständig umgesetzt wird. Am 19. Dezember hat die Kommission außerdem zehn begründete Stellungnahmen an diejenigen Mitgliedstaaten gerichtet, die die vollständige Umsetzung dieser Richtlinie noch nicht notifiziert haben.
Darüber hinaus waren durch die Vermittlung weitere Fortschritte möglich. Dieses Legislativpaket wird einige Vorteile und Verbesserungen gegenüber der gegenwärtigen Situation bringen. Davon bin ich fest überzeugt. Ich möchte einige Beispiele nennen: eindeutige und einfache Einschränkungen der Wochenfahrstunden, die den Text leichter verständlich machen und uns natürlich die Kontrolle der Einhaltung erleichtern; eine ausdrückliche und eindeutige Verpflichtung, sich um eine Harmonisierung der Informationssysteme, der technischen Merkmale der Geräte, der Risikokriterien und der Auslegung der Regeln zu bemühen; und schließlich natürlich die Verstärkung der Kontrollen, die Extraterritorialität der Sanktionen und die Verantwortlichkeit entlang der gesamten Transportkette.
Herr Präsident, ich möchte erneut hervorheben, dass diese Fortschritte zu einem großen Teil dem Einsatz des Parlaments zu verdanken sind. Die Kontrollen vor Ort werden nun koordinierter und wirksamer sein. Es geht nicht nur darum, sie zu verstärken, sondern auch, sie effektiver zu gestalten.
Schließlich noch ein paar Worte zum digitalen Fahrtenschreiber. Ich möchte heute Vormittag hier im Parlament darauf hinweisen, wie hilfreich es wäre, wenn Sie den vorliegenden Dokumenten zustimmen würden, damit wir endlich den digitalen Fahrtenschreiber einführen können. Das Parlament hat sich dazu mit dem Rat auf ein Zieldatum geeinigt. Die beiden Organe haben eine gemeinsame Erklärung zu dieser Frage formuliert. In Erwartung Ihrer Zustimmung zum Legislativpaket habe ich die Verkehrsminister aller Mitgliedstaaten am 12. Januar 2006 darauf hingewiesen, dass ich bereit bin, den Übergangszeitraum bis zum Zieldatum zu verlängern. Mit dieser Geste wollte ich Missverständnisse vermeiden. Doch es steht fest, dass nach dem vom Gesetzgeber, also dem Parlament, festgelegten Zeitpunkt jeden Fahrer eines neuen Lastkraftwagens, der nicht mit einem digitalen Fahrtenschreiber ausgestattet ist, unmittelbare Sanktionen vonseiten der nationalen Behörden, wie beispielsweise Fahrverbote, erwarten.
Herr Markov, Sie haben mich auf drei Sachverhalte angesprochen. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass sich die Kommission unverzüglich um Antworten auf Ihre Fragen bemühen wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wage zu hoffen, dass Sie dem Ergebnis dieses Vermittlungsverfahrens zustimmen und wir diesen Sachverhalt endlich, zwei Jahre nachdem die Kommission ihren Vorschlag vorgelegt hat, gemeinsam zum Abschluss bringen können. Es wäre wirklich schade, die Fortschritte, die diese Texte mit sich bringen und die dank ihrer Zustimmung in der gesamten Gemeinschaft umgesetzt werden könnten, aufzuhalten.
Mathieu Grosch, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir waren im Vermittlungsverfahren, und – wie das Wort schon sagt – im Vermittlungsverfahren sucht man Kompromisse. Es wäre – auch von Seiten der PPE-DE-Fraktion – übertrieben zu behaupten, dass das Resultat alle unsere Erwartungen erfüllt. Die wesentliche Frage bei dieser Arbeit, die auf allen Ebenen geleistet wurde, ist: Geht dieses Dossier in die richtige Richtung? Sind gewisse Ziele, die wir uns gesteckt haben, erreicht? Diesbezüglich kann ich sagen, dass die Antwort der PPE-DE-Fraktion ein klares Ja ist.
Lenk- und Ruhezeiten sind für uns eine Frage der Sicherheit, und alles, was dieses Konzept verdeutlichen oder verbessern kann, ist in unseren Augen ein Schritt nach vorne. In diesem Zusammenhang möchte ich auch dem Berichterstatter, den Kollegen im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr wie auch der Kommission danken, denn ich glaube, alle zusammen haben in eine Richtung gearbeitet, obwohl die Erwartungen natürlich verschieden waren. Wir haben dort gute Arbeit geleistet.
Dies ist ein wichtiger Schritt nach vorne, denn wir haben das Problem der wichtigen auf europäischer Ebene zu treffenden Maßnahmen im Verhältnis zu jenen Ländern analysiert, die auch den europäischen Boden befahren. Wir hätten da natürlich noch etwas mehr erwartet, aber wir müssen auch im Auge behalten, was möglich ist. Und wenn wir schon so weit sind, dass wir wissen, dass morgen 42 Länder – 25 EU-Mitgliedstaaten plus die anderen europäischen Staaten – über das AETR-Übereinkommen auch Derartiges akzeptieren werden, dann haben wir im Bereich der Sicherheit auch ein deutliches Zeichen nach außen gesetzt. Denn Lenk- und Ruhezeiten sind eine Frage der Sicherheit – nicht nur für die Fahrer, sondern für alle Benutzer der Straßen.
Wir haben auch gewisse Begriffe vereinfacht und deutlicher gemacht. Es war ziemlich komisch festzustellen, dass man über Lenk- und Ruhezeiten im Straßentransport spricht, der Begriff der Lenkzeit jedoch noch nicht einmal definiert wurde. Darüber hinaus haben wir aber auch noch Wichtigeres geleistet: Wir haben ganz klar gesagt, dass wenn wir über Lenk- und Ruhezeiten sprechen, das Ganze auch kontrollierbar sein muss. Natürlich konnte man noch einiges mehr erwarten. Aber wenn man sagt, eine Nachtruhe sind 9 Stunden plus 3, oder 9 Stunden als solche, dann sind dies viel bessere Gegebenheiten als die 8 + 1 + 1 + 1 von vorher. Ich finde, dass der Rat dort auch korrekte Vorschläge gemacht hat. Ein Fahrer weiß, wie viel Pause er nach viereinhalb Stunden einlegen muss. Es gibt die 15 Minuten, es gibt die 30 Minuten – und nicht all die Systeme, die vorher bestanden. Man muss sich doch vorstellen – ich komme aus einem Grenzgebiet –, dass man auf den Straßen Tausende Leute mit verschiedenen Sprachen, mit verschiedenen Möglichkeiten des Ausdrucks findet und dass es Leute geben muss, die dies kontrollieren.
Bei den Fahrtenschreibern gibt es noch das alte Modell, wo man noch den mündlichen Kontakt haben und fragen muss: Was bedeutet denn das, was hier steht? Das Kontrollierbare – dass sowohl der Fahrer als auch derjenige, der kontrolliert, wissen, was auf sie zukommt – ist in meinen Augen ein ganz wichtiger Schritt nach vorn. Ich glaube, dort haben wir einiges sehr deutlich gemacht.
Der Fahrtenschreiber als solcher ist eine längere Geschichte. Wir hatten seitens der Kommission schon ein paar Fragen gestellt, aber wir hätten das ganze Thema mit dem digitalen Fahrtenschreiber natürlich lieber schon im August 2004 zum Abschluss gebracht. Ihre deutlichen Worte der letzten Wochen, Herr Kommissar, waren jedoch auch ein klares Zeichen nach außen.
Es geht nicht so sehr darum, ob dies ein Jahr früher oder später geschieht. Es geht darum, dass die Kommission einmal deutlich sagt: Wer bis zu einem gewissen Datum nicht fertig ist, wer diesen neuen Fahrtenschreiber nicht in neue Fahrzeuge einbaut, der wird Probleme im Land und Probleme im Betrieb bekommen. Ich nehme an, auch Sie werden die Arbeit, die Sie angekündigt haben, auch ausführen und sagen, dass es da kein Pardon mehr gibt.
Es wäre nämlich schade und auch ein schlechtes Zeichen, wenn die Länder, die ihre Arbeit erledigt haben, im Endeffekt ihre Betriebe indirekt bestrafen, da die Länder, die weiterhin säumig bleiben, straflos ausgehen. Wir kennen die Länder, die nicht vorbereitet sind.
Herr Kommissar, ich danke Ihnen recht herzlich. Ich glaube, Sie haben dort ein klares Zeichen gesetzt: Erstens geht es um die Sicherheit, und zweitens geht es auch um unlauteren Wettbewerb, wenn man über Lenk- und Ruhezeiten spricht. Diese zwei Aspekte führen ja auch dazu, dass der gesamte Sektor geschlossen hinter derartigen Initiativen steht. Denn es kann nicht sein, dass in diesem Sektor morgen derjenige, der sich nicht an die Gesetzestexte hält, das meiste Geld verdient. Wenn eine Mehrheit mitzieht, werden letztlich auch alle Länder auf gleiche Art damit umgehen.
Somit komme ich zum zweiten Thema: Wir können hier die besten Richtlinien schreiben und auch verabschieden. Wenn aber in den Ländern nicht der Wille besteht, sie systematisch zu kontrollieren, hat dies überhaupt keinen Zweck. Ich bin sogar überzeugt, dass wir in vielen Bereichen nicht mehr viele neue Gesetzgebungen brauchen. Wir brauchen Vereinfachungen, wir müssen teilweise auch die Interpretationsräume etwas verengen, damit die Menschen in den Ländern genauer wissen, was auf sie zukommt. Ohne Kontrollmöglichkeit und gleichartiges Ahnden bringt auch die beste Richtlinie nichts. Dementsprechend möchte ich auch der Kommission danken: Sie werden Initiativen ergreifen, was die schweren Vergehen angeht. Wir werden dies im Konsens tun. Ich möchte auf jeden Fall bitten, dass dieses Resultat auch über die PPE-DE-Fraktion hinaus anerkannt wird, denn ich finde, das Ganze ist ein Schritt nach vorne.
Willi Piecyk, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Wenn wir heute über die Verordnung über die Lenk- und Ruhezeiten beschließen, machen wir ohne Zweifel Fortschritte. Die tägliche Mindestzeit wird erhöht, die maximal zulässige Lenkzeit wird reduziert, der digitale Tachograf wird eingeführt und soll Manipulation verhindern, es können auch die zurückliegenden 28 Tage überprüft werden, und nicht zuletzt werden lange Anfahrtswege und -zeiten zum Einsatzort endlich als Arbeitszeit gerechnet. All das sind Fortschritte, und dies ist auch ein Verdienst unseres Berichterstatters Helmuth Markov, der sich in dem ganzen Verfahren bis zum Schluss wirklich hervorragend bemüht hat, die Position des Parlaments zu vertreten. Deswegen wird auch ein großer Teil meiner Fraktion dem zustimmen.
Gleichwohl gibt es einen gravierenden Grund, warum ich dem Vermittlungsergebnis nicht zustimmen werde, nämlich die vom Rat verweigerte Verknüpfung mit der Arbeitszeitrichtlinie. Trotz vieler Kompromissangebote des Parlaments ist es dem Rat nicht gelungen, hier Zugeständnisse zu machen.
Aber andere Arbeiten des Fahrers – Be- und Entladen, Reparaturen, Formulare – sind alle ein Teil seiner Arbeitszeit. Diese anderen Arbeiten sind ermüdend und wirken sich deshalb direkt auf die Verkehrssicherheit aus. Deswegen muss im Zusammenhang mit den Lenk- und Ruhezeiten auch die Einhaltung der Arbeitszeitrichtlinie kontrolliert werden können. Deswegen müssen auch Verstöße gegen die Arbeitszeitrichtlinie geahndet und mit Sanktionen belegt werden können. Das war dem Rat nicht möglich, und der Rat ist auch eine Begründung dafür schuldig geblieben.
Der Grund der Weigerung des Rates wurde eine Woche später klar. Zehn Mitgliedstaaten haben die Arbeitszeitrichtlinie bisher überhaupt noch nicht umgesetzt, obwohl die Frist dafür im März 2005 abgelaufen ist. Die zehn Mitgliedstaaten sind Deutschland, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien und Tschechische Republik. Kein Wunder, dass der Rat sich geweigert hat, eine weitere Verbindung mit einem anderen Rechtsakt herzustellen. Ich hätte mir diese Information auch vorher von der Kommission in diesem Verfahren gewünscht. Ich glaube, wir hätten vor dem Hintergrund, dass zehn Mitgliedstaaten diese Richtlinie noch gar nicht umgesetzt haben, dieses Thema möglicherweise auch ein Stückchen anders diskutiert.
Lenk- und Ruhezeiten, Arbeitszeitrichtlinie und Kontrolle gehören zusammen. Dem hat sich der Rat verweigert, und deshalb gibt es heute von mir ein Nein zu diesem Ergebnis.
Anne E. Jensen, im Namen der ALDE-Fraktion. – (DA) Herr Präsident, Herr Kommissar! Die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa hat sich während der Arbeit an diesen beiden Richtlinien stets und ständig dafür stark gemacht, die Einhaltung der in den Vorschriften festgelegten Lenk- und Ruhezeiten strenger zu überwachen, und wir begrüßen den digitalen Fahrtenschreiber, denn wir brauchen eine einheitlichere und konsequentere Durchsetzung der Vorschriften. Das ist im Hinblick auf die Straßenverkehrssicherheit und auch deshalb geboten, damit faire Wettbewerbsbedingungen für jene Transportunternehmen und Fahrer gewährleistet sind, die sich an Recht und Gesetz halten. Verstöße gegen die Vorschriften müssen aufgedeckt und die Schuldigen bestraft werden. Skeptischer waren wir allerdings gegenüber einschneidenden Änderungen an den eigentlichen Vorschriften zu den Lenk- und Ruhezeiten. Sicher sind die Vorschriften kompliziert, aber sind sie anerkannt, und die Fahrer sind mit ihnen vertraut. Wenn wir sie ändern, dann müssen wir sie verbessern.
Mit der nunmehr zwischen dem Parlament und dem Rat erzielten Einigung haben wir meines Erachtens jedoch einen vernünftigen Mittelweg gefunden, und wir in der ALDE-Fraktion können das Ergebnis der Vermittlung unterstützen. Die Vorschriften werden vereinfacht, was in bestimmten Fällen auch bedeutet, dass sie an Flexibilität einbüßen. Künftig ist es nicht möglich, die tägliche Ruhezeit in mehrere kürzere Perioden aufzuteilen. Die Regelungen schreiben eine tägliche Ruhezeit vor, die in Perioden von neun und drei Stunden aufgeteilt wird. Im Gegenzug werden jedoch die Bestimmungen in anderen Bereichen gelockert, indem beispielsweise die Regelungen in Verbindung mit dem Fährverkehr flexibler werden. Wichtig ist zudem, dass die Vorschriften jetzt auch für Lkw aus Drittländern gelten sollen, die nicht Vertragspartei des AETR-Übereinkommens sind. Lkw-Fahrer müssen unbedingt völlig ausgeruht sein, unabhängig davon, ob sie nun aus Dänemark oder der Ukraine kommen.
Das Problem der Überwachung der Arbeitszeiten der Fahrer spielte in den Verhandlungen eine wesentliche Rolle. Die ALDE-Fraktion war dagegen, der Polizei die Verantwortung für die Kontrolle der Einhaltung der in den Vorschriften festgelegten Arbeitszeiten der Fahrer zu übertragen. Eine solche Kontrolle ist von Land zu Land höchst unterschiedlich organisiert, und das müssen wir akzeptieren. Das soll jedoch nicht heißen, wir seien gegen die Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie für die Fahrer, und ich möchte sogar an die Kommission appellieren, die Implementierung der Arbeitszeitrichtlinie zu überwachen und sicherzustellen, dass sie von allen Ländern einheitlich kontrolliert und umgesetzt wird, damit es auf diesem Gebiet nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. Busunternehmer werden mit dem Ergebnis der Vermittlung nicht zufrieden sein. Ihnen wird es schwerer fallen, Busreisen auf dieselbe Weise wie heute zu organisieren, wo sich die Fahrer möglicherweise mehr als sechs Tage am Stück zur Verfügung stellen. Zu meinem Bedauern konnten wir in diesem Fall keine flexiblere Lösung herbeiführen. Ansonsten bin ich mit dem Gesamtergebnis zufrieden und danke Herrn Markov und dem Schattenberichterstatter für ihre Anstrengungen.
Die Sache ist die, dass die Vorschrift betreffend digitale Fahrtenschreiber als Farce bezeichnet wurde, weil lange Zeit Ungewissheit über den Zeitpunkt ihrer Einführung herrschte. Die Transportunternehmen, die sich mit immer wechselnden Ankündigungen über die Vorschriften konfrontiert sahen, befanden sich in einem rechtlichen Vakuum. Diese Farce muss jetzt ein Ende haben, und deshalb möchte ich zum Schluss von Kommissar Barrot wissen, ob er garantiert, dass die Probleme bei der Umstellung der digitalen Fahrtenschreiber von den derzeitigen auf die neuen Vorschriften Berücksichtigung finden werden, wenn die neue Rechtsvorschrift über Lenk- und Ruhezeiten in einem Jahr in Kraft tritt. Können Sie das zusichern, Herr Kommissar?
IM NAMEN DES VORSITZES: MIROSLAV OUZKÝ Vizepräsident
Eva Lichtenberger, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen in unserem Team von Berichterstattern und Schattenberichterstattern. Es war eine ausgezeichnete Zusammenarbeit, getragen von einem gemeinsamen Anliegen. Dieses gemeinsame Anliegen war auch die ursprüngliche Intention der Richtlinie: Unfälle im Schwerverkehr, Beeinträchtigungen der Sicherheit auf den Straßen durch Sekundenschlaf übermüdeter Fahrer sowie skandalöses Sozialdumping im Fahrgewerbe, das auch eine unfaire Wettbewerbssituation zwischen den europäischen Ländern, aber auch mit Drittländern zu Lasten all jener darstellt, die sich – auch gegenüber ihren Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern – fair und vernünftig verhalten haben, müssen endlich ein Ende haben in Europa.
In der Vermittlung dieses Anliegens allerdings haben wir eine Betonwand wahrgenommen, eine Betonwand im Rat, die es uns unmöglich machte, so weit zu gehen, wie es wirklich notwendig und sinnvoll gewesen wäre. Denn bei der Kontrolle der Lenkzeiten auch die sonstigen Arbeitszeiten der Fahrer mitzuberücksichtigen, ist ja eigentlich etwas Selbstverständliches und müsste ins Auge springen. Um diese Situation aber generell zu verbessern, ist ein Punkt besonders wichtig, der im zweiten Teil der Regelung enthalten ist, nämlich die effiziente Kontrolle. Das nimmt jetzt die Mitgliedstaaten in die Pflicht. Sie müssen die Kontrolldichten endlich steigern, damit Frächterskandale wie in der Vergangenheit und schwere Unfälle wegen Sekundenschlafs endlich der Vergangenheit angehören.
Dass diese Kontrolle nun gesteigert werden muss – und sie ist unerlässlich –, war für mich letztendlich der Grund, doch der Richtlinie zuzustimmen. Ich glaube, dass wir diese Regelungen brauchen, um gewisse Verbesserungen zu erreichen, auch wenn wir die notwendige Kohärenz mit der Arbeitszeitrichtlinie noch nicht haben. Es gibt weitere Kritikpunkte, wie etwa dass die Regelungen zum Teil so kompliziert sind, dass ein nicht Eingeweihter sie gar nicht verstehen kann, oder aber, dass die Zeiträume für die Anpassung der Kontrolle zu lang sind.
Aber der Rat war bis zum Schluss nicht davon zu überzeugen – das war für mich auch eine eher bittere Erfahrung –, dass Verkehrssicherheit und Maßnahmen gegen das Sozialdumping unverzichtbar sind. Trotzdem haben wir einen Schritt erreicht. Aber wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Mitgliedstaaten die Vorschriften endlich umsetzen und in diesem Bereich endlich etwas tun.
Erik Meijer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Früher konnten die Mitgliedstaaten die Straßenverkehrssicherheit und die Sicherheit der im Kraftverkehr tätigen Arbeitnehmer selbst und jeweils unterschiedlich regeln. In ihrem Ringen um eine ständige Verbesserung dieser Sicherheit haben die Interessengruppen bei den nationalen Gesetzgebern an die Tür geklopft. Heutzutage ist das Aufkommen im Güterverkehr sehr viel höher, und die Entfernungen können hunderte und bisweilen tausende von Kilometern betragen. Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Regelungen werden dadurch zu einem negativen Wettbewerbsfaktor.
Unternehmen, die ihre Beschäftigten lange Schichten arbeiten lassen, befinden sich scheinbar in einer starken Position. Sie berücksichtigen vielfach nicht, dass dieser Wettbewerbsvorteil durch Unfälle zunichte gemacht wird, die zur Zerstörung oder gar zum Verlust von Menschenleben, Fahrzeugen und Ladungen führen. Für Organisationen, denen es um den Schutz von Arbeitsplätzen, Umwelt und Sicherheit geht, ist es häufig von Nachteil, wenn Beschlüsse zentral gefasst werden. Vor allen Dingen wird damit die Stellung derer gestärkt, die der öffentlichen Meinung zum Trotz den Nachdruck auf betriebliche Interessen, unternehmerische Freiheit und ungezügeltes Wirtschaftswachstum legen wollen. Das zeigt sich deutlich auch bei den Lenk- und Ruhezeiten.
Arbeitnehmer können gezwungen werden, über ihre Lenkzeiten hinaus länger zu arbeiten. Kleinere Fahrzeuge für Expressdienste sind ausgenommen, was bedeutet, dass für sie die regelmäßige tägliche Ruhezeit anstatt 12 Stunden nur 11 Stunden beträgt. Die Einhaltung wird weiterhin nicht ausreichend kontrolliert. Es könnten schon bessere Rechtsvorschriften gelten, und sie werden in naher Zukunft erneut auf die Tagesordnung gesetzt werden müssen. Einer sorgfältigen Prüfung bedarf auch das neue Problem, das darin besteht, dass in einigen Mitgliedstaaten die Unternehmen ihrem Personal obligatorische Ruhezeiten und notwendige Aufenthaltskosten nicht vergüten. Kurzfristig stellt der vorliegende Kompromiss eine geringfügige Verbesserung dar, insbesondere da er auch für Kraftfahrzeuge aus Ländern außerhalb der Europäischen Union gilt, sowie aufgrund der verbesserten Kontrolle, die durch den digitalen Fahrtenschreiber ermöglicht wird. Dies ist ein Grund, um trotz ernster Bedenken ein positives Urteil abzugeben.
Michael Henry Nattrass, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Die EU will erneut eine Gebühr für die Benutzung von Straßen erheben, die bereits über nationale Steuern finanziert werden. Dies ist Betrug, weil sich die Gemeinschaft nicht um die Instandsetzung kümmern wird. Die Gebühr gilt für Lastkraftwagen und Reisebusse: Betrug Nummer eins, eine tägliche Gebühr in Höhe von 8 Euro; plus Betrug Nummer zwei, eine jährliche Belastung von bis zu 1 400 Euro; plus Betrug Nummer drei, Gebühren in Abhängigkeit von der Fahrleistung; plus Betrug Nummer vier, ein 25 %-iger Aufschlag in Städten im Zusammenhang mit der Eurovignette; plus Betrug Nummer fünf, Kosten in Höhe von etwa 1 500 Euro für den Einbau eines digitalen Fahrtenschreibers; plus Betrug Nummer sechs, fahrergebundene Führerscheine mit Foto – also Ausweise; und Betrug Nummer sieben, die Unionsbürger zahlen 3,5 Milliarden Euro dafür, dass jedes Fahrzeug von Galileo verfolgt wird, der größten Nutzlosigkeit, die jemals ins All geschickt wurde. Doch wird dies zu einer Verkehrsentlastung und zu einem Rückgang der Emissionen beitragen? Sollten Busse und Reisebusse die Ersten sein, von denen Gebühren erhoben werden? Die Antwort lautet Nein.
Im Jahr 2005 sind 500 Millionen Europäer mit dem Bus gereist, darunter viele ältere Menschen. Mit dieser Rechtsvorschrift wird die Benutzung kleinerer Fahrzeuge gefördert, die eine größere Überlastung der Straßen, stärkere Emissionen und höhere Kosten nach sich ziehen. Doch mit Emissionen im Zusammenhang stehende Gebühren gibt es bereits: Sie nennen sich Benzinsteuern. Ist das der Gemeinschaft zu simpel?
Bei allen diesen Kosten geht es jedoch in Wirklichkeit um Steuereinnahmen für ein zentralisiertes Europa und die Finanzierung eines Satelliten, oder etwa nicht? Straßen spielen hier keine Rolle.
Luca Romagnoli (NI). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich danke Herrn Markov, denn ich meine, dass er – auch bei der Vermittlung – eine ausgezeichnete Arbeit geleistet hat. Ich stimme nicht mit meinem Vorredner überein, weil ich glaube, dass die Harmonisierung der sozialen Garantien und der Straßenverkehrssicherheit eine wichtige Aufgabe dieses Parlaments und unserer Organe ist. Das ist eine Aufgabe, mit der ich nicht immer einverstanden bin, obwohl ich die Auffassung vertrete, dass wir, wenn es um die Erhöhung der Sicherheit im Interesse der Unionsbürger geht, imstande sein müssen, einen Kompromiss zu finden.
Ich möchte lediglich hervorheben, dass, obwohl einerseits durch die Richtlinie eine Ausgewogenheit geschaffen wurde, die recht akzeptabel ist und die ich folglich generell unterstütze, der Richtlinie andererseits einige starre Aspekte anhaften, die vielleicht hätten gemildert werden können: Ich beziehe mich dabei insbesondere auf jene Aspekte, die die Arbeitszeiten und die Ruhezeiten betreffen. Obgleich ich ihnen zustimmen kann, hätten sie doch im Hinblick auf die Anwendung der Richtlinie flexibler gestaltet werden können.
Weitere Bedenken kommen mir – und in diesem Punkt wende ich mich an Herrn Barrot – in Bezug auf den digitalen Fahrtenschreiber. Ich weiß zum Beispiel, dass wir in meinem Land, Italien, Schwierigkeiten haben, Werkstätten zu finden, die in der Lage sind, diese Geräte einzustellen. Ich frage mich, ob andere EU-Staaten nicht auf dieselben Probleme stoßen. Der italienische Minister für Produktive Tätigkeiten hat deshalb den Fuhrunternehmen eine Ausnahmeregelung für den Nachweis der Lenkzeiten und Geschwindigkeiten gewährt, eben weil das Gerät noch nicht zugelassen ist. Wenn das Problem auch in anderen Ländern besteht, frage ich mich, wie wir es anpacken wollen. Wenn wir nichts unternehmen, geraten wir in Gefahr, einen Prozess einzuleiten, der dann am Ende nicht vollendet werden kann.
Georg Jarzembowski (PPE-DE). – Herr Präsident, sehr geehrter Herr Vizepräsident der Kommission! Lieber Kollege Piecyk, dein Argument, mit dem du die Ablehnung vorschlägst, ist meiner Meinung nach natürlich falsch. Wir hätten auch gerne eine Verknüpfung mit der Kontrolle der Arbeitszeiten gehabt. Wenn du dich aber am späten Abend des 6. Dezember durchgesetzt hättest, dann hätten wir gar nichts erreicht. Dann hätten wir zwei Jahre sinnlos verhandelt und hätten ein Nullergebnis. Und das können wir nicht akzeptieren. Ich finde, dass die Aktualisierung, die Modernisierung, die Vereinfachung der Sozialvorschriften für alle Betroffenen gut ist – das war heute Morgen auch die allgemeine Meinung –, und deshalb mussten wir sie durchbringen. Und deshalb appelliere ich an alle Kollegen, heute Mittag dem Kompromiss zuzustimmen.
Dafür genügen drei Stichworte: die Erhöhung der Verkehrssicherheit, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Fahrer und vor allen Dingen die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit für gesetzestreue Lkw-Unternehmen, anstatt zu dulden, dass die nicht so ganz gesetzestreuen Unternehmen ungeschoren davonkommen, obwohl sie ihre Fahrer zwingen, länger zu fahren als zulässig, weil sie schlicht und einfach nicht kontrolliert werden. Also lassen Sie uns alle dem Ergebnis zustimmen. Es hilft allen und vor allen Dingen hilft es den Menschen auf den Straßen.
Aber ich will auf zwei Punkte eingehen, Herr Kommissar. Gott sei Dank haben wir jetzt die Frage des endgültigen Datums der Einführung des digitalen Tachografen geregelt. Ich bitte Sie inständig – nach dem, was auch mein Vorredner gesagt hat – noch einmal ernsthaft mit den Mitgliedstaaten zu sprechen, damit sie die staatlichen Infrastrukturen, die Bereitstellung der Fahrerkarten usw. auch gewährleisten. Denn es kann doch nicht sein: Ursprünglich sollte der digitale Tachograf im August 2004 eingeführt werden. Wir haben dies aus Praktikabilitätsgründen für die Wirtschaft sinnvollerweise auf Mai dieses Jahres verschoben. Wenn aber jetzt manche Mitgliedstaaten ihre Verwaltung immer noch nicht abgeschlossen haben, dann überlegen Sie doch einmal, diese Mitgliedstaaten vor den Kadi zu ziehen.
Gary Titley (PSE). – (EN) Herr Präsident! Eingangs möchte ich mich bei den Abgeordneten für das unglaublich peinliche Verhalten meines Landsmannes Michael Henry Nattrass entschuldigen, der offensichtlich intellektuell nicht dazu in der Lage ist, sich zum richtigen Bericht zu äußern. Er war wohl der Auffassung, dass wir die Eurovignette erörtern. Das ist ausgesprochen unangenehm. Wir wissen, dass die britische Unabhängigkeitspartei 20 Jahre hinterherhinkt, und dies zeigt sich hier im Parlament.
Erstens ist Müdigkeit tödlich. Angesichts dessen, was von Fahrern infolge von Staus und der Just-in-time-Kultur heute verlangt wird, wird uns bewusst, welchen Belastungen sie ausgesetzt sind. Diese Maßnahme ist daher ein wichtiger Schritt in Richtung einer höheren Straßenverkehrssicherheit. Im Mittelpunkt stehen digitale Fahrtenschreiber, und für ihre erfolgreiche Einführung wurde nun ein Zeitrahmen festgelegt, der realistischer als der ursprüngliche ist. Dadurch wird eine ordnungsgemäße Überwachung ermöglicht, und die Verordnung ist viel unkomplizierter als die vorherigen. Dies kann nur zum Erfolg führen.
Es freut mich, dass das Parlament die straßenseitigen Kontrollen verstärken konnte, doch am wichtigsten sind Überwachung, Umsetzung und Durchsetzung. Wir müssen sicherstellen, dass diese Kontrollen in allen Mitgliedstaaten durchgeführt werden und die einzelstaatlichen Verfolgungsbehörden ihre Arbeit koordinieren. Ich hoffe, die Kommission wird die jeweilige Entwicklung genau beobachten.
Die Mitgliedstaaten könnten mehr tun als nur Rechtsvorschriften anwenden. Es gibt nicht genügend Raststätten für die Fahrer und keine ausreichenden Schulungsanreize. Ich gratuliere Scania zu der Initiative, mit dem Wettbewerb „Driver of the Year“ die Schulungsbereitschaft zu fördern. Natürlich ist die Arbeitszeit ein wesentlicher Bestandteil dieses Prozesses und muss überwacht werden. Ich bin entsetzt, dass zehn Mitgliedstaaten dies offensichtlich noch nicht umgesetzt haben. Die Kommission wird hoffentlich umfassend dagegen vorgehen. Wir müssen immer wieder darauf hinweisen, wie wichtig eine konsistente Umsetzung ist. Es ist Aufgabe der Kommission sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten ihre Aufgaben erfüllen.
Jeanine Hennis-Plasschaert (ALDE). – (NL) Herr Präsident! Wir haben einen weiten Weg zurückgelegt. Frau Jensen hat das Nötige bereits gesagt. Das Ziel bestand in der Aktualisierung, Klarstellung und vor allem Vereinfachung der bestehenden Rechtsvorschriften für Lenk- und Ruhezeiten, um einen fairen Wettbewerb zwischen den Verkehrsunternehmen zu schaffen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Schutz der sozialen Belange von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben, zu gewährleisten. Frühere Dokumente haben dieses Ziel offensichtlich völlig verfehlt.
Nicht genügend berücksichtigt worden ist, dass das eigentliche Problem nicht die Vorschriften für Lenk- und Ruhezeiten waren, sondern deren Einhaltung und unterschiedliche Auslegung. Dem Berichterstatter, Herrn Markov, gebührt große Anerkennung. Er hat enormes Engagement gezeigt, wofür ich ihm danken möchte. Sie werden mich dies nicht oft sagen hören, aber die Tatsache, dass die erzielte Übereinkunft, über die wir heute abstimmen, selbst nach liberalen Maßstäben als einigermaßen akzeptabel angesehen werden kann, ist hauptsächlich der Standhaftigkeit des Rates bei den Verhandlungen zu verdanken, und deshalb stimme ich den Ausführungen von Herr Piecyk ganz und gar nicht zu.
Bei einigen Bestimmungen des jetzt vorliegenden Kompromisses kann im Grunde noch in Frage gestellt werden, ob sie nützlich und notwendig sind. Die Zweiteilung der täglichen Ruhezeit in drei und dann neun Stunden beispielsweise halte ich für äußerst restriktiv. Ebenso trägt die Regelung der Wochenendruhezeit von 45 Stunden alle zwei Wochen mit Sicherheit nicht zur dringend erforderlichen Flexibilität im Straßentransport bei. Mir ist völlig unbegreiflich, wie solche starren Vorschriften in irgendeiner Weise zu einer höheren Straßenverkehrssicherheit und zu besseren Arbeitsbedingungen beitragen könnten. Die vorliegende Übereinkunft mag also zwar keineswegs vollkommen sein, aber wie gesagt, sie ist akzeptabel. Zumindest weiß der Sektor jetzt, woran er ist. Gott sei Dank ist die tägliche Ruhezeit auf 11 Stunden begrenzt geblieben. Die direkte Verknüpfung mit der Kontrolle der Arbeitszeiten wurde aufgehoben. Die kürzeren wöchentlichen Ruhezeiten können jetzt einfach im Fahrzeug verbracht werden. Ganz wichtig ist, dass über das Datum für die Einführung des digitalen Fahrtenschreibers nunmehr Klarheit herrscht. Kurz gesagt, der Vorschlag ist nicht perfekt, aber hinnehmbar, und deshalb werde ich dafür stimmen.
Kyriacos Triantaphyllides (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Ich möchte meinem hochverehrten Kollegen, Helmuth Markov, zu seinen Bemühungen gratulieren, die er unternommen hat, um diesen Bericht zu verfassen.
Dabei möchte ich zwei wichtige Punkte hervorheben: Erstens, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Rechte der Fahrer und, zweitens, die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten gegenüber den Arbeitgebern bei Fragen der Sicherheit Verantwortung übernehmen, wodurch es möglich sein wird, die Sicherheit in naher Zukunft noch weiter zu verbessern.
Bei allen positiven Schritten muss jedoch gesagt werden, dass die im europäischen Verkehr herrschenden Bedingungen es leider nicht zulassen, den Wert des menschlichen Lebens außer Frage zu stellen; anders gesagt, es muss gewährleistet werden, dass die Umsetzung humaner Arbeitszeiten von Fahrern zu jeder Zeit konsequent überwacht und die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften am Ausgangspunkt, an der Wurzel des Problems, über das wir hier diskutieren, kontrolliert wird, und damit meine ich die Unternehmenszentralen.
Aus diesem Grund hat auch der Rat den Vorschlag abgelehnt, der den Kontrollbehörden der Mitgliedstaaten gestatten würde, Kontrollen durchzuführen und zu ermitteln, inwieweit die in der Arbeitszeitrichtlinie festgelegten Arbeitszeitbegrenzungen eingehalten werden, und der es ihnen ermöglichen würde, die durch das Be- und Entladen eines Fahrzeugs sowie durch andere Faktoren verursachte Müdigkeit eines Fahrers zu berücksichtigen.
Johannes Blokland (IND/DEM). – (NL) Herr Präsident! Nach mehr als 20 Jahren sind die Sozialvorschriften im Straßenverkehr revisionsbedürftig. In diesen 20 Jahren haben die Rechtsvorschriften einen eigenständigen Status als Grundlage für das Verhalten der Verkehrsunternehmen erlangt. Deshalb gilt es, negative Auswirkungen im Falle von Änderungen so weit wie möglich zu begrenzen. Während der Verhandlungen stand ein guter Ausgang lange Zeit auf Messers Schneide, die nunmehr erzielte Einigung ist meines Erachtens jedoch vertretbar.
Die wichtigsten Fortschritte sind aus meiner Sicht zum einen die Tatsache, dass einige Elemente unverändert geblieben sind. Damit meine ich insbesondere die tägliche Ruhezeit von 11 Stunden und die Richtlinie 2002/15/EG, die außer Betracht gelassen wurde. Des Weiteren haben wir erreicht, dass für die Einführung des digitalen Fahrtenschreibers ein endgültiges Datum festgelegt wurde. Damit wird die Ungewissheit über den Einsatz dieses Instruments zu einem wesentlichen Teil beseitigt und hoffentlich eine verbesserte Kontrolle ermöglicht. Die strengeren Kontrollvorschriften werden zur Effizienz dieser Verordnung beitragen. Für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts ist es von entscheidender Bedeutung, dass Bestimmungen in allen Ländern gleich ausgelegt und angewandt werden.
Der Status quo ist unter anderem dadurch verbessert worden, dass den Kontrolleuren ausreichende Befugnisse verliehen wurden und über die Kriterien für die Inspektionen und Berichte klare Vereinbarungen getroffen worden sind. Alles in allem wird eine striktere Regelung eingeführt, was erklärtermaßen bedeutet, dass bei der Umsetzung Flexibilität verloren gehen wird. Ich bin jedoch überzeugt, dass die jetzige Vereinbarung einen positiven Beitrag zu einem gesunden und stabilen Sektor leisten wird; letztlich werden nämlich alle betroffenen Parteien davon profitieren. Abschließend möchte ich allen Beteiligten, insbesondere dem Berichterstatter, für ihren Einsatz und ihre Beharrlichkeit danken.
Ashley Mote (NI). – (EN) Herr Präsident! Als ich zum ersten Mal gehört habe, dass mir die Europäische Union meine wöchentliche Arbeitszeit vorschreiben will, wurde mir endgültig klar, dass alle miteinander ihren Verstand verloren haben. Und nun geht es schon wieder los!
Diesen geplanten Einschränkungen für die vorbildliche Führung von Beförderungsunternehmen liegen einige völlig haltlose Annahmen zugrunde. Es wird davon ausgegangen, dass Geschäftsführer nicht wissen, wie sie ihre Unternehmen führen sollen und wie viele Mitarbeiter sie benötigen, um den Bedürfnissen ihrer Kunden gerecht zu werden. Man nimmt an, dass sie in Kauf nehmen, Risiken – noch dazu strafrechtliche – einzugehen, indem sie müde, überarbeitete Fahrer fahren lassen, und in Verruf zu geraten, wenn sie für schuldig befunden werden. Angeblich sollen Beförderungsunternehmer nicht wissen, was in ihrem eigenen Interesse ist.
In den vergangenen fünfzig Jahren haben sich solche sozialwissenschaftlichen Maßnahmen eindeutig als ungeeignet erwiesen. Wann wird Ihnen endlich bewusst, dass das wirtschaftliche Chaos in Europa gerade dieser Einmischung zu verdanken ist? Mit diesem Vorschlag wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen, und wie die Hafendienstleistungsrichtlinie gehört auch er in den Mülleimer.
Dieter-Lebrecht Koch (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Thüringer! Kennen Sie die europäische Lenk- und Ruhezeitregelung? Seit zwanzig Jahren entwickelt sich die wohl wichtigste Rechtsgrundlage für Europas Speditions- und Omnibusgewerbe. Nur: Sie ist überholt, bürokratisch, die Kontrollgeräte sind leicht manipulierbar, und die Kontrollen sind nicht diskriminierungsfrei. Lissabon verlangt verbesserte Rahmenbedingungen: bei der Verkehrssicherheit, beim Arbeitnehmerschutz, für die Wettbewerbschancen und beim Bürokratieabbau. Deshalb begrüße ich den nun endlich gefundenen Kompromiss ausdrücklich.
Wenngleich er nicht jeden zum Jubeln bringt, so beinhaltet er doch keinen einzigen Punkt, der zu einer Verschlechterung gegenüber der geltenden Gesetzlichkeit führt. Selbst die Kontrolldichte und ein Sanktionskatalog wurden vereinbart. Wenn wir dem heute zustimmen, dann besiegeln wir den Einstieg in das digitale Zeitalter. Das schafft Klarheit, auch bei der Einführung des digitalen Tachografen. Er wird ab Mai 2006 für neue Lkws und Busse Pflicht. Fahrzeuge ohne digitalen Tachografen können dann aus dem Verkehr gezogen werden.
Die Mitgliedstaaten haben den reibungslosen Übergang vom analogen zum digitalen System zu gewährleisten. Ob sie dieses ehrgeizige Ziel wohl erreichen? Wenn nicht, ergeben sich große Verwerfungen, beispielsweise wenn ein vorschriftsmäßig mit digitalem Tachografen ausgerüstetes Fahrzeug in einem EU-Land kontrolliert wird, dessen Beamte noch immer nicht mit dem erforderlichen Auslesegerät ausgestattet sind. Probleme entstehen auch, weil Vereinbarungen mit EU-Nachbarländern noch immer ausstehen.
Was machen wir mit dem ukrainischen Lkw-Fahrer, der in Brüssel kontrolliert wird, aber noch nie etwas vom digitalen Tachografen gehört hat? Und wie werden wohl Europäer in der Türkei kontrolliert? Fordern Sie mit mir eine Anpassung der AETR-Vorschriften an das digitale Zeitalter!
Gilles Savary (PSE). – (FR) Herr Präsident! Wie üblich laufen die Verfahren für Texte zum Wettbewerb schneller als die für Texte zu den Sozialstandards. Der Text, mit dem wir uns heute befassen, wird seit 2001 behandelt. Er ist daher das Ergebnis eines langen Legislativverfahrens, das mit einem schwierigen und unglaubwürdigen Vermittlungsverfahren abgeschlossen wurde, weil es so viel Widerstand vonseiten der Mitgliedstaaten gegeben hat.
Ich werde für diesen Text stimmen, mit dem Mindestnormen eingeführt werden. Es muss darauf hingewiesen werden, dass diese Normen einen eindeutigen Fortschritt darstellen, weil die nun auf 56 Stunden begrenzte Lenkzeit von Beschäftigten im Straßentransport in einigen Mitgliedstaaten bis zu 70 oder 74 Stunden betragen hat; weil es sich um einen Text zur sozialen Konvergenz handelt, der die Mitgliedstaaten nicht daran hindert, auf nationaler Ebene strengere Regeln einzuführen; und weil es ein Text ist, der hoffentlich noch Platz für Verbesserungen lässt.
Nichtsdestotrotz bedauere ich die Reaktion von Herrn Jarzembowski auf die Anmerkungen von Herrn Piecyk. Er wollte der Angelegenheit einen unangenehmen ideologischen Beigeschmack geben. Dies finde ich bedauerlich, weil Herr Piecyk auf ein wichtiges Problem hingewiesen hat: die fehlende gleichzeitige Kontrolle von Lenkzeiten und Arbeitszeiten. Es ist also möglich, einen Lastkraftwagen rund um die Uhr mit drei unterbezahlten Fahrern fahren zu lassen: der erste fährt, der zweite ruht sich auf dem Beifahrersitz aus und der dritte nimmt seine wöchentliche Ruhezeit in der Schlafkabine hinter dem Fahrer wahr. So sieht die Realität aus, und ich glaube, wir haben die Möglichkeit nicht genutzt, einen wichtigen sozialen Text zu verfassen. Dies finde ich etwas bedauerlich, doch ich werde ihm trotzdem meine Stimme geben.
Nathalie Griesbeck (ALDE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Auch ich möchte Herrn Markov meinen Dank dafür aussprechen, dass er diesem langen und schwierigen Legislativepos zu einem guten Ende verholfen hat. Wie die Mehrheit meiner Kollegen bin ich erfreut, dass sich die Gemeinschaft mit der Frage der Harmonisierung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr befasst hat, auch wenn noch viel zu tun bleibt.
Die Europäische Union hat sich zwar zögerlich, zu zögerlich, um Strategien bemüht, dem Wunsch unserer Mitbürger zu entsprechen und den Frachtverkehr von der Straße auf andere Verkehrsträger zu verlagern, aber bekanntlich lässt sich nicht von der Hand weisen, dass der Straßengüterverkehr in der gesamten Gemeinschaft immer weiter zunimmt. Vor diesem Hintergrund und im Gegensatz zu dem, was Herr Mote gesagt hat, sind alle europäischen Transitländer einschließlich Frankreich sehr an einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Kraftverkehrsunternehmern und der Straßenverkehrssicherheit, aber auch an einer Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen und einer Bekämpfung von Sozialdumping interessiert. Als Beispiel möchte ich anführen, dass es im Elsass große Schwierigkeiten gibt, die katastrophalen Auswirkungen des Transitverkehrs auf der Straße zu mindern.
Nun zurück zu unserem heutigen Sachverhalt. Es ist dringend erforderlich, und ich schließe mich in dieser Frage Herrn Savary an, dass die Arbeitsbedingungen der Fernfahrer und die Vorschriften für die Ruhe- und Lenkzeiten harmonisiert werden. Dies soll dazu beitragen, dass die Zahl der Unfälle, die auf eine Übermüdung der Fahrer zurückzuführen sind, zurückgeht, auch wenn noch viel zu tun bleibt, und dass die Sicherheit aller Europäer verbessert wird. Obgleich die hier erzielte Einigung unzureichend ist, was sicherlich darauf zurückgeführt werden kann, dass es sich um einen Kompromiss handelt, stellen die Berichte von Herrn Markov, die aus den Lesungen im Parlament und dem Vermittlungsverfahren hervorgegangen sind, einen beachtenswerten Fortschritt im Kampf gegen Sozialdumping und für die Vereinfachung und gleichzeitige Klärung der Lage im Straßentransportsektor dar. Deshalb werden wir letzten Endes für diesen Text stimmen.
Zum Abschluss wünsche ich mir, dass die Europäische Kommission regelmäßig Folgestudien durchführt, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen, die wir heute einleiten, nicht nur ausreichend sind, sondern auch und vor allem angewendet und kontrolliert werden, insbesondere mit Hilfe des wirksamen Einsatzes der digitalen Fahrtenschreiber.
Jacky Henin (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident! Endlich machen wir Fortschritte, zwar nur im Schneckentempo, aber immerhin Fortschritte.
Wenn es einen Bereich gibt, in dem das Sozial- und Steuerdumping um sich greift und in dem der Gesetzgeber dringend eingreifen muss, dann im Kraftverkehr. Angesichts der Tatsache, dass die Angestellten aufgrund der Anforderungen der just-in-time-Lieferung mit unglaublicher Geschwindigkeit arbeiten müssen, kann man zu Recht vom Lohn der Angst sprechen. Einem Lohn der Angst, bei dem es sich in den häufigsten Fällen um einen stündlichen Hungerlohn handelt, der die Fahrer dazu zwingt, unter Missachtung der Sicherheit und der eigenen sowie der Gesundheit anderer die Fahrzeit auf Grundlage der zurückgelegten Strecke zu berechnen. Ich denke auch an die Kleinunternehmer in diesem Sektor, die täglich mit der Angst vor dem Konkurs kämpfen müssen, dem kriminellen Dogma des freien und unverfälschten Wettbewerbs zum Opfer fallen und heute weit von den Idealen entfernt sind, die sie einmal dazu gebracht haben, sich selbstständig zu machen.
Es gibt nur ein Gesetz, und zwar das, eine Ware so schnell und so günstig wie möglich von einem Ort zum anderen zu befördern. Risiken spielen dabei keine Rolle, immerhin gibt es ja Versicherungen. Dieses Gesetz wird auch das Gesetz des Dschungels genannt. Es ist höchste Zeit einzugreifen, damit es auf unseren Straßen nicht mehr wie im Wilden Westen zugeht. Ich bedauere, dass die endgültigen Texte trotz der couragierten und hartnäckigen Bemühungen unseres Kollegen Helmuth Markov so zaghaft ausfallen. Dennoch sind sie ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Einige Kollegen schimpfen, dass wir einen Überwachungsstaat schaffen, wenn wir elektronische Möglichkeiten nutzen wollen, um die Einhaltung der Vorschriften zu kontrollieren. Sie sprechen von einem Angriff auf die individuellen Freiheiten. Es geht jedoch darum, Leben zu schützen. Können sie nicht sehen, dass die Bosse in den europäischen Konzernen die eigentlichen Terroristen sind, weil sie die Sozialvorschriften verletzen und das Steuer- und Sozialdumping zwischen unseren Staaten anheizen, die Arbeitgeber, die täglich die unmittelbare Verantwortung dafür tragen, dass sich auf unseren Straßen Dutzende von tödlichen Unfälle ereignen? Wir müssen daher alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um Sicherheit und ein friedliches Zusammenleben in der Europäischen Union zu gewährleisten.
Andreas Mölzer (NI). – Herr Präsident! In immer mehr Bereichen wird digitale Technologie eingesetzt. Es ist also zu hoffen, dass auch der digitale Fahrtenschreiber wirklich hält, was er verspricht. Das neue System ist meines Erachtens weitgehend zu begrüßen – schließlich soll es im Zusammenwirken mit Informations- und Kommunikationssystemen einen einfachen Weg zum umfassenden Flottenmanagement darstellen sowie für die Durchsetzung der Lenk- und Ruhezeiten von Berufskraftfahrern unverzichtbar sein. Und damit wiederum soll es der Sicherheit im Straßenverkehr dienen und Sozialdumping vorbeugen.
In diesem Zusammenhang sollte uns aber klar sein, dass die Umstellung nur zielführend ist, wenn die angekündigte Verschärfung der Kontrolldichte inklusive Überprüfung der Straßentauglichkeit der Fahrzeuge auch tatsächlich erfolgt. Häufig ist nämlich genau diese Straßentauglichkeit – etwa bei Fahrzeugen aus Osteuropa – nicht wirklich gegeben.
Im Hinblick auf die vielfältigen Manipulationsmöglichkeiten der analogen Kontrollgeräte scheint die digitale Technik ja wirklich Verbesserungen zu bringen. Andererseits glaube ich, dass auch hier bald neue Wege der Manipulation gefunden werden. Zwar können nach Mai 2006 neu zugelassene Lkws ohne funktionierenden Fahrtenschreiber stillgelegt werden; da aber keine Nachrüstpflicht für ältere Fahrzeuge besteht, werden gewiefte Unternehmer diesen Umstand wahrscheinlich für sich zu nutzen wissen. Fraglich ist auch, inwieweit auf in anderen Ländern zugelassene Fahrzeuge zurückgegriffen wird bzw. dort ansässige Unternehmer dadurch indirekt bevorzugt werden. Hoffentlich verkehrt sich so nicht einmal mehr eine an sich gute Idee in einen Wettbewerbsnachteil für EU-Unternehmen.
Corien Wortmann-Kool (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Die vom Rat und vom Parlament im Dezember letzten Jahres erzielte Einigung über die Lenk- und Ruhezeiten erscheint uns zwar akzeptabel, stellt aber nicht die attraktivste Lösung dar. Für den Berichterstatter war der Ausgang des Vermittlungsverfahrens zunächst nicht annehmbar, während er aus meiner Sicht sogar eine Verbesserung gegenüber dem Ergebnis der Abstimmung hier im Plenum bedeutet. Er beinhaltet eine leicht handhabbare Regelung der Ruhepause – 11 anstelle von 12 Stunden Ruhezeit – und bietet Fahrern die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wo sie schlafen, statt dass das Parlament darüber bestimmt.
Ich halte den Vorschlag insgesamt für passabel, auch wenn er Elemente enthält, mit denen ich nicht zufrieden bin. Stellenweise geht er zu sehr ins Detail, und insbesondere die Möglichkeiten für mehrtägige Busreisen sind zu stark begrenzt. Herrn Kommissar Barrot möchte ich fragen, welche Meinung er dazu vertritt, weil dies in der Praxis wirklich Probleme bereiten wird.
Endlich haben wir Gewissheit, wann der digitale Fahrtenschreiber eingeführt wird, und ich stelle erfreut fest, dass Kommissar Barrot auch hier eine sehr entschiedene Haltung einnimmt. Herr Kommissar, Sie sagten, nach Mai 2006 werde es keine Schonfrist geben, und wir werden Sie beim Wort nehmen, denn wir werden keine Situation tolerieren, in der diejenigen, die ordnungsgemäß einen neuen Tachografen eingeführt haben, strenger kontrolliert werden als Kraftfahrzeugkombinationen, die nicht damit ausgestattet sind. Daher hoffe ich, dass Sie auch wirklich Maßnahmen ergreifen werden.
Ewa Hedkvist Petersen (PSE). – (SV) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Markov für seine hervorragende Arbeit danken. Wir brauchen sicherere Straßen in Europa. Gegenwärtig sterben alljährlich 43 000 Menschen auf unseren Straßen, und wir wissen, dass Unfälle immer dann katastrophale Folgen haben, wenn schwere Fahrzeuge darin verwickelt sind. Daher müssen wir alles tun, um die Straßen sicherer zu machen. Der von uns zu fassende Beschluss betrifft tatsächlich eine wirklich europäische Frage. Speditionen und Berufskraftfahrer sind oft in mehreren europäischen Ländern tätig. Ihr Arbeitsalltag besteht darin, Güter und Passagiere über unseren gesamten Kontinent zu transportieren. Da der Wettbewerb auf europäischer Ebene stattfindet, brauchen wir auch annähernd gleiche europäische Wettbewerbsbedingungen und müssen in der Lage sein, die Einhaltung der Vorschriften entsprechend zu überwachen.
Darüber hinaus müssen wir die Arbeitsbedingungen für die Berufskraftfahrer verbessern, um so das Fahren für sie sicherer zu gestalten. Heute haben wir die Möglichkeit, darüber zu beschließen. Wir werden nicht alles bekommen, aber wir werden einige Fortschritte erzielen. Es geht hier auch um die Einführung digitaler Fahrtenschreiber, und dies halte ich für eine ausgesprochen wichtige Frage. Die heutzutage verwendeten Fahrtenschreiber können manipuliert werden, was auch vorkommt. Verlässliche Fahrtenschreiber, die zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr für uns alle, auch für die Berufskraftfahrer, beitragen, sind unerlässlich. Ich schlage daher vor, dass wir für diesen vom Vermittlungsausschuss gebilligten Entwurf stimmen.
Philip Bradbourn (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich habe in dieser Kammer bei jeder sich mir bietenden Gelegenheit gegen diese unnötige Rechtsvorschrift protestiert. Ich bleibe dabei, dass ich die Vorschläge für unbrauchbar, unhaltbar und nicht durchsetzbar befinde. Nach einer langen, ausgedehnten Konzertierung liegt uns nun ein Text vor, der die Realität im Transport- und Vertriebssektor und im öffentlichen Nahverkehr noch immer ignoriert.
Uns wird gesagt, dass diese Maßnahme der Straßenverkehrssicherheit gilt. Aber nichts dergleichen ist der Fall! Busdienste in ländlichen Gebieten – wo viele ältere Menschen vom öffentlichen Nahverkehr abhängig sind – könnten womöglich eingestellt werden, weil der Vorschlag so unflexibel ist. Wenn dies nicht geschieht, dann wird eben die Belastung der lokalen Steuerzahler deutlich steigen, weil die staatlichen Behörden immer mehr Subventionen anhäufen wollen, mal ganz abgesehen davon, dass die Branche im Vereinigten Königreich davon ausgeht, mindestens fünf Jahre zu benötigen, bevor eine ausreichende Anzahl ausgebildeter Kraftfahrer den Anforderungen dieser Verordnung gerecht werden kann.
Aufgrund von Fahrermangel in der Wirtschaft werden Just-in-time-Liefersysteme als Herzstück der modernen industriellen Zulieferung ebenfalls gefährdet. All dies sind keine Spekulationen, wie eine in mehr als 500 Transportunternehmen meines Wahlkreises durchgeführte unabhängige Untersuchung zeigt. Einige Transportunternehmen wollen angesichts der Überregulierung durch die Gemeinschaft völlig schließen. Ich kann jedem Abgeordneten dieses Hauses garantieren, dass sich die negativen Auswirkungen auch in anderen Mitgliedstaaten zeigen werden.
Die Kommission erklärt immer wieder, dass sie extrem reglementierende Rechtsvorschriften aufheben und andere abträgliche Vorschläge nicht weiterverfolgen will. Sie erhält hiermit eine weitere Gelegenheit, genau dies unter Beweis zu stellen. Heute haben wir die Möglichkeit, die Branche ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen zu lassen, ohne dass die schwere Hand von Brüssel ständig auf ihren Schultern lastet.
Ich appelliere an Sie, diesen Vorschlag abzulehnen, damit die Unternehmen im Transportsektor und im öffentlichen Nahverkehr florieren können.
Inés Ayala Sender (PSE). – (ES) Herr Präsident, ich möchte Herrn Markov zu seiner ausgezeichneten Arbeit beglückwünschen und uns allen dazu gratulieren, das bestmögliche Übereinkommen in einem dringenden und schwierigen Bereich erzielt zu haben, denn es geht um die Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit und der Arbeitsbedingungen der Kraftfahrer, die Gewährleistung der Rechtssicherheit und eines fairen Wettbewerbs sowie um den endgültigen Startschuss für die digitalen Fahrtenschreiber.
Zudem handelt es sich meines Erachtens um ein Übereinkommen, durch das die soziale Konvergenz von 25 Mitgliedstaaten erreicht wurde, und dies ist ein sehr gutes politisches Zeichen für die schrittweise Beseitigung der beunruhigenden Gefahr von Sozialdumping.
Ich verstehe allerdings die Enttäuschung von Herrn Markov, weil diese Rechtsvorschriften nicht als Hebel für Fortschritte beim Thema Arbeitszeit genutzt werden konnten. Nichtsdestotrotz werden sie nach meinem Dafürhalten von Nutzen sein, und die Zukunft wird es uns zeigen.
Wie bei allen guten Übereinkommen sind die Partikularinteressen der Beteiligten um des allgemeinen Interesses willen daher teilweise enttäuscht worden. Im Bereich der Fahrtunterbrechungen, der täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten und der wöchentlichen Arbeitszeit sowie in der Frage der Einführung von mehr und strengeren grenzüberschreitenden Kontrollen und Sanktionen wurde jedoch tatsächlich ein beträchtlicher Fortschritt erzielt. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten und die Kommission verpflichtet, diesen Fortschritt im Rahmen des AETR-Übereinkommens zu internationalisieren, und selbstverständlich gibt es keine Ausflucht, um die Einführung des Fahrtenschreibers hinauszuzögern.
Wir haben somit ein Gleichgewicht von Strenge und Flexibilität, Harmonisierung und Subsidiarität erreicht; mit anderen Worten, es ist ein Wunder, wenngleich natürlich ein weltliches.
Abschließend möchte ich die Forderungen von Herrn Markov an die Kommission unterstützen, die Auswirkung kleinerer Fahrzeuge auf die Straßenverkehrssicherheit zu untersuchen, die Zusammenarbeit der Kontrollbehörden zu fördern und Seminare mit den Sozialpartnern durchzuführen.
Lassen Sie mich als Letztes noch eine Bitte äußern, nämlich dass eine Studie über die Auswirkungen dieser Vorschriften auf die Bedingungen für die Kraftfahrer und auf die Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen für die Länder in Randlage, wie mein Land, durchgeführt wird.
Reinhard Rack (PPE-DE). – Herr Präsident! Die wesentlichen Ziele dieser beiden Rechtsvorschriften, die wir gleich beschließen werden, sind heute mehrfach genannt worden: mehr Sicherheit auf Europas Hauptverkehrsadern, die Einhaltung von Arbeits- und Ruhebestimmungen – und damit ein verbesserter Schutz für die Fahrer und deren soziale Rechte – sowie insgesamt auch mehr fairer Wettbewerb.
Diese Ziele werden wir im Wesentlichen in den beiden Rechtstexten in konkretes Gemeinschaftsrecht gießen. Wir werden in den nächsten Jahren daher unser Hauptaugenmerk auf die Einhaltung und vor allem auf die Kontrolle der Einhaltung dieser neuen Normen konzentrieren müssen. Gefragt sind in diesem Zusammenhang im Wesentlichen die Mitgliedstaaten und deren Verwaltungen. Die Kommission wird aber gut daran tun, säumige Sünder in einigen Mitgliedstaaten, die es sicher geben wird, auf den Pfad der Tugend zurückzuführen.
Dabei sollten wir alle noch ein weiteres Ziel der Verordnung in der Richtlinie beachten – es wurde heute noch nicht wirklich angesprochen, ist aber auch wichtig: Die neuen Regeln sollten auch vereinfacht werden. Ich bin mir nicht sicher, ob uns in diesem Punkt der große Wurf gelungen ist. Ich höre schon jetzt wieder den großen Jammer über den bürokratischen Moloch Europa und weiß, dass wir in diesem Punkt dann möglicherweise genötigt sein werden, über den Nutzen, den uns die Rechtsvorschriften bringen werden, nicht oder viel zu wenig zu reden.
Wir müssen uns daher bemühen, dass die Firmen und die Fahrer im Transportgewerbe die Regeln und die Kontrolle ihrer Einhaltung nicht als bürokratische Schikane empfinden, sondern dass wir alle den europäischen Mehrwert, der für uns mit dem erhöhten Maß an Sicherheit auf Europas Straßen erreicht wird, immer wieder positiv ins Gespräch bringen und nicht immer auf das böse Europa einschlagen.
Jan Andersson (PSE). – (SV) Herr Präsident! In dieser Richtlinie geht es teils um die Gesundheit und Sicherheit von Fahrern, teils um Straßenverkehrssicherheit und teils um fairen Wettbewerb. Ich selbst war für die Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zuständig und möchte Herrn Markov für die konstruktive Zusammenarbeit danken. Meiner Meinung nach können wir nunmehr zufrieden sein. Wir haben vielleicht nicht jede einzelne Frage klären können, aber der jetzt vorliegende Vorschlag zu den Lenk- und Ruhezeiten ist befriedigend. Erfreulich ist, dass die digitalen Fahrtenschreiber eingeführt werden sollen, damit die Kontrollen verbessert werden können.
Es gibt natürlich ein Problem mit der Arbeitszeitrichtlinie, aber das können wir nicht auf diese Verordnungen schieben. Die Schwierigkeit liegt in ihrer ungenügenden Umsetzung, und der Kommission und dem Rat möchte ich sagen, dass auch der Rat dem Vorschlag für eine neue Arbeitszeitrichtlinie zustimmen muss, den wir hier im Parlament vorgelegt haben. Darin liegt das Problem. Es wäre daher ein Fehler, gegen diesen Vorschlag zu stimmen. Stattdessen sollten wir ihn als Möglichkeit betrachten, Druck auszuüben. In diesem Hause haben wir uns auf eine konstruktive Verordnung für Berufskraftfahrer verständigt, und nun ist es an der Zeit, zu einer Arbeitszeitrichtlinie zu gelangen, die ebenfalls den Erwartungen der europäischen Bürger gerecht wird.
(Beifall)
Alejandro Cercas (PSE). – (ES) Ich möchte an das Argument von Herrn Andersson anknüpfen, da ich wie er im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten tätig bin, und ich werde mit Ja stimmen, weil die Zustimmung auch ein anderes Dossier stärken wird, das uns große Sorge bereitet, nämlich die allgemeine Arbeitszeitrichtlinie, deren Berichterstatter ich bin.
Zweifellos bedeutet die Arbeit von Herrn Markov Fortschritte in den sozialen Bedingungen von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben, und sie erhöht die Straßenverkehrssicherheit, aber sie steht auch in einem sehr wichtigen Zusammenhang mit der allgemeinen Debatte, die wir gegenüber jenen führen, die die europäischen Gesetze völlig aushöhlen wollen. Wir und Sie selbst können heute froh darüber sein, dass durch diese Arbeit europaweite Rechtsvorschriften entstehen, die keine Ausschließungen, keine Ausnahmen und kein Opting out zulassen. Da Sie hier sind, Herr Kommissar, lassen Sie mich Folgendes sagen: Sie werden sicher gehört haben, was die Euroskeptiker und die extreme Rechte zu sagen haben, aber seien Sie vorsichtig, denn im Hinblick auf das andere Dossier, die Arbeitszeit, haben wir Leute im Rat und in der Kommission, die dieselben Argumente benutzen, die von der Freiheit der Arbeitnehmer sprechen, sich von den Vorschriften auszunehmen, und von der Freiheit der Staaten, die gemeinsamen Regeln, bei denen es sich um Regeln eines fairen Wettbewerbs handelt, nicht zu befolgen.
Daher werde ich mit Ja stimmen, weil dies eine große Hilfe für die gesamte Debatte über die europäische Arbeitszeitregelung sein wird, die für die Zukunft Europas von grundlegender Bedeutung ist.
Nikolaos Sifunakis (PSE). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Sicherheit im Straßenverkehr gewöhnlich im Zusammenhang mit dem menschlichen Faktor steht. Wie oft hat sich nach einem tragischen Unglück auf den Autobahnen Europas herausgestellt, dass der Unfall auf menschliches Versagen zurückzuführen ist. Und wie oft wurde – seien wir doch ehrlich – der Fehler von Berufskraftfahrern, LKW- wie Busfahrern, begangen, die gezwungen wurden, unter strapaziösen Bedingungen zu arbeiten.
Folglich müssen wir diesen Leuten geringere Tages- und Wochenlenkzeiten sowie längere Ruhezeiten ermöglichen. Das wird dazu führen, dass im Straßenverkehr weniger Unfälle passieren, insbesondere solche Zusammenstöße, in die Busse verwickelt sind und die viele Todesopfer fordern. In meinem Heimatland, wie auch anderswo in Europa, ereignen sich leider zahlreiche solcher Unfälle und das besonders in jüngster Zeit.
Es ist deshalb eine sehr gute Sache, diese Fragen auf europäischer Ebene zu harmonisieren, da der Straßenverkehr naturgemäß über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausgeht.
Wir haben uns sehr darum bemüht, den Rat von der Richtigkeit unserer Ansichten zu überzeugen. Leider ist es uns nicht gelungen, alle unsere Standpunkte durchzusetzen. Ich glaube jedoch, dass wir die Ergebnisse unserer Bemühungen anerkennen und in Zukunft alle Themen umfassend untersuchen sollten, wie die Gesamtarbeitszeit von Berufskraftfahrern und vor allem die Einhaltung der Vorschriften und die Kontrolle der Sicherheit.
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident! Eingangs möchte ich dem Parlament für seine hervorragende Arbeit danken und Herrn Markov erneut meine Anerkennung aussprechen.
Einigen Mitgliedern des Parlaments möchte ich widersprechen und darauf hinweisen, dass wir im Interesse der Fahrer und der Branche Sozialstandards annehmen wollen, mit denen unsere Straßen sicherer werden. Es stimmt, dass Lastkraftwagen nur an 6 % der Unfälle beteiligt sind, doch 16 % dieser Unfälle enden tödlich. Schließlich wollen wir eine Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen ermöglichen. Das sind also Beispiele für konkrete Forschritte.
Ich kann gut nachvollziehen, dass einige Redner, beispielsweise Herr Piecyk, die fehlende Verbindung zur Arbeitszeitrichtlinie bedauern. Genau das hatte die Kommission eigentlich vorgeschlagen. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass der Rat unseren Vorschlag einstimmig abgelehnt hat, doch wir werden darauf reagieren. Ich habe zehn begründete Stellungnahmen wegen Nichtumsetzung versandt, und, Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden die Umsetzung dieser Texte auf jeden Fall sorgfältig prüfen; wir werden darauf achten, dass die unterschiedlichen Instrumente soweit wie möglich miteinander koordiniert werden. Ich möchte darauf hinweisen, dass Irland als einer der Staaten, dem eine begründete Stellungnahme zugegangen ist, die Situation bereits korrigiert hat. Wenn die anderen Mitgliedstaaten nicht nachziehen, dann hat die Kommission immer noch die Möglichkeit, den Gerichtshof anzurufen.
Jetzt möchte ich auf einige Fragen näher eingehen. Herrn Markov und Frau Ayala möchte ich sagen, dass die Studie zum Einsatz von Kleinlastwagen derzeit durchgeführt wird, wir in diesem Jahr eine Zusammenkunft mit allen Betroffenen planen und diese Texte und die Arbeitszeitrichtlinie für Fahrer besser koordinieren werden.
Herr Koch hat auf das Problem der Anwendung der Rechtsvorschriften außerhalb der Gemeinschaftsgrenzen hingewiesen. Wir haben Verhandlungen aufgenommen, um das AETR-Übereinkommen mit unseren Rechtsvorschriften in Einklang zu bringen. Außerdem wollen wir die Union vor Sozialdumping schützen, und wir beabsichtigen, den digitalen Fahrtenschreiber auch für AETR-Fahrer sowie Fahrer aus Russland, der Türkei und den Balkanstaaten einzuführen.
Frau Griesbeck hat auf die Umleitung des Verkehrs durch das Elsass hingewiesen. Die neue Richtlinie zur Eurovignette, die von Parlament und dem Rat angenommen wurde, ermöglicht es den Mitgliedstaaten, auf solchen Alternativstrecken Mautgebühren zu erheben.
VORSITZ: PIERRE MOSCOVICI Vizepräsident
Präsident. – Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen bitten, sich ruhig zu verhalten, wenn sie den Saal betreten, damit wir die interessanten Antworten von Herrn Barrot verfolgen können. Nehmen Sie Ihre Plätze also bitte leise sein. (Beifall)
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. – (FR) Frau Jensen und Frau Wortmann-Kool haben das Problem der Busse angesprochen. Das Parlament hat sich gegenüber den Forderungen der Branche offener gezeigt, der Rat war entgegengesetzter Meinung; die Kommission hätte beide Lösungen akzeptieren können, doch das Vermittlungsverfahren ist zugunsten des Rates ausgegangen. Wir müssen immerhin einräumen, dass die Sicherheit an erster Stelle steht.
Ich komme nun zum Einsatz des Fahrtenschreibers. Meine Damen und Herren Abgeordneten, irgendwann werden Sie vom digitalen Fahrtenschreiber hören. Die Kommission arbeitet mit den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten zusammen, um sowohl auf der Straße als auch innerhalb der Unternehmen einen einheitlichen und harmonisierten Einsatz des digitalen Fahrtenschreibers zu gewährleisten. Herr Romagnoli, mir ist bekannt, dass sich die italienischen Werkstätten wie auch Werkstätten in einigen anderen Mitgliedstaaten im Rückstand befinden. Dies ist bedauerlich, und wir haben unser Verständnis zum Ausdruck gebracht. Nichtsdestotrotz stellt der Fahrtenschreiber eine wichtige Voraussetzung für die Einhaltung der Rechtsvorschriften und für die Straßenverkehrssicherheit dar, und wenn ein Mitgliedstaat nicht zu dem vom Parlament in Übereinstimmung mit dem Rat festgelegten Zeitpunkt bereit ist, dann kann ich Ihnen schon jetzt sagen, dass es keinen weiteren Aufschub geben wird. Dies ist eine Frage der Einheitlichkeit, und wir werden ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, entschuldigen Sie, dass ich nicht auf alle Fragen eingehe, doch ich möchte Sie auf die zahlreichen Vorteile des Legislativpakets aufmerksam machen.
(Der Präsident bittet die Abgeordneten um Ruhe.)
Eine klare Einschränkung der wöchentlichen Lenkzeit, eine Verpflichtung zur Einhaltung der Pausen, eine vereinfachte tägliche Ruhezeit, regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten, die einheitliche Auslegung und Anwendung der Verordnung, die Extraterritorialität der Sanktionen und eine größere Verantwortlichkeit entlang der gesamten Transportkette: das sind die wichtigsten Vorteile dieser Verordnung. Die Richtlinie ermöglicht eine Verstärkung der Kontrollen sowohl vor Ort – in diesem Fall am Straßenrand – als auch in den Unternehmen, wo die Kontrollen hauptsächlich durchgeführt werden. All dies sollte uns dabei helfen, die Kontrollen zu verbessern, wirksamer zu gestalten und eine bessere Zusammenarbeit sicherzustellen.
Ich hoffe, dass das Stimmengewirr, das meine Ausführungen begleitet hat, nur als allgemeine Zustimmung zu werten ist, auch wenn das Parlament sicherlich bedauert, dass ihm der Rat nicht in allen Fragen gefolgt ist. Auf jeden Fall möchte ich dem Parlament für seine hervorragende Arbeit im Zusammenhang mit den beiden Texten danken.
(Beifall)
Präsident. – Vielen Dank für Ihr beherztes Vorgehen, Herr Barrot. Im Übrigen wurde Ihnen aus allen Reihen begeisterter Beifall gespendet.
Jeanine Hennis-Plasschaert (ALDE). – (NL) Herr Präsident! Ich habe keine Ahnung, welchen Artikel der Geschäftsordnung das betrifft, aber ich halte es für inakzeptabel, wenn man der Kommission am Ende einer Aussprache nicht zuhören kann. Ich hatte große Schwierigkeiten, die Schlussbemerkungen des Kommissars zu verstehen. Der Präsident ist schon davor gebeten worden, etwas zu unternehmen. Ich möchte Sie erneut bitten, dafür Sorge zu tragen, dass wir eine normale Debatte mit einem normalen Abschluss führen können, bevor wir mit der Abstimmung beginnen.
Präsident. – Ich bin völlig Ihrer Meinung. Meines Erachtens gehört dies zur Selbstdisziplin eines Abgeordneten, die Höflichkeit - und ich möchte hinzufügen die Intelligenz - zu besitzen, Aussprachen bis zum Ende zu verfolgen, vor allem wenn sich die Kommission die Mühe gibt, ausführliche Antworten zu formulieren, wie es Herr Barrot soeben getan hat. Ich teile daher Ihr Bedauern.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet um 11.00 Uhr statt.
5. Begrüßung
Präsident. – Ich möchte den Präsidenten des Deutschen Bundestags, Herrn Norbert Lammert, auf der Ehrentribüne begrüßen. Herr Lammert stattet dem Europäischen Parlament heute seinen ersten Besuch nach den letzten Bundestagswahlen ab. Ich heiße ihn in Ihrer aller Namen aufs Herzlichste willkommen.
(Beifall)
6. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
7. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll
8. Abstimmungsstunde
Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.
(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll)
8.1. Mindestbedingungen für die Durchführung der Verordnungen über Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr (Abstimmung)
8.2. Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (Abstimmung)
8.3. Festlegung von Nennfüllmengen für Erzeugnisse in Fertigpackungen (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung:
Jacques Toubon (PPE-DE), Berichterstatter. – (FR) Herr Präsident! Ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass der Vorschlag der Kommission, im Interesse der Verbraucher verbindliche Verpackungsgrößen für bestimmte Grunderzeugnisse beizubehalten, in sich schlüssig ist. Dagegen ist es nicht logisch, der Aufrechterhaltung einiger verbindlicher Bereiche durch die Kommission zuzustimmen, gleichzeitig aber den Vorschlag der Kommission abzulehnen.
Ich empfehle daher, im Interesse der Verbraucher und gemäß einer unabhängigen Studie, die das Europäische Parlament zum ersten Mal in seiner Geschichte in Auftrag gegeben hat, für alle Änderungen zu stimmen, die der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz vorgeschlagen und mit 28 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen hat.
8.4. Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik 2004 (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 6 zu Ziffer 9:
Jan Marinus Wiersma (PSE). – (EN) Herr Präsident! Wir schlagen lediglich vor, dass „Strategie“ im zweiten Satz durch „Maßnahmen“ ersetzt wird.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
- Vor der Abstimmung zu Änderungsantrag 4:
Hannes Swoboda (PSE). – Herr Präsident! Es liegt auch schriftlich vor, und in Übereinstimmung mit dem Antragsteller würde ich zur Klarstellung nur die beiden Worte in order (in order to lay down the conditions for a representative democracy) einfügen.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
- Nach der Abstimmung über Änderungsantrag 4 und betreffend die Aufnahme einer neuen Ziffer 28a:
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident, der Berichterstatter für diesen Bericht, Herr Brok, der heute an der Abstimmung nicht teilnehmen kann, hat mich gebeten, die Aufnahme einer neuen Ziffer 28 vorzuschlagen. Meines Erachtens ist sie mit den anderen Fraktionen abgestimmt. Auf jeden Fall, Herr Präsident, werde ich die englische Version verlesen:
(EN) „acknowledges that the United Nations has asked the European Union to contribute to the security of the upcoming elections in the Democratic Republic of Congo by means of a military mission; asks the Council to carefully examine the existing possibilities;“
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
- Zu Ziffer 38:
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident, die Informationen, die mir in Bezug auf den vorhergehenden Änderungsantrag übermittelt wurden, kamen in der Tat von Herrn Brok. In diesem konkreten Fall handelt es sich um eine einfache Anpassung der Informationen in Ziffer 38, wo zu streichen wäre:
(EN) „und Vorbereitungen für die am 15. Dezember 2005 vorgesehenen Parlamentswahlen zu treffen“ durch „nach den am 15. Dezember 2005 abgehaltenen Parlamentswahlen“ zu ersetzen.
(ES) Es ist einfach eine Anpassung, weil der Bericht nicht mehr aktuell war.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
8.5. Derzeitige Lage bei der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und künftige Maßnahmen (Abstimmung)
- Zu Ziffer 4 Buchstabe b:
Zbigniew Zaleski (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident! Eine kurze Erläuterung. Die Verletzungen eines Gewaltopfers sind insbesondere bei sexueller Gewalt häufig eher psychischer als physischer Natur. Um eine angemessene Unterstützung durch das zuständige Personal zu gewährleisten, schlage ich eine Änderung vor, die diesem Anliegen gerecht wird. Im Dokument heißt es, ich zitiere auf Englisch,
(EN) „4(b) providing proper training, including a child’s perspective, to the staff of competent bodies dealing with men’s violence against women, such as police officers, judicial personnel, health personnel, educators, youth and social workers and prison staff;“
Ich schlage die folgende Änderung vor: „providing proper training, specifically psychological, including a child’s perspective (…)“. Die Berichterstatterin hat dieser Formulierung zugestimmt.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
8.6. Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union (Abstimmung)
8.7. Anwendung der Postrichtlinie (Abstimmung)
8.8. Ergebnisse der Wahlen in Palästina und Lage im Nahen Osten sowie Beschluss des Rates, den Bericht über Ostjerusalem nicht öffentlich zugänglich zu machen (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung:
Alessandro Foglietta (UEN). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur auf einige formale und inhaltliche Fehler in der Übersetzung der italienischen Fassung hinweisen. So heißt es beispielsweise in Ziffer 3 Zeile 4 der italienischen Fassung „den Staat Israel eindeutig anzuerkennen“, während in der englischen Fassung vom „Existenzrecht Israels” die Rede ist. Ich beantrage daher, die entsprechende Korrektur vorzunehmen, da ich sie für wesentlich halte. Dasselbe gilt für Ziffer 10, wo „konkrete und positive Empfehlungen“ erwähnt werden, wohingegen in der englischen Fassung nur „konkrete Empfehlungen“, ohne den Zusatz „positive“, steht.
Präsident. – Es gilt die englische Fassung. Wir werden alle anderen Fassungen prüfen und eventuelle Fehler korrigieren.
- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 1:
Vytautas Landsbergis (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte eine geringfügige Änderung – sie bezieht sich lediglich auf ein Wort – mit maximalem Inhalt vorschlagen. Unter Ziffer 3 heißt es: „fordert die Führung der Hamas mit Nachdruck auf, konsequent zu sein“. Dies könnte missverstanden und als Aufforderung aufgefasst werden, Israel konsequent zu zerstören. Es wäre besser, es durch das Wort „kooperativ“ zu ersetzen. Wir sollten die Führung der Hamas mit Nachdruck auffordern, „kooperativ“ zu sein.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE). – (ES) Bei der Vorbereitung der Verhandlungen zwischen den einzelnen Fraktionen wurde vereinbart, keine Änderungsanträge einzureichen; zwei Fraktionen haben Änderungsanträge eingebracht.
Ich möchte sagen, Herr Präsident, dass der mündliche Änderungsantrag von Herrn Landsbergis, über den wir abgestimmt haben und der sehr viel Sinn macht, meiner Meinung nach nicht vor der Abstimmung über den Änderungsantrag der Grünen hätte zur Abstimmung gestellt werden dürfen.
Ich glaube, Herr Präsident, dass wir zunächst über die Änderungsanträge, so wie sie eingebracht wurden, abstimmen müssen, um dann zu sehen, ob ein mündlicher Änderungsantrag von Herrn Landsbergis zweckmäßig ist.
Präsident. – Bei der vorangehenden Abstimmung hatten wir den mündlichen Änderungsantrag angenommen, doch er wurde abgelehnt.
8.9. Haltung der EU gegenüber der kubanischen Regierung (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung:
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident, der gemeinsame Entschließungsantrag, zu dem es keine Änderungsanträge gibt, enthält einen Fehler, dessen sich die anderen Fraktionen bewusst sind, weil es in Ziffer 3 heißt, dass der Gemeinsame Standpunkt des Rates geändert wurde, aber der Gemeinsame Standpunkt des Rates ist nicht geändert worden: geändert wurden die ergänzenden Maßnahmen zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates.
In Ziffer 3 muss es daher anstelle von „das Hauptziel der vom Rat im Januar 2005 vorgenommenen Änderungen“ heißen „der bei den ergänzenden Maßnahmen zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vorgenommenen Änderungen“.
Präsident. – Diese technischen Änderungen werden vorgenommen.
8.10. Nationale Verwaltungserklärungen - Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Ausführung des Haushalts der Europäischen Union (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung:
Terence Wynn (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte das Wort gemäß Artikel 108 der Geschäftsordnung ergreifen. Wir werden gleich über einen Entschließungsantrag abstimmen, mit dem auf eine mündliche Anfrage reagiert wurde, die dem Rat gestern Abend vorgelegt wurde. Das Parlament muss unbedingt sicherstellen, dass das Geld der Steuerzahler in den Mitgliedstaaten ordnungsgemäß verwaltet wird.
Die mündliche Anfrage setzte sich aus sechs Einzelfragen sowie einer zusätzlichen mündlichen Anfrage zusammen, die lautete: Wird der Rat diesen Sachverhalt mit dem Parlament erörtern? Die Ratspräsidentschaft ging in ihrer zehnminütigen Stellungnahme nicht auf eine dieser sieben Fragen ein. Ich möchte die Abgeordneten zwar auffordern, für den gesamten Text zu stimmen, doch ich bitte Sie, Herr Präsident, den Rat um schriftliche Antworten zu ersuchen.
(Beifall)
Präsident. – Das versteht sich von selbst, Herr Wynn. Die Rolle des Vorsitzes besteht darin, soweit wie möglich darauf zu achten, dass die Entscheidungen des Europäischen Parlaments vom Rat ausgeführt und beachtet werden. Ich werde daher Ihr Ersuchen an den Rat weiterleiten.
8.11. Fischereiressourcen im Mittelmeer (Abstimmung)
Präsident. – Damit ist die Abstimmungsstunde beendet.
Gyula Hegyi (PSE). – (HU) Es war mir eine große Freude, für die Rechtsvorschrift betreffend die Arbeitsbedingungen von Personen zu stimmen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben. Ich bin sehr froh, dass Fahrern garantierte Ruhezeiten gewährt werden. Für nicht minder wichtig halte ich jedoch auch die Überwachung ihrer Einhaltung. Allerdings muss ich betonen, dass der wachsende Straßengüterverkehr mit dem grundlegenden Prinzip der nachhaltigen Entwicklung unvereinbar ist. Verschwenderischer Energieverbrauch, starke Luftverunreinigung sowie die Zerstörung der Straßen und der Umwelt sind allesamt unmittelbare Folge des zunehmenden Lkw-Verkehrs. Die Europäische Union sollte daher bestrebt sein, alternative Beförderungsarten zu entwickeln. Abgesehen von der Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Fahrer sollten wir uns auch der Situation jener widmen, die in Städten und Dörfern wohnen, durch die Tag und Nacht Lkw donnern.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße die neue Verordnung, die vor allem dazu dienen soll, die Sozialvorschriften für im internationalen Straßenverkehr beschäftigtes Fahrpersonal zu festigen und zu verbessern.
Die Verordnung legt vier Hauptelemente fest. Sie schreibt vor, dass alle neuen Fahrzeuge mit digitalen Fahrtenschreibern ausgestattet werden, und sie definiert die „regelmäßige tägliche Ruhezeit“ als jede ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden, die alternativ in zwei Etappen aufgeteilt werden kann. Zusätzlich wurden eine neue Definition zur „Lenkzeit“ sowie die Bestimmungen zum Europäischen Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals angenommen, die jetzt denen der Verordnung angepasst werden. Abschließend wird bestätigt, dass die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 60 Stunden einzuhalten ist.
Alles in allem stimme ich zu, dass die Verordnung in Europa wesentlich zu höherer Sicherheit im Straßenverkehr beiträgt.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) In den Markov-Berichten, über die das Parlament heute abgestimmt hat, werden eine Reihe von Fragen für Länder am Rande des europäischen Territoriums, wie Portugal, Spanien und Griechenland, aufgeworfen.
Ich weiß, welche Anstrengungen alles während der gesamten Verhandlungszeit unternommen wurden. Ich muss auch sagen, dass diese Angelegenheit so gelöst werden sollte, dass man nicht nur dazu beiträgt, die Sicherheit des Straßenverkehrs auf den europäischen Autobahnen zu verbessern, sondern auch dazu, die wirtschaftliche Gleichheit in Bezug auf Entwicklung und Wachstum im Verkehrssektor in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten.
Die Lektüre dieser Texte hat mich zu dem Schluss geführt, dass trotz der Bemühungen der Verhandlungsteilnehmer diese Vorschläge ausgehend von den mitteleuropäischen Verkehrsunternehmen formuliert wurden, deren Fahrten in der Regel über kürzere Strecken erfolgen.
Als gewählter Vertreter aus Portugal muss ich deshalb gegen diese Regelungen stimmen und darauf hinweisen, dass die Vollendung des Binnenmarktes die Berücksichtigung auch der Länder, in denen diese Tätigkeit größere Entfernungen umfasst, bedeutet und den Interessen ausnahmslos aller Mitgliedstaaten Rechnung gerecht werden sollte.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) MdEP der portugiesischen kommunistischen Partei setzen sich zusammen mit Verbänden der Arbeitnehmer im Autobahn- und Stadtverkehrsbereich seit langem dafür ein, die Arbeitnehmerrechte für Berufskraftfahrer dahingehend zu verbessern, dass die gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeiten für Kraftfahrer eingehalten werden und dass die „Heilige Kuh“ Wettbewerb in ihrer ausbeuterischen Gier diese Rechte nicht aushöhlt.
Wie die Gewerkschaften erklärt haben, wird die gerade angenommene Verordnung möglicherweise die Arbeitsbedingungen in einigen Länder verbessern, doch sie bleibt hinter der in Portugal geltenden Kollektivregelung betreffend die Arbeitszeitgestaltung, die Festlegung der täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten und deren Kontrolle zurück.
Unter anderem wird in der Verordnung die Beibehaltung von zwei verschiedenen Begriffen gefordert, nämlich „Lenkzeit“ und „Arbeitszeit“, wodurch die Arbeitnehmer benachteiligt werden. Hinzu kommt noch, dass durch die „neuen“ Definitionen der reduzierten Ruhezeiten die Aufgabe, die Einhaltung der Mindestruhezeiten zu kontrollieren, erschwert wird und die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass die Arbeitstage und –wochen der Fahrer überlastet sein werden. Wir hoffen deshalb, dass die Annahme der Verordnung nicht als (trügerischer) Vorwand zur (falschen) Rechtfertigung neuer Angriffe auf Arbeitnehmerrechte wirkt.
(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 163 Absatz 1 GO)
Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. Die Verordnung über die Harmonisierung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr hatte sich zum Ziel gesetzt, längst notwendig gewordene einheitliche Regelungen hinsichtlich Arbeitsbedingungen und Sicherheit im Straßenverkehr einzuführen. Ob sich die sozialen Interessen der betroffenen Fahrer aufgrund der vorliegenden Einigung tatsächlich verbessern werden, bleibt abzuwarten. Es wurden zwar endlich einheitliche Lenk- und Ruhezeiten im Straßentransport erreicht, doch mir wichtige Punkte wie eine umfassende Einbeziehung der Arbeitszeitrichtlinie fanden nicht Eingang in das endgültige Dokument.
Ich bedauere zutiefst, dass eine Festschreibung des Verbots von strecken- und mengenabhängiger Entlohnung nicht Teil dieser heute verabschiedeten Verordnung sein wird. Ich habe mich vehement dafür eingesetzt, um weit reichende Verbesserungen der sozialen Bedingungen für Kraftfahrer zu erreichen. Die fixe Entlohnung stellt einen echten Schutz der wirtschaftlichen Grundlage eines jeden Arbeitnehmers dar und meiner Meinung nach steht dies auch dem im Straßenverkehr beschäftigten Personal zu.
Die Vereinheitlichung der Sozialstandards im europäischen Straßenverkehr ist generell eine vernünftige Entscheidung, aber im Hinblick auf die von mir eingangs erhofften Verbesserungen für die Fahrzeuglenker selbst ist das Ergebnis ernüchternd. Ich kann daher diese beiden Dossiers nur ablehnen.
Karin Scheele (PSE), schriftlich. Die Vereinheitlichung der Sozialstandards im europäischen Straßenverkehr ist generell sehr begrüßenswert. Dabei muss es aber eine Verbesserung der sozialen Bedingungen für Kraftfahrer geben. Dies ist in diesem Fall nicht gegeben, und daher habe ich gegen diese Dossiers gestimmt.
Das Ziel der Verordnung über die Harmonisierung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr ist, längst notwendig gewordene einheitliche Regelungen hinsichtlich Arbeitsbedingungen und Sicherheit im Straßenverkehr einzuführen. Es wurden zwar endlich einheitliche Lenk- und Ruhezeiten im Straßentransport erreicht, doch wichtige Punkte wie eine umfassende Einbeziehung der Arbeitszeitrichtlinie fanden nicht Eingang in das endgültige Dokument.
Leider wird eine Festschreibung des Verbots von strecken- und mengenabhängiger Entlohnung nicht Teil dieser heute verabschiedeten Verordnung sein. Die fixe Entlohnung stellt jedoch einen wichtigen Schutz der wirtschaftlichen Grundlage eines jeden Arbeitnehmers dar und steht natürlich auch dem im Straßenverkehr beschäftigten Personal zu.
James Hugh Allister (NI), schriftlich. (EN) Ich habe heute gegen einen Kommissionsvorschlag zur Vereinheitlichung und Einführung des metrischen Systems bei Lebensmitteln einschließlich Brot und Milch gestimmt. Im Ergebnis wäre das britische Pint-Maß für Milchflaschen abgeschafft und die Größe unseres Standardbrotlaibs geändert worden.
Beide Vorschläge hätten uns neben einer völlig sinnlosen Vereinheitlichung erhebliche Kosten für britische Bäcker und milchverarbeitende Betriebe aufgezwungen, weil der Erwerb neuer Maschinen erforderlich geworden wäre. Ich hatte mich mit Vertretern der nordirischen Brotindustrie getroffen und hatte Zweifel angesichts der damit verbundenen nicht hinnehmbaren finanziellen Belastung.
Daher freut es mich, dass das Europäische Parlament diesen Aspekt des neuesten verrückten Vorschlags aus Brüssel abgelehnt hat.
Lena Ek und Cecilia Malmström (ALDE), schriftlich. (SV) Für einen funktionierenden europäischen Markt für Waren müssen auch die Interessen der Verbraucher geschützt werden. Mit den Abänderungen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments an dem Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Festlegung von Nennfüllmengen für Erzeugnisse in Fertigpackungen wäre dies jedoch nicht der Fall. Der Berichterstatter hat Vorschriften für Verpackungen u. a. von Butter, Milch, Teigwaren und Reis vorgeschlagen. Ich möchte, dass die europäischen Verbraucher zwischen vielen Erzeugnissen wählen können, und es ist nicht sehr sinnvoll, gegenwärtig verwendete schwedische Milchverpackungen, z. B. mit 300 ml Inhalt, mit Hilfe von Vorschriften abzuschaffen. Die Verbraucher sind heutzutage in der Lage, durch Preisvergleiche selbst zu entscheiden, was sie kaufen wollen. Wir müssen mittels Vorschriften die grundlegenden Wettbewerbsbedingungen verbessern und den Verbraucherschutz stärken. Allerdings sollten wir, wie von der Kommission angestrebt, unnötige Regelungen abschaffen. Aus diesem Grunde habe ich für eine schlankere, aber konzentriertere EU gestimmt, in der kein Platz ist für sinnlose Vorschriften, die unnötige Kosten für die Lebensmittelindustrie verursachen.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Der Vorschlag für eine Richtlinie, über den heute im Plenum in erster Lesung abgestimmt wurde, ist ganz allgemein Teil des von der Kommission befürworteten Ansatzes zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften im Binnenmarkt. Zweck dieses Vorschlags ist es, die vorhandenen Vorschriften in einem einheitlichen Rechtsakt zusammenzufassen und alle bestehenden Verpackungsgrößen abzuschaffen (oder zu deregulieren).
Einzelne Bereiche werden allerdings auch weiterhin der bestehenden Regelung auf der Grundlage einer vollständigen Angleichung unterliegen. Gemäß dem Vorschlag könnten obligatorische Wertereihen in ganz konkreten Bereichen wie Wein, Spirituosen, löslicher Kaffee, Aerosole und Weißzucker gerechtfertigt sein, in denen durch Gemeinschaftsregelung bereits obligatorische angeglichene Größen festgelegt sind.
Das Parlament hat außerdem festgelegt, dass die Richtlinie nicht für Brot in Fertigpackungen, Streichfett, Butter, Tee oder Kaffee gilt, für die weiterhin nationale Bestimmungen über Nennfüllmengen gelten. Die Produkte können in allen Bereichen in einer potenziell unbegrenzten Wertereihe hergestellt und von den Verbrauchern erworben werden.
Im Bericht wird ferner festgestellt, dass einige weitere Grundnahrungsmittel, nämlich Kaffee, Butter, Salz, Reis, Teigwaren und Konsummilch, als Ausnahme zur Liberalisierung weiterhin obligatorischen Wertereihen unterliegen sollten.
Hélène Goudin (IND/DEM), schriftlich. (SV) Der Bericht behandelt einen Vorschlag zur Deregulierung, aber gleichzeitig auch Harmonisierung der zulässigen Verpackungsgrößen für Lebensmittelprodukte. Einerseits kann es unter dem Gesichtspunkt des Binnenmarkts gut sein, Standards zu haben, von denen letztendlich die Verbraucher profitieren. Andererseits schlägt der Bericht auch weitgehende Detailregelungen auf Gemeinschaftsebene vor.
Einem der Änderungsanträge zufolge, für die der Parlamentsausschuss gestimmt hatte, belegen Untersuchungen der Kommission, dass die Angabe des Preises nach Maßeinheit von den Verbrauchern in der Regel weder verwendet noch verstanden wird. Mit solchen Aussagen werden die Bürger der Mitgliedstaaten teilweise für unfähig erklärt, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, und wird somit eine unfreundliche Einstellung zur Bevölkerung zum Ausdruck gebracht.
Ich habe heute gegen den Bericht gestimmt, da er Vorschriften auf einem Gebiet beinhaltet, auf dem die Beschlüsse wirklich nicht durch die EU, sondern durch jeden einzelnen Mitgliedstaat gefasst werden sollten.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Ich begrüße den Ansatz der Kommission zur Vereinfachung von Rechtsvorschriften. Übertriebene Vorschriften und verwirrende Regelungen, also was man gemeinhin als Bürokratie bezeichnet, ist eines der maßgeblichsten Hindernisse für die wirtschaftliche Effektivität in den EU-Mitgliedstaaten.
Ich bin für diesen Vorschlag zur Vereinfachung und Liberalisierung, der durch die vorsichtigen Änderungsanträge des Parlaments etwas verwässert wurde. Wo Liberalisierung erwiesenermaßen ganz sicher keinem sinnvollen Zweck dient oder sogar gegen die Interessen der Verbraucher wirkt, ist sie zurückgenommen worden. Deshalb habe ich dafür gestimmt.
Alyn Smith (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Einige Kommissionsvorschläge hätten sich negativ auf mehrere Branchen in der Gemeinschaft, insbesondere auf die schottische Whiskyindustrie, ausgewirkt, und ich bin daher froh, dass der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz mehrere Änderungen vorgenommen hat, denen ich gerne zustimme. Der Binnenmarkt hat den Gemeinschaftserzeugern viele Vorteile gebracht, und wir hier im Parlament müssen sicherstellen, dass nach wie vor diese Vorteile im Vordergrund stehen.
Andreas Mölzer (NI). – Herr Präsident! Im Moment haben wir zwei Krisenherde, die unserer vollen Aufmerksamkeit sowie vielen Fingerspitzengefühls bedürfen, und sich nicht durch schöne Worte, wie wir sie von der gegenwärtig amtierenden österreichischen Ratspräsidentschaft hören, in Luft auflösen werden.
Zum einen müssen wir mit dem Wahlsieg der Hamas umgehen, der in Palästina völlig klar als demokratischer Willensausdruck akzeptiert werden muss. Zum anderen handelt es sich dabei aber um eine Bewegung, die der Gewalt noch nicht abgeschworen hat. Das palästinensische Volk benötigt aber die europäische Hilfe – auch die Finanzhilfe – mehr denn je. Und von der Hamas wird man natürlich, wenn sie eine Regierung bildet, entsprechend verlangen müssen, der Gewalt abzuschwören.
Hinsichtlich der Iran-Frage ist es hoffentlich noch nicht zu spät für eine vorzugsweise – natürlich mit Russland und China abgestimmte – diplomatische Lösung. Da der Iran zu Gesprächen über eine Urananreicherung mit Russland bereit zu sein scheint, sollten wir zunächst einmal diesen Weg beschreiten. Gleichzeitig ist es aber wichtig, gegen die atomare Kooperation zwischen den USA und Indien aufzutreten, da diese Teherans negative Einschätzung des so genannten „selbsternannten Weltpolizisten“ USA mit ihrer Scheinheiligkeit zu bestätigen scheint.
Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Ich werde für den Bericht von Herrn Brok zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik stimmen. Nach und nach wurden in Europa die Industrie-, Sozial- sowie die Wirtschafts- und Währungsunion aufgebaut. Unsere Union ist mit 451 Millionen Bürgerinnen und Bürgern nun größer als die USA und verfügt zudem über eine größere Wirtschaftsmacht. Dennoch sprechen wir auf internationaler Ebene noch nicht mit einer Stimme.
Europa fehlt eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, mit der uns diese Stimme gegeben würde. Der Bericht von Herrn Brok ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es wird zahlreiche Meinungsverschiedenheiten über die Details einer solchen Politik geben. Doch wir benötigen sie dringend.
Hélène Goudin (IND/DEM), schriftlich. (SV) Wieder einmal steht ein Bericht über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – GASP – der Europäischen Union auf der Tagesordnung. Nach der festen Überzeugung der Juniliste sind Fragen im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik nicht durch die EU, sondern durch die Mitgliedstaaten zu behandeln.
Ferner wird im Bericht erklärt, das Europäische Parlament müsse bei der Erarbeitung der Leitlinien für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu Beginn jedes Jahres konsultiert werden. Auf diese Weise versucht das Parlament, sich mehr Macht anzueignen, was die Juniliste ablehnt.
Aus den oben genannten Gründen habe ich bei der heutigen Abstimmung gegen den Bericht gestimmt.
Richard Howitt (PSE), schriftlich. (EN) Die Fraktion der Labour-Partei im Europäischen Parlament spricht sich für den Bericht von Herrn Brok aus, in dem eine starke GASP befürwortet wird, deren Schwerpunkt auf Konfliktlösung, Armutsbekämpfung und Achtung der Menschenrechte liegt. Wir danken dem Berichterstatter für seine Beileidsbekundungen angesichts der Terroranschläge von London. Ich möchte jedoch ebenfalls zu Protokoll geben, dass wir die Verordnungen zum Handel und zur Finanzhilfe zugunsten von Nordzypern unterstützen, was mehr oder weniger auch in Änderungsantrag 1 formuliert wird, und uns nach wie vor dagegen aussprechen, dass Militärausgaben im Gemeinschaftshaushalt berücksichtigt werden.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße diesen Bericht, in dem erklärt wird, dass das Parlament sein Recht, konsultiert zu werden und in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU und der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine aktivere Rolle zu übernehmen, energischer einfordert. Im Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten werden Prioritäten formuliert, um Konflikte zu vermeiden und eine auf der Achtung der Menschenrechte und des Völkerrechts gegründete internationale Zusammenarbeit aufzubauen.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Ich habe für den hier vorliegenden Bericht gestimmt, weil ich mich mit seiner allgemeinen Richtung identifiziere, und zwar sowohl bei den Problemen, die auf internationaler Ebene hauptsächlich Anlass zu Sorge geben – und geben sollten –, als auch bei den Schwerpunkten, die die EU dazu setzen sollte.
Ich stimme einigen Ausführungen im Bericht nicht uneingeschränkt zu, vor allem bei den institutionellen Angelegenheiten, halte aber die allgemeine Sicht auf die Welt, die sich hier abzeichnet, für richtig. Ich bin außerdem der Meinung, dass die internationale Rolle der EU mehr von aktivem Handeln und unserer Fähigkeit, allgemeine Probleme zu verstehen, als von einer Diskussion theoretischer Modelle abhängt. Wenn es um Außenpolitik geht, hat die Wirklichkeit in aller Regel einen größeren Einfluss als alle theoretischen Überlegungen.
Abschließend stelle ich mit Freude fest, dass zwischen den transatlantischen Partnern zunehmend Übereinstimmung herrscht, was ich für ein unverzichtbares Element auf dem Weg zu Frieden, Demokratie und Wohlstand in der Welt halte.
Geoffrey Van Orden (PPE-DE), schriftlich. (EN) Die konservativen Abgeordneten können einige Bedingungen dieses Berichts unterstützen, wie beispielsweise die Empfehlungen, das Waffenembargo gegen China aufrechtzuerhalten, die Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern wiederzubeleben und die afrikanischen Regierungen zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu bewegen.
Er enthält jedoch auch einige Vorschläge, die wir eindeutig ablehnen. Ein allgemeines Ziel besteht darin, die GASP auf jeden Bereich der einzelstaatlichen Außenpolitik auszudehnen. Man maßt sich an, unter Ziffer 4 darauf hinzuweisen, welche Schritte bereits unternommen wurden, „um der Anwendung einiger Bestimmungen des neuen Verfassungsvertrags (…) vorzugreifen“, obwohl die Verfassung glücklicherweise abgelehnt wurde. Ziffer 10 betrachtet irrtümlicherweise „Landesverteidigung als wesentlichen Bestandteil der Sicherheitsstrategie der Europäischen Union“, obgleich dieser Bereich den einzelstaatlichen Regierungen vorbehalten ist. Die NATO, die seit mehr als fünfzig Jahren Eckstein der europäischen Verteidigung und Hauptorganisation für internationales militärisches Krisenmanagement ist, findet in diesem Bericht so gut wie keine Erwähnung; in Ziffer 12 wird der NATO irreführenderweise eine Rolle „innerhalb der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik“ zugeschrieben. Außerdem sprechen wir uns gegen die Möglichkeit einer EU-Militärmission in der Demokratischen Republik Kongo und eines EU-Verteidigungshaushalts aus.
Wir haben uns daher bei der Schlussabstimmung der Stimme enthalten.
Jan Andersson, Anna Hedh, Ewa Hedkvist Petersen, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. (SV) Wir haben für den Bericht gestimmt. Den in Ziffer 4 f) enthaltenen Begriff „Mindesteinkommen“ interpretieren wir dahingehend, dass er einen garantierten angemessenen Lebensstandard bedeutet, da wir einem garantierten angemessenen Lebensstandard positiv gegenüberstehen. Die Einführung staatlich geregelter Mindestlöhne lehnen wir hingegen ab.
Charlotte Cederschiöld, Christofer Fjellner, Gunnar Hökmark und Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. (SV) Die Delegation der schwedischen Konservativen hat heute entschieden, sich bei der Abstimmung über die derzeitige Lage bei der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und künftige Maßnahmen der Stimme zu enthalten. Wir konnten diesen Bericht nicht unterstützen, denn er versucht über Gebühr, nationale Zuständigkeitsbereiche zum Gegenstand von EU-Entscheidungen zu machen. Unserer festen Überzeugung nach sollten Gleichstellungsfragen sowie die Strafverfolgungspolitik durch die Mitgliedstaaten entschieden werden, die zu Entscheidungen in diesen Bereichen am besten befähigt sind. Die Konservativen waren bei vielen der im Bericht behandelten Themen auf nationaler Ebene tonangebend.
Unseres Erachtens muss der Staat seine vordringliche Aufgabe - den Schutz der Bürger vor kriminellen Angriffen - erfüllen, unabhängig vom Geschlecht des Opfers und des Täters. Wir sollten den Schwerpunkt auf die Verantwortlichkeit des einzelnen Gewalttäters legen und nicht von einer Sicht auf die Gesellschaft ausgehen, die die Verantwortung des Einzelnen schmälert.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Das Parlament muss seine Besorgnis zur Gewalt gegen Frauen zum Ausdruck bringen. Dieses Phänomen betrifft Frauen aller Altersgruppen, ungeachtet ihrer Ausbildung und ihrer sozialen Stellung, auch wenn einige Formen von Gewalt in starkem Maße mit Armut und sozialer Ausgrenzung im Zusammenhang stehen.
Wir befürworten die Empfehlung, dass die Mitgliedstaaten „Nulltoleranz“ gegenüber jeder Form von Gewalt gegen Frauen praktizieren, was die Anwendung wirksamer Maßnahmen zur Prävention und Strafverfolgung sowie Maßnahmen zur Sensibilisierung für das Problem und seine Bekämpfung einschließt.
Man darf nicht vergessen, dass Gewalt von Männern gegen Frauen eine Erscheinungsform der ungleichen Machtpositionen der Geschlechter ist, was wiederum ein weiterer Grund dafür ist, warum diese Form der Kriminalität nicht ausreichend gemeldet und verurteilt wird.
Ich begrüße die – wenn auch nur teilweise - Annahme von einigen Änderungsanträgen, die wir eingereicht haben, vor allem die Anerkennung, dass Armut und Ausgrenzung wesentliche Gründe für die Zunahme des Frauenhandels sind und dass Prostitution nicht mit der Ausübung einer Arbeit gleichzusetzen ist.
Ich bedauere jedoch die Ablehnung des Vorschlags zur Bereitstellung der notwendigen Mittel für die Entwicklung wirksamer Programme für die Integration von Frauen, die in der Prostitution tätig sind, mit dem Ziel, die Prostitution schrittweise zu reduzieren und letztlich zu beseitigen.
Hélène Goudin (IND/DEM), schriftlich. (SV) Ich teile viele der Ansichten der Berichterstatterin zu diesem Thema. Es ist von größter Bedeutung, dass in den Mitgliedstaaten diese Fragen stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Ich habe für den Bericht gestimmt, da er nicht ausdrücklich eine Gesetzgebung auf europäischer Ebene befürwortet. Der Kommission und den Mitgliedstaaten werden eine Reihe von Empfehlungen zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen unterbreitet. Meines Erachtens ist dies ein Problemkreis, zu dem letztendlich die nationalen Parlamente eventuell erforderliche Gesetzgebungsmaßnahmen beschließen müssen.
Filip Andrzej Kaczmarek (PPE-DE), schriftlich. (PL) Gewalt gegen Frauen ist eine traumatische Erfahrung, nicht nur für die Frauen selbst, sondern auch für ihre Kinder, ihre Angehörigen und selbst für diejenigen, die versuchen, den Opfern zu helfen. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich habe einmal eine Frau, die von ihrem Mann geschlagen worden war, ins Krankenhaus und zur Polizei gefahren. Damals empfand ich, was Frauen wohl oft verspüren – ohnmächtige Wut. Dieselbe Wut empfindet man, wenn man hört, dass die Polizei einen betrunkenen Mann, der wegen Misshandlung seiner Familie verurteilt wurde, wieder zu seiner ehemaligen Frau zurückschickt und dies damit begründet, dass er dort zuletzt gemeldet war.
Vor einigen Jahren hat sich in meiner Heimatstadt eine Tragödie ereignet. Ein Mann entkam aus einer Ausnüchterungszelle – das ist kein Gefängnis –, ging ein paar Kilometer zu Fuß, brachte seine Frau um und warf sie aus dem Fenster. Ich möchte nicht, dass so etwas noch einmal geschieht.
Gewalt ist keine häusliche Angelegenheit. Sie darf weder gerechtfertigt noch relativiert werden. Die ganze Gesellschaft muss sich dem entgegenstellen. Wir dürfen dieses Problem nicht auf die leichte Schulter nehmen, seine Bedeutung für die Gesellschaft nicht unterschätzen und auch das Ausmaß dieser Erscheinung nicht herunterspielen.
Ich habe den Bericht Carlshamre unterstützt, weil es unsere Pflicht ist, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um Gewalt gegen Frauen auszumerzen. Das Null-Toleranz-Prinzip ist nicht immer notwendig, aber in diesem Fall wirklich unerlässlich.
Timothy Kirkhope (PPE-DE), schriftlich. (EN) Gemeinsam mit mir verurteilen meine britischen Kollegen aus den Reihen der Konservativen jede Form der Gewalt gegen Frauen. Allerdings verurteilen wir Gewalt gegenüber Vertretern beider Geschlechter oder Gewalt im Allgemeinen. Wir sind ebenfalls der Auffassung, dass Frauen gegen Gewalttaten geschützt werden und die Täter die volle Kraft des Gesetzes zu spüren bekommen müssen.
Wir haben uns dennoch der Stimme enthalten, weil wir denken, dass der Bericht diesem ernsten Problem nicht gerecht wird. Mit seiner unangemessenen Ausdrucksweise schadet er der wichtigen Botschaft, die er vermitteln will.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße diesen Bericht, in dem bekräftigt wird, dass die Gewalt von Männern gegen Frauen eine Menschenrechtsverletzung darstellt und dass gegen solche Gewalttäter genauso entschieden strafrechtlich vorgegangen werden sollte wie es in Fällen von Gewaltanwendung gegen Männer geschieht. Gewaltverbrechen werden in Abhängigkeit vom Geschlecht des Opfers unterschiedlich behandelt und bestraft. Solche Gewalttaten sollten, ganz gleich ob sie in der Öffentlichkeit oder im Privatbereich begangen werden, als Straftaten behandelt werden.
Ich bin mir zwar darüber im Klaren, dass die Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, die von der UN-Generalversammlung 1993 verabschiedet wurde, ein wichtiger Meilenstein für die Anerkennung des Problems der häuslichen Gewalt gegen Frauen war, doch im vorliegenden Bericht wird zu Recht darauf hingewiesen, dass in der Gemeinschaft noch nicht genug getan wird.
Besonders befürworte ich die geforderte grundlegende Analyse des Ausmaßes des Problems, die auf der Grundlage von Untersuchungen in drei Mitgliedstaaten vorgenommen wird, aus denen hervorgeht, dass 40-50 % der Frauen irgendwann in ihrem Leben der Gewalt von Männern ausgesetzt sind. Es ist unsere Pflicht in der EU, das Recht von Frauen auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit zu achten und zu sichern.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Gerade die aus massivem Zuzug von anderen Kulturen entstehenden Probleme – unter anderem im Hinblick auf Frauenrechte – wurden jahrzehntelang unter dem Motto falsch verstandener Toleranz ignoriert. Wenn man bedenkt, dass in der EU jede vierte Frau Gewalt durch einen männlichen Angehörigen erfährt, die Hälfte aller Morde im Familienkreis verübt wird und rund 500 000 Genitalverstümmelungen passieren, ist es höchste Zeit, dass endlich restriktiver vorgegangen wird.
In diesem Zusammenhang kann man es nur als Schande betrachten, dass man sich in einer EU, in der die Gurken- und Bananenkrümmung geregelt wird, nicht einmal in der Lage sieht, einheitliche Vorgaben zu entwickeln, wie Gewalt gegen Frauen geahndet werden soll. Ebenso erbärmlich ist es, wenn staatliche Behörden bei Fällen von Polygamie wegsehen oder diese gar unterstützen und damit der Menschenrechtsverletzung auch noch Vorschub leisten.
Angesichts dieser Tatsachen ist es zwar löblich, wenn sich die Ratspräsidentschaft der Verteidigung der Frauenrechte verstärkt annehmen will, mit ein bisschen Aufklärung bei Ärzten, Lehrern oder der Polizei wird es nicht getan sein. Hauptproblempunkt ist das männliche Rollenbild, welches in unserem westlichen Verständnis mit einem Wettkampfstil nicht unbedingt ideal ist und in der muslimischen Ideologie in einem Frauenhass gipfelt - hier müssen wir ansetzen.
Frédérique Ries (ALDE), schriftlich. – (FR) Mindestens ein Drittel aller Frauen wird irgendwann in ihrem Leben Opfer von physischer oder sexueller Gewalt. Diese alarmierende Zahl stammt aus dem hervorragenden Bericht meiner Kollegin von der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, Frau Maria Carlshamre.
Angesichts einer Zunahme von Gewalt gegen Frauen und der Tatsache, dass dies zu einer alltäglichen Erscheinung wird, gibt es nur eine einzige Antwort: Null Toleranz, innerhalb und außerhalb der Ehe.
Darüber hinaus wird Europa seiner Verantwortung gerecht, gegen diese Form der Gewalt vorzugehen, die Frauen aus allen sozialen Schichten betrifft. Im Zeitraum 2004-2008 werden im Rahmen des Programms Daphne II 50 Millionen Euro für den Schutz der besonders schutzbedürftigen Frauen unter uns veranschlagt. Dies ist nur ein symbolischer Betrag, denn wir wissen, dass Maßnahmen zur Prävention und zur Unterstützung der Opfer nur dann erfolgreich sind, wenn sie auf einzelstaatlicher Ebene ergriffen werden.
Daher ist es erschütternd zu erfahren, dass alljährlich zwischen 5 und 10 Millionen Kinder solche unmenschliche Taten mit ansehen und anhören müssen!
Es ist daher dringend geboten, dass von nun an Kinder genauso wie ihre Mütter im Strafrecht aller 25 Mitgliedstaaten als Opfer betrachtet werden.
In unserer Gesellschaft wurde das Problem der Gewalt gegen Frauen viel zu lange heruntergespielt. Diese Feigheit muss ein Ende haben!
Peter Skinner (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe viele gute Gründe, für diesen Bericht zu stimmen. Die meisten Mitglieder der Gesellschaft finden Gewalt gegen Frauen abscheulich, doch wir wissen, dass es sie gibt.
Gewalt zwischen Menschen, die sich kennen, wie beispielsweise Eheleuten, muss von den Behörden sehr ernst genommen werden. Ich unterstütze die vorgeschlagenen Maßnahmen, mit denen insbesondere im Bereich des Menschenhandels und der häuslichen Gewalt Veränderungen herbeigeführt werden sollen.
Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für den hervorragenden Bericht meiner Kollegin Edite Estrela zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union gestimmt, und es freut mich, dass er vom Europäischen Parlament nahezu einstimmig angenommen wurde.
Die Chancengleichheit gehört zu Frankreichs wichtigsten republikanischen Prinzipien, und ich setze mich dafür ein, dass sie auf europäischer Ebene vor allem in Übereinstimmung mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union eingehalten wird. Alle Formen der Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts führen zu Ungerechtigkeit, sozialer Gewalt und fehlendem Verständnis zwischen unseren Mitbürgern. Es ist Aufgabe der Europäischen Union, die Gleichbehandlung aller Menschen als Quelle der Harmonie, des Friedens und des Fortschritts zu gewährleisten. Auf diese Weise würde die Union der Welt zeigen, für welche menschlichen Werte wir eintreten, die gemeinsam eines der Fundamente des europäischen Aufbauwerks bilden.
Charlotte Cederschiöld, Christofer Fjellner, Gunnar Hökmark und Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. (SV) Die Delegation der schwedischen Konservativen hat sich bei der heutigen Abstimmung über die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union der Stimme enthalten. Wir wollen die durch mangelnde Gleichstellung und Vorurteile bedingte Unfreiheit bekämpfen. Es ist jedoch nicht Aufgabe der EU festzulegen, welche Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten oder andere gesellschaftliche Akteure zu ergreifen sind. Daher können wir den Bericht nicht unterstützen, enthält er doch zahlreiche Vorschläge, die in die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten eingreifen, beispielsweise Vorschläge für die Bereitstellung von Kinderbetreuung, bei der die Traditionen und kulturellen Eigenheiten der Mitgliedstaaten sich erheblich voneinander unterscheiden.
Darüber hinaus verirrt sich der Bericht in Bereiche, die nicht einmal die Mitgliedstaaten regulieren sollten, z. B. die Einstellung politischer Parteien zu Strategien, die mehr Frauen in ihre Parteistrukturen einbinden. In dem Bericht werden jedoch auch andere wichtige Themen aufgegriffen, beispielsweise die Notwendigkeit der Erstellung vergleichbarer Statistiken über die Löhne von Männern und Frauen sowie die Bekämpfung der Diskriminierung.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wir haben für diesen Bericht gestimmt, weil wir seinen Inhalt befürworten. Wir sind uns jedoch bewusst, dass es sich lediglich um eine weitere Absichtserklärung des Parlaments handelt, die im Widerspruch zu den bereits getroffenen Politikmaßnahmen steht, die in einigen Fällen die Gleichberechtigung aushöhlen und die Diskriminierung verschärfen, zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt.
Wir begrüßen die Annahme eines Vorschlags, die Kommission aufzufordern, das Europäische Parlament über die erzielten Fortschritte in den verschiedenen Mitgliedstaaten in Bezug auf die Umsetzung der Aktionsplattform von Peking, zumindest im Bereich reproduktive und sexuelle Gesundheit, zu unterrichten und Statistiken für jeden einzelnen Mitgliedstaat zu veröffentlichen.
Außerdem hoffen wir, dass das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen die notwendigen Mittel erhält, damit es einen positiven Beitrag zur Förderung der Gleichberechtigung und dazu leisten kann, dass gewährleistet ist, dass Frauen mit der ihnen zustehenden Würde behandelt werden.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße den Initiativbericht des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über die Zukunft der Strategie von Lissabon im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter. Auch ich bin der Auffassung, dass Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung von Frauen sowie zum Abbau der anhaltenden Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern ergriffen werden müssen.
Im Bericht werden die Ungleichheiten hervorgehoben, die nach wie vor im Bereich der Beschäftigung, mit dem Lohngefälle, und bei Bildung und lebenslangem Lernen bestehen. Zudem wird geprüft, wie sich Berufs-, Familien- und Privatleben erfolgreich miteinander vereinbaren lassen.
Frédérique Ries (ALDE), schriftlich. – (FR) Beim Umgang mit Fragen der Gleichstellung muss man sich vor allem vor Augen führen, welche Fortschritte in mehr als einem Jahrhundert und seit den ersten Tagen der Emanzipationsbewegung erzielt werden konnten, doch auch daran denken, wie viel noch getan werden muss, damit die Geschlechtergleichstellung zu einem festen Bestandteil des Alltags wird.
Ich begrüße es daher, dass heute Mittag der Bericht von Frau Estrela angenommen wurde, der auf mehrere Formen der Diskriminierung verweist, denen Frauen ausgesetzt sind und die uns damit vor zahlreiche Aufgaben stellen. Ich möchte nur zwei nennen: das auf 16 % geschätzte Lohngefälle und die Beschäftigungsrate bei Frauen zwischen 15 und 24 Jahren, die trotz eines hohen Bildungsniveaus stagniert.
Um die Hemmnisse für die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt abzubauen, ist es natürlich erforderlich, mindestens bis zur Schulpflicht öffentliche und private Betreuungseinrichtungen für Kinder in ausreichender Zahl zu schaffen. Dies bedeutet auch, dass die Gleichberechtigung der Eltern in der Praxis verwirklicht werden muss. Für alle diese Verbesserungen im Alltag der Menschen muss sich die Europäische Union um die höchsten Standards bemühen, das Bewusstsein schärfen und sich bei Maßnahmen zur Gleichstellung am Erfolg der skandinavischen Länder orientieren.
Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Kommunistische Partei Griechenlands hat gegen den Bericht gestimmt, da er soziale Probleme der Arbeiterklasse benutzt, um kapitalistische Umstrukturierungen zu beschleunigen und auszudehnen, die beide Geschlechter betreffen.
Zur Bekämpfung der Frauenarbeitslosigkeit wird vorgeschlagen, „flexible Beschäftigungsformen“ auszuweiten. Um den Mangel an staatlichen Sozialfürsorgestrukturen zu beheben, wird vorgeschlagen, die Last auf die Familie abzuwälzen, allerdings in ausgewogener Weise. Das heißt, auch die Männer sollen auf Teilzeitbeschäftigung zurückgreifen, um das Defizit an staatlicher Fürsorge bei der Reproduktion und bei der Pflege von alten und behinderten Menschen auszugleichen, was dazu führen wird, dass Arbeiterfamilien schließlich nicht mehr in der Lage sein werden, elementare Bedürfnisse zu befriedigen.
Die so genannte Beseitigung der sexuellen Diskriminierung am Arbeitsplatz diente als Alibi für die Abschaffung von Rechten, die sich aus den besonderen Bedürfnissen von Frauen aufgrund ihrer reproduktiven Funktion ergeben.
Wir verurteilen die Diskussion über die Änderung der Geschlechterzusammensetzung in Gremien der Machtausübung als irreführend. Die Macht der Plutokratie wird nicht dadurch verändert werden, dass mehr Frauen in den Institutionen vertreten sind, die ihr zu Dienste stehen.
Die Probleme der Frauen sind im kapitalistischen System verwurzelt, das Frauen und Männer ausbeutet und das Geschlecht und das Alter dazu benutzt, die kapitalistische Politik auf beide Geschlechter auszudehnen.
Die Grundlage für die Gleichstellung kann nur im Rahmen der Volksherrschaft gelegt werden, in der der Reichtum des Volkes durch Produktion und die produzierten Erzeugnisse entsteht.
Luís Queiró (PPE-DE). – (PT) Im Zusammenhang mit der Abstimmung über die Postrichtlinie halte ich es für äußerst wichtig festzustellen, dass ein garantierter Universaldienst erhalten bleiben muss. Die Vollendung des Binnenmarktes bei Postdiensten muss nicht nur dem wirtschaftlichen Stellenwert des Sektors Rechnung tragen, sondern auch seiner unverzichtbaren territorialen und sozialen Dimension.
Die von der Post in jedem Mitgliedstaaten erbrachten lokalen Dienstleistungen spielen eine erhebliche soziale Rolle, auf die wir nicht verzichten können. Daher müssen wir der territorialen und sozialen Dimension der Postnetze besondere Beachtung schenken, wenn es darum geht, Entscheidungen über die Reformen in diesem Sektor zu treffen, da diese Entscheidungen weitreichende Folgen haben können, wenn die Postdienste vollständig für den Wettbewerb geöffnet werden. Deshalb halte ich es für unabdingbar, dass in der geplanten Studie untersucht wird, ob die Bestimmungen der Postrichtlinie zur Pflicht, einen Universaldienst zu erbringen, ausreichend klar sind, und ob für die Mitgliedstaaten ein angemessener Rahmen geschaffen wird.
Wir dürfen das Kernziel der Richtlinie, also die Gewährleistung eines Universaldienstes auf Gemeinschaftsebene, der ein Mindestangebot an Diensten einer bestimmten Qualität zu tragbaren Preisen umfasst, nicht gefährden.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Die Liberalisierung der Postdienste ist Teil der so genannten Lissabon-Strategie und hat die Öffnung des Sektors für Privatkapital zum Ziel. Oberstes Ziel ist es, diesen öffentlichen Sektor zu privatisieren, wobei man bei den rentabelsten Bereichen anfängt und „natürlich“ weiter mit öffentlichen Mitteln subventioniert (wie beim Beispiel des bei der Krankenhausverwaltung angewandten Modells).
Der Kampf der Arbeitnehmer in diesem Sektor und der der Menschen – ich beziehe mich insbesondere auf die zahlreichen Demonstrationen gegen die Schließung von Postämtern und für die Sicherung der Postzustellung – hat erfolgreich dazu geführt, dass dieser Prozess bei einigen seiner nachteiligsten Punkte verzögert und in einigen Fällen sogar aufgehalten wurde.
Zweck dieses Berichts des Europäischen Parlaments ist es, im Vorfeld neuer Initiativen der Kommission zur Ausweitung der Liberalisierung deren bisherige Auswirkungen in den EU-Mitgliedstaaten zu bewerten.
Im Bericht wird weder der laufende Liberalisierungsprozess kritisiert noch werden seine nachteiligen Folgen offen gelegt, wie etwa die Schließung von Poststellen, die Kürzungen bei der täglichen Hauszustellung und der Abbau von Arbeitsplätzen, ganz im Gegenteil. Es wird auch nicht die Liberalisierung des Sektors im Jahre 2009 in Frage gestellt, sondern stattdessen seine Öffnung und das Primat des Wettbewerbs in diesem Zusammenhang unterstützt.
Deshalb haben wir dagegen gestimmt.
Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. 1997 begann der Liberalisierungsprozess des europäischen Postmarktes, mit dem in den nunmehr 25 Mitgliedstaaten ein offener, für jeden Anbieter zugänglicher Markt geschaffen werden soll.
Unter dem Druck des Liberalisierungsprozesses des europäischen Postmarktes haben die nationalen Postgesellschaften begonnen, ihre Strukturen zu ändern und sich neu zu positionieren.
Trotz allen Fortschritts muss die Umsetzung der Richtlinie auf nationaler Ebene jedoch streng beobachtet werden. So kann es zum Beispiel nicht angehen, dass das österreichische Postgesetz unverhältnismäßig hohe Sanktionen bei Nicht-Nachrüstung von Hausbrief-Fachanlagen vorsieht. Dies kann nicht auf die EU-Postrichtlinie aus dem Jahre 2002 zurückgeführt werden, in welcher keine derartigen Sanktionen auf nationaler Ebene festgeschrieben sind. EU-Skepsis der Bürger, die wieder einzig Brüssel für diesen Zustand verantwortlich machen, wird durch solche Umsetzungspraktiken weiter geschürt.
Ich fordere die EU-Kommission auf, die Umsetzung der EU-Postrichtlinie vor allem auch im Hinblick darauf zu überwachen, dass geplante nationale Strafbestimmungen nicht unverhältnismäßig sind und das Funktionieren des Postmarktes nicht gefährden. Es sollte dies ebenfalls vorrangig in der nun anstehenden Prospektivstudie untersucht werden.
Ich begrüße daher den Initiativbericht des Parlamentes, da meine Forderung in dem Bericht Eingang gefunden hat.
- Entschließungsantrag zur Lage im Nahen Osten (RC-B6-0086/2006)
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Die Lage ist äußerst kompliziert, aber man sollte die Wahlergebnisse nicht benutzen, um das unverbrüchliche Recht des palästinensischen Volkes auf Freiheit, auf einen unabhängigen, souveränen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt und auf Widerstand gegen die Besatzung auszuhöhlen. Sie sollten auch nicht benutzt werden, um die finanzielle Hilfe für die palästinensische Autonomiebehörde in Frage zu stellen, die den grundlegendsten Bedarf des palästinensischen Volkes abdeckt, oder um das zunehmende militärische Engagement der USA im gesamten Nahen Osten zu stimulieren. Es ist nach wie vor wichtig, sich mit dem heldenhaften Kampf des palästinensischen Volkes und mit der nationalen Bewegung der Palästinenser solidarisch zu zeigen.
Abschließend möchte ich meiner Enttäuschung darüber Ausdruck geben, dass die Mehrheit im Parlament die von unserer Fraktion eingereichten Änderungsanträge abgelehnt hat, in denen Israel aufgefordert wurde, die UNO-Resolutionen und die Empfehlungen des Internationalen Gerichtshofes einzuhalten, und die darauf abstellten, das Folgende ganz oben auf unsere Prioritätenliste zu setzen: ein Ende des Stillstands im Friedensprozess, der Militärbesatzung, der Siedlungen, des Sperrzauns, von Tötungen, von Verhaftungen, der Verweigerung von Haftentlassungen, der Gewalt gegen das palästinensische Volk und der dramatischen Verschlechterung seiner Lebensbedingungen.
(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 163 Absatz 1 GO)
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe für den gemeinsamen Entschließungsantrag zur Lage in Palästina gestimmt. Wir fordern zwar zu Recht, dass die Hamas Israel anerkennt und dem Terrorismus ein Ende setzt, doch wir sollten das Ergebnis gerechter und freier demokratischer Wahlen nicht in Frage stellen. Die EU muss der palästinensischen Bevölkerung auch weiterhin Hilfe leisten und sich als Mitglied des Quartetts energisch für die Umsetzung des „Fahrplans für den Frieden“ einsetzen.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Wenn Demokratie ein unerwünschtes Ergebnis hervorbringt, dann ist man versucht, den Gedanken von sich zu weisen, dass ein solcher Ausgang möglich ist. Das ist verständlich, aber wenig hilfreich. Das Ziel von Demokratie muss sein, so effektiv zu wirken, dass Menschen davon abgehalten werden, sich solchen Bewegungen anzuschließen.
Es ist keineswegs sicher, dass in Palästina Demokratie herrscht, auch wenn dort jetzt reguläre Wahlen stattgefunden haben, und darauf sollte sich unser Augenmerk richten. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, die unter anderem eine friedliche Koexistenz mit anderen Ländern beinhalten, ohne dass man seinen Nachbarn zerstören will, und natürlich die Beendigung des Terrorismus – das müssen die Eckpfeiler unserer Politik in diesem Teil der Welt sein.
Unabhängig vom derzeitigen Charakter der Bewegung, die die palästinensischen Wahlen gewonnen hat, kommt es jetzt darauf an zu verlangen, dass die gewählte Regierung der palästinensischen Autonomiebehörde internationale Abkommen einhält und die für das friedliche Nebeneinanderbestehen zweier Länder notwendigen Regeln achtet, denn andernfalls wird es nicht möglich sein, den Palästinensern zu helfen. Auch wenn dieses Ergebnis den Willen der Menschen widerspiegelt, bleiben die potenziellen Folgen doch sehr ernst.
Alyn Smith (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Die Wahl der Hamas bringt den demokratischen Willen des palästinensischen Volkes zum Ausdruck, und obwohl ich grundlegende Vorbehalte gegen die Strategien dieser Organisation hege, steht außer Frage, dass sie die rechtmäßige Regierung bildet. Die Unterstützung der EU für den Friedensprozess kann und muss von weiteren Schritten in Richtung Frieden abhängig gemacht werden. Wenn wir unsere Unterstützung jetzt einstellen, würden wir das Risiko eingehen, eine Organisation vor den Kopf zu stoßen, mit der die Gemeinschaft weiterhin Kontakte pflegen muss. Kontinuierlicher Druck vonseiten der Gemeinschaft wird meines Erachtens zu einer langfristigen Lösung beitragen. Wir können uns jetzt nicht zurückziehen, weil uns einzelne Partner zuwider sind, mit denen wir zur Zusammenarbeit verpflichtet sind.
James Hugh Allister (NI), schriftlich. (EN) Ich habe heute für die Gemeinsame Entschließung zu Kuba gestimmt, obgleich ich es vorgezogen hätte, wenn darin die Aufhebung der Sanktionen im Jahre 2005 ausdrücklich bedauert worden wäre.
Es überrascht nicht, dass Kuba als Gesellschaft unter marxistischer Befehlsgewalt eine Bastion der Unterdrückung ist, in der Opposition im Keim erstickt und Freiheit verwehrt werden.
Es sagt viel über die totalitäre und marxistische Realität aus, die sich hinter der demokratischen Fassade verbirgt, dass Sinn Fein/IRA weiterhin eine Vertretung auf Kuba hat. Dies kam bekanntlich ans Licht, als sich deren Repräsentant, Niall Connolly, im Jahre 2001 nicht schämte, die Ausbildung von FARC-Rebellen in Kolumbien zu organisieren und gemeinsam mit anderen Personen durchzuführen.
Die Aufhebung der Sanktionen durch die Gemeinschaft im Jahre 2005 war ein völliger Misserfolg. Die Zahl der Menschenrechtsverletzungen ist gestiegen und nicht gesunken. Wie es eben so ist mit marxistischen Extremisten, ganz gleich ob Castro oder Sinn Fein; sie freuen sich über Zugeständnisse und machen so weiter, als ob nichts geschehen wäre. Meines Erachtens sollten wir endlich unsere Schlüsse daraus ziehen und gegen dieses abscheuliche Regime wieder härtere Geschütze auffahren.
Bastiaan Belder (IND/DEM), schriftlich. (NL) Wie aus den beiden mündlichen Anfragen sowie dem, im Übrigen angemessenen, Entschließungsantrag deutlich hervorgeht, lässt die Lage der Grundfreiheiten in Kuba noch sehr viel zu wünschen übrig.
Ein Thema, das ich herausstellen möchte, betrifft die Stellung der Hauskirchen. Durch die in der Richtlinie 43 und der Resolution 46 niedergelegten neuen Rechtsvorschriften sind alle aktiven Hausgemeinden registrierungspflichtig geworden. Registrierungsanträge führen regelmäßig zu äußerst komplizierten Verhandlungen mit den Behörden. Dabei müssen ausführliche Angaben über die Gemeindemitglieder und ihre Geistlichen gemacht werden. Diese neuen Rechtsvorschriften haben bereits zur Schließung mehrerer Hauskirchen geführt.
1992 haben die kubanischen Behörden die Verfassung dahingehend geändert, dass das Land von einem atheistischen zu einem säkularen Staat wurde. Das war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Neue Rechtsvorschriften lassen jedoch scheinbar eine Tendenz in Richtung erneuter Restriktionen erkennen. Während die kubanische Verfassung das Recht der Bürger auf Religionsfreiheit anerkennt, werden de facto zunehmend Beschränkungen auferlegt. Weshalb werden christliche Kirchen, auch diejenigen, die registriert sind, so strikt überwacht, kontrolliert und sogar infiltriert? Von echter Religionsfreiheit in Kuba kann wohl kaum die Rede sein.
Ich bitte den Rat und die Kommission, bei ihren Gesprächen mit den kubanischen Behörden auch diese Probleme anzuschneiden.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Ich habe gegen den Entschließungsantrag gestimmt, weil ich seinen Inhalt ablehne, der in keinster Weise die Rahmenbedingungen berücksichtigt, unter denen Kuba seit vielen Jahren zu leben gezwungen ist, nämlich das Embargo der USA und all die Angriffe, die Kuba erlitten hat.
Ebenfalls nicht zu finden ist ein Verweis auf das Bestehen der US-amerikanischen Basis in Guantánamo, wo die Bush-Regierung Gefangene ohne Anklage festhält und sich rücksichtslos über Menschenrechte und die Genfer Konvention hinwegsetzt.
Der Entschließungsantrag enthält auch keinen Verweis auf die fünf kubanischen Staatsbürger, die nach wie vor in den USA festgehalten werden und von denen einige keinen Besuch von Angehörigen empfangen dürfen, obwohl das Gericht von Atlanta das Urteil aufgehoben hat, das ursprünglich zu ihrer Haft führte.
Diese Haltung wird von der Mehrheit im Parlament geteilt, die damit mit zweierlei Maßstäben misst und der Linie der USA folgt, Menschen und Regierungen anhaltend unter Druck zu setzen, die ihren Anweisungen nicht Folge leisten und sich nicht unterwerfen.
Ebenso enttäuschend ist, dass kein einziges Wort über den wichtigen Beitrag verloren wird, den Kuba zur sozialen Entwicklung der Menschen Lateinamerikas und Afrikas leistet. Von dort gehen junge Leute nach Kuba, um eine schulische und berufliche Ausbildung zu erhalten, und Kuba entsendet Tausende Ärzte und Vertreter anderer Berufsgruppen in andere Länder.
(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 163 Absatz 1 GO)
Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Ich werde nur ungern für diesen Entschließungsantrag stimmen. Die Menschenrechtslage in Kuba ist keineswegs perfekt und in einigen Fällen hat sich die kubanische Regierung nur selbst geschadet, indem sie Vertretern der „Damen in Weiß“ vor kurzem nicht gestattet hat, an der Verleihung des Sacharow-Preises in Straßburg teilzunehmen. Und dennoch herrscht in Havanna kein Klima der Angst, wie ich es in Kaschmir oder kürzlich in Aceh erlebt habe.
Wir müssen Verhältnismäßigkeit wahren. Ja, in Kuba werden die Menschenrechte verletzt, aber nicht in dem Ausmaß, wie es mit den Todesschwadronen in Kolumbien oder mit der Anarchie krimineller Banden oder brutaler Politiker in Haiti der Fall ist, die mehr als 1 000 Menschen das Leben gekostet hat. Die Wahlen in der kommenden Woche werden hoffentlich ein erster Schritt sein, diese Situation zu beenden. Warum macht sich das Parlament nicht auch regelmäßig über diese und andere Menschenrechtsverletzungen außerhalb von Kuba Sorgen? Wo bleibt unsere Besorgnis angesichts der Lage im „besetzten“ Kuba, in Guantanamo Bay, wo die Situation Berichten zufolge weitaus schlimmer als in den schlimmsten kubanischen Gefängnissen sein soll?
Hélène Goudin (IND/DEM), schriftlich. (SV) Selbstverständlich sollte Kuba meines Erachtens eine parlamentarische Demokratie werden. Meiner Überzeugung nach ist Außenpolitik jedoch eine nationale Angelegenheit und stellen multilaterale Kanäle wie die UNO die einzig akzeptable Alternative zur Einflussnahme auf Länder dar, die sich nicht in der unmittelbaren Nachbarschaft der EU befinden.
Aus den oben genannten Gründen haben ich gegen den Entschließungsantrag gestimmt.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Zweihundert Worte werden keinesfalls ausreichen, um ein weiteres Manöver aufzulösen, das Teil der EU-Politik zur Isolierung und Diskriminierung Kubas ist, was den Forderungen der USA entgegenkommt.
Damit wir es nicht vergessen: Das ist dieselbe EU, die 1996 in ihrem Gemeinsamen Standpunkt einen Wechsel des politischen Systems in Kuba verlangte und sich damit in eine Angelegenheit einmischte, die allein Sache des kubanischen Volkes ist.
Die Mehrheit gerade in diesem Parlament kritisierte zynischerweise das Embargo der USA gegen Kuba, forderte aber auch die Fortsetzung der Sanktionen, die die EU gegen Kuba verhängt hat. Zudem bringt sie kein einziges Wort der Solidarität mit den fünf kubanischen Patrioten heraus, die in den USA dafür festgehalten werden, dass sie ihr Land gegen den Terrorismus verteidigen.
Auch wenn es der Mehrheit in diesem Hohen Hause weh tut, aber Kuba bedeutet für Millionen Männer und Frauen Hoffnung und Vertrauen auf ein anständiges Leben. Dieses Land hat trotz des Embargos 2005 das höchste Wirtschaftswachstum seit 45 Jahren erreicht, es wird den Vorsitz in der Bewegung der blockfreien Staaten übernehmen und Gastgeber für deren Gipfel 2006 sein, und es entsendet Tausende Ärzte, Lehrer und Trainer in andere Länder, keine Armeen zur Besetzung, Ausbeutung und Unterdrückung.
(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 163 Absatz 1 GO)
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Kuba ist der Beweis dafür, dass in der westlichen Welt nicht alle Mauern der Scham eingestürzt sind. Zwischen dem absurden Idealismus einiger und dem schamlosen Pragmatismus anderer gibt es noch diejenigen, die offenbar entschlossen sind zu vergessen, dass in Kuba keine Demokratie, keine Menschenrechte, keine Freiheit herrschen, nichts, was wir als wichtige Bausteine für unsere Gesellschaften betrachten würden. Keine unergründliche Romantik und kein Pragmatismus kann eine Änderung dieser grundlegenden Haltung rechtfertigen: eine konsequente Verurteilung Kubas und Forderungen nach Demokratisierung, ohne die es unmöglich sein wird, enge Bindungen mit dieser tyrannischen Regierung zu unterhalten.
Esko Seppänen (GUE/NGL), schriftlich. (EN) Ich habe für den Gemeinsamen Entschließungsantrag zu Kuba gestimmt, obgleich einige wichtige politische Sachverhalte nicht berücksichtigt werden.
Die Lage in Kuba ist hauptsächlich auf die US-Blockade und die aggressiven Drohungen der USA gegenüber Kuba zurückzuführen.
Ein erster Schritt bestünde darin, die Blockade und die Drohgebärden zu beenden, um eine bessere Ausgangslage für die Herstellung wirklich demokratischer Verhältnisse in Kuba zu schaffen.
Doch die aggressive US-Politik ist nicht der einzige Grund für die starken Einschränkungen von Meinungsfreiheit aund Demokratie in Kuba. Auch die kubanische Regierung trägt einen Teil der Verantwortung.
Ein Beispiel ist unter anderem die Entscheidung, die Gewinner des Sacharow-Preises, die „Damen in Weiß“, nicht zur Preisverleihung nach Straßburg reisen zu lassen.
Ich habe zwar für den Entschließungsantrag gestimmt, doch ich protestiere gegen das von der kubanischen Regierung gegen die „Damen in Weiß“ verhängte Reiseverbot.
Jonas Sjöstedt (GUE/NGL), schriftlich. (EN) Ich habe für den Gemeinsamen Entschließungsantrag zu Kuba gestimmt, obgleich einige wichtige politische Sachverhalte nicht berücksichtigt werden.
Die Lage in Kuba ist hauptsächlich auf die US-Blockade und die aggressiven Drohungen der USA gegenüber Kuba zurückzuführen.
Ein erster Schritt bestünde darin, die Blockade und die Drohgebärden zu beenden, um eine bessere Ausgangslage für die Herstellung wirklich demokratischer Verhältnisse in Kuba zu schaffen.
Doch die aggressive US-Politik ist nicht der einzige Grund für die starken Einschränkungen von Meinungsfreiheit und Demokratie in Kuba. Auch die kubanische Regierung trägt einen Teil der Verantwortung.
Ein Beispiel ist unter anderem die Entscheidung, die Gewinner des Sacharow-Preises, die „Damen in Weiß“, nicht zur Preisverleihung nach Straßburg reisen zu lassen.
Ich stimme trotz seiner Unzulänglichkeiten für den Entschließungsantrag, doch ich protestiere gegen das von der kubanischen Regierung gegen die „Damen in Weiß“ verhängte Reiseverbot.
Sahra Wagenknecht (GUE/NGL), schriftlich. Ich lehne die vorliegende Entschließung zu Kuba ab. Sie ist einseitig und wird nicht im Geringsten der komplexen kubanischen Realität gerecht. Kuba zu verurteilen heißt
– die Bemühungen Kubas um einen anderen Entwicklungsweg zu negieren, den es gegen vielfältige Widerstände verteidigt;
– zu ignorieren, dass Kuba beispielhafte Errungenschaften für seine Bevölkerung erreicht hat und trotz US-Embargo und gravierender wirtschaftlicher Schwierigkeiten bis heute aufrechterhält;
– zu verneinen, dass die andauernde Existenz des kubanischen Systems einen Hoffnungsschimmer für diejenigen in der so genannten Dritten Welt bedeutet, die die Verlierer einer markt- und profitorientierten globalisierten Welt sind.
Die vorliegende Entschließung reduziert den Menschenrechtsbegriff und ist in ihrer Instrumentalisierung von Menschenrechten Ausdruck einer unerträglichen Doppelmoral. Ziel der Entschließung ist es nicht, Menschenrechte zu verteidigen, Ziel ist es, das kubanische System zu verurteilen und einen Beitrag zu seiner Beseitigung zu leisten. Daran werde ich mich nicht beteiligen.
- Entschließungsantrag zur Haushaltsführung/EU (RC-B6-0074/2006)
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Die Ausführung des Gemeinschaftshaushalts, also sicherzustellen, dass politische Entscheidungen auch wirklich umgesetzt werden, ist eine äußerst wichtige Angelegenheit.
Leider wird das Haushaltsverfahren immer weniger transparent und zunehmend verwirrender, was es schwierig macht, den endgültigen Einsatzzweck von Mitteln festzustellen.
Die durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt und durch die Hauptbeitragszahler auferlegten Haushaltseinsparungen haben zur Folge, dass nach der Annahme des jährlichen Haushaltsplans der Gemeinschaft viele Schwerpunktbereiche unterfinanziert sind, was zu einer Strategie der Umverteilung und Kürzungen in allen Haushaltsrubriken sowie zahllosen Berichtigungshaushaltsplänen führt. Man unterstützt also in einigen Bereichen die Nichtausführung, um andere zu finanzieren, obwohl der Haushaltsplan verabschiedet wurde.
Auch Politiken und Instrumente wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt sind Faktoren bei der Nichtdurchführung. Hier können sich die Kommission und der Rat nicht von ihren Verantwortlichkeiten freimachen, wenn man die ständige Reduzierung von Zahlungen in Bezug auf Ermächtigungen betrachtet.
Die Durchführung auf der nationalen Ebene muss Hand in Hand mit der Festlegung nationaler Schwerpunkte vor Ort gehen, vor allem bei den Strukturfonds. Unabhängig von den Instrumenten, die gerade vorgeschlagen wurden, sollten unserer Meinung nach die Verhandlungen über die neue Finanzielle Vorausschau nicht von der Annahme der Vorschläge abhängig sein.
(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 163 Absatz 1 GO)
- Entschließungsantrag zu den Fischereiressourcen (RC-B6-0076/2006)
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) In dem Entschließungsantrag, über den wir soeben abgestimmt haben, wird die Notwendigkeit neuer Bewirtschaftungsmaßnahmen für den Mittelmeerraum hervorgehoben. Es ist stets darauf zu achten, dass der Grundsatz der Nachhaltigkeit der Fischressourcen gewährleistet ist, um sicherzustellen, dass die Fischereitätigkeit wirtschaftlich ist, dass die Flotten weiter arbeiten, Arbeitsplätze erhalten werden und die Fischereigemeinschaften entwickelt werden können.
Deshalb sind wir der Meinung, dass der Rat die Verordnung zur Bewirtschaftung verabschieden muss, zu der das Europäische Parlament jetzt seine Stellungnahme abgegeben hat.
Da jedoch die derzeitige Lage zur Diskriminierung bei den Fischern führen kann, die in anderen Gewässern tätig sind, muss unserer Ansicht nach eine effektive Dezentralisierung erfolgen, und die wichtigsten Betroffenen, nämlich die Fischer und ihre Verbände, müssen an den Bewirtschaftungsentscheidungen beteiligt sein, damit die praktischen Maßnahmen den konkreten Gegebenheiten jedes Fischereigebiets gerecht werden.
Wir sind ferner der Auffassung, dass die Verordnung zur Bewirtschaftung von Maßnahmen für einen notwendigen Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Verordnung selbst aus Gemeinschaftsmitteln begleitet sein muss. Alle Maßnahmen müssen auf Fischereiforschung basieren.
Alyn Smith (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Es gibt viele Fälle, in denen eine Europäische Union von 25 Staaten nicht sinnvoll ist und ein Einheitsansatz nicht mehr funktioniert – sofern dies jemals der Fall gewesen ist. Es gibt keinen Grund, warum ich als schottischer Abgeordneter dieses Hauses ein Mitspracherecht zur Mittelmeerregion haben sollte, und ich habe mich daher der Stimme enthalten. Die Gemeinschaft muss nach neuen Möglichkeiten suchen, um unseren Entscheidungen Legitimität zu verleihen. Wir können nicht an der Vorstellung festhalten, dass alle an allem gleichermaßen interessiert sind; das ist unhaltbar und schadet dem Ruf der EU.
Präsident. – Damit sind die Stimmerklärungen beendet.
10. Berichtigungen des Stimmverhaltens: siehe Protokoll