Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Aussprache über den Bericht von Thijs Berman im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates mit Mindestvorschriften zum Schutz von Masthühnern (KOM(2005)0221 – C6- 0190/2005 – 2005/0099(CNS)) (A6-0017/2006).
Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. – (EL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich den Mitgliedern der Ausschüsse danken, die sich mit diesem Thema befasst haben, und selbstverständlich möchte ich auch dem Berichterstatter, Herrn Berman, Dank sagen für die außerordentlich wertvolle Arbeit, die er geleistet hat, sowie für all die Anstrengungen, die er unternommen hat, um diese Initiative zu einem positiven Abschluss zu bringen.
Ich weiß, dass die Vorschläge, jetzt, da sie die Entscheidungsphase erreicht haben, nicht alle Seiten vollkommen zufrieden stellen können. Einige würden sich wünschen, dass wir uns mehr in die eine Richtung bewegen sollten, da sie vielleicht der Ansicht sind, wir seien nicht weit genug gegangen, während andere der Auffassung sein mögen, dass wir zurückhaltender sein sollten und wir bereits zu weit gegangen sind. Ich glaube jedoch, dass dieser Vorschlag, so wie er jetzt vorliegt, mit seinen zahlreichen Änderungsanträgen, ein ausgewogener, vernünftiger Vorschlag ist, der ein Gleichgewicht herstellt zwischen der Notwendigkeit der besseren Behandlung und des Wohlergehens der Tiere, insbesondere im Bereich der Hühnerhaltung, einerseits und der gleichzeitigen Berücksichtigung der finanziellen Kosten und Belastungen andererseits, die er für die Branche und die in diesem Bereich tätigen Unternehmen mit sich bringen könnte.
Wir sollten jedoch vor allem den engen Zusammenhang zwischen der ordnungsgemäßen Behandlung und der Gesundheit der Tiere nicht unterschätzen, und das ist gerade jetzt von besonderer Bedeutung, da wir über die Maßnahmen diskutieren, die geplant sind, um die Vogelgrippe, die nun auch - wenn auch nur bei Wildvögeln - in der Europäischen Union angekommen ist, zu bekämpfen. Im Gegenteil, wenn wir eine Politik der korrekten Behandlung der Tiere verfolgen, dann erhöht sich dadurch die Effektivität aller Schutzmaßnahmen, aller Vorkehrungen, die wir treffen, um ein Vielfaches. Die Überwachung funktioniert viel besser, und eventuell auftretende Gesundheitsprobleme werden viel besser erkannt, und das bedeutet in solchen Fällen unter praktischem Gesichtspunkt natürlich weniger Tierkrankheiten, weniger Todesfälle, weniger Hühner, die nicht verwendet werden können, und demzufolge geringere Verluste und niedrigere Kosten. Es könnte daher, oberflächlich gesehen, den Anschein haben, als gehe dies zu Lasten der Unternehmer, der Erzeuger, der Landwirte; tatsächlich bringt dies jedoch einen Nutzen, der zu Einsparungen führen und den Erzeugern finanzielle Vorteile bringen wird.
Zudem möchte ich kurz feststellen, dass die Weltbank kürzlich einen Bericht vorgelegt hat, in dem der finanzielle Nutzen der Anwendung einer Politik zum Wohle der Tiere erläutert und nachgewiesen wird, dass aus diesen Politiken auch ein finanzieller Vorteil erwächst.
Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist natürlich die Frage der Erzeugerbeihilfen. Es ist sehr wichtig, dass sie nicht die gesamten Kosten tragen müssen; die europäischen Verbraucher sind jedoch bereit, mehr zu zahlen, wenn sie wissen, dass bestimmte Produkte auf der Grundlage von Politiken erzeugt worden sind, die auf das Wohlbefinden und die ordnungsgemäße Behandlung von Tieren ausgerichtet sind. Die - vorerst freiwillige - Kennzeichnung - wir werden einen Bericht über die Kennzeichnungspflicht vorlegen - wird den Erzeugern die Möglichkeit geben, sich voll und ganz die Tatsache zunutze zu machen, dass sie eine Politik verfolgen, die von den europäischen Bürgern gut angenommen wird, und unseren Studien und Untersuchungen zufolge werden sie in der Lage sein, noch etwas mehr zu verlangen, da die europäischen Bürger bereit sind, mehr zu bezahlen. Selbstverständlich existiert auch eine generelle Strategie, die viele Vorschläge enthält, und zwar der strategische Plan für das Wohlbefinden von Tieren, der kürzlich von der Kommission angenommen wurde und bald Gegenstand einer Aussprache des Parlaments sein wird. Dieser Vorschlag ist dem Aktionsplan möglicherweise zuvorgekommen, doch er entspricht den Grundsätzen, der Philosophie und den Vorschlägen des Aktionsplans.
Abschließend möchte ich auf die allseits bekannte Frage der Welthandelsorganisation eingehen. Ich weiß, dass die europäischen Erzeuger häufig das Gefühl haben, gegenüber Drittländern im Nachteil zu sein. Es werden jedoch kontinuierliche Anstrengungen unternommen, um auf dem Weltmarkt Bedingungen und Voraussetzungen für das Wohlbefinden und die ordnungsgemäße Behandlung von Tieren einzuführen. Es ist nicht leicht, doch wir treiben dies voran. Die Tatsache, dass das Internationale Tierseuchenamt kürzlich Grundsätze zur ordnungsgemäßen Behandlung von Tieren angenommen hat, ist ein erster Schritt in diese Richtung, und wir werden unsere Bemühungen ebenfalls dahingehend verstärken.
Angesichts des sehr hohen Bewusstseinsgrades der europäischen Verbraucher sind wir jedoch der Ansicht, dass die Kennzeichnung den europäischen Erzeugern Vorteile bringen könnte. Es wird für sie nicht von Nachteil sein, eine Politik zu verfolgen, die auf das Wohlergehen der Tiere ausgerichtet ist. Im Gegenteil, dies wird ihnen Zugang zu dem sehr großen europäischen Verbrauchermarkt verschaffen.
VORSITZ: SYLVIA-YVONNE KAUFMANN Vizepräsidentin
Thijs Berman (PSE), Berichterstatter. – (NL) Frau Präsidentin! In dieser Woche wird das Europäische Parlament, wie ich hoffe, einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen europäischen Landwirtschaft setzen. Die Europäische Union muss die fünf Freiheiten der Tiere achten und in Gesetze fassen, nämlich die Freiheit von Durst, Hunger und Unterernährung, die Freiheit von mangelndem Komfort, die Freiheit von Schmerzen, Verletzungen und Krankheiten, die Freiheit, ein normales Verhalten zu zeigen und die Freiheit von Angst und Stress. Diese Richtlinie entspricht diesen Freiheiten, und das ist höchste Zeit.
Vor allem der europäische Verbraucher und Bürger verlangt Achtung vor Tieren und ist – in immer mehr Ländern – bereit, dafür einen angemessenen Preis zu zahlen. Begrüßenswert ist es, dass die Kommission vor drei Wochen den Aktionsplan zum Schutz und Wohlbefinden der Tiere auf den Weg gebracht hat. Derartige Vereinbarungen und Vorschriften sollten auf europäischer Ebene festgelegt werden, denn sonst treten die Mitgliedstaaten auf Kosten des Wohlergehens der Tiere miteinander in den Wettbewerb.
Die Hauptsorge des europäischen Verbrauchers auf dem Gebiet des Tierschutzes gilt derzeit dem Wohlbefinden von Masthühnern. Berichte über eine Überbesetzung in den Ställen und über Zuchtmethoden, die eher auf ein immer schnelleres Wachstum als auf eine starke Knochenstruktur und eine Stärkung von Herz und Lungen ausgerichtet waren, haben dem Nahrung gegeben. Durch schlechte Streu erleiden zu viele Tiere Verletzungen an Beinen und Brust. Mit meinem Bericht und den zugehörigen Änderungsanträgen hat der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung eine unmissverständliche Botschaft an die Kommission und den Rat zugunsten von artgerechter Haltung und Qualitätskriterien, aber auch zugunsten einer gewissen Flexibilität gegenüber den Geflügelzüchtern übermittelt. Außerdem war ich bemüht, in meinem Bericht zwei Grundsätze zu verankern, die sich noch nicht in der Richtlinie fanden.
Erstens darf genetische Selektion, das Züchten von Tieren zum Erzielen bestimmter Merkmale, niemals das potenzielle Wohlergehen einer Tierart einschränken oder bedrohen. Dieser Grundsatz muss Eckpfeiler jeder Richtlinie über das Wohlergehen von Tieren sein.
Zweitens dürfen wirtschaftliche und soziale Erwägungen keinen Vorrang vor dem Wohlergehen von Tieren haben. Von diesem Prinzip aus gesehen ist es logisch, gewisse Kriterien für die Qualität von Hühnerställen festzulegen. Diese Kriterien erfüllen Geflügelhalter, die etwas auf sich halten, schon seit langem, weil sie die Sterblichkeitsraten senken und damit den Ertrag steigern. Wie Kommissar Kyprianou bereits ausgeführt hat, liegt das Wohlbefinden der Tiere im wirtschaftlichen Interesse der Geflügelhalter.
Die Richtlinie sorgt zudem für professionelle und tägliche Kontrollen der Gesundheit und des Wohlbefindens, was besonders heutzutage eine wichtige präventive Maßnahme gegen Tierkrankheiten darstellt. Nichtsdestotrotz braucht Geflügel mehr Raum, als ihm oft zugestanden wird. Der Änderungsantrag, den Frau Jeggle und ich eingebracht haben, sieht vor, dass die Höchstbesatzdichte des Geflügels pro Quadratmeter in den paar Tagen unmittelbar vor dem Transport zum Schlachthof auf 38 kg pro Quadratmeter und bis 2013 auf 34 kg sinken muss.
Zahlreiche EU-Mitgliedstaaten bewegen sich schon jetzt an dieser Grenze oder liegen darunter. Änderungsanträge, die eine noch geringere Dichte fordern, befürworte ich nicht. Obgleich Sachverständige glauben, das Wohlergehen von Tieren sei oberhalb einer Dichte von 30 kg pro Quadratmeter stärker gefährdet, stellt dies mit Sicherheit keine absolute Grenze dar, oberhalb deren Katastrophen eintreten könnten. Bei mehr als 30 kg pro Quadratmeter hängt alles von einer guten Tierhaltung ab, und eben darauf darf dieses Haus vertrauen. Deshalb sollten die Regeln gegenüber den Landwirten flexibel angewendet werden. Qualitätskriterien und Sanktionen gehen Hand in Hand, jedoch sollten diese verhältnismäßig sein und zu einer besseren Tierhaltung anspornen. Es ist nicht zielführend, härtere oder längere Strafen als absolut notwendig zu verhängen.
Gegner dieser Richtlinie behaupten, der weltweite Wettbewerb mache derartige Normen für das Wohlergehen von Tieren unmöglich, weil in Europa strengere Anforderungen auferlegt werden als in außereuropäischen Ländern. Eigentlich trifft das nicht zu. Brasilien, unser größter Wettbewerber in der Geflügelindustrie, erfüllt diese Richtlinie schon jetzt. Selbst wenn Europa Tiere bei unzureichendem Tierschutz an seinen Grenzen stoppte, würde brasilianisches Fleisch mühelos passieren.
Folglich wird die europäische Industrie Kosteneinsparungen und mithin eine breitere Nutzung von Größenvorteilen oder die Erzeugung von frischem Fleisch hoher Qualität in der Nähe des europäischen Verbrauchers in Betracht ziehen müssen. Was diese Richtlinie anregt, zeichnet sich, wie wir beobachten können, bereits als Trend ab. Das heißt jedoch nicht, die Kommission sollte den Tierschutz innerhalb der Welthandelsorganisation nicht auf die Agenda setzen, und das energischer als derzeit. Ich habe die Kommission hierzu befragt. Welche Möglichkeiten bietet das GATT-Abkommen für den Tierschutz? Artikel XX dieses Abkommens zufolge sollen Einfuhrbeschränkungen für den Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Personen und Tieren oder die Erhaltung des Pflanzenwuchses aus moralischen Gründen gerechtfertigt sein. Diesen Weg müssen wir weiterhin beschreiten.
Europa braucht konkrete Ergebnisse, damit seine Bürger wieder Vertrauen in die EU schöpfen. Nachhaltige Entwicklung zählt zu den Gebieten, auf denen die EU punkten kann. Tierschutz ist Bestandteil dessen, und deshalb muss diese Richtlinie zügig umgesetzt werden.
(Beifall)
Åsa Westlund (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. – (SV) Frau Präsidentin! Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit begrüßt natürlich den Vorschlag der Kommission über Gemeinschaftsvorschriften für Masthühner, vor allem weil er deutliche Verbesserungen für den Tierschutz beinhaltet, aber auch weil wir einen funktionierenden Binnenmarkt anstreben.
Das große Problem beim Vorschlag der Kommission liegt jedoch darin, dass er in Sachen Tierschutz nicht weit genug geht. Gemäß den Schlussfolgerungen des Wissenschaftlichen Ausschusses für Tiergesundheit und Tierschutz, die unserem Beschluss zugrunde lagen, muss beispielsweise die Besatzdichte unter 25 Kilogramm liegen, um schwere Verletzungen und unnötiges Leiden zu vermeiden. Im Einklang damit haben viele Abgeordnete Änderungsanträge gerade zur Besatzdichte und zum Punktesystem für Fußballendermatitis eingebracht. Diese Änderungen sind notwendig, wenn wir den Tierschutz garantieren wollen.
Wir Abgeordnete des Europäischen Parlaments müssen die Expertenmeinung ernst nehmen und dem Rat zeigen, dass wir eine Verschärfung des Kommissionsvorschlags hinsichtlich des Tierschutzes wollen. Das ist im Moment das Wichtigste, und nicht unbedingt die Details unserer Änderungsanträge. Darum hoffe ich, dass eine Mehrheit in diesem Hause morgen für diese Änderungen stimmt, die, wie gesagt, nachdrückliche Unterstützung im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit erhalten haben. Eine breite Mehrheit – von rechts und von links – hat dafür gestimmt.
María Esther Herranz García, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! Ich muss Herrn Berman beglückwünschen und ihm für seine Arbeit danken, denn seine politische Position war sehr konstruktiv und realistisch und hat es uns ermöglicht, eine gemeinsame Formel für die unterschiedlichen Positionen zu finden, die von den Abgeordneten vorgetragen wurden.
Dieser vom Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung angenommene Berichtsentwurf über die neue Richtlinie zum Schutz von Masthühnern ist ausgewogen, denn er berücksichtigt die Produktionspraktiken der meisten Mitgliedstaaten.
Der entscheidende Punkt dieses Berichts ist die Besatzdichte, wie Sie wissen. Nach den Informationen, die ich eingeholt habe, sind die im Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung genannten Besatzdichten in den meisten europäischen Regionen mehr als akzeptabel, aber sie könnten in ganz spezifischen Gebieten der Union zu einigen Problemen führen.
Als Berichterstatterin habe ich versucht, die Meinung der Mehrheit wiederzugeben, und was im Übrigen die Änderungsanträge betrifft, so möchte ich Sie darauf hinweisen, dass ich nicht die Absicht habe, die meisten von ihnen zu unterstützen. Ich glaube allerdings, dass der Änderungsantrag 42 einem in höchstem Grade gerechtfertigten politischen Anliegen entspricht, nämlich der Ausdehnung der in der Europäischen Union geltenden Mindestvorschriften auf Importe aus Drittländern.
Was den Änderungsantrag 44 angeht, der die Einführung einer Etikettierung für jenes Fleisch aufhebt, das der neuen Richtlinie für den Schutz von Masthühnern unterliegt, muss ich Ihnen sagen, dass dies im Widerspruch zu der Notwendigkeit steht, diesen Produkten einen Mehrwert zu verleihen, um die Anstrengungen der europäischen Produzenten besser sichtbar zu machen.
Die Europäische Union hat in den letzten Jahren eine Vielzahl Rechtsvorschriften erlassen, um den Tierschutz zu verbessern und auf eines der Anliegen der europäischen Öffentlichkeit einzugehen. Auf diese Weise haben wir, manchmal auf die Gefahr hin, die Lebensfähigkeit des Sektors aufs Spiel zu setzen, eine wesentliche Verbesserung des Schutzes von Legehennen, Kälbern und Zuchtsauen erreicht.
Wir müssen anerkennen, dass diese Maßnahmen zu einer Verbesserung der Qualität der Produkte für den europäischen Verbraucher führen dürften, und diese Qualität muss von einer wirksamen Politik im Bereich Etikettierung begleitet werden.
Allerdings wird eine Unterstützung der eingereichten Änderungsanträge, von denen die meisten die Rechtsvorschriften unnötig verschärfen, in manchen Regionen Anpassungsprobleme verursachen.
Marc Tarabella, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin! Diese Angelegenheit entspricht der Vorstellung, dass sich die Europäische Union im Bereich Tierschutz von ihren Konkurrenten abheben sollte.
In diesem Zusammenhang möchte ich zuallererst den Berichterstatter Thijs Berman würdigen, der versucht hat, einen Kompromiss zwischen den allzu ungleichen Ansichten zu finden. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Schwerpunkt hauptsächlich auf ein Kriterium gelegt wurde, nämlich das der Besatzdichte. Wir sollten es kritisieren, dass im Kommissionsvorschlag die automatische Aufzeichnung einiger Daten empfohlen wird, was kleine Erzeuger wohl schwer in Betracht ziehen und als Teil ihrer Kosten abschreiben können. Aber kommen wir auf die Besatzdichte zurück, das Kriterium, um das es in erster Linie geht.
Ein erster wirtschaftlicher Ansatz in der Wallonischen Region zeigt, dass, wenn man von einem durchschnittlichen Einkommen von 72 Cent pro Kilo ausgeht, der Verlust am Jahreseinkommen für ein 1000 Quadratmeter großes Gebäude schätzungsweise bei 55 % liegen würde, wenn die Besatzdichte 30 kg pro Quadratmeter beträgt, und bei 24 %, wenn die Besatzdichte 38 kg pro Quadratmeter beträgt. Dieser geschätzte Einkommensverlust ist für den Sektor untragbar. Die geplante Stilllegung zahlreicher Betriebe in Europa und eine stagnierende oder steigende Nachfrage der Verbraucher werden zwangsläufig die Einfuhren aus Ländern begünstigen, die weit davon entfernt sind, unsere Normen anzuwenden, geschweige denn sie in Betracht zu ziehen. Der Tierschutz würde auf der ganzen Linie verlieren.
Obwohl ich aus diesen Gründen für die Argumente des Berichterstatters empfänglich bin, die darauf abzielen, die europäische Landwirtschaft in die Richtung einer nachhaltigen Landwirtschaft zu entwickeln, möchte ich abschließend zwei grundlegende Aspekte herausstellen. Erstens bedeutet die Ausrichtung auf mehr Qualität zusätzliche Kosten für die europäischen Erzeuger. Dieser Unterschied muss durch Labels herausgestellt und zur Geltung gebracht werden, um einen Preisunterschied umzusetzen und zu erklären, den der Teilnehmer einer Eurobarometer-Umfrage - der zugleich Verbraucher ist - zu zahlen bereit sein muss. Den großen Einzelhandelsunternehmen fällt in dieser Hinsicht eine Schlüsselrolle zu.
Zweitens - und abschließend - ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, damit die Europäische Kommission mit Hilfe von internationalen Organisationen wie dem Europarat oder dem Internationalen Tierseuchenamt eine größere Akzeptanz der Tierschutzpolitik auf Ebene der Welthandelsorganisation (WTO) durchsetzen kann.
Jan Mulder, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Herrn Berman beglückwünschen. Obgleich es sein erster Bericht ist, hat er meines Erachtens bei seiner Arbeit große Sorgfalt walten lassen. Was den eigentlichen Bericht betrifft, muss ich Ihnen mitteilen, dass ich in diesem Haus niemanden kenne, der gegen das Wohlbefinden der Tiere ist, jedermann ist selbstverständlich dafür. Dennoch habe ich meine Zweifel an diesem Vorschlag, denn ich halte ihn für verbesserungswürdig.
Zunächst legt er für die gesamte Europäische Union dieselben Normen fest, und ich könnte mir vorstellen, dass in einem kalten Klima wie in Finnland oder in einem völlig anderen Klima wie in Italien sehr unterschiedliche Normen für die Besatzdichte gelten sollten. In der Praxis liegen die Dinge möglicherweise schon anders. Die Kommission trägt dem in keiner Weise Rechnung, und, wie mein Vorredner bereits angemerkt hat, eine wirtschaftliche Analyse haben wir noch nicht gesehen. Es lässt sich zwar recht einfach sagen, die sozialen und wirtschaftlichen Prioritäten dürften nie Vorrang vor dem Wohlbefinden von Tieren haben, doch müssen einige Menschen nach wie vor ihren Lebensunterhalt damit verdienen; wie sehen die Folgen im Einzelnen für sie aus? Hat die Kommission eine Vorstellung?
Hauptsächlich kommt es natürlich auf einen Verhaltenskodex an, wie von nicht wenigen bereits ausgeführt wurde, darunter auch von dem Kommissar, obgleich er mich nicht ganz zu überzeugen vermochte. Wenn wir die so genannten Nichthandelsaspekte herausstellen, erscheint es mir nicht eben vernünftig, inmitten der Gespräche in der Welthandelsorganisation noch einen neuen Vorschlag vorzulegen, ohne mit Sicherheit zu wissen, dass die Importeure dem entsprechen. Weshalb erörtert die Kommission das Thema eines Verhaltenskodexes nicht so bald als möglich mit den Supermärkten und anderen großen Importeuren?
Wo ist die Logik, wenn europäischen Erzeugern erzählt wird, sie müssten diese und jene Normen erfüllen, während diversen Supermärkten unbegrenzt Einfuhren aus der übrigen Welt gestattet sind, ohne dass die Kommission fordert, dies irgendwie zu kontrollieren? Wir kontrollieren nur auf Salmonellen oder was auch immer, aber das Wohlbefinden der Tiere kontrollieren wir nie. Das sollte die Kommission machen, und gerade das sucht man in diesem Vorschlag vergebens.
Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Der Berichterstatter hat in seiner Begründung geschrieben: „Jeder Landwirt, der etwas auf sich hält, hat Achtung vor seinen Tieren.“ Offensichtlich muss es auch welche geben, die mit dieser Achtung so weit nicht sind, sonst müssten wir keine gesetzliche Vorschrift verabschieden. Ich denke, das Problem ist auch, dass viele, die in dieser Hühnchenmast tätig sind, gar keine Landwirte mehr sind, sondern Industrielle, die ihr Kapital unabhängig von der Frage der Achtung vor dem Leben verwerten. Wenn wir sehen, wie in der Züchtung gearbeitet wurde, Herr Berman, dann müssen wir feststellen, dass nicht das Wohlergehen der Tiere im Vordergrund gestanden hat, sondern die Verwertbarkeit im Sinne eines höchstmöglichen Profits.
Wenn man sich diese Ställe ansieht, dann ist es dringend erforderlich, dass wir zu einer gesetzlichen Regelung kommen. Da sind wir einer Meinung. Nur denke ich, wir müssen aufpassen, dass wir mit dieser Richtlinie und dieser Verordnung nicht auch noch dieser industriellen Produktion Vorschub leisten. Es ist nämlich ein Problem, dass in diesen Ställen nach außen hin oft Gesundheit herrscht, aber nur deswegen, weil sie unter dem Mantel der prophylaktischen Impfungen und Medikamentierungen stehen. Das führt dazu, dass zwar ein Ausbruch verhindert wird, dass dies aber die Keimzellen sind für Variationen, wie wir sie jetzt zu beklagen haben oder die wir im Bereich der Vogelgrippe befürchten. Von daher ist die Tatsache, dass jetzt für freilaufende Tiere Schutzmaßnahmen ergriffen werden, besonders problematisch, weil das diejenigen Tiere sind, die aufgrund ihrer artgerechten Haltung noch am stärksten Widerstand gegen Krankheiten entwickeln.
Wir müssen gut aufpassen, dass nicht die Falschen getroffen werden, und wir müssen sehen, dass auch die besonderen Märkte, die durch diese Tiere bedient werden, die höherpreisig sind und von den Menschen angenommen werden, dabei nicht zum ökologischen Schaden der Bauern kaputtgewirtschaftet werden.
Kartika Tamara Liotard, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin! Obgleich Herrn Bermans Bericht alles in allem die rechte Balance zwischen der Bedeutung des Wohlbefindens der Tiere und den Interessen des Agrarsektors findet, möchte ich dafür plädieren, dass die Belange der Hühner doch noch ein wenig mehr in den Vordergrund gerückt werden, was die Besatzdichte betrifft.
Deshalb möchte ich alle Kolleginnen und Kollegen auffordern, wenn sie morgen zur Abstimmung nach unten fahren und unbequem, dicht an dicht gedrängt im überfüllten Fahrstuhl stehen, sich einmal vorzustellen, dass sich weitere zehn Leute hineinquetschen und Sie dieses Gefühl nur eine Minute verspüren, und einen Gedanken auf ein industriell produziertes Masthuhn zu verwenden, das dies sein ganzes erbärmliches Leben lang aushalten muss. Bitte führen Sie sich dieses Bild vor Augen, wenn Sie morgen auf Ihren Stimmknopf drücken.
Morgen haben wir die Chance, einen entscheidenden Schritt zu einem tierfreundlicheren Europa zu setzen. Lassen Sie uns diese Möglichkeit beim Schopfe packen, nicht nur des Wohlbefindens der Tiere wegen, sondern auch unserer eigenen Menschlichkeit zuliebe.
Jeffrey Titford, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Dieser vor Geist nur so sprühende Bericht bringt es auf 48 Seiten. Er ist ein wahres Meisterstück, angefüllt mit bürokratischem Kauderwelsch und hinlänglich bekannten Feststellungen. Die Verfasser bescheren uns meisterhafte Formulierungen wie „Die regelmäßige Kontrolle der Betriebe durch die für den Tierschutz zuständigen Überwachungsbehörden würde zu einer erheblichen Belastung der Abläufe in den Betrieben und einer Aufblähung der Behörden führen. Dadurch käme es zu erheblichen zusätzlichen Kosten. Diese lassen sich durch unregelmäßige, nach dem Zufallsprinzip durchgeführte Kontrollen eindämmen.“ Lassen Sie sich diese ganz besonders kostbare Erkenntnis in aller Ruhe auf der Zunge zergehen.
Dieses Parlament produziert am laufenden Band ähnliche Belanglosigkeiten, die von Menschen ausgearbeitet werden, die nicht im Entferntesten wissen, wie es in der wirklichen Welt aussieht, in der ganz reale Menschen diese neuen Vorschriften in die Praxis umsetzen müssen und trotzdem noch Gewinn machen wollen. Die Verfasser dieses Berichts wollen nicht nur, dass diese neue Regelung für Geflügelfleischproduzenten in allen 25 Mitgliedstaaten gilt, sie stellen auch klar, dass sie von Nicht-EU-Ländern dasselbe erwarten. Ganz schön gewagt, wenn Sie mich fragen!
In meiner Heimat sind die Standards für den Tierschutz und die Tierhaltung bereits sehr hoch und werden streng kontrolliert. Wir brauchen keine supranationale bürokratische Diktatur, die uns sagt, wie wir mit unseren Hühnern umgehen sollen. Die Verfasser dieses Berichts haben ein Ei gelegt, und ich würde vorschlagen, dass sie Rührei daraus machen.
(Beifall von der IND/DEM-Fraktion)
Janusz Wojciechowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Die Verordnung, über die wir heute debattieren, beinhaltet strenge Normen für die Aufzucht und das Wohlbefinden von Masthühnern, und diese Normen sind notwendig. Wir sollten uns in der Europäischen Union dafür einsetzen, dass Tiere so human wie möglich behandelt werden. Das gilt vor allem für Masttiere wie zum Beispiel Masthühner.
Wir sollten den Tieren unnötiges Leiden ersparen und sie aus Achtung vor den Normen unserer Zivilisation human behandeln. Das sollten wir auch mit Blick auf unsere eigene Gesundheit tun. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass das Fleisch von Tieren, die unter schlechten Bedingungen gehalten werden und ständigem Stress ausgesetzt sind, einfach nicht so gesund ist. Hier geht es jedoch um ein ganz anderes Problem. Die strengen Normen der Verordnung gelten für die Produzenten von Masthühnern in der Europäischen Union, nicht jedoch für Importeure. Es ist kostspielig, einen hohen Standard aufrechtzuerhalten, und deshalb kann das Fleisch unserer Erzeuger im Wettbewerb mit dem Fleisch von Erzeugern außerhalb der Union nicht bestehen. Sie exportieren Fleisch von Geflügel auf den europäischen Markt, dessen Aufzucht in Ländern erfolgt, in denen solche strengen Normen nicht garantiert sind. Vielen europäischen Erzeugern von Masthühnern droht der Bankrott, weil sie wegen der strengen EU-Normen, die sie einzuhalten haben, nicht mehr hinreichend wettbewerbsfähig sind.
Dieselben Standards wie für das in der Union produzierte Fleisch müssen auch für Importe gelten, und zwar nicht nur zum Wohl der Masthühner, sondern auch zum Wohl ihrer Erzeuger und vor allem der Verbraucher. Der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung hat einen Änderungsantrag der Fraktion Union für das Europa der Nationen angenommen, in dem die Europäische Kommission aufgefordert wird, diese strengen Normen auch bei importiertem Fleisch durchzusetzen.
Dieser Grundsatz sollte meines Erachtens überall Anwendung finden, nicht nur bei Geflügel, sondern bei allen landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Gemeinschaftserzeuger und Importeure müssen dieselben Normen einhalten.
Jean-Claude Martinez (NI). – (FR) Frau Präsidentin! Masthühner vor der Barbarei der Massentierhaltung zu bewahren, das befürworten wir natürlich alle. In diesem Saal habe ich bereits mehrfach die skandalösen Praktiken industrieller Zuchtbetriebe angeprangert, in denen bis zu 80 Millionen männliche Küken bei lebendigem Leibe verbrannt wurden, um die Betriebe zu heizen. Ich habe das Schlachten mit elektrischer Betäubung verurteilt, bei der die Hühner in Wirklichkeit nicht vollständig betäubt werden, sodass sie noch leben, wenn sie in heißes Wasser getaucht werden: Sie werden überbrüht, damit sie gerupft werden können!
Wir sind uns also alle darin einig, dass Regeln benötigt werden. Wenn die europäischen Landwirte jedoch die Richtlinie lesen, was sehen sie dann? Sie sehen, dass das Masthuhn täglich zwei ärztlichen Untersuchungen unterzogen wird, die von einem Tierarzt durchgeführt werden, der höchstens drei Meter vom Huhn entfernt sein darf; die Stallungen müssen eine flimmerfreie Beleuchtung mit einer Lichtintensität von 50 lux, 20 lux oder 100 lux - niemand weiß es so recht - auf Augenhöhe der Tiere aufweisen; die Raumtemperatur der Stallungen darf die Außentemperatur bei Schattenmessung nicht um mehr als drei Grad Celsius übersteigen; die Einstreu muss fünf Zentimeter dick sein; man braucht ein Diplom, um Hühner zu halten und um Küken zu kastrieren, die weniger als zehn Tage alt sind; die Fußballen der Hühner müssen untersucht und die Dichte der Hühner auf 28, 30, 35 oder 42 Kilogramm pro Quadratmeter begrenzt werden, jedoch wird nicht gesagt, ob hier ein Kilo Lebendgewicht oder metabolisches Körpergewicht gemeint ist.
Währenddessen werden in Nigeria Tausende Hühner geschlachtet, und die Vogelgrippe wird 1,1 Milliarden afrikanische Hühner vernichten. All dies, weil wir nicht die 800 Millionen Euro auftreiben konnten, die es ermöglicht hätten, jedem afrikanischen Huhn die zwei erforderlichen Impfstoffe zu verabreichen, die 40 Cent pro Dosis kosten. Ich könnte hier auch etwas schwarzen Humor betreiben. Angesichts dieser Fülle von Vorkehrungen, die weißen Hühnern vorbehalten sind, während schwarze Kinder an Lepra, Aids und Tuberkulose sterben, wird der kleine Afrikaner eines Tages sagen: „Wenn ich einmal groß bin, werde ich nicht Feuerwehrmann, sondern Masthuhn in Europa!“
In der Zwischenzeit werden beispielsweise unsere bretonischen Zuchtbetriebe nach Brasilien - dem derzeitigen Marktführer in Geflügelzucht - ausgelagert, wo nicht nur die Hühner ungeschützt sind, sondern auch die Kinder. Letztere werden wie Sklaven behandelt, um das Funktionieren der brasilianischen Betriebe zu sichern. Besonders problematisch sind die Bananenplantagen, wo Achtjährige vor Erschöpfung auf Kartons einschlafen und mit Pflanzenschutzmitteln in Berührung kommen, von denen ihnen schwindelig wird – und das alles für zwei Dollar am Tag! Nun gut, jeder hat seine eigene Werteordnung. Manche entscheiden sich für weiße Hühner, ich hingegen entscheide mich für die Kinder in Afrika und Asien. Dahin führt also die Torheit, wenn man tugendhaft handeln will, und mit dieser Richtlinie stellen wir uns gerade dumm an!
Elisabeth Jeggle (PPE-DE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte zuerst dem Berichterstatter Herrn Berman sehr herzlich für seine Arbeit danken. In der Europäischen Union werden jährlich rund 5 Milliarden Masthähnchen geschlachtet. Die große Herausforderung dieses Berichts ist es, die Balance zwischen dem notwendigen Tierschutz und dem Erhalt von Arbeitsplätzen in einer wirtschaftlichen Produktion von Masthähnchen zu finden.
Ohne Zweifel ist es richtig, wenn wir mit einem gemeinsamen Vorschlag die Haltungsbedingungen für Masthühner in der EU verbessern und angleichen. Dies ist auch bei Züchtern und Haltern unstrittig.
Auch ich unterstütze den Bericht, aber die Erzeuger haben heute schon geringste Gewinnspannen. Bei höheren innergemeinschaftlichen Standards stellt sich insbesondere das Problem der Importe aus Drittstaaten, die weit unter unserem Standard produzieren. Deswegen fordere ich die Einführung einer europaweit harmonisierten, aussagekräftigen und verbindlichen Etikettierungsregelung, die auf der Einhaltung von Schutznormen beruht.
Ich fordere zweitens, dass bei künftigen WTO-Verhandlungen bestimmte Standards bei Haltung und Produktion von Masthühnern und auch anderen landwirtschaftlichen Produkten eingefordert werden. Der hohe EU-Standard in der Nahrungsmittelproduktion soll zum Vorteil für die Produzenten in der EU werden. Wir wollen Tierschutz; wir dürfen es dabei aber nicht zulassen, dass unsere Produzenten benachteiligt werden.
Auch die aktuelle Bedrohung durch die Vogelgrippe sagt uns, dass wir Wert auf sichere, ausreichende und wirtschaftliche Masthähnchenproduktion in Europa legen müssen.
María Isabel Salinas García (PSE). – (ES) Frau Präsidentin! Der Tierschutz ist in den landwirtschaftlichen Betrieben traditionell eine Frage der Ethik. Aufgrund zahlreicher Lebensmittelkrisen ist er nun auch zu einem Thema der Volksgesundheit geworden. Deshalb benötigen wir dringend spezifische Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet. Ich glaube, das ist ein Punkt, in dem wir in dieser Debatte alle übereinstimmen.
Doch bei ihrer Erarbeitung sollten wir mit den Füßen auf dem Boden bleiben. Wir müssen einen tragfähigen und glaubwürdigen Vorschlag erarbeiten und dürfen uns nicht auf nutzlose Gesten beschränken, die den Eindruck vermitteln, dass sie mit den derzeitigen Zahlen des Rates nicht übereinstimmen.
Daher bin ich der Ansicht, dass der Bericht von Herrn Berman, den ich beglückwünsche, unter steter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse eine echte Sorge um den Tierschutz mit der notwendigen Flexibilität bei ihrer Anwendung kombiniert, die es den Erzeugern ermöglicht, die vorgeschlagenen Maßnahmen zu akzeptieren und sich ihnen anzupassen. Auf der einen Seite werden Maßnahmen empfohlen, die jene Praktiken unterbinden, die zu einem sinnlosen und unnützen Leiden der Tiere führen, und für den am heftigsten diskutierten und widersprüchlichsten Punkt – die Besatzdichte – werden glaubwürdige und anwendbare Zahlen festgelegt, die einen wichtigen Fortschritt auf diesem Gebiet bedeuten und für den Rat akzeptabel sind. Ich denke, wir müssen Verantwortungsgeist zeigen – und das haben wir im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung getan.
Auf der anderen Seite bewahrt dieser Vorschlag die erforderliche Flexibilität in Bezug auf die Erzeuger. Dadurch werden diese Mindestvorschriften in den Staaten der Union praktisch umsetzbar und führen nicht – wie es gewöhnlich der Fall ist – zu einer unnötigen Schließung von landwirtschaftlichen Betrieben.
Wie ich meine, bietet der Vorschlag die erforderliche Grundlage, um diese Vorschriften mit einer schrittweisen Anwendung von Sanktionen und einer Schätzung der für die Erzeuger entstehenden Kosten durchzusetzen, wobei die sich aus der Richtlinie ableitenden Lasten nicht den Erzeugern aufgebürdet werden sollen – wie es fast immer der Fall ist.
Abschließend möchte ich Sie bitten, den Bericht Berman in der Form zu unterstützen, in der ihn der Berichterstatter vorgelegt und der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung befürwortet hat. Nach meiner Auffassung handelt es sich um einen gemäßigten und ausgewogenen Vorschlag, der die Interessen aller Seiten berücksichtigt, was nicht immer eine einfache Aufgabe ist. Ganz ohne Frage wird seine Annahme positive Auswirkungen auf die Qualität des Endprodukts, das heißt, auf das Wohlergehen der europäischen Verbraucher haben.
Carl Schlyter (Verts/ALE). – (SV) Frau Präsidentin! Keine anderen Tiere leiden so sehr wie die Masthühner, denen es heutzutage bei weitem am schlechtesten geht. Sie werden zu einer extremen Größe gezüchtet, wodurch ein Fünftel von ihnen Gelenkschäden haben. Von Geburt an von ihren Müttern getrennt, dicht gedrängt untergebracht und gestresst leiden sie ihr ganzes kurzes Leben lang.
Herr Berman hat versucht, eine Ausgewogenheit der Maßnahmen zu finden, aber leider tendiert der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung eher hin zu kurzsichtigen Interessen. Das muss durch die Vorschläge des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit korrigiert werden. Bessere Bedingungen sind sowohl im Interesse der Tiergesundheit als auch der Verbraucher erforderlich. Ich danke Herrn Jørgensen und den anderen Kolleginnen und Kollegen für ihre gute Zusammenarbeit.
Laut Eurobarometer ist gerade die Verbesserung der Bedingungen für die Masthühner die Tierschutzfrage, die die meisten Europäer vorrangig gelöst sehen wollen. Das Parlament muss heute auf die Bürger hören. Stimmen Sie darum für die Vorschläge der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz sowie für die vom Kollegen Jørgensen und uns anderen Mitgliedern des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik eingebrachten Änderungsanträge. Ohne diese Verbesserungen wird die Branche jegliche Glaubwürdigkeit verlieren und läuft Gefahr zerstört zu werden – und zwar durch mangelndes Vertrauen der Verbraucher und nicht durch Konkurrenzimporte.
Albert Jan Maat (PPE-DE). – (NL) Frau Präsidentin! Auch ich möchte den Berichterstatter zu der Sorgfalt beglückwünschen, die er bei seiner Arbeit hat walten lassen.
Ich möchte klarstellen, dass die CDA für das Wohlbefinden der Tiere ist und dies als wichtig erachtet. Wir begrüßen auch den von unserem Kommissar vorgestellten Aktionsplan. Obwohl klar ist, dass die europäischen Bürger keine hohe Meinung von dem Tierschutz in Europa haben – weiß Gott, weshalb, wo doch in Europa die strengsten Normen weltweit gelten –, zeigen sie als Verbraucher aber trotzdem oft ein völlig anderes Verhalten, und eben da liegt das Problem.
Das bedeutet, dass wir in Europa zwar strengere Normen einführen können, aber zugleich Importen Tür und Tor öffnen würden, wenn es keine Beschränkungen gibt. Man könnte sagen, dass wir diesen Fehler in der Welthandelsorganisation nicht begehen und dass, obgleich sich Europa nach Kräften bemüht, mehr getan werden sollte. Wir können hinsichtlich der Einfuhren und Einfuhrkontingente Übereinkunft erzielen. Wir können auch Vereinbarungen bezüglich der Kennzeichnung treffen. Wir können zudem vereinbaren, dass wir in Europa auf jeden Fall denen verpflichtet sind, die spezielle Projekte auf den Weg gebracht haben, einschließlich der Menschen hinter dem „Bauernhuhn“ in den Niederlanden und dem „Label rouge“ in Frankreich. Es sollte möglich sein, diese mit zusätzlichen Anreizen zu unterstützen, damit die Verbraucher diese Erzeugnisse auch kaufen. Die CDA bevorzugt diese Vorgehensweise, denn sonst produzieren wir noch mehr europäische Vorschriften, die der Verbraucher als Bürger vielleicht begrüßt, aber in dem Moment, in dem er im Supermarkt steht, legt er ein anderes Kaufverhalten an den Tag.
Entscheidend ist, dass sich die Wünsche der Bürger auch in dem Verbraucherverhalten niederschlagen. Aus eben diesem Grund stehen wir diesem Bericht recht kritisch gegenüber. Wir werden für Änderungsantrag 42 stimmen, mit dem zumindest etwas gegen die Einfuhren unternommen wird, und wir werden auch all das in diesem Bericht befürworten, was sich auf eine bessere Erkennbarkeit durch die Kennzeichnung von Fleisch bezieht.
Solange jedoch nicht garantiert ist, dass Einfuhren denselben Kriterien unterliegen, solange wir den europäischen Landwirt wieder einmal benachteiligen und den Tierschutz in Europa abermals erschweren, fällt es uns sehr schwer, für diesen Bericht zu stimmen.
Csaba Sándor Tabajdi (PSE). – (HU) Die Geflügelzucht und -haltung ist ein fortschrittlicher, profitabler Zweig der europäischen Viehwirtschaft. Noch vor wenigen Monaten hätte niemand diese Aussage in Frage gestellt. Nach der Vogelgrippe stehen Geflügelhalter heute jedoch einer neuen Gefahr gegenüber: der vorliegenden Richtlinie.
Der vorliegende Vorschlag für eine Richtlinie, in der dem Tierschutz eine größere Bedeutung beigemessen wird als dem Sektor und wirtschaftlichen Argumenten, bedroht die Wettbewerbsfähigkeit der Branche. Aspekte des Tierschutzes sollten durchaus Berücksichtigung finden. Aber wir sollten nicht über das Ziel hinausschießen, indem wir unrealistisch strenge Auflagen formulieren, die für unsere Landwirte einen klaren Wettbewerbsnachteil darstellen und damit ihre Lebensgrundlage gefährden. Diese Menschen fügen Tieren nicht absichtlich Schmerzen zu. Sie wollen lediglich ihren Lebensunterhalt verdienen, indem sie das tun, was sie gut können. Daher sind übermäßig strenge Vorschriften nicht hinnehmbar. Außerdem können die geplanten übertriebenen Einschränkungen auch zu massiven Spannungen im Binnenmarkt führen, weil Nicht-EU-Staaten wie Brasilien, die nicht derart strikten Vorschriften unterworfen sind, ihre Geflügelerzeugnisse auf den Märkten der EU zu deutlich günstigeren Preisen anbieten können. Die meisten Durchschnittsverbraucher, zumindest in den neuen Mitgliedstaaten, entscheiden sich für das billigere Produkt, weil ihre Einkommen es ihnen nicht erlauben, nur aus Gründen des Umwelt- und Tierschutzes einen höheren Preis für Grundnahrungsmittel zu zahlen. Aus fachlichen und wirtschaftlichen Erwägungen und aufgrund von Tierschutzaspekten darf die Besatzdichte maximal 34 kg bei einer Höchstgrenze von 42 kg Lebendgewicht pro Quadratmeter betragen. Alle im Bericht enthaltenen Zahlen, die unter diesen Werten liegen, sind nicht vertretbar.
Vertrauen wir dem Wissen und Können der Geflügelhalter, da keiner von ihnen in der Lage wäre, mit kranken Tieren erfolgreich zu arbeiten, das heißt, ihr vorrangiges Interesse gilt einem rationalisierten wirtschaftlichen Handeln unter Berücksichtigung des Wohles der Tiere. Wir sollten ihre Arbeit nicht derart verkomplizieren, dass sie gezwungen sind, die Geflügelzucht ganz an den Nagel zu hängen!
VORSITZ: EDWARD McMILLAN-SCOTT Vizepräsident
Mojca Drčar Murko (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Lohnt es sich wirklich, Rechtsvorschriften auszuarbeiten, um das Leid armer Kreaturen zu lindern, die nur sechs Wochen am Leben sind? Meine Antwort lautet Ja, und nicht nur, weil ich ein Tierfreund bin, sondern weil es auch für die menschliche Gesundheit von Belang ist.
Völlig zu Recht wurden die wirtschaftlichen Aspekte der gewerblichen Aufzucht von Masthühnern berücksichtigt. Es geht in diesem Fall jedoch auch um die Grenzen einer sicheren Entschlüsselung und Manipulation des genetischen Materials von Tieren.
Wir hätten uns schon vor langer Zeit Gedanken über das Ausmaß der gewerblichen Aufzucht von Masthühnern machen sollen, nicht nur aus Tierschutzgründen, sondern auch aufgrund der unvorhergesehenen und unbeabsichtigten Auswirkungen auf das genetische Material der zu unserem Verzehr bestimmten Tiere – was beispielsweise die Widerstandsfähigkeit und die Reproduktion anbelangt – und der anschließenden Auswirkungen auf den Menschen.
Die Gefahr eines Ausbruchs der Vogelgrippe ist auf unzulängliche Kontrollen zurückzuführen, und diese Maßnahmen umfassen nicht nur Impfungen. Ein Grund ist die Intensivhaltung von Hühnern, die man auch nicht gerade als optimal bezeichnen kann. Ich begrüße die erste gemeinschaftliche Rechtsvorschrift dieser Art.
James Nicholson (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Dies ist ein bemerkenswerter Bericht, der einen langen Weg durch die Instanzen hinter sich hat. Es wurde versucht, ihn so ausgewogen wie möglich zu gestalten, denn ich weiß, dass es in diesem Bereich nicht leicht ist, alle Interessen unter einen Hut zu bringen.
Vor zwei Wochen musste ein Geflügelverarbeitungsbetrieb in Nordirland dichtmachen, und 400 Menschen verloren ihren Arbeitsplatz, von weiteren Arbeitsplätzen in den landwirtschaftlichen Betrieben und bei den Futtermittelherstellern gar nicht erst zu reden. Als Grund wurde angegeben, dass man nicht länger mit Billigeinfuhren aus Asien und Südamerika konkurrieren könne.
Nichtsdestotrotz vertrete ich die Auffassung, dass es keine billigen Lebensmittel gibt. Wenn sie billig sind, dann entsprechen sie nicht den Normen. Ich frage mich daher, ob das Hühnerfleisch, mal ganz abgesehen von den vorgeschlagenen höheren Anforderungen, überhaupt nach den bereits geltenden Standards produziert wird?
Ich befürworte den Abschnitt des Berichts, in dem es heißt, dass wir von Drittstaaten dieselben Standards einfordern müssen, die auch in der Europäischen Union gelten. Bisher sind das nur Lippenbekenntnisse. Unseren Erzeugern sind durch bürokratische Hemmnisse die Hände gebunden, während wir gleichzeitig anderen erlauben, unsere Märkte mit Lebensmitteln zu überschwemmen, die unseren Normen nicht genügen.
Hier geht es nicht nur um die Geflügelindustrie: das Problem betrifft auch die Fleischwarenindustrie für Schweinefleisch und dunkles Fleisch. Alle stehen vor demselben Problem. Ich begrüße höhere Standards, doch sie müssen überall gelten. Wir müssen den Verbrauchern die Wahl lassen. Es bedarf einer ordnungsgemäßen Etikettierung von Lebensmitteln, die eindeutig sein muss, damit sich Verbraucher beim Einkauf immer bewusst entscheiden können, was sie kaufen möchten. Sie müssen wissen, woher ein Lebensmittel kommt. In vielen Fällen tragen die Supermärkte in der Europäischen Union durch ihren Preiskampf bei Lebensmitteln zu einer Verschlechterung der Standards bei. Wie ich bereits gesagt habe, gibt es keine billigen Lebensmittel; billige Lebensmittel sind minderwertige Lebensmittel.
David Martin (PSE). – (EN) Herr Präsident! Auch ich begrüße diesen Bericht, und ich möchte der Kommission und dem Berichterstatter für ihre Arbeit danken, die beweist, dass die EU nach wie vor bereit ist, eine führende und aktive Rolle bei der Verbesserung und Förderung des Tierschutzes zu übernehmen.
Der Vorschlag geht von der Annahme aus, dass die bestehenden Standards der Hühnerhaltung für die Fleischerzeugung in Teilen der Europäischen Union gegenwärtig ausgesprochen niedrig sind, was beispielsweise an den vielen Fällen von schmerzhafter Beinschwäche, Herzvergrößerung, plötzlichem Tod oder Verätzungen an den Beinen durch Ammoniak abzulesen ist. Ich begrüße zwar die Vorschläge des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, stehe allerdings auf dem Standpunkt, dass wir noch nicht alle Verbesserungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben, und habe daher ebenfalls die Änderungsanträge von Herrn Jørgensen unterzeichnet. Es bedarf vor allem zusätzlicher Maßnahmen im Hinblick auf die Besatzdichte, die kontinuierliche Ruhezeit – mindestes sechs Dunkelstunden – und die grausame Praxis des Schnabelstutzens.
Vor diesem Hintergrund würden wir, auch wenn wir nicht über den von Herrn Berman vorgelegten Vorschlag hinausgehen, den Tierschutz einen großen Schritt voranbringen, was aber gleichzeitig einen deutlichen Fortschritt für die Verbraucher bedeuten würde. Die Verbraucher machen sich Sorgen darüber, unter welchen Bedingungen das für sie bestimmte Hühnerfleisch produziert wird, und sie zeigen sich besorgt über den Gesundheitszustand der Hühner, die auf ihren Tisch kommen. Ein Stück Fleisch von einem artgerecht gehaltenen Huhn schmeckt einfach besser.
Abschließend möchte ich auf die Kostenfrage eingehen. Ich habe mich mit den unterschiedlichen Prognosen zu den möglichen Kosten dieser Maßnahmen für die Branche beschäftigt. Selbst beim höchsten Kostenvoranschlag kommt man pro Tier auf einen britischen Penny. Unsere Branche büßt gewiss nicht durch Tierschutzmaßnahmen an Wettbewerbsfähigkeit ein. Ich sehe ein, dass die Branche von Ländern wie Thailand und Brasilien unter Druck gesetzt wird, doch es gibt auch andere Faktoren – Arbeitskosten und andere Aufwendungen –, bei denen wir nicht konkurrieren können. Es sind nicht die Tierschutznormen, die darüber entscheiden werden, ob unsere Branche überleben kann oder nicht, also führen Sie nicht den Wettbewerb als Argument an, um diese Normen abzulehnen.
Ioannis Gklavakis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Auch ich möchte Herrn Berman zu seinem Bericht gratulieren. Gleich zu Beginn sei klargestellt, dass ich ein artgerechtes Leben für die Tiere befürworte, und zwar für alle Tiere generell und für Hühner im Besonderen. Um das Thema in größeren Dimensionen zu betrachten, weise ich darauf hin, dass wir dadurch unsere Menschlichkeit gegenüber all unseren Mitbewohnern auf diesem Planeten demonstrieren.
Wir müssen jedoch einräumen, dass, wie bereits gesagt worden ist, all dies die Produktionskosten in der Europäischen Union erhöht. Andererseits natürlich lassen wir es zu, dass Hühner aus Drittländern eingeführt werden; wir erlauben die Einfuhr aller Waren, außer Waffen. Auf diese Weise treiben wir europäische Geflügelzüchter dazu, ihre Betriebe zu schließen. Das ist in zweierlei Hinsicht misslich: für die Geflügelzüchter, eine Klasse, der gegenüber wir Solidarität demonstrieren sollten, und für die Hühner, da wir in einigen Jahren an den Punkt gelangen werden, wo Geflügelprodukte aus Drittländern eingeführt werden, die ohne jeglichen Schutz in Bezug auf ein artgerechtes Leben für die Tiere hergestellt worden sind. Wenn wir keine Heuchler sein wollen, dann müssen wir einen Weg finden, die Lebensbedingungen von Hühnern in Drittländern zu kontrollieren; andernfalls sollten wir keine Einfuhren zulassen.
Die Kennzeichnung, die Herr Kyprianou angesprochen hat, ist eine sehr gute Idee. Wir halten dies für eine exzellente Idee und wir wollen sie in diesem Sektor vorantreiben, doch wir müssen auch darüber nachdenken, den Geflügelzüchtern Beihilfen für die Kosten zu gewähren, die ihnen ausschließlich durch die Maßnahmen, die wir ihnen auferlegen, entstehen. Ansonsten werden wir auch die Geflügelzüchter ausrotten, und das aus dem Ausland eingeführte Geflügel wird unter weitaus schlechteren Bedingungen aufgezogen worden sein. Außerdem ist es kein Verbrechen, die Geflügelzüchter zu schützen, denn sie stellen eine Klasse dar, die uns um unsere Solidarität bittet.
Karin Scheele (PSE). – Herr Präsident! Die Hühnermast gehört zu den intensivsten Haltungsformen mit großen Problemen für das Wohl und die Gesundheit der Tiere. Wir reden heute erstmals über Mindestschutzmaßnahmen für Masthühner. Bisher hat es nur die allgemeinen Vorschriften der Richtlinie über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere gegeben. Deswegen ist der Vorstoß der Europäischen Kommission zu begrüßen, aber auch der Bericht unseres Berichterstatters, und Sie haben hier eine sehr schwierige Übung hinter sich, wenn man die Diskussion mitverfolgt und sieht, in wie viele verschiedene Richtungen die Kritiken und die Wortmeldungen gehen.
Es ist positiv zu bewerten, dass es nach Artikel 1 des Kommissionsvorschlags den Mitgliedstaaten freisteht, strengere Maßnahmen zu erlassen. Die in der Richtlinie vorgeschlagenen Maßnahmen sind in einigen Bereichen nicht ausreichend, und das, was heute am häufigsten diskutiert wurde, ist die Frage, wie viel Kilo Lebendgewicht pro Quadratmeter Nutzfläche erlaubt sein dürfen. Die Europäische Kommission nennt den Bericht des wissenschaftlichen Ausschusses für Tiergesundheit und Tierschutz aus dem Jahr 2000 als Grundlage. Sie nimmt ihn aber nicht als Grundlage, denn aus diesem Bericht geht eindeutig hervor, dass eine Besatzungsdichte von 25 kg nicht überschritten werden soll, um größere Probleme für das Befinden der Tiere zu vermeiden. Artikel 3 des Kommissionsvorschlags schreibt 30 kg Lebendgewicht vor.
Ich unterstütze den Änderungsantrag 53 von Jørgensen, Bowis und Sacconi, der eine Besatzungsdichte von 25 kg vorschreibt, und wenn der Besitzer gewisse Auflagen erfüllt, dann soll diese Besatzungsdichte auf maximal 30 kg erhöht werden können.
Neil Parish (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Auch ich begrüße den Bericht von Herrn Berman ausdrücklich und möchte ihm für seine engagierte Arbeit danken. Meines Erachtens kommen hohe Tierschutzstandards nicht nur Hühnern, sondern auch Landwirten und Verbrauchern zugute. Wir müssen nur den richtigen Ausgleich finden, und ich denke, Herr Berman hat einen ersten Schritt in diese Richtung getan. Es geht nicht nur um die Zahl der Hühner pro Quadratmeter; wichtig sind auch die klimatischen Bedingungen in den Ställen und die Tatsache, ob sie beispielsweise mit Stroh oder anderem Material ausgelegt sind, damit die Hühner in ihrem kurzen Leben wenigstens etwas bessere Bedingungen vorfinden.
Das Hühnerfleisch, das die Verbraucher im Supermarkt erwerben können, muss eindeutig etikettiert sein. Eines der Probleme besteht darin, dass man überall in der Europäischen Union in einen Supermarkt gehen und ein Huhn kaufen, häufig aber nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen kann, woher dieses Huhn kommt und wie es gehalten wurde.
Der Kommissar hat erklärt, dass Verbraucher gern Geflügel kaufen, das unter Einhaltung hoher Tierschutzstandards aufgezogen wurde. Ja, das stimmt, aber wir brauchen eine eindeutige Etikettierung. Der Kommissar sollte sich ebenfalls darüber im Klaren sein, dass ein Großteil des Hühnerfleischs vorgekocht nach Europa eingeführt wird. Auf diese Weise können einige EU-Zölle umgangen werden. Es wird anschließend sofort zu Lebensmitteln weiterverarbeitet; wenn wir also an einer Raststätte ein Geflügelsandwich kaufen, dann wurde es vermutlich aus eingeführtem Hühnerfleisch hergestellt, und wir wissen überhaupt nicht, welche Normen bei der Produktion eingehalten wurden.
Die Kommission wird in Änderungsantrag 17 zu Artikel 5 aufgefordert, sechs Monate nach dem Tag des Erlasses der Richtlinie eine verbindliche Etikettierungsregelung für in die Europäische Union eingeführtes Geflügelfleisch vorzulegen. Ich appelliere an die Kommission, dies unbedingt zu tun. Wenn in Europa höhere Standards gelten sollen – was meines Erachtens dringend erforderlich ist –, dann müssen wir sicherstellen, dass alle Einfuhren in die Europäische Union denselben hohen Anforderungen genügen.
Ambroise Guellec (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident! Der Tierschutz ist ohne Frage ein nobles Anliegen. Wir unterstützen ihn und sprechen dem Berichterstatter, Herrn Berman, für seine Arbeit unsere Anerkennung aus. Ich möchte nur hinzufügen, dass das Wohlergehen der Züchter ebenfalls ein ehrenhaftes Anliegen ist, das aus unserer Sicht Vorrang hat. Dieser Sektor wird bereits ernsthaft von der außereuropäischen Konkurrenz bedroht. Ich hörte vorhin einen Kollegen sagen, dass es bisher keine Betriebsschließungen gegeben habe, aber das stimmt nicht, denn dieses Phänomen ist in Europa bereits sehr weit verbreitet. Ich nenne jetzt nur meine Region - die Bretagne - die 35 % der französischen Masthühnerproduktion übernimmt und die vor allem 18 000 Stellen, darunter 11 000 in der Agrar- und Lebensmittelindustrie, sichert. In dieser Region werden derzeit Betriebe geschlossen.
Es ist klar, dass wir mit einer massiven Einfuhr von Erzeugnissen aus Drittländern und einem beträchtlichen Rückgang unserer Ausfuhren rechnen müssen, wenn sich die derzeitigen - bereits sehr ernsten - Wettbewerbsverzerrungen verstärken. Natürlich haben Sie Recht, wenn Sie sagen, „produziert Qualitätserzeugnisse“, aber wir wissen, dass die Anpassung und die Umstellung mit vielen Risiken verbunden sind und in jedem Fall viel Zeit erfordern.
Es wurde viel zu diesem Thema erarbeitet, aber die Begründungen des vorliegenden Berichts weisen echte Mängel auf. Ich möchte die Grenzwerte nennen, die anscheinend auf einen Tugendwettbewerb hinauslaufen, bei dem die Grenzwerte auf dem niedrigstmöglichen Niveau festgelegt werden; ferner die Bewertungsindikatoren für die „Zuchtwettbewerbe“; und schließlich und vor allem die Folgenabschätzung zu den Auswirkungen der Stilllegung von Zuchtbetrieben und der Stellenstreichung in der Branche.
Abschließend möchte ich eine Frage an Kommissar Kyprianou richten. Herr Kommissar, wie soll man vor dem aktuellen Hintergrund der Bedrohung durch die Vogelgrippe, die an den Toren Europas steht oder sogar bereits in Europa Einzug erhalten hat, einen Weg aus dem Widerspruch finden, der zwischen den hohen europäischen Tierschutznormen einerseits und den notwendigen einzelstaatlichen Maßnahmen zum Einsperren des Geflügels andererseits besteht? Wir wären sehr dankbar für Ihre Antwort.
Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident, ich möchte den Abgeordneten für eine ausgesprochen interessante Aussprache danken. Vielleicht hätte ich schon früher Mahatma Gandhi zitieren sollen: „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt“. In der Europäischen Union haben wir Gott sei Dank eine sehr hohe Zivilisationsstufe erreicht. Die meisten Schreiben und Beschwerden, die ich von unseren Bürgern erhalten habe, betreffen den Schutz von Tieren und insbesondere Masthühnern. Dieser Vorschlag spiegelt also die Meinung der Europäer wider. Er beruht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, aber auch auf Konsultationen mit allen Betroffenen, die in einem Zeitraum von drei Jahren durchgeführt wurden, damit ihre Ansichten und Sorgen umfassend Berücksichtigung finden. Es handelt sich um einen Kompromiss. Einige würden sich wünschen, dass wir noch weiter gehen, und vertreten die Ansicht, dass bei diesem Vorschlag die Messlatte zu niedrig angesetzt wird. Andere sagen, dass wir zu weit gegangen sind. Wir haben einen Fortschritt für den Tierschutz erzielt, doch die Interessen der Erzeuger werden ebenfalls nicht außer Acht gelassen.
Die Wettbewerbsfähigkeit ist sicherlich von entscheidender Bedeutung, doch wissen wir, dass die Kosten, die sich aus den Tierschutzvorschriften für die Erzeugung ergeben, ausgesprochen niedrig sind und etwa bei 2,5 bis 8 Cent pro Tier liegen. Es sind die weiteren Kosten, die sich auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken. Ich bin jedoch nicht der Auffassung, dass die europäischen Erzeuger den Wettbewerb über die Kosten führen können. Sie sollten sich auf die Qualität konzentrieren. Ich habe hier einige Fotos, auf denen die durch Intensivhaltung ausgelösten Hautreizungen zu sehen sind, und ich glaube nicht, dass auch nur ein europäischer Verbraucher bereit wäre, diese Tiere zu essen; doch sie wissen darüber einfach nicht Bescheid. Die beste Strategie besteht also darin, das notwendige Bewusstsein zu schaffen, die Menschen aufzuklären und die Lebensmittel zu etikettieren, was besonders wichtig ist. Uns liegen Schreiben und die Ergebnisse von Eurobarometer vor. Die europäischen Bürger sind bereit, mehr zu zahlen, vorausgesetzt sie werden informiert, und daran arbeiten wir zurzeit.
Was die Vogelgrippe anbelangt, so orientieren wir uns an bewährten Verfahrensweisen im Bereich des Tierschutzes, um Präventivmaßnahmen effektiver umzusetzen und die Branche und die Tiere vor der Vogelgrippe zu schützen. Wenn wir schneller feststellen, dass ein Tier krank ist, dann werden wir die Situation auch leichter unter Kontrolle bringen können, und daher sind diese Vorschläge zum Tierschutz und zum Schutz vor der Vogelgrippe miteinander vereinbar.
Da uns die Zeit fehlt, werden wir zu den Änderungsanträgen eine vollständige Liste der akzeptierten und nicht akzeptieren Anträge verteilen. Ich möchte Sie bitten, die Liste in den ausführlichen Sitzungsbericht dieser Tagung aufzunehmen(1). Viele der Änderungsanträge wurden angenommen, weil sie dem Grundgedanken des Vorschlags entsprechen. Andere können, vor allem aus technischen Gründen oder weil die Bestimmungen bereits in bestehenden Rechtsvorschriften enthalten sind, keine Zustimmung finden. Alle Vorschläge, die beispielsweise die klimatischen Bedingungen, die Art der Produktionstätigkeiten, die Ausbildung des Personals und die Durchführung der Kontrollen betreffen, können akzeptiert werden.
Eines der schwierigsten Themen war die Besatzdichte. Unseres Erachtens stellt der Vorschlag einen vernünftigen Kompromiss dar. Er wird den Standards gerecht, trägt zu einer Verbesserung der Situation bei und legt Bedingungen und Kontrollen fest. Wir würden es daher vorziehen, wenn sich das Parlament mit dem Kommissionsvorschlag zu diesem Punkt einverstanden erklärt; Ihren Änderungsantrag können wir nicht akzeptieren.
Im Zusammenhang mit der verbindlichen Etikettierung – und ich stimme Herrn Parish zu, dass dies ein äußerst wichtiger Punkt ist – denken wir, dass sechs Monate eine ausgesprochen kurze Frist sind. Es wäre äußerst schwierig, einen umfassenden Bericht mit konkreten Vorschlägen zu erarbeiten, daher benötigen wir mehr Zeit.
Abschließend zur Frage der Kosten. Nicht alles lässt sich in Geld ausdrücken, doch ich weiß, dass dieser Aspekt nicht zu vernachlässigen ist. Der Tierschutz macht nur einen Bruchteil der Produktionskosten aus. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass in einem der Fälle, die von der Weltbank untersucht wurden, ein Betrieb durch einige wenige Verbesserungen im Umgang mit den Tieren in der Lage war, jährlich 320 000 US-Dollar einzusparen. Dies zeigt meines Erachtens, dass die Einführung von Tierschutzmaßnahmen nur kurzfristig Kosten verursacht; langfristig bringt sie Gewinne und finanzielle Vorteile für die Erzeuger mit sich.
Ich möchte den Abgeordneten erneut für ihre Unterstützung dieses Vorschlags danken, der einen wichtigen Schritt auf dem Wege zur Verbesserung des Tierschutzes in der Europäischen Union darstellt.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag um 12.00 Uhr statt.
Schriftliche Erklärung (Artikel 142 GO)
Richard Corbett (PSE). – (EN) Es ist ein Unding, dass die Hühner, die wir essen, in ihrem kurzen Leben immerfort gequält werden. Ich unterstütze den Vorschlag, eine geringere Besatzdichte für Masthühner einzuführen, und ich werde für die von mir unterzeichneten Änderungsanträge stimmen, in denen eine niedrigere Besatzdichte gefordert wird.
Es ist ebenfalls richtig, diese Angelegenheit auf europäischer Ebene zu behandeln. Viel zu häufig werden im innerstaatlichen Rahmen Tierschutzbestimmungen mit dem Argument verhindert, „wenn nur wir es tun, haben unsere Erzeuger einen Wettbewerbsnachteil, und die Produktion wird ganz einfach in Mitgliedstaaten verlagert, die es nicht so genau nehmen“. Wenn wir aber im gesamten europäischen Binnenmarkt dieselben Vorschriften einführen, verringern wir das Problem mit einem Schlag, stellen eine Gleichbehandlung unserer Erzeuger sicher und tragen zur artgerechten Geflügelhaltung in allen 25 Mitgliedstaaten bei.