Marta Vincenzi (PSE). – (IT) Herr Präsident! Ich möchte den positiven Charakter des gemeinsamen Standpunkts hervorheben, auf den sich das Parlament geeinigt hat, sendet er doch an die Europäer das Signal der politischen Geschlossenheit und der Zuversicht zurück, das sie brauchen.
Ich unterstreiche die vorteilhaften Auswirkungen, die Artikel 31 – in seiner geänderten Version – auf den wichtigen Bereich der Fremdenverkehrsdienstleistungen haben wird. Es geht faktisch darum, sich für einen starken, ausgewogenen Touristenzustrom zu rüsten, und zwar durch ein vorsichtiges Vorgehen, das den Weg zur Harmonisierung der zahlreichen, in den einzelnen Ländern existierenden Fremdenverkehrsberufe freimacht. Deshalb fordere ich die Kommission auf, eine Richtlinie gründlich zu überarbeiten und neu zu beleben, der viele Mitgliedstaaten bisher nicht nachgekommen sind – die Richtlinie 320/92 –, damit die auf eine hohe Qualität der Dienstleistungen gerichtete Strategie und somit auch das Ziel eines nachhaltigen europäischen Fremdenverkehrs voll verwirklicht werden können.
Marc Tarabella (PSE). – (FR) Herr Präsident! Ich halte es zum ersten Mal für angebracht, mein Stimmverhalten zu rechtfertigen, weil es sich um einen bedeutenden Bericht – vielleicht den bedeutendsten der ganzen Wahlperiode – handelt und mein Votum im Gegensatz zur Mehrheitsmeinung meiner Fraktion steht.
Ich habe zwar kein Problem, die erreichten Fortschritte – zu denen ich der Berichterstatterin, Frau Gebhardt, gratuliere – gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag von Kommissar Bolkestein anzuerkennen. Dennoch bleiben meine Bedenken bezüglich Unsicherheiten im Zusammenhang mit Artikel 16 bestehen. Obgleich ich für die Kompromissänderungsanträge zu diesem Bericht gestimmt habe, kann ich ihn insgesamt nicht billigen und habe ich mich entschlossen, in der Schlussabstimmung dagegen zu stimmen, denn er stellt einen schwerwiegenden historischen Bruch mit den Grundsätzen dar, die es bisher ermöglicht haben, das europäische Einigungswerk voranzubringen. Die Solidarität und die Regulierung sollen dem Wettbewerb zwischen den Ländern und Völkern Europas weichen. Dies bedaure ich.
Marielle De Sarnez (ALDE). – (FR) Es ist eine neue Richtlinie, die unser Parlament heute Vormittag angenommen hat. Der Geltungsbereich ist verringert worden, das Herkunftslandprinzip wurde endlich gestrichen, das Arbeitsrecht wurde gewahrt: Wir haben Geist und Buchstaben des uns vorgelegten Entwurfs verändert, worüber ich erfreut bin.
Das einzige europäische Organ, das in der Lage war, diesen grundlegenden Orientierungswandel herbeizuführen, ist unser Parlament. Zweifellos weil wir auf unsere Mitbürger gehört haben, auf ihre Ängste und Befürchtungen; zweifellos weil für uns die Verteidigung eines europäischen Modells auf der Grundlage von gemeinsamen Werten im Vordergrund steht und weil wir die Harmonisierung nach oben dem Dumping nach unten vorziehen. Wir haben gute Arbeit geleistet, und die Kommission und der Rat müssen wohl oder übel das starke politische Signal berücksichtigen, das wir heute aussenden und das unseren Willen zum Ausdruck bringt, den Binnenmarkt zu vollenden, ohne unser Sozialmodell aufzugeben. Darauf werden wir unsererseits stets achten.
Frank Vanhecke (NI). – (NL) Herr Präsident! Zweifellos ist die jetzige Fassung der Dienstleistungsrichtlinie, die wir soeben angenommen haben, ein gutes Stück besser als die ursprüngliche Version; das in meinen Augen inakzeptable Herkunftslandprinzip mag zwar noch nicht ganz überwunden sein, ist aber sicherlich erheblich abgeschwächt worden.
Dennoch bleiben in dem heute verabschiedeten Dokument viele Unklarheiten bestehen. Niemand weiß im Augenblick genau, welche Konsequenzen es in weiten Teilen haben wird.
Zum Beispiel bin ich noch keineswegs davon überzeugt, dass dieser Text nicht zu Sozialdumping führen kann, und die Möglichkeiten zur Überwachung seiner Umsetzung stellen mich überhaupt nicht zufrieden. Die zahlreichen – nicht zuletzt von den Institutionen begangenen – Missbräuche bei der Ausführung gewöhnlicher EU-Haushalte geben uns hinsichtlich der Effizienz der Kontrolle auf europäischer Ebene zumindest Anlass zur Skepsis.
Ich habe mich deshalb der Stimme enthalten, weil, obwohl es sich hier um einen Schritt in die richtige Richtung handelt, und sogar um einen wesentlichen, doch noch zu viele unklare Punkte bleiben, die bei der zweiten Lesung unbedingt behoben werden müssen. Ich kann nur hoffen, dass ich dann kein Problem mehr haben werde, dafür zu stimmen.
Koenraad Dillen (NI). – (NL) Herr Präsident! Selbstredend ist es begrüßenswert, dass dieses Haus Änderungen an dem ursprünglichen Text der Dienstleistungsrichtlinie vorzunehmen vermochte, wenngleich gesagt werden muss, dass viele der mehreren Hundert Änderungsanträge nicht notwendig waren. Durch die ursprüngliche Fassung der Richtlinie wäre Sozialdumping ohne Weiteres institutionalisiert worden, aber auch die jetzige Version ermöglicht eine Art Sozialdumping neben allen möglichen sonstigen Missbräuchen, und das Bestimmungslandprinzip wird darin noch nicht klar und eindeutig festgeschrieben.
Spricht es nicht Bände, dass die von der Fraktion Union für das Europa der Nationen beantragte Einrichtung eines Überwachungszentrums, durch das sichergestellt werden sollte, dass die Richtlinie sozialem Dumping nicht Tür und Tor öffnet, abgelehnt worden ist? Mit unserer Stimmenthaltung wollen wir die politische Botschaft übermitteln, dass sich meine Partei, Vlaams Belang, wie schon letzten Monat bei der Aussprache über die Liberalisierung der Hafendienste, jeglichem Versuch, den Grundsatz „das eigene Land kommt zuerst“ zu untergraben, kategorisch widersetzen wird.
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Der Grund, weshalb ich mich bei der Abstimmung über den Bericht von Evelyn Gebhardt zur Dienstleistungsrichtlinie der Stimme enthielt, war, dass der von PPE-DE-Abgeordneten aus den neuen Mitgliedstaaten eingereichte Änderungsantrag 250, der für die neuen Mitgliedsländer als entscheidender Punkt galt, nicht angenommen worden war.
Mit diesem Änderungsantrag sollte die Richtlinie durch Hinzufügung von Artikel 35a als Ersatz für die Artikel 24 und 25 über die Entsendung von Arbeitnehmern, die während der Abstimmung im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz aus dem Kommissionsvorschlag herausgenommen worden waren, geändert werden. Der Änderungsantrag hätte die Verfahren zur Entsendung von Arbeitnehmern vereinfacht, da die Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern keine administrative Zusammenarbeit zwischen Herkunftsland und Zielland vorsieht.
Ich freue mich, dass die Richtlinie im Europäischen Parlament in erster Lesung angenommen wurde. Andererseits betrübt es mich, dass Abgeordnete aus den neuen Mitgliedstaaten wieder einmal nicht ausreichend Unterstützung gefunden haben.
Véronique De Keyser (PSE). – (FR) Herr Präsident! Mein negatives Votum zum Bericht Gebhardt ist nicht gleichbedeutend mit der Nichtanerkennung der außergewöhnlichen Arbeit, die die Berichterstatterin geleistet hat. Ich bin zutiefst überzeugt, dass Evelyne Gebhardt mit einem verabscheuenswürdigen Text eine wahre Meisterleistung vollbracht hat. Doch trotz all ihrer Anstrengungen hat sie nicht vermocht, die marktliberale Flutwelle einzudämmen, die unser gesamtes soziales Gebäude bedroht. Mit jedem Kompromiss ist dieser schwer verdauliche Text unverständlicher geworden. Was allerdings ganz eindeutig bleibt für jeden, der die Augen nicht verschließt, ist die Tatsache, dass die Kommission den Harmonisierungswillen aufgibt zugunsten einer Einzelfallregelung dessen, was im Namen des Allgemeininteresses möglich oder nicht möglich ist.
Ohne eine Richtlinie über die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse verbleiben in diesem Text Grauzonen, die die Tür für zahllose gerichtliche Klagen eröffnen. Europa entfernt sich etwas weiter von seinen Bürgern.
Francisco Assis, Luis Manuel Capoulas Santos, Paulo Casaca, Fausto Correia, Edite Estrela, Emanuel Jardim Fernandes, Elisa Ferreira, Ana Maria Gomes, Joel Hasse Ferreira, Jamila Madeira und Manuel António dos Santos (PSE), schriftlich. (PT) Die vorherige Bolkestein-Richtlinie ist völlig neu überarbeitet worden, was einen deutlichen Schritt nach vorn auf dem Weg zur Vollendung eines Binnenmarkts für Dienstleistungen darstellt.
Wir haben für den nachgebesserten Vorschlag gestimmt, weil er unserer Meinung nach eine abgestimmten Fortentwicklung hin zu einem europäischen Binnenmarkt für Dienstleistungen gewährleistet. Außerdem halten wir die Richtlinie mit dem Ausschluss von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, Lotterien und wesentlichen Gesundheitsdiensten jetzt für ausgewogener.
In ihrer aktuellen Form wird sich die Richtlinie positiv auf die portugiesische Wirtschaft auswirken, vor allem da das Herkunftslandprinzip nicht mehr gelten wird, durch die Öffnung des europäischen Dienstleistungsmarkts viele Arbeitsplätze entstehen werden und mit diesem Text endlich dem „Sozialdumping“ ein Ende bereitet wird.
Diese Richtlinie wird zu einem Abbau der unvertretbaren Bürokratie in etlichen Mitgliedstaaten führen, und die Erbringung von Dienstleistungen wird den Rechtsvorschriften des Landes unterliegen, in dem sie erbracht werden. Der Ausschluss von Zeitarbeit und die Tatsache, dass nicht in die Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern eingegriffen wird, werden ebenfalls zur Gewährleistung von Ausgewogenheit und sozialem Zusammenhalt beitragen.
All diese Faktoren haben uns dazu veranlasst, dafür zu stimmen.
Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe in erster Lesung für den Vorschlag einer Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt in der vom Parlament überarbeiteten Fassung gestimmt, die auf dem zwischen den Fraktionen der Europäischen Volkspartei und europäischer Demokraten (EVP-ED) und der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) ausgehandelten Kompromiss beruhte. Ich begrüße die von Malcolm Harbour geleistete umfangreiche Arbeit, der zusammen mit meinem Freund Jacques Toubon dieses Dossier für die EVP-Fraktion begleitet hat. Es war dringend geboten, gesetzgeberisch tätig zu werden, um es nicht den Richtern des Europäischen Gerichtshofs zu überlassen, zu der vierten Grundfreiheit der Union, der Dienstleistungsfreiheit, „Recht zu sprechen“.
Der Kompromiss ermöglicht die Schaffung eines Rahmens, der die Wettbewerbsfähigkeit und die Entwicklung der Dienstleistungstätigkeiten fördert, die 70 % des BIP ausmachen und ein starkes Wachstums- und Beschäftigungspotenzial aufweisen, und gleichzeitig eine Barriere gegen die Risiken des Sozialdumpings darstellt. Der französische Staatspräsident Jacques Chirac hatte Recht, als er sich gegen den im Januar 2004 von der Prodi-Kommission vorgelegten ersten Text stellte, und das Europäische Parlament hat seine Pflicht als Mitgesetzgeber ordnungsgemäß wahrgenommen. Dies ist ein Sieg der verantwortungsvollen Demokratie und ein bedeutender Beitrag zum Aufbau einer sozialen Marktwirtschaft.
Pervenche Berès (PSE), schriftlich. – (FR) Nach über einem Jahr Debatten im Ausschuss und in der europäischen Öffentlichkeit hat das Europäische Parlament heute über die Dienstleistungs-Richtlinie abgestimmt.
Getreu meinen Überzeugungen und der Zusage an zahlreiche Bürger, die mich zu dieser Richtlinie angesprochen hatten, habe ich zunächst mit der gesamten Delegation der französischen Sozialisten für ihre Ablehnung gestimmt. Diese Ablehnung fand jedoch keine Mehrheit (153 gegen 486 Stimmen).
Die französischen Sozialisten hatten drei Hauptforderungen: Ausschluss der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse aus dem Geltungsbereich der Richtlinie, ausdrückliche Bezugnahme auf die Bestimmungslandsregel und Bezugnahme auf eine Rahmenrichtlinie über öffentliche Dienstleistungen.
Daher habe ich für sämtliche Änderungsanträge gestimmt, mit denen der Geltungsbereich des Textes begrenzt und der eindeutige Ausschluss der öffentlichen Dienstleistungen und der für unser Sozialmodell wesentlichen Sektoren, also insbesondere von Bildung, Kultur, Gesundheitswesen usw., erreicht werden sollte. Diese Änderungsanträge sind ebenfalls abgelehnt worden.
Da der Kompromiss EVP-SPE nicht meiner Forderung nach Aufrechterhaltung des europäischen Sozialmodells nachkommt, habe ich bei der Schlussabstimmung gegen den Text gestimmt.
Im Übrigen stelle ich fest, dass die Zustimmung zu dem Änderungsantrag, der die Ablehnung des abgeänderten Textes beinhaltete, höher war (215 Stimmen), als es das Ergebnis der ersten Abstimmung über die Ablehnung des Textes erwarten ließ.
Emma Bonino (ALDE), schriftlich. – (IT) Ich habe gegen den Kompromiss gestimmt, der zur Bolkestein-Richtlinie erzielt worden ist.
Ich habe aus völlig anderen Gründen als die Mitglieder des linken Flügels dieses Parlaments dagegen gestimmt, denn ihr „Nein“ war ideologisch gefärbt und letzten Endes ein „Nein“ zu Europa.
Der Vorschlag der Prodi-Kommission war kein Werk von Dr. Seltsam, sondern resultierte aus dem Vertrag und den Leitlinien, die der Europäische Rat von Lissabon beschlossen hat.
Was ist davon erhalten geblieben?
Der freie Verkehr gilt nicht für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, denn sie wurden vorerst ausgenommen. Desgleichen nicht für Finanzdienstleistungen – das fehlte gerade noch! Nicht für die juristischen Dienstleistungen, nicht für die medizinischen und die Gesundheitsdienste, nicht für die audiovisuellen – Gott bewahre; die Steuerdienstleistungen werden nicht einmal erwähnt; nicht für die Dienstleistungsberufe - Notare, Rechtsanwälte und andere Berufsangehörige könnten ja Anstoß daran nehmen; und auch beim Glücksspiel dürfen nur „nationale“ Roulettekugeln verwendet werden. Ausgenommen bleiben schließlich auch die Verkehrsdienste, wenngleich der freie Verkehr für Bestattungsunternehmen erlaubt wird, was vielleicht symbolhaft ist.
Was die viel gescholtene Herkunftsland-Klausel anbelangt, so schließt der Text ihr Prinzip und ihre innovative Kraft aus, obwohl sie faktisch auf viele andere Bereiche angewandt wird.
Heute haben die Partikularinteressen, die Ängste vor polnischen Klempnern und die Scheinheiligkeit derjenigen obsiegt, die davon sprechen, dass es immer noch so viele Schwarzarbeiter unter den Einwanderern gibt; doch Europa hat verloren.
Udo Bullmann, Matthias Groote, Wolfgang Kreissl-Dörfler, Jo Leinen, Willi Piecyk und Mechtild Rothe (PSE), schriftlich. Die Bolkestein-Richtlinie zielte auf Sozialdumping und Entregulierung. Der sozialdemokratischen Fraktion ist es gelungen, diese Richtlinie in ihr Gegenteil zu verkehren.
Das Herkunftslandprinzip ist gefallen. An dessen Stelle tritt der Marktzugang ohne Diskriminierung. Es gilt das Arbeitsrecht am Ort der Dienstleistungserbringung.
Die Entsenderichtlinie gilt ohne Einschränkung und muss nachgebessert werden.
Leih- und Zeitarbeit sind ausgenommen. Wir fordern den Rat auf, die europäische Gesetzgebung nicht weiter zu blockieren.
Die Dienste von allgemeinem Interesse sind ausgenommen. Die des allgemeinen wirtschaftlichen Interesses unterliegen der Richtlinie nur zum Teil. Wir fordern eine europäische Rahmenrichtlinie, die diesen essenziellen Sektor gesondert regelt.
Im weiteren Gesetzgebungsprozess muss u. a. auf folgende Punkte geachtet werden:
Die Grundfreiheiten der Arbeitnehmer haben, wie in der „Monti Clause“ der EU definiert, Vorrang vor Regeln des Wirtschaftslebens.
Die auf tarifvertraglicher oder gesetzlicher Grundlage bestehenden Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsrechte dürfen nicht untergraben werden.
Die berechtigten Interessen des Allgemeinwohls, die Art. 4.7a in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH definiert, müssen durchgehend beachtet werden.
Auf gesetzlicher Grundlage bestehende Verpflichtungen im Interesse in- und ausländischer Arbeitnehmer (Beitragsverpflichtungen zu Berufsgenossenschaften, Urlaubskassen usw.) müssen für grenzüberschreitende wie für inländische Dienstleister gelten.
Scheinselbständigkeit darf kein Vorschub geleistet werden. Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe, die qualitative Anforderungen formulieren, dürfen nicht ausgehebelt werden.
Charlotte Cederschiöld, Christofer Fjellner, Gunnar Hökmark und Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. (SV) Wir Mitglieder der Moderaten Sammlungspartei sind der Auffassung, dass der Charta der Grundrechte stets Beachtung geschenkt werden muss, unabhängig davon, um welches Thema oder welche Art von Rechtsakt es geht. Wir stehen dem Verfassungsvertrag positiv gegenüber, der diese Charta für alle Unionsbürger rechtlich verbindlich gemacht hätte. Nach unserer Ansicht sollte die Dienstleistungsrichtlinie nicht nur auf die arbeitsrechtlichen Aspekte der Charta Bezug nehmen. Daher haben wir uns bei den Fragen, in denen die Charta erwähnt wird, der Stimme enthalten.
Richard Corbett (PSE), schriftlich. (EN) Anstatt die vorgeschlagene Dienstleistungsrichtlinie abzulehnen, habe ich dafür gestimmt, sie radikal zu ändern. Wir haben Ausgewogenheit angestrebt, und ich denke, wir haben sie in dieser ersten Lesung weitgehend erreicht. Wir wollen die bürokratischen Hindernisse für einen freien Verkehr von Dienstleistungen auf unserem europäischen Markt beseitigen, aber wir wollen keine Situation schaffen, die unsere sozialen Dienste, unsere Arbeitsnormen, unsere Vorkehrungen auf den Gebieten der Gesundheit und des Arbeitsschutzes oder andere wesentliche Schutzmerkmale unterminiert. Wir wollen Schutz, aber keinen Protektionismus. Mit dem geänderten Text wird eine Ausgewogenheit erreicht, die es im ursprünglichen Entwurf nicht gab.
Dorette Corbey (PSE), schriftlich. (NL) Nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstaben b) und c) müssen einzelstaatliche Rechtsvorschriften einer Prüfung auf ihre Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit unterzogen werden, was ich als inakzeptable Einmischung in die nationale Souveränität erachte. Wenn ich den Text richtig interpretiere, schafft dies Rechtsunsicherheit und behindert die nationalen Behörden in ihrer Arbeit. Selbstverständlich sollten Rechtsvorschriften zu solchen Themen wie Umweltschutz verhältnismäßig sein, aber das ist stets eine Frage der politischen Beurteilung. Nicht wünschenswert ist, dass die EU und der Europäische Gerichtshof den nationalen Politikern über die Schultern schauen. Abgesehen von Absatz 1 Buchstaben b) und c) kann ich dem Kompromiss jedoch zustimmen.
Mia De Vits (PSE), schriftlich. (NL) Ich habe gegen den Bericht über die Dienstleistungsrichtlinie gestimmt und möchte dafür drei Gründe nennen.
1) Auch wenn das Parlament Verbesserungen am Kommissionsentwurf vorgenommen hat, ich halte sie für nicht ausreichend. Dass die Richtlinie auf einige öffentliche Dienstleistungsbereiche, die so genannten Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, weiter Anwendung finden soll, ist verkehrt. Tätigkeiten, wie z. B. das Einsammeln von Hausmüll und die Wasserversorgung, sollten wirklich nicht in diese Richtlinie gehören. Darüber hinaus bedarf es eines Rahmengesetzes, um das Recht auf öffentliche Dienstleistung auf eine sichere Grundlage stellen zu können.
2) Einige Punkte in der Richtlinie können mehrdeutig ausgelegt werden. Da die Öffentlichkeit Europa gegenwärtig mit Skepsis betrachtet, ist Rechtsunsicherheit bei Gesetzestexten somit das Letzte, was wir brauchen.
3) Was wir benötigen, ist ein soziales und zuverlässiges Europa mit gleichen harmonisierten Spielregeln, die im gesamten Binnenmarkt gelten, und mit dieser Richtlinie wird ein solches Europa nicht geschaffen.
Gleichwohl stelle ich erfreut fest, dass solche sensiblen Bereiche wie die Hafendienste, die Beschäftigungsagenturen, die Pflege älterer Menschen, der Gesundheitssektor und die Kinderbetreuung vom Geltungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommenen wurden und dass zudem die sozialen Errungenschaften jedes Landes unangetastet bleiben, so dass kein Sozialdumping betrieben werden kann. Ich habe für die diesem Ziel dienenden Änderungsanträge gestimmt und ebenso für all jene Änderungsanträge, durch die der Text verbessert und präzisiert wurde.
Antoine Duquesne (ALDE), schriftlich. – (FR) Die Verabschiedung der Dienstleistungsrichtlinie stellt einen bedeutenden Fortschritt für die Europäische Union dar. Das Wesentliche des ursprünglichen Entwurfs hat trotz allem bewahrt werden können, und der verabschiedete Text wird die erfolgreiche Umsetzung der Lissabonner Strategie fördern, wie aus den jüngsten Untersuchungen der Kommission hervorgeht.
Die Richtlinie wird die Tätigkeit im Dienstleistungssektor fördern, die eine äußerst wichtige Quelle von Arbeitsplätzen darstellt. Dies wird ein wesentlicher Vorteil insbesondere für Belgien sein, dessen Wirtschaft stark auf Dienstleistungen ausgerichtet ist.
Mit den vom Binnenmarkt-Ausschuss eingebrachten Änderungen konnte auf die wesentlichen Bedenken der Öffentlichkeit eingegangen werden, indem die Tragweite der Richtlinie präzisiert und einer langen Desinformationskampagne ein Ende gesetzt wurde. Der erste Kompromissvorschlag von EVP-ED und SPE hätte die Richtlinie völlig ihres Sinnes beraubt. Glücklicherweise stellt der endgültige Kompromiss – auch wenn er nicht gerade Begeisterung hervorruft – einen ersten Schritt dar, der besser ist als nichts und die wesentlichen Anliegen der Befürworter der Richtlinie berücksichtigt.
Es ist nun am Rat, den vom Parlament erreichten endgültigen Kompromiss zu bestätigen und zu verbessern.
Lena Ek (ALDE), schriftlich. (SV) Heute äußert sich das Europäische Parlament dazu, wie wir einen freien Dienstleistungsverkehr in der EU schaffen können – eine der vier Freiheiten, auf der unsere gemeinsame europäische Zusammenarbeit basiert. In einer immer stärker globalisierten Weltwirtschaft und bei einer ständigen Verschärfung des Wettbewerbs muss die europäische Wirtschaft besonders die Bereiche nutzen, in denen wir am wettbewerbsfähigsten sind. Der Dienstleistungssektor ist ein solcher Bereich. Die Kompromisse, über die die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten sowie die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament übereingekommen sind, haben leider neue Möglichkeiten für die Legalisierung eines allgemeinen Protektionismus geschaffen, der den Handel mit Dienstleistungen zwischen Nachbarländern behindert und einen besonders harten Schlag gegen die Mitgliedstaaten darstellt, die erst jüngst beigetreten sind. Dennoch habe ich heute für den verwässerten Vorschlag gestimmt, denn dieser kann ein erster Schritt auf dem Weg zu einem hoffentlich freien Verkehr der Dienstleistungen sein - die dem Wettbewerb ja bereits ausgesetzt sind -, einem Dienstleistungsverkehr, der unseres gemeinsamen europäischen Binnenmarktes würdig ist.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wir sind enttäuscht, weil unser Vorschlag, die Bolkestein-Richtlinie abzulehnen, nicht angenommen wurde. Diese Richtlinie bildet den Kern der so genannten Lissabon-Strategie und ist die Stütze des Neoliberalismus im Bereich der Dienstleistungen. Mit ihr soll den Interessen der großen Wirtschafts- und Finanzgruppen in der EU gedient werden, wie die Haltung von deren Vertreterverbänden zeigt, etwa des Arbeitgeberverbands UNICE.
Durch den Kampf der Arbeitnehmer und der Bevölkerungen sind zwar einige Zugeständnisse und Umformulierungen erzwungen worden, die wir unterstützt haben, wenn sie positiv waren, aber mit der verwerflichen Übereinkunft zwischen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten und der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament sind die Erwartungen derer vereitelt worden, die darauf vertraut haben, dass das Parlament einen Vorschlag wie diesen ablehnen könnte, der den Arbeitnehmern und den Menschen in den Mitgliedstaaten Schaden zufügt.
Dementsprechend haben wir gegen den Vorschlag als Ganzes und viele der konkreten Punkte, die wir ablehnen, gestimmt, insbesondere in folgenden Bereichen:
- die Liberalisierung der meisten Dienstleistungen, eingeschlossen sensible öffentliche Sektoren und Dienstleistungen, beispielsweise Wasser, sozialer Wohnungsbau, Energie, Postdienste, Forschung, Bildung und Ausbildung, kulturelle Dienste und Sicherheitsdienste; unsere Vorschläge zu ihrer Streichung aus dem Geltungsbereich der Richtlinie wurden nicht angenommen;
- die Tatsache, dass die vertraglichen Beziehungen der Arbeitnehmer, vor allem selbstständig Tätiger, jetzt noch gefährdeter sind;
- die verstärkten Schwierigkeiten beim Schutz der Verbraucherrechte, der Endbenutzer von öffentlichen Dienstleistungen und der Umwelt.
Jean-Claude Fruteau (PSE), schriftlich. – (FR) Der zur Abstimmung gestellte Text sollte die Herstellung eines wirklichen Dienstleistungs-Binnenmarktes ermöglichen und gleichzeitig den Richtlinienentwurf korrigieren, dessen auf der Konkurrenz zwischen den Sozial- und Steuergesetzgebungen der Mitgliedstaaten beruhende Philosophie durch die Angleichung der einzelnen Sozialmodelle nach unten dramatische Konsequenzen hätte.
Das erste Ziel ist zwar erfüllt worden, doch nicht das zweite. Das Parlament hat zweifelsohne dazu beigetragen, die Linie des ursprünglichen Textes durch die Streichung des Herkunftslandsprinzips, durch den Ausschluss der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse aus dem Geltungsbereich der Richtlinie und durch den Schutz des Arbeitsrechts zu korrigieren.
Allerdings bleiben noch zahlreiche Grauzonen bestehen. So sind die öffentlichen Dienstleistungen wirtschaftlicher Natur (DAWI) und die Sozialleistungen weiterhin der Bedrohung durch ein nicht hinnehmbares Sozialdumping ausgesetzt. Das durch den Wegfall des Herkunftslandsprinzips entstehende Rechtsvakuum wird höchstwahrscheinlich zu einer Situation führen, in der es den Richtern des Europäischen Gerichtshofs überlassen bleibt, das Sozialrecht ohne Ergebnisgarantie und ohne demokratische Kontrolle auszugestalten.
Aus diesen wesentlichen Gründen ist es mir, auch wenn ich die in dieser Angelegenheit erreichten Fortschritte begrüße, nicht möglich, für den dem Parlament vorgelegten endgültigen Text zu stimmen.
Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Die Dienstleistungsrichtlinie ist in ihrer heute verabschiedeten Form inakzeptabel, denn sie weist nur billige kosmetische Korrekturen gegenüber der ursprünglichen Fassung auf.
Die übergroße Mehrheit der handwerklichen Tätigkeiten bleibt dem Wettbewerb ausgesetzt, während dieser Sektor in meinem Land die meisten Arbeitskräfte beschäftigt und die meisten Arbeitsplätze schafft. Auch wenn die allzu expliziten Verweise auf das Herkunftslandsprinzip verschwunden sind, verbleiben doch Bereiche, in denen dieses skandalöse Prinzip ganz oder teilweise weiterhin gilt. Aufgrund der verbleibenden Unklarheiten, Grauzonen und Widersprüchlichkeiten erhält der Gerichtshof von Luxemburg die Gelegenheit, die Richtlinie auf seine Weise auszulegen. Dieser hat jedoch stets zugunsten derer entschieden, die bestimmte Normen insbesondere sozialer Natur als ein nicht hinzunehmendes Hindernis für den Wettbewerb ansehen. Die Kommission wird so die Gelegenheit erhalten, in Bereichen wie Sozialschutz oder Arbeitsrecht, in denen sie keine Befugnis hat, auf eine Harmonisierung nach unten zu drängen.
Ob abgeändert oder nicht, ich sage nein zu der Bolkestein-Richtlinie, nein zu den ihr zugrunde liegenden absurden Grundsätzen, nein zu rechtlichem und sozialem Dumping, nein zu dem in höchsten Tönen gepriesenen ungebremsten Wettbewerb, der nur zu Arbeitslosigkeit führt, nein zu den zu erwartenden Betriebsverlagerungen, nein zu diesen Eurokraten, die sich weigern, die Meinung der Völker zur Kenntnis zu nehmen, um ihnen weiterhin Politiken aufzuzwingen, die sie nicht wollen.
Hélène Goudin, Nils Lundgren und Lars Wohlin (IND/DEM), schriftlich. (SV) Die Juniliste teilt die Auffassung, dass der Binnenmarkt für Dienstleistungen noch nicht vollendet ist. Wir begrüßen die Dienstleistungsrichtlinie und sind der Meinung, dass Dienstleistungsunternehmen, unabhängig davon, aus welchem Land sie kommen, in keinem Mitgliedstaat diskriminiert werden dürfen.
Zentraler Punkt der Aussprache über die Dienstleistungsrichtlinie ist die Frage, ob die Richtlinie durch das Herkunftslandprinzip (Artikel 16) bestimmt werden soll. Die Juniliste misst sowohl dem Binnenmarkt als auch der nationalen Selbstbestimmung großen Wert bei. Daraus ergibt sich folgende grundlegende Fragestellung: Bringt das Herkunftslandprinzip so entscheidende Vorteile, dass wir bereit sind, Abstriche an der nationalen Selbstbestimmung zu machen? Diese Frage verneinen wir.
Das Herkunftslandprinzip betrifft wichtige, aber äußerst begrenzte Sektoren wie die Bauwirtschaft, Montagearbeiten und Beratungsdienstleistungen. Wir befürworten einen Wettbewerb in diesen Bereichen, meinen aber, dass dabei die Bedingungen für alle Beteiligten gleich sein müssen. Unserer Meinung nach müssen auf dem Territorium Schwedens schwedische Vorschriften gelten. Damit befürworten wir das so genannte Aufnahmelandprinzip.
Außerdem vertreten wir die Auffassung, dass nationale Dienstleistungsmonopole respektiert werden müssen. Über deren konkrete Gestaltung ist auf der Grundlage einer breiten Debatte im jeweiligen Mitgliedstaat zu entscheiden.
Aus unseren Ausführungen folgt, dass wir den von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten sowie der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament vorgelegten Kompromiss unterstützen.
Françoise Grossetête (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für den abgeänderten Vorschlag gestimmt. Ich hoffe, das Ergebnis der Abstimmung über die Dienstleistungs-Richtlinie wird der weit verbreiteten falschen Vorstellung den Garaus machen, die Europäische Kommission würde alles entscheiden.
Ein Text kommt nicht unverändert zur Anwendung, nur weil er von der Europäischen Kommission vorgeschlagen wurde. Aufgrund politischer Mauscheleien aus wahltaktischen Gründen hat man den Franzosen weisgemacht, das wäre der Fall. Die so genannte „Bolkestein“-Richtlinie ist ein Beispiel für die Manipulation des Volkes. Das Europäische Parlament hat heute gezeigt, dass die gesetzgebende Gewalt in den Händen der Bürgervertreter liegt.
Der Vorschlag der Europäischen Kommission war nicht angemessen. Daher haben wir ihn abgeändert, um Ausgewogenheit zwischen den wirtschaftlichen Vorteilen der Liberalisierung des Dienstleistungsmarkts und der absoluten Notwendigkeit, jedes Sozialdumping zu vermeiden, herzustellen.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Die Mehrheit im Parlament hat den Kompromiss zwischen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten und der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, bei dem es darum ging, wesentliche Aspekte der vorgeschlagenen Richtlinie über die Liberalisierung der Dienstleistungen zu erhalten, nicht – wie von uns vorgeschlagen – abgelehnt, sondern ihm zugestimmt.
Infolge der entschiedenen Verurteilung der schlimmsten Aspekte dieses Vorschlags und der Kampagne der Arbeitnehmer für eine Ablehnung der Richtlinie hat die Mehrheit im Parlament einige Bereiche aus dem Anwendungsbereich herausgenommen sowie eine Entscheidung darüber auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, und mit einem rechtlichen Taschenspielertrick hat sie die Regelung über die Anwendung der Bestimmung zum Herkunftsland des Leistungserbringers kaschiert.
Selbst wenn nicht alle ehrgeizigen Pläne der großen Wirtschafts- und Finanzgruppen verwirklicht wurden, ist der Wettbewerb in einer Reihe von Dienstleistungssektoren doch verstärkt worden, auch bei den öffentlichen Dienstleistungen. Das wird nachteilige Folgen für die Arbeitnehmerrechte und für die erbrachten Dienstleistungen haben. Zudem ist die Souveränität der einzelnen Länder noch weiter beschnitten worden, während die Rolle des Gerichtshofs gestärkt wurde.
Die Richtlinie über die Liberalisierung der Dienstleistungen ist noch nicht beschlossen. Der Rat, in dem die portugiesische Regierung einen Sitz hat, muss seine Verantwortung wahrnehmen. Wir werden unsererseits weiter für die Ablehnung der vorgeschlagenen Richtlinie kämpfen, die, falls sie verabschiedet wird, die Interessen der Arbeitnehmer und der Länder aushöhlen wird.
Jacky Henin (GUE/NGL), schriftlich. – (FR) Alles lässt sich mit zwei Zahlen zusammenfassen: Die Dienstleistungen erbringen gegenwärtig 70 % der Wertschöpfung in der Union, doch sie stellen nur 20 % des gemeinschaftlichen Handelsaustauschs dar.
Da sich die meisten Dienstleistungsunternehmen nicht verlagern lassen, verlagert man die Elendslöhne, und dazu hat man sich die Bolkestein-Richtlinie ausgedacht. Ihr Ziel: Reduzierung der Löhne auf das absolute Minimum, Absenkung des Sozialschutzes, Beschneidung der Verbraucherrechte, Zerschlagung der öffentlichen Dienstleistungen. Dies ist keine Ultraliberalismus mehr, dies ist Totalliberalismus.
Der von EVP und SPE ausgekungelte Kompromiss, der weit davon entfernt ist, das Herkunftslandsprinzip zu regeln und die öffentlichen Dienstleistungen vor dem unerbittlichen Gesetz des Marktes zu bewahren, bewirkt lediglich, dass die oberste Entscheidungsgewalt in die Hände der Kommission und des Gerichtshofs gelegt wird. Angesichts der ultraliberalen Einstellung der Kommission und des Gerichtshofs ist dies so, als ob man den Hühnerstall von einem Fuchs bewachen lässt.
Die Annahme der Dienstleistungs-Richtlinie würde bedeuten, das Todesurteil für den Schutz der Arbeitnehmer und der Verbraucher sowie für den Schutz der öffentlichen Dienstleistungen auszustellen.
Die Völker Europas brauchen keine Richtlinie, die ihre demokratisch getroffenen sozial- und steuerpolitischen Entscheidungen miteinander in Konkurrenz setzt.
(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 163 Absatz 1 GO)
Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Das Kompromisspaket, auf das sich die Sozialdemokratische und die Konservative Fraktion geeinigt haben, führt zu einem unklaren Ergebnis. Zum Beispiel weigerten sich die beiden großen Fraktionen, sich trotz großer Befürchtungen vieler im Sektor der sozialen Betreuung Beschäftigter für eine ausdrückliche Herausnahme der sozialen Dienstleistungen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie einzusetzen. Allerdings haben sie solche sozialen Dienstleistungen „wie soziales Wohnungswesen, Kinderbetreuung und familiäre Dienstleistungen“ ausgenommen. Diese nicht erschöpfende Liste bestimmter sozialer Dienstleistungen erzeugt Rechtsunsicherheit, und es lässt sich unmöglich beurteilen, welche sozialen Dienstleistungen neben den Bereichen Wohnungswesen, Kinderbetreuung und familiäre Dienstleistungen von der Richtlinie noch betroffen sind.
Ausdrücklich ausgenommen sind infolge dieses Kompromisses auch nicht solche Schlüsselsektoren wie Bildung, Wasser und Kultur. Der Kompromiss gefährdet die Rechte der Verbraucher, indem er den Mitgliedstaaten nicht gestattet, auf dem Verbraucherschutz beruhende Forderungen durchzusetzen.
Aus diesen Gründen habe ich gegen den geänderten Bericht gestimmt.
Karin Jöns (PSE), schriftlich. Der Kommissionsvorschlag zur Dienstleistungsrichtlinie zielte auf Sozialdumping und Entregulierung. Ich bin froh darüber, dass es meiner Fraktion gelungen ist, diese Richtlinie in ihr Gegenteil zu verkehren:
Das Herkunftslandprinzip ist gestrichen. Und es gilt der Marktzugang ohne Diskriminierung. Auch gilt das Arbeitsrecht am Ort der Dienstleistungserbringung. Wichtig ist ferner: Die Entsenderichtlinie gilt ohne Einschränkung und die Leiharbeit ist ausgenommen. Nun ist der Rat aufgefordert, die europäische Gesetzgebung zur Leiharbeit nicht weiter zu blockieren.
Ich begrüße, dass die Dienste von allgemeinem Interesse aus dem Geltungsbereich der Richtlinie herausgenommen wurden. Ich bedaure dagegen, dass die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse der Richtlinie noch zum Teil unterliegen. Wir brauchen dringend eine europäische Rahmenrichtlinie, die diesen wichtigen Bereich gesondert regelt.
Im weiteren Gesetzgebungsprozess muss vor allem auf folgende Punkte geachtet werden:
Vorrang vor Regeln des Wirtschaftslebens müssen die Grundfreiheiten der Arbeitnehmer haben. Die auf tarifvertraglicher oder gesetzlicher Grundlage bestehenden Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsrechte der Arbeitnehmer dürfen nicht untergraben werden.
Die berechtigten Interessen des Allgemeinwohls, die Artikel 4 Absatz 7a in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH definiert, müssen durchgehend beachtet werden.
Für grenzüberschreitende wie für inländische Dienstleister müssen die auf gesetzlicher Grundlage bestehenden Verpflichtungen im Interesse in- und ausländischer Arbeitnehmer (Beitragsverpflichtungen zu Berufsgenossenschaften, Urlaubskassen usw.) gleichermaßen gelten.
Timothy Kirkhope (PPE-DE), schriftlich. (EN) Ich und meine Kollegen von den britischen Konservativen haben Maßnahmen zur Vervollkommnung des Binnenmarkts in der Europäischen Union seit langem nachdrücklich unterstützt. Die Liberalisierung der Dienstleistungen auf dem Binnenmarkt bedeutet einen wesentlichen Schritt hin zu diesem Ziel und bietet der erfolgreichen britischen Dienstleistungsbranche viele neue Chancen für eine gedeihliche Entwicklung in der Zukunft.
Wir haben heute zwar für das abschließende Paket gestimmt, sind jedoch enttäuscht, dass eine Gelegenheit verpasst wurde, sich auf eine wahrhaft liberalisierende Richtlinie zu einigen. Wir fordern daher den Rat und den britischen Premierminister auf, unverzüglich Schritte zur Stärkung der Richtlinie einzuleiten.
Hätten wir gegen dieses unzulängliche Paket gestimmt und zu seinem Scheitern beigetragen, dann hätten wir jenen Linkskräften in Europa in die Hände gespielt, die ideologisch gegen Liberalisierung, freie Märkte und Wirtschaftsreform auftreten. Die europäische Wirtschaft braucht die Liberalisierung dringend, und wir werden weiter dafür eintreten, wenn das Parlament dieses Thema in zweiter Lesung erneut behandelt.
Jean Lambert (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Ich habe gegen diesen Bericht gestimmt, weil ich nicht glaube, dass das Endergebnis in einer Reihe von Bereichen die nötige Klarheit bringt. Es ist nicht eindeutig, dass wir das so genannte Herkunftslandprinzip herausgenommen haben: Ja, es geht nicht klar daraus hervor, welches Recht auf ein Unternehmen angewendet wird, das grenzüberschreitende Dienstleistungen auf Zeitbasis anbieten will. Es ist auch nicht klar, wo sich die Trennlinie für Dienstleistungen befindet, die als eine öffentliche Dienstleistung, aber von einem privaten Anbieter oder Subauftragnehmer angeboten werden. Ich begrüße die Herausnahme der Patientenmobilität aus der Richtlinie – sie hätte nie aufgenommen werden dürfen. Tatsache ist, dass der allumfassende Vorschlag der Kommission unüberlegt und schlecht durchdacht war. Ich hoffe auf größere Änderungen in ihrem nächsten Vorschlag.
Carl Lang (NI), schriftlich. – (FR) Beginnend mit der Tagung des Europäischen Rates im März 2000 in Lissabon, auf der Frankreich von Jacques Chirac und Lionel Jospin vertreten war, über die Arbeiten des Rates „Binnenmarkt“ bis zu den mit voller Unterstützung der EVP-ED und der SPE angenommenen parlamentarischen Berichten Berger und Harbour waren die europäischen Liberalen, die Konservativen und die Sozialisten die wahren Initiatoren der so genannten Bolkestein-Richtlinie.
In dieser Angelegenheit war der Europäische Rat von Lissabon nur der generelle Ausdruck des Willens einer politischen Klasse, der es ideologisch um die möglichst schnelle Verwirklichung des Dienstleistungs-Binnenmarktes ging.
Durch das plötzliche Aufbegehren des niederländischen und des französischen Volkes, die den Entwurf der Europäischen Verfassung ablehnten, um ihre sozialen Errungenschaften zu schützen, ist diese Zeitbombe der ungebremsten Liberalisierung des Dienstleistungsmarktes glücklicherweise gestoppt worden.
Die Linke, die sich in den Wirrungen des liberalen Europäismus verfangen hat, verliert sich heute in pathetischer Betroffenheit und in ihren inneren Widersprüchen.
Die uns vorgeschlagene abgeänderte Fassung der Dienstleistungsrichtlinie weist lediglich äußerliche Veränderungen auf, ohne dass der Inhalt berührt wird. Ob abgeändert oder nicht, diese Richtlinie ist von Übel, weil die vorgeschlagene Binnenmarktstrategie an sich schädlich ist.
Daher setzen wir dem Bericht Gebhardt ein soziales und nationales Nein entgegen.
Jean-Marie Le Pen (NI), schriftlich. – (FR) Das Abstimmungsergebnis vom 29. Mai 2005 zur Europäischen Verfassung hat sich als wirklicher politischer und sozialer Sprengstoff erwiesen.
Der eigentliche Plan B bestand in Wirklichkeit in der Rücknahme der Bolkestein-Richtlinie. Denn ohne die negative Volksabstimmung in Frankreich und in den Niederlanden hätten sich die Fraktionen der Sozialisten, der Grünen, die UMP und die UDF, die alle die Europäische Verfassung und intensiveren Wettbewerb in Europa befürworten, nicht so entschlossen gezeigt in der Verurteilung des Herkunftslandsprinzips und der Angriffe auf die marktbestimmten und nicht marktbestimmten öffentlichen Dienstleistungen.
Diese von Politik und Medien veranstaltete Inszenierung hat nur das Ziel, den Gesinnungswechsel der Sozialistischen Partei vergessen zu machen, die mit Lionel Jospin zur Liberalisierung der Post, von EDF und France Télécom beigetragen hat. In dieser Frage sehen wir keinen Unterschied zwischen den Liberalen, den Postmarxisten oder Internationalisten, die alle verantwortlich und mitschuldig sind. Nur die von uns angestrebte nationale Struktur kann uns vor Bolkestein, Mittal Steel oder vor feindlichen Übernahmeangeboten der Multis oder der US-amerikanischen Pensionsfonds schützen.
Europa ist wegen der Dienstleistungsrichtlinie solange zerstritten, bis das Allgemeine Dienstleistungsabkommen der WTO alle im Namen des freien Wettbewerbs und des alles beherrschenden Marktes einigt!
Fernand Le Rachinel (NI), schriftlich. – (FR) Die Dienstleistungsrichtlinie, die Bolkestein-Richtlinie von trauriger Berühmtheit, ist eine Maschine, die nur Arbeitslosigkeit erzeugt. Die französische Volksabstimmung über die Europäische Verfassung hat es den Franzosen ermöglicht, die ihr zugrunde liegende ultraliberale und arbeitsplatzvernichtende Philosophie zu erkennen. Heute ist die Richtlinie nach einigen kosmetischen Korrekturen inhaltlich immer noch unverändert.
Nur weil das Herkunftslandsprinzip gestrichen wurde, ist der Grundsatz der freien Dienstleistungserbringung nämlich nicht verschwunden. All dies ist ein riesiges Verschleierungsmanöver, um das, was die Liberalen, die Konservativen und die Linke, die alle gleichermaßen europabesessen sind, seit fast zwei Jahren mit ihren jeweiligen nationalen Regierungen raffiniert eingefädelt haben, mit Macht durchzusetzen. Ob die Bolkestein-Richtlinie, die Dienstleistungsrichtlinie oder der Gebhardt-Bericht, all diese Texte, die Gegenstand von Polemiken und dann von in letzter Sekunde von den Fraktionen des Europäischen Parlaments durchgesetzten Kompromissen waren, laufen auf das Gleiche hinaus und müssen nachdrücklich abgelehnt werden.
Wir widersetzen uns entschieden dieser ultraliberalen und antinationalen Auffassung des Dienstleistungs-Binnenmarkts, der letztlich nur ein Ziel hat, nämlich unter dem Vorwand des „freien und unverfälschten Wettbewerbs“ unser französisches Handwerk und unsere Kleinbetriebe zu zerstören.
Marie-Noëlle Lienemann (PSE), schriftlich. – (FR) Ich habe gegen diesen Text gestimmt, der trotz einiger Fortschritte gegenüber dem Entwurf von Herrn Bolkestein ernste Gefahren für unser Sozialmodell in sich birgt.
Das Herkunftslandprinzip ist nur formal, aber nicht wirklich aufgegeben worden, denn aufgrund des im Text vorhandenen Rechtsvakuums wird es durch die Hintertür wieder eingeführt – (faktische Anwendung des Übereinkommens von Rom und des Prinzips der Nähe) – und dem Gerichtshof die Abwägung mit dem Bestimmungslandsprinzip überlassen, die der Gesetzgeber vornehmen müsste. Die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse verbleiben im Geltungsbereich der Richtlinie, wodurch die in Europa ohnehin schon beschädigten öffentlichen Dienstleistungen vollends gefährdet werden. Die Abstimmungsergebnisse haben eine ultraliberale Orientierung bestätigt.
Den Staaten wird die Möglichkeit genommen, bestimmte Berufe zu regeln und die Anwendung von Richtlinien wie der Entsenderichtlinie, die einen schwachen Damm gegen das Sozialdumping darstellen, effizient zu kontrollieren.
Die Europäische Union braucht einen alternativen Entwurf, der die Harmonisierung der Sozial-, Umweltschutz- und Verbraucherschutzbestimmungen nach oben beinhaltet und die öffentlichen Dienstleistungen ausschließt, für deren Schutz eine Rahmenrichtlinie erforderlich ist.
Astrid Lulling (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe es jedem gesagt, der es hören wollte, dass ich für einen Kompromiss bin, doch bin ich nicht bereit, mich zum Narren machen zu lassen.
Ich bin für das Herkunftslandsprinzip. Die Verhandlungsführer meiner Fraktion haben mir zugesagt, dass der neue Wortlaut, wonach die Mitgliedstaaten das Recht der Dienstleistungserbringer, Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ihrer Niederlassung zu erbringen, zu achten haben, mit diesem Prinzip identisch ist. Wenn dies der Fall ist, kann ich für den Kompromiss stimmen. Doch die Verhandlungsführer der SPE verkünden lauthals, dass es ihnen gelungen sei, diesem Prinzip, das sie zu Unrecht als Wurzel aller wirtschaftlichen und sozialen Übel ansehen, den Garaus zu machen.
Die Streichung des Herkunftslandsprinzips in Artikel 16 würde Rechtsunsicherheit für die Dienstleistungserbringer bedeuten, die im Ungewissen unter der Kontrolle des Gerichtshofs handeln müssten.
Des Weiteren gehen die Sicherheitsklauseln in Absatz 3 über die Rechtsprechung hinaus und vermitteln den Eindruck, die Anwendung des Bestimmungslandsprinzips könne auf der Grundlage einer bloßen „Notwendigkeit“ ohne Prüfung der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung verlangt werden. Die sich daraus für diese wesentlichen Bestimmungen ergebende Verschwommenheit veranlasst mich, bestimmte Teile des Kompromisstextes zu Artikel 16 nicht zu unterstützen.
(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 163 Absatz 1 GO)
Cecilia Malmström (ALDE), schriftlich. (SV) Da der Dienstleistungssektor von großer Bedeutung ist, hätte ich es begrüßt, wenn wir auf diesem wichtigen Markt einen größeren Schritt nach vorn getan hätten. Leider stellt die heutige Abstimmung nur einen sehr bescheidenen Schritt dar, was ich bedauere. Eine unheilige Allianz von Konservativen und Sozialdemokraten ebnet mit ihrem Verhalten protektionistischen Bereichen und Rechtsstreitigkeiten den Weg und begrenzt den Dienstleistungsmarkt. Bei einer solchen Entwicklung würden sich die europäischen Arbeitnehmer und Verbraucher auf der Verliererseite wiederfinden. Ich bedauere, dass wir den neuen Mitgliedstaaten signalisieren, dass immer noch eine Mentalität nach dem Muster „Wir hier“ und „Die Anderen dort drüben“ herrscht. Mit großem Zögern habe ich für den Vorschlag gestimmt, der trotz allem für den Dienstleistungsmarkt ein kleiner Schritt nach vorn ist.
Toine Manders (ALDE), schriftlich. (NL) Die Richtlinie in der von diesem Haus angenommenen Form verpflichtet die Mitgliedstaaten zum Abbau aller Hemmnisse, durch die der freie Dienstleistungsverkehr noch behindert wird. Da dies vor allem für die KMU einen Fortschritt bedeutet, habe ich für den Kompromiss gestimmt.
Durch seine Umbenennung verschwindet das Herkunftslandprinzip noch nicht aus dem Vertrag, sofern der Fortbestand des Binnenmarkts nicht verleugnet werden soll. Ich vertraue darauf, dass die Kommission und der Rat einen besseren Gegenvorschlag vorlegen werden.
Ich hätte eine noch weiter gehende Liberalisierung des Dienstleistungsmarktes vorgezogen und bin insofern über die Haltung der Sozialdemokraten und Christdemokraten enttäuscht: Nur die Liberalen haben von Anfang an deutlich signalisiert, dass sie die freie Marktwirtschaft in Europa unterstützen und den Binnenmarkt weiter liberalisieren wollen. Sowohl die Sozialdemokraten als auch die Christdemokraten haben ihre Seele verkauft, um auf Kosten der Verbraucher mit den Gewerkschaften gut Freund bleiben zu können. Durch einen solchen Protektionismus setzen wir die Zukunft unserer Kinder aufs Spiel!
Jean-Claude Martinez (NI), schriftlich. – (FR) Seit 50 Jahren gehört die Freiheit der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung zu den vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes. Das hat auch der Gerichtshof mit seiner Anerkennung des Herkunftslandsprinzips bekräftigt. Für die Blinden unter uns sei darauf hingewiesen, dass das im April 1994 in Marrakesch unterzeichnete WHO-Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen im Weltmaßstab eine „Erbringungsart 4“ in Form der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen vorsieht, d. h. einer zeitweiligen Immigration zu den Sozialdumpingbedingungen des Herkunftslandes.
Die führenden Politiker Europas tun jetzt so, als würden sie diesen alten Grundsatz erst jetzt entdecken, obwohl dieses Herkunftslandsprinzip den europäischen Volkswirtschaften schon seit Jahrzehnten übel mitspielt. Wenn das französisch beeinflusste europäische Sozialmodell mit seiner Rente, seiner Krankenversicherung, seiner kostenlosen Schulausbildung, seinen Postämtern, seinen Eisenbahnen, seinen Krankenhäusern aufrechterhalten werden soll, dann muss nicht nur verhindert werden, dass die Arbeitnehmer zu den niedrigst möglichen Löhnen, die in den sozial am weitesten zurückgebliebenen Ländern üblich sind, bezahlt werden, sondern es muss auch die Vorstellung eines Marktes ohne Zollschutz zurückgewiesen werden, der die wahre Ursache des Sozialdumpings ist, von dem die Regel des Herkunftslandsprinzips nur ein Symptom darstellt. Der Ausgangspunkt des sozialen Krebsgeschwürs, die abnorme Zelle, ist die Vorstellung des Binnenmarktes ohne Zollschleusen. Das Herkunftslandsprinzip ist nur eine Metastase.
David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich bin erfreut über das Ergebnis dieser historischen Abstimmung über den Binnenmarkt bei den Dienstleistungen. Es beweist die Fähigkeit des Europäischen Parlaments, mit einer komplexen Gesetzgebung umzugehen und wesentliche Verbesserungen vorzunehmen, die die Belange der Menschen in unserer Gemeinschaft berücksichtigen: in diesem Fall zu gewährleisten, dass die Rechte von Arbeitnehmern und Verbrauchern nicht durch ambitiöse und voraus denkende Gesetzgebung untergraben werden.
Bei meiner Stimmabgabe für die geänderte Dienstleistungsrichtlinie bin ich für Maßnahmen eingetreten, die einen Ausgleich schaffen zwischen der Öffnung des Binnenmarkts sowie der Sicherung der sozialen Rechte von Arbeitnehmern und dem Schutz unserer wichtigen öffentlichen Dienstleistungen.
Bei der Öffnung des Dienstleistungsmarkts geht es nicht nur um die Stärkung großer Unternehmen, sondern auch um die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Aufteilung eines potenziellen wirtschaftlichen Nutzens von rund 30 Milliarden Euro auf Verbraucher und Produzenten. Diese Gesetzgebung wird kleinen und mittleren Unternehmen die Chance geben, grenzüberschreitende Dienstleistungen anzubieten, und ihnen am Ende ermöglichen, Vorteil aus der einzigartigen regionalen Integration zu ziehen, die eine Union von 25 Staaten bietet, ohne sich auf teures Rechtsgerangel vor den Gerichten einlassen zu müssen.
Angesichts der Herausforderungen florierender Dienstleistungsmärkte in Drittländern, wie Indien und China, muss Europa diese Gelegenheit ergreifen, um seinen Wettbewerbsvorteil in einem dynamischen Wachstumssektor zu verbessern.
Arlene McCarthy (PSE), schriftlich. (EN) Als Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz begrüße ich die heutige historische Abstimmung über die Öffnung des Dienstleistungsmarkts in ganz Europa. Dies ist das letzte Stück in dem Puzzle der Errichtung des Binnenmarkts. Zu lange schon hat eine lächerliche Bürokratie kleine und mittlere Unternehmen daran gehindert, in anderen EU-Mitgliedstaaten Geschäfte zu machen. Angesichts von mehr als 53 beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Fällen, in denen Unternehmen um ihr vertragliches Recht ringen, Dienstleistungen in ganz Europa erbringen zu dürfen, ist es an der Zeit, dass wir Vorschriften für das Funktionieren des Dienstleistungsmarkts festlegen. Das Parlament hat auf die Belange und Ängste der Menschen gehört und sichergestellt, dass die Freiheit der Erbringung von Dienstleistungen nicht gleichbedeutend ist mit der Freiheit, die Beschäftigungsbedingungen der Bürgerinnen und Bürger und ihre Rechte als Verbraucher zu untergraben. Wir wollen ein Ende des Protektionismus, möchten aber die arbeitenden Menschen und die Verbraucher schützen. Wir haben gern einen Kompromiss befürwortet und unterstützt, der dieses entscheidende Interessengleichgewicht zugunsten der Bürgerinnen und Bürger in der gesamten EU wahrt.
Kartika Tamara Liotard und Erik Meijer (GUE/NGL), schriftlich. (NL) Das ehemalige Kommissionsmitglied Bolkestein war der Überzeugung, dass vernünftige Rechtsvorschriften und angemessene Tarifverträge, wie sie in vielen EU-Mitgliedstaaten zu finden sind, in ständiger Konkurrenz zu den in anderen Mitgliedstaaten vorherrschenden unzulänglichen Regelungen stehen würden. Bestehende Unterschiede würden zu einem Wettbewerbsfaktor gemacht, mit dem Hintergedanken, der Schlechteste werde stets der Gewinner sein. Dieses extrem neoliberale Konzept war darauf angelegt, alle Errungenschaften zunichte zu machen, die sich die Arbeiterbewegung im Laufe eines Jahrhunderts erkämpft hatte.
Dem massiven Einsatz der Gewerkschaften und anderer Organisationen ist es zu verdanken, dass die Richtlinie in ihrer ursprünglichen Form nicht das Licht der Welt erblicken wird. An ihre Stelle tritt nun ein zwischen den beiden größten Fraktionen in diesem Parlament geschlossener vager Kompromiss. Sollte dieses Haus keine eindeutigen Entscheidungen treffen, wird vieles sogleich dem Europäischen Gerichtshof übergeben, der sich dann recht schnell für das äußerst umstrittene Herkunftslandprinzip entscheiden kann. Diejenigen von uns, die der Sozialistischen Partei der Niederlande angehören, waren nicht an diesem Kompromiss beteiligt. Obwohl wir für die völlige Ablehnung der Richtlinie plädieren, werden wir, solange sie noch nicht in Kraft gesetzt ist, alle von der Gewerkschaftsbewegung als Verbesserungen angesehene Änderungsvorschläge unterstützen. Unterdessen wird weiter gekämpft; zusammen mit der Gewerkschaftsbewegung werden wir uns allen Versuchen der Arbeitgeber widersetzen, die wollen, dass Anstellungen zu niedrigeren Löhnen möglich sind.
Claude Moraes (PSE), schriftlich. (EN) Die Europaabgeordneten der Labour Party haben für die geänderte Dienstleistungsrichtlinie gestimmt, um mit dem Protektionismus Schluss zu machen, aber den Schutz von Arbeitnehmern und Arbeitsplätzen zu sichern.
Das nunmehr vorliegende Verhandlungsresultat wurde ausgiebig diskutiert, um ein ideales Ergebnis für Arbeitnehmer und Unternehmer im Vereinigten Königreich zustande zu bringen.
Die Märkte im Vereinigten Königreich sind für andere EU-Länder bereits liberalisiert. Wir müssen sicherstellen, dass Unternehmen im übrigen Vereinigten Königreich, auch die Londoner Unternehmen in meinem Wahlkreis, in einen fairen Wettbewerb treten können.
Die Europaabgeordneten der Labour Party haben hart daran gearbeitet zu gewährleisten, dass die Interessen der britischen Gewerkschaften in der Frage der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen ernsthaft und vertrauensvoll berücksichtigt wurden.
Tobias Pflüger (GUE/NGL), schriftlich. Unser Ziel bleibt es, die Dienstleistungsrichtlinie zu kippen. Heute wurde ein mehr als fauler „Kompromiss“ von Sozialdemokraten und Konservativen im Europäischen Parlament mit 395 gegen 215 Stimmen verabschiedet. Zu allen schlimmen Konzessionen, die die Sozialdemokraten den Konservativen schon vorab gemacht hatten, kam kurz vor Schluss noch weiteres hinzu. So wurden die „Sozialpolitik“ und der „Verbraucherschutz“ nicht aus dem Geltungsbereich der Richtlinie herausgenommen, nachdem zuvor schon die „Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ der Dienstleistungsfreiheit unterworfen wurden. Dies ist völlig inakzeptabel.
Der verabschiedete Text ist im Ergebnis nicht nur ein Freifahrtschein für Sozialdumping in Europa, sondern auch ein Schlag ins Gesicht der Gewerkschafter, der sozialen Initiativen und all derer, die in den letzten Tagen, Wochen und Monaten gegen die Bolkestein-Richtlinie auf die Straße gegangen sind. Besonders beschämend ist das Verhalten der deutschen Sozialdemokraten, die anders als ihre französischen Kollegen in Nibelungentreue zur Bolkestein-Richtlinie standen und ihre eigene Klientel ans Messer geliefert haben.
Der Kampf gegen die Richtlinie für Sozialdumping in Europa fängt aber gerade erst an. In den nächsten Monaten müssen wir die Mobilisierung gegen das Vorhaben von Kommission, Regierungen und der unsozialen Großen Koalition in Europa verstärken.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die Entscheidung, Dienstleistungserbringern die Freiheit zu gewähren, ihre Dienstleistungen in einem beliebigen anderen Mitgliedstaat anzubieten, ohne ihnen besondere Hindernisse in den Weg zu legen, schützt die Interessen von Verbrauchern, Arbeitnehmern, Dienstleistern und von Europa insgesamt.
Der Dienstleistungsmarkt besitzt das größte Potenzial für Wachstum und Entwicklung in der europäischen Wirtschaft, und unser Ziel ist es, Reformen voranzubringen, die die Wirtschaft ankurbeln, und die Rechte von Arbeitnehmern, Verbrauchern und der Unternehmerschaft zu schützen, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, die traditionell Gefahr laufen, bei administrativen, politischen und wirtschaftlichen Hürden am meisten einzubüßen.
Ich begrüße diesen Bericht, weil ich für die echte Freiheit bin, Dienstleistungen in der EU zu begründen und zu erbringen. Wenn es möglich ist, Waren und Dienstleistungen ungehindert in einem anderen Mitgliedstaat zu beschaffen, besteht kein Grund dafür, Dienstleister an einem Ortswechsel zu hindern, sofern sie eine Reihe von Prinzipien – vor allem öffentlicher und sozialer Art – einhalten, die in der angenommenen Fassung weiter gesichert sind.
Trotz des Kompromisses – wie er in einer Fraktion mit der Verantwortung der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten notwendig ist – ist das Ergebnis ausgewogen und vor allem ein klares Zeichen, dass das Parlament eine Wirtschaft will, die die Entstehung von Arbeitsplätzen begünstigt und effektiver, fairer und wettbewerbsorientierter ist.
Frédérique Ries (ALDE), schriftlich. – (FR) Das Europäische Parlament hat heute mit seiner Abstimmung über die so genannte Bolkestein-Richtline zweifellos die Geschichte der europäischen parlamentarischen Demokratie geprägt.
Diese Abstimmung, durch die unversöhnliche Positionen miteinander versöhnt wurden, so die Frankreichs und Polens, die des EGB und die von UNICE, die der fortschrittlichen Sozialisten und die der undogmatischen Liberalen, stellt einen Schritt nach vorn in Richtung auf ein bürgerschaftliches Europa dar; eine Europäische Union, die beim Sozialdumping nicht nachgibt, trotzdem aber nicht die Beseitigung der protektionistischen Barrieren gegen die freie Dienstleistungserbringung und die Niederlassungsfreiheit vergisst.
Ja, unser Parlament hat durch dieses Votum an Bedeutung gewonnen, nicht nur weil es seiner Aufgabe als Gesetzgeber voll und ganz gerecht geworden ist – indem es beispielsweise das Herkunftslandsprinzip gestrichen hat –, sondern es hat auch die Falle zu umgehen vermocht, die von einer Koalition von unter Amnesie leitenden Euroskeptikern und übervorsichtigen Neinsagern gestellt wurde, welche vergessen zu haben scheinen, dass wir am 1. Juni 2004 das Fest der europäischen Versöhnung gefeiert haben.
Indem wir auf die Politik der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit unseren Freunden der zehn neuen Mitgliedstaaten setzten, haben wir nichts weniger getan, als eine zweite Berliner Mauer zu Fall zu bringen, und zwar diesmal in unseren Köpfen und – wie ich hoffe – für lange Zeit!
José Albino Silva Peneda (PPE-DE), schriftlich. (PT) Der Vorschlag für eine Richtlinie über die Liberalisierung von Dienstleistungen verleiht einem Konzept Gestalt, das beinahe 50 Jahre alt ist, gehörte doch der freie Dienstleistungsverkehr als zentrales Element des europäischen Aufbauwerks schon zu den frühesten Prioritäten der Europäischen Union.
Die angenommene Lösung ist ein Sieg für die europäische Demokratie und stellt einen Ausweg aus einer Sackgasse dar, die bis vor kurzem noch als unüberwindlich galt. Ohne diese Einigung wären wir in einer Situation, in der es auf Jahre hinaus niemand wagen würde, dieses Thema in Angriff zu nehmen, was nachteilige Folgen für das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen hätte.
Die Annahme dieser Richtlinie lohnt sich allein schon wegen der Abschaffung einer Reihe administrativer und bürokratischer Hemmnisse, die den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr behindern.
Kleine und mittlere Unternehmen werden den größten Nutzen davon haben, denn sie werden sich nicht mehr mit den Ärgernissen herumschlagen müssen, die ihnen beim Versuch, in einem benachbarten Land tätig zu werden, das Leben schwer machten. Bisher brauchten sie eine Agentur, eine Geschäftsstelle oder eine Zweigniederlassung im Zielland, mussten sich vorher bei einer Behörde anmelden oder nachweisen, dass sie die Sprache des Landes beherrschten. Diese Zeiten sind mit dieser Richtlinie vorüber.
Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Wer die Aussprache über die Dienstleistungsrichtlinie aufmerksam verfolgt hat, wird erstaunt feststellen, dass der Kompromiss, auf den sich Konservative und Sozialdemokraten geeinigt haben, unterschiedlich interpretiert worden ist. Eine Fraktion auf der rechten Seite verteidigt den Kompromiss, weil damit „das Herkunftslandprinzip unangetastet bleibt“, während die Linke darin „eine endgültige Abkehr von eben diesem Herkunftslandprinzip“ sieht.
Somit haben wir zwei völlig entgegengesetzte Standpunkte. Darüber hinaus bleibt bei diesem Kompromiss unklar, inwieweit die Mitgliedstaaten der Erbringung bestimmter Dienstleistungen auf ihrem Hoheitsgebiet verbindliche Anforderungen auferlegen können, um auf diese Weise Sozialdumping zu verhindern.
Zudem haben die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten und die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament den Verweis auf die Sozialpolitik und den Verbraucherschutz gestrichen.
Während es dem Parlament gelungen ist, eine ganze Reihe von Dienstleistungen vom Geltungsbereich der Richtlinie auszunehmen, fallen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse noch weitgehend in ihren Anwendungsbereich.
Da die wieder aufgelegte Bolkestein-Richtlinie jedenfalls eine Fülle von Rechtsunklarheiten beinhaltet, wird dies wieder zahlreiche Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof zur Folge haben. Die revidierte Fassung bietet mitnichten die erforderliche Transparenz und Rechtssicherheit.
Wir Grünen erachteten es als unabdingbar, dass Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse aus dem Schlusstext herausgenommen werden und das Herkunftslandprinzip gestrichen wird. Da man unseren Wünschen nicht nachgekommen ist, habe ich letztendlich dagegen gestimmt.
Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Abgeordneten der Kommunistischen Partei Griechenlands im Europäischen Parlament haben gegen die Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt, bekannt als die Bolkestein-Richtlinie, gestimmt.
Wir verurteilen die schändliche Einigung, die zwischen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten sowie der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament erzielt und von der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa unterstützt worden ist, die auf Betreiben der UNICE für die Missgeburt einer Richtlinie über die „Liberalisierung der Dienstleistungen“ gestimmt haben.
Die von der Europäischen Volkspartei, der Sozialdemokratischen Fraktion und den Liberalen vorgeschlagenen und angenommenen Änderungsanträge haben den reaktionären Charakter der Richtlinie noch verstärkt, da:
a) sie den Freibrief für die Monopole im Dienstleistungssektor noch ausweiten, Länder mit einem „attraktiven unternehmerischen Umfeld“ – Steuerbefreiungen, geringe Qualitätsstandards für Dienstleistungen, billiges Arbeitskräftepotenzial ohne jede Rechte, ohne Tarifverträge usw. – als ihren Stammsitz auszuwählen, um ihre Profite zu maximieren;
b) sie einen heftigen Schlag gegen öffentliche/soziale Dienstleistungen (Bildung, Wasser- und Abfallbewirtschaftung, Lagerung gefährlicher Materialien, Post- und Kulturdienstleistungen, Sozialdienstleistungen usw.) führen, die privatisiert und unter die volle Kontrolle der Monopole gestellt werden;
c) sie die elementaren Beschäftigungs- und sozialen Rechte der Arbeiterklasse – Tarifverträge, Versicherungs- und Rentenansprüche, das heilige, durch den harten Klassenkampf der Arbeiterklasse errungene Streikrecht – aufs Spiel setzen;
d) sie den Dienstleistungsmarkt dem Monopolkapital überlassen, was katastrophale Folgen für die kleinen Unternehmen und Selbstständigen haben wird, während die Qualität und die Preise von Dienstleistungen dem unersättlichen Appetit des Kapitals auf exzessive Profite anheim fallen.
Diana Wallis (ALDE), schriftlich. (EN) Ich habe gegen die Aufnahme einer neuen Erwägung 13b in die Dienstleistungsrichtlinie gestimmt, da die Feststellung, dass der Verbraucher stets von dem Schutz profitiert, den ihm das Verbraucherschutzrecht seines Mitgliedstaates gewährt, irreführend und eine falsche Darstellung der gegenwärtigen Rechtslage ist.
Anders Wijkman (PPE-DE), schriftlich. (SV) Heute hat das Europäische Parlament über eine der wichtigsten legislativen Fragen abgestimmt, die wir je behandelt haben - die Dienstleistungsrichtlinie. Diese Richtlinie soll die Hindernisse für zwei der Freiheiten beseitigen, die seit 1958 im EG-Vertrag verankert sind, die Niederlassungsfreiheit für Dienstleistungserbringer und der freie Dienstleistungsverkehr. Für den Handel mit Dienstleistungen gibt es ein enormes Potenzial, wobei Schweden eines der Länder ist, die von einem effizienten Dienstleistungsmarkt am meisten profitieren können.
Über die Dienstleistungsrichtlinie ist umfassend diskutiert worden. Schwedische und europäische Gewerkschaften erklären, sie würde zu einem „Sozialdumping“ beitragen. Das ist nicht der Fall, denn Fragen des Arbeitsrechts sind nicht Gegenstand dieser Richtlinie. Außerdem sind die arbeitsrechtlichen Aspekte durch den Beschluss des Parlaments geklärt.
Ich möchte eine für alle nützliche Dienstleistungsrichtlinie, mit der Verwaltungsvorschriften und andere Handelshindernisse abgebaut werden und die einen möglichst breiten Anwendungsbereich hat. Aus diesem Grunde habe ich für die Einbeziehung von Sektoren wie der privaten Gesundheitsversorgung, Zeitarbeitsfirmen und Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in die Richtlinie gestimmt.
Der heutige Beschluss des Parlaments basiert teilweise auf einem Kompromiss. Kompromisse sind selten perfekt, aber zum Erreichen eines Ziels oft notwendig. Ich hoffe, den Mitgliedstaaten der EU wird es gelingen, im Laufe des Jahres einen Beschluss in dieser Frage zu fassen, damit wir in dieser äußerst wichtigen Sache vorankommen.
Tatjana Ždanoka (Verts/ALE), schriftlich. (LV) Ich habe gegen die Änderungsanträge zur Dienstleistungsrichtlinie gestimmt, mit denen man anstrebte, von der Aufnahme des Herkunftslandsprinzig abzugehen. Gleichzeitig unterstütze ich jene Änderungsanträge, in denen die Notwendigkeit unterstrichen wird, keine Minderung der Dienstleistungsqualität zuzulassen, um so zu gewährleisten, dass die Interessen der Verbraucher nicht eingeschränkt und Sicherheits- und Gesundheitserwägungen beachtet werden. Nach meiner Überzeugung beeinträchtigt die Abkehr vom Herkunftslandprinzip erheblich den freien Dienstleistungsverkehr in der EU, indem sie die Möglichkeiten des freien Wettbewerbs von Unternehmen aus den neuen Mitgliedstaaten auf dem EU-Markt im Dienstleistungssektor einschränkt. Ungerechtfertigte Anforderungen an einen in einem EU-Migliedstaat ansässigen Dienstleister zu stellen und ungleiche Bedingungen zu schaffen ist mit den Grundsätzen des EU-Binnenmarkts unvereinbar und darf nicht erlaubt sein.
Die Bürgerinnen und Bürger von Lettland und auch der anderen neuen Mitgliedstaaten sind der Auffassung, dass die Abschottung des Dienstleistungssektors in den älteren EU-Mitgliedstaaten gegenüber unseren Unternehmen und Arbeitnehmern in der Praxis auf Täuschung und den Bruch von Versprechen hinausläuft, die die EU den neuen Mitgliedstaaten während des Beitrittsverfahrens gegeben hat. Die Menschen in Lettland haben einen zu hohen Preis für den Beitritt zur Europäischen Union gezahlt. Durch die volle Öffnung seines Binnenmarkts für Produzenten aus dem Westen hat Lettland seine Industrie und seine Landwirtschaft vernichtet.
Ich meine, wir müssen uns auf eine Richtlinie einigen, die auf der Solidarität zwischen den alten und den neuen EU-Mitgliedstaaten und auf dem Grundsatz der Gleichberechtigung beruht.
Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für den ausgezeichneten Bericht meiner Kollegin Mairead McGuiness zum Vorschlag für einen Beschluss über strategische Leitlinien der Gemeinschaft für die Entwicklung des ländlichen Raums im Zeitraum 2007-2013 gestimmt. Im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik wird die ländliche Entwicklung für 90 % des Gebietes der Europäischen Union und 50 % seiner Bevölkerung ausschlaggebende Bedeutung erlangen. Diese Leitlinien sind im Wesentlichen richtig, und ich bin erfreut, dass das Europäische Parlament die Berggebiete in steigendem Maße als vorrangige Fördergebiete anerkennt.
Es ist größte Wachsamkeit hinsichtlich der eingesetzten Mittel, insbesondere der Finanzmittel, angebracht. Ich finde es bedauerlich, dass nicht stärker betont wird, wie notwendig es ist, dafür zu sorgen, dass für die ländlichen Gebiete im gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Wettbewerb Chancengleichheit hergestellt wird, insbesondere durch eine Politik von Großvorhaben zur Realisierung von Infrastrukturen wie Autobahnen, Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnstrecken, Luftverkehrsverbindungen, Zugang zu den Häfen sowie durch die Entwicklung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken. Die Europäische Union muss die Chancengleichheit der Bürger und Unternehmen auf dem gesamten europäischen Territorium garantieren.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wir haben für diesen Bericht gestimmt, denn wir billigen ihn im Großen und Ganzen, auch wenn wir ein oder zwei Darstellungen darin nicht teilen.
So ist das Hauptanliegen des Berichts auf Probleme im ländlichen Raum abgestellt. Im Bericht heißt es, dass die ländlichen Gebiete besondere Beachtung finden müssen, weil sie benachteiligt sind, und es wird auf die Mannigfaltigkeit der Situationen und besonderen Merkmale in jedem einzelnen Mitgliedstaat hingewiesen.
Besonderes Augenmerk muss den abgelegenen, bergigen und benachteiligten ländlichen Gebieten gelten, deren Bevölkerung abwandert und denen der Niedergang droht, sowie halbstädtischen Gebieten, die zunehmend unter den Druck der städtischen Zentren geraten. Außerdem möchte ich speziell die Einbeziehung von Vorschlägen hervorheben, die der Unterstützung von lokalen Initiativen dienen, wie etwa Bauernmärkte und lokale Qualitätssicherungsprogramme für Lebensmittel, sowie die Notwendigkeit einer wirksamen Unterstützung von Junglandwirten zur Erleichterung des Generationswechsels.
Eine Sonderbehandlung brauchen wir für die Regionen in äußerster Randlage, wo die Agrarbetriebe klein, isoliert und häufig schwierigen klimatischen Verhältnissen ausgesetzt sowie in ihren Produktionsmöglichkeiten eingeschränkt sind.
Duarte Freitas (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die strategischen Leitlinien der Gemeinschaft für die Entwicklung des ländliches Raums werden die Grundlage für künftige nationale Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums bilden, da sie die Ziele und Maßnahmen harmonisieren, die im Rahmen dieses wichtigen europäischen Sektors umzusetzen sind.
Unbedingt erforderlich ist eine klare und präzise Festlegung der Strategien im Hinblick auf die Förderung der Entwicklung der ländlichen Gebiete Europas, die Verbesserung der Lebensbedingungen für die Menschen in diesen Gebieten sowie die Optimierung der Umweltqualität im ländlichen Raum.
Ich begrüße sowohl den Vorschlag der Kommission, der eine breite Palette von Zielen und Maßnahmen enthält, als auch den Bericht McGuinness, in dem die strategischen Leitlinien in einigen speziellen Bereichen, etwa bei der Erhaltung des ländlichen Erbes und der Landschaft im ländlichen Raum, konkretisiert werden.
Hélène Goudin, Nils Lundgren und Lars Wohlin (IND/DEM), schriftlich. (SV) Nachdem der Vorschlag für einen Beschluss über strategische Leitlinien der Gemeinschaft für die Entwicklung des ländlichen Raums im Rahmen des Verfahrens der Konsultation ausgiebig erörtert wurde, sind vom Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Europäischen Parlaments löbliche Vorschläge vorgelegt worden. Das Europäische Parlament versucht jedoch, die Kontrolle über die Agrar- und Regionalpolitik der Mitgliedstaaten ständig weiter auszubauen, was wir ablehnen.
Unseres Erachtens können die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Entwicklung des ländlichen Raums nicht durch Dokumente mit ausführlichen Zielvorgaben gebunden werden. Wir haben großes Vertrauen in die Fähigkeit der nationalen bzw. regionalen Parlamente der Mitgliedstaaten, diese Frage erfolgreich zu regeln.
Aus diesem Grunde haben wir gegen die Änderungsanträge des Europäischen Parlaments zum Dokument des Rates über strategische Leitlinien der Gemeinschaft für die Entwicklung des ländlichen Raums gestimmt.
Sérgio Marques (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die strategischen Leitlinien der Gemeinschaft sollen für den nächsten Finanzplanungszeitraum (2007-2013) beschlossen werden, und zwar innerhalb des Geltungsbereichs der neuen Verordnung über die ländliche Entwicklung. Ich möchte die Bedeutung der ländlichen Entwicklung betonen, zumal die ländlichen Gebiete 90 % des EU-Territoriums ausmachen und 50 % der EU-Bevölkerung in diesen Gebieten leben.
Zweck dieser strategischen Leitlinien ist es, die Bereiche, in denen EU-Mittel auf EU-Ebene den größten Zusatznutzen schaffen, festzulegen, die wichtigsten EU-Prioritäten in der Politik der ländlichen Entwicklung umzusetzen, die Kohärenz bei der Planung anderer EU-Politiken zu gewährleisten und die Umsetzung der neuen GAP sowie die notwendige Umstrukturierung in den alten und neuen Mitgliedstaaten zu unterstützen.
Wie die Berichterstatterin befürworte ich diesen Vorschlag für einen Beschluss des Rates, da er der Notwendigkeit entspricht, den Mitgliedstaaten mehr Klarheit und Anleitung in Bezug auf die Umsetzung der Verordnung an die Hand zu geben. Ein besonderer Schwerpunkt sollte aber auch auf der Modernisierung im Land- und Forstwirtschaftssektor und darauf liegen, Junglandwirte und ihre Familien dazu zu bewegen, auf dem Lande zu bleiben.
Jean-Claude Martinez (NI), schriftlich. – (FR) Ist eine ländliche Entwicklung ohne Landbewohner denkbar? Wird es noch Dörfer und Landschaften in den Weinbaugebieten Südfrankreichs geben, wenn unsere Weinberge gerodet, unsere genossenschaftlichen und privaten Weinkellereien geschlossen und die Höfe der Weinbauern durch Wohngebiete ersetzt werden?
Setzt etwa die ländliche Entwicklung des Südwestens, des Périgord, der Cévennen, der Hochebenen der Causses das Verschwinden der Schafherden, der Schäfer, der Viehzüchter voraus, an deren Stelle dann englische, niederländische und nordeuropäische Pensionäre treten?
Die ländliche Entwicklung unter dem zweiten Pfeiler ist nur ein Rauchvorhang. Es ist eine beschönigende Bezeichnung für die Einstellung unserer landwirtschaftlichen Produktion zugunsten der brasilianischen, australischen oder südpazifischen Erzeuger, wobei den Überlebenden der bäuerlichen Bevölkerung Frankreichs und Europas als Trostpflästerchen die bescheidene Funktion als Landschaftserhalter verbleibt.
Ländliche Entwicklung ist ein ebenso verlogenes Konzept wie „multifunktionale Landwirtschaft“. Sie ist ein Analgetikum, eine Palliativbehandlung für die Frauen und Männer des ländlichen Raumes, die im weltweiten Deal bewusst auf schändliche Weise geopfert werden. Für den südpazifischen Raum die Landwirtschaft, für Europa die Illusion des Dienstleistungsmarktes.
Nachdem Europa auf törichte Weise den Ausverkauf seiner Bauern betrieben hat, erfindet es eine pharisäerhafte Politik der „ländlichen Entwicklung“ für die menschliche und wirtschaftliche Wüste, die Brüssel in unseren ländlichen Gebieten verursacht hat.
– Neuer Finanzierungsmechanismus für die Entwicklung im Rahmen der Millennium-Entwicklungsziele (RC-B6-0119/2006)
Marie-Arlette Carlotti (PSE), schriftlich. – (FR) Die EU hat eine einzigartige Verantwortung und einzigartige Möglichkeiten auf diesem Gebiet. Nur sie kann die beiden Voraussetzungen für die Einführung dieser neuen Finanzierungsmechanismen erfüllen: kritische Größe und politischen Willen. Der uns vorliegende Text erfüllt leider nicht diese Erwartung.
In dieser Entschließung werden zwar die neuen Finanzierungsquellen für die Entwicklung grundsätzlich unterstützt, indem gefordert wird, dass diese Gelder zusätzlich zu der herkömmlichen öffentlichen Entwicklungshilfe eingesetzt werden müssen und diese nicht ersetzen dürfen. Doch diese Position des Parlaments ist recht halbherzig.
Die Unterstützung wird nur zaghaft geäußert, und der zentrale Begriff in dieser Auseinandersetzung, die „Weltsteuer“ für die Entwicklung, wird überhaupt nicht erwähnt. Auch die verschiedenen bereits auf dem Tisch befindlichen Vorschläge (Besteuerung der finanziellen Transaktionen, des CO2-Ausstoßes, der Waffenverkäufe usw.) werden nicht erwähnt. Es wird keinerlei Bezug genommen auf die „globalen öffentlichen Güter“, die mit diesen Mechanismen vorrangig finanziert werden sollen.
Da dieser Entschließungsentwurf einen ersten Schritt in die richtige Richtung darstellt, werde ich für diesen Entwurf stimmen. Ich möchte ihn jedoch als Ermutigung betrachten, bei der Realisierung dieser neuen Mechanismen auf europäischer Ebene noch schneller und weiter voranzugehen.
Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße diese Debatte und Entschließung, die innovative Finanzierungsmöglichkeiten zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele, sei es durch eine Abgabe auf Flugtickets oder durch eine der Tobin-Steuer ähnliche Steuer auf Währungstransaktionen, beleuchtet. Für die letztgenannte Steuer engagiere ich mich jetzt seit fast zehn Jahren, und ich begrüße, dass Frankreich und Belgien die einschlägigen Rechtsvorschriften verabschiedet haben und sie in Italien diskutiert werden, wo ich im vergangenen Jahr dem Ausschuss für Finanzen und Außenpolitik des Senats Material zu dem Thema vorgelegt habe.
Welchen Weg der Finanzierung man auch wählt, diese Fonds müssen ausschließlich dafür verwendet werden, um denen zu helfen, die in tiefer Armut leben – den 1,2 Milliarden, die mit weniger als einem Euro am Tag auskommen müssen –, um ihnen zu einem Dach über dem Kopf, zu Bildung, Wasser und gesundheitlicher Betreuung zu verhelfen.
Ich begrüße insbesondere Ziffer 7, mit der die Arbeit der von David Hillman und dem Tobin Tax Network geleiteten Kampagne „Stamp Out Poverty“ gestärkt wird.
Hélène Goudin, Nils Lundgren und Lars Wohlin (IND/DEM), schriftlich. (SV) Die Armutsbekämpfung ist eine der großen Herausforderungen, bei der sich alle Länder engagieren müssen. Nach Meinung der Juniliste sollte die notwendige Arbeit dazu jedoch aus den Staatshaushalten der einzelnen Länder finanziert werden. Internationale Entwicklungshilfe oder andere anerkennenswerte Projekte dürfen unter keinen Umständen dazu führen, dass das nationale Steuerrecht durch ein europäisches Steuerrecht ersetzt wird. Aus diesem Grunde haben wir gegen den Entschließungsantrag gestimmt.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Obwohl dieser Entschließungsantrag Ausführungen enthält, die wir ernsthaft hinterfragen würden, unterstützen wir seine positivsten Aspekte.
So wird es kaum gelingen, die Millenniums-Ziele – Beseitigung von Hunger und extremer Armut, allgemeine Grundschulbildung, Förderung der Chancengleichheit und Statusverbesserung der Frau, Verringerung der Kindersterblichkeit, Verbesserung der Gesundheit von Müttern, Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und anderen Krankheiten, Gewährleistung ökologischer Nachhaltigkeit sowie Aufbau einer weltweiten Partnerschaft für Entwicklung – zu verwirklichen, wenn man nur begrenzte Maßnahmen umsetzt, um den Schein zu wahren.
Diese dringend notwendigen und sinnvollen Ziele werden nur dann erreicht, wenn es bei der Politik, die derzeit von den wichtigsten kapitalistischen Mächten und von den von diesen Mächten beherrschten internationalen Foren, beispielsweise der Weltbank und dem Internationale Währungsfonds, betrieben wird, einen grundlegenden Wandel gibt. Notwendig ist ein Ende des kapitalistischen Wettbewerbs, der Liberalisierung des Handels, der Privatisierungen, des Abbaus von Arbeitnehmerrechten und Arbeitsentgelten, des Würgegriffs großer Wirtschafts- und Finanzgruppen in der nationalen Politik und der Konzentration von Reichtum auf einige wenige auf Kosten der Ausbeutung und Unterdrückung der Menschen.
Damit diese Ziele erreicht werden, muss das gesamte System – also der Kapitalismus –, das Ausbeutung, Ungleichbehandlung, Armut, Gewalt und Unterdrückung begünstigt, vollständig erneuert werden.
Claude Moraes (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe diesen Antrag mit unterzeichnet; in ihm wird meines Erachtens ein praktikabler EU-Mechanismus zur Erreichung der internationalen Entwicklungsziele im Rahmen der Millenniums-Entwicklungsziele vorgestellt. Die Verwirklichung dieser Ziele war für viele meiner Londoner Wähler von Bedeutung.
– Meinungsfreiheit und Respekt gegenüber Glaubensbekenntnissen (RC-B6-0136/2006)
Marcin Libicki (UEN). – (PL) Herr Präsident! Ich beziehe mich auf den Entschließungsantrag zur Meinungsfreiheit. Ich konnte diesen Entschließungsantrag nicht unterstützen, weil jene, die zuerst die Gefühle anderer verletzt haben, ein arrogantes Verhalten an den Tag gelegt haben. Als ihnen der Boykott ihrer Waren drohte, begannen sie, sich zu entschuldigen, benahmen sich also wie Feiglinge. In dem Entschließungsantrag werden weder die Arroganz noch die Feigheit verurteilt, und das ist genau der Grund, weshalb ich ihn nicht unterstützen konnte.
(Beifall)
Francesco Enrico Speroni (IND/DEM). – (IT) Herr Präsident! Ich habe diesem Entschließungsantrag nicht zugestimmt, weil ich ihn für äußerst dürftig halte.
Ich möchte im Besonderen hervorheben, dass die Reaktionen auf die Karikaturen, ob sie nun wirklich beleidigend waren sei dahingestellt – darüber haben die Gerichte zu entscheiden –, nicht vom Abschaum der Gesellschaft ausgingen, wie dies in Frankreich der Fall war, als die Unruhen in den französischen Vorstädten ausbrachen.
Im vorliegenden Fall handelte es sich um offizielle Reaktionen, wie den Abzug von Botschaftern und den offiziellen Boykott dänischer Erzeugnisse und somit europäischer Produkte. Wie die Autorin Oriana Fallaci mehrfach zu Recht betont hat, ist das ein Beweis dafür, dass es keinen toleranten Islam gibt, denn ein toleranter Islam hätte über die Karikaturen gelacht und hätte sie ignoriert. Er hätte ganz sicher nicht auf diese Art und Weise reagiert.
Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Nach meiner Überzeugung darf man die Meinungsfreiheit nur in den seltensten Fällen beschränken. Natürlich muss es rechtswidrig sein, in einem Kino „Feuer“ zu rufen oder unmittelbar Rassenhass zu provozieren. Davon ausgehend kann ich nur schwer begreifen, wie Nick Griffith, der Führer der neofaschistischen britischen Nationalist Party, Anfang dieses Monats nach seinen Äußerungen über den Islam und den ermordeten schwarzen Teenager Stephen Lawrence von der Begünstigung von Rassenhass freigesprochen werden konnte.
Ich bin allerdings nicht sicher, ob die veröffentlichten dänischen Karikaturen unter diese Kategorie fallen. Sie waren gewiss für viele beleidigend, aber das heißt nicht, dass sie der Beschuldigung, den Rassenhass zu fördern, standhalten. Wenn ich natürlich sehe, dass der Widerstand gegen ihre Veröffentlichung von der fundamentalistischen christlichen Rechten in Europa kommt, habe ich langsam Angst davor, dass die Gesetze der Blasphemie überall in Europa wieder aus dem Archiv hervorgeholt werden. Richtig wäre es gewesen, die Veröffentlichung nicht zu verbieten, sondern den Inhalt vieler Karikaturen zu verurteilen.
Was Herrn Frattinis „Verhaltenskodex“ für Journalisten betrifft, so hat er die über ihn getroffene Entscheidung verdient. Wenn wir indes die tief verwurzelten Glaubensauffassungen der Menschen vor Hohn, Angriff oder Beleidigung schützen wollen, dann können vielleicht einige britische Erzeugnisse der gelben Boulevardpresse damit anfangen, meinen Antirassismus, meinen Hass auf Homophobie, meinen Sozialismus und mein Engagement für Europa zu respektieren.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wir sind aufs Äußerste beunruhigt über die Haltung, die die Mehrheit im Parlament in Bezug auf die gewachsene internationale Spannung einnimmt. Mit dieser Einstellung wird bemäntelt, in welch höchst provozierender Absicht die Karikaturen veröffentlicht wurden, was die gefährlichen Entwicklungen deutlich beweisen.
Es ist beschämend, wenn man versucht, die zunehmende Neigung der USA zu Interventionen im Nahen Osten zu rechtfertigen, indem man ein Klima des Kampfes der Kulturen heraufbeschwört. Ebenso alarmierend ist die Tatsache, dass sich die großen Mächte in der EU den Ambitionen der USA in dieser Region annähern. Man sollte nicht vergessen, dass die Initiative zur Blockierung einer Verhandlungslösung zum Iran unter der Ägide der Internationalen Atomenergie-Organisation von Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich ausging und von den USA seit langem befürwortet wird.
Anders als manche Sie glauben machen wollen, sind es die USA und ihre Verbündeten, allen voran Israel, die den Frieden gefährden und für Krieg, Aggression und Besatzung verantwortlich sind. Sie sind es doch, die Afghanistan, Irak und Palästina besetzt halten und in der Region zahllose Stützpunkte unterhalten und Tausende Militärs stationiert haben. Deshalb muss unbedingt etwas unternommen werden, um den gegenwärtigen Kreislauf der Anstachelung zu Gewalt aufzuhalten, Entspannung in den internationalen Beziehungen zu fördern und den Frieden zu bewahren.
Jeanine Hennis-Plasschaert (ALDE), schriftlich. (NL) Aufgrund der spitzfindigen Unterscheidung, die gemacht wurde, sah ich mich letztlich außerstande, dem Entschließungsantrag meine Zustimmung zu geben. Die erbaulichen Worte in einigen Abschnitten halte ich für völlig deplaziert. Wieder einmal wird der Eindruck erweckt, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit seien verhandelbar. Das kann ich nicht und will ich auch nicht unterschreiben. Die Freiheit der Meinungsäußerung stellt in meinen Augen ein absolutes Recht dar, und in diesem Zusammenhang möchte ich einen Spruch Voltaires zitieren: „Ich missbillige, was Ihr sagt, aber Euer Recht, es zu sagen, werde ich bis an mein Ende verteidigen“.
In der europäischen liberalen Gesellschaft geht die Religionsfreiheit Hand in Hand mit der Freiheit, eine Religion und auf jeden Fall ihre Auswüchse zu kritisieren. Die islamische Welt mag gern dagegen protestieren, aber diese Botschaft muss ihr unmissverständlich eingehämmert werden. Wenn wir nämlich dem Wolf davonlaufen, geraten wir letztlich dem Bären vors Maul.
Durch ihre schizophrene und äußerst vorsichtige Haltung beugen sich die EU und ihre Mitgliedstaaten den Auffassungen der radikalen Muslime, die den Koran fundamentalistisch auslegen. Drohungen und Angst dürfen niemals dazu führen, dass wir unsere Freiheiten ausverkaufen. Die Geschichte lehrt uns, dass Probleme nicht durch ein Übermaß an Freiheit entstehen, sondern vielmehr durch ihre Beschränkung.
Jean Lambert (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Ich habe für diese Entschließung gestimmt, da sie in vielerlei Hinsicht eine ausgewogene Antwort auf die unüberlegte Aktion der dänischen Zeitung darstellt, Karikaturen des Propheten Mohammed zum Abdruck in Auftrag zu geben in dem Wissen, dass das als Beleidigung aufgefasst werden würde. Sie geht davon aus, dass die Reaktion weitgehend von politischen Kräften, die Hass gegen einige westliche Regierungen säen wollen, organisiert war, und anerkennt, dass die überwältigende Mehrheit der Moslems nicht mit Gewalt, sondern mit Würde und Empörung gegenüber der Gewalt reagierte, die nach ihrer Auffassung nicht die Werte ihres Glaubens widerspiegelt. Ich stelle jedoch fest, dass das Parlament es wieder einmal versäumt hat, einige unserer eigenen Mitgliedstaaten zu kritisieren, was wiederum vom Europarat als Temperaturerhöhung in der Frage der Einwanderung kritisiert worden ist. Das hat ein Klima zunehmender Spannung erzeugt. Das Parlament muss in seinem eigenen Vorgehen gegenüber Fehlern innerhalb und nicht nur außerhalb seiner Grenzen konsistent sein.
Claude Moraes (PSE), schriftlich. (EN) Mich enttäuscht, dass diese Entschließung in einem wichtigen Streitpunkt unklar und zweideutig ist und nicht richtig auf den Kontext des Karikaturenstreits eingeht. Der Meinungsfreiheit sollte der verantwortungsvolle Gebrauch dieser Macht gegenüberstehen. Das ist das Anliegen vieler Menschen, darunter auch meiner Londoner Wähler, denen ich individuell geantwortet habe.
Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Das Bemühen der Kommission, des Rates und der die Politik der EU unterstützenden Fraktionen, sich selbst als Hüter der „Meinungsfreiheit und der Achtung gegenüber religiösen Überzeugungen“ zu präsentieren, ist eine Beleidigung für die Völker. In Wahrheit sind sie darum bemüht, die politischen Verantwortlichkeiten und die Ziele zu verbergen, denen die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen und die Publizität, die ihnen durch die europäischen bürgerlichen Zeitungen zuteil wurde, dienten.
Das ist kein Zufall. Die Wiederveröffentlichung steht im Zusammenhang mit den Wahlen in Palästina und der Intensivierung der imperialistischen Aggression im Iran, in Syrien und der Region insgesamt. All jene, die sich für die „Meinungsfreiheit“ aufopfern, übersehen bewusst die Tatsache, dass Mohammed und der Islam in den Karikaturen mit dem Terrorismus gleichgesetzt werden, um die öffentliche Meinung darauf vorzubereiten, neue Kriege und imperialistische Interventionen gegen Länder mit muslimischer Bevölkerung zu akzeptieren. Sie haben demzufolge zu Recht den starken Widerstand und die Massendemonstrationen des Volkes provoziert, das mit Strömen von Blut für die imperialistischen Interventionen und Kriege der USA und der EU bezahlt hat und bezahlt.
Der tatsächliche Konflikt besteht zwischen dem Imperialismus und den Völkern, zwischen dem Ausbeuter und den Ausgebeuteten, die ungeachtet ihrer Religion, ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts vereint für den Sturz des imperialistischen Systems insgesamt kämpfen müssen.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Der zentrale Wert der Gesellschaft, in der wir mit Stolz leben, ist Freiheit. Wir sehen uns selbst vor allem als frei und – definitionsgemäß – verantwortungsbewusst.
Der springende Punkt bei den jüngsten Ereignissen war nicht die Ausübung der Meinungsfreiheit, sondern die inakzeptable Reaktion derer, die behaupten, beleidigt worden zu sein. All die Entrüstung ist begründet, aber nicht alle Formen, in denen sie zum Ausdruck gebracht wurde, sind es. Für uns geht es jetzt vorrangig darum, unsere Stimme gegen diese Übergriffe und gegen die Angriffe auf EU-Mitgliedstaaten zu erheben. Wir verurteilen Gewalt und möchten unsere Solidarität mit Dänemark und mit den anderen Mitgliedstaaten bekunden.
Zudem sind wir uns sehr wohl bewusst, dass diese Vorfälle sorgfältig inszeniert sind und dass sie erhebliche Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen dem Westen und der muslimischen Welt haben. Unabhängig von unseren Freiheiten, vor allem der Meinungsfreiheit, muss jedwede Demonstration oder Förderung von Hass, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit unmissverständlich verurteilt werden. Jede Freiheit ist jetzt und immer verantwortungsbewusst auszuüben.
Wir dürfen bei unserem Recht, frei zu sein, nicht nachgeben, aber wir sind auch nicht auf Konflikte aus. Vielmehr werden wir Konflikte vermeiden, weil wir wissen, dass Frieden und Sicherheit in der Welt in hohem Maße von unserem Verantwortungsbewusstsein abhängen.
Frédérique Ries (ALDE), schriftlich. – (FR) Nur so viel wird uns zugestanden: maximal 200 Worte, weil die Fraktionsvorsitzenden im kleinen Kreis entschieden haben, dass unsere Aussprache über die Meinungsfreiheit ohne diese auskommen soll!
Ein Redner pro Fraktion, dies ist wahrer Demokratieentzug, während diese Angelegenheit überall in der Welt im Mittelpunkt der Medienberichterstattung steht und einen Teil dieser Welt mit Feuer und Blut überzieht.
Ist ausreichend deutlich gemacht worden, dass die Karikatur, die das Pulverfass zum Explodieren brachte, nichts anderes darstellte als das, was die Terroristen tun: ihre Taten im Namen Allahs zu begehen? Es handelt sich nicht um eine Karikatur des Islam, sondern um eine des Fanatismus.
Ist die Gleichsetzung zwischen einem Karikaturisten, einer Zeitung und einem Volk, einer Regierung ausreichend verurteilt worden?
Die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit, die die Grundlagen unserer Werte darstellen, werden zu Geiseln genommen. Ich bin selbstverständlich für engere Verbindungen zwischen unseren Kulturen, doch ich akzeptiere nicht, dass unsere Werte zu Verhandlungsmasse gemacht werden. Die Menschenrechte stehen über dem Gesetz Allahs oder irgendeines anderen Gottes.
Falls es Entgleisungen, Missbrauch, Aufstachelung zum Hass gegeben hat, dann ist es Aufgabe der Gerichte darüber zu befinden, doch Zensur lehne ich ab. Ich gestatte niemandem, das Licht der Aufklärung auszulöschen, auf die ich mich berufe.
Wojciech Roszkowski (UEN), schriftlich. (PL) Die durch die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen hervorgerufene Krise und die extremen Reaktionen islamischer Fanatiker darauf zeigen nicht nur, wie tief die kulturelle Kluft zwischen der westlichen Zivilisation und der islamischen Welt ist, in der das Prinzip der kollektiven Verantwortung gilt und Religionsfreiheit nicht respektiert wird, sondern auch, in welch ernster Krise sich die liberale Demokratie befindet. Die liberale Demokratie hat es nicht vermocht, von den muslimischen Gemeinschaften in Europa Rechtsstaatlichkeit und von den muslimischen Staaten die Achtung der Religionsfreiheit einzufordern. Vielmehr hat sie, indem sie die Meinungsfreiheit verabsolutierte, die religiösen Gefühle der Muslime verletzt. Freiheit ohne Verantwortung führt jedoch unwiderruflich zum Konflikt.
Die Achtung gegenüber den nationalen und religiösen Gefühlen bildet die Grundlage für die Achtung gegenüber den Menschen, die diese Gefühle zum Ausdruck bringen, ganz gleich, ob wir ihre Ansichten teilen oder nicht. Deshalb dürfen diese Gefühle nicht durch blasphemische Darstellungen des Kreuzes, von Mohammed oder der Opfer des Holocaust verletzt werden. Herr Cohn-Bendit hat Unrecht, wenn er behauptet, Religionen können im öffentlichen Raum auch Blasphemie ausgesetzt sein. Religion wird immer etwas anderes sein als eine politische Debatte, es sei denn, sie hört auf, eine Religion zu sein und wird zu einer Ideologie. Eine Karikatur, die Herrn Cohn-Bendit darstellt, ist nicht das Gleiche wie eine Karikatur mit der Darstellung von Mohammed.
Wir können nicht einfach andere Akteure des öffentlichen Lebens dazu zwingen, ihre religiöse Empfindsamkeit abzulegen. Derartige Versuche werden dieselben Auswirkungen haben wie die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen. Deshalb habe ich gegen Ziffer 5 des Entschließungsantrags gestimmt und mich bei der Abstimmung über den Entschließungsantrag insgesamt der Stimme enthalten, da Ziffer 5 angenommen wurde.
Gary Titley (PSE), schriftlich. (EN) Die EPLP hat sich zu Ziffer 5 und in der Schlussabstimmung über diesen Gemeinsamen Entschließungsantrag der Stimme enthalten, weil wir der Auffassung sind, dass dies ein verwirrender, sich wiederholender Antrag ist, dem es an Klarheit mangelt.
Wir glauben fest an das Recht auf Meinungsfreiheit, deren Gegengewicht das Recht von Journalisten und anderen sein muss, diese Macht verantwortungsbewusst auszuüben. In dem Antrag besteht kein klares Gleichgewicht zwischen diesen widerstreitenden Zielen, und er vermittelt auch nicht präzise den Kontext, aus dem der gegenwärtige Streit geboren wurde.
Die EPLP hält Kontakt zu jenen Personen überall in Großbritannien, die uns gegenüber ihre Besorgnis geäußert haben.
Jaromír Kohlíček (GUE/NGL). – (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bosnien und Herzegowina ist das Land, das unter den ganz nachdrücklichen Anstrengungen derer gelitten hat, die die multiethnische Koexistenz auf dem Balkan zu zerstören und den religiösen Konflikt unter den Menschen zu provozieren trachteten. Ich möchte betonen, dass das keineswegs die Beziehungen zwischen Ländern betrifft, sondern eher die Beziehungen zwischen Menschen moslemischen oder katholischen Glaubens. Die jüdische Gemeinde wurde bei Ausbruch des Konflikts gezwungen zu fliehen und wurde niemals in ihn hineingezogen. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass die meisten Angehörigen der orthodoxen Gemeinde bei der Entstehung des Landes in ländlichen Gegenden lebten, während die meisten Moslems die Städte bewohnten. Wir sollten das bei der Auflegung von EU-Hilfsprogrammen berücksichtigen.
Ich begrüße daher Artikel 16 der Entschließung, in dem gefordert wird, den besonderen Bedürfnissen der ländlichen Gebiete größere Aufmerksamkeit zu schenken. Es ist auch hohe Zeit, das Haager Tribunal aufzufordern, endlich jene Kriegsverbrecher zu verfolgen, deren Motiv andere als religiöse Überzeugungen waren. In der hier verwendeten Terminologie sprechen wir von den Serben. Wir müssen uns eingestehen, dass selbst dieses Parlament zuweilen nicht zu richtigen Schlussfolgerungen gelangt ist. So wird beispielsweise in einigen Passagen der vor uns liegenden Entschließung, die sich auf den zehnten Jahrestag der Geschehnisse in Srebrenica beziehen, im Widerspruch zu erwiesenen Tatsachen nur einer Seite die Schuld am Massenmord gegeben.
Ich bin froh, dass die von den gegenwärtig Regierenden des Landes angewendeten diktatorischen Methoden nunmehr der Vergangenheit angehören. Dies ist ein weiterer positiver Bericht, mit dem versucht wird, die wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen, nicht zuletzt durch die Vereinbarung der Staaten des Westbalkans über die Rückkehr der Flüchtlinge und die Entschädigung für beschädigtes Eigentum. Wir haben den Bericht bei der Abstimmung entsprechend befürwortet mit dem Vorbehalt, dass die Entschließung teilweise zu überarbeiten ist.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wie soll man die Ablehnung von Änderungsanträgen unserer Fraktion, in denen das Recht der Bürger von Bosnien und Herzegowina betont wird, selbst über die Zukunft ihres Landes zu entscheiden, und der frühestmögliche Abzug aller ausländischen Truppen aus dem Land gefordert wird, durch die Mehrheit im Parlament interpretieren?
Bosnien und Herzegowina ist gegenwärtig ein von rund 7 000 NATO/EU-Soldaten besetztes Protektorat. Es steht unter der Kontrolle eines Hohen Vertreters von UNO/EU mit übermäßigen, antidemokratischen Befugnissen, der vom Parlament aufgefordert wird, „zurückhaltenden Gebrauch von seinen Befugnissen zu machen“.
Vor diesem Hintergrund fordert das Europäische Parlament in einem schändlichen Akt der Einmischung und Missachtung des souveränen Willens der Menschen von Bosnien und Herzegowina den Rat und die Kommission auf, sich am derzeitigen Prozess der Verfassungsreform zu beteiligen und Verhandlungen mit dem Ziel einer Integration des Landes in die EU aufzunehmen. Dazu wird eine Liste von Spezifikationen vorgelegt, in der unter anderem eine Reformierung und Einschränkung des rigorosen Systems der Lohnfestlegung, vor allem im öffentlichen Sektor, eine Beschleunigung des Privatisierungsprozesses, eine Reformierung und Liberalisierung des Energiesektors und die Umstrukturierung und Liberalisierung des Eisenbahnsektors gefordert werden, was wir ablehnen.
Erik Meijer (GUE/NGL), schriftlich. (NL) In Bosnien und Herzegowina haben die Menschen Erfahrung mit verschiedenen Herrschaftsformen. Die Zeit der Türkenherrschaft war für die Muslime im Zentrum und im Nordwesten, die sich als echte Bosnier betrachten, von Vorteil. Die Anhänger der römisch-katholischen Kirche im Südwesten, die sich Kroaten nennen, ließen es sich unter österreichischer Herrschaft gut gehen; und von der jugoslawischen Ära profitierten die Orthodoxen im Norden und Osten, die sich als Serben bezeichnen. Bosnien wurde in den 20er Jahren als Verwaltungseinheit aufgelöst und nach dem Zweiten Weltkrieg im Zentrum des Föderalstaates als ethnisch gemischtes Gebiet wieder eingerichtet, um zur Integration der verschiedenen Völker innerhalb Jugoslawiens, wovon es selbst eine Miniaturausgabe war, beizutragen. Das erwies sich als glatter Reinfall. Während des Krieges 1992-1995 unternahm jede dieser Volksgruppen einseitige Versuche, ihre eigenen Wünsche durchzusetzen. Der Dayton-Vertrag galt als Allheilmittel, das Frieden und Versöhnung bringen sollte. Zwar handelt es sich um ein ineffizientes und kostspieliges Regelwerk, das aber aus der Notwendigkeit heraus geboren wurde, die weit auseinander gehenden Bestrebungen in Einklang zu bringen. Daher sollte dieses Abkommen trotz all seiner Mängel nicht einfach abgetan, sondern vielmehr genutzt werden, um eine föderale Struktur aufzubauen, in der alle dauerhaft in Frieden miteinander leben können. Die Menschen müssen die Möglichkeit haben, frei zu entscheiden, anstatt sich von Europa diktieren zu lassen, was sie zu tun haben.
Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die EU ist mitverantwortlich für den Zerfall Jugoslawiens, die Kriege der NATO und die dramatische Lage der dortigen Bevölkerung. Nach dem Dayton-Abkommen haben die Völker Bosniens und Herzegowinas die Besatzung durch die NATO erlebt, die kürzlich durch eine 7000 Mann starke Truppe der Europäischen Armee ersetzt worden ist.
Die NATO entschied darüber, welche politischen Parteien zugelassen werden, und der Verwalter der NATO setzte den gewählten Präsidenten des Landes ab. In 11 Jahren hat die Arbeitslosigkeit einen Stand von 40 % erreicht, während 50 % der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben, 50 % keine medizinische oder pharmazeutische Versorgung erhalten und 18 % keinen Strom haben. Über 600 000 Flüchtlinge, vorwiegend serbischer Herkunft, sind nicht in ihre Heimat zurückgekehrt. Die Korruption, das organisierte Verbrechen und der Schwarzmarkt florieren. Diese „Demokratie“ wurde von den Imperialisten eingeführt. Sie haben aus den Balkanländern Protektorate gemacht, die sich nun darauf vorbereiten, der EU angeschlossen zu werden.
Der Entschließungsantrag der Fraktionen, die die imperialistische Politik der EU unterstützen, übt einen umbarmherzigen Druck auf die Bevölkerung des Landes aus, die vom Imperialismus diktierten Verfassungsänderungen zu akzeptieren und seinen Empfehlungen im Hinblick auf die Parlamentswahlen im Oktober Folge zu leisten, indem damit gedroht wird, die Brosamen des derzeit verhandelten Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zu kürzen.
Die Kommunistische Partei Griechenlands vertritt die Ansicht, dass die Völker des Balkans gemeinsam mit den Völkern der EU zielgerichtet für den Abzug der Besatzungstruppen kämpfen müssen.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Man könnte fragen, warum Belarus das Land mit der höchsten Anzahl von Entschließungen ist, in denen das Parlament sein Verhalten verurteilt. Einige würden darauf erwidern, dass dies der Menschenrechtssituation geschuldet ist.
Selbst wenn man diese Meinung teilt, könnte man jedoch auch die Frage stellen, warum das Parlament nicht mit dem gleichen Eifer Entschließungen zu Ländern verabschiedet, in denen die Lage als ebenso ernst, wenn nicht sogar als noch ernster einzuschätzen ist. Könnte es daran liegen, dass Belarus sich bisher geweigert hat, unannehmbaren Forderungen und Einmischungen der Vereinigten Staaten und der großen EU-Mächte nachzugeben?
Könnte es daran liegen, dass das Land im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern in der Region Privatisierungen in Schlüsselsektoren der Wirtschaft blockiert und umgekehrt hat, in die Landwirtschaft und Inlandsproduktion investiert hat, die Lebensbedingungen seiner Bevölkerung verbessert hat – ja, dass es als einziges Land des ehemaligen Sowjetblocks sein BIP von 1990 wieder erreicht hat?
Könnte es daran liegen, dass Belarus entschlossen ist, eine Union auf gleichberechtigter Basis mit Russland einzugehen, einem Land, mit dem es ein Verteidigungsbündnis unterhält?
Könnte es schließlich daran liegen, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird, und zwar zugunsten der strategischen Interessen und wirtschaftlichen Ambitionen der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten in Europa?
Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Der sechste inakzeptable und provokative Entschließungsantrag innerhalb von achtzehn Monaten ist Bestandteil der wütenden Bemühungen der EU, die vom belarussischen Volk gewählte Lukaschenko-Regierung zu stürzen, die sich weigert, sich der imperialistischen Barbarei zu beugen. In heuchlerischer Weise stellt er die Bemühungen der belarussischen Regierung, die imperialistische Einmischung aus dem Ausland einzuschränken, die darauf gerichtet ist, sie durch die massive Finanzierung politischer Akteure und der Medien zu stürzen, als Unterdrückung der demokratischen Rechte dar.
Die Aussage, dass gegen „internationale Standards“ verstoßen würde, die allerdings nach Einschätzung der EU im Irak und in Afghanistan, die unter Besatzung stehen, eingehalten würden, stellt eine Beleidigung dar. Mit politischer Impertinenz spricht er von „nominierten Kandidaten“, wo doch allseits bekannt ist, dass der Kandidat der „vereinigten Opposition“ in Anwesenheit des amerikanischen Botschafters und anderer Botschafter von EU-Ländern gewählt wurde.
Er fordert die belarussischen Staatsorgane auf, „gleiche Bedingungen“ für alle politischen Kräfte zu gewährleisten, wo doch alle politischen Parteien frei agieren können, während in den „demokratischen“ baltischen Mitgliedstaaten der EU die kommunistischen Parteien verboten sind und 40 % der Bevölkerung weder über eine Staatsangehörigkeit noch über Bürgerrechte verfügen. Mit anderen Worten, der Einbrecher versucht, alle davon zu überzeugen, dass der Hausherr für den Einbruch verantwortlich ist.
Wir stimmen gegen den Entschließungsantrag und bringen gegenüber dem belarussischen Volk unsere Solidarität bezüglich seiner Bemühungen zum Ausdruck, die imperialistische Einmischung abzuwehren und seinen eigenen Kurs zu wählen.
Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für den sehr interessanten Bericht meines Kollegen Heinz Kindermann über die Durchführung einer Forststrategie der Europäischen Union gestimmt.
Gegenwärtig wird die Problematik des Waldes und des Holzes im Prozess der Wertschöpfung und des sozialen Fortschritts unter Wahrung der Umwelt in den öffentlichen europäischen Politiken nur sehr ungenügend berücksichtigt. Es ist an der Zeit, dass die Europäische Union die sich auf den Wald- und Holzsektor in relevanten geografischen Räumen beziehenden Projekte maßgeblich unterstützt. Der Zusammenhang zwischen einer Fortstrategie und der ländlichen Entwicklung muss hergestellt werden. Diesbezüglich bedaure ich, dass den Berggebieten keine besondere Aufmerksamkeit eingeräumt wurde. Ebenso muss sich die Union im Rahmen der Lissabon-Strategie stärker für die Unterstützung von Forschungsprogrammen zur Verwertung von Holz insbesondere im Bauwesen und der Energiewirtschaft engagieren.
Des Weiteren sollte als Vorstufe für künftige Maßnahmen eine Studie zum Transport des Schwergutes Holz durchgeführt werden, um die Waldgebiete, die Verbrauchszonen sowie die Eisenbahn-, Straßen- und Seeverkehrsinfrastrukturen besser miteinander in Einklang zu bringen.
Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße Herrn Kindermanns Bericht über die Durchführung der Forststrategie der EU, denn die Forstwirtschaft wird zwar nicht eigentlich in den Verträgen behandelt, doch bedarf es eines EU-Aktionsplans für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder als kohärenten Rahmen für die Umsetzung forstwirtschaftlicher Maßnahmen sowie zur Koordinierung von Gemeinschaftsaktionen und der Forstwirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, und dieser Aktionsplan sollte in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten und den verschiedenen Betroffenen ausgearbeitet werden.
Als jemand, der in einem der letzten verbliebenen bedeutenden Eichenwaldbeständen Englands lebt, bin ich mir der Notwendigkeit einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung unmittelbar bewusst. Wälder haben eine multifunktionale Aufgabe. Im Forest of Dean bietet der Wald eine wunderschöne Umgebung und ein natürliches Habitat, er bietet Möglichkeiten der Erholung und des Tourismus, er bietet Arbeitsmöglichkeiten und industrielles Potenzial, und er bietet Menschen ein Zuhause. Und doch widerspiegelt sich diese multifunktionale Rolle – gemessen an dem Potenzial, das dem Wald innewohnt – in den meisten Fällen nicht in der Wirtschaft der betreffenden Gebiete oder im Einkommen ihrer Bewohner. Die ländliche Entwicklungspolitik ist das Hauptinstrument zur Umsetzung der Forststrategie auf Gemeinschaftsebene, und ich unterstütze das.
Hélène Goudin, Nils Lundgren und Lars Wohlin (IND/DEM), schriftlich. (SV) Wir sind der Ansicht, dass die EU keine gemeinsame Forstpolitik entwickeln sollte. Dieser Politikbereich ist eine sehr wichtige nationale Frage. Wir hätten uns gewünscht, das Europäische Parlament hätte als Ziel formuliert, dass die Forstpolitik auch weiterhin ein Bereich nationaler Entscheidungsfindung bleibt. Während der Behandlung des Berichts haben wir teilweise Gehör beim Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit gefunden. Leider hat jedoch die Mehrheit des Europäischen Parlaments in seiner üblichen Besessenheit, alles extrem aufzublähen, einen Bericht erarbeitet, durch den beispielsweise mit der sektoralen Gemeinschaftspolitik und der Strategie von Lissabon Einfluss auf den Forstbereich ausgeübt werden kann und in dem die Auffassung vertreten wird, dass man „in einem objektiven Gutachten die Möglichkeiten der Schaffung einer eigenen Rechtsgrundlage für den Wald in den Verträgen der Europäischen Union“ prüfen lassen sollte.
Derartige Wechsel in den politischen Stellungnahmen des Europäischen Parlaments lehnen wir mit aller Entschiedenheit ab. Ein für alle Mal sollte erklärt werden, dass die Forstpolitik ein Bereich ist, in dem Beschlüsse einzig und allein auf nationaler Ebene gefasst werden. Wir können nicht für einen Bericht stimmen, der mehr oder weniger versteckt das Ziel verfolgt, eine Forstpolitik auf Gemeinschaftsebene einzuführen, die mit Mitteln aus dem EU-Haushalt finanziert wird.
Jean-Claude Martinez (NI), schriftlich. – (FR) Es wird dringend eine Forststrategie gebraucht. Insbesondere in Frankreich, das im 21. Jahrhundert in der Region Landes eines der schönsten Waldgebiete Europas zu schaffen vermochte, doch das seitdem nicht in der Lage ist, seine Wälder kommerziell zu bewirtschaften.
Wenn wir zusehen müssen, wie unsere Wälder in Portugal, in Frankreich und in Spanien in Flammen aufgehen, wenn wir für die Beschaffung von Holz für unsere Industrie oder von Zellstoff zur Papierherstellung auf Indonesien oder Brasilien angewiesen sind, während gleichzeitig die Entwaldung und die daraus folgenden biologischen und klimatischen Katastrophen zu beklagen sind, so zeigt dies, wie sehr eine globale politische Antwort notwendig ist. Es wird der Wille zur Schaffung eines starken Holzsektors in Europa und insbesondere in Frankreich gebraucht. Dazu gehören auch eine sinnvolle Steuerpolitik, geförderte Investitionen, gut ausgebildete und nicht benachteiligte Fachleute sowie politischer Weitblick.
Der Präsident. Die Erklärungen zu den Abstimmungen sind geschlossen.