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Verfahren : 2006/2541(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : B6-0170/2006

Eingereichte Texte :

B6-0170/2006

Aussprachen :

PV 15/03/2006 - 16
CRE 15/03/2006 - 16

Abstimmungen :

PV 16/03/2006 - 9.6
CRE 16/03/2006 - 9.6
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2006)0098

Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 15. März 2006 - Straßburg Ausgabe im ABl.

16. Vorbereitungen für die COP-MOP-Tagung über die biologische Vielfalt und die biologische Sicherheit (Curitiba, Brasilien) (Aussprache)
Protokoll
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  Der Präsident. – Nach der Tagesordnung folgt die Erklärung der Kommission zu den Vorbereitungen für die COP-MOP-Tagung über die biologische Vielfalt und die biologische Sicherheit (Curitiba, Brasilien).

 
  
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  Neelie Kroes, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Es ist die Absicht der Europäischen Kommission, den internationalen Verpflichtungen auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt nachzukommen und sie weiter zu stärken. Das Millennium Ecosystem Assessment hat verdeutlicht, dass drastische Schritte erforderlich sind, wenn wir einen irreparablen Verlust an Leistungen des Ökosystems, von denen das menschliche Wohlergehen abhängt, vermeiden wollen. Wenn wir den Beziehungen zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und biologischer Vielfalt keine Beachtung schenken, werden wir auch die Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele gefährden.

Die Studie Millennium Ecosystem Assessment schlussfolgert, dass ‚beispiellose Anstrengungen erforderlich sind, um das für 2010 gesetzte Ziel einer signifikanten Verringerung der Geschwindigkeit des Verlusts an biologischer Vielfalt auf allen Ebenen zu erreichen’. Dieses für 2010 gesetzte globale Ziel auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt wurde mit der Konvention über Biologische Vielfalt angenommen und auf dem Johannesburger Weltgipfel über Nachhaltige Entwicklung ratifiziert. Es ist daher das politische Engagement auf höchster Ebene erforderlich, um die Konvention über Biologische Vielfalt umzusetzen und das für 2010 gesetzte Ziel zu erreichen. Die 8. Konferenz der Vertragsparteien der UN-Konvention über Biologische Vielfalt wird in den kommenden beiden Wochen im brasilianischen Curitiba stattfinden. Der COP8 geht die dritte Tagung der Vertragsparteien des Protokolls von Cartagena über biologische Sicherheit voraus. Das sind wichtige internationale umweltpolitische Ereignisse, und Kommissar Dimas wird vom 26. bis 30. März an der Ministertagung innerhalb der Konferenz der Vertragsparteien teilnehmen.

Der Rat „Umwelt“ nahm am vergangenen Mittwoch Schlussfolgerungen an, in denen die EU-Prioritäten für die 8. Konferenz der Vertragsparteien dargelegt sind. Die Schlussfolgerungen sind: erstens, Stärkung der Umsetzung der Konvention über Biologische Vielfalt und Überwachung der Fortschritte bei der Erreichung des für 2010 festgesetzten Ziels auf dem Gebiet der biologischen Vielfalt; zweitens, Erzielung von Fortschritten bei der Umsetzung des Arbeitsprogramms zu Schutzgebieten der Konvention über Biologische Vielfalt und insbesondere in Verbindung mit ihrer Zielsetzung, ein weltweites Netz umfassender, ökologisch repräsentativer und effizient verwalteter nationaler und regionaler Schutzgebietsysteme zu errichten. Dieses ist bis 2010 für Schutzgebiete auf dem Lande und bis 2012 für Meeresschutzgebiete zu erreichen. Das erfordert auch Fortschritte in Bezug auf Meeresschutzgebiete, die außerhalb der nationalen Zuständigkeit liegen. Die Konvention über Biologische Vielfalt sollte auch wissenschaftliche Kriterien festlegen, wie Meeresgebiete und Meeresarten zu ermitteln sind, die am dringlichsten des Schutzes bedürfen. Die dritte Schlussfolgerung betrifft die Erzielung von Fortschritten bei den Verhandlungen über ein internationales Regime über den Zugang und über die gemeinsame Nutzung von Vorteilen.

Was die laufende 3. Tagung der Vertragsparteien des Protokolls von Cartagena über biologische Sicherheit angeht, liegen unsere Prioritäten in der abschließenden Verabschiedung der dokumentarischen Erfordernisse für grenzüberschreitenden Bewegungen von GVO, in der weiteren Entwicklung von Richtlinien zur Risikobewertung und in der Diskussion weiterer Maßnahmen zur Umsetzung. Auch Fragen des Aufbaus von Kapazitäten werden im Mittelpunkt der dritten Tagung der Vertragsparteien stehen.

Die Kommission ist sehr an der Einbindung von Mitgliedern des Europäischen Parlaments als Beobachter in den Delegationen der Gemeinschaft bei der Aushandlung multilateraler Vereinbarungen interessiert, was auch bei zahlreichen Gelegenheiten geschehen ist.

Die Kommission begrüßt daher die Teilnahme von Mitgliedern des Europäischen Parlaments an der COP8 und ist davon überzeugt, dass sie einen wichtigen Beitrag leisten können. Im Rahmen ihrer begrenzten personellen Möglichkeiten der COP wird die Kommission die Parlamentsmitglieder gemäß der interinstitutionellen Vereinbarung regelmäßig über die Entwicklung bei den Verhandlungen informieren.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FI) Herr Präsident! Seit der Unterzeichnung des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt sind jetzt dreizehn Jahre vergangen, aber die biologische Vielfalt auf der Erde nimmt immer weiter ab. Wenn nächste Woche die achte Tagung der Vertragsstaaten des Übereinkommens beginnt, dann wird es weltweit so sein, dass etwa 16 000 Tier- und 60 000 Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind. Wir beuten unsere Ökosysteme auf eine nicht-nachhaltige Art und Weise aus. Global betrachtet, ist die Landnutzung, die die natürliche Umwelt zum Zwecke der Gewinnerzielung verändert, die wichtigste Ursache für die Verarmung der Artenvielfalt. Etwa 2 % der ursprünglich natürlichen Umwelt werden jährlich zu Flächen für die Land- und Forstwirtschaft umgestaltet oder werden Teil der bebauten Umwelt.

Da sich die Probleme der Lebensräume, der darin lebenden Arten und der Verarmung der genetischen Vielfalt gewöhnlich erst nach einiger Zeit zeigen, ist dem Charakter der Obergrenze der Biodiversität als Teil der globalen Veränderungen nicht hinreichend Aufmerksamkeit geschenkt worden. Als Folge der Verschlechterung des Zustands der Ökosysteme können deren Funktion und die kostenlosen Leistungen, die sie für den Menschen erbringen, wie die Bereitstellung von sauberem Wasser und die Aufrechterhaltung des hydrologischen Kreislaufs, die Kohlenstoffbindung, die Bestäubung von Nahrungsmittelpflanzen und der Nährstoffkreislauf stark beeinträchtigt werden. Ökologen und Ökonomen haben errechnet, dass die kostenlosen Leistungen der Natur in Geld ausgedrückt die unglaubliche Summe von etwa 23 Milliarden Euro jährlich ausmachen, was mehr ist als das zusammengenommene Sozialprodukt der ganzen Welt. Die Leistungen eines Ökosystems lassen sich teilweise dadurch zurückgewinnen, dass beispielsweise von der Erosion bedrohte Rodungsgebiete wieder aufgeforstet werden, aber Forstkulturen können die Vielfalt natürlicher Wälder nicht ersetzen. Wir haben daher einen gemeinsamen Wunsch: Wir wollen die Verarmung der Natur stoppen. Wo aber findet sich die Weisheit, die uns die wirksamen Wege und Mittel dazu aufzeigt?

Die Entschließung enthält eine Reihe unterstützenswerter Hinweise, aber betrachtet man einmal die Natur selbst, dann kann man nur staunen angesichts ihrer Weisheit. Die Natur selbst ist unendlich produktiv, schöpferisch, ja sogar verschwenderisch, gleichzeitig aber auch effizient und praktisch. Die Natur ist ein Beispiel dafür, wie ein natürliches Wirtschafts- und Produktionssystem tatsächlich aussieht und was das Ziel einer ökologischen Produktplanung sein sollte. Die Natur schert sich nicht um eine integrierte Produktpolitik von Anfang bis Ende, für die Natur ist alles immer wieder der Anfang für etwas Neues. Wir brauchen diese Art von Weisheit – aber auch ein unvoreingenommenes Herangehen –, wenn wir die vor uns liegenden Schwierigkeiten meistern wollen.

 
  
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  Riitta Myller, im Namen der PSE-Fraktion.(FI) Herr Präsident! Über die Notwendigkeit, das internationale Umweltmanagement zu stärken, herrscht weitgehende Übereinstimmung. Der Klimawandel ist das größte globale Umweltproblem, wenngleich bedauerlicherweise nicht das einzige. Der Rückgang der Zahl der Arten auf der Welt bedroht bereits heute die Lebensfähigkeit unserer Gesellschaft. Wir brauchen daher bei der bevorstehenden UNO-Konferenz der Vertragsstaaten des Übereinkommens über die biologische Vielfalt greifbare Ergebnisse in Bezug auf die biologische Vielfalt in der EU.

Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt ist der am weitesten geltende internationale Vertrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt. Er wurde von 188 Staaten unterzeichnet, darunter alle 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Damit der Vertrag eine möglichst breite Wirkung entfalten kann, ist es wichtig, dass das Übereinkommen auf den verschiedenen Politikfeldern wirksam umgesetzt wird und dass der Vertrag mit anderen internationalen Umweltverträgen in Einklang gebracht und mit diesen koordiniert werden kann.

Das größte Problem für eine wirksame Umsetzung ist jedoch die ungenügende Zahl von Indikatoren für die biologische Vielfalt. Wir wissen weder, was in unserer Umwelt vor sich geht, noch wie wir auf diese Herausforderung reagieren können. Es bedarf harter Arbeit seitens der Kommission, um diese Indikatoren herauszuarbeiten. Es ist an der Europäischen Union, den Weg zur Stärkung der globalen Dimension einer nachhaltigen Entwicklung aufzuzeigen. Wir sollten bereit sein, uns auf allgemein verbindliche Ziele zu verständigen, mit dem Ziel, die Verarmung der Natur zu stoppen und ihren natürlichen Reichtum zu sichern, nicht nur für uns, sondern auch für unsere Kinder.

 
  
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  Jolanta Dičkutė, im Namen der ALDE-Fraktion. – (LT) Warum müssen wir die biologische Vielfalt erhalten? Die Antwort ist einfach – weil sie unmittelbaren Bezug zu uns, den Menschen, hat. Der Mensch ist Teil der biologischen Vielfalt; der Mensch nimmt Einfluss auf die ihn umgebenden Lebewesen, die wiederum Einfluss auf ihn selbst ausüben. Tag für Tag jedoch vernichtet ebendieser Mensch eine unbekannte Zahl lebender Arten, indem sein Wirken einen Klimawandel herbeiführt, die Umweltverschmutzung erhöht und die natürlichen Habitate von Pflanzen und Tieren zerstört. Die menschliche Tätigkeit, für die es in der Natur kein Analogon gibt, wirkt sich normalerweise aus der Sicht der biologischen Vielfalt verheerend aus. Eine Bewertung verfügbarer Daten mehrerer europäischer Staaten über den Zustand der Vogel- und Säugetierpopulationen und die Veränderungen in ihrem Vorkommen zeigt, dass man die langfristige Erhaltung vieler dieser Arten ohne eine dringliche und entschlossene Änderung in der Strategie und Politik auf dem Gebiet des biologischen Schutzes nicht garantieren kann. Die so genannte vereinfachte Umweltschutzstrategie, die zuvor angewendet worden war, versucht lediglich, die Bedürfnisse der vom Aussterben am stärksten bedrohten Arten zu berücksichtigen. Eine solche Strategie ist nicht länger angemessen. Ich sehe das ehrgeizige Ziel der Europäischen Union, bis 2010 den Niedergang der biologischen Vielfalt aufzuhalten, sehr positiv. Um dieses Ziel zu verwirklichen, ist es notwendig, ein System biologischer Indikatoren zu schaffen, das dazu beiträgt, die Fortschritte bei der Umsetzung der im Rahmen der Konvention über Biologische Vielfalt eingegangenen Verpflichtungen zu bewerten. Wir müssen nationale Aktionspläne ausarbeiten und die Erfassung, Analyse und Veröffentlichung von Daten auf internationaler Ebene koordinieren. Dazu sind natürlich auch finanzielle Investitionen erforderlich. Heute begehen wir den Welttag der Rechte der Verbraucher. Es ist symbolisch, dass wir gerade heute die Erhaltung der biologischen Vielfalt diskutieren. Die ständig zunehmende Werbung für den Konsumismus, der nachweislich das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand des Einzelnen erhöht, schädigt mit jedem Tag zunehmend die Umwelt.

 
  
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  Caroline Lucas, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(EN) Herr Präsident! Diese Entschließung stellt eine ganz wichtige Gelegenheit für das Parlament dar, die Tagung der Unterzeichnerstaaten in Brasilien wissen zu lassen, welchen Wert die Bürgerinnen und Bürger Europas den natürlichen Ressourcen und der biologischen Vielfalt beimessen. Ich möchte nur auf zwei dieser Ressourcen eingehen.

Wir gehen der ältesten Wälder der Welt mit einer Geschwindigkeit von jährlich über 13 Millionen Hektar verlustig, was verheerende Auswirkungen hat. Es muss ein weltweites Netz geschützter Waldgebiete errichtet und finanziert werden, und den Ländern müssen messbare zeitliche Verbotsziele gesetzt werden, um sicherzustellen, dass der Verbrauch von und der Handel mit Ressourcen, die der Erhaltung der biologischen Vielfalt dienen, ausschließlich aus nachhaltigen Ressourcen stammt.

Auch müssen wir dringend zur Frage von Kulturen Stellung beziehen, die mithilfe von Terminatortechnologien manipuliert wurden. Diese Kulturen bringen sterile Samen hervor, sodass Landwirte aus der Ernte eines Jahres keine Samen für die nächste Aussaat gewinnen können, wodurch sie gezwungen sind, Jahr für Jahr Saatgut von den Biotechnologieunternehmen zu kaufen, die schon jetzt einen enormen Saatgutmarkt kontrollieren: Nur zehn Firmen kontrollieren mehr als 50 % des weltweiten Absatzes von Saatgut. Die Folgen für die Lebensmittelsicherheit, insbesondere in den Entwicklungsländern und für den Lebensunterhalt armer Landwirte, wären enorm. Alle Vorschläge, die auf ein Unterlaufen des Moratoriums zur Feldprüfung und Vermarktung dieser Suizidsamen abzielen, müssen entschlossen zurückgewiesen werden, und deshalb hat unsere Fraktion für morgen einen Änderungsantrag eingereicht, um diesem Punkt Nachdruck zu verleihen.

 
  
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  Karin Scheele (PSE). – Herr Präsident! In den letzten beiden Jahrhunderten führten das Bevölkerungswachstum, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen und die Umweltverschmutzung zu einem rasant zunehmenden Verlust von Wachstum. Der Mensch ist von biologischer Vielfalt abhängig, das wurde oft genug heute gesagt. Wälder z. B. liefern uns nicht nur den Rohstoff Holz und reichern die Luft mit Sauerstoff an, sondern reinigen unser Wasser und verhindern Erosion und Überschwemmungen, eine Funktion, die in allen Teilen der Welt mit den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels immer bewusster wird.

Auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung wurde 2002 – und das hat die Kommissarin gesagt – beschlossen, dass man die Geschwindigkeit des Verlustes an Artenvielfalt reduziert. Damals hat die Delegation des Europäischen Parlaments diese nicht ausreichend ehrgeizige Forderung sehr kritisiert. Innerhalb der Europäischen Union sind wir über diese Forderung hinausgegangen und haben gesagt, bis 2010 muss eine Trendwende beim Rückgang der biologischen Vielfalt erreicht werden.

Ich glaube, dass die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten weiterhin eine Führungsrolle haben müssen und schauen müssen, dass man sich bei der 8. Konferenz der Vertragsstaaten auf messbare Ziele einigt, die innerhalb einer bestimmten Zeit erreicht werden müssen.

Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten sollen auch besonderes Augenmerk auf die biologische Vielfalt der Meere legen, und die hier muss sich die Europäische Union selbst bei der Nase fassen. Ich nenne nur als Stichwort die europäische Fischereipolitik, ein Thema, das aufgrund der alarmierenden Rückgänge der Bestände bei verschiedenen Fischarten gerade mit den Kollegen und Kolleginnen aus den AKP-Staaten diskutiert wird.

 
  
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  Der Präsident. – Zum Abschluss der Aussprache wurden gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung vier Entschließungsanträge eingereicht.(1)

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

 
  

(1)Siehe Protokoll.

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