Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Jo Leinen im Namen des Ausschusses für konstitutionelle Fragen über Europäische Politische Parteien (2005/2224(INI)) (A6-0042/2006).
Jo Leinen (PSE), Berichterstatter. – Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Verordnung über die Finanzierung der europäischen Parteien, die wir 2004 verabschiedet haben, war ein voller Erfolg. Die Trennung zwischen Parlament und Parlamentsfraktionen auf der einen Seite und politischen Parteien auf der anderen Seite ist gelungen. Das war eine langjährige Forderung des Rechnungshofes, der wir mit dieser Verordnung nachgekommen sind.
In der Zwischenzeit haben sich zehn Parteifamilien registrieren lassen; sie werden auch durch die Haushaltslinie gefördert. Das zeigt, dass es doch eine Vielfalt und eine Lebendigkeit der politischen Kultur auf der europäischen Ebene gibt. Zehn Parteifamilien, das ist ein schöner Erfolg. Vorher gab es nur vier. Die Anzahl hat sich also mehr als verdoppelt.
Die Erfahrungen mit der Finanzierung der politischen Parteien sind gut. Trotzdem gibt es einige Wünsche, die wir in den neuen Bericht aufgenommen haben, Wünsche für die Planungssicherheit und Wünsche für die Flexibilität der Arbeitsweise der europäischen Parteien. Es gibt den Wunsch, dass der Haushaltsausschuss und das Präsidium zu Beginn der Wahlperiode Planungssicherheit für die ganze Wahlperiode schaffen. Dadurch erübrigt sich zwar nicht der jährliche Haushalt, den wir verabschieden, aber ich glaube, es wäre opportun zuzusichern, dass diese Haushaltslinie erhalten bleibt und sich auch im Lichte der Erweiterungen oder der Zunahme der Anzahl politischer Parteien nach vorne entwickeln kann.
Die Parteien haben ja Eigeneinnahmen: Spenden und Mitgliedsbeiträge. Es kann natürlich nicht im Sinne der Finanzordnung der EU sein, dass sie diese Eigeneinnahmen verlieren, wenn sie sie nicht im selben Jahr ausgeben. Deshalb bin ich dankbar, dass wir in Straßburg schon eine Forderung erfüllt haben, die in dem Bericht auftaucht, nämlich dass die Parteien aus bis zu 25 % der Eigenmittel Rücklagen bilden können. Es ist ja ihr eigenes Geld, und die Finanzordnung der EU sollte die Parteien nicht übermäßig einschränken.
Es ist aber auch der Wunsch, dass die Zuschüsse ebenfalls bis in Höhe von 25 % bis zu drei Monate auf ein neues Haushaltsjahr übertragen werden können. Politik ist ein unwägbares Geschäft und unvorhersehbare Ereignisse müssen eigentlich dazu führen, dass ein gewisser Betrag auch noch im nächsten Quartal ausgegeben werden kann, damit nicht auch bei den Parteien das Dezember-Fieber um sich greift und sie quasi im Dezember alles ausgegeben haben müssen.
Der Bericht enthält noch andere Vorschläge. Ich will aber jetzt zu der zweiten Etappe kommen, die wir mit diesem Bericht einleiten. Wir brauchen ein echtes europäisches Statut für europäische Parteien. Es kann nicht sein, dass sich die europäischen Parteien nach dem Recht eines Mitgliedstaats registrieren und auch kontrollieren lassen müssen. Der Wunsch aller Parteien geht dahin, gleiche Rechte und gleiche Pflichten in allen Mitgliedstaaten zu haben, und das geht nur mit einem Statut. Der Ausschuss für konstitutionelle Fragen ist bereit, hier eine Vorlage zu machen. Frau Vizepräsidentin, wir wären froh, wenn die Kommission dann, wenn wir einen Vorschlag machen, diesen aufgreift und ihr Initiativrecht wahrnimmt, um einen neuen Legislativvorschlag einzubringen.
Die zweite Idee, die wir erörtern sollten, ist die wichtige politische Kommunikation über die Grenzen hinweg. In vielen Ländern gibt es dazu politische Stiftungen. Wir meinen auch, dass auf europäischer Ebene europäische politische Stiftungen geschaffen werden sollen. Auch hier wird die Kommission gebeten, einen Vorschlag zu machen, sei es ein Legislativvorschlag oder ein Haushaltsvorschlag.
Wir sollten darüber nachdenken, ob es bei zukünftigen Europawahlen nicht auch europäische Listen gibt, so dass die Bürger quasi zwei Stimmen haben: eine für die nationale oder regionale Liste und eine für eine gemeinsame europäische Liste der Parteien, weil es nur mit einer solchen Liste möglich ist, auch gemeinsam Wahlkampf zu machen. Wir haben bei den Europawahlen 25 verschiedene Wahlkämpfe, und durch europäische Listen würde daraus eine Synthese.
Ich will zum Schluss die Parteijugend erwähnen. Die Jugend ist die Zukunft. Wir müssen ein besonderes Augenmerk auf die Förderung der politischen Jugendorganisationen richten, die die Zukunft der Parteien sind, und die Parteien gehören zur Demokratie dazu. Der Bericht bringt uns einen großen Schritt weiter. Ich danke den Generalsekretären der Parteien, aber auch der Verwaltung dieses Hauses für die effektive Bewirtschaftung der Mittel und den Generalsekretären für ihre guten Vorschläge, die zu diesem Bericht geführt haben.
Margot Wallström, Vizepräsidentin der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Leinen für diesen wichtigen Bericht danken, der eine gute Gelegenheit bietet, sowohl auf das Erreichte auf dem Gebiet der europäischen politischen Parteien zurückzublicken, als auch mögliche weitere Schritte zu beleuchten.
Erst vor drei Jahren, 2003, wurde von diesem Haus und vom Rat die auf einem Vorschlag der Kommission beruhende Verordnung über Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene verabschiedet. Damit haben die Institutionen das Ziel des Vertrags von Amsterdam und die mit dem Vertrag von Nizza zur Verfügung stehende neue Rechtsgrundlage umgesetzt. Wie im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft anerkannt, sind politische Parteien auf europäischer Ebene für die Union ein wichtiger Integrationsfaktor. Sie tragen zur Entwicklung eines europäischen Bewusstseins bei, helfen den politischen Willen der Bürger zum Ausdruck zu bringen und fördern die europaweite politische Debatte. Seit In-Kraft-Treten der Verordnung sind nicht weniger als zehn europäische politische Parteien in Europa gegründet worden.
Wir können dies als Zeichen dafür werten, dass in Europa nach und nach eine europäische Öffentlichkeit entsteht, so dass die Bürger davon ausgehen können, dass ihre Stimme von den Institutionen immer besser wahrgenommen wird. Ich sehe dies mit großer Freude, handelt es sich hierbei doch um einen Gedanken aus unserem Weißbuch über Kommunikation. Wir brauchen eine europäische politische Kultur, und wir brauchen Unterstützung, um hier voranzukommen. Es muss jedoch noch viel getan werden, um das Projekt Europa und die europäischen Institutionen den Bürgern näher zu bringen. Auch dies ist einer der wichtigsten Punkte, die von der Kommission im Weißbuch über eine europäische Kommunikationspolitik angesprochen werden.
Für mich steht fest, dass nicht nur Regierungen und Parlamente, sondern auch politische Parteien und öffentliche Stellen das Thema Europa im öffentlichen Bewusstsein fest verankern müssen. Wir sollten auch über die geringe Wahlbeteiligung bei Europawahlen nachdenken und gemeinsam nach Wegen suchen, die Wähler stärker zu interessieren, wie von der Kommission bereits in ihrem Plan D vorgeschlagen. Es ist nicht immer leicht zu erkennen, wie wir dieser Rolle im Einzelnen gerecht werden können, aber ich meine, die Institutionen haben ein gemeinsames Interesse an der Gewährleistung einer hohen Wahlbeteiligung und einer hohen Beteiligung an der Diskussion zu diesen Wahlen.
Der Bericht von Herrn Leinen hebt hervor, dass politische Parteien sich für die Beteiligung der Bürger einsetzen müssen, nicht nur über die Europawahlen, sondern auch in allen anderen Aspekten des europäischen politischen Lebens. Wir teilen diese Ansicht voll und ganz.
Ziffer 12 des Berichts spricht eine Reihe wichtiger Punkte an. Sie betreffen die Rolle der europäischen Stiftung. Wie Herr Leinen ausführte, geht es darum, welchen Einfluss europäische Parteien auf europäische Volksabstimmungen und die Förderung von Jugendorganisationen ausüben können. Die Kommission würde eine breite und eingehende Diskussion dieser Fragen begrüßen. Sie gehören zur Herausbildung einer echten europäischen Öffentlichkeit. Auch diesen Vorschlägen stehen wir sehr aufgeschlossen gegenüber.
Politische Parteien sind ein wesentlicher Bestandteil der demokratischen Struktur der Union, von daher ist es angemessen, dass sie eine gewisse Unterstützung aus dem Gemeinschaftshaushalt erhalten.
Wir nehmen die in dem Bericht genannten Vorschläge für mehr Flexibilität bei der Ausstattung mit öffentlichen Mitteln zur Kenntnis. Viele der im Bericht ausgeführten Ideen ließen sich mit Hilfe einer Anpassung der internen Regeln durch das Parlament konkretisieren.
Andere Vorschläge, die Änderungen der Verordnung über politische Parteien auf europäischer Ebene oder der Haushaltsordnung nach sich ziehen würden, müssen in einem größeren Zusammenhang gesehen werden. Wie Sie bemerken, drücke ich mich in diesem Punkt sehr vorsichtig aus. Bekanntlich überarbeiten wir gegenwärtig die Haushaltsordnung und ihre Durchführungsbestimmungen. Wir sollten dies bei der Einschätzung der Situation berücksichtigen, da auch hier ein ausgewogenes Verhältnis gefunden werden muss zwischen der Notwendigkeit, andere Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen, oder zum Beispiel NRO, um die besten Instrumente zur Verbesserung der gegenwärtigen Situation zu finden.
Des Weiteren nehmen wir mit Interesse die in Ziffer 4 des Berichts hervorgehobene Anregung zur Kenntnis, der Ausschuss für konstitutionelle Fragen solle die Frage des europäischen Statuts der europäischen politischen Parteien prüfen, was über den Rahmen der bestehenden Verordnung hinausgehen könnte. Vorgeschlagen wird auch, dass der Ausschuss die Möglichkeit untersucht, Rechte und Pflichten der europäischen Parteien besser festzulegen.
Die Kommission wird die Tätigkeit des Ausschusses des Parlaments in diesem Bereich auf jeden Fall mit Interesse und Aufmerksamkeit verfolgen. Ich möchte an dieser Stelle mein persönliches Interesse an dieser wichtigen Betrachtung unterstreichen. Ich wiederhole, dass dies mit den von uns im Weißbuch genannten Ideen vollständig in Übereinstimmung steht. Es geht um die Schaffung einer europäischen politischen Öffentlichkeit, in der wir Aussprachen führen können und in der die politischen Parteien eine sehr wichtige Rolle spielen werden.
Klaus-Heiner Lehne (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich vertrete den Kollegen López-Istúriz White, der Verfasser der Stellungnahme des Rechtsausschuss war, und werde für ihn bzw. meine Fraktion dazu einige Ausführungen machen.
Ich teile die Auffassungen des Hauptberichterstatters, Herrn Leinen, dass das bisherige Statut sicherlich vom Grundsatz her als ein voller Erfolg betrachtet werden muss und dass es völlig richtig ist, dass wir eine konkrete Trennung der Finanzierung der Parteien von der Finanzierung der Fraktionen durchgeführt haben. Wir sind es den Bürgern auch schuldig gewesen, hier eine Veränderung vorzunehmen.
Politische Parteien nehmen an der Willensbildung des Volkes – in Europa muss man sagen der Völker – teil. Deshalb ist es auch erforderlich, dass die europäischen Institutionen die Voraussetzungen und Bedingungen dafür schaffen, dass diese europäischen Parteien vernünftig arbeiten können. Besonders wichtig sind mir in diesem Zusammenhang die folgenden vier Punkte:
Erstens, es muss ein finanzieller Rahmen geschaffen werden, der eine langfristige Finanzierung, die auch auf Dauer angelegt und nachhaltig ist, möglich macht. Die Zuschüsse, die zurzeit an die europäischen Parteien gezahlt werden, machen jedoch wirklich langfristige nachhaltige Planungen von Aktivitäten nicht in einem ausreichenden Maße möglich. Planungen sind heute an die Kalenderjahre in der Wahlperiode gebunden. Es kann zudem zu Veränderungen in der Parteienfinanzierung kommen, weil neue Parteien geschaffen werden und dann die Anpassungen an das Finanzierungsvolumen vorgenommen werden müssen. Ich sage einfach, dass das vorhandene Recht nicht in einem ausreichenden Maße Planungssicherheit gewährleistet und dass deshalb Veränderungen durchaus wünschenswert wären.
Zweitens: Wir müssen erlauben, dass die europäischen Parteien finanzielle Reserven bilden können und diese nicht von einem auf das andere Jahr verloren gehen. Herr Kollege Leinen hat dieses Thema ebenfalls angesprochen, das hat auch bei den Beratungen im Rechtsausschuss eine Rolle gespielt. Das Stichwort des berühmten Dezember-Fiebers ist hier genau treffend. Wir wollen nachhaltige langfristige Planung der Parteifinanzen und keine Situation, in der sozusagen kurz vor Weihnachten das Geld noch zum Fenster hinausgeworfen wird, weil es einfach ausgegeben werden muss und es ansonsten möglicherweise verloren geht.
In diesem Zusammenhang ist es auch überlegenswert, die Grenze von 20 % für den Transfer von Geldern von einem Haushaltsposten auf den anderen zu überdenken und dies flexibler zu handhaben. Die europäischen Parteien müssen die Möglichkeit haben, auf veränderte Anforderungen, die sich zum Beispiel durch eine Krise im politischen Geschäft ergeben können, reagieren zu können und Umschichtungen von Finanzmitteln, auch in einem größeren Maße, als das im bisherigen Statut erlaubt und vorgesehen ist, vornehmen zu können.
Viertens: Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass das Statut der europäischen Parteien geändert werden sollte, damit die europäischen Parteien im Interesse aller Bürger handlungsfähiger und ihrer Rolle als Motor der politischen Willensbildung gerecht werden können. Ich will aber auch nicht bestreiten, dass natürlich die Parteien von sich aus etwas mehr tun könnten, um dieses Ziel, Europa den Bürgern näher zu bringen und die Bürger an dem zu beteiligen, was hier in Europa passiert, erreichen zu können.
Ich persönlich bin nicht der Meinung, dass eine europäische Liste parallel zu den nationalen Listen dieses Problem zu lösen in der Lage wäre. Listen sind ein abstraktes Etwas und werden bestimmten Parteien zugeordnet, und viele Bürger können sich damit nicht identifizieren. Was wir vielmehr brauchen, ist eine weit größere Personalisierung des europäischen Wahlverfahrens, und da gibt es eine ganz einfache Möglichkeit: Wenn zumindest die beiden großen Volksparteien in Europa sich entscheiden könnten, mit jeweils einem Spitzenkandidaten zur Europawahl anzutreten mit dem Ziel, diesen Mann oder diese Frau anschließend zum Kommissionspräsidenten zu wählen, dann hätten wir in relativ kurzer Zeit eine starke Personalisierung, auch eine weit größere Identifikation mit Personen und mit einer politischen, programmatischen Aussage, mit der wir wahrscheinlich die Wahlbeteiligung bei Europawahlen allein durch diese Handhabung erheblich erhöhen könnten.
Ich wünsche mir, dass die politischen Parteien diesen Mut aufbringen.
Jean-Luc Dehaene, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Auch ich bin darüber erfreut, dass uns durch den vorliegenden Bericht ein wesentlicher Fortschritt auf dem Weg zu einer Konsolidierung der europäischen politischen Partei ermöglicht wird.
Wenn wir nämlich eine wirkliche europäische parlamentarische Demokratie aufbauen wollen, wird nach meinem Dafürhalten echten europäischen Parteien darin eine entscheidende Rolle zufallen. Der vor einigen Jahren gefasste Beschluss, die Parteien unabhängig von den Fraktionen zu finanzieren, erscheint mir ein überaus bedeutender Schritt in diese Richtung. Er wird allerdings nicht unbedingt populär sein, da er von der Bevölkerung nicht als notwendig angesehen wird.
Ich bin jedoch der Meinung, dass wir politische Parteien in einer gesunden parlamentarischen Demokratie als ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Bürger und dem Entscheidungsprozess darstellen müssen und dass dies nicht gratis zu haben ist. Mit anderen Worten, wir müssen den Mut besitzen, der Außenwelt zu erklären, dass Demokratie ihren Preis hat, dass dies nichts Ungewöhnliches ist und dass die Finanzierung besser transparent, d. h. mit öffentlichen Mitteln, geschieht und nicht über diverse dunkle Kanäle.
Ein substanzieller Schritt auf diesem Gebiet wurde, wie schon gesagt, vor einigen Jahren vollzogen. Jetzt halte ich die Zeit für einige Nachbesserungen gekommen, deren strukturell wichtigster Aspekt zweifellos darin bestehen wird, dass die Parteien in die Lage versetzt werden, längerfristig zu planen, und nicht verpflichtet sind, mit jährlichen Haushalten zu arbeiten, ohne zu wissen, was im Folgejahr geschehen wird.
Ferner liegen zwei wichtige technische Änderungsanträge zur Flexibilität bei der Haushaltsführung vor.
Ich möchte diese Plattform nun gewissermaßen missbrauchen, um darauf hinzuweisen, dass sich das Problem der Übertragung etwaiger in einem bestimmten Jahr gebildeter Rücklagen auf das nächste Jahr nicht nur für Parteien stellt. Diese Bestimmung hat offensichtlich in die allgemein geltenden Vorschriften der Kommission Eingang gefunden. Mit dem gleichen Problem habe ich als Verwaltungsratsvorsitzender des Europa-Kollegs zu kämpfen, das ebenfalls die Gelder innerhalb eines bestimmten Jahres auszugeben hat, da es sonst Schwierigkeiten geben wird und es zu einer unwirtschaftlichen Mittelverwaltung kommt. Dafür sollte in dieser Hinsicht besser mehr Flexibilität vorgesehen werden, wie es hier von uns für Parteien vorgeschlagen wird. Den Kommissar möchte ich darauf aufmerksam machen, dass diese Problematik nicht nur bei Parteien besteht. Offenbar handelt es sich um eine Vorschrift, die von der Kommission generell angewandt wird, obwohl sie ein Hindernis für eine wirtschaftlich effiziente Verwaltung bedeutet und von Buchhaltern ausgedacht worden ist, deren Gedanken ich nicht nachvollziehen kann.
Abschließend möchte ich betonen, dass wir nun zusammen mit dem Ausschuss für konstitutionelle Fragen viel wichtige Arbeit im Hinblick auf ein angemessenes europäisches Parteienstatut leisten können, wozu – wenngleich dies für die Staatskasse meines Landes nachteilig wäre – auch ein auf das steuerliche Statut der EU-Institutionen besser abgestimmtes Steuerstatut gehört, um damit klar und deutlich zu zeigen, dass die Parteien zu dieser spezifischen Verwaltungsebene gehören und integrale Bestandteile des institutionellen Rahmens Europas sind.
Richard Corbett, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Vielen Dank, dass Sie mir in dieser Aussprache das Wort erteilen, die zu dieser vorgerückten Stunde eher den Charakter einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses für konstitutionelle Fragen angenommen hat, bei der weitere Mitglieder des Parlaments willkommen sind.
Meine Fraktion unterstützt den von unserem Berichterstatter, dem Vorsitzenden des Ausschusses für konstitutionelle Fragen, vorgelegten Bericht. Wie wir gehört haben, geht es um Änderungen an dem vor mehr als einem Jahr von uns angenommenen System. Bei der Anwendung dieses Systems aufgetretene Anfangsschwierigkeiten machen solche Änderungen erforderlich. Sie sind vernünftig und pragmatisch, und ich möchte die Kommission eindringlich bitten, diese aufzugreifen, soweit es sich um Teile des Berichts handelt, die an die Kommission gerichtet sind, z. B. zur Haushaltsordnung. Politische Parteien sind keine NRO, ihnen kommt eine andere Rolle zu, und sie sind für das Funktionieren unseres demokratischen Systems unerlässlich.
Was wir geschaffen haben und jetzt verbessern wollen, ist ein klares, transparentes und faires System zur Finanzierung der Arbeit politischer Parteien auf europäischer Ebene, das auch von der Öffentlichkeit als solches erkannt wird. Auf nationaler Ebene ist dies nicht immer der Fall, wie jüngste Ereignisse gezeigt haben. Wir sollten stolz darauf sein, ein solides europaweites System zur Finanzierung der Arbeit europäischer politischer Parteien einzuführen. Das ist wichtig, weil politische Parteien dem Wähler Alternativen bieten, sie stehen für jeweils unterschiedliche Visionen, Programme, Ideen und Vorschläge. Diese Alternativen sind es, die die politische Debatte auf europäischer Ebene beleben.
Und noch etwas wird dadurch deutlich: Es beweist, dass wir auf europäischer Ebene tatsächlich die Wahl haben zwischen unterschiedlichen Politiken, und nicht zwischen nationalen Ansichten und nationalen Visionen. Viel zu oft wird von der Presse bei der Berichterstattung über die Ratstreffen der Eindruck vermittelt, es handele sich um eine Art Gladiatorenkämpfe zwischen nationalen Interessen. Tatsächlich geht es jedoch um politische Alternativen. Wollen wir höhere Umweltstandards, bei allerdings höheren Kosten, oder nicht? Wollen wir vollständig liberalisierte, für alle zugängliche Märkte, oder wollen wir diese regulieren, um sozial schwächer Gestellte zu schützen? Das sind immer politische Entscheidungen, politische Alternativen, die von politischen Parteien vertreten werden; im Rat werden diese oft verborgen. Das ist unverzichtbar, damit unsere Union effektiv funktioniert.
Inzwischen gibt es zehn registrierte Parteifamilien. Das System funktioniert also. Einige meinten, es würden nur die großen Parteien finanziert werden. Nun kann man dagegen halten, bei zehn Parteien wird eine sehr beachtliche Bandbreite von Parteien finanziert.
Einige der heute Abend nicht Anwesenden – darunter Herr Hannan von der PPE-DE-Fraktion – meinten, es würden nur pro-europäische Parteien unterstützt, als gäbe es eine Bestimmung, mit der wir die Finanzierung zugunsten eines bestimmten politischen Standpunkts beeinflussen könnten. Das können wir natürlich nicht.
Was wir gesehen und erreicht haben, und was wir zu verbessern trachten, ist ein solides System. Es ist notwendig und wird die Qualität der demokratischen Debatte auf europäischer Ebene verbessern.
Jules Maaten, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Im gegenwärtigen Stadium der europäischen Entwicklung – einige würden sagen, der fehlenden europäischen Entwicklung – kann die Bedeutung des vorliegenden Berichts nicht genug unterstrichen werden. Es geht nämlich nicht nur um Parteien, und das finde ich das Gute an diesem Bericht und an dem vom Berichterstatter verfolgten Ansatz.
Er hätte sagen können, ja, es gibt zehn Parteien: er hätte prüfen können, wie sie funktionieren und welche Regelungen wir für sie getroffen haben. Aber nein: er hat sich für einen viel umfassenderen, für einen gründlicheren Ansatz entschieden, was ich für richtig halte, geht es doch, wie der Kommissar selber hervorgehoben hat, um den Aufbau eines politischen Raums in Europa. Was hören wir nämlich ständig, nicht nur bei Wahlkampagnen, sondern auch dazwischen? Wir hören von den Bürgern die Frage: „Wozu eigentlich dieses Europäische Parlament, wenn es doch keinen europäischen politischen Raum gibt? Sie haben Recht: es gibt keinen. Eine europäische Öffentlichkeit gibt es nicht. Sie ist inexistent; es kann sie gar nicht geben.
Es wird sie auch nicht geben können, wenn alle Anstrengungen unternommen werden, um das Entstehen eines solchen politischen Raums in Europa zu verhindern, wie wir ihn benötigen, wenn eine europäische, grenzübergreifende politische Debatte ermöglicht werden soll.
Betrachten wir die aktuelle Situation. Wir haben 25 Kommissionsmitglieder, die in erster Linie auf der Grundlage der Staatsangehörigkeit gewählt werden. Die Zusammensetzung des Rates beruht selbstredend auf den Nationalitäten. Auch dieses Parlament wird nicht im Rahmen einer europäischen Wahl, sondern in 25 nationalen Wahlen gewählt, die in etwa, aber nicht genau zeitlich zusammenfallen. Auf diese Weise gelangt man selbstredend zu keinem politischen Raum in Europa.
Ein solcher europäischer politischer Raum ist indes vonnöten, soll jemals der Kommissionspräsident sei es durch dieses Parlament oder, was ich vorziehen würde, durch die europäischen Bürger gewählt werden. Dann wird es nämlich zu einer grenzübergreifenden, europäischen politischen Debatte kommen. Oder wir hätten im Falle eines durchzuführenden europäischen Referendums nicht 25 nationale Volksabstimmungen, sondern ein einziges europäisches Referendum, beispielsweise über die Frage, ob eine neue Verfassung angenommen oder an der alten festgehalten werden soll.
Ich bin sehr dafür, den Europawahlen auf die eine oder andere Weise ein europäisches Element zu verleihen, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Damit kommt eine europäische politische Debatte zustande, für die es eines politischen Raumes in Europa bedarf – ebenso wie politischer Parteien, wenn wir eine repräsentative Demokratie wollen, und das wollen wir, denn wir möchten, dass wir als Politiker kontrolliert werden. Und eine solche Kontrolle ist nur möglich, wenn es starke Parteien gibt, stärker jedenfalls als heute.
Damit diese Parteien auch einwandfrei funktionieren können, muss ihrem spezifischen Finanzbedarf entsprochen werden. Erfreulicherweise wird dieser Notwendigkeit in dem vorliegenden Bericht beispielsweise durch die beim Mittelübertrag von einem auf das andere Jahr vorgesehene Flexibilität Rechnung getragen.
Parteien auf europäischer Ebene arbeiten in einem Fünfjahreszyklus und nicht von einem Jahr zum anderen. Zu bemerken ist selbstverständlich, dass anderen NRO heutzutage ein sehr starres Korsett angelegt ist, das von manchen von ihnen als äußerst lästig empfunden werden mag, und vielleicht sollte unser Augenmerk auch einmal darauf gerichtet werden. Herr Dehaene hat daher absolut Recht mit seiner Feststellung, dass es nicht verkehrt wäre, auch andere in den Genuss der für unsere Parteien geforderten Flexibilität gelangen zu lassen.
Was schließlich die Forderung nach einem einheitlichen Statut anbelangt, so bin ich entschieden dafür, und auch in diesem Punkt gehe ich mit dem Berichterstatter konform. Sorgfältig geprüft werden sollte die Einrichtung europäischer Stiftungen, und meine Präferenz gilt der Option parteipolitischer Stiftungen; meines Erachtens ist das deutsche System diesbezüglich das weltweit zivilisierteste, und sollten wir auf europäischer Ebene zu etwas Gleichwertigem gelangen können, würde dies für uns eine Bereicherung bedeuten.
Ich möchte Sie – und damit komme ich nun wirklich zum Schluss – noch um Berücksichtigung der im Namen meiner Fraktion von Herrn Guardans eingereichten Änderungsanträge zur Mitwirkung von Frauen in politischen Parteien bitten.
Gérard Onesta, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin, sehr geehrter Herr Berichterstatter, meine Damen und Herren! Meiner Ansicht nach haben wir als Europäisches Parlament umfassend zur Geburt dieses Kindes – der europäischen politischen Parteien – beigetragen. Nun müssen wir dieses Kind hegen und pflegen, damit es gedeihen kann. In diesem Zusammenhang ist der Bericht Leinen sehr wichtig, denn er macht alle Unzulänglichkeiten deutlich, mit denen dieses neue Wesen behaftet ist, das wir aus der Taufe gehoben haben.
Eine europäische politische Partei ist in erster Linie eine politische Partei. Ist die Existenz einer Partei ohne Teilnahme an Wahlen denkbar, verehrte Kolleginnen und Kollegen? Deshalb ist die Bemerkung von Jo Leinen so wichtig, dass sichergestellt werden muss, dass die europäischen politischen Parteien als solche an den Europawahlen teilnehmen können. Und die einzige Art und Weise, die ihnen ermöglichen würde, an den Wahlen teilzunehmen, wäre, dass eines Tages schließlich ein Teil unseres Parlaments in einem transnationalen Verfahren gewählt wird. Dann erst wäre konkretes Verständnis für die Parteien durch unsere Bürger möglich. Ein besseres Verständnis wäre auch möglich, wenn die Bürger die Möglichkeit hätten, persönlich Mitglied einer solchen Partei zu werden. Ich weiß, dass einige Parteien dies zulassen, aber es sind nicht alle, und meines Erachtens wäre das von Vorteil, um eine stärkere Mitwirkung unserer Bürger zu erreichen.
Ich bin etwas skeptischer hinsichtlich des Vorschlags des Ausschusses für konstitutionelle Fragen, so weit zu gehen, dass Kongresse organisiert und Kandidaten benannt werden. Was jedoch die persönliche Mitgliedschaft anbelangt, bin ich der Ansicht, dass dies etwas ist, was weiter betrieben werden sollte, genau wie auch das Ziel weiter verfolgt werden muss, dass für diese Parteien das Gemeinschaftsrecht zu gelten hat. Es ist ziemlich abwegig festzustellen, dass diese Parteien mitunter als Vereinigungen ohne Erwerbszweck erscheinen, bei allem Respekt, den ich solchen Vereinigungen zolle. Meines Erachtens soll das Gemeinschaftsrecht zur Herausbildung dieser neuen Rechtsform beitragen.
Was den Haushalt anbelangt, ist auch die uns vorgeschlagene Aufteilung über drei Monate am Jahresende von großer Bedeutung. Ich glaube, es ist bei einigen politischen Parteien schon vorgekommen, dass sie sich im Dezember angesichts ihrer ungenutzten Gelder in der Klemme befanden, und dann galt es, die beste Idee zu finden, wie dieses Geld schnell noch ausgegeben werden konnte – für ein paar Kugelschreiber, ein paar T-Shirts – kurz, alles Dinge, die überhaupt nicht im unmittelbaren Interesse der jeweiligen politischen Partei waren. Daher wäre eine Regel, wonach die Restmittel über mehrere Monate verteilt werden können, eine Regel der gesunden Haushaltsführung, die Unterstützung verdient.
Letzter Punkt: Die europäischen Parteien sind junge Parteien, aber noch keine Parteien für junge Leute. Meiner Meinung nach sind hier Anstrengungen vonnöten, um die richtige Rechtsgrundlage und die erforderlichen Finanzmittel aufzubringen, damit die politischen Organisationen der europäischen Jugend an der großen Aussprache teilnehmen können. Ich habe einige Änderungsanträge in diesem Sinne eingereicht. Aber abgesehen davon ist dies generell ein ausgezeichneter Bericht.
Sylvia-Yvonne Kaufmann, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin! Als Mitglied der Partei der Europäischen Linken, die im Mai 2004 gegründet wurde, bin ich davon überzeugt, dass europäische politische Parteien im Zuge der fortschreitenden Integration einen wichtigen Beitrag dazu leisten können, dass unser Kontinent weiter zusammenwächst und sich vor allem mehr und mehr länderübergreifend ein europäisches Bewusstsein herausbilden kann.
Politische Parteien sind fürwahr nicht die einzigen und schon gar nicht die allerbesten Akteure in unserer Demokratie, aber sie sind ein zentrales Element. Von daher ist es nur zu begrüßen, dass es gelang, auch in der Verfassung, und zwar im Abschnitt „Demokratisches Leben in der Union“, einen entsprechenden Absatz zu verankern. Im Unterschied zu anderen europäischen Parteien ist die Partei der Europäischen Linken eine junge europäische Partei. Sie ist deshalb in bestimmtem Maß noch mit Prozessen der eigenen Parteientwicklung beschäftigt. Aber wenn ich nur an die hitzigen Debatten der jüngsten Zeit z. B. zum Thema Dienstleistungsrichtlinie denke, so hat sie bei diesem zentralen Thema durchaus Handlungs- und Aktionsfähigkeit und eigenes Profil bewiesen.
In Ziffer 12 des Berichts werden alle europäischen politischen Parteien aufgerufen, sich zielgerichteter in die öffentlichen Debatten über die Zukunft der Europäischen Union einzubringen. Dies möchte ich ausdrücklich unterstützen. Die gegenwärtige Reflektionsphase zur Europäischen Verfassung darf eben nicht zu einer Denkpause – d. h. zu einer Pause vom Denken – verkommen. Ich persönlich meine, es ist höchste Zeit, z. B. bei Europawahlen neue Wege zu beschreiten. Das Parlament hat schon vor Jahren Wahlrechtsänderungen vorgeschlagen, und warum sollte es nicht möglich sein, dass die Bürgerinnen und Bürger bei den nächsten Europawahlen endlich tatsächlich die Wahl haben zwischen verschiedenen europäischen Listen europäischer Parteien. Und um auf Kollegen Lehne einzugehen: Ich halte das nicht für ein „abstraktes Etwas“, sondern für einen neuen politischen Ansatz. Das hindert niemand daran, dies natürlich auch mit einer entsprechenden Personalisierung zu verbinden.
Abschließend sei mir noch gestattet, dem Berichterstatter, Kollegen Leinen, für seinen Bericht zu danken. Die Vorschläge, die der Bericht zu den Finanzregelungen enthält, sind ausgewogen und werden auch von der Partei der Europäischen Linken unterstützt. Mehr langfristige Planungssicherheit und eine flexiblere Handhabung der ausgezahlten Mittel werden für alle Parteien die Möglichkeit verbessern, ihre politische Arbeit weiter zu entwickeln.
Jens-Peter Bonde, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (DA) Herr Präsident! Ich habe gegen den Bericht gestimmt. Gemeinsam mit 22 anderen Abgeordneten des vorangegangenen Parlaments habe ich vergeblich versucht, rechtliche Schritte gegen die Absicht der Finanzierung der europäischen politischen Parteien durch den Steuerzahler einzuleiten. Parteien sind immer nur künstliche Gebilde. Es gibt keine Abstimmungs- und Beitrittsmöglichkeiten und keine Chance der Einflussnahme. Die einzige Ausnahme stellen interessanterweise die EU-Demokraten dar, die neue Allianz europäischer Parteien und Bewegungen, die von EU-Kritikern gegründet wurde. Man kann sich unter EUDemocrats.org auf unserer Homepage einloggen und auf diese Weise direkt und kostenlos eintreten, sich informieren und an verschiedenen Veranstaltungen teilnehmen.
Die für die politischen Parteien geltenden Regeln diskriminieren kleinere Bewegungen, Parteien und beispielsweise auch nationale Minderheiten, die nie in der Lage sein werden, den Status der europäischen Parteien zu erreichen und damit auch keine Gelder für Aktivitäten erhalten, die in jeder Hinsicht den Aktionen der größeren politischen Parteien – oftmals die Kontrahenten kleinerer Gruppierungen – gleichkommen, die dafür aus der EU-Kasse Mittel bekommen. Die Verordnung über europäische politische Parteien ist diskriminierend und daher schlichtweg ungesetzlich. Darüber hinaus hat nicht einmal die Möglichkeit bestanden, sie vor dem Obersten Gerichtshof der EU zu überprüfen. Die Verordnung wurde mit Mehrheitsbeschluss von Personen im Ministerrat verabschiedet, die allesamt finanzielle Interessen am Abstimmungsergebnis haben. Außerdem sind die Entscheidungsträger selbst Mitglieder der politischen Parteien, die jetzt Geld von Wählern kassieren, die für ihre politischen Gegner in Verbindung mit Entscheidungen stimmen, von denen diese ausgeschlossen sind. Die Verordnung wird von einer Mehrheit im Europäischen Parlament getragen, die mehrheitlich natürlich auch ein finanzielles Interesse an der Diskriminierung unbequemer Minderheiten hat. Die Entscheidungsträger sehen weder ein Kompetenzproblem noch die Tatsache, dass sie gegen den EU-Grundsatz der Gleichheit und das Diskriminierungsverbot verstoßen.
Meine Fraktion fordert die Aufhebung der Verordnung oder zumindest deren Änderung, damit Gleichberechtigung herrscht, wenn beispielsweise grenzübergreifende Aktivitäten zum Zwecke der Verbreitung von Informationen durchgeführt werden. Warum sollten von Sozialdemokraten und Christdemokraten bzw. in diesem Zusammenhang auch von EU-Demokraten organisierte internationale Konferenzen mit Steuergeldern finanziert werden, während 21 nationale Minderheiten keine Mittel erhalten, um möglicherweise genau die gleichen Themen im Rahmen ihrer eigenen äquivalenten Konferenzen zu diskutieren. Eine solche Haltung ist nicht zu verteidigen. Hierbei handelt es sich zweifellos um eine unrechtmäßige Form der Diskriminierung. Dabei sollte man, wie wir in Dänemark sagen, zwischen Loki und Thor keine Unterschiede machen.
James Hugh Allister (NI). – (EN) Herr Präsident! In dieser Entschließung ist von der Kluft zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den europäischen Institutionen die Rede. Wer mehr Europa mit europaweiten politischen Parteien für die Lösung hält, hat meiner Meinung nach nichts verstanden. Das Problem sind die Institutionen, nicht die Menschen. Sie bringen ihre Verachtung deutlich genug zum Ausdruck: Nehmen wir nur die lächerlich geringe Beteiligung an Europawahlen. Genau genommen gelangen die meisten Abgeordneten mit einem peinlich geringen Mandat in dieses Parlament. Die Bürger Europas gehen nicht für das Recht auf die Straße, europäische politische Parteien zu wählen, ich sehe vielmehr, dass sie ein immer stärker zentralisiertes Europa ablehnen, wie letztes Jahr in Frankreich und Holland.
Europäische politische Parteien, die nationale Parteien hoffentlich sogar noch in den Schatten stellen, passen vielleicht in die Vorstellung von europäischer Integration, aber sie werden an der demokratischen Ablehnung scheitern, wenn sie sich der rauen Realität stellen und ein Mandat von echten Menschen für echte Probleme erringen müssen. In diesem exklusiven Haus so tun, als wäre man ein Superstaat, ist die eine Sache; etwas ganz Anderes ist es aber, den echten Problemen der Wähler gegenüber zu stehen.
Die enge politische Vision dieses Vorhabens ergibt sich aus den Erwägungen A und B. Es ist von den nächsten Schritten der europäischen Integration und vom Aufbau eines politischen Raumes in Europa die Rede. Diese Parteien werden ohne Zweifel als Teil der Maschinerie eines föderalen Europa angesehen. Föderalistische Parteien für föderalistische Politiker ergeben vielleicht einen gewissen intellektuellen Sinn, aber ich würde lieber eines Tages in meinem Wahlkreis gegen sie antreten.
Ich halte es auch nicht für richtig, den Erfolg europäischer Parteien dadurch sichern zu wollen, dass unermessliche Mengen an Steuergeldern in sie gepumpt werden. Machen wir uns nichts vor! Unsere Wähler halten nicht so viel von uns, dass sie Wert darauf legen würden, dafür zahlen zu dürfen, uns als europäische politische Parteien zu haben. Ich hatte schon gedacht, Herr Corbett würde vorschlagen – gestützt auf die Erfahrungen seiner eigenen Partei im Vereinigten Königreich – dieses Vorhaben über die Einrichtung eines Oberhauses zu finanzieren, dessen Sitze dann meistbietend versteigert werden; angesichts einiger Dinge, die in diesem Hause vor sich gehen, wäre das nicht völlig abwegig.
Íñigo Méndez de Vigo (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich bin ein echter Mensch und werde über echte Probleme sprechen!
(ES) Das sage ich an Herrn Allister und Herrn Bonde gerichtet.
Der Unterschied zwischen den Vorrednern und der Mehrheit dieses Hauses ist, dass wir – die Mehrheit in diesem Haus – etwas aufbauen wollen, wir wollen gemeinsam etwas unternehmen, wir wollen Europa vorwärts bringen, denn wir sind davon überzeugt, dass Europa eine gute Lösung für die Probleme der Menschen bereit hält. Mit anderen Worten, wir verschanzen uns nicht hinter defensiven Positionen, wir halten keine kritischen Reden und erklären, dass alles diskriminierend sei. Nein: Wir wollen einfach den Enthusiasmus der verschiedenen Parteien dieses Hauses, die unterschiedlichen politischen Familien in diesem Parlament zusammenbringen, um Lösungen für die Probleme der Menschen zu suchen.
Dies ist der grundlegende Unterschied zwischen uns, Herr Präsident; geben wir uns keiner Selbsttäuschung hin. In diesem Zusammenhang spielen die politischen Parteien eine wesentliche Rolle: politische Parteien, die in der Realität aus den Fraktionen in diesem Haus hervorgegangen sind, wie sie sich ursprünglich auch in den verschiedenen Nationalstaaten entwickelt haben. Der Ursprung der politischen Parteien liegt in den Fraktionen dieses Parlaments.
Wenn die europäischen politischen Parteien ein Problem haben, so besteht es, wie ich meine, darin, dass sie in Wahrheit noch Föderationen, Vereinigungen nationaler politischer Parteien sind. Das ist eine Tatsache. Ja, wir haben in den letzten Jahren Fortschritte erzielt, aber nicht genügend. Wir müssen mehr tun.
Warum? Weil ich glaube, dass die europäischen politischen Parteien im europäischen Maßstab in der Lage sein können, die europäische Debatte zu beleben und zu verhindern, dass eine Debatte über europäische Fragen auf nationaler Ebene zu einer Diskussion über innenpolitische Themen wird, was, wie wir wissen, immer wieder geschieht.
Wenn der Europäische Rat beispielsweise dem Ersuchen des Parlaments gefolgt wäre, alle Referenden zur europäischen Verfassung am selben Tag durchzuführen, wäre es uns nach meiner Auffasung gelungen, über europäische und nicht über innenpolitische Themen zu diskutieren.
Doch mit Blick auf die Zukunft, Herr Präsident, bin ich der Meinung, dass zu einem Zeitpunkt, da immer mehr unter uns die Notwendigkeit einer europäischen Verfassung erkennen, die politischen Parteien während dieser Phase des Nachdenkens – und ich freue mich, dass die Vizepräsidentin, Frau Wallström, die Verantwortliche für diese Initiativen in der Kommission, anwesend ist – eine ganz wichtige Rolle spielen müssen.
Am 8. und 9. Mai werden wir hier das erste Interparlamentarische Forum abhalten. Ich glaube, dass die europäischen politischen Parteien entscheidend dazu beitragen müssen, die Synergien der Mitglieder des Europäischen Parlaments und der Abgeordneten der nationalen Parlamente zu vereinen und die Richtung einzuschlagen, die die meisten von uns, die die europäische Verfassung als notwendig für den Fortschritt Europas erachten, wünschen.
Daher stehen wir vor großen Herausforderungen, und es ist klar, dass diese großen Herausforderungen – Herr Onesta hatte Recht – letztendlich nicht nur schöne Worte, sondern auch entsprechende Finanzmittel erfordern. Meiner Meinung nach stellt dieser Bericht von Herrn Leinen, dem ich ausdrücklich gratulieren möchte, die Schwierigkeiten der Verordnung heraus, und er zeigt die Formeln aufzeigt, mit der wir sie effektiver überwinden können.
Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten, Herr Präsident, wird deshalb den Bericht von Herrn Leinen unterstützen und auch für die Änderungsanträge stimmen, die von der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, von Herrn Onesta im Namen der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz – der sich auf die Jugendverbände bezieht – sowie von Hern Maaten und Frau De Sarnez eingereicht wurden.
Damit könnten wir meines Erachtens demonstrieren, dass wir willens sind aufzubauen, Herr Präsident, im Gegensatz zu jenen, die nur zerstören wollen.
Javier Moreno Sánchez (PSE). – (ES) Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Berichterstatter zu seinem Bericht, den ich voll und ganz befürworte, und zu seiner gesamten Arbeit, die er zum Thema der europäischen politischen Parteien geleistet hat, meinen Glückwunsch aussprechen.
Herr Leinen ist ein unermüdlicher Verfechter der europäischen politischen Parteien und ihrer Entwicklung, und er ist auch einer der Väter der jetzigen Verordnung. In meiner Eigenschaft als stellvertretender Generalsekretär der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament habe ich gemeinsam mit ihm und einigen der heute anwesenden Mitglieder hart für ihre Annahme gekämpft.
Mit dieser Verordnung wurde die finanzielle und administrative Nabelschnur durchtrennt, die diese Parteien mit den Fraktionen im Europäischen Parlament verbunden hat. Ihr Ziel war, diesen Parteien eine finanzielle und administrative Transparenz zu verleihen und klare und transparente Rechtsvorschriften für ihre Arbeit und ihre Finanzierung aufzustellen.
Diese Verordnung ist jedoch nur ein erster Schritt, eine vorläufige Lösung bis zur Verabschiedung eines echten Statuts für die europäischen Parteien und ihre Finanzierung, wie es im Artikel 191 des Unionsvertrags vorgesehen ist.
Wir möchten deshalb die Kommission ersuchen, einen Vorschlag zu unterbreiten, damit dieses Statut vor den nächsten europäischen Wahlen in Kraft treten kann, um europaweit einen dem Wettbewerb gerecht werdenden Wahlprozess zu gewährleisten. Ebenso ist es notwendig, diesen Parteien auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts eine Rechtspersönlichkeit zu geben, wodurch sichergestellt wird, dass sie in allen Mitgliedstaaten transparent und effektiv tätig sein können.
Die Rolle der politischen Parteien ist von grundlegender Bedeutung, um die Union den Bürgerinnen und Bürgern näher zu bringen und und sie zur politischen Mitwirkung anzuregen, damit sie sich als Teilnehmer und Protagonisten in einem gemeinsamen politischen Projekt und Schicksal fühlen können. Diese Parteien bieten auch eine Grundlage für den transnationalen Charakter des politischen Integrationsprozesses der Union.
Weiterhin müssen wir Wege erkunden und eröffnen, um europäische politische Stiftungen mit Mitteln aus dem Unionshaushalt und unter demokratischer Kontrolle dieses Parlaments ins Leben zu rufen. Diese Stiftungen werden ein wesentliches Instrument für den Ausbau der Tätigkeit der europäischen politischen Parteien und für eine engere Verbindung zu den Bürgern sein und eine wichtige Rolle bei der Information und politischen Bildung spielen.
Herr Vorsitzender des Ausschusses für konstitutionelle Fragen, arbeiten Sie weiter so, und Sie können auf meine vorbehaltlose Unterstützung zählen.
Andrew Duff (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich unterstütze von ganzem Herzen die Reformen zur Schaffung eines fairen, soliden und transparenten Systems der öffentlichen Finanzierung politischer Parteien – etwas, das es bedauerlicherweise in Großbritannien heute nicht gibt.
Die Entwicklung tatsächlicher europäischer politischer Parteien ist der entscheidende Schlüssel zur Bewältigung der Krise der europäischen Demokratie, da es nationalen politischen Parteien offensichtlich nicht gelingt, auf die große Aufgabe der europäischen Integration zu reagieren. Sie entwickeln weder einen flüssigen Diskurs über europäische Angelegenheiten, noch agieren sie als Bindeglieder zwischen der nationalen, regionalen und lokalen Ebene in Europa.
Ich hoffe, europäische politische Parteien, darunter auch die Vertreter jener Partei, der Herr Bonde angehört, werden während der Reflexionsphase dazu veranlasst, an einer Lösung der Krise mitzuwirken und insbesondere europäische Beiträge zu den die Zukunft Europas betreffenden grundlegenden Fragen zu veröffentlichen.
Eva-Britt Svensson (GUE/NGL). – (SV) Herr Präsident! Trotz des genannten Erfolgs mit den zehn europäischen Parteien hat beispielsweise dieses Parlament mit jeder Wahl immer mehr an demokratischer Legitimität eingebüßt. Der Bericht stellt fest, dass es eine Kluft zwischen vielen Bürgerinnen und Bürgern und den europäischen Institutionen gibt, was zutreffend ist. Die Lösung für dieses Problem liegt jedoch nicht in der Finanzhilfe für die europäischen Parteien, vielmehr sollte die Demokratie gestärkt werden, indem zum Beispiel die nationalen Parlamente wieder mehr Befugnisse erhalten.
Ferner wird im Bericht erklärt, dass die Weiterentwicklung einer bürgernahen und demokratischen Union Voraussetzung für die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zu den nächsten Schritten der europäischen Integration ist. Um also die Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, dass sie die abgelehnte Verfassung annehmen, müssen die europäischen Parteien Finanzhilfe erhalten. Selbstverständlich können alle demokratischen Kräfte Parteien bilden, aber zu glauben, die Bürger durch die Zuteilung umfassender Finanzmittel zur Annahme des Entwurfs des Verfassungsvertrags bewegen zu können, ist nicht nur ein Versuch, die Annahme der Verfassung zu erkaufen, sondern vom Standpunkt der Demokratie aus betrachtet auch äußerst zweifelhaft.
Patrick Louis (IND/DEM). – (FR) Herr Präsident! Da der nationale Rahmen der einzige natürliche Ort für die politische und demokratische Aussprache ist, haben kohärente Parteien mit einem umfassenden Programm nur innerhalb der Mitgliedstaaten ihren Platz. Das Demokratiedefizit in der Union kann nur über die Vertretung nationaler Parteien mit einer eigenen Identität, die den Bürgern gegenüber verantwortlich sind, die sie kennen und verstehen, ausgeglichen werden.
Die quasi von der EU finanzierten europäischen politischen Parteien müssen ihre Unabhängigkeit wahren können und dürfen nicht das x-te Instrument für europäische Propaganda und Kommunikation bei den Wählern werden. Daher sollen die europäischen politischen Parteien einfache Instrumente der Zusammenarbeit zwischen nationalen politischen Parteien, ein Ort des offenen Austauschs bei Achtung eines jeden Mitglieds bleiben. Keinesfalls widerspiegeln sie eine vermeintliche europäische öffentliche Meinung und sind auch nicht Träger einer solchen, einer öffentlichen Meinung, die nicht existiert und nicht existieren wird, denn die Sprachenvielfalt ist eine Tatsache und die Europäische Union ist Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck.
Andreas Mölzer (NI). – Herr Präsident! Grenzüberschreitende Zusammenarbeit politischer Parteien ist in Europa ja nichts Neues. Aber selbst Parteien der gleichen politisch-ideologischen Familie stehen häufig für unterschiedliche politische Kulturen. Ungeachtet der geplanten Millionenförderungen wird man sich stets nur auf den kleinsten gemeinsamen politischen Nenner einigen können, und das waren bis zum heutigen Tag meist nur Wahlprogramme und Wahlappelle. Aus diesem Dilemma werden uns wohl auch europäische Parteien nicht führen können.
Zwar ist man sich einig, dass sich die Europäische Union in einer Krise befindet. Aber anstatt sich endlich einmal den Ursachen dieser Krise zu widmen, werden neuerlich Unsummen – nunmehr eben in europäische politische Parteien – gepumpt. Die Gründe für dieses mangelnde Vertrauen in die EU-Führung, die wir ja kennen, sind vielfältig: unrealistische Versprechungen zum Zeitpunkt des Beitritts der diversen Mitgliedstaaten, die allzu schnelle EU-Osterweiterung gegen den Willen einer Mehrheit der Bürger, eine aufoktroyierte EU-Verfassung, Beitragserhöhungen und nunmehr auch angedachte EU-Steuern.
Es ist immer wieder interessant zu beobachten, für wie leichtgläubig das politische Establishment der Europäischen Union deren Bürger eigentlich hält. Sinkende Wahlbeteiligung, negative Referenden und zunehmender EU-Frust werden nicht etwa als Kritik an der Union wahrgenommen, sondern als Denkzettel für die nationalen Regierungen abgetan. Ein Umdenken werden wir aber nicht mit neuen europäischen politischen Parteien erreichen, Vertrauen muss man sich wohl oder übel durch gute Leistungen erarbeiten.
Die EU hat es wirklich geschafft, nicht nur die meisten Vorschusslorbeeren zu verspielen, sondern entscheidende Entwicklungen zu verschlafen oder sogar in die falsche Richtung zu steuern – Fehler, die der Bürger spürt, etwa in Form steigender Arbeitslosenzahlen und massiver Euro-Preissteigerungen. Auch wenn wir die vorgesehenen 8,4 Millionen Euro jährlich in das Parteienprojekt investieren, ist dies meines Erachtens doch kaum dazu geeignet, das angestrebte europäische Bewusstsein zu schaffen. Dies können wir nur erreichen, wenn wir dem kritischen Bürger die Möglichkeit geben, endlich wirklich an den großen Entscheidungen wie Erweiterungen und Verfassung direkt mitzuwirken.
Othmar Karas (PPE-DE). – Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schon bedrückend, wie die EU-Gegner, die ein Mandat im Europäischen Parlament haben, jede einzelne Maßnahme, jedes einzelne Pflänzchen, mit dem wir uns bemühen, die Europäische Union weiter zu entwickeln, den Bürger zum Beteiligten zu machen – niemand von uns hat gesagt, dass wir ein Patentrezept haben –, mit Füßen treten, statt es zu gießen.
Niemand von uns ist der Auffassung, dass politische Parteien Selbstzweck sind. Jeder von uns ist der Auffassung, dass sie ein mögliches Mittel, ein notwendiges Mittel in der parlamentarischen Demokratie sind, um in der Gesetzgebung den Bürger zu beteiligen und ihn adäquat repräsentieren zu können. Niemand von uns hat hier gesagt, dass man mit einem Parteienstatut allein schon richtige Aktivitäten der politischen Parteien erzeugt.
Ohne Geld keine Musik, heißt es bei uns. Aber die Musik kommt nicht durch das Geld, sie braucht kritische, qualifizierte, ausgebildete Menschen im Orchester. Sie benötigt Instrumente, sie benötigt Noten, sie benötigt Leute, die mitentscheiden, was gespielt wird, und sie benötigt Dirigenten. Ich appelliere daher an alle politischen Parteien, mit dem Geld und dem Parteienstatut etwas Vernünftiges anzufangen, sich zu beteiligen, mitzuhelfen, dass der Integrationsprozess mit den nationalen Parteien auf europäischer Ebene passiert. Mir passiert zu wenig in der Europäisierung der politischen Debatte, auch durch die europäischen Parteien. Sie sind nicht eine zusätzliche Partei, sie haben eine Wirkung nach innen wie nach außen.
Es ist doch eines klar: Wir sind der Auffassung, dass die EU politischer, demokratischer, transparenter und bürgernäher werden muss. Die meisten von uns leisten täglich einen positiven Beitrag dazu. Wir begrüßen die Initiative der Kommission, die Information und Kommunikation mit dem Plan D gesamteuropäisch zu unterstützen. Wir beklagen, dass nicht die europäische Debatte beflügelt wird, sondern dass zur Stunde leider der nationale Partikularismus, Populismus, Nationalismus, Egoismus ungeniert praktiziert wird – Stichwort Energiepolitik, Stichwort Finanzielle Vorausschau, Stichwort europäische Außenpolitik. Wir wollen das Europäische Parlament stärken, die Unabhängigkeit europäischer Abgeordneter unterstützen und die Abhängigkeit von rein nationalen Interessen reduzieren. Wir beklagen den Mangel an europäischer Öffentlichkeit. Viele von uns treten für europaweite Volksabstimmungen und Volksbegehren ein.
Wir sind daher der Auffassung, dass politische Parteien – und die Voraussetzung dafür ist ein Parteienstatut – einen Beitrag dazu leisten können, diese Missstände abzuschaffen und die daraus entstehenden Chancen zu nutzen. Das europäische Parteienstatut leistet einen erfolgreichen Beitrag für eine transparente, unabhängige Europäisierung der politischen Debatte. Es stärkt unser Bemühen, die Innenpolitiken zu europäisieren statt die Europapolitik zu nationalisieren.
Zum Schluss sage ich: Ja, ich bin für europäische Listen in Ergänzung zu nationalen Listen. Denn die europäische Liste fördert den europäischen Spitzenkandidaten. Ja, ich bin für die Kandidatur europäischer Parteien als Ergänzung zu Direktmandaten über nationale Parteien. Ja, wir sind für eine Stärkung der Ausbildungstätigkeiten, der Stiftungsarbeit, der Jugendarbeit in und durch politische Parteien auf europäischer Ebene. Daher unterstützen wir den Bericht.
Carlos Carnero González (PSE). – (ES) Herr Präsident! Meiner Meinung nach hat der Berichterstatter, Herr Leinen, eine ausgezeichnete Arbeit geleistet. Dazu gratuliere ich ihm. Wir müssen ehrlich zu uns selbst sein: Die nationalen Parteien, aus denen sich die europäischen politischen Parteien zusammensetzen, sind häufig die ersten, die nicht an sie glauben.
Wie oft haben wir unsere Kollegen in unseren Ländern sagen hören: „Ja, die Partei, zu der wir auf europäischer Ebene gehören, ist sehr wichtig, sie leistet eine gute Arbeit, aber entscheidend ist, was hier geschieht.“ Das vernehmen wir überall. Ein ganz einfacher Satz muss hier zur Anwendung kommen: Die Funktion schafft den Organismus. Wenn wir geltende europäische Rechtsvorschriften haben – beginnend mit der Verfassung –, die verbindlich vorschreiben, dass diese politischen Parteien mit spezifischen Aufgaben existieren, werden wir diesen Kampf zugunsten des europäischen Aufbaus entschieden haben.
Die europäische Verfassung sagt beispielsweise, dass der Rat bei seinem Vorschlag für die Wahl des Präsidenten der Kommission durch dieses Haus die Ergebnisse der europäischen Wahlen in Betracht ziehen muss. Und wenn dies der Fall ist, müssen die europäischen Parteien gründlich darüber nachdenken, wer auf ihren Listen den Spitzenplatz einnimmt und welche Programme sie haben; dann werden die europäischen Listen wirklich einen Sinn haben, nicht die transnationalen Listen – ein Begriff, den wir vergessen müssen. Das ist die korrekteste Definition: europäische Listen.
Vor uns liegt jetzt natürlich eine Zeit des Nachdenkens und der Debatte. Wir, dieses Haus und die europäischen politischen Parteien, müssen dieser Debatte das Rückgrat verleihen. Der Europäische Konvent war ein Erfolg, weil er auf der Grundlage europäischer politischer Familien gearbeitet hat, und die interparlamentarischen Treffen und die Zeit des Nachdenkens werden ebenso ein Erfolg sein, wenn es uns gelingt, als politische Familien zu wirken, einander zu verstehen und zu Vereinbarungen zu kommen.
Dafür ist die Rolle der europäischen politischen Parteien sehr wichtig, und sie wird es auch sein, wenn wir ein europäisches Referendum abhalten und wenn wir dem Spektakel nationaler Referenden, die für die Probleme der einzelnen Länder missbraucht werden, ein Ende setzen.
In diesem Fall stellt der vorliegende Bericht einen weiteren Schritt dar, und es ist ein guter Schritt.
Hans-Peter Martin (NI). – Herr Präsident! Der Berichterstatter, Jo Leinen, und die politischen Parteien in Europa haben in den vergangenen Jahrzehnten einen sehr ähnlichen Karriereverlauf: von ziemlich weit oben nach ganz weit unten. Gerade 2 % der bundesdeutschen Bürger haben noch Vertrauen in politische Parteien. Sie können doch nicht mit diesen Geldprogrammen, wie sie in Wirklichkeit jetzt aufgelegt werden, diesen extremen Einbruch an Glaubwürdigkeit umdrehen.
Worauf ist dieser Einbruch zurückzuführen? Darauf, dass bisher stets Parteien und nicht die Bürger selbst mit Demokratie gleichgesetzt wurden. Wir haben es eben nicht mit Volksherrschaft, sondern mit Parteienherrschaft zu tun, und die wird noch stabilisiert, aufgefettet, aufgebläht wie in Dinosaurierzeiten durch das, was Sie hier vorhaben. Das wird scheitern, das wird Europa nicht voranbringen. Die Zukunft gehört tatsächlich nachprüfbaren Persönlichkeitswahlen, Leuten, bei denen man sehen kann, wofür sie tatsächlich einstehen, und die eben nicht wie der Berichterstatter SPD-internen Wahlkampf machen und, wenn sie einen festen Listenplatz haben, mit dem Wahlkampf aufhören, um für abgehobene europäische Parteien einzutreten.
Maria da Assunção Esteves (PPE-DE). – (PT) Als das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom Januar über die Reflexionsphase grünes Licht für eine zweite Diskussion über die Europäische Verfassung gab, wurde klar, dass Europa dringend politischer Parteien bedarf. Die Aufgabenstellung ist offenkundig. Europa muss in zunehmendem Maße politisch sein und darf sich vor dem Aufbau eines starken, engagierten und verantwortungsbewusst handelnden Parteiengefüges nicht scheuen.
Die Parteien spielen eine zentrale Rolle bei der Verwirklichung der ehrgeizigen Ziele Europas und bei der Verbesserung der Qualität der europäischen Demokratie. Sie fungieren als Brücke zwischen den Bürgern und den Behörden, als Katalysator für die Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit sowie als Stützpfeiler für das Handeln der Zivilgesellschaft und eine umfassendere Mitsprache.
Die Funktion politischer Parteien ist – und muss – in der Tat über ihre rein parlamentarische und repräsentative Aufgabe weit hinausgehen. Unerklärlicherweise haben die europäischen politischen Parteien hinsichtlich ihrer Stärkung und Entwicklung nicht mit dem Europäischen Parlament Schritt gehalten. Der Grund dafür liegt entweder in einer völligen Unkenntnis des Systems oder in dem fehlenden Selbstbewusstsein der europäischen Parteien. Doch nie zuvor in seiner Entwicklung brauchte Europa so sehr die Dynamik der Parteien. Bei der – bislang rein institutionellen Debatte – über die Europäische Verfassung beispielsweise wird das dramatische Versagen der Parteien bemängelt. Da Europa erwartet, dass die politischen Parteien ihrer Rolle gerecht werden, ist dringend ein einheitliches europäisches Statut für die europäischen politischen Parteien erforderlich, um die Parteistrukturen zu festigen. Ein solches Statut würde die demokratische Kontrolle stärken, den politischen Wettstreit im Parlament befördern und die europäischen Parteien von strikt parlamentarischen Aufgaben befreien, damit sie als Bindeglied zu den verschiedenen Prozessen des Aufbaus eines politischen Raums in Europa verstanden werden. Es liegt auf der Hand, dass für die Stärkung der Parteien außerdem ein einheitliches Statut, eine auf dem Gemeinschaftsrecht basierende Rechtspersönlichkeit, ein unabhängiges Verantwortungsbewusstsein, stärkere Parteistrukturen zur Reflexion sowie eine entsprechende Finanzierung, um die politischen Prioritäten wirklich festlegen zu können, erforderlich sind.
Deshalb schlägt der Bericht Leinen sehr viel mehr als eine buchhalterische Reform des Lebens der europäischen politischen Parteien vor. Er weist den Weg eines strategischen Verständnisses zwischen den Parteien sowie der Anerkennung ihrer Bedeutung für die strukturelle Lösung eines andauernden Demokratiedefizits in Europa.
Um zu strukturellen Lösungen zu gelangen, muss der politische Markt vorangetrieben werden, sind engere Verbindungen zwischen den europäischen politischen Parteien und den nationalen Parteien vonnöten, und die europäische Politik – einschließlich des europäischen Wahlsystems – ist attraktiver zu gestalten. Der Bericht trägt auch zu einem gewissen europäischen Parteienbewusstsein bei, damit wir – die wir uns in dem Bemühen, Verantwortung für die Welt zu übernehmen, organisiert haben – begreifen können, dass diese Organisationen auch eine neue Dimension erlangt haben. Diese Verantwortung wird mit den gegenwärtigen Veränderungen in Europa, die weitere Meilensteine bilden – beispielsweise die Verfassung und die Erweiterung –, größer. Notwendig sind daher eine neue politische Praxis und eine Neuinterpretation der Rolle der Institutionen, Bürger und Parteien.
Marie-Line Reynaud (PSE). – (FR) Herr Präsident! Zuerst möchte ich dem Berichterstatter für seine ausgezeichnete Arbeit danken.
Die europäischen politischen Parteien sind unentbehrlich für die Herausbildung und den Ausdruck einer echten europäischen öffentlichen Meinung. Denn vor allem ihnen obliegt die schwierige Aufgabe, sich für die wirksame Beteiligung der Bürger einzusetzen, und zwar nicht nur anlässlich der Europawahlen alle fünf Jahre, sondern im Alltag und in allen Fragen des europäischen politischen Lebens.
Der Bericht von Herrn Leinen schlägt Wege vor, die es erlauben würden, den europäischen Parteien die erforderlichen Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels zu vermitteln. Ich begrüße insbesondere die folgenden Punkte: mittelfristige Verbesserung der Finanzierungsregeln durch Schaffung von mehr Klarheit, Flexibilität, Unabhängigkeit und finanzieller Sicherheit; die notwendige Unterstützung für die europäischen politischen Jugendorganisationen und -bewegungen; ferner eine bessere Vertretung von Frauen auf den Wählerlisten und vor allem bei den Abgeordneten.
Andrzej Jan Szejna (PSE). – (PL) Herr Präsident! In Artikel 191 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft heißt es, dass politische Parteien auf europäischer Ebene als Faktor der Integration in der Union wichtig sind. Sie tragen dazu bei, ein europäisches Bewusstsein herauszubilden und den politischen Willen der Bürger der Union zum Ausdruck zu bringen. Das ist besonders heute von außerordentlicher Bedeutung, da wir weit reichende Überlegungen zur Zukunft Europas anstellen, die einen umfassenden Dialog mit seinen Bürgern erforderlich machen. Die Parteien auf europäischer Ebene müssen hier eine wesentliche Rolle bei der weiteren Integration und der Verteidigung des Verfassungsvertrags spielen. Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament hat in dieser Hinsicht viel erreicht und besitzt auf diesem Gebiet große Erfahrungen.
Den europäischen politischen Parteien kommt zweifelsohne eine wichtige Rolle bei Referenden über europäische Fragen, bei Wahlen für das Europäische Parlament und bei der Wahl des Präsidenten der Kommission zu. Außerdem müssen sich die Ergebnisse der Europawahlen bei der Aufstellung des Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission widerspiegeln. Um diese Ziele zu erreichen, sind Regelungen für Parteien auf europäischer Ebene unabdingbar. Wir brauchen ein Parteienstatut, in dem ihre Rechte und Pflichten festgelegt sind und das es ihnen ermöglicht, juristische Personen zu werden.
Abschließend möchte ich noch Herrn Leinen zu seinem hervorragenden Bericht und zu seiner außerordentlichen Kompetenz beglückwünschen.
Aloyzas Sakalas (PSE). – (LT) Zunächst möchte ich Herrn Leinen für seinen sehr verantwortungsbewusst erarbeiteten Bericht danken. Unterstreichen möchte ich, dass die Unterstützung der Arbeit der europäischen politischen Parteien auf der Ebene der EU-Organe jetzt besonders wichtig ist, und zwar aus folgendem Grund: Einige Politwissenschaftler, zumindest in Litauen, behaupten, die politischen Parteien hätten keine ideologischen Grundlagen mehr und würden einander immer ähnlicher. Wenn dies tatsächlich geschehen würde, wären parteipolitische Entscheidungen ohne ideologische Basis nicht mehr vorhersehbar. Das würde ferner bedeuten, dass es für den Wähler nicht mehr klar wäre, was die eine oder andere Partei tun würde, sobald sie an die Macht kommt. Das bedeutete wiederum, dass es für den Wähler nicht mehr so wichtig ist, welcher Partei er seine Stimme gibt, und einige würden sich fragen, ob es überhaupt noch Sinn macht, zur Wahl zu gehen. Das ist eine überaus gefährliche Tendenz. Daher ist es wichtig, Europas Parteien vor Ort so zu stärken, dass sie entweder eine links- oder rechtsgerichtete Ideologie verfolgen, die für die Parteien der Linken und der Rechten in den einzelnen Staaten auf jede nur erdenkliche Art und Weise, auch im finanziellen Sinne, zum Wahrzeichen wird. Daher schlage ich vor, für den Bericht zu stimmen.
Józef Pinior (PSE). – (PL) Herr Präsident! Die Wurzeln der Parteien liegen in der industriellen Revolution, der Herausbildung der Nationalstaaten und der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Globalisierung mit den neuen Herausforderungen, die diese an die Menschheit stellt, und die Demokratisierung des politischen Systems der EU machen es erforderlich, dass die europäischen politischen Parteien eine klare Rolle im öffentlichen Leben Europas spielen. Sie müssen zu echten Institutionen der repräsentativen Demokratie werden, die als Mittler zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den Entscheidungszentren der EU fungieren. Daher brauchen wir ein Statut für europäische politische Parteien, das deren Rechte und Pflichten regelt und es ihnen ermöglicht, juristische Personen auf der Grundlage des europäischen Rechts zu werden. Dieses Statut muss in den Mitgliedstaaten wirksam angewandt werden.
Wir sehen uns in der Europäischen Union gegenwärtig mit einer Krise der europäischen Systeme der liberalen Demokratie konfrontiert. Die Verfassungskrise in der EU geht einher mit Rassismus und Intoleranz, Vorurteilen gegenüber Einwanderern und der Errichtung von Hindernissen zwischen den Nationalstaaten. Die EU muss die politischen Grundlagen Europas festigen und die europäischen politischen Organisationen und Jugendbewegungen fördern und stärken. Die Europäische Union muss auf die gegenwärtige Krise mit einer wirklichen Europapolitik antworten, wie sie in dem dem Parlament vorliegenden Bericht Leinen vorgeschlagen wird.
Zita Gurmai (PSE). – (EN) Herr Präsident! Politische Parteien sind ein wesentliches Element des Aufbaus und der Stärkung eines europäischen politischen Raumes. Sie spielen eine wichtige und entscheidende Rolle bei der Förderung demokratischer Werte wie Freiheit, Toleranz, Solidarität und Gleichstellung der Geschlechter. Parallel dazu brauchen wir einen Dialog mit den Bürgern über die Zukunft Europas. Hierbei kommt politischen Parteien eine Schlüsselrolle zu.
Der Bericht von Herrn Leinen ist insofern lobenswert, als er europäische politische Parteien unterstützt und die Verbesserung der gegenwärtigen Situation empfiehlt. Allerdings hat die PPE-DE-Fraktion Herrn Leinen und unsere politische Familie davon abgehalten, die wichtige Rolle europäischer politischer Parteien bei der Förderung des Schwerpunkts Gleichstellung der Geschlechter zu erwähnen. Ich möchte meine Kollegen bitten, dies noch einmal zu überdenken, vor allem jene in der PPE-DE-Fraktion, die im Ausschuss für konstitutionelle Fragen gegen den Änderungsantrag gestimmt haben. In diesem Änderungsantrag hieß es, europäische politische Parteien sollten bei der Besetzung von Ämtern in Parteibüros und auf Wahllisten der Partei das Prinzip der Chancengleichheit berücksichtigen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Frauen die Bevölkerungsmehrheit darstellen.
Als Präsidentin der Frauengruppe der PSE weiß ich sehr genau, welch enorme Arbeit unsere politische Familie auf diesem Gebiet im Europäischen Parlament leistet. Andere politische Parteien sollten dies ebenfalls tun. Ich bitte meine Kollegen von der PPE-DE-Fraktion eindringlich, ihre Position zu überdenken und die Werte der EU zu wahren.
Margot Wallström, Vizepräsidentin der Kommission. (EN) Herr Präsident! Dies war in vielerlei Hinsicht eine Aussprache über Demokratie: ihre Stärken, Schwächen und die Herausforderungen einer sich rasch verändernden Realität. Bislang funktioniert das uns zur Ausübung und Organisierung von Demokratie zur Verfügung stehende System über politische Parteien. So handhaben wir das in Europa auf nationaler, lokaler, regionaler, und auf europäischer Ebene. Das System ist nicht vollkommen und erfordert ständige Anstrengungen zur Mobilisierung von Menschen, weil wir wissen, dass Unwissenheit und völlige Apathie stets die größten Feinde sind. Das gilt auch für die europäische Ebene. Wir können feststellen, dass es nicht länger ausreicht, Entscheidungsfindung und Demokratie einer kleinen politischen Elite zu überlassen; das ist zumindest meine Einschätzung der Situation. Wir müssen auch auf europäischer Ebene Menschen mobilisieren, damit auch auf europäischer Ebene eine demokratische Entwicklung stattfinden kann. Mit Hilfe politischer Parteien können wir Menschen Verantwortung übertragen, können wir Offenheit und Transparenz schaffen und wirksame Entscheidungen treffen.
Wir stehen noch ganz am Anfang: Auch wenn es uns gelungen ist, zehn europäische Parteien zu registrieren, können wir nicht sagen, dass alles geschafft ist. Es war jedoch hilfreich und steht nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass wir auch dafür sorgen müssen, dass die nationalen Parteien europäische Angelegenheiten in ihre politische Agenda, ihre Diskussionen und Entscheidungen aufnehmen. Wir müssen beides tun und an beiden Fronten agieren.
Daneben müssen wir gewährleisten, dass es europäische Medien gibt, die über die Vorgänge berichten können. Hierzu sind auch Anstrengungen und Unterstützung unsererseits erforderlich, damit sichergestellt ist, dass eine Berichterstattung erfolgt – für die Bürger, im Interesse der Demokratie, um Entwicklungen verfolgen und sich hierzu eine Meinung bilden zu können. Ich möchte noch hinzufügen, es müssen auch Orte für Zusammenkünfte geschaffen werden, wo Bürger mit Bürgern diskutieren können. Diese drei Elemente sind notwendig, um Demokratie auf europäischer Ebene zu entwickeln. Alle drei Elemente müssen vorhanden sein – virtuell, geografisch und real.
Europäische politische Parteien sind ein sehr wichtiges Element. Über die Kriterien kann man diskutieren; wir müssen über das hier zur Sprache Gebrachte diskutieren. Ich bin sehr zurückhaltend mit Zusagen hinsichtlich möglicher Ergebnisse der gegenwärtigen Überprüfung der Haushaltsordnung. Ich denke, es wäre sehr unklug von mir zu versprechen, die Kommission legt zu einem bestimmten Zeitpunkt einen neuen Vorschlag dieser oder jener Art vor. Das muss im Zusammenhang mit und im Anschluss an die derzeit stattfindenden Diskussionen zur Überprüfung der Haushaltsordnung und der Durchführungsbestimmungen geschehen. Eines kann sich aus dem Anderen und als Folge daraus ergeben. Ich meine aber, Sie haben die erforderlichen Elemente und Bausteine zur Diskussion der Frage, welche Rolle europäische politische Parteien spielen sollen, geschaffen und hier vorgelegt.
Vielfach ist darauf verwiesen worden, dass auch eine Verbindung zu anderen Organisationen besteht und wir dies berücksichtigen müssen, damit schließlich ein ausgewogener Vorschlag entsteht. Es ist sinnvoll, auch eine Vision zu haben, wann dieser vorliegen könnte, aber hierzu kann ich heute im Namen der Kommission keine Zusage machen.
Dies ist eine sehr wichtige Aussprache. Ich begrüße die Änderungsanträge, die die Bedeutung der Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau unterstreichen, und möchte darauf hinweisen – da ich Frau Gurmai gerade sehe – dass ich das für sehr nahe liegend halte. Wäre Herr Allister noch hier, hätte ich ihn gefragt, wem er seine Stimme geben würde. Wäre er bereit, für jemanden zu stimmen und zu zahlen, der sagt: „Ich betrete diesen Saal oder diese Institution mit Ehrgeiz und Hoffnungen und Träumen, und verspreche, mein Bestes zu tun und mich für die Zukunft der Europäischen Union einzusetzen“? Oder würde er für jemanden stimmen, der sagt: „Ich glaube nicht an diese Institution, ich finde, es brauchte sie nicht zu geben, ich meine, sie beschäftigt sich mit unsinnigen Fragen, und ich werde mich nicht allzu sehr für das interessieren, was hier vor sich geht“? Für wen wären Sie als normaler Steuerzahler bereit zu zahlen? Ich glaube, mehr muss hierzu nicht gesagt werden, aber letzten Endes geht es auch hier um Alternativen, die man den Menschen bieten muss, wie Herr Corbett und andere betont haben. Vor diese Wahl muss man die Bürger Europas stellen, und das ist letzten Endes eine Frage der Demokratie.
Paul Rübig (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich möchte mich bei der Kommissarin Wallström dafür entschuldigen, dass es Abgeordnete gibt, die nur ihren Redebeitrag bringen, aber nicht bei der Debatte anwesend sind. Das ist eigentlich in diesem Hause nicht üblich. Ich entschuldige mich für meine Kollegen.