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Verfahren : 2003/0297(COD)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0071/2006

Eingereichte Texte :

A6-0071/2006

Aussprachen :

PV 03/04/2006 - 10
CRE 03/04/2006 - 10

Abstimmungen :

PV 04/04/2006 - 8.3
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2006)0118

Ausführliche Sitzungsberichte
Montag, 3. April 2006 - Straßburg Ausgabe im ABl.

10. Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze (Aussprache)
Protokoll
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie im Hinblick auf den Erlass der Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze und zur Aufhebung der Entscheidung 96/391/EG und der Entscheidung 1229/2003/EG (10720/1/2005 – C6-0016/2006 – 2003/0297(COD)) (Berichterstatterin: Anne Laperrouze) (A6-0071/2006).

 
  
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  Anne Laperrouze (ALDE), Berichterstatterin. – (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, meinen Kolleginnen und Kollegen Berichterstattern aus den anderen Fraktionen, insbesondere Frau Ayuso und Herrn Swoboda meinen aufrichtigen Dank dafür auszusprechen, dass sie mich während des gesamten Prozesses des Nachdenkens begleitet und wesentlich zu dem Text beigetragen haben, der Ihnen heute vorliegt und der Ihnen morgen zur Billigung unterbreitet werden soll.

Mein Dank gilt auch den Vertretern der Europäischen Kommission und des Sekretariats des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie dafür, dass sie zugehört und die angesprochenen Fragen beantwortet haben. Außerdem möchte ich die hilfreiche Rolle des österreichischen Vorsitzes betonen, der sich bemüht hat, Formulierungen zu finden, die die Unterstützung der Mitgliedstaaten gewinnen können, da sie auf der ersten Lesung des Parlaments gründen.

Es erscheint mir zweckmäßig, erneut auf die Ziele dieses Vorschlags für eine Entscheidung hinzuweisen. Es geht darum, für die Alkengasnetze ein europäisches Kennzeichen anzuwenden, um die Möglichkeit zu schaffen, Darlehen der Europäischen Investitionsbank in Anspruch zu nehmen, die Leitlinien an die Gegebenheiten der auf 25 Mitgliedstaaten erweiterten Europäischen Union anzupassen, die Finanzierung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse zu ermöglichen, den Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt zu verwirklichen und vor allem die Versorgungssicherheit durch Vernetzungen zwischen den Mitgliedstaaten und mit den Nachbarländern – Südosteuropa, Mittelmeeranrainer, Ukraine, Weißrussland – zu gewährleisten.

Während der im Januar übermittelte Gemeinsame Standpunkt des Rates einen Ansatz vorschlug, der sich von dem des Parlaments dahingehend unterschied, dass er die Erklärung des europäischen Interesses und die Benennung eines Koordinators ablehnte, wurde es durch die Arbeit in der zweiten Lesung möglich, im Rahmen informeller Trilog-Gespräche Kompromissänderungsanträge zu formulieren, durch die Parlament, Ratsvorsitz und Europäische Kommission in Einklang gebracht werden konnten. Diese Kompromissänderungsanträge entsprechen voll und ganz unseren Zielen in der ersten Lesung. Sie erklären vor allem die Vorhaben von europäischem Interesse als eine Reihe von vorrangigen Vorhaben auf den Prioritätsachsen, die grenzüberschreitende Projekte sind oder erhebliche Auswirkungen auf die grenzüberschreitenden Übertragungskapazitäten haben. Folglich können diese Vorhaben bei der Finanzierung im Rahmen der transeuropäischen Energienetze vorrangig behandelt werden und im Rahmen anderer gemeinschaftlicher Finanzierungsmittel einen besonderen Stellenwert einnehmen.

Die hinsichtlich der Umsetzung eingetretene Verzögerung soll geprüft werden und die gemeinsamen Koordinierungssitzungen werden insbesondere die Verfahren für Bewertung und öffentliche Anhörung behandeln. In den Änderungsanträgen werden auch die Aufgaben des europäischen Koordinators genauer definiert, der benannt werden kann, wenn es bei der Durchführung eines Vorhabens zu erheblichen Verzögerungen oder Schwierigkeiten kommt. Dieser Koordinator fördert die europäische Dimension des Vorhabens, trägt zur Koordinierung der einzelstaatlichen Verfahren für die Anhörung der Betroffenen bei und legt jährlich einen Bericht über die Fortschritte des Vorhabens vor.

Gestatten Sie mir jedoch, Herr Kommissar, in zwei Punkten mein Bedauern zum Ausdruck zu bringen. Einerseits über die geringen verfügbaren Mittel für die transeuropäischen Energienetze, die möglicherweise gerade ausreichen, um einige Durchführbarkeitsstudien zu finanzieren. Andererseits wissen Sie, Herr Kommissar, dass das Parlament in den Anhängen des Berichts die Berechtigung der Vorhaben nicht in Frage stellen wollte. Und dennoch sollten meiner Meinung nach diejenigen Vorhaben Vorrang erhalten, die zur Versorgungssicherheit einer möglichst großen Zahl von Staaten beitragen und damit die europäische Dimension fördern. Ich denke vor allem an die baltischen Staaten, deren Gasnetze für ihre sichere und nachhaltige Versorgung weitgehend unzureichend sind, wobei mir bewusst ist, dass der Erdgasleitung von Russland nach Deutschland aufgrund der Vereinbarung zwischen Herrn Schröder und Herrn Putin Vorrang gegeben wurde. Ich bitte Sie, die Errichtung der erforderlichen Infrastrukturen zur Energieversorgung in allen Staaten zu fördern.

Angesichts der jüngsten Krise zwischen der Ukraine und Russland und der auf dem Gipfeltreffen in Hampton Court abgegebenen Erklärungen wird die Notwendigkeit einer europäischen Energiepolitik deutlich. Der vorliegende Text bietet den europäischen Organen Gelegenheit, den entsprechenden Willen unter Beweis zu stellen. Die neuen Bestimmungen, mit denen die Erklärung des europäischen Interesses und die Möglichkeit der Benennung eines Koordinators eingeführt werden, sind ein unverzichtbares Mittel für die Verwirklichung eines echten Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkts, mit dem die Versorgungssicherheit gewährleistet werden soll. Aber dieses europäische Netz lässt sich nur verwirklichen, wenn die Vernetzungen verbessert und ausgebaut werden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, den Gemeinsamen Standpunkt in seiner mit dem vorliegenden Kompromisspaket geänderten Fassung zu unterstützen. Unser Votum wird es ermöglichen, der EU eines der Instrumente zu vermitteln, deren sie zur Verwirklichung ihrer selbst gesetzten Ziele bedarf.

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Erst kürzlich hatten wir Gelegenheit, die Fragen zu erörtern, die sich aus dem Grünbuch über die gemeinsame Energiepolitik ergaben. Meiner Ansicht nach sind die Aspekte, die wir heute behandeln – Versorgungssicherheit, ökologische Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit –, sehr eng damit verknüpft. Europa braucht eine europäische Antwort. Außerdem sollten wir uns darum kümmern, wie wir in Europa Investitionen mobilisieren können. Dabei spielen auch die transeuropäischen Netze eine Rolle.

Zuweilen wird behauptet, dass dafür nicht genügend Mittel vorhanden seien. Doch erst kürzlich konnte ich mit Stolz auf eines unserer Förderprojekte blicken: die künftige Stromverbindungsleitung zwischen Irland und Wales. Dies zeigt ganz deutlich, wie EU-Mittel verwendet werden. Es gibt viele solcher Projekte, auf die wir stolz sein können. So wurde der Weg für diese Verbindungsleitung und diese Infrastruktur durch eine Durchführbarkeitsstudie bereitet, die wir finanziert hatten. In Anbetracht dessen weiß ich die Arbeit der Berichterstatterin, der Schattenberichterstatter und all derjenigen, die zur Erarbeitung dieser Entscheidung beigetragen haben, sehr zu schätzen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die transeuropäischen Energienetze das Wachstum in der Europäischen Union ankurbeln werden. Was beispielsweise Erdgas betrifft, sind wir in zunehmendem Maße auf Gaseinfuhren angewiesen. Wir wissen, dass diese Entwicklung auch künftig anhalten wird. Daher besteht das Ziel der Politik für die transeuropäischen Netze im Energiebereich darin, zusätzliche Einfuhrkapazitäten von Gas aus Lagerstätten in der Region des kaspischen Beckens, Nordafrika und dem Nahen Osten zu sichern und zu diversifizieren.

Wir haben in Brüssel oft über die Notwendigkeit diskutiert, den europäischen Elektrizitätsmarkt weiterzuentwickeln. Auch in dieser Hinsicht werden die transeuropäischen Energienetze zur Schaffung und Förderung wahrer grenzüberschreitender EU-Verbünde und eines zuverlässigen EU-Netzes beitragen.

Bei der Projektfinanzierung sollten wir nicht allein auf Steuergelder zurückgreifen, sondern auch die Europäische Investitionsbank, die Strukturfonds und private Investoren mit einbeziehen, denn schließlich sind Gelder für Investitionen vorhanden. Bisher bestand der wirkliche Engpass darin, dass es an politischem Willen zur Durchführung dieser Projekte und an Entschlusskraft mangelte.

Diese Entscheidung wurde dem Parlament bereits im Dezember 2003 vorgelegt. Damals beschäftigte es sich mit den neuen Herausforderungen, die sich aus der Erweiterung ergaben, und den wichtigsten Energieverbindungsleitungen mit Drittländern.

Was die Auswahl der Projekte angeht, hat die Kommission aus den größeren Vorhabenskategorien von gemeinsamem Interesse die Projekte mit der höchsten Priorität ausgesucht. Nun haben wir dank der Verhandlungen zwischen den drei Organen einen Kompromiss gefunden, der – zumindest in der jetzigen Phase – für uns alle akzeptabel zu sein scheint. Die Projekte mit der höchsten Priorität – eine exklusive Liste mit Projekten von europäischem Interesse – sollen die rasche Umsetzung der wichtigsten grenzüberschreitenden Verbindungskapazitäten unterstützen. Dazu müssen die Vorhaben von europäischem Interesse besonderen Kriterien entsprechen. Sie müssen nämlich grenzüberschreitenden Charakter besitzen oder bedeutende Auswirkungen auf die grenzüberschreitende Übertragungskapazität haben. Zudem müssen sie ausgereift sein.

Ein wichtiges Ergebnis, das zwischen der ersten und zweiten Lesung erzielt wurde, ist die Schaffung des europäischen Koordinators. Dieser wird eine entscheidende Rolle spielen, da er oder sie die Zusammenarbeit zwischen Nutzern und Betreibern fördern sowie die Unterstützung der Projekte durch private Investoren und Finanzinstitute organisieren wird. Als Mitglied der Gruppe der Europäischen Kommission für das transeuropäische Netz habe ich selbst gesehen, welch hervorragende Arbeit die derzeitigen europäischen Koordinatoren im Bereich der Verkehrsinfrastrukturen geleistet haben. Denn sie arbeiten wirklich hart daran, diese Infrastrukturen zu fördern, Engpässe auszumachen und Lösungen zu finden.

Ich habe erfreut festgestellt, dass die Kernelemente des Kommissionsvorschlags in der Paketlösung, über die Sie morgen abstimmen werden, beibehalten wurden. Daher kann ich den erzielten Kompromiss voll und ganz unterstützen.

Ich möchte noch einmal all denen meinen Dank aussprechen, die an der Erzielung dieser Kompromisslösung beteiligt waren.

 
  
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  María del Pilar Ayuso González, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Dies ist ein entscheidender Moment im Energiebereich. Das Grünbuch und die jüngsten Berichte der Europäischen Kommission zum Stand der Liberalisierung der Energiemärkte sind ein Beleg dafür. Sie alle verdeutlichen die Notwendigkeit, die Vernetzungen zwischen den Mitgliedstaaten auszubauen und die transeuropäischen Netze voranzubringen, um alle diese Energiedienstleistungen zu verbessern.

Die Berichterstatterin, Frau Laperrouze, hat eine ausgezeichnete Arbeit geleistet, und ich beglückwünsche sie, denn es ist ihr gelungen, die Forderungen der Mitglieder dieses Parlaments mit den Positionen der Kommission und des Rates in Einklang zu bringen. Wir unterstützen die Projekte von höchster Priorität, die grenzüberschreitenden Charakter haben und die Übertragungskapazität, die Versorgungssicherheit und den Gas- und Elektrizitätshandel zwischen den Mitgliedstaaten verbessern können. Kurz gesagt, ein effizienteres System, das positive Auswirkungen auf die Preise für Unternehmen und Verbraucher haben wird.

Damit das europäische Energienetz Realität wird, müssen wir unnötige Verzögerungen bei der Ausführung der Projekte vermeiden, insbesondere jener Vorhaben, die im europäischen Interesse liegen. Die Regierungen müssen alle ihre Anstrengungen darauf richten, diese administrativen Hindernisse aus dem Weg zu räumen, und deshalb wäre ein europäischer Koordinator, der zur Beschleunigung der Projekte von europäischem Interesse beitragen kann, die erheblichen Verzögerungen oder Schwierigkeiten bei ihrer Umsetzung unterliegen, ein wichtiges Amt.

Ich möchte nicht schließen, ohne den jüngsten europäischen Gipfel vom 23. und 24. März zu erwähnen, auf dem die Energiepolitik als vorrangiges Thema, so wie es sein sollte, behandelt wurde. Besonders freue ich mich, dass der Rat das Ziel wieder aufgegriffen hat, die Energievernetzungen zwischen den Mitgliedstaaten, wie auf dem Europäischen Rat von Barcelona 2002 vereinbart, auf 10 % der installierten Kapazität auszubauen.

Die Ausweitung der Vernetzungen zwischen den Mitgliedstaaten und die Erhöhung der Speicherkapazität für Gas sind prioritäre Themen für den Binnenmarkt. Ich halte diesen Text, über den wir morgen abstimmen werden, für einen guten Schritt in die richtige Richtung.

 
  
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  Hannes Swoboda, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zuerst der Berichterstatterin, Frau Laperrouze, Dank sagen für ihre hervorragende Arbeit, vor allem für die Einbeziehung auch der Schattenberichterstatter und für die gute Diskussion, die wir geführt haben.

Als wir diese Arbeit begannen, wussten wir nicht, auf welche aktuelle Situation dieser Bericht treffen würde. Die jüngste Entwicklung hat gezeigt, wie prekär einerseits manche Elemente der Energieversorgung Europas sind, und andererseits, wie notwendig es gerade für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Kontinents ist, die Energieversorgungssituation zu verbessern, und zwar nachhaltig zu verbessern.

Wir sind sehr froh, dass es hier zwischen der Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament eine einheitliche Meinung über die Ziele gibt, die in der Energiepolitik und vor allem bei der Energieversorgung verfolgt werden müssen. Natürlich ist klar, dass nicht jede Netzverknüpfung und -verbindung automatisch mehr Sicherheit schafft, weil es sein kann, dass gewisse Probleme von einem Bereich in den anderen Bereich mit verlagert werden. Wenn wir aber insgesamt zu einer stärkeren Vernetzung im Stromnetz, aber auch im Versorgungsnetz mit Erdgas und Erdöl kommen, dann sind solche Probleme leichter ausgleichbar. Das ist es ja auch, was der Begriff Diversifizierung, zu dem wir uns bekennen – und zwar nicht nur zu dem Begriff, sondern auch zum Ziel – mit sich bringen würde, wenn wir mehr investieren.

Frau Laperrouze hat Recht: Leider ist gerade auf diesem Gebiet im Budget nicht genügend vorgesehen. Aber dies wäre ohnedies nur ein geringer Anteil an den Gesamtkosten, die aufzuwenden sind und die die einzelnen Mitgliedsstaaten auch entsprechend zu tragen haben, weil das ja auch in ihrem Interesse ist.

Ganz wichtig ist auch die Forderung nach der Möglichkeit, europäische Koordinatoren einzusetzen. Herr Kommissar, Sie haben darauf hingewiesen, dass hier gerade im Verkehrsbereich schon eine positive Wirkung ersichtlich ist. Das ist richtig. Ich war bei der Einsetzung der Koordinatoren nicht mit allen Rahmenbedingungen einverstanden, aber im Prinzip brauchen wir diese Koordinatoren, um einige Projekte wirklich voranzutreiben. Wenn ich zum Beispiel, was die Gasversorgung betrifft, das Projekt Nabucco erwähnen darf, das mehrere europäische Länder direkt und viele indirekt betreffen würde, und wo wir eine entsprechende Diversifizierung erreichen könnten, so wäre das ein Projekt, das man rasch angehen sollte, um eine entsprechende Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Diese Koordinatoren können zwischen den einzelnen Ländern vermitteln und vielleicht eine Situation, wie sie mit dem Projekt zwischen Russland und Deutschland zustande gekommen ist, vermeiden – nicht, weil das Projekt als solches schlecht ist, aber man hätte von vornherein zum Beispiel auch Länder wie Polen und die baltischen Staaten mit einbeziehen können.

Ich hoffe, dass wir in Zukunft eine wirklich europäische Energiepolitik betreiben, auch wenn es um einzelne Projekte geht.

 
  
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  Vittorio Prodi, im Namen der ALDE-Fraktion. (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich meiner Kollegin, Frau Laperrouze, für ihre Arbeit zu den transeuropäischen Energienetzen danken.

Ich pflichte ihrem Standpunkt insofern völlig bei, als sie die zunehmende Gefahr einer Rückkehr zu nationalen Positionen beklagt, während es doch notwendig ist, den Ausbau leistungsfähiger, wahrhaft europäischer Elektrizitäts- wie auch Gasnetze entschlossener fortzuführen. Nur auf europäischer Ebene können wir die Energie am effizientesten verwalten: so können zum Beispiel das enorme Windenergiepotenzial und zugleich die Grundlastkapazitäten der französischen Kernreaktoren nur durch ein effektives europaweites Netz maximal genutzt werden.

Nur auf dieser Ebene kann auf dem europäischen Markt ein wirklicher Wettbewerb zwischen europäischen, d. h. nicht nationalen, Champions garantiert werden. Die vor kurzem, gerade zu Zeiten einer großen Gasnachfrage erfolgte Drosselung der Lieferungen hat deutlich gemacht, dass sowohl die Vernetzung ursprünglich auf nationaler Ebene entstandener Systeme als auch die wirksame Einbindung von Speichereinrichtungen – auch durch den Anschluss bereits genutzter, demnächst versiegender Gasvorkommen ans Netz – absolut unerlässlich sind, um die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Eine solche Solidarität ist unverzichtbar, wie bereits in dem Grünbuch eindrucksvoll herausgestellt wurde.

Das bedeutet auch, dass eine Bezugsperson vonnöten ist, die auf europäischer Ebene agieren kann, ein Koordinator, der für einen echten Gas- und Elektrizitätsbinnenmarkt Sorge tragen kann und zu jeder Zeit die Versorgungssicherheit sowie den optimalen Einsatz der Ressourcen sicherzustellen vermag.

Die Schaffung eines wahrhaft europäischen Netzes ist ein unabdingbares Erfordernis. Deshalb fordern wir den Rat, die ganze Union und alle Institutionen auf, alles daran zu setzen, damit dies möglich wird – im Interesse der Mitgliedstaaten und der Union im Ganzen.

 
  
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  Esko Seppänen, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FI) Herr Präsident, Herr Kommissar! Die Zielsetzung in Bezug auf die transeuropäischen Energienetze ist gut und notwendig. Ein einheitlicher Binnenmarkt löst jedoch nicht alle Probleme, und zudem bringt er neue mit sich.

Sobald ein transeuropäischer Elektrizitätsbinnenmarkt geschaffen ist, bringt das einen Anstieg der Strompreise mit sich, beispielsweise in meinem Heimatland Finnland. Fällt der Strompreis in irgendeinem anderen Land, dann bezahlen das die Verbraucher in meinem Heimatland. In einem Binnenmarkt verkaufen die Produzenten der preiswerten Atom- und Wasserkraftenergie den Strom stets zum höchsten Marktpreis. Die Verbraucher in dem Erzeugerland, in unserem Fall Finnland, genießen keinerlei Preisvorteil aufgrund der Tatsache, dass unsere Wasserfälle der Fischereiindustrie und dem Transportwesen zum Zwecke der Energieerzeugung entzogen werden und dass abgebrannter Kernbrennstoff für alle Ewigkeit in unserer Erde vergraben wird.

Wir verfügen über aktuelle Erfahrungen mit dem nordischen Elektrizitätsbinnenmarkt dahingehend, wie Produzenten auf den Strompreis spekulieren, indem sie nicht ihre gesamte Produktionskapazität ausnutzen. Zu der Zeit, als sich die Gaspreise in Großbritannien auf einem Rekordniveau bewegten, wurde die Gasleitung zum Kontinent nicht in ihrer vollen Kapazität ausgenutzt. Freier Markt bedeutet eben auch die Freiheit zu spekulieren.

 
  
  

VORSITZ: MIROSLAV OUZKÝ
Vizepräsident

 
  
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  Ryszard Czarnecki (NI). – (PL) Herr Präsident! In Anbetracht der Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament in puncto Energiepolitik kommen wir nicht umhin, uns zu fragen, was die Union sein soll: eine Scheininstitution, die nur vorgibt zu handeln, ein Schauplatz der Fiktionen? Denn genau darum geht es in diesem Meinungsstreit.

Wir müssen unsere Schlussfolgerungen ziehen aus den Streitigkeiten zwischen der Ukraine und Russland und zwischen Russland und Georgien in diesem Jahr wie auch aus etwaigen Unstimmigkeiten zwischen Belarus und Russland, die es in naher Zukunft geben könnte.

Die gemeinsame europäische Energiepolitik, in deren Rahmen die Souveränität der einzelnen Mitgliedstaaten selbstverständlich gewahrt bleibt, muss jedoch eine neue Qualität erreichen. Die alten Methoden waren gut für die alten Zeiten, als wir zehn, zwölf oder fünfzehn Mitgliedstaaten hatten. Heute, nach der Erweiterung der Union, reichen die alten Mechanismen, die man mit dem alten polnischen Sprichwort „Jeder für sich allein“, also auf eigene Faust, beschreiben könnte, nicht mehr aus.

Wir stehen vor neuen Herausforderungen, was beispielsweise die Diversifizierung der Energieversorgung betrifft. Das ist kein politisches Problem, sondern eine Frage der Sicherheit und ein wirtschaftliches Problem. Polen will seine Energieversorgung so weit diversifizieren, dass es nicht von Russland abhängig ist. Spanien will ebenfalls dem Grundsatz der Diversifizierung folgen und mehr Energie von Russland kaufen, um nicht von seinen bisherigen Lieferanten abhängig zu sein.

Die Europäische Union hat jetzt die Chance, diese Maßnahmen tatsächlich und nicht nur scheinbar zu koordinieren. Europa muss die Zeichen der Zeit richtig verstehen und sich den neuen Aufgaben stellen. Der Streit um den Europäischen Koordinator und die prioritären Projekte der EU ist in Wirklichkeit ein Meinungskonflikt in der Frage, ob die Energiepolitik für Europa Realität werden oder weiterhin nur auf dem Papier stehen soll. In letzterem Falle, wenn die Energiepolitik nur die Summe der nationalen Politiken sein soll, sollten wir das geradeheraus sagen und nicht vorgeben, dass die Union eine neue gemeinsame Politik hat. Dann sollte uns aber auch nichts mehr überraschen.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich mich bei der im Saal anwesenden Kommissarin Neelie Kroes bedanken, denn sie führt die sector inquiry durch, und diese wird uns zeigen, wo es auf dem Energiemarkt Engpässe gibt und ob die Engpässe natürlich oder gewollt sind.

Das Zweite ist: Kommissar Piebalgs befasst sich derzeit mit der Überprüfung. Wir werden im Ergebnis dieser Überprüfung sehen, wo Handlungsbedarf besteht. Die Gesetzgebung der letzten Jahre hat gerade im Bereich der Entbündelung völlig neue Chancen für den Markt gebracht. Wenn man in Betracht zieht, dass heute 280 Projekte vorgestellt werden – 19 davon in Österreich –, wird es notwendig sein, Koordinatoren einzusetzen, die die verschiedenen Probleme, die bei derartigen Verbindungen entstehen, interdisziplinär behandeln können. Die Koordinatoren könnten dann vielleicht auch ein Gremium bilden, das sich untereinander beraten und mit den Methoden der best practice und des Benchmarking hier Fortschritte erzielen kann.

Vielleicht wäre es zudem sinnvoll, konkrete Zeitpläne zu entwickeln, also neben den Kosten auch die Zeitpunkte zu fixieren, und – wie wir es auch in anderen Bereichen haben – beim Überschreiten von diversen Zeiten die Prioritäten dementsprechend zu ändern. Auch die Übergabestationen spielen ja nicht nur im Bereich der Liberalisierung eine Rolle, sondern es handelt sich auch um eine Frage des Eigentums. Ist hier das Eigentum in der Europäischen Union angesiedelt oder außerhalb, und bedarf es hier besonderer Verträge? Das ist eine wichtige außenpolitische Situation.

Ein weiterer Punkt sind Notfallsysteme. Was geschieht bei Notfällen oder Terrorakten oder Handlungen, die uns im Energiebereich große Probleme bringen? Kann man hier gezielt gewisse Versorger und Verbraucher einschalten bzw. zuschalten? Wie sieht es mit der entsprechenden Software aus? Hier werden wir in Zukunft großen Handlungsbedarf haben. Ich bitte den Kommissar, in diesem Bereich ein Grünbuch zu entwickeln, so dass bei Notfallsituationen entsprechende Handlungsschritte in Gesamteuropa und mit unseren Nachbarn gesetzt werden können.

 
  
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  Reino Paasilinna (PSE). – (FI) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die im vergangenen Monat angenommene Entschließung zur Sicherheit der Elektrizitätsversorgung erklärt die Schaffung von Energienetzen zu einer Priorität ersten Ranges, was auch richtig ist. Transeuropäische Energienetze spielen eine wichtige Rolle auf dem Elektrizitätsbinnenmarkt der Union und für die Versorgungssicherheit, und gerade die Versorgungssicherheit ist das größte Problem, vor dem wir stehen. Die neuen Mitgliedstaaten der Union müssen so schnell wie möglich in diese Angelegenheit einbezogen werden. Spekulationen, das wurde hier schon erwähnt, sind eine der Ursachen für die Probleme, mit denen wir es in den nordischen Ländern zu tun haben. Möglicherweise könnten die Koordinatoren in dieser Hinsicht etwas bewirken.

Unsere jüngsten Energiekrisen haben gezeigt, dass wir zu stark von importierter Energie abhängig sind. Wir brauchen daher eine Energiepolitik, bei der ein Land seinem Nachbarn helfen kann, allerdings auf eine faire Art und Weise. Auch das ist dringend nötig. Aus diesem Grund hoffe ich, dass die Angelegenheit in der zweiten Lesung zu einem schnellen Abschluss gebracht wird.

Wir müssen darüber nachdenken, wie Europa sich aus einer Situation befreien kann, in der es, verursacht durch die Lage auf den Energiemärkten, anfällig für Krisen ist. Keine der heute ergriffenen Maßnahmen wird eine schnelle Wirkung haben. Hinzu kommt außerdem, dass der Verbrauch ständig steigt. Wir müssen daher eine völlig neue Art einer Energieethik entwickeln, die dieser Situation Rechnung trägt. Wir müssen über einen grundlegenden Ansatz zur Einsparung von Energie nachdenken. Die Menschen wissen nicht mehr, was Dunkelheit und Düsternis bedeuten, wenn es immer und überall hell ist.

Aus diesem Grunde möchte ich die Kommission fragen, ob sie sich in der Lage sieht, ein modernes Energiesparpaket aufzulegen, das auf einer neuen Ethik basiert, welche den Menschen, der Wirtschaft und der Gesellschaft den Weg hin zu Energieeinsparungen aufzeigt, weil dies wirklich der absolut nachhaltigste Weg sein würde. Darüber hinaus würden wir gleichzeitig energiesparende Technologien entwickeln und erneuerbare Energiequellen nutzen.

 
  
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  Šarūnas Birutis (ALDE).(LT) Herr Kommissar! Zunächst möchte ich die Berichterstatterin beglückwünschen und sagen, dass ich die angestrebte Vereinbarung befürworte. Ich möchte jedoch auch erneut darauf aufmerksam machen, dass die baltischen Mitgliedstaaten derzeit von den europäischen Energiesystemen praktisch abgeschnitten sind. Leider wurde bei der Überarbeitung der Anhänge zu den transeuropäischen Netzen im Energiebereich versäumt, die geopolitische Lage zu berücksichtigen. Die umstrittene nordeuropäische Pipeline, die um die baltischen Staaten und Polen herum geführt wird, steht weiterhin auf der Liste der vorrangigen Vorhaben, während Projekte, die für die Liste der vorrangigen Vorhaben vorgeschlagen wurden und von großer Bedeutung für diese Region sind, beispielsweise die „Amber“-Pipeline und die „Jamal-II“-Pipeline, die Belarus durchqueren kann, oder zusätzliche Netzzusammenschaltungen, vom Europäischen Rat nicht erörtert wurden. Das ist nicht richtig.

2006 muss die Europäische Kommission einen Plan für vorrangige Verbindungen vorbereiten, in dem konkrete Maßnahmen für die Integration isolierter Energiemärkte festgelegt werden sollen. Die Mitgliedstaaten müssen Solidarität zeigen und gemeinsame Interessen berücksichtigen. Dies ist der einzige Weg, die Energieversorgungssicherheit in der gesamten Europäischen Union zu gewährleisten.

 
  
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  Jacky Henin (GUE/NGL).(FR) Herr Präsident! Es hat sich nicht in Europa ereignet, aber es hätte durchaus der Fall sein können. Und nicht genug damit, dass keinerlei Lehren aus den Stromausfällen des Jahres 2000 in Kalifornien gezogen wurden, Sie schaffen auch noch die Voraussetzungen dafür, dass Europa dereinst ebenfalls eine Energiekatastrophe größeren Ausmaßes erleben wird.

Ihre Vorschläge führen dazu, dass Energie teurer und die Versorgung unsicherer wird. Die Trennung des Übertragungsnetzes und der Produktionsstätten von Elektroenergie ist aus wirtschaftlicher, ökologischer und industrieller Sicht abwegig. Wieder einmal ergreifen die europäischen Organe Partei für die Finanzinteressen zulasten des öffentlichen Interesses. Der kapitalistische Markt ist nicht in der Lage, im Energiebereich langfristige Investitionen zu tätigen. Im Interesse der Befriedigung der Anlegerinteressen werden Forschung, nachhaltige Entwicklung und Sicherheit geopfert. Die Entscheidung, künstlich einen großen Energiebinnenmarkt zu schaffen, wird auch zur Streichung und Unsicherheit einer großen Zahl von Stellen führen.

Was unsere Europäische Union braucht, ist ein starker europäischer öffentlicher Bereich, der öffentlich finanziert wird und für die Befriedigung des Bedarfs der EU-Bürger zur Verfügung steht.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI). – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine sichere, zuverlässige und preiswerte Energieversorgung der Europäischen Union ist essenziell, sowohl für die Bürger als auch für die ansässigen Unternehmen, um die industrielle Wettbewerbsfähigkeit der Union zu sichern. Eine Erhöhung der Effizienz der Energieerzeugung und die optimale Nutzung bestehender Erzeugungskapazitäten bzw. vorhandener Infrastruktureinrichtungen ist aber nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern entspricht zweifellos auch dem Umweltschutzgedanken.

Wenn wir schon die Infrastruktur im Bereich der Energienetze EU-weit ausbauen, sollten wir zumindest neue Technologien einsetzen, mit denen die Effizienz der Netze verbessert wird, eine unnötige Duplizierung von Leitungen vermieden wird und Umweltbelastungen – wie etwa der Austritt von Methangas bei Erdgasleitungen – möglichst gering gehalten werden. Zudem ist dies auch ein wichtiger Schritt zur anvisierten Reduzierung des Energieverbrauchs.

So bedeutend also Überlegungen zur Sicherung der Energieversorgung der Europäischen Union auch sind, so können sie doch nicht dazu führen, dass der Beitritt der Türkei aus energiepolitischen Überlegungen massiv gefördert wird. Nur um die EU bis an die Grenzen der energiereichen Regionen im Mittleren Osten und am Kaspischen Meer auszudehnen, sollte meines Erachtens kein außereuropäisches Land EU-Mitglied werden. Auch ohne Beitritt werden sich angepeilte Erdölpipelines durch die Türkei oder Gasinfrastrukturprojekte realisieren lassen. Dies ist meines Erachtens auch mit einer Türkei möglich, die nicht Mitglied, sondern nur privilegierter Partner der Europäischen Union ist.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE).(LT) Die Ziele der vorgeschlagenen Entscheidung, über die wir heute sprechen, sind klar – es geht darum, die Leitlinien an die Gegebenheiten der auf 25 Mitglieder erweiterten Europäischen Union anzupassen, die Finanzierung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse zu ermöglichen, den Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt zu verwirklichen und vor allem die Versorgungssicherheit durch Vernetzungen zwischen den Mitgliedstaaten und mit den Nachbarländern (Südosteuropa, Mittelmeeranrainer, Ukraine usw.) zu gewährleisten. Während der ersten Aussprache hatte das Europäische Parlament die Vorschläge der Kommission zur Bestimmung der Prioritäten, die Beschreibung von Vorhaben von europäischem Interesse und die Benennung eines europäischen Koordinators für komplexe Vorhaben bereits angenommen. Der Rat wählte jedoch einen anderen Ansatz und strich in seinem Standpunkt beispielsweise den europäischen Koordinator und andere wichtige Bestimmungen, die wir bereits befürwortet hatten. Er akzeptierte lediglich geringfügige Abänderungen am Kommissionsvorschlag, die das Parlament an seinem Text vorgenommen hatte, und wenngleich der Rat die Schaffung eines transeuropäischen Netzes unterstützte, so betrachtete er es als ein reines Nebeneinander der Netze der Mitgliedstaaten und als bloße Koordinierung der energiepolitischen Maßnahmen der betreffenden Länder. Ich halte dies für völlig unzureichend. Der Energiemarkt der Europäischen Union hat mehr als 450 Millionen Verbraucher. Es handelt sich um den zweitgrößten Markt der Welt. Wenn die EU geschlossen handeln würde, wäre sie in der Lage, ihre Interessen zu verteidigen und andere zu zwingen, sie zu respektieren. Erinnert man sich an die Krise zwischen der Ukraine und Russland vor einiger Zeit und die Erklärungen auf dem Gipfeltreffen in Hampton Court, so ist mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass eine gemeinsame europäische Energiepolitik auf jeden Fall erforderlich ist. Wir brauchen mehr als die 25 nationalen Politiken der Mitgliedstaaten. Dieses europäische Netz lässt sich nur verwirklichen, wenn die Zusammenschaltung der Netze verbessert und weiter vorangetrieben wird.

Was den Punkt der gemeinsamen Interessen und der vorrangigen Vorhaben angeht, so möchte ich das Parlament an das Transit-Gaspipeline-Projekt „Amber“ erinnern und eine Aussprache über die Aufnahme dieses Vorhabens in die Liste der vorrangigen Vorhaben von europäischem Interesse anmahnen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Umsetzung von Projekten die Sicherheit der Energieversorgung für die Staaten in der baltischen Region verbessern würde.

 
  
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  Eluned Morgan (PSE). – (EN) Herr Präsident! In den überarbeiteten Leitlinien ist vorgesehen, die bestehenden transeuropäischen Netze im Gas- und Energiebereich auf die neuen Mitgliedstaaten auszuweiten. Diesen Schritt kann ich nur befürworten. Denn schließlich haben wir selbst gesehen, was passieren kann, wenn der Binnenmarkt nicht richtig funktioniert, wenn er nicht wirklich vollendet ist und wenn die Versorgung nicht sichergestellt werden kann. Europas größter Gaslieferant – Russland – hat gezeigt, dass er willens und in der Lage ist, den Gashahn einfach zuzudrehen, um sich auf diese Weise politische Vorteile zu sichern. Das macht uns extrem verwundbar, und daher freue ich mich, dass die Europäische Union die Energiefrage endlich ernst nimmt.

Die Gaspreise sind zwar weltweit in die Höhe geschnellt, aber es gibt keinen Grund dafür, dass die Gaspreise in Großbritannien drei Mal so hoch sein müssen wie in den Niederlanden. Uns Briten wurde gesagt, dass einige Fabriken ihre Produktion vielleicht kurzfristig einstellen müssen. Dies liegt daran, dass die hohen Gaspreise zu einem Nachschubmangel geführt haben, was wiederum auf den fehlenden Zugang zu anderen EU-Märkten zurückzuführen ist. Gordon Brown zufolge kostet Großbritannien die nicht vollzogene Liberalisierung der europäischen Energiemärkte ca. 10 Milliarden Pfund pro Jahr. Wie sollen sich britische Unternehmen angesichts solch ungleicher Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt behaupten können?

Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben erst kürzlich die Vorschläge aus dem Grünbuch befürwortet, wonach die grenzüberschreitenden Gas- und Energieverbindungen ausgebaut werden sollen. Das ist ja alles schön und gut, aber deshalb sollten wir uns nicht scheuen, über Fragen wie Preisfestsetzungen, nationale marktbeherrschende Unternehmen, das Wiederaufleben nationalistischer Strömungen und die unzureichende Umsetzung gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten zu diskutieren.

Insofern freue ich mich über die Ankündigung, dass die Kommission morgen 50 neue Vertragsverletzungsverfahren gegen EU-Länder einleiten wird, die EU-Rechtsvorschriften nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben, indem sie ihre Energiemärkte nicht geöffnet haben. Das ist eine wirklich gute Nachricht, aber – Herr Kommissar – warum hat es so lange gedauert, bis eine solche Maßnahme ergriffen wurde?

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Ich begrüße die Diskussion über Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze, denn sie wurde dringend erwartet und muss unbedingt geführt werden. Drei neue EU-Staaten, die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland, sind bis jetzt vom europäischen Energiesystem abgekoppelt. Die Transeuropäischen Energienetze müssen von gemeinsamem Interesse für die gesamte Union sein, und sie müssen die Energienetze der Mitgliedstaaten im Binnenmarkt und mit den östlichen und südlichen Nachbarn verbinden. Ohne die Schaffung der transeuropäischen Netze als oberste Priorität in Sachen EU-Energiesicherheit und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit wird die EU auf dem Energiemarkt nur eine unbedeutende Rolle spielen. Als Staat, der von russischem Gas und Öl abhängig und auf Kernenergie angewiesen ist, kann Litauen es nicht zulassen, auch noch von Elektrizitätslieferungen aus Russland abhängig zu werden. Wir müssen beginnen, zwischen Litauen und Polen eine elektrische Brücke zu bauen, und Estland und Finnland so rasch wie möglich durch Stromkabel verbinden. Der gemeinsame baltische Elektrizitätsmarkt würde Bestandteil des EU-Elektrizitätsmarktes werden. Ich fordere Sie mit allem Nachdruck auf, Solidarität und Unterstützung für die Eingliederung der baltischen Energienetze in die EU zu zeigen.

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Ihnen für diese Aussprache danken. Transeuropäische Netze sind zwar ein äußerst wichtiger Teil, aber meiner Meinung nach eben nur ein Teil der europäischen Energiepolitik.

Eine überaus wichtige Vorbedingung ist die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten. Ich denke, die beste Nachricht, die ich in dieser Hinsicht in den vergangenen Monaten erhalten habe, ist die Zusammenarbeit zwischen den baltischen Staaten im Energiesektor. So streben diese Länder eine gemeinsame Energiepolitik an, obwohl ihre Märkte sehr isoliert sind. Doch gerade deshalb sollten die Regierungen eine solche Politik ins Auge fassen. Die Tagung des Europäischen Rates war in dieser Hinsicht sehr viel versprechend, da die Staats- und Regierungschefs auf die Frage der grenzüberschreitenden Verbundnetze zurückkamen – die 10%-Entscheidung von Barcelona, die man aus den Augen verloren hatte – und einen vorrangigen Verbundplan forderten. Somit könnten die transeuropäischen Energienetze als Grundlage für weitere Maßnahmen dienen.

Es wurde Kritik laut, dass die Netze zum Spielball von Spekulanten werden könnten. Deshalb vertrete ich ja auch die Ansicht, dass die Regulierung genauso wichtig ist wie die Vernetzung. Die Regulierung des Marktes ist absolut unerlässlich, und deshalb hat sich die Kommission auch den Mitgliedstaaten gegenüber stets unnachgiebig gezeigt, wenn es um die Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften ging. Allerdings sind hier zwei Phasen zu unterscheiden. Zunächst einmal müssen alle Mitgliedstaaten dazu bewegt werden, die Rechtsvorschriften ordnungsgemäß umzusetzen. Das haben wir in 23 Fällen auch erreicht. In zwei Fällen haben wir Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erhoben. Das ist also die erste Phase. Ferner geht es um die Konformität. Auf genau diese Frage zielt das neue Paket ab. Vielleicht werden hier neue Vertragsverletzungsverfahren erforderlich sein, da dieses Problem nicht nur in den Studien der Kommission auftaucht, sondern auch von den Marktteilnehmern beklagt wird, wenn sie feststellen, dass die Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurde. Das letzte Wort ist hier also noch nicht gesprochen. Dennoch steht außer Frage, dass Netze und der nachhaltige Ausbau der Netze von entscheidender Bedeutung sind. Netze bedeuten schließlich nicht nur grenzüberschreitende Verbindungen, sondern auch größere Speicherkapazitäten. So dauert es beispielsweise sehr lange, einen Gasspeicher anzulegen.

Ich weiß, dass wir enormen Herausforderungen gegenüberstehen. Einige Abgeordnete haben darauf hingewiesen, dass Duplizierungen vermieden werden sollten. So weit ich weiß, gibt es einige Projekte im gleichen Gebiet. Aber meiner Meinung nach sind hier auch die Regierungen gefragt, denn diese sollten ein gemeinsames Konzept verfolgen und nicht miteinander konkurrierende Netze aufbauen. Stattdessen sollten sie sich um die Entwicklung von Vorzeigeprojekten bemühen, die den Interessen der meisten Mitgliedstaaten und der Europäischen Union dienen.

Abschließend möchte ich auf die Frage zu sprechen kommen, was die europäische Energiepolitik eigentlich ausmacht. Dazu ist anzumerken, dass sie nicht die Summe der Politiken der EU-Mitgliedstaaten darstellt. Sie beruht zwar auf den Politiken der Mitgliedstaaten, bildet aber ein ganz neues Handlungsfeld für die Europäische Union – und zwar in einer Situation, wo uns die Globalisierung der Energiemärkte vor neue Herausforderungen stellt, wo die Maßnahmen eines Mitgliedstaates den Erwartungen seiner Bürger nicht vollkommen oder angemessen gerecht werden und wo es unsere Pflicht ist, auf der Ebene und im Wirkungsbereich der gesamten Europäischen Union zu handeln. Transeuropäische Netze sind da sicherlich hilfreiche Instrumente.

Ich möchte noch einmal der Berichterstatterin, Frau Laperrouze, und allen Schattenberichterstattern danken, die geduldig mit dem Rat verhandelt und zum richtigen Zeitpunkt diesen umfassenden Kompromiss erzielt haben, den ich befürworten kann.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.

 
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