Index 
 Zurück 
 Vor 
 Vollständiger Text 
Verfahren : 2003/0262(COD)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

A6-0078/2006

Aussprachen :

PV 15/05/2006 - 16
CRE 15/05/2006 - 16

Abstimmungen :

PV 16/05/2006 - 8.14
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2006)0199

Ausführliche Sitzungsberichte
Montag, 15. Mai 2006 - Straßburg Ausgabe im ABl.

16. Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel – Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie bestimmten anderen Stoffen zu Lebensmitteln (Aussprache)
Protokoll
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

1. die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (09858/3/2005 – C6-0018/2006 – 2003/0165(COD)) (Berichterstatterin: Adriana Poli Bortone) (A6-0122/2006) und

2. die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie bestimmten anderen Stoffen zu Lebensmitteln (09857/3/2005 – C6-0017/2006 – 2003/0262(COD)) (Berichterstatterin: Karin Scheele) (A6-0078/2006).

 
  
MPphoto
 
 

  Karin Scheele (PSE), Berichterstatterin. – Herr Präsident! Wir diskutieren heute ein Zwillingspaket von Verordnungen, nämlich den Bericht von Adriana Poli Bortone über die Nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel, und meinen eigenen Bericht über den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie bestimmten anderen Stoffen zu Lebensmitteln.

Diese beiden Verordnungsvorschläge wurden zeitlich immer Hand in Hand diskutiert und behandelt, weil eine zeitliche Trennung der beiden Dossiers keinen Sinn gehabt hätte. Nachdem dieses Haus sehr kontroverse Standpunkte dazu vertreten hat – und teilweise noch vertritt –, ob und wie gesundheits- und nährwertbezogene Angaben geregelt werden sollten, gab es immer zeitliche Probleme, wenn der Bericht über die Anreicherung, über den Zusatz von Mineralien und von Vitaminen auf der Tagesordnung stand. Ich möchte mich hier bei allen Beteiligten, bei den Schattenberichterstattern, bei den Mitarbeitern der Fraktionen, aber auch beim Europäischen Rat und der Kommission bedanken, weil die sehr gute Zusammenarbeit zwischen den Sitzungen es ermöglicht hat, dass wir stets eine gute Kommunikation erreichen und gute Kompromisse erzielen konnten.

Mit der vorgeschlagenen Verordnung sollen die unterschiedlichen nationalen Vorschriften über den Zusatz von Vitaminen und Mineralien sowie bestimmter anderer Stoffe zu Lebensmitteln harmonisiert werden. Ich möchte auch heute bei der zweiten Lesung erwähnen, dass diese Verordnung nur den freiwilligen Zusatz von Vitaminen und Mineralien regelt, dass also nationale Vorschriften über den obligatorischen Zusatz nicht betroffen sind.

Ein Grundsatz meines Berichts ist, dass die Gemeinschaft eine Situation anstreben soll, bei der die Hersteller Vitamine und Mineralien aus Ernährungs- und Gesundheitserwägungen zusetzen. Ich bin deshalb froh, dass wir in diesem Haus – aber auch zwischen den Institutionen – einen Kompromiss erreicht haben, und man den Ansatz der Bioverfügbarkeit unterstützt. Das heißt, alle zugesetzten Vitamine und Mineralien müssen vom Körper verwertet werden können, sonst kommt es zu einer Irreführung der Verbraucher und im Extremfall zu negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit.

Wir haben in der Diskussion auch immer wieder Beispiele gehört, dass bei einem übermäßigen Zusatz von Vitaminen oder Mineralien der menschliche Körper diese Stoffe in dieser Zusammensetzung schlussendlich gar nicht verwerten kann. Deshalb halte ich es für gut, hier diesen Bioverfügbarkeitsansatz zu wählen.

Ein weiterer Fortschritt ist, dass wir uns geeinigt haben, andere Stoffe zu definieren, denn Vitamine und Mineralien sind ja in den Anhängen 1 und 2 dieser Verordnung taxativ aufgeführt und somit auch definiert.

Eine übermäßige Zufuhr von Vitaminen und Mineralienstoffen kann schädliche Wirkungen für die Gesundheit haben, daher müssen sichere Höchstgehalte für den Zusatz dieser Stoffe zu Lebensmitteln festgelegt werden. Diese Höchstgehalte sind bereits in der Richtlinie über Nahrungsergänzungsmittel vorgesehen und bis jetzt nicht vorhanden. Im Interesse der Verbrauchersicherheit ist daher eine dringende Festlegung notwendig. Durch die Abänderung des Artikels 6 wird sichergestellt, dass die Kommission innerhalb von zwei Jahren Vorschläge für sichere Höchstgehalte vorlegen wird.

Als langjähriges Mitglied des Ausschusses für Umweltfragen und Lebensmittelsicherheit freut es mich auch, dass die Kommission in einer zusätzlichen Erklärung eine längst überfällige Revision der Richtlinie über Nährwertkennzeichnung ankündigt.

 
  
MPphoto
 
 

  Adriana Poli Bortone (UEN), Berichterstatterin. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am Vortag der Abstimmung zu dem Bericht über die Kennzeichnung von Lebensmitteln ist es mir eine Freude, dem Plenum mitzuteilen, dass wir uns nach intensiven Verhandlungen auf einen gemeinsamen Text verständigen konnten, der uns, wie ich hoffe, das Vermittlungsverfahren ersparen wird.

Bevor ich auf Details zu sprechen komme, möchte ich den Schattenberichterstattern der anderen Fraktionen, Frau Sommer, Frau Corbey, Herrn Maaten, Frau Evans, Frau Breyer, Frau Liotard und Herrn Blokland, für ihre entscheidenden Beiträge und ihre selbst in schwierigsten Momenten bewiesene Verhandlungsbereitschaft danken.

In einer festgefahrenen Situation, als der Rat uns anscheinend keinen Schritt mehr entgegenkommen wollte, gelang es uns, ein Kompromisspaket zu schnüren bzw. einen endgültigen Text zu verfassen, der aufgrund der Zustimmung aller Fraktionen den Rat dazu bewogen hat, unsere Vorschläge zu akzeptieren. Das Ganze muss also nur noch durch die morgige Abstimmung besiegelt werden, und diesbezüglich fordere ich alle Kolleginnen und Kollegen auf, den Kompromiss zu unterstützen, um die für die Abänderung des Gemeinsamen Standpunkts benötigte qualifizierte Mehrheit zu erzielen.

Meiner Auffassung nach handelt es sich insgesamt um einen ausgewogenen Text, der wirksam das Ziel verfolgt, eine exakte, transparente und verständliche Information der Verbraucher zu gewährleisten und somit die Entscheidung für eine ausgewogene und bewusste Ernährungsweise zu ermöglichen.

Wir alle in diesem Hohen Haus sind uns darin einig, dass eine gesunde und ausgewogene Ernährung der Bürger Europas gefördert werden muss und es zu verhindern gilt, dass sich hinter einem verlockenden, außerordentliche Vorteile für die Figur oder sogar für die Gesundheit versprechenden Etikett in Wirklichkeit ein höchst kalorienhaltiges Nahrungsmittel verbirgt, ohne dass der Verbraucher dies als solches erkennen kann.

In Europa, wo laut WTO jedes fünfte Kind übergewichtig ist, ist diese Rechtsetzungsmaßnahme, auch in Anbetracht der aktuellsten Studien, die den Zusammenhang zwischen Werbung und dem Verzehr ungesunder Nahrungsmittel belegen, nunmehr dringend geboten.

Das Hauptziel der Verordnung – der Schutz der Verbraucher – wurde meines Erachtens mit dem Kompromisstext vollständig erreicht. Ich möchte hinzufügen, dass es uns durch die Intervention des Parlaments gelungen ist, den Forderungen der Lebensmittelindustrie nach Klarheit und genau festgelegten Fristen Rechnung zu tragen und sie zu erfüllen. Das war kein einfacher Kompromiss, auch weil der Rat bis zum Schluss der Verhandlungen einen inflexiblen – nahezu rigiden – Standpunkt vertreten hat. Eben deshalb sehe ich es als einen großen Erfolg an, dass wir ihm in folgenden Fragen wirklich Zugeständnisse abgerungen haben: ich meine insbesondere Artikel 4 und die Maßnahmen in Bezug auf den Alkohol, auf die wir später noch zu sprechen kommen.

Ich möchte jedoch schon jetzt betonen, dass die Einigung mit dem Rat ein Paket betrifft, das im Ganzen unterstützt werden muss. Daher fordere ich Sie auf, die Änderungsanträge 90 und 49 abzulehnen, weil sie über das mit den anderen Organen vereinbarte Paket hinausgehen.

Was das Inverkehrbringen so genannter gesundheitsbezogener Etiketten anbelangt, so hat der Rat die Anwendung eines schnelleren, vereinfachten Verfahrens akzeptiert, das unseren Unternehmen mehr Sicherheit bringen wird. Seit unserem einstimmigen Votum im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit war klar, dass die Verkürzung der Verfahrensdauer nicht zu Lasten der genauen wissenschaftlichen Überprüfung des Wahrheitsgehalts der auf dem Etikett gemachten Angaben gehen darf. Der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sollte in beiden Verfahren genau dieselbe Zeit für die Prüfung der Angaben zur Verfügung stehen. Der Rat ist uns in diesem Punkt gefolgt, und im Endeffekt hat das Parlament erreicht, dass gesundheitsbezogene Etiketten, die keine besonderen Schwierigkeiten bereiten, innerhalb von acht Monaten endgültig für das Inverkehrbringen zugelassen werden können.

Im Gegensatz dazu wird das vereinfachte Verfahren für einige Angaben, die besonders gefährlich sind, weil sie sehr verlockend sind und zum Beispiel eine Verringerung der Gesundheitsrisiken versprechen oder sich auf die kindliche Entwicklung beziehen, nicht zum Tragen kommen können. Diese Etiketten müssen vielmehr das vollständige Zulassungsverfahren durchlaufen, das eine sorgfältigere Prüfung gewährleistet – nicht nur in wissenschaftlicher Hinsicht durch die EFSA und die Kommission, sondern auch durch die Mitgliedstaaten im Rahmen des Komitologieverfahrens.

Zu dem strittigen Thema der Nährwertprofile oder dem berüchtigten Artikel 4 möchte ich bemerken, dass der Rat bis letzten Mittwoch gegen jede Änderung des Textes war. Im Grunde genommen hätte dem Gemeinsamen Standpunkt zufolge keine Kennzeichnung – weder eine nährwertbezogene noch eine gesundheitsbezogene – auf einem Erzeugnis angebracht werden dürfen, das nicht den von der EFSA festgelegten Nährwertprofilen entspricht. Beispielsweise hätten Bonbons mit einem hohen Zuckergehalt niemals eine gesundheits- oder nährwertbezogene Angabe führen dürfen. Der von allen Fraktionen und vom Rat gebilligte Kompromisstext sieht nun auch dann die Möglichkeit des Anbringens nährwertbezogener Etiketten vor, wenn ein Nährstoff das Nährwertprofil übersteigt – sofern auf derselben Seite der Verpackung für den Verbraucher ein Hinweis auf den hohen Gehalt an diesem Nährstoff angebracht wird. Somit wird eine korrekte Information des Verbrauchers gewährleistet, die auf derselben Seite der Verpackung deutlich sichtbar ist, und zugleich wird der Industrie die Möglichkeit gegeben, derartige Angaben zu verwenden.

In einem Punkt, der anfänglich für den Rat als unantastbar galt, betrachte ich diesen Text als einen Erfolg des Parlaments: Bei den Marken haben wir durchgesetzt, dass die bestehenden Marken noch für weitere 15 Jahre ohne weitere Auflagen verwendet werden können. Nach Ablauf dieser Frist dürfen sie nur dann benutzt werden, wenn sie mit Angaben entsprechend den Bestimmungen dieser Verordnung versehen sind. Ich bin der Meinung, dass dieser Übergangszeitraum lang genug ist für die Industrie und jedenfalls eine Anpassung an die Gemeinschaftsvorschriften ermöglicht.

Außerdem haben wir die Beibehaltung allgemeiner Bezeichnungen erreicht, die herkömmlicherweise für Lebensmittel verwendet werden, wie z. B. „Aperitif“, „Digestif“ oder „Hustenbonbon“: Für diese Bezeichnungen werden besondere Ausnahmeregelungen gelten, sodass sie problemlos verwendet werden können. Außerdem möchte ich das Plenum darauf hinweisen, dass alle negativen Kennzeichnungssysteme – die bereits in einigen Ländern üblichen so genannten roten Ampeln oder Punkte – nicht Gegenstand der Verordnung sind und demzufolge auf einzelstaatlicher Ebene geregelt werden.

Wir haben als Parlament in Bezug auf den Schutz der KMU bedeutende Verhandlungssiege errungen. Was man uns zunächst als technisch nicht machbar verweigert hatte, wurde uns schließlich zugestanden. In zwei Erwägungsgründen wird hervorgehoben, wie wichtig es ist, den KMU den Zugang zur Verwendung der Etiketten zu erleichtern, da sie „für die europäische Lebensmittelindustrie einen erheblichen Mehrwert bedeuten“. Gemäß dem neuen Artikel 15 hat die Kommission den KMU Hilfsmittel und Leitlinien zur Verfügung zu stellen, um ihnen die Umsetzung der vorliegenden Verordnung zu erleichtern.

Durch die Verkürzung des Datenschutz-Zeitraums von ursprünglich sieben Jahren auf fünf Jahre haben wir darüber hinaus erreicht, dass die kleinen und mittleren Unternehmen, die nicht die Mittel haben, um sich wissenschaftliche Studien für die Anmeldung einer eigenen Angabe leisten zu können, schneller auf die Angaben zurückgreifen können. Dank des Änderungsantrags des Parlaments werden die KMU sämtliche bereits zugelassenen und im Verzeichnis gemäß Artikel 13 aufgeführten Angaben früher verwenden können. Die Verwendung ist kostenlos und erfordert keine weiteren Formalitäten. Auch diejenigen, die nicht über die notwendigen Mittel verfügen, um eine wissenschaftliche Untersuchung zu bestimmten Angaben finanzieren zu können, werden sie demnach problemlos und ohne zusätzliche Belastung verwenden können.

In Bezug auf den Kinderschutz – ein Anliegen, das diesem Parlament besonders am Herzen liegt – haben wir durchgesetzt, dass alle Angaben bezüglich der Entwicklung und Gesundheit von Kindern nach dem vollständigen Zulassungsverfahren begutachtet werden müssen, um zu gewährleisten, dass, auch seitens der Mitgliedstaaten, sorgfältig geprüft wird, ob die Angabe wissenschaftlich abgesichert und für den Verbraucher verständlich ist. Dabei werden Empfehlungen von Vereinigungen der Bereiche Medizin, Ernährung oder Diätetik akzeptiert, die von einzelnen Medizinern hingegen nicht.

Für Alkohol waren nährwertbezogene Angaben bereits in dem Gemeinsamen Standpunkt vorgesehen. Für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent waren demnach Etiketten mit der Aufschrift „reduzierter Alkoholgehalt“ oder „kalorienarm“ erlaubt. Der Rat machte uns das weitere, jedoch letzte Angebot, auch die Angabe „niedriger Alkoholgehalt“ zu verwenden. Wichtige Zugeständnisse haben wir auch im Hinblick auf die Bewahrung der unterschiedlichen Esstraditionen sowie auf mögliche Erleichterungen für Verkäufer unverpackter Waren erhalten.

Abschließend fordere ich alle Mitglieder auf, die Änderungsanträge, die zu dem von allen Fraktionen unterzeichneten Kompromiss gehören, und zwar nur die, zu unterstützen, um das Gesetzgebungsverfahren zu diesem Bericht, der so strittig war, dass er drei Jahre in diesem Parlament behandelt wurde, zu einem positiven Abschluss zu bringen. Ich möchte allen, auch den Mitarbeitern der Fraktionen und den Fachleuten, die uns unterstützt haben, meinen aufrichten Dank aussprechen.

 
  
MPphoto
 
 

  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst beiden Berichterstatterinnen, Frau Poli Bortone und Frau Scheele, für ihre ausgezeichnete Arbeit und Zusammenarbeit mit meinen Dienststellen bei der Erarbeitung dieses Kompromisses danken. Auch den Schattenberichterstattern danke ich für ihre Mitarbeit.

Es war in der Tat keine leichte Aufgabe. Sie erinnern sich sicher an die erheblichen Meinungsunterschiede zwischen den drei Organen in dieser Frage. Doch ich glaube – und die Berichterstatterinnen haben das ganz richtig gesagt –, dass uns ein guter Kompromiss gelungen ist. Das steht fest. Aber wie jeder Kompromiss lässt er für alle Seiten ein wenig zu wünschen übrig, das heißt, jede Seite wäre gern in die eine oder andere Richtung etwas weiter gegangen. Mit diesen Kompromissen in beiden Dokumenten ist es jedoch gelungen, die Interessen aller Beteiligten ausgewogen zu wahren: Verbraucher, Industrie und Wirtschaftsakteure. Allerdings ist es ein zerbrechliches und empfindliches Gleichgewicht, und meiner Meinung nach sollten die beiden Dokumente wie im Kompromiss vereinbart angenommen werden, denn alles andere würde dieses Gleichgewicht stören und definitiv den Kompromiss gefährden.

In diesen beiden Verordnungen heißt es, dass, wenn Wirtschaftsakteure Angaben oder andere Marketinginstrumente einsetzen, um ihre Produkte zu verkaufen, diese wahrheitsgemäß und genau sowie wissenschaftlich abgesichert sein müssen. Damit liegt die Entscheidung beim Verbraucher – letztlich entscheidet der Verbraucher –, aber der Verbraucher muss zutreffende, genaue und wissenschaftlich abgesicherte Auskünfte erhalten, um eine sachkundige Wahl treffen zu können. Ich stimme der Berichterstatterin zu, dass dies ein sehr wichtiger Schritt im gerade erst begonnenen langfristigen Kampf für die Gesundheit und Ernährung der Unionsbürger ist.

Mit der Verordnung über gesundheitsbezogene Angaben wird verhindert, dass die Verbraucher durch nicht belegte oder irreführende Angaben getäuscht werden. Gleichzeitig enthält sie harmonisierte Vorschriften, die einen freien Warenverkehr auf dem Binnenmarkt ermöglichen werden. Außerdem wird ein klares Regelungsumfeld geschaffen, gleiche Bedingungen für die Wirtschaftsakteure, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, und die Verordnung wird Investitionen in innovative Ernährungspraktiken fördern. So sind jetzt beispielsweise zusätzlich zur Liste der zulässigen nährwertbezogenen Angaben oder zur Liste der Angaben über den ernährungsphysiologischen Status über ein Genehmigungsverfahren Angaben über die Verringerung eines Krankheitsrisikos möglich, was bisher untersagt war.

Diese harmonisierten Vorschriften werden also für die europäische Lebensmittelindustrie von großer Bedeutung sein; durch das Verfahren, das wir in dem Rechtsakt angenommen haben, gewährleisten wir aber auch den Verbraucherschutz. Darüber hinaus sieht der Kompromiss für gesundheitsbezogene Angaben, die auf neuen wissenschaftlichen Daten beruhen, jetzt ein einfacheres und schnelleres Verfahren vor, um Innovationen im Lebensmittelbereich anzukurbeln. Das Parlament wird die Bemühungen sicher anerkennen, die sowohl die Kommission als auch der Rat in diesem Punkt unternommen haben.

Bei den Nährwertprofilen, die bereits beschrieben wurden, handelt es sich um Produkte, die mit entsprechenden verbrauchsfördernden Angaben den Verbrauchern gegenüber als besser erscheinen sollen. Deshalb brauchen wir dafür geeignete Kriterien. Das Nährwertprofil ist ein gutes Kriterium, dass man verwenden könnte, und mit dem vorgeschlagenen Kompromiss kann man flexibel vorgehen, um die Beantragung und Verwendung dieser Angaben zu vereinfachen.

Im Zusammenhang mit diesem Kompromiss möchte ich folgende Erklärung abgeben:

„Die Kommission verpflichtet sich, bei der Festlegung der in Artikel 4 Absatz 1 genannten Nährwertprofile im Wege des Verfahrens im Regelungsausschuss den vorgeschlagenen Kommissionsmaßnahmen, die dem Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit übermittelt werden, eine Erläuterung der Kriterien beizufügen, die für die Festlegung der Nährwertprofile herangezogen werden.“

Wie gesagt, halte ich dies für einen guten Kompromiss, der den Interessen aller Beteiligten gerecht wird.

Auch bei der Verordnung über den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie bestimmten anderen Stoffen haben wir einen guten Kompromiss erreicht. In Verbindung mit diesem Kompromiss möchte ich folgende Erklärung abgehen:

„Ausgehend von ihrer Erklärung zur Annahme des Gemeinsamen Standpunkts beabsichtigt die Kommission, so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Jahren nach Annahme der Verordnung, einen Vorschlag für die Überarbeitung der Richtlinie 90/496/EWG über die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln vorzulegen. In diesem Zusammenhang beabsichtigt die Kommission, eine Überprüfung der Regelung zur Bedeutung der Formulierung „signifikante Menge“ laut Anhang dieser Richtlinie in Erwägung zu ziehen.“

Ich hoffe sehr, dass das Parlament diesem Kompromisspaket zustimmt, das die Aspekte der Zusammensetzung von Lebensmitteln regelt und die Sicherheit des Produkts gewährleistet. Zudem werden damit geeignete spezielle Vorschriften für die Kennzeichnung, Aufmachung und Werbung bei Lebensmitteln eingeführt und gleichzeitig die Grundlagen für eine Kontrolle und, falls notwendig, Regulierung des Zusatzes von bestimmten anderen Stoffen gelegt, wie die Berichterstatterin bereits erläutert hat.

Damit wird ein hohes Schutzniveau für die Volksgesundheit und den Verbraucherschutz gewährleistet und zugleich für die Industrie ein stabiles, präzises und klares Regelungsumfeld geboten, das Innovation ermöglicht und der Notwendigkeit, auf gemeinschaftlicher und internationaler Ebene wettbewerbsfähig zu bleiben, gerecht wird.

Abschließend möchte ich den beiden Berichterstatterinnen und allen anderen danken, die an diesem Kompromiss mitgewirkt haben. Ich freue mich auf eine interessante Aussprache.

 
  
MPphoto
 
 

  Renate Sommer, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Drei Jahre haben wir gegen dieses Gesetz gekämpft, und wir hatten zwischenzeitlich gute Etappensiege errungen. Tatsächlich bleibt uns morgen aber nur noch die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub. Wir müssen dem Kompromisspaket aus dem informellen Trilog zustimmen, obwohl es uns überhaupt nicht gefällt, Herr Kommissar. Denn sonst fallen wir auf den Gemeinsamen Standpunkt des Rates zurück, und der ist ja genau so horribel wie der ursprüngliche Entwurf der Kommission. So sind doch die Fakten!

Weiterhin handelt es sich bei diesem Gesetz – auch mit diesem Kompromiss – um eine Entmündigung des Bürgers: eine Einteilung der Lebensmittel in gute und schlechte mittels sagenumwobener Nährwertprofile. Bis heute – nach drei Jahren Diskussion – ist die Kommission nicht in der Lage, auch nur ein grobes Konzept für diese Profile vorzulegen. Wir sind also morgen gezwungen, für etwas zu stimmen, was es de facto nicht gibt! Ist das verlässliche Politik, zu der wir da gezwungen werden?

Die Wissenschaft sagt – und Frau Kollegin Poli Bortone, da stimme ich mit Ihnen nicht überein –, der ganze Ansatz ist unsinnig, denn Lebensmittelwerbung ist eben nicht verantwortlich dafür, dass die Menschen immer dicker werden. Das ist ein ganz komplexes, ein gesamtgesellschaftliches Problem. Das beseitigen Sie nicht durch Werbezensur. Wirklich falsch und für meine Begriffe auch dumm ist der Ansatz, das einzelne Lebensmittel bewerten zu wollen. Essen Sie denn den ganzen Tag trockene Cornflakes? Ich tue es nicht.

Aber ganz verloren haben wir nicht – und darauf bin ich ein bisschen stolz –, nicht zuletzt durch unsere Opposition. Kollegin Poli Bortone hat aufgezählt, was wir alles errungen haben. Wir haben insbesondere auch die Frischprodukte gerettet. Man hätte ja nicht einmal sagen dürfen, dass Obst gesund ist, ohne einen wissenschaftlichen Test für die jeweilige Obstsorte zum Zeitpunkt ihres Verkaufs zu liefern. Das zeigt doch die Lächerlichkeit des gesamten Ansatzes! Und das Hustenbonbon haben wir auch gerettet. Peinlich, dass man das machen muss. Wir haben auch Rettungsklauseln für KMU eingebaut. Peinlich, dass wir das müssen, dass es Gesetze gibt, die so etwas nötig haben. Das straft doch alle Sonntagsreden Lügen! Gerade hat Herr Verheugen wieder eine gehalten. Die KMU werden unter diesem Gesetz leiden. Es wird Arbeitsplätze kosten. Es wird Gesetze vernichten. Es wird dem Verbraucher keinen Zusatznutzen bringen, weil es die Dickleibigkeit nicht zurückdrängt und weil wir bereits Gesetze haben, die den Verbraucher vor irreführender Werbung schützen.

Rat und Kommission wissen das alles, aber sie standen wie eine Betonwand gegen dieses Parlament – im engsten Schulterschluss, wie ich ihn so noch nicht erlebt habe. Ich habe den Eindruck, der Rat ist voll in der Hand der Beamten der Kommission, in der Hand von Beamten, die selbst immer mehr Politik machen wollen, durch nichts und niemanden legitimiert, aber gut bezahlt vom Bürger; nicht kontrolliert, aber gut bezahlt vom Bürger. Und der Bürger muss im Endeffekt die Zeche zahlen. Der Bürger muss dieses Gesetz mit dem Verlust von Arbeitsplätzen bezahlen. Dieses Gesetz ist genau das Gegenteil von dem, was in diesen schönen Reden der Kommission immer gesagt wird: Bürokratieabbau, bessere Rechtsetzung, Lissabon-Agenda usw. Dieses Gesetz ist dazu geeignet, die Europaskepsis unserer Bürger massiv zu steigern!

Ich meine, das darf man nicht zulassen, und wir müssen morgen zustimmen, sonst bekommen wir etwas ganz Schreckliches. Das habe ich am Anfang gesagt. Aber ich bin davon überzeugt, dass man gegen diesen bürokratischen Wahnsinn noch irgendetwas unternehmen kann. Ich werde die deutsche Bundesregierung auffordern zu prüfen, ob sie nicht gegen diese Verordnung Klage einreichen kann.

 
  
MPphoto
 
 

  Dorette Corbey, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Zunächst danke ich Frau Poli Bortone. Ich denke, wir haben mit ihr, mit dem Rat und untereinander einen sehr guten Kompromiss erzielt. Mein Dank geht auch an Frau Sommer und an die anderen Fraktionen, die hieran mitgearbeitet haben.

Viele Verbraucher sorgen sich um ihre Gesundheit, um ihren Cholesterinspiegel und den Blutdruck oder haben mit Übergewicht zu kämpfen. Die Lebensmittelindustrie macht sich dies zunutze. Es gibt einen Wildwuchs an allerlei Arten von Angaben. Heute Morgen aß ich ein Brot, das gut für meine Darmflora ist, bestrichen mit Butter, die meinen Cholesterinspiegel senkt, und dazu ein Ei, das viel Omega-3 enthält. Perfekt ... zumindest denke ich das, denn ich weiß es nicht.

Die Verbraucher wissen nicht, ob die Angaben der Hersteller wahr sind, und deshalb ist die Festlegung in diesem Legislativvorschlag, dass die gesundheitsbezogenen Angaben der Lebensmittelhersteller wissenschaftlich erwiesen sein müssen, von so wesentlicher Bedeutung. Wir müssen eine Irreführung der Verbraucher verhindern. Die Verbraucher sind häufig bereit, für ein Produkt, das den Angaben zufolge ihrer Gesundheit nützt, mehr zu bezahlen, aber sie sollten sich dann auch darauf verlassen können, dass dies wirklich so ist.

Irreführende Werbung ist bereits verboten, die Beweislast lag jedoch bisher bei den Behörden. In der Praxis funktioniert das natürlich nicht. Es ist den Behörden nicht möglich, permanent Angaben auf Verpackungen zu prüfen und dann zu beweisen, dass diese nicht der Wahrheit entsprechen. Die Verbraucher werden von diesem Vorschlag profitieren, da die Lebensmittelhersteller in allen 25 Ländern künftig ehrliche Informationen geben müssen.

In der ersten Lesung hat das Parlament dem Druck der Unternehmen, die befürchteten bloßgestellt zu werden, nachgegeben. Es sind Unternehmen, die die Verbraucher bewusst durch eine falsche Darstellung täuschen, und da können sie in keiner Weise auf mein Mitgefühl zählen. Keine Profite auf dem Rücken von Menschen, die sich um ihr Gewicht oder ihre Gesundheit sorgen. Der Binnenmarkt darf kein Freibrief für die Irreführung von Verbrauchern sein. Glücklicherweise spiegelt der Kompromiss dies weitestgehend wider.

Die Täuschung geschieht in vielerlei Gestalt. Artikel 4 zufolge dürfen gesundheitsbezogene Angaben nur für Produkte gemacht werden, die einem bestimmten Profil entsprechen. Ich möchte Frau Sommer versichern, dass diese Nährwertprofile durchaus bestehen. Sie werden in den Vereinigten Staaten verwendet. Alle großen Unternehmen arbeiten damit, und es funktioniert sehr gut. Es ist auch angebracht, dass nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben nur auf Produkten angebracht werden dürfen, die grundsätzlich gesund sind. Denn der fette Hamburger wird nicht plötzlich ein gesundes Nahrungsmittel, indem ein paar Vitamine hinzugefügt werden, ebenso wenig wie der zuckerhaltige Lutscher durch Zugabe von Vitamin A.

Mit dem Kompromiss werden gesundheitsbezogene Angaben über alkoholische Getränke abgelehnt. Derartige Angaben sind nur erlaubt, wenn die Getränke einen niedrigen Alkoholgehalt haben oder kalorienreduziert sind. Wenn man alle Probleme im Zusammenhang mit Alkoholismus, einschließlich Leberschäden und Hirnschäden, betrachtet, fällt es schwer, gesundheitsbezogene Angaben über alkoholische Getränke zuzulassen. Glücklicherweise waren alle Parteien bereit, diesen Vorschlag letztlich zu unterstützen.

In der ersten Lesung klang an, der Vorschlag sei unnötig bürokratisch. Diesem Standpunkt hatte sich auch unsere Fraktion angeschlossen, obgleich wir auch ausreichende Garantien für adäquate Verfahren wollten. Diese sind nun vorhanden. Für Angaben, die sich an Kinder richten, und für Angaben, die verringerte Krankheitsrisiken betreffen, gilt jetzt ein aufwändiges Zulassungsverfahren. Unsere Fraktion steht hinter den Verbrauchern und hinter Unternehmen, die gute Absichten verfolgen. Diese Verordnung gewährleistet, dass die Verbraucher ehrliche Informationen erhalten. Ich spreche die Hoffnung und die Erwartung aus, dass diese Verordnung einen Beitrag zu besseren Lebensmitteln und besserer Gesundheit leistet. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
MPphoto
 
 

  Mojca Drčar Murko, im Namen der ALDE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Mit diesem Vorschlag für eine Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben sollen die europäischen Rechtsvorschriften in diesem Bereich harmonisiert werden. Dabei sollten zwei Elemente miteinander verbunden werden: erstens die Einführung der allgemeinen Regel, dass im Interesse der Verbraucher die nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben klar, genau und sinnvoll sein müssen; zweitens der Schutz von Herstellern, die wahrheitsgetreue Angaben machen, vor unfairen Wettbewerbern.

Nach einer sehr kontroversen Debatte haben wir jetzt ein Kompromisspaket zur zweiten Lesung. Wird es den ursprünglichen Zielen gerecht? Wir glauben ja. Vielleicht sind wir nicht vollkommen glücklich mit dem Ergebnis, aber wir müssen ja verschiedene Interessen berücksichtigen, wie etwa die Befürchtungen kleiner und mittlerer Unternehmen, die Gefahr zu langer und zu bürokratischer Verfahren, die Interessen von Produzenten sowie genetische Deskriptoren – sofern das Hauptziel einer Verbesserung der Volksgesundheit beibehalten wird.

Einige Beschränkungen, die die Kommission vorgeschlagen hat, waren unklar und Auslegungssache. Um Rechtsunsicherheit zu vermeiden, hat das Europäische Parlament eine Vielzahl von Änderungen angenommen, mit denen Bestimmungen eingefügt werden, die die Anwendung der Verordnung einfacher gestalten sollen. Einige sind in das Kompromisspaket eingeflossen, das von der ALDE-Fraktion wie auch anderen Fraktionen unterstützt wird.

Bei einem der beiden umstrittensten Punkte – Nährwertprofile und insbesondere die Ausnahmeregelung von Artikel 4 Absatz 2 – wurde nach unserer Auffassung ein tragfähiger Kompromiss erzielt. Deshalb befürworten wir die Formulierung des Änderungsantrags 17.

Das gilt auch für den Vorschlag zu Handelsmarken und Markennamen und für Artikel 4 Absatz 3 zu nährwertbezogenen Angaben über Alkohol, wo festgelegt ist, dass gesundheitsbezogene Angaben, die Botschaften der nationalen Behörde oder der Gemeinschaft bezüglich der Gefahren des Alkoholmissbrauchs unterstützen, nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen sollten.

Dies ist ein gutes Resultat. Ich möchte ganz besonders Frau Poli Bortone für ihre erfolgreiche Arbeit danken.

 
  
MPphoto
 
 

  Jill Evans, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Ich danke den beiden Berichterstatterinnen, Frau Scheele und Frau Poli Bortone, für all die Arbeit, die sie zu diesen beiden wichtigen Berichten geleistet haben. Wie bei den anderen Rednern gelten auch meine Anmerkungen dem Bericht über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben.

Es handelt sich hier um ein Thema, bei dem ich mit Freude feststellen kann, dass das Parlament eine großartige Kehrtwende vollzogen hat. Vor einem Jahr um diese Zeit hat dieses Hohe Haus mehrheitlich dafür gestimmt, der Argumentation der Industrie zu folgen, und Elemente gestrichen, die für die Wirksamkeit dieser Rechtsvorschrift unbedingt notwendig waren. Der Zweck des gesamten Vorschlags wurde fast völlig ausgehöhlt, aber jetzt, in der zweiten Lesung, haben wir es geschafft, eine Kompromissvereinbarung zu erzielen, wie die Berichterstatterin sagte, mit der zentrale Aspekte wieder aufgenommen werden und wir unserem ursprünglichen Anliegen wesentlich näher kommen: falsche und irreführende gesundheits- und nährwertbezogene Angaben über Lebensmittel zu ächten, die die Verbraucher täuschen und glauben machen, dass diese Lebensmittel gut für sie sind, obwohl sie es nicht sind.

Die Verts/ALE-Fraktion befürwortet das System der Genehmigung von Angaben mit einem wirksamen und effektiven Verfahren. Wir sind für eine klare Kennzeichnung, die Beteiligung der Verbraucher, ein Verbot von gesundheits- und nährwertbezogenen Angaben auf alkoholischen Getränken, wie andere bereits erwähnten, und viele andere der Punkte, über die wir morgen abstimmen werden. Diese neue Rechtsvorschrift wird für das Alltagsleben der Menschen sehr viel verändern, weil Lebensmittel eine durchaus politische Angelegenheit sind. Was kann politischer sein als dass die Menschen darüber entscheiden können, welche Lebensmittel sie verzehren?

Die Menschen haben das Recht, darauf zu vertrauen, dass die Etiketten auf Lebensmitteln wahrheitsgetreu sind. Das ist nicht nur eine Frage der Ehrlichkeit aufseiten der Lebensmittelunternehmen; es ist auch eine Frage der Gesundheit. Heutzutage sind sich die Menschen viel stärker der Notwendigkeit einer gesunden und ausgewogenen Ernährung bewusst und achten sehr viel mehr darauf, was für Lebensmittel sie kaufen. Lebensmittelhersteller geben tausendmal mehr für das Marketing aus als Regierungen für den Kampf gegen Adipositas. Es ist Zeit, dass wir dieses Missverhältnis ausgleichen, und die Verschärfung dieser Vorschriften trägt dazu bei.

 
  
MPphoto
 
 

  Kartika Tamara Liotard, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Nach den skandalösen Ergebnissen der ersten Lesung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel erhält das Parlament nun ein zweite Chance. Die hartnäckige Lobby der Lebensmittel- und vor allem der Getränkeindustrie scheint dieses Mal weniger effektiv gewesen zu sein. Oder schämen sich die Mitglieder vielleicht nur, dass der Rat dieses eine Mal fortschrittlicher war als das Parlament? Der jetzt vorliegende Kompromissvorschlag enthält einige wertvolle Punkte, das Verbot gesundheitsbezogener Angaben über alkoholische Getränke gehört eindeutig dazu. Die Nährwertprofile sind wieder da und werden hoffentlich zumindest die skandalösesten gesundheitsbezogenen Angaben verhindern.

Leider wird der Schutz der Verbraucher vor falschen Angaben bei weitem nicht wasserdicht sein. Es gibt noch viele Lücken im Gesetz, die unrichtige Angaben ermöglichen. Des Weiteren habe ich ernsthafte Zweifel an der sehr einflussreichen Rolle, die die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit spielen wird, deren Unabhängigkeit regelmäßig mit einem Fragezeichen versehen wird. In anderen Bereichen, beispielsweise GVO und Aspartam, übernimmt die EFSA doch sehr gerne den Standpunkt der Industrie.

Wie unvollkommen dieser Vorschlag auch sein mag, so stellt er doch auf jeden Fall eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem traurigen Resultat der ersten Lesung dar. Außerdem laufen wir ohne einen Kompromiss Gefahr, dass sich dieses Thema noch jahrelang hinzieht. Da es inakzeptabel ist, die Verbraucher so lange in der Ungewissheit zu lassen, wird meine Fraktion den Kompromissvorschlag unterstützen.

 
  
MPphoto
 
 

  Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich möchte Frau Scheele und Frau Poli Bortone meinen Dank für ihren Beitrag zu diesen beiden Vereinbarungen im Entwurfsstadium aussprechen.

Was den Bericht über Zusatzstoffe betrifft, so bedauere ich, dass es durch diese Übereinkunft hier im Plenum nicht mehr möglich sein wird, den Nutzen und die Notwendigkeit bestimmter Zusatzstoffe auszudiskutieren. Der Nutzen einiger Stoffe wurde zwar deutlich bewiesen, ich habe jedoch meine Zweifel hinsichtlich des Zusatzes von Fluor beispielsweise. Dies ist auch einer der Gründe, weshalb ein Teil meiner Fraktion diese Vereinbarung nicht unterstützen wird.

Zu den nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben möchte ich anmerken, dass ich dem bei der Verhandlung erzielten Ergebnis zustimmen werde. Durch die Änderungsanträge dieses Hauses in der ersten Lesung wurden bereits zahlreiche Punkte im Gemeinsamen Standpunkt verbessert. Ich weise auf die Möglichkeit für Unternehmen hin, im eigenen Mitgliedstaat Anträge auf eine Verkürzung der Fristen einzureichen.

Kommissar Kyprianou möchte ich fragen, bis wann die Europäische Kommission die Nährwertprofile voraussichtlich fertig gestellt haben wird und welche Rolle das Europäische Parlament nach Ansicht der Kommission bei der Formulierung dieser Profile spielen könnte. Abschließend möchte ich hinzufügen, dass ich die Vereinbarung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel voll unterstütze und hoffe, dass dies in den Mitgliedstaaten inhaltlich weiter ausgebaut werden kann, damit die Verbraucher einen wirkungsvollen Schutz genießen können.

 
  
MPphoto
 
 

  Liam Aylward, im Namen der UEN-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Ich gratuliere meiner Fraktionskollegin, Frau Poli Bortone, herzlich dazu, dass diese Phase der Verhandlungen mit einem für die Verbraucher offenbar lohnenden Ergebnis erreicht wurde. Es war eine äußerst mühselige Aufgabe.

Zu einer Zeit, in der der EU-Durchschnittsbürger immer schwerer wird und inzwischen bis zu 27 % der Männer, 32 % der Frauen und erschreckenderweise ein Viertel der Kinder Europas fettleibig sind, begrüße ich aufrichtig die Initiative der Europäischen Union, der Adipositas mit einem ersten, sehr wichtigen Schritt zu Leibe zu rücken: die Beschäftigung mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel.

Viele zu lange schon werden Verbraucher von Marketing und Werbung beeinflusst, die zum großen Teil jeder Grundlage entbehren. Gegenwärtig sind die Verbraucher einer Flut von Marketingstrategien ausgesetzt, mit denen sie dazu gelockt werden sollen, Lebensmittelprodukte zu kaufen. Oft sind die nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben nicht vollkommen korrekt oder ehrlich. Eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung ist eine Voraussetzung für eine gute Gesundheit, und einzelne Produkte sind für die Gesamternährung von relativer Bedeutung.

Jetzt sind wir dabei, über ein System abzustimmen, mit dem die Verbraucher bei jedem Produkt Vertrauen haben können, wenn die nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben wissenschaftlich gesichert sind. Erkrankungen als Folge von Adipositas kostet den Steuerzahler jedes Jahr Millionen und bedeutet eine extreme Belastung für das Gesundheitswesen. Die mit Fettleibigkeit einhergehenden Gesundheitsprobleme sind hinreichend bekannt: Herzerkrankungen, Schlaganfälle, ein hoher Cholesterinspiegel und Diabetes führen die Liste an. Als übliche Ursachen werden übermäßiges Essen und Bewegungsmangel angeführt, aber das Problem geht noch viel weiter. Hier muss man unverzüglich handeln.

Dies ist nur die Spitze des Eisbergs für die Bürger Europas. Parallel zu klaren und abgesicherten nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben müssen wir auch eine allgemeine Informationskampagne über Ernährungsthemen und die Bedeutung gesunder Ernährungsgewohnheiten durchführen. Der Verbraucher von heute ist gezwungen, Mahlzeiten schnell zuzubereiten. Wir werden immer abhängiger von verarbeiteten Lebensmitteln. Ich begrüße auch die verstärkte Unterstützung für KMU. Ich bin sehr froh darüber, dass sie Hilfe und angemessene fachliche Anleitung und Instrumente erhalten werden, um ihnen zu gegebener Zeit zu helfen.

 
  
MPphoto
 
 

  Irena Belohorská (NI). – (SK) Ich möchte meiner Kollegin Poli Bortone für ihre Arbeit an dem Bericht über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben danken, der uns nun zur zweiten Lesung vorliegt.

Diese Richtlinie ist von überaus großer Bedeutung zu einer Zeit, da viele Menschen in Europa an Fettleibigkeit und Krankheiten leiden, die es nicht gäbe, wenn wir uns gesünder ernähren würden. Wir müssen die Verbraucher stärker sensibilisieren und den Schwerpunkt deshalb auf eine Kennzeichnung ohne irreführende Angaben legen. Sind Lebensmittel als kalorienarm ausgewiesen, so muss das auf Fakten beruhen, und die Verbraucher dürfen nicht irregeführt werden. Die Empfehlungen so genannter unabhängiger Ärzte oder Experten sind oftmals nur ein Werbetrick und entbehren jeder Grundlage. Nahrungsmittel mit einem hohen Gehalt an Kalzium, das das Knochenwachstum fördert, dürfen nicht als „gesund“ bezeichnet werden, wenn sie gleichzeitig große Mengen an Fett und Zucker enthalten. Ebenso wenig ist fettarmer Joghurt gesund, wenn er 100 Gramm Zucker enthält. Schokoladenaufstrich darf nicht als gesund für Kinder ausgewiesen werden, nur weil er viele Vitamine und Mineralstoffe enthält.

Die Verbraucher lesen die auf der Verpackung aufgelisteten Bestandteile und wählen die Lebensmittel oftmals nach diesen Angaben aus. Sie müssen durch die nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben korrekt informiert und dürfen nicht in die Irre geführt werden. Es liegt nicht in meiner Absicht, dass diese Produkte vom Markt genommen werden. Sie dürfen jedoch aufgrund fragwürdiger nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben nicht als gesunde Nahrungsmittel angepriesen werden.

Diese Verordnung bietet einen Anreiz für Innovationen. Die Hersteller sind gehalten, wirklich gesunde Lebensmittel zu produzieren und sollten daher bestrebt sein, den Fett-, Zucker- oder Salzgehalt in ihren Erzeugnissen zu reduzieren. Ich stimme der Berichterstatterin auch hinsichtlich Änderungsantrag 28 und 31 zu, in denen das Hauptaugenmerk auf Lebensmitteln für Kinder liegt, deren Kennzeichnung mit äußerster Sorgfalt zu prüfen ist.

 
  
MPphoto
 
 

  María del Pilar Ayuso González (PPE-DE).(ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich bin Schattenberichterstatterin zur Verordnung über Zusatzstoffe, und deshalb muss ich zunächst sagen, dass der Vorschlag der Kommission einigermaßen ausgewogen war. Dennoch hat Frau Scheele eine ausgezeichnete Arbeit geleistet, indem sie die Standpunkte zusammengeführt hat, und dazu möchte ich ihr gratulieren. Danken möchte ich auch dem Rat und der Kommission für ihre Bemühungen um das Zustandekommen einer Vereinbarung in zweiter Lesung.

Der Konsum angereicherter Lebensmittel in einer abwechslungsreichen Kost kann die Aufnahme von Nährstoffen ergänzen. Wichtig ist, dass diese Anreicherung auf wissenschaftlichen Kriterien beruht und die gesamte Agrar- und Ernährungsindustrie den gleichen Vorschriften mit dem kleinstmöglichen bürokratischen Aufwand unterliegt.

Das Ziel dieses Vorschlags ist die Harmonisierung der geltenden nationalen Bestimmungen, und meine Fraktion wendet sich daher gegen Vorschriften, die in einigen Ländern strengere Standards zulassen, es sei denn, sie sind aus Gründen der Volksgesundheit wissenschaftlich gerechtfertigt.

Ich halte es für richtig, dass die Vermarktungsfrist für bestimmte, bereits auf dem Markt befindliche Produkte ausgeweitet und ihre Kennzeichnung mit dem Datum des Inkrafttretens der Verordnung festgesetzt wurde.

Schließlich sei bemerkt, dass die uns angebotene Kost äußerst abwechslungsreich ist und wir die Fettleibigkeit durch Vorschriften und Kennzeichnungen nicht besiegen werden. Um dies zu erreichen, sollten wir vielleicht die TV-Fernbedienungen verbieten. Die Lösung ist viel komplizierter. Die Lebensmittel müssen gesund sein, und die Verbraucher müssen richtig informiert werden. Wirklich wichtig ist, dass jeder seine Kost entsprechend seinem Lebensstil wählt. Deshalb steht vielmehr die Erziehung im Vordergrund und nicht die Rechtsvorschriften, die wir verabschieden könnten, um der Fettleibigkeit ein Ende zu bereiten.

Was den Bericht von Frau Poli Bortone angeht, so haben sie und die Schattenberichterstatter, insbesondere Frau Sommer, eine ausgezeichnete Arbeit geleistet. In der Begründung dieses Vorschlags für eine Verordnung wird Nachdruck auf das Fehlen spezifischer Gemeinschaftsvorschriften als einen der wichtigsten Gründe für die Verabschiedung dieser neuen Verordnung gelegt, und ich stimme dem zu.

Doch der Wein beispielsweise ist ein Agrarprodukt, das von einer sehr gründlichen gemeinsamen Marktorganisation geregelt wird, die Ernährungs- und Gesundheitshinweise auf dem Etikett verbietet, die die Werbung reguliert, die Promotion und absolut alles reguliert. Deshalb gibt es keine Rechtfertigung für die Regulierung von Dingen, die bereits reguliert sind; das würde die Verbraucher nur noch mehr verwirren und die Gesetzgebung noch weiter komplizieren, ganz zu schweigen von den Komplikationen, die dies für die Produktionsunternehmen mit sich bringt. Der Wein darf nicht unter diese Verordnung fallen, und ich kann nicht verstehen, warum Erzeugerländer wie Spanien, Frankreich oder Italien diese Argumente im Rat nicht zur Sprache gebracht haben.

Ich bedaure auch, dass wir die Gelegenheit verpasst haben, die Anhänge zu ändern. Abschließend möchte ich einfach meine volle Zustimmung zu allem, was Frau Sommer sagte, zum Ausdruck bringen.

 
  
MPphoto
 
 

  Åsa Westlund (PSE).(SV) Auch ich möchte den Berichterstatterinnen, Frau Scheele und Frau Poli Bortone, den Schattenberichterstattern, der Kommission und dem Rat für die geleistete Arbeit danken, durch die wir eine Vereinbarung erhalten haben, zu der wir morgen Stellung nehmen können. Diese wird es den Verbrauchern wesentlich erleichtern, eine Wahl im Sinne der Gesundheit zu treffen, da sie Zugang zu genaueren und umfassenderen Informationen erhalten.

Viele von uns haben sicherlich auch schon Frühstücksflocken, Brot oder Joghurt gekauft, die uns im Laden ausgesprochen gesund erschienen. Zuhause haben wir dann entdeckt, dass der Joghurt vielleicht zwar kein Fett, dafür aber große Mengen Zucker enthielt. Es ist kein Zufall, dass viele von uns schon in seiner solchen Situation gewesen sind. Die Unternehmen wissen, dass wir gesundheitsbewusste Entscheidungen treffen wollen und tun daher alles, um die Lebensmittel als gesund erscheinen zu lassen, auch wenn sie manchmal vielleicht genau das Gegenteil sind. Eine weit verbreitete Methode ist, dass die Hersteller eine einzelne Zutat auswählen, die von den Verbrauchern als gesund angesehen wird, und sie dann mit dicken großen Buchstaben hervorheben, während beispielsweise über den Zucker- und Fettgehalt in mikroskopisch kleiner Schrift informiert wird.

Durch die Vereinbarung, über die wir morgen abstimmen werden, können wir dieser und vielen anderen Arten von irreführender Werbung ein Ende bereiten. Behauptungen über gesundheitliche Vorteile müssen wissenschaftlich bewiesen werden und dürfen nicht für Produkte verwendet werden, die in ihrer Gesamtheit der Gesundheit nicht förderlich sind. Wenn die Unternehmen zukünftig eine einzelne Zutat in einem Lebensmittel hervorheben wollen, die die Verbraucher als nützlich empfinden, darf das Produkt prinzipiell keinen zu hohen Gehalt an Zucker, Fett, Salz oder Alkohol aufweisen.

Natürlich bleibt in Bezug auf diese Verordnung noch viel zu tun, und wir werden die zukünftige Arbeit daran genau verfolgen, insbesondere die Erarbeitung von Nährwertprofilen. Ich bin, wie viele meiner Fraktionskolleginnen und -kollegen, sehr stolz auf diese Vereinbarung, aber wir sind auch bereit, nötigenfalls neue Forderungen nach einer Verschärfung zu erheben.

 
  
  

VORSITZ: MIROSLAV OUZKÝ
Vizepräsident

 
  
MPphoto
 
 

  Frédérique Ries (ALDE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wenn alles gut geht, wird unser Parlament morgen grünes Licht für diese beiden neuen Verordnungen im Lebensmittelbereich geben.

Mit der einen soll etwas Ordnung in das Chaos bei Lebensmitteln und Getränken gebracht werden, die beispielsweise mit Vitaminen angereichert werden. Mit der anderen sollen nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, die verstärkt auf diesen Erzeugnissen erscheinen, unter bestimmten Umständen genehmigt oder verboten werden.

Es geht hier um zwei Vorschläge, die sich direkt an die Bürger wenden und sie bei der Kaufentscheidung konkret über die Zuverlässigkeit dieser Angaben informieren. Der BEUC weist darauf hin, dass 60 % der Verbraucher glauben, ein stark kalziumhaltiges Erzeugnis könne nur vorteilhaft für eine ausgewogene Ernährung sein, was nicht unbedingt richtig ist. Der einzige Weg, keinen Fehler zu begehen, besteht eigentlich darin, die vollständige Zusammensetzung eines Lebensmittels oder Getränkeerzeugnisses zu kennen, seinen Zucker-, Salz- und Fettgehalt. Daher brauchen wir ein Nährwertprofil, ein echtes Nährwertprofil und kein Schleuderpreisprofil. Dies wird uns in Form des Kompromisses 66 vorgeschlagen, der berühmten Offenlegungsklausel, die es allerdings ermöglicht, für die gleiche Verpackung sowohl rotes als auch grünes Licht zu geben. Für mich persönlich ist dies der Gipfel des Widerspruchs, ein Schritt hin zur größtmöglichen Irreführung des Verbrauchers, und in diesem Punkt stimme ich ausnahmsweise der Analyse unseres Berichterstatters nicht zu.

Ich werde mich bei dieser Frage also enthalten, um diesen Vorschlag nicht zu blockieren, der dringend ist.

Ich habe schon verschiedentlich gesagt, dass ich es ablehne, diesen Artikel 4 in irgendeiner Weise abzuschwächen, und Botschaften zuzulassen, mit denen die Vorteile von Alkohol gepriesen werden. Ich lehne daher sowohl Änderungsantrag 18 als auch Änderungsantrag 489 ab.

Ich möchte natürlich unseren beiden Berichterstatterinnen, Frau Poli Bortone und Frau Scheel, sowie der Kommission und dem Rat danken. Sie haben die Bedeutung dieser bürgerfreundlichen Rechtsvorschriften in vollem Umfang erfasst und dabei, wie gesagt wurde, die häufig zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen von KMU berücksichtigt sowie die Notwendigkeit, hier im Parlament für das Allgemeininteresse zu arbeiten und bestimmten Einzelinteressen zu widerstehen.

Ich glaube, Frau Sommer hat in einem Teil ihrer Ausführungen den Ton der Aussprache vorgegeben, als sie eine meines Erachtens harsche und ungerechtfertigte Kritik an der Arbeit der Kommission und unseres Kommissars übte. Erlauben Sie mir daher, abschließend zu sagen, dass wir mit europäischen Rechtsvorschriften, die auf der Internationalen Süßwarenmesse in Köln entworfen werden, nichts gewinnen können.

 
  
MPphoto
 
 

  Hiltrud Breyer (Verts/ALE). – Herr Präsident, lieber Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass mit dem Bericht Poli Bortone endlich wieder Vernunft ins Europäische Parlament einzieht und dass wir hoffentlich morgen grünes Licht und damit auch dem Verbrauchschutz endlich wieder Auftrieb geben.

Heute geht es um mehr Ehrlichkeit. Wollen wir zulassen, dass dem Konsumenten zu fette, zu süße oder zu salzige Lebensmittel untergejubelt werden und dass die Unternehmen gar mit Gesundheitsversprechen prahlen dürfen? Niemand will den Verkauf von Pommes, Cola oder Bonbons verbieten. Aber wir dürfen nicht zulassen, dass diese Lebensmittel noch den Deckmantel von Gesundheit und Wellness erhalten. Es geht auch nicht um Werbeverbote, sondern nur um neue Marketingregeln. Wir brauchen Mindeststandards, die Ehrlichkeit in der Vermarktung sichern. Harmonisierte Regeln schaffen Rechtssicherheit, und davon profitieren auch die Unternehmen.

Eine Befragung ergab, dass 70 % der Konsumenten den gesundheitsbezogenen Angaben der Hersteller vertrauen. Daher ist diese Verordnung eine Schlüsselgesetzgebung, nicht nur für mehr Transparenz im Verbraucherschutz, sondern auch für mehr Gesundheitsschutz. Derzeit leiden über 200 Millionen Erwachsene und 14 Millionen Kinder in der Europäischen Union an Übergewicht und Fettleibigkeit. Ernährungsbedingte Diabetes II nimmt dramatisch zu, insbesondere bei Kindern. Wir stehen vor dem Problem, dass Fettleibigkeit und Bewegungsmangel möglicherweise das Rauchen als Todesursache Nummer 1 in der Statistik ablösen werden. Von daher denken wir, dass auch dieser Kompromiss ein guter Kompromiss und ein gutes Paket ist. Ich hätte mir mehr Versachlichung und mehr Ehrlichkeit in dieser Debatte gewünscht. Allein in Deutschland haben wir mit 71 Milliarden Euro Folgekosten durch ernährungsbedingte Probleme zu kämpfen. Das macht deutlich, dass wir uns damit auseinandersetzen müssen.

Ich hoffe auch, dass die deutsche Bundesregierung nicht dem Vorschlag von Frau Sommer folgt und Klage einreicht. Jede Regierung, nicht nur die deutsche, die erst im Rat zustimmt und dann klagt, würde sich zu einer Lachnummer machen und an Glaubwürdigkeit verlieren. Ich hoffe also, dass wir morgen einen Meilenstein für mehr Verbraucher- und Gesundheitsschutz setzen.

 
  
MPphoto
 
 

  Adamos Adamou (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte die beiden Berichterstatterinnen beglückwünschen.

Während der ersten Lesung des Berichts über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel haben wir – als Europäisches Parlament – eine große Anzahl von Änderungsanträgen angenommen, die darauf abzielten, die Anwendung der derzeitigen Verordnung für die Verbraucher zu erleichtern.

Die Mehrheit hat sich gegen die Regelung der Nährwertprofile von Nahrungsmitteln ausgesprochen und Artikel 4 abgelehnt, wodurch die betreffende Verordnung beträchtlich geschwächt wurde.

Diese Verordnung sollte vor allem dazu dienen, den Verbrauchern die Bedeutung einer gesunden, ausgewogenen und harmonischen Lebensweise in stärkerem Maße bewusst zu machen. Aus diesem Grund sollten wir alle dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates zustimmen, weshalb ich ihn nach wie vor als Ausgangsposition befürworte. Angesichts der Schwierigkeit, einen Kompromiss zu erzielen, und da die europäischen Verbraucher eine solche Verordnung brauchen, appelliere ich an uns alle, zumindest das Paket von Kompromissänderungsanträgen zu unterstützen. Auf diese Weise sorgen wir dafür, dass die Verbraucher in Europa ordnungsgemäß informiert werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte den Herrn Kommissar darauf hinweisen, dass die irische Regierung meinem Volk seit 40 Jahren Mononatriumfluorphosphat als Massenmedikation verabreicht. Das dem irischen Wasser zugesetzte Fluorid ist ein giftiger Abfall. Die zugesetzten Mengen erscheinen zwar gering, doch sammelt es sich mit der Zeit im Körper an. Durch die Praxis der Wasserfluoridierung wurde die Gesundheit der Iren mit Erkrankungen wie Skelettfluorose geschädigt: Fluorid bindet Kalzium, vor allem in den Knochen. Es verursacht auch Erkrankungen wie Schilddrüsenüber- oder -unterfunktion; Fluorid wurde früher als Medikament zur Unterdrückung der Schilddrüsenfunktion verwendet. Es verursacht Dentalfluorose – eine Schädigung des Zahnschmelzes und Symptom für eine Fluoridvergiftung in der Kindheit. Eine Studie brachte unlängst zutage, dass 40 % der jungen irischen Erwachsenen eine dauerhafte und unansehnliche Marmorierung und Fleckenbildung auf ihren Zähnen aufweisen, die mit Zahnfluorose im Zusammenhang steht. Das sind nur einige der Schädigungen, die eine stetige Akkumulation von Fluorid für das irische Volk gebracht hat.

Bei einer Überprüfung der Politik der Wasserfluoridierung durch die irische Regierung vor ein paar Jahren wurde in 90 % der Eingaben der Bevölkerung ein Ende der Massenverabreichung gefordert. Das Fluorid, das wir in Irland verwenden, ist ein giftiger Abfall aus den Wäschern einer Kunstdüngerfabrik, die auch Gifte wie Quecksilber und Kadmium enthalten. Es ist undenkbar, dass wir in diesem Parlament zulassen, dass Fluorid – als Toxin – in eine Liste zulässiger Vitamine und Mineralstoffe aufgenommen wird. Es handelt sich weder um ein Vitamin noch um ein Mineral. In Lebensmitteln und Wasser ist es ein Fluch.

Um Verwechslungen auszuschließen: Fluorid in Zahnpasta und Mundwasser gilt als Kosmetikum und wird durch meinen Änderungsantrag nicht berührt. Darin geht es nur um Fluorid in Lebensmitteln und in Wasser. Ich bitte meine Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten inständig, dem irischen Volk zu helfen und für diesen Änderungsantrag zu stimmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Roberta Angelilli (UEN). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die so genannten funktionellen Lebensmittel, die mit Substanzen angereichert sind, die Gesundheit und Wohlbefinden der Verbraucher verbessern sollen, sind einer der innovativsten Bereiche mit den größten Wachstumsaussichten. Deshalb müssen eine Kontrolle derartiger Lebensmittel und vor allem eine Überprüfung der Angaben auf dem Etikett gewährleistet werden, die den Verbraucher anlocken, weil sie vorteilhafte Auswirkungen auf Ernährung und Gesundheit verheißen.

Der Kompromisstext garantiert eine transparente und vollständige Information der Verbraucher durch Lebensmitteletiketten und ermöglicht ihnen eine bewusste Ernährungsentscheidung. Diese Maßnahme war in Anbetracht der Auswirkungen der Werbung auf Kinder mehr als erforderlich. Die Werbung hat nämlich unmittelbaren Einfluss auf die Ernährungsvorlieben von Kindern und führt zu einer Änderung ihres Konsumverhaltens.

Darüber hinaus fanden die KMU dank der vom Parlament ergriffenen Maßnahmen die erforderliche Berücksichtigung. Sie müssen bei der Anpassung an die neuen, mit der Verordnung eingeführten Vorschriften unterstützt werden und können nun mit sicheren Zeiträumen für das Inverkehrbringen ihrer Erzeugnisse rechnen und sich darauf verlassen, dass sie bereits zugelassene Angaben verwenden dürfen.

Abschließend möchte ich der Berichterstatterin, Frau Poli Bortone, für ihre hervorragende und nicht immer ganz einfache Arbeit danken.

 
  
MPphoto
 
 

  Leopold Józef Rutowicz (NI). – (PL) Herr Präsident! Ich möchte dem Hohen Haus dafür danken, dass es dieses Thema aufgreift. Die Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel und die Verordnung über den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie bestimmten anderen Stoffen zu Lebensmitteln sind für den Verbraucherschutz von großer Bedeutung. Der Verbraucher wird damit in die Lage versetzt, beim Kauf von Lebensmitteln die richtige Entscheidung zu treffen. Mit diesen beiden Verordnungen werden die Bedingungen für einen fairen Wettbewerb zwischen den Produzenten und Lieferanten von Lebensmitteln verbessert. Sie ermöglichen eine gesündere Ernährung, die sich in einer besseren körperlichen Verfassung und Gesundheit niederschlägt. Die Annahme dieser Verordnungen wäre in meinen Augen ein Schritt in die richtige Richtung.

 
  
MPphoto
 
 

  John Bowis (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Bei der Aussprache vorhin ging es um die Überprüfung von Gesetzgebungsvorschlägen. Ich habe den Verdacht, dass dieser Vorschlag zu gesundheitsbezogenen Angaben vielleicht schon bei der ersten Hürde gefallen wäre, wenn so eine Überprüfung bereits in Kraft gewesen wäre. Im Grunde hat er ja fast die erste Hürde im Parlament nicht genommen, und darum beglückwünsche ich unsere Berichterstatterin und unsere Schattenberichterstatter, die zusammen mit den Bediensteten der Kommission daran gearbeitet haben, den ursprünglichen Vorschlag zu verbessern. Darum können wir den Kompromiss morgen unterstützen.

Doch wir regulieren nach wie vor im Dunkeln, wenn es um die Erstellung von Nährwertprofilen geht, und das ist kein guter Weg der Gesetzgebung. Wir wissen nicht, wie dies erreicht werden wird; wir wissen nicht, wie die EFSA das handhaben wird. Wir müssen uns darauf verlassen, dass Fachleute Klarheit schaffen, nachdem diese Maßnahme dieses Parlament verlassen hat, und was immer sie dann auch klären, es wird nicht wieder hier im Parlament zur Zustimmung landen, also ist das keine gute Gesetzgebung. Nichtsdestoweniger können wir wohl sagen, dass die Verbraucher – und ihr angestammtes Interesse ist das einzige, auf das es ankommt – Vertrauen in die Terminologie der Angaben haben wollen, wie etwa hoher Salzgehalt, hoher Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren und dergleichen. Wir wollen sicherstellen, dass negative Eigenschaften nicht mit positiven Aussagen überspielt werden, und wir wollen sicherstellen, dass das Gesamtbild ehrlich dargestellt wird. Letztlich muss jede Angabe vor Gericht der wissenschaftlichen Grundlage standhalten, auf der sie angeblich beruht.

Meines Erachtens haben wir also bei diesen Punkten Fortschritte gemacht. Wir haben einige Anomalien bei den gesundheitsbezogenen Angaben gestrichen – nicht zuletzt, wenn ich das hier sagen darf, bei Ale Light, bei dem mit dieser Bezeichnung ebenso wenig behauptet wird, dass es den Verbraucher damit „leicht“ macht, wie bei Hustenbonbons nicht behauptet wird, dass man damit dann husten werde. Wir hoffen, dass der Rat unseren Änderungsanträgen zustimmt, denn wir wollen sinnvolle Informationen in einem sinnvollen Format, sodass am Ende die Menschen eine bessere Chance haben, eine gesunde Ernährung zu wählen und dadurch ihre eigene Gesundheit und die ihrer Familien zu verbessern.

 
  
MPphoto
 
 

  Linda McAvan (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte mich zum Bericht von Frau Poli Bortone äußern. Ich begrüße diese Rechtsvorschrift, weil wir sie brauchen. Sehen Sie sich doch nur einmal in den Supermarktregalen um, was da auf so vielen Produkten steht, einschließlich einer wachsenden Palette von Süßwaren – einige dieser Angaben sind, offen gesagt, absurd.

Wir haben heute Abend wieder einige in diesem Hohen Hause gehört, die behaupten, wir bräuchten diese Rechtsvorschrift nicht, da der Staat hier wieder mal überfürsorglich handelt. Aber was in aller Welt kann denn verkehrt daran sein, wenn man Hersteller, die gesundheits- und nährwertbezogene Angaben machen, dazu auffordert, für diese Angaben wissenschaftliche Beweise vorzulegen?

Einer Umfrage zufolge, die unlängst vom nationalen Verbraucherverband „Which“ in meiner Region durchgeführt wurde, wollen 99 % der Befragten, dass gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel überprüft werden, bevor die Lebensmittel in den Verkauf gehen. Viele sind sogar ganz überrascht, wenn sie erfahren, dass diese Angaben nicht ordnungsgemäß überprüft werden.

Es wurde hier viel über Artikel 4 gesprochen und gesagt, dass wir ihn nicht brauchen, dass das Erstellen von Nährwertprofilen nicht möglich ist. Natürlich lassen sich Nährwertprofile erstellen: Fachleute haben das getan, und es wird in den USA getan. Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, dass dieses oder jenes verboten wird. Nichts wird verboten, aber nicht mehr möglich wird es sein, eine Angabe für einen Lebensmittelstoff aufzuführen, wenn dieser eindeutig keine gesunde Alternative für die Menschen darstellt. Wie meine Kollegin Frau Westlund sagte, die Menschen haben es satt, so genannte fettarme Produkte zu kaufen und dann bei sorgfältigem Durchlesen herauszufinden, dass diese hohe Mengen an Zucker oder anderen Zutaten enthalten.

Diese Rechtsvorschrift bedeutet, dass alle Angaben auf genauen und soliden Beweisen beruhen müssen. Verantwortungsbewusste Einzelhändler und Hersteller, die ich getroffen habe, begrüßen das. Wir vergessen offenbar, dass wir ohne europäische Normen eine Fülle nationaler Normen haben werden, und das ist nicht gut fürs Geschäft. Das hier ist gut fürs Geschäft, es ist gut für die Verbraucher, und wir sollten es begrüßen.

 
  
MPphoto
 
 

  Holger Krahmer (ALDE). – Herr Präsident! Nachdem der Rat das unmissverständliche Votum des Parlaments zu den health claims in der ersten Lesung ignoriert hat, kommen wir jetzt doch noch zu einem Kompromiss, dem ich – wenn auch nur zähneknirschend – zustimmen werde, denn wie Frau Sommer richtig sagte, haben wir jetzt praktisch die Wahl zwischen einem großen und einem kleineren Übel.

Konkret zu zwei strittigen Punkten: Ich bin der Meinung, dass Handelsmarken einer anderen Gesetzgebung unterliegen, anderswo geregelt sind und hier nichts zu suchen haben. Zu den Nährwertprofilen: Durch den Kompromiss konnte die absolute Verbotswirkung der Profile zwar vermieden werden, aber von der richtigen Streichung, die wir in der ersten Lesung vorgenommen haben, sind wir weit entfernt. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass die Nährwertprofile ein fehlgeleitetes Konzept sind.

Fettleibigkeit und Übergewicht sind sehr ernst zu nehmende Probleme. Die emotionalen Debatten darüber werden uns spätestens mit dem Grünbuch zur Förderung gesunder Ernährung wieder einholen. Ich möchte an dieser Stelle kurz vorgreifen: Werbung macht nicht dick. Die Ursachen von Fettleibigkeit sind vielfältig und höchst komplex, und die Lösung liegt nicht im Erlassen weiterer Verbote. Wir sollten die Lösung nicht gegen, sondern mit der Lebensmittelwirtschaft suchen.

 
  
MPphoto
 
 

  Thomas Wise (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Dies ist nur ein weiterer Rechtsakt, mit dem die Macht der EU über die Mitgliedstaaten verstärkt werden soll. Wir haben doch schon die Richtlinie 2002/46/EG, die sichere Höchstmengen für Nahrungsergänzungsmittel verlangt. Diese Grenzwerte sind jedoch noch nicht veröffentlicht worden. Ein besseres Beispiel für die Unfähigkeit der EU lässt sich wohl kaum finden.

Trotzdem fährt der Moloch EU mit seiner anmaßenden Gesetzgebung fort, die ja nur dazu dient, mittelständische Unternehmen zu zerstören, und die dem Verbraucher die Entscheidungsfreiheit nimmt.

Das Vereinigte Königreich hat genug von dieser fehlgeleiteten Einmischung. Zurzeit durchläuft die die Gesetzesvorlage eines Abgeordneten Westminster, in der gefordert wird, dass das Vereinigte Königreich von der Richtlinie befreit wird, die ich im Zusammenhang mit Nahrungsergänzungsmitteln genannt habe. Ich hoffe, die Vorlage kommt durch und setzt damit einen Präzedenzfall, der im Vereinigten Königreich den Anfang vom Ende der Geltung dieser nachteiligen und unnötigen Regelungen sein wird. Das wäre ein bedeutender Schritt auf dem Weg zum Rückzug des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union.

 
  
MPphoto
 
 

  Horst Schnellhardt (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar! Wenn man den Ausgangspunkt zu der jetzigen Verordnung betrachtet, nämlich der Fettleibigkeit zu Leibe zu rücken und gesunde Ernährung zu propagieren, so kann man dem ja nur zustimmen. Aber was hier vorgelegt wurde, ist doch eigentlich nur gekennzeichnet durch hohe Bürokratie; es ist wenig zielführend und hat eigentlich nur folgende Aussagen: Es gibt schlechte Lebensmittelhersteller, es gibt unmündige Verbraucher, es gibt schlechte und gute Lebensmittel, und die schlechten enthalten Salz, Fett und Zucker. Dies soll nun durch Nährwertprofile korrigiert werden.

Herr Kommissar, wenn Sie den Vorschlag des Parlaments aus der ersten Lesung wirklich zur Kenntnis genommen hätten, dann hätten Sie mit diesem Vorschlag all diese hohen Ziele, die ich unterstütze, erreichen können, und zwar ohne Bürokratie, ohne Belastung. Denn diese Nährwertprofile – ich kann sie mir nicht vorstellen. Und ich höre auch immer noch die Aussage von Herrn Podger von der Lebensmittelsicherheitsbehörde, der ganz klar gesagt hat, er weiß nicht, wie er solche Profile erstellen soll. Deswegen bedeutet dieser Vorschlag eine Gesetzgebung im Dunkeln, fernab von jeder Realität, fernab gesellschaftlicher Prozesse und fernab vom Bürger. Es wird sehr, sehr schwierig sein, dieses bürokratische Werk dem Bürger zu erklären.

Natürlich kann man hingehen und sagen, man wird jetzt nur noch wissenschaftlich untermauerte Angaben haben. Das will ja auch jeder, aber das wird uns mit dieser Gesetzgebung nicht gelingen. Deswegen ist es eigentlich nicht sehr gut, dass wir diese Gesetzgebung in dieser Form verabschieden. Und es war nicht gut, dass die Kommission und der Rat genau den gleichen Vorschlag in der zweiten Lesung wieder vorgelegt haben, denn der erste Ansatz des Parlaments nach der ersten Lesung war ja die Grundlage für eine weiterführende, zielgerichtete Diskussion. Was wir jetzt betreiben, ist Unterdrückung von Wettbewerb und Marktwirtschaft. Ich glaube, das tut unserer Gesellschaft nicht gut.

 
  
MPphoto
 
 

  Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Die Verordnung über den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie bestimmten anderen Stoffen zu Lebensmitteln ist ein überaus wichtiger Rechtsakt und von erheblicher Tragweite für die Sicherheit und das Wohlbefinden der Verbraucher in der EU. Man muss Frau Scheele zu ihrer ausgezeichneten Arbeit an diesem Thema beglückwünschen. Glückwünsche gebühren auch Kommissar Kyprianou für seine aufgeschlossene und verantwortungsvolle Herangehensweise in dieser Angelegenheit.

Der Grund für meinen kurzen Beitrag ist, dass auch ich die Bioverfügbarkeit und die Festlegung von unbedenklichen Höchstgehalten für Vitamine und Mineralstoffe sowie eine genaue, aber voll verständliche Kennzeichnung und Information für Konsumenten für notwendig halte. Besonders in Bezug auf Letzteres müssen den europäischen Verbrauchern auf jeden Fall und unbedingt wissenschaftlich gesicherte und wahrheitsgemäße Informationen zur Verfügung stehen, die sie lesen und verstehen können. Das kann immerhin entscheidend sein, wenn sie sich selbst und ihre Familien vor der Aufnahme übermäßiger und potenziell schädlicher Mengen von Vitaminen und Mineralstoffen schützen wollen.

 
  
MPphoto
 
 

  Péter Olajos (PPE-DE). – (HU) Herr Präsident! Die Bürger Europas unternehmen verstärkte Anstrengungen, gesunde Lebensmittel zu essen, da sie sehen können, wie wichtig dies ist. Die Absicht allein reicht jedoch nicht aus, wenn sie nicht von geeigneten Informationen begleitet wird.

Heutzutage stehen die Verbraucher verloren vor der riesigen Vielfalt an Produkten und haben keine Alternative, als sich auf die Angaben der Hersteller zu verlassen, die bisweilen jeder Grundlage entbehren und häufig einseitig gefärbt sind. Wir, die Gesetzgeber, müssen gewährleisten, dass die Bemühungen der Bürger nicht vergeblich sind. Wir müssen dafür sorgen, dass die auf den Produkten genannten spezifischen Informationen dem Verbraucher tatsächlich dabei helfen, gesunde Nahrungsmittel auszuwählen. Zugleich sind wir auch dafür verantwortlich sicherzustellen, dass Rechtsvorschriften keine unmögliche Situation für die Lebensmittelhersteller und den Handel schaffen.

Der Verbraucherschutz ist ein Bereich, der dabei hilft, Europa den Bürgern näher zu bringen. Wenn er korrekt interpretiert und angewendet wird, kommt er auch den Herstellern zugute, denn er reduziert unlauteren Wettbewerb, hält Produkte schlechter Qualität vom Markt und stärkt letztlich das Vertrauen der Verbraucher. Dennoch birgt er auch die Gefahr, dass wir ihn bei inkorrekter Anwendung und Überregulierung – sozusagen durch Regelung der Krümmung der Banane – in den Augen der europäischen Bürger lächerlich erscheinen lassen könnten.

Deshalb müssen wir die goldene Mitte finden, in der wir den Kuchen essen können und ausreichende Informationen über seine Inhaltsstoffe haben. Europa wird sich nur entwickeln, wenn es keinen Konflikt, sondern Zusammenarbeit im sozialen und wirtschaftlichen Bereich schafft. Aus diesem Grunde glaube ich, dass wir das Vorschlagspaket mit seinen Kompromissen, die in langer und harter Arbeit erzielt wurden, begrüßen und unterstützen sollten, auch wenn es nicht die ideale Lösung ist, wie Frau Sommer und andere bereits erwähnten.

Über diese Ausführungen hinaus möchte ich als Abgeordneter, der ein Land mit einer bedeutenden Tradition in der Herstellung und dem Konsum von Wein vertritt, die Aufmerksamkeit auch auf die Situation beim Wein lenken.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass gemäßigter Weinkonsum reale gesundheitliche Vorteile mit sich bringt. Ich denke nicht, dass wir in unserem Bemühen, den Alkoholismus zu bekämpfen, anstatt zu versuchen, die zugrundeliegenden Ursachen zu beseitigen, dieses oder irgendein anderes Gesetz dazu verwenden sollten, Wein oder Bier, die für die europäische Kultur und Esskultur doch recht bedeutend sind, den Krieg zu erklären. Daher unterstütze ich die sie betreffende Ausnahmeregelung.

 
  
MPphoto
 
 

  Ivo Strejček (PPE-DE). – (EN) Herr Kommissar! Ich möchte mit einem kurzen Zitat aus einem Brief beginnen, den ich kürzlich von einem Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern erhielt: „Mit großer Sorge verfolgen wir die Debatte über die Angaben-Verordnung“. Die heute auf dem Tisch liegende Verordnung wird die Tätigkeit von Unternehmen komplizierter gestalten und die Kosten für die Verbraucher erhöhen. Die Unternehmen werden die Preise anheben, und die höheren Preise werden den Verbrauchern schaden, den Verbrauchern, deren Bedürfnisse und Interessen wir doch anführen, wann und wo immer wir können.

Es entspricht doch wohl dem gesunden Menschenverstand, wenn sich die Unternehmen selbst um ihre Wettbewerbsvorteile kümmern können und man die Verbraucher die Wahl treffen lässt. Ich möchte betonen, dass wir die persönliche Entscheidung und die persönliche Verantwortung nicht berücksichtigen. Menschen sind dick und Menschen sind träge. Manche Menschen werden dicker und manche werden dünner. Es wäre so einfach, Unternehmen, Herstellern, Einzelhandelsketten und Regierungen die Schuld dafür zu geben, dass man zu dick ist.

Ich bin nachdrücklich gegen den uns vorliegenden Vorschlag für die zweite Lesung. Er schadet den Unternehmen, er führt zu Preiserhöhungen für die Verbraucher, und er lässt den gesunden Menschenverstand außer Acht. Unser Leben liegt in unserer Hand, und man kann keine Ansprüche erheben, ohne zuerst Verpflichtungen und der persönlichen Verantwortung gerecht zu werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Im Zusammenhang mit den Sorgen und der breiteren Diskussion um die Bekämpfung von Adipositas und anderen chronischer Erkrankungen wird die Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben auf der Grundlage der Erstellung von Nährwertprofilen völlig ins Leere gehen. Vielmehr wird sie aus Sicht der Gesundheitserziehung Schaden anrichten, da Nährwertprofile ausschließlich auf der Zusammensetzung des Lebensmittels oder der Lebensmittelkategorie basieren und nicht den Verbrauch des Lebensmittels oder der Lebensmittelkategorie oder die persönlichen Gewohnheiten der Verbraucher berücksichtigen.

Ein Lebensmittel, das einen Stoff wie Zucker oder Salz in geringen oder mittleren Mengen enthält, aber in großen Mengen verzehrt wird, richtet wesentlich mehr Schaden an als ein Lebensmittel, das einen Stoff in großen Mengen enthält, aber nur gelegentlich verzehrt wird. Interessanterweise haben ja Wissenschaftler inzwischen festgestellt, dass übergewichtige Kinder und Jugendliche eigentlich nicht mehr Fastfood verzehren als Kinder mit einem gesunden Körpergewicht, aber ihre Lebensführung einen erheblichen Mangel an körperlicher Betätigung aufweist. Die Erstellung objektiver und wissenschaftlich gesicherter Nährwertprofile kann sich als unlösbare Aufgabe erweisen, und die Arbeit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit wird dadurch eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund werden alle Maßnahmen, die auf solchen Profilen fußen, vermutlich inkohärent sein und zu willkürlichen Entscheidungen führen.

Ein zentraler Grundsatz der Lissabon-Agenda besteht darin, dass die Gesetzgebung einfach, klar und durchsetzbar sein soll. Statt Kompromisse um der politischen Zweckdienlichkeit willen zu akzeptieren, sollten wir diese Montagsrichtlinie zurücksenden, damit sie entsprechend der Initiative für eine bessere Rechtssetzung neu formuliert wird. Wir sollten dafür sorgen, dass sie den besten wissenschaftlichen Verfahren in diesen Bereich gerecht wird, so unbürokratisch wie möglich ist, dass sie mittelstands- und verbraucherfreundlich ist und vor allem, dass sie das tut, „was drauf steht“, also ein Instrument im Kampf gegen Fettleibigkeit und andere chronische Erkrankungen wird.

Bei der Verordnung über den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen und den so genannten „bestimmten anderen Stoffen“ zu Lebensmitteln habe ich das starke Gefühl, dass eine Massenmedikation der Bevölkerung durch die Zugabe von Stoffen zu öffentlich bereitgestellten lebensnotwendigen Gütern wie Trinkwasser ethisch fragwürdig ist und nicht erlaubt sein sollte, insbesondere wenn nicht wissenschaftlich nachweisbar ist, dass die Gesundheit anfälliger Bevölkerungsgruppen von so einer Zugabe unbeeinträchtigt bleibt. Die Zugabe von Fluorid zum Trinkwasser beispielsweise hat eine unverhältnismäßig nachteilige Wirkung auf Flaschenkinder und Kleinkinder, da die aus Konzentrat zubereitete Milch, die mit diesem öffentlichen Trinkwasser hergestellt wird, ihrer Gesamternährung entspricht.

 
  
MPphoto
 
 

  Thomas Ulmer (PPE-DE). – Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Glückwunsch an Frau Scheele für ihren Bericht, der mit den Änderungsanträgen ein gutes Dossier ist. Vielen Dank an Frau Poli Bortone, die sich sicher viel Arbeit mit einem komplexen, umfangreichen Bericht gemacht hat, der aber leider nicht meinen Vorstellungen entspricht.

Grundsätzlich und politisch ist hier festzuhalten, dass Rat und Kommission ihre immer noch zu starke Machtposition gegen das Parlament ausgespielt haben und wir jetzt gezwungen sind, zuzustimmen, um noch größeren Schaden abzuwenden.

Die Oberhäupter der Verwaltungsgemeinschaft Rat und Kommission haben sich durchgesetzt gegenüber dem politischen Willen einer Mehrheit im Parlament. Ein guter Entwurf, der in der ersten Lesung verändert wurde, wurde regelrecht skelettiert. Ich habe nichts gegen Nährwertprofile, aber es gibt Grundlagen für ein Dossier. Zunächst fehlen die konkreten Vorschläge der Kommission, sozusagen ein Vorproduktionsmuster. Der Sachverstand der Experten aus Medizin, Ernährungslehre und Psychologie ist zu berücksichtigen, ebenso eine ausgewogene Positionierung. Ich frage nach dem europäischen Mehrwert, nach der Umsetzbarkeit und nach den Möglichkeiten, wie hier KMU weiter überleben sollen. Außerdem stelle ich mir die Frage, ob Verbraucherschutz nicht nur Bevormundung, sondern auch Hilfe zur eigenen Entscheidung sein soll und sein kann.

Wissenschaftlich gesehen ist festzuhalten, dass die zu erwartende Wirkung auf das Essens- und Konsumverhalten der Europäer, besonders der Kinder, eher bei Null liegen wird. Wir haben dann allerdings ein neues bürokratisches Monster geschaffen, das unsere Bürger von der Sinnhaftigkeit Europas überzeugt. Wir werden diese Kröte schlucken – für Kröten gibt es dann wohl auch Nährwertprofile, zum Beispiel „zu glitschig“ –, aber ich wünsche mir, dass es die letzte Kröte sein wird!

 
  
MPphoto
 
 

  Astrid Lulling (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident! Wie meine Kollegin Renate Sommer kann ich nur meine große Unzufriedenheit angesichts des gemeinsamen Standpunkts zum Ausdruck bringen, der uns in zweiter Lesung vorgelegt wurde.

Wir haben hier ein typisches Beispiel für eine verpasste Gelegenheit, vor allem seitens der Kommission, den vernünftigen Standpunkt des Parlaments in erster Lesung zu unterstützen, und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem Herr Barroso uns unablässig mit Argumenten für mehr Subsidiarität und weniger Bürokratie erfreut, um nur einige zu nennen.

Es ist ebenso unakzeptabel wie übereilt, den Verbrauchern Nährwertprofile ohne jegliche wissenschaftliche Erkenntnisse aufzudrängen. Herr Schnellhardt hat dies gut dargestellt.

Als Vorsitzende der interfraktionellen Arbeitsgruppe „Wein“ habe ich die Pflicht, die Unangemessenheit eines völligen Verbots von Angaben auf Getränken mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent hervorzuheben. Wein ist nicht nur Gegenstand besonderer Gemeinschaftsverordnungen, sondern sehr glaubwürdige wissenschaftliche Gutachten zeigen auch, dass Wein, in Maßen getrunken, d. h. beispielsweise zwei bis drei Gläser täglich, sich günstig auf die Gesundheit auswirkt. Er beugt unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Demenz vor, ein Punkt, den der Kommissar und seine Dienststellen völlig außer Acht gelassen haben.

Der Kompromiss, den Frau Sommer, der ich danke, bearbeitet hat, ist nur ein geringeres Übel. Ich kann lediglich das geringe Verständnis von Rat und Kommission für diese Frage bedauern, sowie die Folgen ihrer Sturheit, insbesondere für den Arbeitsmarkt.

Um dem Rat und der Kommission eine letzte Chance zu geben, einige unverständliche Standpunkte zu überdenken, die das Vermittlungsverfahren und die Ziele der Lissabon-Strategie gefährden könnten, haben wir gemeinsam mit Frau Klaß einen Änderungsantrag eingereicht, der Wein und Bier aus dem Anwendungsbereich von Artikel 4 Absatz 3 herausnimmt, damit keine Sektoren geschädigt werden, die seit Jahrtausenden Teil unseres kulturellen und kulinarischen Erbes sind.

 
  
MPphoto
 
 

  Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Meine Damen und Herren! Auch ich habe ernsthafte Bedenken gegen den Vorschlag der Kommission. Der damit verbundene verwaltungstechnische und finanzielle Aufwand wird den Wettbewerb behindern und zu einer Erhöhung der Verbraucherpreise führen. Ich frage mich deshalb, wem dieses kostspielige System eigentlich nützen soll. Der Vorschlag wirkt sich nachteilig auf die KMU aus, die durch jede neue bürokratische Regelung in ihren Unternehmungen behindert werden, und er ebnet den Weg für die Monopolisierung des europäischen Marktes. Ich unterstütze diese Verordnungen zur Gesundheit nicht, da die Gesundheit der Europäer dadurch nicht nachweislich verbessert wird. Teure Nährwert- und Gesundheitsprofile auf Lebensmittelverpackungen allein werden das Verhalten der Verbraucher nicht beeinflussen und die Europäer mit Sicherheit nicht dazu bringen abzunehmen oder etwas für ihre Gesundheit zu tun. Hier spielen vielmehr die Lebensweise, ein gesundes Umfeld und das Vertrauen in die Hinweise der Ärzte und in fachlichen Rat eine Rolle.

Wichtig für die europäischen Verbraucher ist zweifellos, dass sie die komplexen Informationen über Lebensmittel verstehen, und das gilt für alle EU-Mitgliedstaaten. Deshalb unterstütze ich die EU-weite Kodifikation der Vorschriften zu den Angaben über Lebensmittel und das Vorgehen gegen falsche Angaben. Den Verbrauchern dürfte es jedoch nach wie vor eher auf Transparenz und eindeutige Informationen über die Bestandteile ankommen als auf eine Bewertung der Auswirkungen von Lebensmitteln auf die Gesundheit. Bedauerlicherweise trägt diese neue Verordnung nicht viel zu einer besseren Orientierung der Verbraucher bei, was beispielsweise die Größe der Beschriftung und ein übersichtliches, einheitliches Format für die Angaben anbelangt. Statt diese Punkte zu regeln, wird hier ein kompliziertes Lizenzsystem für den Inhalt der Informationen über Lebensmittel vorgeschlagen. Als Ärztin weiß ich, wie wichtig es für Menschen, die sich auf eine spezielle Art und Weise ernähren, ist, genau überprüfen zu können, welche Bestandteile die einzelnen Lebensmittel enthalten. Menschen mit einer Glutenallergie beispielsweise müssen sicher sein können, dass Produkte wie nicht abgepackte Pastete kein Mehl enthalten. Unter gesundheitlichem Aspekt ist das für sie weit wichtiger, als die Information über den reduzierten Fettgehalt im Joghurt, den der europäische Verbraucher vielleicht zusammen mit einem Butterbrötchen und obendrein noch mit einem Stück Weißwurst verspeist.

Der Vorschlag der Kommission läuft der Lissabon-Strategie zuwider. Ich denke, wir werden morgen eine Mehrheit für unsere Vorschläge bekommen, die letztendlich zu größerer Flexibilität bei der Eintragung, zu einem besseren Schutz der Rechte der Antragsteller, einer kürzeren Schutzfrist für wissenschaftliche Daten, der Herausnahme unverpackter Alkoholerzeugnisse aus der Richtlinie und weiteren Änderungen führen werden. Andernfalls müssten wir den Vorschlag in seiner Gesamtheit ablehnen.

 
  
MPphoto
 
 

  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich danke den Damen und Herren Abgeordneten für eine sehr interessante Aussprache.

Diejenigen, die in den letzten anderthalb Jahren mit mir zusammengearbeitet haben, wissen inzwischen, dass ich in der Regel sehr offen und freimütig spreche. Ich kann aufrichtig sagen, dass dies der einzige Gesetzgebungsvorschlag ist, bei dem ich nie gedacht hätte, dass ich dafür kämpfen müsste. Dieser Vorschlag hat eine logische Basis. Er besagt, dass, wenn jemand Geld mit der Benutzung eines Marketinginstruments verdienen will, diese Person oder das Unternehmen die Wahrheit sagen muss. Ganz einfach.

(Beifall)

Wir sprechen von der Wahlmöglichkeit der Verbraucher. Was sollen denn die Verbraucher machen: ein kleines Chemielabor einrichten, um jedes Lebensmittel daraufhin zu analysieren, ob es Zucker oder Fett enthält? Wie können die Verbraucher denn diese Wahlmöglichkeit nutzen, wenn nicht jemand nachprüft, ob die Angaben stimmen? Sollen bei gesundheitsbezogenen Angaben die Verbraucher zu Hause klinische Tests durchführen, um zu sehen, ob ein bestimmtes Produkt den Cholesterinspiegel senkt? Das ist nicht möglich! Darum ist es so wichtig, dass diese Rechtsvorschrift angenommen wird, vor allem nach dem erzielten Kompromiss, und es überrascht mich, dass es bisher keine Rechtsakte in dieser Richtung gegeben hat.

Was geschieht nun, wenn wir diese Rechtsvorschrift nicht haben? Was wäre das Resultat? Jeder kann alles Mögliche sagen und das Beste hoffen. In der Europäischen Union geloben wir alle, auch die führenden Politiker der großen Mitgliedstaaten, die Bürger Europas in den Mittelpunkt der Europapolitik zu stellen. Ich denke, dies ist ein guter Test, um zu sehen, ob wir das wirklich tun.

Ich stimme unbedingt zu, dass eine bessere Regulierung für uns unerlässlich ist. Aber das heißt doch nicht, dass es gar keine Regulierung geben sollte, vor allem wenn es um die Gesundheit und den Verbraucherschutz geht. Das heißt, wir müssen es ordentlich machen. Wie ich in meinen einleitenden Worten erklärt habe, verfügen wir meiner Meinung nach mit den Vorschlägen und Änderungsanträgen des Parlaments jetzt über einen guten Rechtsakt, der die Wirtschaft nicht unnötig belastet und gleichzeitig die Verbraucher schützt.

Wir vergessen immer wieder einen wichtigen Aspekt: den Binnenmarkt. Sie haben mein Wort, dass diese Bereiche der Gesundheit reguliert werden. Die Frage ist nur, ob das auf Gemeinschaftsebene geschehen wird, es also auf dem Binnenmarkt gleiche Bedingungen für alle geben wird und die Wirtschaft, mit dem Vorteil von 450 Millionen Verbrauchern, wettbewerbsfähig sein kann, oder ob es 25 verschiedene Systeme mit Vorschriften und Bestimmungen geben wird, die den Binnenmarkt zersplittern. Ich stehe die ganze Zeit im Dialog mit der Industrie. Ich frage die Vertreter der Industrie immer, ob sie lieber einen einzigen, wenn auch strengen, Rechtsakt, hätten oder 25 unterschiedliche Rechtsvorschriften mit unterschiedlichem Niveau. Sie hätten lieber nur eine Gesetzesregelung. Das ist ein sehr wichtiger Faktor.

In Sachen Wein verstehe ich, was gesagt wurde, aber wir dürfen doch nicht vergessen, dass Wein ein alkoholisches Getränk ist. Sicher wird er aus einem landwirtschaftlichen Erzeugnis hergestellt, aber er enthält Alkohol und muss daher unter diese Rechtsvorschrift fallen.

Zur Fluorproblematik muss ich Sie daran erinnern, dass das angesprochene Problem ja die Zwangsfluoridierung ist, die nicht unter diese Rechtsvorschrift fällt, sondern in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Das ist ein ganz anderes Problem, und wir könnten das diskutieren, aber es ist nicht Teil dieser Rechtsvorschrift, weil die betreffenden Angaben und Zusätze freiwillig sind.

Abschließend sage ich noch einmal, dass es sich um einen guten Kompromiss handelt. Jede Seite hätte gern gesehen, dass dieser Kompromiss etwas weiter in die eine oder andere Richtung geht. Doch er trägt in ausgewogener Weise den Interessen aller Beteiligten Rechnung.

Ich stimme zu, dass damit allein das Problem Adipositas nicht gelöst werden kann. Wie Sie wissen, verfolgen wir im Allgemeinen einen Ansatz ohne Regulierung, um mit so einer komplexen Thematik umzugehen. Wir haben eine Grundlage gelegt, und jetzt beraten wir mit der Wirtschaft und den Interessengruppen, wie jeder von uns dazu beitragen kann, dieses Problem zu lösen. In bestimmten Bereichen sind aber Rechtsvorschriften und Regulierung notwendig. Deshalb brauchen wir eine Kombination aller Maßnahmen und Initiativen, um das Fernziel zu erreichen(1).

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Dienstag um 11.30 Uhr statt.

Schriftliche Erklärung (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Jules Maaten (ALDE).(NL) Obwohl der Kompromiss zwischen Parlament und Rat nicht perfekt ist, kann ich ihn unterstützen. Im Vergleich zu dem ursprünglichen Vorschlag ist er mit weitaus weniger Bürokratie verbunden, ohne dem Verbraucherschutz Abbruch zu tun. Die Verbraucher erhalten ordentliche Informationen, werden aber nicht bevormundet. Niederländische Namen wie „stophoest“ oder „hoestbonbon“ können weiterhin zur Bezeichnung von Hustenbonbons verwendet werden, da jeder versteht, dass diese Süßigkeiten den Husten nicht immer sofort beseitigen können.

Die Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben der Wahrheit entsprechen und wissenschaftlich untermauert sind. Studien haben gezeigt, dass 53 % der Verbraucher gesundheitsbezogenen Angaben vertrauen. Da wir die Verordnung von unnötiger Bürokratie befreit haben, ohne den Verbraucherschutz anzutasten, können die Verbraucher eine auf Informationen beruhende Entscheidung treffen. Zugleich kann jedoch der Bäcker um die Ecke weiterhin sein ballaststoffreiches Brötchen anpreisen, ohne zuvor ellenlange Zulassungsverfahren durchlaufen zu müssen.

 
  
  

Anhang – Standpunkt der Kommission

 
  
  

Bericht Poli Bortone (A6-0122/2006)

Die Kommission kann die Änderungsanträge 50 bis 89 akzeptieren.

Die Kommission kann die Änderungsanträge 1 bis 49, 90 und 91 nicht akzeptieren.

Bericht Scheele (A6-0078/2006)

Die Kommission kann die Änderungsanträge 1, 5, 11, 14, 15, 16, 17 und 18 akzeptieren.

Die Kommission kann die Änderungsanträge 2, 3, 4, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 13 und 19 nicht akzeptieren.

 
  

(1)Standpunkt der Kommission zu den Änderungsanträgen des Parlaments (beide Berichte): siehe Anhang.

Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen