Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Lissy Gröner im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über den Vorschlag und den geänderten Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Auflegung des Programms „Bekämpfung von Gewalt (DAPHNE)“ für den Zeitraum 2007-2013 als Teil des Rahmenprogramms „Grundrechte und Justiz“ (KOM(2005)0122 – KOM(2006)0230 – C6-0388/2005 – 2005/0037A(COD)) (A6-0193/2006).
László Kovács, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Zuerst möchte ich mich im Namen der Kommission bei den beiden Berichterstatterinnen, Frau Gröner und Frau Angelilli, für ihre ausgezeichnete Arbeit bedanken. Ich komme der Bitte von Kommissar Frattini, ihn im ersten Teil der Aussprache zu vertreten, sehr gern nach, da mir dieses wichtige Thema persönlich sehr am Herzen liegt.
Ich möchte Ihnen zudem versichern, dass sich die Kommission nachdrücklich für das Daphne-Programm einsetzt, dass die Verhütung und Bekämpfung jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen, Kinder und Jugendliche zum Ziel hat. Wir wissen, dass auch dem Parlament viel an diesem Programm liegt. Daphne wird bald zehn Jahre alt, und der Vorschlag der Kommission hat nunmehr die dritte Auflage des Programms zum Ziel. Der Erfolg des Programms ist inzwischen weithin anerkannt. Mit seiner Hilfe ist eine Vielzahl von Projekten finanziert worden, mit denen bei der Bekämpfung von Gewalt Fortschritte erzielt werden konnten.
Wie sehr sich sowohl das Parlament als auch breite Schichten der Zivilgesellschaft mit Daphne verbunden fühlen, kommt auch in dem Vorschlag zum Ausdruck, die Kommission solle die Maßnahmen von Daphne und die des Anti-Drogen-Programms nicht mehr in einem gemeinsamen Rahmenprogramm zusammenfassen. Wie Sie wissen, hat die Kommission diesen Wunsch des Parlaments berücksichtigt und am 24. Mai zwei getrennte Programme vorgeschlagen.
Obwohl Daphne II erst Ende 2008 ausläuft, kommt es darauf an, Daphne III bereits Ende des Jahres anzunehmen, damit die neuen Maßnahmen und die viel höheren Haushaltsmittel, die der Vorschlag für einen Beschluss vorsieht, gleich ab Beginn des nächsten Jahres genutzt werden können.
Ich freue mich auf die heutige Aussprache.
Lissy Gröner (PSE), Berichterstatterin. – Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Die Kommission hatte ursprünglich vorgeschlagen, Daphne als gemeinsames Programm zur Bekämpfung von Gewalt und zur Drogenprävention und -aufklärung vorzulegen. Es war ein hartnäckiger Kampf notwendig, damit die Kommission diesen Vorschlag zurückzieht. Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter sowie Frauenorganisationen haben hier gemeinsam klare Signale ausgesendet, und ich bin wirklich erleichtert, dass sie eine Vermischung von Drogen und Gewalt verhindert haben und wir heute eines der erfolgreichsten Programme der Union weiterführen können.
Bisher konnten allerdings aus Daphne I und II nur rund 17 % der eingereichten guten Vorschläge finanziert werden. Das zeigt, dass der Bedarf riesengroß ist, und deshalb fordert der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter auch einen Mittelzuwachs.
Heute senden wir zwei sehr klare Signale aus. Erstens: Europa wird dem Kampf gegen Gewalt mehr Gewicht beimessen und ihn auch nicht mit anderen Aspekten vermischen. Zweitens: Wir anerkennen und unterstützen die wertvolle Arbeit der Organisationen vor Ort — Frauenorganisationen, zahlreiche Selbsthilfe- und Menschenrechtsorganisationen, Jugendverbände und ihre Netzwerke.
Die alltägliche Gewalt nimmt zu, besonders die grenzüberschreitenden Phänomene. Hier setzt das Programm Daphne an; es ist aus der Betroffenheit entstanden. Die Frauenbewegung hat häusliche Gewalt, Kindesmissbrauch, Frauenhandel zur sexuellen Ausbeutung usw. ins Zentrum ihrer Arbeit gerückt, und wir konnten da sehr viele gute Projekte entwickeln. Wir konnten die Öffentlichkeit sensibilisieren, und das nicht erst seit der Fußballweltmeisterschaft.
Daphne I und Daphne II haben wertvolle Erkenntnisse gebracht. So wurden z. B. alle Projekte in einem tool kit aufgearbeitet, das dann nutzerfreundlich an die verschiedenen Fachorganisationen weitergeleitet werden konnte, und es gab einem breiten Fachpublikum zugängliche Studien und Kontakte, weit über die Grenzen Europas hinaus.
Nun liegen aber auch neue Aufgaben vor uns. Mit Daphne III ist die grenzüberschreitende „Netzwerkerei“ viel wichtiger geworden. Wir haben neue Phänomene im Bereich der Migration, beim Menschenhandel stehen viele notwendige Arbeiten bevor. Wir haben vorgeschlagen, ein Netzwerk der Ombudspersonen für Kinder finanziell zu unterstützen und Kinder-Nottelefone europaweit mit einer einheitlichen Nummer auszustatten. Wir wollen auch die Netze der Organisationen stärken, die sich mit Gewalt im Internet befassen. Es gibt eine lange Liste verschiedener Aktivitäten. Deshalb ist auch die Forderung nach 120 oder 125 Millionen Euro, wie die GUE/NGL-Fraktion vorgeschlagen hat, kein unbilliges Verlangen, und ich hoffe, dass dieses Haus diesem doch riesigen Bedarf, der sich dahinter verbirgt, Unterstützung zukommen lässt.
Wir haben bei Daphne sehr gute Erfahrungen mit einem Helpdesk gemacht, den wir als Parlament in der letzten Phase durchgesetzt hatten. Mit seiner Hilfe können Organisationen grenzübergreifend und grenzüberschreitend Kontakt aufnehmen und die richtigen Partner finden. Wir sollten im Hinblick auf einen think tank auch auf den riesigen Schatz an Kenntnissen zurückgreifen, der bei den Organisationen liegt, und diese Kenntnisse in diesen Bereich mit einbringen und sie vertiefen.
Ich möchte Daphne allerdings auch nicht überfrachten, und deshalb bitte ich um Vorsicht bei Änderungsantrag 56. Es soll klar definiert sein, dass die Hauptzielgruppe für Daphne Kinder, Frauen und Jugendliche sind, und dass dazu nicht auch noch Gruppen wie Sozialarbeiter, Grenzarbeiter, Polizei usw. gehören. Eine Botschaft: Klare Hauptzielgruppe sind Frauen, Kinder und Jugendliche! Die anderen können beteiligt werden, das ist z. B. im Änderungsantrag 57 noch klar.
Wir halten weiter an der Forderung nach einem „Europäischen Jahr der Gewalt gegen Frauen“ fest. Auch das ist eine alte Forderung, die schon in Daphne I und II erhoben wurde, und da bleiben wir hartnäckig und konsequent. Ich bitte hier darum, alle Formen der Gewalt klar und deutlich im Blick zu haben. Das hat der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter konsequent mit der Kommission weiterentwickelt, und ich hoffe, dass wir mit der finnischen Ratspräsidentschaft noch vor Ende des Jahres zu einem Ergebnis kommen. Wir sind dazu bereit.
Roberta Angelilli (UEN), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als Erstes möchte ich Frau Gröner und alle Kolleginnen und Kollegen, die an diesem Bericht mitgearbeitet haben, beglückwünschen. Außerdem danke ich dem Herrn Kommissar für seine Unterstützung und seine Worte von heute Morgen. Meiner Überzeugung nach können bedeutende Ergebnisse erzielt werden, wenn alle daran mitwirken, und im vorliegenden Fall wurden sie erzielt. Vor allem wurde die Kontinuität des Daphne-Programms gewährleistet; eines Programms, das wichtig und wertvoll für die Prävention und die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder ist und in der Vergangenheit bemerkenswerte, zum Teil auch unerwartete Resultate gebracht hat. Zudem wurde dem Programm eine spezifische Haushaltslinie zugesichert, die, wie auch die Berichterstatterin hervorgehoben hat, zu Recht vom Drogenbekämpfungsprogramm getrennt ist.
Es sei daran erinnert, dass neben den möglichen Zielen von Daphne auch einige wichtige Prioritäten aufgestellt wurden, darunter die Bekämpfung häuslicher Gewalt – wobei beunruhigend ist, dass dieses Phänomen stetig zunimmt –, und des Übels der Genitalverstümmelungen. Von Bedeutung ist ferner, dass klargestellt wurde, dass der Begriff „Kinder“ oder „Jugendliche“ die Altersgruppe von 0 bis 18 Jahre umfasst, obgleich die Maßnahmen selbstverständlich auch Jugendliche bis zu 25 Jahren betreffen können.
Des Weiteren wurde spezifiziert, dass die Verhütung von Gewalt neben Kindern, Frauen und gefährdeten Gruppen auch Babys einschließen muss; Misshandlungen von Babys und das vorsätzliche Aussetzen von Säuglingen nehmen exponenziell zu und finden oft in Situationen statt, in denen psychologische und soziale Probleme bestehen. Solche Fälle könnten verhindert werden, wenn man den Müttern und Familien in extremen Schwierigkeiten Betreuung und Hilfe gewähren würde.
Offenkundig geht es hier um ehrgeizige Ziele, für die leider eine unangemessene Finanzausstattung vorgesehen ist. Abschließend möchte ich daher den Wunsch zum Ausdruck bringen, dass bei der Halbzeitüberprüfung des Haushalts mehr Mittel als jetzt für Daphne vorgesehen werden; dabei, Herr Kommissar, rechnen wir auch mit Ihrer Unterstützung.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Frau Präsidentin! Wir müssen anerkennen, dass der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter mit dem heute vorgelegten unabhängigen Bericht, in dem er ein spezifisches Programm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche, Frauen und gefährdete Gruppen vorschlägt, den Vorschlag für einen Beschluss zur Auflegung eines Gesamtprogramms zu Recht korrigiert, das neben der Bekämpfung von Gewalt und grausamem Verhalten unter den Menschen ebenfalls die Drogenprävention und –aufklärung als Teil des Rahmenprogramms „Grundrechte und Justiz“ fördert.
Die Berichterstatterin, Frau Gröner, die Vorsitzende des Ausschusses, Frau Záborská, und alle Abgeordneten haben bewusst und nahezu einstimmig den Schutz vor Gewalt als Zielsetzung festgelegt, und zwar konkret den Schutz der am stärksten gefährdeten Gruppen unserer Mitmenschen. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass jede Personengruppe, der Unrecht getan wird und die der Gewalt zum Opfer fällt, nicht ohne Unterschied geschützt wird.
Deshalb stimmt unsere Fraktion, die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten, nicht den Änderungsanträgen zu, die Auflistungen von Fällen und Opfergruppen enthalten. Die Mehrheit der Änderungsanträge des Ausschusses verarbeitet die Schlussfolgerungen der Bewertung, die zu den, wie allgemein anerkannt wird, erfolgreichen Vorgängerprogrammen Daphne I und II vorgenommen wurde.
Da die Finanzierung von Daphne III unseres Erachtens im Rahmen der Vereinbarung über die Finanzielle Vorausschau zufrieden stellend ist, sollten wir erwarten dürfen, dass die Ergebnisse der Maßnahmen sehr beachtlich sein werden und die Gewalt in der zivilisierten europäischen Gesellschaft ausgemerzt wird, und zwar nicht nur um 50 %, wie die Berichterstatterin vorschlägt, sondern wenn möglich ganz und gar, durch systematisches Vorgehen und durch die Zusammenarbeit der Behörden, der lokalen Träger, Organisationen und der Zivilgesellschaft.
Die Maßnahmen sollten insgesamt auf drei Grundsätzen basieren: der Prävention mit kontinuierlich aktualisierten Informationen, der rigorosen Bekämpfung des Übels sowie auf der Therapie und Betreuung der Opfer und der Wiedereingliederung und Rehabilitierung der Täter.
Gestatten Sie mir die Bemerkung, dass der Erfolg des Programms auch davon abhängt, die Aufsplitterung des Themas in zu viele Aspekte sowie seine Einbeziehung in den allgemeinen Bereich der Kriminalität zu verhindern. Aus diesem Grunde hat die Europäische Volkspartei nicht für den Änderungsantrag 69 gestimmt.
Positive Resultate werden auch durch die Transparenz im Hinblick auf die Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen erwartet, die wertvolle Arbeit leisten und garantieren müssen, dass sie einen positiven Beitrag zur Heilung der Wunden leisten, die die Gewalt geschlagen hat. Zu diesen Organisationen gehören die Europäische Föderation für vermisste und sexuell ausgebeutete Kinder, die 19 Verbände umfasst, und das Europäische Netzwerk der Ombudsleute für Kinder, das in den Mitgliedstaaten hochgeschätzt wird.
Wir hoffen, dass der Erfolg des neuen Programms die Nachhaltigkeit der Programme gewährleisten wird, wenn deren Finanzierung ausläuft, und dass wir somit in der Lage sein werden ...
(Die Präsidentin entzieht der Rednerin das Wort.)
Katerina Batzeli, im Namen der PSE-Fraktion. – (EL) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Frau Gröner zu ihrem Bericht sowie zu ihren kontinuierlichen Bemühungen gratulieren, die darauf gerichtet waren, dieses Programm zu stärken. Wir alle sind uns im Klaren darüber, dass wir, wenn dieses Programm nicht in dem Umfang umgesetzt wird, wie im Bericht von Gröner vorgeschlagen, nicht in der Lage sein werden, das Phänomen der Gewalt, das auf allen gesellschaftlichen Ebenen präsent ist, äußerlich bzw. substanziell einzudämmen, Gewalt, die sich aus ihrem sozialem Gefüge heraus nach und nach auf die großen gesellschaftlichen Gruppen ausweitet, die sich nun mit ihr konfrontiert sehen, und deshalb bin ich der Ansicht, dass die Europäische Union ihre Anstrengungen intensivieren sollte.
Ich möchte betonen, dass die Kommission Recht daran getan hat, das Programm Daphne III nicht mit dem Drogen-Programm zu vermischen, ein Standpunkt, den die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament und Frau Gröner bekräftigt haben.
Allerdings möchte ich auch betonen, dass wir in unserer Lesung zum Haushalt 2007 von der Position des Rates überrascht waren, wonach die Gemeinschaftsmittel für Daphne III im Vergleich zum Vorschlag der Kommission gekürzt werden sollten.
Wenn wir gegenüber Opfern der Gewalt, die sich auf Zuwanderer, Flüchtlinge, Kinder und Säuglinge erstreckt, nicht heuchlerisch sein wollen, dann müssen wir die Haushaltsmittel für Daphne III aufstocken und anheben, zumal diese Politik der Kürzungen vollkommen den Verpflichtungen widerspricht, das Programm weiter zu stärken und zu verbessern und die Effizienz seiner Maßnahmen sicherzustellen.
Damit die Politik zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, Kinder und Jugendliche Wirkung erzielt und für die EU eine Priorität darstellt, muss sie neben der angemessenen Planung und Durchführung der Maßnahmen durch eine ausreichende Finanzierung flankiert werden, um diese Maßnahmen auch umsetzen zu können.
Maria Carlshamre, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Daphne ist die junge Frau aus der griechischen Mythologie, die vom Gott Apollo verfolgt wurde. Er wollte sie vergewaltigen, was ihm aber nicht gelang. In dem Moment, als Apollo sie berührte, verwandelte sich Daphne in einen Lorbeerbaum und wurde so vor der Vergewaltigung bewahrt.
Im Europäischen Parlament steht der Name Daphne für eine wichtige Initiative. Vor zehn Jahren, im Spätsommer 1996, stand Europa unter dem Schock der Ereignisse, die später als Dutroux-Affäre bekannt wurden. Der Fund mehrerer Leichen von vermissten Mädchen in einer belgischen Stadt warf ernste Fragen darüber auf, was wir tun, um Frauen und Kinder vor denjenigen zu schützen, die sie für Profitzwecke missbrauchen oder ausbeuten.
Im April 1997 versammelten sich in Brüssel zahlreiche NRO-Repräsentanten, Vertreter des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission, der Strafverfolgungsbehörden und andere Sachverständige zu einer Anhörung über diese Thematik. Das wichtigste Ergebnis der Anhörung war vielleicht die Verpflichtung der Kommission, die Daphne-Initiative ins Leben zu rufen. Ihr Sinn und Zweck besteht darin, den Worten Taten folgen zu lassen und für die Kampagne gegen Gewalt umfangreiche Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.
Die Idee, die dahinter steckt, ist einfach. Es geht darum, solche Projekte finanziell zu unterstützen, die NRO aus mindestens zwei Mitgliedstaaten zusammenführen und so die Zusammenarbeit in den Bereichen Recherche, Datensammlung und -analyse, Ermittlung und Verbreitung nachahmenswerter Beispiele, Austausch und Vernetzung im Schulungs- und Trainingsbereich, Bewusstseinsbildung und Informationskampagnen möglich machen, aber auch konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer von Gewalt und die Ausarbeitung von Leitlinien und Protokollen zu fördern. Das klingt so einfach, dass eigentlich niemand etwas dagegen haben könnte. Doch wie wir alle wissen, ist es charakteristisch für unsere Gesellschaft, die Dinge, die Frauen sagen, tun und entscheiden, systematisch abzuwerten. Die geschlechtsspezifischen Machtverhältnisse wirken sich auf alles aus und äußert sich insbesondere in dem Phänomen der Gewalt von Männern gegen Frauen. Deshalb war das Daphne-Programm von Anbeginn ständig bedroht. Es liegt auf der Hand, dass wir die Bekämpfung von Gewalt nicht mit der Bekämpfung des Drogenmissbrauchs in einen Topf werfen sollten; es handelt sich hier einfach um zwei verschiedene Themen.
Es ist die Kommission, die für das Daphne-Projekt verantwortlich zeichnet, doch in diesem Haus ist es Lissy Gröner, der unser Lob und unsere Unterstützung gebührt, wenn wir über die „wiedergeborene“ Daphne-Initiative diskutieren. Lissy Gröner steht dabei mit an vorderster Front. Natürlich ist es bis zur Erreichung der notwendigen Null-Toleranz bei Gewalt gegen Frauen und Kinder noch ein weiter Weg. Langfristig besteht die Bedeutung des Daphne-Programms in der Art, wie es sich auf die Basisorganisationen auswirkt, die in allen Mitgliedstaaten der Union fest verwurzelt sind. Die Null-Toleranz ist das Ziel, und Daphne ist eines der Mittel, mit denen wir dieses Ziel erreichen wollen.
Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Auch unser Dank geht an die Berichterstatterin. Ich denke, es ist ein großartiger Erfolg für Frauen in ganz Europa, dass es gelungen ist, die Zusammenlegung von Daphne und dem Antidrogen-Programm zu verhindern. Das Parlament hat damit ein Zeichen gesetzt und bekräftigt, dass das Programm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, Kinder und Jugendliche eigenständig bleiben muss.
Daphne ist ein kleines, aber sehr erfolgreiches Programm, durch das schon wichtige Fortschritte in der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen erzielt wurden. Gewalt an Frauen ist keine Privatsache, sondern eine Frage der inneren Sicherheit. Der gefährlichste Ort für Frauen ist ihr Zuhause. Während für viele die Familie und das Zuhause der Inbegriff für Frieden und Sicherheit sind, sind sie für Millionen von Frauen ein Ort des Leidens, ein Ort des Missbrauchs, der Folter und sogar des Tods.
Alle Menschen, ob männlich oder weiblich, haben Anspruch auf alle Menschenrechte. Weder Kultur noch Tradition können die Verletzung grundlegender Menschenrechte von Frauen entschuldigen. Gewalt gegen Frauen ist daher nicht allein die Angelegenheit von Frauen, sie betrifft Männer ebenso. Sie müssen sich ihrer Verantwortung stellen und aktiv gegen Gewalt an Frauen eintreten. Der Gewalt gegen Frauen muss ein Ende gesetzt werden, auf Kriegsschauplätzen ebenso wie im Schlafzimmer.
Die Weiterführung von Daphne kann jedoch nicht die einzige Maßnahme zur Bekämpfung der Gewalt an Frauen sein. Wir wünschen uns, dass die EU-Kommission mit einer eigenständigen Richtlinie zeigt, dass der Kampf gegen Gewalt höchste politische Priorität hat. Ein entsprechender Vorschlag ist seit Jahren überfällig. Es ist geradezu skandalös, dass die EU-Kommission die Augen vor dieser Forderung verschließt und die Notwendigkeit einer europäischen Gesetzesharmonisierung vom Tisch wischt. Sehr wesentlich ist, dass wir wirklich eine eigenständige Richtlinie bekommen, und da wünsche ich mir auch, dass die Kommission heute noch etwas dazu sagt. Wir haben in vielen Entschließungen, sei es am Frauentag oder bei anderen Gelegenheiten, als Europäisches Parlament immer wieder darauf hingewiesen.
Wir hoffen auch, dass die EU-Kommission und der Rat jetzt möglichst schnell die Verhandlungen um Daphne abschließen, damit die Neuauflage des Programms rechtzeitig im Jahre 2007 starten kann. Auch uns ist gerade jetzt, wo die Frauenrechtlerin Seyran Ateş in Deutschland ihre Anwaltstätigkeit aufgrund akuter Bedrohung eingestellt hat, wichtig, dass wir auch die Menschenrechtsverletzungen gegen Migrantinnen ganz klar ins Zentrum rücken und auch da sagen: Null Toleranz.
Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin! Ich möchte zunächst der Berichterstatterin, Frau Gröner, für einen ausgezeichneten Bericht sowie für ihr Engagement bei diesen Fragen danken. Mein Dank gilt ferner meinen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter für ihr engagiertes Herangehen an die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen.
Die Frauen und Kinder, die Opfer von Gewalt sind, brauchen das Programm Daphne III. Gewalt von Männern gegen Frauen gibt es in allen gesellschaftlichen Gruppen. Man kann sie nicht an bestimmten Gruppen oder speziellen Faktoren wie Alkohol- und Drogenabhängigkeit festmachen. Gewalt gegen Frauen und Kinder ist in der gesamten Gesellschaft verbreitet. Obwohl dies durch unzählige Studien belegt ist, weigern sich immer noch viele, die Wahrheit zu sehen, dass Gewalt überall auftritt. Immer noch lebt das Märchen von der Beteiligung von Alkohol oder Drogen. Wenn wir die Gewalt gegen Frauen bekämpfen wollen, müssen wir mit den Mythen aufräumen, dass es „die dort“, „die anderen“ oder „die Süchtigen“ sind, die Frauen und Kinder misshandeln. Es könnte aber ebenso gut unser Nachbar, Kollege oder Verwandter sein, der zu Gewalt greift.
Das ist einer der Gründe dafür, warum das Daphne-Programm in zwei getrennte Programme aufgeteilt werden muss – ein spezielles Programm zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder und ein Programm zur Drogenprävention und -aufklärung. Ein gemeinsames Programm für diese beiden unterschiedlichen gesellschaftlichen Probleme würde dem Mythos vom Zusammenhang zwischen Drogen- und Alkoholabhängigkeit und der Gewalt von Männern gegen Frauen weitere Nahrung geben. Das führt dann zu dem Glauben, mit der Lösung der Drogen- und Alkoholproblematik gleichzeitig auch das Gewaltproblem zu lösen, was aber nicht der Fall ist. Bei beiden handelt es sich um gesellschaftliche Probleme, die gelöst werden müssen, aber sie erfordern unterschiedliche Maßnahmen. Ich stelle daher mit Freude fest, dass die Kommission einer Aufteilung in getrennte Programme zugestimmt hat.
Die Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke steht voll und ganz hinter dem Bericht. Unseres Erachtens ist es sehr wichtig, dass der Handel mit Frauen und Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in das Programm aufgenommen wurde. Das ist von besonderer Bedeutung, da wir alles in unseren Kräften Stehende tun müssen, um diesen modernen Sklavenhandel zu bekämpfen. Außerdem müssen wir auch mit aller Deutlichkeit aufzeigen, dass dieser Sklavenhandel ein weiterer Ausdruck für die Gewalt ist, der Frauen und Kinder ausgesetzt sind.
Der Bericht enthält zwei Begriffe, die ich gern ändern würde. Das ist zum einen der Begriff „häusliche Gewalt“, der meiner Ansicht nach in „Gewalt von Männern gegen Frauen“ geändert werden sollte, denn genau das ist es. Gewalt gegen Frauen kommt nicht nur in den eigenen vier Wänden vor. Frauen in einer Gewaltbeziehung leben rund um die Uhr mit dieser physischen und psychischen Folter. Den zweiten Begriff, den ich in Frage stellen möchte, ist der „private Bereich“. Es gibt keinen Grund für eine Aufteilung in öffentlichen und privaten Bereich. Gewalt gegen Frauen ist eine strafbare Handlung, ob sie nun öffentlich und privat ausgeübt wird.
Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Zunächst ein paar Worte zur Teilung des Daphne-Dokuments in zwei getrennte Programme. Das wäre ein positiver Schritt, wenn man die Absicht hätte, das Problem von Drogenabhängigkeit und Gewalt und deren Verhütung ernsthaft zu untersuchen, anstatt dieses Problem egozentrisch wahrzunehmen und die wahren Gründe für diese gesellschaftlichen Übel zu vernachlässigen.
Gewalt ist ein ernst zu nehmendes Problem, und wie bei anderen Störungen geht man am wirksamsten dagegen vor, indem man Ursachen und Risikofaktoren ausräumt. Dazu gehören neurobiologische Indikatoren, aber auch Wesenszüge wie Egoismus, Feindseligkeit, Leidenschaftlichkeit, Reizbarkeit, Anhedonie, niedrige Intelligenz, geringes Reaktionsvermögen des Gehirns auf Reize sowie ein mangelnder Respekt gegenüber Werten und ein unsoziales Verhalten.
Wir müssen uns bewusst sein, dass die zunehmende Ausbreitung von Aggressionen, Geisteskrankheiten, unterentwickelten Persönlichkeiten und Sucht nicht nur das Ergebnis eines hedonistischen Lebensstils sind, sondern auch aus der Dominanz einer materialistischen Weltsicht herrührt, in der die Rolle der geistigen Entwicklung des Individuums keine Würdigung erfährt. Die große Menge des bisher zusammengetragenen Wissens steht in keinem Verhältnis zu den wichtigsten Umweltfaktoren, die die Entwicklung einer ausgeglichenen Persönlichkeit beeinflussen. Einer dieser Faktoren ist eine gesunde und liebevolle Familie, vorzugsweise eine vollständige Familie mit vielen Kindern, in der ein Kind gewollt und geliebt ist und lernt, zusammen mit anderen und für andere zu leben.
Lydia Schenardi (NI). – (FR) Frau Präsidentin! Täglich werden Millionen Frauen zu Opfern von Missbrauch aller Art: Gewalt durch Familienangehörige, Einschüchterungen bei der Arbeit, psychische Gewalt, sexueller Missbrauch und Zwangsprostitution.
In der Europäischen Union ist jede fünfte Frau Opfer häuslicher Gewalt, also von Gewalt durch den Ehemann oder Partner. Vergessen wir jedoch nicht, dass diese Zahlen nur die gemeldeten Gewaltakte berücksichtigen. Angst, Scham und der begrenzte Zugang zu öffentlichen Stellen sind allzu oft Gründe, weshalb manche Gewalttaten nicht angezeigt werden. Darüber hinaus werden bestimmte Formen von Gewalt nicht erfasst, weil sie nicht den festgelegten Definitionen entsprechen und nicht als Straftaten gelten, weil sie als Tabuthemen betrachtet werden.
Das vor über sechs Jahren vom Parlament und vom Rat vorgeschlagene Programm DAPHNE zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen umfasst alle Arten von Missbrauch – häusliche Gewalt ausgenommen – denen Frauen weltweit ausgesetzt sind. An dieser Stelle muss betont werden, dass ein Großteil dieser Arten von Missbrauch mit bestimmten Kulturen oder Gesellschaften verbunden ist, insbesondere mit dem Islam und Ländern, in denen islamisches Recht gilt und in denen Steinigungen, Genitalverstümmelung, Opferungen und Zwangsehen Teil der Kultur, der Religion und des Brauchtums sind.
Die Bemühungen im Rahmen des Programms DAPHNE sollten diesem Kampf für das Recht der Frauen auf Information, Schutz und die strafrechtliche Verfolgung der Täter gelten und zu einer Änderung gewisser Denkweisen und barbarischer Bräuche beitragen, die sich leider in vielen Ländern halten, in denen islamisches Recht gilt.
Amalia Sartori (PPE-DE). – (IT) Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte meine Zufriedenheit mit dieser Maßnahme zum Ausdruck bringen. Ich war sehr froh, heute Morgen bei der Aussprache in diesem Hohen Haus zu hören, dass viele Mitglieder eine Forderung stellten, die ich voll und ganz unterstütze: Wir müssen eine Richtlinie der Europäischen Union zur Bekämpfung von Gewalt auf den Weg bringen.
Es wird Zeit, die einschlägigen Rechtsvorschriften zu harmonisieren, und bis dahin muss die Kommission mit den Instrumenten, die ihrem Bekunden nach derzeit ausgearbeitet werden, schon jetzt einen ganz klaren, rigorosen Standpunkt in Bezug auf die Politik festlegen, die die Union und ihre Mitgliedstaaten umsetzen sollen, so dass wir in dieser Sache eindeutig Position beziehen können.
Es ist wohl wahr, dass in den letzten Jahren viel für die Gleichstellung getan wurde. Die einzelnen Mitgliedstaaten haben in vielen Bereichen Gesetze erlassen, doch besteht gerade zu diesem Thema noch ein gewisser Nachholbedarf. Hierzu müssen wir eine klare und eindeutig festgelegte Politik verfolgen, denn obwohl wir uns alle einig sind im Hinblick auf die vollständige Ächtung der Gewalt, besteht kein vollkommenes Einvernehmen über die Mittel, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll. Um die mit einer solchen Politik verbundenen Risiken zu umgehen, müssen die im Rahmen von DAPHNE finanzierten Programme klaren und strikten politischen Zielen gerecht werden, die von der Union festzulegen sind.
Teresa Riera Madurell (PSE). – (ES) Frau Präsidentin! Auch ich möchte die Berichterstatterin zu ihrer Arbeit beglückwünschen und sagen, dass die Abtrennung des Programms Daphne III vom Programm zur Drogenprävention und -aufklärung, wie von diesem Parlament gefordert, für das ordnungsgemäße Funktionieren von Daphne unumgänglich war. Diese Trennung stellt einen wirklichen Erfolg der Berichterstatterin dar; dadurch werden die Stärke und Sichtbarkeit des Programms Daphne gesteigert, das ein grundlegendes Instrument zur Unterstützung der Frauenorganisationen ist, die gegen die geschlechtsbezogene Gewalt kämpfen.
Ebenso wie die bereits angesprochene Mittelerhöhung möchte ich einige wichtige Beiträge des Berichts von Frau Gröner hervorheben: erstens die spezielle Einbeziehung des Menschenhandels und der Zwangsprostitution als Formen von Gewalt und den ganz klaren Verweis auf die Genitalverstümmelung und die Ehrenverbrechen als Formen der Gewalt gegen Frauen mit schwerwiegenden Folgen für deren Gesundheit. Die Gewalt gegen Frauen darf unter keinen Umständen dadurch gerechtfertigt werden, dass man sich auf eine Tradition oder eine kulturelle Praxis beruft, und mir scheint es auch sehr wichtig, die Kinder als Opfer der geschlechtsspezifischen Gewalt einzubeziehen, die zusehen müssen, wie ihre Mütter geschlagen werden.
Sehr sinnvoll ist auch die Forderung im Bericht, dass das Programm bestimmten Gruppen von Frauen, wie beispielsweise Flüchtlingsfrauen, Migrantinnen, Frauen, die in Armut leben, Frauen mit Behinderungen und älteren Frauen, besondere Aufmerksamkeit widmet, da diese Gruppen einem höheren Gewaltrisiko ausgesetzt sind. Ganz wichtig ist auch, dass der Bericht vorschlägt, in den Bereichen, die einen europäischen Mehrwert beisteuern können, die Definition der Rechtsgrundlage zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen einzubeziehen. Gleichzeitig müssen konkrete Ziele festgelegt werden, beispielsweise das Ziel, die Zahl der Opfer von Gewalt und Menschenhandel in den nächsten zehn Jahren zu halbieren.
Meine Damen und Herren! Das Europäische Jahr gegen Gewalt gegen Frauen kann ohne Frage helfen, ein stärkeres Bewusstsein und den Austausch bewährter Praktiken zu fördern, und deshalb ist es sehr wichtig, dass dieses Jahr auch im Rahmen des Daphne-Programms unterstützt wird.
Marian Harkin (ALDE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich befürworte den ausgezeichneten Vorschlag der Berichterstatterin, das Finanzrahmenprogramm in zwei verschiedene Programme zu teilen, voll und ganz. Das dürfte zu einer zielgerichteteren Arbeit beider Programme beitragen und ihnen die gebührende Publizität und finanzielle Unterstützung verschaffen.
Das Daphne-Programm ist ein wichtiges Instrument, um die Gewalt gegen Frauen, Kinder und Jugendliche in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rufen und diese Gewalt zu bekämpfen. In Irland stellt die Gewalt gegen Frauen, wie anderswo auch, ein sehr großes Problem dar, und Statistiken aus verschiedenen Quellen besagen, dass jede vierte Frau im Laufe ihres Lebens bereits irgendeine Form sexueller Gewalt erfahren hat. Daphne hat viele irische Frauengruppen finanziell unterstützt und so einen positiven Effekt erzielt. Leider sind jedoch die auf nationaler Ebene bereitgestellten Mittel für Hilfsangebote vor Ort zur Unterstützung von Frauen und Kindern immer noch nicht angemessen; so ist beispielsweise die Zahl der Unterbringungsmöglichkeiten für Risikogruppen unzureichend.
Ich möchte einige der Änderungsvorschläge hervorheben, die ich persönlich besonders begrüße. Ich freue mich, dass im Änderungsantrag 14 Frauen mit Behinderungen zusammen mit anderen schutzbedürftigen Gruppen als durch Gewalt besonders gefährdet erwähnt werden. Es ist deshalb unbedingt zu gewährleisten, dass Maßnahmen zum Schutz derjenigen eingeleitet werden, die unter mehrfacher Diskriminierung leiden.
In Änderungsantrag 14 werden auch Frauen, die in ländlichen oder entlegenen Gemeinden in Armut leben, erwähnt. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um diese Frauen und Kinder zu erreichen und um zu gewährleisten, dass sie Zugang zu den notwendigen Leistungen erhalten und vor Gewalt geschützt werden können.
Es freut mich zudem, dass in diesem Bericht auch Menschenhandel und Zwangsprostitution erwähnt werden, sowie Kinder, die Zeugen von Gewalt geworden sind, und Maßnahmen, die speziell dafür eingerichtet wurden, um die Misshandlung von Neugeborenen zu verhindern.
Doch letztendlich darf niemand – weder Neugeborene noch ältere Menschen, weder Einheimische noch Migranten, weder Dorf- noch Stadtbewohner – dem Risiko Gewalt ausgesetzt sein. Tatsächlich sollte die Bekämpfung der Gewalt im Rahmen des Schutzes der von der Charta der Grundrechte der EU garantierten Grundrechte anerkannt werden.
Lassen Sie mich abschließend noch sagen, dass ich die Förderung des Europäischen Jahres gegen Gewalt gegen Frauen voll und ganz unterstütze – ich halte die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für entscheidend.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE). – (ES) Frau Präsidentin! Vor anderthalb Jahren stand Spanien bei der Bekämpfung der von Männern ausgeübten Gewalt gegen Frauen an der Spitze Europas, als es ein umfassendes Gesetz gegen diese Gewalt verabschiedete. Aber im Laufe dieses Jahres sind bereits 51 Menschen im Ergebnis dieses Übels, dieser Art von Gewalt, getötet worden. Daher dürfen wir natürlich nicht zufrieden sein.
Das Gesetz war notwendig, so sagten wir, aber leider ist es mit einem Gesetz noch nicht getan, wie wir feststellen können. Das Wesen dieser Art von Gewalt ist tief in den Köpfen der Menschen verwurzelt und in den Kulturen, die unter diesen Denkweisen leiden, und ein Jahr oder ein Stück Papier reichen nicht aus, um das zu ändern.
Daphne, dessen Zielsetzung in der Bekämpfung aller Arten von Gewalt besteht, ist deshalb ein grundlegendes Instrument, und wir können und dürfen nicht darauf verzichten. Viele Formen von Gewalt gegen Frauen müssen bekämpft werden: Menschenhandel, physische und psychische Misshandlungen, Praktiken wie die Klitorisbeschneidung oder die Feminisierung der Armut, und viele andere. Alle erfordern dringende Aktionen und Ressourcen. Diese werden jedoch niemals ausreichen, so viele es auch sein mögen oder zu sein scheinen.
Wir müssen deshalb erneut die Regierungen aufrufen, aus ihrer europäischen Lethargie zu erwachen und zu begreifen, dass es nicht möglich ist, mehr Dinge mit weniger Geld zu tun, und dass wir hinsichtlich der Gewalt im Allgemeinen und der männlichen Gewalt gegen Frauen im Besonderen keine großen Aktionen verlangen können, wenn wir nicht auch die erforderlichen Mittel und Ressourcen für ihre Ausführung bereitstellen.
Daphne mit Ressourcen und mit politischer Bedeutung auszustatten, ist kein rein bürokratisches Verfahren. Wir dürfen nicht vergessen, dass sein oberstes Ziel darin besteht, Leben zu retten. Ebenso wie das spanische Gesetz gegen die geschlechtsspezifische Gewalt ist es zwar nicht ausreichend, aber dennoch unverzichtbar.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Es ist äußerst wichtig, dass dieser Bericht unserer Kollegin Gröner, die ich zu ihrer Arbeit beglückwünsche, angenommen wird. Das Programm Daphne kann zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen und zum Schutz der Opfer – einem Bereich, der gestärkt werden muss – beitragen. Damit wird den Daphne-Vorläuferprogrammen Kontinuität verliehen und die Möglichkeit ihrer Umsetzung erweitert.
Man darf die Gewalt gegen Frauen, das damit verbundene Leid und den Tod, zu dem sie häufig führt, nicht länger tolerieren. Dieser Kampf erfordert beharrliche Anstrengungen und andauerndes Eingreifen. Er kann und darf nicht mit anderen Aktionen verwechselt werden. Um die Rechte der Frauen entschlossen zu verteidigen, muss das Programm Daphne III, wie in dem uns vorliegenden Bericht vorgeschlagen, seine Selbstständigkeit bewahren. Darüber hinaus müssen die Mittel aufgestockt werden für ein effektiveres Vorgehen gegen physische, sexuelle oder psychologische Gewalt, einschließlich gegen Gewalt in Verbindung mit Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung oder gegen häusliche Gewalt bzw. ihre Androhung, deren Opfer vor allem Frauen, Jugendliche und Kinder sind.
Im Rahmen der Vorbeugung müssen wirksame Sensibilisierungskampagnen durchgeführt werden, für die das Europäische Jahr gegen Gewalt gegen Frauen ein Beispiel ist. Gleichermaßen notwendig ist die Hilfe für die Opfer. Die Festlegung eindeutiger und glaubwürdiger Ziele zur wirksamen Verringerung der Gewalt setzt ein umfassenderes Eingreifen der öffentlichen Politiken voraus und demzufolge mehr finanzielle Unterstützung für die in diesem Kampf engagierten Organisationen. Daraus ergibt sich die von uns geforderte Aufstockung, die, wie wir hoffen, beschlossen wird.
Johannes Blokland (IND/DEM). – (NL) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Frau Gröner zu ihrem Bericht beglückwünschen, der einige recht positive Vorschläge enthält. Damit meine ich hauptsächlich den Wegfall sämtlicher drogenbezogener Themen. Drogenkonsum und Gewalt werden trotz gewisser Überschneidungen aus gutem Grund auseinander gehalten. Die Betonung des Kampfes gegen Menschenhandel in diesem Programm halte ich für einen weiteren großen Zugewinn. Gleichwohl möchte ich bei dieser Gelegenheit die Bedeutung tatsächlichen Handelns herausstellen.
Die von vielen unternommenen Anstrengungen, um zur Zeit der Weltmeisterschaft Maßnahmen gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel zu ergreifen, wurden nicht mit konstruktivem Handeln seitens der Beteiligten belohnt. Hoffentlich kann die Koalition von Parlament und Kommission die Mitgliedstaaten, NRO und Bürger davon überzeugen und möglicherweise dazu zwingen, die Rechte von Mitmenschen zu achten, damit eine derartige Ausbeutung abnimmt.
Weniger positiv stimmen mich die Auffassungen zu der Verteilung der Verantwortung. Nach meiner festen Überzeugung ist es nicht Aufgabe des Staates, ohne guten Grund in die Privatsphäre einzelner Menschen einzugreifen. Anlass dazu besteht erst dann, wenn strafrechtliche Grenzen überschritten sind. Da diese Grenzen von Land zu Land unterschiedlich sind, obliegt es ihnen, deren Durchsetzung zu gewährleisten.
Da sich eine Rechtfertigung für eine aktive Rolle Europas auf diesem Gebiet nicht finden lässt, hat meine Fraktion für einige dieser Änderungsanträge die Abstimmung nach getrennten Teilen beantragt. Und wenn diese Elemente gestrichen sind, werde ich für die Anträge stimmen.
Andreas Mölzer (NI). – Frau Präsidentin! Es ist erschreckend, dass weltweit jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens Opfer von Gewalt wird. Erlauben Sie mir dazu einige Bemerkungen.
Im Bereich der Gewalt durch Jugendliche darf es nicht sein, dass Jugendliche sich bewaffnen können, Körperverletzung und Schlimmeres begehen und unter den jungen Menschen Partydrogen und andere Rauschmittel kursieren. Wir brauchen daher eine Schulung unseres Lehrpersonals, um Gewalt, Diebstähle, Vandalismus und Rauschgifthandel zu verhindern.
Ein weiterer Bereich, wo Gewalt gefördert wird, ist das Internet. Gerade das Internet verschafft Perversen nicht nur die Möglichkeit, mit potenziellen Opfern in Kontakt zu treten, es bietet auch vielfach detaillierte Anweisungen für Gewalt. Dort müssen wir die Strafverfolgung meines Erachtens verschärfen.
Schließlich muss ich jene Gewalt ansprechen, die im Bereich der Zuwanderungsgesellschaft existiert. Menschen, die aus Kulturkreisen mit einer völlig anderen, nämlich archaischen Einstellung zur Gewalt kommen, glauben, ihre erhöhte Gewaltbereitschaft auch innerhalb der EU ausleben zu können. Hier gilt es, den Zuzug von gewaltbereiten Elementen zu verhindern und Gewaltlosigkeit zum Ziel der Integration zu machen.
Anna Záborská (PPE-DE). – (SK) Zuerst möchte ich sehr herzlich die Abordnung von Frauen aus der italienischen Stadt Lazio begrüßen, die auf der Besuchertribüne Platz genommen hat und unsere Aussprache von dort verfolgt.
Lassen Sie mich zunächst an unseren gemeinsam erreichten Erfolg erinnern: Dank der engen und guten Zusammenarbeit von Parlament und Kommission war es möglich, ein ursprünglich auf zwei Themen ausgerichtetes Gemeinschaftsprogramm – Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kampf gegen Drogen – zu teilen. Damit haben wir dem wahren Stellenwert beider Bereiche Rechnung getragen. Ich danke Kommissar Frattini und seinem Team und vor allem unserer Berichterstatterin Frau Gröner für ihre ausgezeichnete Arbeit danken. Dank auch an all meine Kollegen im Ausschuss für die gute Zusammenarbeit. Ich bin stolz auf diesen Erfolg.
Das Programm Daphne wird jedoch nicht wirksam sein, solange Männer – zu Hause wie auch in der Politik und im öffentlichen Leben – nicht aktiv an diesem Prozess teilnehmen. In diesem Zusammenhang begrüße ich die Aktionen der österreichischen und der finnischen Präsidentschaft zur Verbesserung der Einbeziehung von Männern in die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter.
Seit 1946 wurden Dutzende Verordnungen verabschiedet, und trotzdem nimmt die Gewalt weiter zu. Ich hoffe, die vorliegende Verordnung wird mehr bewirken, denn wir alle wissen ja, dass das Problem durch Verwaltungsvorschriften und die Finanzierung von kurzfristigen, einmaligen Kampagnen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder allein nicht lösbar ist. Es genügt nicht, sich nur mit den Folgen zu beschäftigen. Wir müssen Prävention und systematische Erziehung sowie die Förderung von Achtung und Menschenwürde in den Mittelpunkt stellen. So, und nur so, wird sich etwas erreichen lassen. Wir müssen uns auf die Behandlung gewalttätiger Personen konzentrieren, sobald deren Neigung zu Tätlichkeiten deutlich wird. Anderenfalls werden die Mittel des Programms Daphne ineffektiv, wenn nicht gar völlig nutzlos ausgegeben sein.
Abschließend möchte ich noch die Gewalt gegen Kinder erwähnen, bei der das Programm Daphne ebenfalls zum Einsatz kommt. Just in diesem Moment wirbt eine Pädophilenpartei in den Niederlanden für ihre Agenda mit dem Ziel, Pädophilie und sexuelle Aktivitäten mit Kindern zu legalisieren, wenn die Kinder ihr Einverständnis geben. Fast niemand äußert sich dazu. Ich frage mich, warum...
Wenn es uns nicht gelingt, unsere Rechtsinstrumente zu nutzen und mit der Unterstützung von Politikern den Missbrauch Minderjähriger zu stoppen, werden wir den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen und Kinder niemals gewinnen.
Pia Elda Locatelli (PSE). – (IT) Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich meine Genugtuung darüber zum Ausdruck bringen, dass sich der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter und der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres darauf geeinigt haben, das hier von uns erörterte Programm inhaltlich in zwei spezifische Programme aufzuteilen. Diese Einigung wurde eigentlich von der Kommission vermittelt, und dafür möchte ich Kommissar Frattini danken.
Dies vorausgeschickt, möchte ich meine uneingeschränkte Unterstützung für den Bericht von Frau Gröner bekunden, die ich beglückwünschen möchte. In diesem Zusammenhang möchte ich einen Änderungsantrag hervorheben, den ich für besonders wichtig halte, und zwar jenen, der die Aufnahme nationaler, regionaler und lokaler Behörden in die Zielgruppen für Sensibilisierungsmaßnahmen vorsieht. Ich sage Ihnen auch warum: Vor einigen Tagen wurden in Mailand mehrere junge Frauen Opfer von Gewalttaten. Selbstverständlich riefen diese Gewalttaten Empörung hervor, doch wurden auch einige Kommentare abgegeben, die einmal mehr eine selbst bei den Behörden recht verbreitete Überzeugung bestätigen, wonach die Opfer von Gewalt in gewisser Weise eine Mitschuld tragen.
Sie alle werden sich sicher noch an das so genannte Jeans-Urteil erinnern. Ich möchte unter all den Kommentaren den des Präfekten von Rom herausgreifen, der erklärte, der jüngste Vorfall, die Vergewaltigung zweier französischer Mädchen, die sich auf eine Fahrt mit zwei Unbekannten eingelassen hatten, sei in erster Linie deren Unvorsichtigkeit geschuldet.
Diese Behauptung offenbart eine Denkweise, der zufolge, abgesehen von den sicherlich wohlgemeinten Absichten des Präfekten, eine Frau, die vergewaltigt wird, zumindest teilweise selbst daran schuld ist. Ist es denn ein Verbrechen, unvorsichtig zu sein? Ich glaube nicht, und ich wünsche mir keineswegs jene Zeiten zurück, in denen die Frauen aufgefordert wurden, abends zu Hause zu bleiben, um nicht unvorsichtig zu sein.
Sehen Sie, ich möchte daran erinnern, dass wir hier über Programme sprechen, die die Entwicklung der Europäischen Union als Raum der Freiheit, ich betone, der „Freiheit“, sowie der Sicherheit und des Rechts gewährleisten sollen.
Lena Ek (ALDE). – (SV) Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Es ist eine große Niederlage, dass wir an einem Spätsommertag des Jahres 2006 immer noch hier stehen und über geschlechtsspezifische Gewalt, Ehrenmord und Genitalverstümmelung sprechen müssen. Das zeigt, dass ein solches Verhalten in der Gesellschaft immer noch irgendwie akzeptiert wird und etwas ist, was wir noch überwinden müssen. Denn so lange wir uns nicht einig sind, dass Misshandlung, sowohl körperliche als auch psychische, eine Verletzung der Menschenrechte von Frauen und Kindern darstellt, werden Millionen Frauen und Kinder genau das erleiden.
Eine Möglichkeit, zu signalisieren, dass es sich hier um ein unannehmbares Verhalten handelt, ist die Anerkennung und Hervorhebung der vorhandenen internationalen Vereinbarungen: die UN-Konvention über die Rechte der Frau, die UN-Konvention über die Rechte des Kindes, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie das Werkzeug, das das Daphne-Programm darstellt. Ich bin entsetzt zu hören, dass die Fraktion Unabhängigkeit/Demokratie gegen Teile dieses Programms stimmen wird.
Es wird immer versucht, Drohungen, Gewalt und andere Schandtaten und schreckliche Vorgänge wie die Genitalverstümmelung unter Hinweis auf Tradition oder Kultur zu erklären oder zu rechtfertigen. Wir müssen also auch eine Diskussion am Arbeitsplatz, in der Schule, am Küchentisch und auch mit den im Namen der UNO ins Ausland geschickten Friedenstruppen in Gang bringen.
Die Länder, mit denen wir Abkommen haben, brauchen Unterstützung. Ich habe über dieses Thema am letzten Sonnabend mit Frauen in Kiew, in der Ukraine, gesprochen. Außerdem habe ich mich darüber viel mit Frauengruppen aus der Türkei unterhalten. Es gibt auf diesem Gebiet viel zu tun. Viele Vorschläge des heute vorliegenden Berichts sind sehr konstruktiv.
Wir müssen auch die Strafmaße überarbeiten. In Schweden beispielsweise ist die Höchststrafe für schwere sexuelle Übergriffe gegen Kinder genauso hoch wie für schweren Betrug. Das gibt Anlass zum Nachdenken.
In New York ist es gelungen, die Anzahl der Verbrechen gegen Frauen und die Gewalt gegen Frauen zu verringern. Ich betrachte dies als einen ersten Schritt, damit wir das Gleiche in Europa erreichen können. Das erfordert aber, dass wir uns darüber einig sind, wie inakzeptabel und furchtbar diese Situation ist.
Georgios Karatzaferis (IND/DEM). – (EL) Frau Präsidentin! Die bloße Tatsache, dass wir im Jahre 2006 über Gewalt gegen Frauen sprechen, zeigt unseren Verfall. Vor zweieinhalbtausend Jahren, in der Athener Republik, zu Zeiten des Sokrates, gab es keine Verbrechen, keine Gewalt gegen Frauen. Das wurde als inakzeptabel angesehen, während wir, zweieinhalbtausend Jahre später, mit dieser Gewalt, dieser unkontrollierten Gewalt gegen Frauen konfrontiert sind.
Wir müssen folglich etwas dagegen unternehmen. Ich weiß nicht, ob das Daphne-Programm ausreicht oder ob mehr notwendig ist. Die Strafen müssen unverzüglich härter werden. Die Strafen gegen jemanden, der eine Frau vergewaltigt, sind nicht hart. Heute, im Jahre 2006, gibt es mehr Prostitution von Frauen als vor 50 Jahren, nach dem Krieg.
Heute wird die Hälfte aller Frauen, die aus den ehemaligen Ostblockländern in unser Land, nach Griechenland, kommen – das kein reiches Land ist –, ausgeliefert. Das ist ein Verbrechen. Um die Gewalt gegen Frauen bekämpfen zu können, müssen wir daher zunächst die Armut bekämpfen, die zur Gewalt führt.
Außerdem ist es unsere Aufgabe, die Drogen effektiv zu bekämpfen. In meinem Land kommt es zu mehr Todesfällen im Zusammenhang mit Drogen als in irgendeinem anderen Land, und dabei ist es das ärmste Land im Euro-Währungsgebiet. Deshalb sollten wir uns effektiv um die Prävention kümmern und unser Augenmerk auf die wirksame Bestrafung der Schuldigen richten.
Christa Prets (PSE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Dass Daphne das wichtigste Programm gegen Gewalt ist, haben wir heute bereits gehört. Daher ist es umso wichtiger, dass dieses Programm vom Anti-Drogen-Programm getrennt ist. Eine solche Zusammenlegung hätte sicher zu noch mehr Missverständnissen und Unverständnis gegenüber der Europäischen Union geführt, vor allem bei denjenigen, die damit zu tun haben. Ich freue mich, dass dem nicht so sein wird.
Dieses erfolgreiche Programm muss als Antwort auf die steigende Gewalt so sichtbar und verständlich wie möglich weitergeführt werden. Genau zu diesem Zweck ist die Trennung hilfreich. Die Budgetverdoppelung ist ebenfalls erfreulich und sicher auch notwendig, weil wir die Palette der Ziele und Aktionen bedeutend ausgeweitet haben. Ich möchte hier besonders den Kampf gegen den Menschenhandel, insbesondere den Kinder- und Frauenhandel ansprechen, der sehr viel Aufmerksamkeit, und sehr viel Arbeit erfordert, zumal wir die Netzwerke ausbauen müssen und dafür auch entsprechende finanzielle Mittel brauchen.
Daher möchte ich auch den Vorschlag der Kollegin Gröner vehement unterstützen, beim Kampf gegen den Menschenhandel die Kooperationsprojekte auch auf Drittstaaten auszuweiten, denn es ist wichtig, dass man mit den Ursprungsländern kooperiert.
Daphne ist trotzdem nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Kampf gegen die Gewalt muss vor allem in den Mitgliedsstaaten verstärkt fortgesetzt und auch gesetzlich fortgeschrieben werden. Ich verweise hier auch auf das Wegweiserecht, das in Österreich schon vor langer Zeit umgesetzt und auch in vielen anderen Ländern angenommen wurde, und das besagt, dass Gewalttäter das Haus verlassen müssen. Ich möchte auch das Anti-Stalking-Gesetz erwähnen, das es jetzt in Österreich gibt, und mit dem psychische Gewalt bekämpft werden soll. Denn die wird noch nicht ernst genommen!
(Die Präsidentin entzieht der Rednerin das Wort)
Andrzej Tomasz Zapałowski (IND/DEM). – (PL) Wir sprechen heute wieder über die Bekämpfung von Gewalt. Es mag unnötig erscheinen, dieses Thema erneut zu diskutieren. Doch dem ist keineswegs so. Jedes Jahr werden Tausende von Frauen und Kindern in der Europäischen Union verschleppt und Opfer sexueller Ausbeutung. Es wird viel von Prävention und von Hilfe für die Opfer gesprochen. Doch was tun denn die Stellen, die dafür zuständig sind?
Da gibt es natürlich Vorzeigemaßnahmen, die kaum etwas bringen und nur Medienrummel erzeugen. Was ist denn mit den Arbeitslagern entlang der Mittelmeerküste in einem großen Mitgliedstaat der Europäischen Union, wo nach Pressemeldungen 20 000 Menschen aus anderen Mitgliedstaaten gearbeitet haben? Sie haben täglich fünfzehn Stunden gearbeitet. Die Baracken, in denen sie gelebt haben, waren von Stacheldraht umgeben und von bewaffneten Posten bewacht. Wer nicht arbeiten wollte, wurde sogar umgebracht. Vergewaltigungen vor den Augen der Ehepartner waren an der Tagesordnung.
Trotz der Intervention von Diplomaten und dringender Bitten entflohener Gefangener griff die Polizei erst nach einigen Monaten ein. Doch die aufgeklärten Bürger der Europäischen Union profitierten von dieser Sklavenarbeit. Kann es sein, dass die örtlichen Behörden nichts wussten? Immerhin ging es hier um Tausende Menschen. Diese Ereignisse haben sich vor wenigen Wochen zugetragen.
Wir debattieren also über wichtige Angelegenheiten, die schon lange gelöst sein sollten. Einige Leute, wie der Anführer der Sozialisten, verursachen international Aufruhr wegen nicht genehmigter, umstrittener Demonstrationen, doch wir ignorieren wissentlich eine neue Form ...
(Die Präsidentin entzieht dem Redner das Wort.)
Zita Gurmai (PSE). – (HU) Es ist eine Schande, dass Gewalt gegen Frauen zu einem weltweiten Phänomen geworden ist, bei dem nationale Grenzen ohne Bedeutung sind. Diese Art von Gewalt verursacht großes Leid und zerstört das Leben von Millionen Frauen und damit ganzer Familien. Allein in Europa ist jede fünfte Frau Opfer von Gewalt, deren Folgen an der Beeinträchtigung ihrer körperlichen und psychischen Gesundheit sowie der ihrer Kinder und Familienangehörigen ablesbar sind. Gewalt kann an scheinbar friedlichen Orten wie dem Zuhause oder im engsten Kreis am Arbeitsplatz lauern, sie zeigt sich im raueren Umgang der Geschlechter miteinander, in sexueller Belästigung und in ihrer schärfsten Form als Zwangsprostitution, die moderne Form der Sklaverei.
Wir dürfen unsere Augen nicht davor verschließen, dass die zahllosen Formen gewalttätigen und sexuell herabwürdigenden Verhaltens auf bestimmte soziale Bräuche und Traditionen zurückgehen, die für Europäer inakzeptabel sind. Dazu gehören beispielsweise Genitalverstümmelungen und Zwangsehen. Leider sind diese unannehmbaren Verhaltensweisen auch in der EU anzutreffen. Sie verstoßen grundsätzlich gegen Menschenrechte, einen der Eckpfeiler der Europäischen Gemeinschaften und der Union. Die Verteidigung dieser Rechte erfordert die Zusammenarbeit von Strafverfolgungs- und Justizbehörden sowie das gemeinsame Handeln von Mitgliedstaaten und Europäischen Institutionen.
Das Programm Daphne III erfreut sich breiter öffentlicher Unterstützung, gelang es unserer Kampagne gegen Zwangsprostitution doch allein während der Fußballweltmeisterschaft, 100 000 Unterschriften zu sammeln und die Unterstützung von Kommissar Frattini und auch die freiwillige Mitarbeit der Polizei der betreffenden Länder zu gewinnen. Wenn wir es geschafft haben, den Sport sauber zu halten, sollten wir auch bestrebt sein, das Leben in den Familien friedlich und gewaltfrei zu halten und die für Gemeinschaftsaktionen erforderliche Stärke aufzubringen.
Britta Thomsen (PSE). – (DA) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich danke zunächst der Berichterstatterin, Frau Gröner, für ihren hervorragenden Bericht über das Programm Daphne III. Gewalt gegen Frauen stellt in den Ländern der EU ein großes und zunehmendes Problem dar. Gewalt und insbesondere die Androhung von Gewalt zerstören das Leben vieler Frauen und ihrer Kinder. Jedes Jahr sterben in Europa Hunderte von Frauen an den Folgen häuslicher Gewalt, hinzu kommt eine große Anzahl von gemeldeten Fällen versuchter Morde. Es ist daher außerordentlich wichtig, dass das Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder bei der EU ganz oben auf der Tagesordnung steht. Gewalt gegen Frauen und Kinder ist ein spezielles Problem, das spezielle Initiativen und spezielle Lösungen erfordert.
Im Vorschlag des Parlaments liegt der Schwerpunkt auf den tagtäglich im häuslichen Umfeld stattfindenden Übergriffen und auf Veränderungen, die die nationalen Parlamente zwingen werden, zu diesen ernsten Fragen klar Stellung zu beziehen. Wir brauchen ein Programm, dessen einzige Zielrichtung die Gewalt ist und das dazu beitragen kann, dieses Problem stärker bekannt zu machen, und das überdies hilft, eine öffentliche Debatte über Gewalt in Gang zu setzen. Das Thema Gewalt darf nicht länger verschwiegen und tabuisiert werden, die Mitgliedstaaten müssen verstärkt Anstrengungen unternehmen, die Menschen – sowohl die Opfer als auch die Täter – darüber zu informieren, wie man Hilfe bekommen kann. Auch die Präventionsarbeit wird durch dieses Tabu sehr behindert. Wir müssen den Bürgern der EU die Augen öffnen, wie viele Opfer täglich in Angst vor Übergriffen leben. Gewalt ist keine Privatangelegenheit, in welchem Lebensbereich sie auch auftritt und von wem sie auch ausgeübt wird und unabhängig davon, ob es sich um Gewalt in der Familie oder im öffentlichen Leben oder um vom Staat ausgeübte Gewalt handelt.
Gewalt gegen Frauen tritt in vielen Formen auf: körperliche, psychische und sexuelle Gewalt, Zwangsprostitution und Frauenhandel. Oberstes Ziel der Aktivitäten der EU zur Bekämpfung von Gewalt ist die Verhinderung und Bekämpfung aller Formen von Gewalt, um derartige Verbrechen, die auch eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte darstellen, vollständig auszumerzen. Der Kampf gegen Gewalt muss als Teil des Schutzes unserer Grundrechte und -freiheiten verstanden werden.
Iratxe García Pérez (PSE). – (ES) Frau Präsidentin! Wir müssen zunächst den auf Initiative von Frau Gröner und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter eingebrachten Vorschlag begrüßen, der dieses konkrete Programm fördert, weil auf diese Weise die Tragweite des Problems anerkannt wird und konkrete Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Gewalt vorgeschlagen werden.
Wir müssen den Frauen die erforderlichen Mittel und Ressourcen zur Verfügung stellen, um dieser Realität zu entgehen, die Jahr für Jahr hunderten Frauen in allen Ländern der Union das Leben kostet. Die Gewalt gegen Frauen und Kinder ist eine Verletzung der Grundrechte, und zudem dürfen wir nicht vergessen, dass diese Verletzung noch viel schwerwiegender ist, wenn sie bestimmte Gruppen betrifft, wie Minderheiten oder in Armut lebende Menschen oder Behinderte.
Angesichts der alarmierenden Statistiken über die Opfer dieser Gewalt müssen wir eine echte soziale Revolution durchführen, denn wir dürfen nicht übersehen, dass hinter den Statistiken und den Zahlen die Geschichte von tausenden Frauen steht, die jeden Tag unter denen zu leiden haben, die sie einfach deshalb misshandeln, weil sie Frauen sind. Wir müssen uns deshalb mit Nachdruck für ein konkretes Programm einsetzen, das Fortschritte bei der Lösung eines sozialen Problems erzielt, nach dem alle öffentlichen Gewalten handeln müssen, um so zu einem Wandel beizutragen, der zu einer Gesellschaft mit mehr Gleichstellung führt.
Die spanische Regierung hat ein Gesetz gegen die geschlechtsspezifische Gewalt eingeführt, das ein eindeutiges Bekenntnis zur Bekämpfung dieses sozialen Übels enthält. Sicher kann dieses Gesetz dem Leid von Frauen nicht über Nacht ein Ende bereiten, aber es bietet dennoch einen wichtigen Rückhalt.
Das ist die Richtung, die die übrige Union einschlagen muss, mit entschiedenen Verpflichtungen und in der Überzeugung, dass Nichtstun zum jetzigen Zeitpunkt bedeutet, tausende Frauen sich selbst zu überlassen, die eine Reaktion von uns erwarten.
Die Präsidentin. Das Wort hätte jetzt Frau Lévai, die ich ebenfalls nicht im Raum sehe. Damit ist die Rednerinnen- und Rednerliste abgeschlossen. Ich gebe das Wort Herrn Frattini mit der Bitte zu entschuldigen, dass das Parlament wie immer unruhig ist, weil wir begierig sind, abzustimmen. Herr Frattini, trotzdem sind die Berichterstatterin und wir alle daran interessiert, zuzuhören.
Es tut mir Leid, Frau Kollegin, Sie waren nicht an Ihrem Platz, als ich Sie aufgerufen habe! Ich kann Sie nicht ans Ende der Rednerinnenliste setzen. Es geht Ihnen wie Frau Kauppi.
(EN) Meine Damen und Herren! Wenn einige Kolleginnen und Kollegen während einer Aussprache nicht an ihren Plätzen sind, dann kann ich als Sitzungspräsidentin entscheiden, diesen Abgeordneten nicht später das Wort zu erteilen.
(Beifall)
Es ist eine Frage der Höflichkeit, Frau Kauppi, nicht nur zur eigenen Rede anwesend zu sein, sondern auch den anderen Rednerinnen und Rednern zuzuhören.
Piia-Noora Kauppi (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte eine Bemerkung zur Anwendung der Geschäftsordnung machen. Ich habe mich heute Vormittag gegen 11.15 Uhr mit dem Sitzungssekretariat in Verbindung gesetzt. Dort sagte man mir, meine Redezeit sei auf heute Abend 21.00 Uhr verschoben worden.
Als ich erfuhr, dass mein Name auf der Liste erschienen war, druckte ich sofort meine Rede aus, eilte zu den Aufzügen und kam hierher, da ich feststellte, dass ich nun doch vor 21.00 Uhr hier sein musste! Natürlich verstehe ich, dass ich meine Redezeit jetzt nicht mehr in Anspruch nehmen kann, aber leider hat das Sitzungssekretariat die Abgeordneten viel zu spät darüber informiert, dass die Aussprache fortgeführt wird und nicht wie geplant um 11.30 Uhr endet. So geht man nicht mit Abgeordneten dieses Hauses um.
Die Präsidentin. Frau Kauppi, ich bin schon seit langem in diesem Haus tätig. Ich weiß, dass es schwierig ist herauszufinden, wann man mit seinem Redebeitrag an der Reihe ist, aber lassen Sie es mich noch einmal, und mit aller gebührenden Bescheidenheit, sagen: Ich persönlich – Sie mögen da anderer Meinung sein – finde es höflich, sich die Aussprache anzuhören und bereits vor der eigenen Redezeit hier zu sein. Wäre das immer der Fall, dann würde so etwas nicht passieren. Ihr Name wurde genauso angezeigt wie die Namen der anderen Abgeordneten – beispielsweise der von Frau Geringer de Oedenberg. Die Kolleginnen und Kollegen haben sich darüber gewundert, dass einige Abgeordnete nicht hier waren, und so wurden die Redezeiten um fünf Minuten vorverlegt. Das kann ich nicht ändern. Ich kann nur alle, die in einer Aussprache reden wollen, dazu einladen, von Anfang an hier zu sein. Dann würde Ihnen so etwas nicht noch einmal passieren. Das gilt für alle, die nicht im Plenum waren, als ich sie aufrief. Fünf oder sechs Kolleginnen und Kollegen, die ich aufgerufen habe, waren heute nicht hier und erhielten deshalb auch keine Redezeit.
Normalerweise, wenn wir viel Zeit haben, bin ich wie alle anderen Vizepräsidenten auch gern bereit, Abgeordnete ans Ende der Rednerliste zu setzen. Heute ist das jedoch nicht möglich, da wir über den Bericht abstimmen müssen.
Ich erteile jetzt Kommissar Frattini das Wort.
Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. – (IT) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie alle um Entschuldigung, aber mein Flug heute Morgen nach Straßburg hatte Verspätung, sodass ich den ersten Teil der Aussprache nicht verfolgen konnte; das hat indessen mein Kollege Kovács getan.
Ich weiß die Art und Weise, in der Parlament und Kommission in den letzten Monaten am DAPHNE-Programm gearbeitet haben, sehr zu würdigen. Mein aufrichtiger Dank gilt auch der Berichterstatterin und der Vorsitzenden des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. Die beiden wissen, dass ich vor etwa einem Jahr vom ersten Moment an die Überlegung unterstützt habe, den Teil von DAPHNE, der sich auf die Gewalt gegen Frauen und Kinder bezieht, von dem der Drogenbekämpfung gewidmeten Teil zu trennen, um unangebrachte Vermischungen der Sachbereiche zu vermeiden.
Ich freue mich sehr, dass diesbezüglich heute ein generelles Einvernehmen herrscht und dass der Schwerpunkt noch beharrlicher und nachdrücklicher mit etwa doppelt so viel Mitteln wie ursprünglich vorgesehen auf das Thema Vorbeugung und Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Kinder und Frauen gelegt werden kann.
Vor allem denke ich, dass die Kommission auch künftig nicht nur bereitwillig, sondern auch gern bei der Programmdurchführung eng mit dem Parlament zusammenarbeiten wird, und zwar in dem Sinne, dass sie das Parlament ständig darüber unterrichtet, wie die DAPHNE-Programme ausgestattet werden und zu welchen konkreten Ergebnissen die gegenwärtig finanzierten Programme und Vorhaben führen.
Im letzten Teil der Aussprache haben einige Abgeordnete ein wichtiges Thema angesprochen, genauer gesagt, die Rolle der Mitgliedstaaten und die Rolle Europas.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieses Thema erschien mir besonders wichtig, weil nicht nur die Rolle der Mitgliedstaaten, der Polizeibeamten und Gerichte bei der Verfolgung und Bestrafung von Gewalttaten auf nationaler Ebene hervorgehoben werden darf. Auch Europa muss seine Stimme hörbar gegen jede Form von Gewalt, die sich inzwischen in zunehmendem Maße gegen Kinder und Frauen richtet, erheben.
Deshalb ist das DAPHNE-Programm notwendig, darin besteht sein Zusatznutzen. Das entbindet jedoch die Polizei der Mitgliedstaaten und die Justizbehörden nicht von ihrer Pflicht, Fälle von Gewalt auf nationaler Ebene zu verfolgen und zu bestrafen. Nichtsdestotrotz müssen wir der Stimme Europas Gehör verschaffen gegen eine zunehmend grenzüberschreitende Kriminalität gegen Frauen – beispielsweise in sämtlichen Formen von Menschenhandel zum Zwecke der Zwangsprostitution – oder gegen Kinder – in Gestalt des schrecklichen Verbrechens der Pädophilie, die sich immer mehr zu einer grenzüberschreitenden Straftat entwickelt. Jenen, die immer noch Zweifel hegen, muss entgegengehalten werden, dass der Mehrwert europäischen Handelns in diesem Bereich offenkundig ist.
Ich möchte nun ganz kurz auf einige Änderungsanträge eingehen, die sich auf spezielle Arten der Gewalt beziehen. Wir müssen darauf achten, dass keine anderen Formen von Gewalt ausgeschlossen werden. Wie meine ich das? Ich meine das in dem Sinne, dass, wenn wir in dem Vorschlagstext nur auf einige unter DAPHNE förderfähige Maßnahmearten verweisen, wir Gefahr laufen, andere Formen von Gewalt auszuklammern, für die DAPHNE jedoch ebenfalls finanzielle Mittel bereitstellen sollte. Ich würde daher eine allgemeinere Formulierung vorziehen, die die Verhütung und Bekämpfung aller Arten von Gewalt abdeckt, ohne einige besonders zu nennen und somit ohne das Risiko, andere auszuschließen.
Ein spezieller Änderungsantrag bezieht sich auf die Europäische Föderation für vermisste und sexuell ausgebeutete Kinder. In einem vorgeschlagenen Kompromissänderungsantrag, Änderungsantrag 72, wird die Möglichkeit der Finanzierung dieses Verbands bestätigt, jedoch noch eine weitere Organisation namens ENOC – Europäisches Netzwerk der Ombudsleute für Kinder – hinzugefügt. Ich befürworte diesen Kompromissänderungsantrag, der es zum einen ermöglicht, ganz konkrete, bereits tätige Organisationen zu finanzieren, zum anderen aber auch mit dieser zweiten Organisation den Kreis potenziell zu begünstigender Einrichtungen erweitert.
Gestatten Sie mir noch zwei letzte Bemerkungen. Erstens wurde viel von einem europaweiten Kindersorgentelefon gesprochen. Diese Maßnahme ist äußerst wichtig, und ich kann Ihnen heute mitteilen, dass wir bereits dabei sind, den Entwurf für einen Rahmenbeschluss auszuarbeiten. Wir hatten uns bzw. ich hatte mich dazu verpflichtet, als ich Ihnen im Juni die Mitteilung über die Rechte der Kinder vorstellte. Heute kann ich Ihnen sagen, dass die Vorbereitungsarbeiten für den Rahmenbeschluss über ein einheitliches europaweites Kindersorgentelefon laufen und wir den konkreten Vorschlag umgehend vorlegen werden. Das ist eine Initiative, die wirklich sehr helfen wird, und deshalb danke ich auch jenen, die in der Aussprache darauf Bezug genommen haben.
Das letzte Thema, das von einigen Abgeordneten angesprochen wurde, betrifft den Gedanken einer europäischen Richtlinie zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen. Ich begrüße diesen Gedanken sehr, er ist sehr interessant. Sorge bereitet mir dabei allerdings die Frage der geeigneten Rechtsgrundlage. Wir müssen eine finden: Ich weiß nicht, ob die Verträge eine geeignete Rechtsgrundlage für eine Richtlinie zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen enthalten, doch wenn es uns gelingt, dieses Problem der Rechtsgrundlage zu lösen, würde ich unter politischen Gesichtspunkten den Gedanken einer Harmonisierung zumindest der europäischen Leitlinien sehr begrüßen, um Fälle krimineller Gewalt gegen Frauen streng zu bestrafen.
Das ist ein Überlegungsansatz, den wir später aufgreifen können. Ich danke allen, die sich an dieser Aussprache beteiligt haben, und bin bereit, weiterhin mit Ihnen in diesen Fragen zusammenzuarbeiten.
Die Präsidentin. Vielen Dank, Herr Kommissar!
Verehrte Kollegen, ich möchte diejenigen, die erst später gekommen sind, daran erinnern, warum wir heute den Zeitplan der Aussprache nicht einhalten konnten. Kommissar Mandelson hat 28 Minuten statt der maximal erlaubten 12 bzw. 15 Minuten Redezeit in Anspruch genommen. Wir müssen diese Dinge, die das Verhältnis von Parlament und Kommission betreffen, klären. Heute ist das leider nicht möglich, aber das ist die Ursache für die Probleme. Es tut mir leid, dass sich die Abstimmungsstunde deshalb verschoben hat.
Lissy Gröner (PSE), Berichterstatterin. – Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Ich möchte mich im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter bedanken und Sie wirklich auffordern, das was Sie zuletzt gesagt haben, auch umzusetzen und ein Rechtsinstrument zur aktiven Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Frauen und Jugendliche zu entwickeln. Aus nahezu allen Fraktionen kam heute die Unterstützung für diesen Vorschlag. Bitte greifen Sie die Debatte jetzt auf, damit wir schnell zu einem Ergebnis kommen. Die Zusammenarbeit ist gegeben.
Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet heute, um 12.00 Uhr, statt.
Schriftliche Erklärung (Artikel 142)
Véronique Mathieu (PPE-DE). – (FR) Das Programm DAPHNE hat bedeutende Fortschritte bei der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, Jugendliche und Kinder ermöglicht. Als wertvolles Instrument für die Sensibilisierung und die Einführung beispielhafter Praktiken hat DAPHNE die Unterstützung von NRO gewonnen und gleichzeitig das Bewusstsein der Öffentlichkeit für diese Formen von Gewalt, die lange als Tabu galten, geschärft.
Ganz abgesehen von diesen Ergebnissen, die durch eine verstärkte Finanzierung gefestigt und gestützt werden müssen, ist das doch ein konkreter Beweis für den Mehrwert einer Aktion auf europäischer Ebene, was uns daran erinnert, dass sich Europa ursprünglich als politisches Gebilde versteht, das auf Grundwerten wie dem Schutz der Schwächeren aufbaut. Dies ist heute, noch vor der Wirtschaftskraft, der wichtigste Zweck des europäischen Engagements.
Neben den erklärten „Zielen ehrgeiziger Ergebnisse“ möchten wir betonen, dass klare und glaubwürdige Ziele gesteckt werden müssen, um die Gewalt weiter zu verringern, denn es ist noch viel zu tun. So können wir die Einrichtung von Helpdesks für die betroffenen Organisationen sowie die Ausweitung der Hilfe auf eine größere Anzahl von NRO begrüßen, was wegen des weltweiten Ausbreitung der organisierten Kriminalität erforderlich wurde.
Wir möchten daran erinnern, dass der Erfolg der DAPHNE-finanzierten Programme vom Engagement der Akteure abhängt, die die unentbehrliche Arbeit vor Ort leisten und die Weiterverfolgung gewährleisten.