Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an den Rat über die Vorbereitung der EU auf ihre künftige Rolle im Kosovo von Joost Lagendijk und Gisela Kallenbach im Namen der Verts/ALE-Fraktion, Hannes Swoboda und Jan Marinus Wiersma im Namen der PSE-Fraktion, Doris Pack im Namen der PPE-DE-Fraktion, Elizabeth Lynne, Sarah Ludford und Jelko Kacin im Namen der ALDE-Fraktion (O-0082/2006 – B6-0426/2006).
Joost Lagendijk (Verts/ALE), Verfasser. – (NL) Herr Präsident! Darf ich einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen? Will nicht zuerst der Rat, die Ministerin, die Anfrage beantworten? Die Frage, die dem Rat bereits gestellt worden ist, ist klar. Die Abgeordneten erhalten dann zu gegebener Zeit Gelegenheit, zur Antwort des Rates Stellung zu nehmen.
Der Präsident. Ich muss darauf hinweisen, dass die Dienste bestätigt haben, dass die Verfasser der Anfrage auf jeden Fall vor deren Beantwortung durch den Rat den wesentlichen Inhalt ihrer Frage zu erläutern haben, bevor die Anfrage selbst behandelt wird.
Joost Lagendijk (Verts/ALE), Verfasser. – (NL) Herr Präsident! Die vorliegenden Anfragen wurden zum größten Teil im Anschluss an einen Besuch einer Parlamentsdelegation im Juni eingereicht. Während dieses Besuchs gewannen wir den Eindruck, dass die Europäische Union zwar präsent ist und sich auf ihre Aufgabe vorbereitet – die, wie wir alle wissen, für die weitere Zukunft des Kosovo von entscheidender Bedeutung sein wird –, dass aber die dafür aufgewandte Energie und das darauf gerichtete Augenmerk in einigen Bereichen zu wünschen übrig lassen. Das betrifft mehrere Aspekte.
Erstens werden von der Europäischen Union in den Bereichen Sicherheit und Justiz offenkundig gründliche Vorbereitungen im Hinblick auf die Übernahme der Aufgaben der UNO-Mission im Kosovo, der UNMIK, getroffen, doch wird unseres Erachtens die EU nicht in den Bereichen Sicherheit und Justiz, so wichtig sie auch sein mögen, eine bedeutende Rolle zu spielen haben. Ebenso wichtig sind doch beispielsweise die Koordinierung aller Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft, die weitere Unterstützung beim Aufbau einer Zivilverwaltung sowie, ganz entscheidend, die Überwachung der Achtung der Menschenrechte.
Das sind fundamentale Aufgaben, die nach dem Rückzug der UNO, für den die Vorbereitungen in vollem Gange sind, demnächst der EU zufallen werden. Unsere Frage an den Rat und die Europäische Union lautet nun: Ist man wirklich bereit und imstande, sich gründlich vorzubereiten – das heißt in allen diesen Bereichen und nicht nur in einigen?
Diese Vorbereitung muss unserer Ansicht nach mit voller Zustimmung und in enger Zusammenarbeit mit der Kommission erfolgen. Ich frage mich, mehr aus Interesse denn aus Kritik, ob die Mitgliedstaaten und die Kommission in der Lage sind, eine vollgerüstete, funktionsfähige Kommissions-Delegation rechtzeitig auf die Beine zu stellen.
Im Sinne der damit verbundenen symbolischen Bedeutung sollte schließlich die EU alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihre Verwaltung von derjenigen der UNO-Mission, der UNMIK, zu trennen. Wir können es uns nicht leisten, dass die EU als eine Art EU-MIK verstanden wird, wie sie dort bisweilen wahrgenommen wird. An den Symbolen, den Gebäuden und der Art, wie sie sich präsentiert, muss erkennbar sein, dass die EU einen Neubeginn in einem Kosovo bedeutet, das sich von dem Kosovo während der ab 1999 bestehenden UN-Präsenz unterscheidet.
Dies sind die Fragen, auf die wir gern von der Kommission und insbesondere vom Rat eine Antwort hätten.
Hannes Swoboda (PSE), Verfasser. – Herr Präsident, Frau Ratsvorsitzende, Herr Kommissar! Wenn wir in der Geschichte dieser Region zurückblicken, sind in Jugoslawien zum Teil katastrophale Ereignisse zu verzeichnen, unter anderem auch Miloševićs Aktivitäten im Kosovo, die dazu geführt haben, dass wir jetzt diese für Europa schwierige und wichtige Frage zu lösen haben.
Der Westen, insbesondere die Europäische Union hat nicht geduldet, dass Milošević die Bevölkerung, vor allem die albanisch sprechende drangsaliert, vertreibt und zum Teil tötet. Aber das heißt natürlich auch, dass wir in dieser Region für Werte gekämpft haben, die wir jetzt auch vertreten müssen! Ich hoffe, dass der Rat ganz klar bei der Einhaltung dieser Werte bleibt und auf ihre Einhaltung drängt.
Was sind diese Werte: Sind das die Menschenrechte, sind das die Minderheitenrechte? Es ist — wenn ich das so sagen kann — vor allem das Recht auf Heimat, das alle Menschen, die im Kosovo ihre Heimat haben, auch wahrnehmen können müssen, in allen Aspekten, nicht nur im alltäglichen Leben und im Überleben, sondern auch gerade, was das kulturelle und religiöse Leben angeht, das in dieser Region insbesondere für die serbische Bevölkerung eine tiefe Verankerung und Verwurzelung hat.
Muss nun dieses Leben in einem eigenen Staat Kosovo erfolgen? Ja oder nein?
Ich glaube, eine optimale Lösung gibt es nicht. Vielleicht wäre es optimal, wenn wir alle in einem Europa ohne staatliche Grenzen und Autoritäten gemeinsam leben könnten. Ich bezweifle, dass dies realistisch ist. Daher ist dies ein wirklich ernsthafter Gedanke, dem wir uns hier stellen müssen. Ich meine, selbst für Serbien und die serbische Bevölkerung insgesamt wäre es keine Lösung, würde es nicht dazu kommen, dass es im Kosovo eine staatliche Einheit gibt, die — wie schon erwähnt — die Menschenrechte und die Minderheitenrechte voll gewährleistet.
Die Unabhängigkeit — sie zeichnet sich für das Kosovo ab — muss also ganz klar mit Bedingungen und europäischen Standards verbunden sein, Ich hoffe, dass der Rat in Zukunft bei allen Beratungen eindeutig darauf drängt. Es wäre uns wohler, wenn die albanische Mehrheit in den vergangenen Monaten bereits gezeigt hätte, dass sie voll die Rechte der Minderheiten — und hier geht es vor allem um die serbische Bevölkerung — voll respektiert. Das ist zum Teil geschehen, zum Teil nicht. Deshalb müssen wir darauf drängen, dass das beim Prozess der Unabhängigkeit auch voll erfüllt wird. Dazu ist vor allem die Europäische Union aufgerufen.
Für uns, die wir vor kurzem im Kosovo waren, war es eigentlich sehr erfreulich, dass viele Vertreter der albanischen Mehrheit von einer begrenzten Souveränität gesprochen haben, die insbesondere in der ersten Phase auch von der albanischen Mehrheit zu akzeptieren ist. Durch wen kann diese Souveränität begrenzt sein? Sicherlich nicht durch Serbien, im Interesse vielleicht auch Serbiens und der Serben, aber vor allem durch die Europäische Union.
Und hier komme ich zu dem, was Kollege Lagendijk bereits angesprochen hat. Im Rechtssystem, im Bereich der Sicherheit, insbesondere der Polizei, aber natürlich auch, was die militärische Sicherheit betrifft, wird die Europäische Union eine große Rolle spielen müssen. Zu organisieren, wie sie diese Rolle spielt — dies ist Aufgabe des Rates und natürlich auch der Kollegen der Kommission. Denn es wäre schlimm, wenn Europa gerade in dieser Region wieder mit zwei oder verschiedenen Stimmen auftritt.
Nein, wir brauchen gerade in dieser Region eine einzige Stimme, die für die Menschenrechte, für die Minderheitenrechte in einem zukünftigen unabhängigen Kosovo eintritt, so dass die Begrenzung der Souveränität aufgehoben werden kann, wenn das Kosovo und die Mehrheit dort sich auch dementsprechend verhalten.
Der letzte Punkt: Für Serbien ist es sicherlich schwer zu verkraften, nach der Unabhängigkeit von Montenegro jetzt auch noch Kosovo! Aber wenn Serbien die Unterstützung der Europäischen Union bekommt, dann kann daraus ein neues Serbien entstehen, das einen wertvollen Partner für alle Mitglieder der Europäischen Union darstellt.
Daher möchte ich Sie, Frau Ratspräsidentin, auch bitten, wirklich alles daran zu setzen, gemeinsam mit der Kommission und dem Europäischen Parlament, Serbien zu helfen, diese schwierige Phase zu überwinden. Sie wird nicht überwunden, indem man Kosovo eine formale Struktur in Serbien selbst gibt. Sie wird überwunden, indem zwei unabhängige Staaten miteinander in Freundschaft und in Frieden leben können.
Doris Pack (PPE-DE), Verfasserin. – Herr Präsident, Herr Kommissionspräsident, Herr Kommissar, Frau Ratspräsidentin! Ich möchte unterstreichen, was Kollege Swoboda und auch der Kollege Lagendijk gesagt haben. Eigentlich haben sie alle Fragen schon gestellt, aber ich möchte doch noch einmal vertieft auf einzelne Punkte eingehen.
Wir haben im Kosovo vier verschiedene Repräsentationen: Wir haben die Agentur für Wiederaufbau, die Hervorragendes geleistet hat. Wir haben den so genannten vierten Pfeiler im Rahmen der UNO, wo wir quasi für die wirtschaftlichen Dinge wie auch für die Privatisierung zuständig sind. Wir haben eine Delegation dort unten, und zu guter Letzt haben wir auch noch eine Vertretung des Rates. Das alles in dem kleinen Kosovo. Man muss sich schon fragen, wie das alles organisiert wird, wie alle diese Stellen überhaupt miteinander kommunizieren können.
Es gibt nun – wie wir feststellen konnten, als wir dort unten waren – dieses EU-Planungsteam, das dafür da ist, die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Also ich empfinde das als sehr schmalbrüstig. Die Aufgaben, die vor uns liegen, sind sehr viel größer. Es wird der Größe und Bedeutung dessen, was wir uns für nächstes Jahr vorgenommen haben, nicht gerecht, wenn wir das nur so schmalbrüstig angehen.
Wir müssen versuchen, Kapazitäten zu schaffen. Wir müssen helfen, die Zivilverwaltung aufzubauen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Minderheiten- und Menschenrechte geachtet werden. Und wie machen wir das, wo es vor Ort so viele Player unserer Couleur gibt, außerdem noch die OSZE, den Bürgerbeauftragten und andere.
Die UNO, die auch in unser aller Namen dort unten ist, hat durch die UNMEC in den letzten Jahren sicherlich Gutes getan, aber sie hat auch viele Fehler gemacht. Wahrscheinlich ist das beim Aufbau der zivilen und lokalen Verwaltungen gar nicht anders möglich. Würden wir das besser machen? Haben wir denn überhaupt Männer und Frauen, die dort unten engagiert arbeiten wollen und können, die Vertrauen schaffen können, die auch genügend Engagement mitbringen, um vor Ort auch wirklich das zu leisten, was wir brauchen?
Inwieweit haben wir als Europäische Union Einfluss auf die Kosovo-Polizeikräfte? Wir wissen, dass sie daraus eine militärische Organisation machen wollen. Inwieweit pflegen wir mehr als nur oberflächliche Kontakte zu den Regierungsstellen? Welche Rolle werden eventuell europäische Streitkräfte im Kosovo demnächst spielen? Ich weiß, das sind alles Fragen, auf die wir eine Antwort erwarten, die zu geben Sie wahrscheinlich noch nicht in der Lage sind, aber ich möchte Ihnen sagen, dass ich persönlich Angst habe, dass wir nicht adäquat vorbereitet sind.
Wenn wir uns in das Nachbarland Bosnien und Herzegowina begeben, dann sehen wir, wie schwierig es ist und mit wie vielen Problemen wir heute noch in Bosnien und Herzegowina zu tun haben. Wir haben dort einen Repräsentanten, der allmächtig war – eigentlich noch ist –, und der alles tun konnte, was man in einer Demokratie eigentlich nur aufgrund demokratischer Gesetzgebung tun kann. Das Problem ist, dass wir dort unten jetzt eine Situation haben, die den neuen Herausforderungen nicht gewachsen ist, weil die Menschen nicht gewöhnt waren, selbst Verantwortung zu übernehmen.
Was wir im Kosovo brauchen, ist Hilfe zur Selbsthilfe der Kosovaren. Und mit Kosovaren meine ich nicht nur die Albaner, sondern eben auch die Serben, die dort heimisch sind, und von denen wir eigentlich erwarten dürften, dass sie sich in die Institutionen einklinken. Da fehlt es mir einfach an Druck auf die serbische Regierung in Belgrad, dass sie die Serben im Kosovo teilnehmen lässt. Das ist ja das Problem. Wenn wir Oliver Ivanovic in Serbien zuhören, dann wissen wir, dass er gerne würde, wenn er denn dürfte. Ich finde, da fehlt einfach der Druck auf die serbische Regierung, dass sie den Serben vor Ort die Gelegenheit gibt, an ihrer Zukunft weiterzubauen. Denn irgendwann einmal müssen sie es ja tun, dann ist ja Serbien nicht mehr für sie zuständig!
Ich unterstreiche das, was der Kollege Swoboda gesagt hat. Diese Region wird zusammen mit den Nachbarn ein Teil der Europäischen Union werden. Deswegen müssen wir dafür sorgen, dass sie imstande sind, diese Aufgaben zu lösen, dass sie die Menschenrechte und die Minderheitenrechte achten, dass sie mit unserer Hilfe all die administrativen Fähigkeiten entwickeln, die sie brauchen, um auch unsere Gesetzgebung anzunehmen und umzusetzen, und dann auch im Verein mit den Nachbarn Montenegro und Serbien einen reibungslosen Weg in die Europäische Union finden. Ich wünsche mir sehr, dass wir in der Lage sind, diese Hilfe zu leisten. Ich wage aber, leise Zweifel daran zu äußern.
Sarah Ludford (ALDE), Verfasserin. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte mich bei Herrn Lagendijk, unserem Berichterstatter, dafür bedanken, dass er diese hochaktuelle Frage angesprochen hat.
Es ist wahr: Als wir im Juni aus Pristina zurückkehrten, machten wir uns große Sorgen, ob die EU in der Lage sein wird, ihre zukünftige erweiterte Rolle im Kosovo voll zu übernehmen und auch zu Ende zu führen, denn wenn wir uns ein weiteres Gebiet ansehen, in dem die internationale Gemeinschaft Aufgaben im Bereich Staatsaufbau und Wiederaufbau übernommen hat – ich denke hierbei an Afghanistan – können wir keine Erfolge erkennen. Wir müssen aus dieser Erfahrung die Lehre ziehen, dass ein umfassendes, gut organisiertes und konsequentes Engagement, nicht aber ein halbherziges und finanziell schlecht ausgestattetes Vorgehen erforderlich ist. Und der Kosovo wird für die EU in Zukunft eine kostspielige Aufgabe sein, wobei die Alternative – nämlich Chaos, ethnische Konflikte und Kriminalität – noch kostspieliger wären. Wir müssen den Kosovo als das zukünftige EU-Mitglied behandeln, das er in der Tat ist.
Die zweite Lehre – die wir eigentlich nicht aus dem Geschehen in Afghanistan oder Irak ziehen müssen, weil sie auf der Hand liegt – ist: „Es geht um die Wirtschaft.“ Unsinn! ?? Die größte Herausforderung im Kosovo ist die enorme Arbeitslosigkeit. Natürlich müssen Status, Verfassungsfragen und Verwaltungskapazität gelöst werden. Auch Sicherheit und Polizei stellen akute Probleme dar. Doch der Schlüssel zu Frieden und Koexistenz ist die soziale und wirtschaftliche Entwicklung. In diesem Zusammenhang müssen Bildung, landwirtschaftliche Entwicklung, Visaerleichterungen oder besser noch liberalisierte Visaregelungen ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Serben und andere Minderheiten sowie Kosovo-Albaner müssen erkennen, dass es ihnen in Zukunft besser gehen wird.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang eine Idee äußern. Sie stammt nicht von mir, ich greife nur den Gedanken von anderen auf, die vorgeschlagen haben, eine internationale Universität in Mitrovica in Anlehnung an die Südosteuropäische Universität in Tetovo zu schaffen. Das ist eine hervorragende Idee, und ich hoffe, wir können einen reichen Geldgeber finden, dem es gelingt, dieser Idee in den beiden Verwaltungen dieser Stadt Gehör zu verschaffen. Das könnte der wirtschaftlichen Entwicklung im Norden des Kosovo Auftrieb geben.
Abschließend noch ganz kurz eine Bemerkung. Wir machen uns Sorgen im Zusammenhang mit so genannten Sonderauslieferungen. Der ehemalige Menschenrechtskommissar des Europarats, Alvaro Gil-Robles, erklärte, er habe irgendwann im Jahre 2002 oder 2003 Inhaftierte – Gefangene – in orangefarbenen Overalls, wie wir sie von Guantánamo kennen, gesehen, die von der KFOR festgehalten wurden, konnte sich der Angelegenheit jedoch nicht weiter annehmen. Übrigens wurde Vertretern des Ausschusses für Folter des Europarats der Zugang zu Gefangenen im Kosovo verwehrt. Das ist nicht hinnehmbar, wenn ein Territorium unter der Leitung einer internationalen Gemeinschaft steht, die vorgibt, die Menschenrechte zu achten. Ich hoffe, die EU kann in Zukunft sicherstellen, dass kein Zweifel mehr besteht, dass im Kosovo das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte eingehalten werden.
Paula Lehtomäki, amtierende Ratspräsidentin. – (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Europäische Union ist sich der Tatsache wohl bewusst, dass der Prozess zur Klärung des Status des Kosovo für die internationale Gemeinschaft eine bedeutende Herausforderung ist. Es liegt im eigenen Interesse der Europäischen Union, hier zu einer positiven und nachhaltigen Lösung zu gelangen. An der Spitze des Prozesses zur Klärung der Statusfrage steht der UN-Sondergesandte Martti Ahtisaari. Die EU ist durch ihren Sonderbeauftragten voll in diese Arbeit eingebunden. Gleichzeitig pflegen die Union und speziell der finnische Ratsvorsitz regelmäßige direkte Kontakte zum Sondergesandten Ahtisaari, der zuletzt am 17. Juli auf der Tagung des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ über die Situation Bericht erstattet hat.
Der UN-Sondergesandte bemüht sich auch weiterhin, sowohl Belgrad als auch Pristina dazu zu bewegen, sich aktiv an den Verhandlungen zu solchen zentralen Fragen wie Dezentralisierung der staatlichen Verwaltung, geistiges und kulturelles Erbe, wirtschaftliche Fragen und Minderheitenrechte zu beteiligen. Die direkten Gespräche und Konsultationen mit den Experten dauern an. Die Auffassungen der Parteien weichen weiterhin voneinander ab, aber der Prozess war insoweit hilfreich, als er die Haltungen der Parteien klargestellt und es ermöglicht hat, eine gemeinsame Grundlage für eine künftige Lösung zu finden.
Die Europäische Union unterstützt diese Bemühungen in vollem Umfang. Durch ihren Vertreter und durch die Kommission nimmt sie eine führende Rolle im Hinblick auf die wirtschaftlichen Aspekte des Prozesses ein. Sie begrüßt die Entscheidung des Sondergesandten des UN-Generalsekretärs, zu direkten politischen Gesprächen über den Status des Kosovo überzugehen und beide Seiten aufzufordern, sich konstruktiv an der neuen Verhandlungsrunde zu beteiligen.
Die Europäische Union unterstützt die gemeinsamen Anstrengungen des Sondergesandten des UN-Generalsekretärs für das Kosovo und der provisorischen Selbstverwaltungsorgane des Kosovo zur Einführung von Standards voll und ganz. Es ist aber auch erforderlich, sich auf den allmählichen Übergang von dem Reformprozess im Einklang mit diesen Standards zu jenem Reformprozess einzustellen, der die europäische Integration zum Ziel hat.
Nach Klärung der Statusfrage wird das Engagement der Union drei Bereiche erfassen: Das sind die Beteiligung der Union an einer künftigen zivilen Präsenz, mögliche zivile Krisenbewältigungsoperationen zur Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit, insbesondere was die Polizei und die Gerichtsbarkeit angeht, sowie eine Präsenz der EU mit dem Ziel, die europäische Perspektive des Kosovo zu unterstützen. Die Vorbereitungen laufen in allen drei Bereichen. Dank einer Gemeinsamen Aktion der EU wurde die EU-Planungsgruppe ins Leben gerufen und bereits in das Kosovo entsandt, wo sie sich auf eine mögliche zivile Krisenbewältigungsoperation im Bereich der Rechtsstaatlichkeit, die ich bereits erwähnt habe, vorbereiten soll.
Die Planung der künftigen Rolle der Union im Kosovo erfolgt im Zusammenwirken mit der Europäischen Kommission. Auf diese Weise werden wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die bisherige Tätigkeit der Europäischen Union konsequent fortzusetzen.
Eine künftige internationale Präsenz im Kosovo wird nicht in Form der EU-Mission für das Kosovo (EUMIK) erfolgen. Sobald eine Lösung erzielt ist und die Mission der Vereinten Nationen für das Kosovo (UNMIK) nach und nach wieder aufgelöst worden ist, sollten die Institutionen des Kosovo selbst in der Lage sein, für die Belange des Landes zu sorgen. Das Kosovo selbst sollte die Macht vor Ort und die volle Eigenverantwortung übernehmen. Internationale Aktivitäten sollten dazu beitragen, dass die eigenen Organe des Kosovo die volle Verantwortung für die Angelegenheiten des Kosovo übernehmen.
Die Europäische Union spielt bei der Klärung der Statusfrage des Kosovo eine sehr zentrale Rolle. Sie wird Teil der künftigen internationalen Präsenz sein und sich an einer möglichen internationalen Krisenbewältigungsoperation beteiligen; sie wird außerdem die Anstrengungen zur Stärkung der Stabilität und der sozioökonomischen Entwicklung im Kosovo unterstützen. Die künftige Rolle der EU im Kosovo erfordert natürlich auch eine nicht unerhebliche Finanzausstattung. Die Union ist gegenwärtig dabei zu prüfen, wie sie ihrer Rolle auf angemessene Art und Weise gerecht werden kann.
Es ist das gemeinsame Ziel der EU und des Kosovo sicherzustellen, dass das Kosovo zu einem verlässlichen Partner wird, der gemeinsam mit unseren anderen Nachbarregionen engere Beziehungen zur Europäischen Union aufbaut. Ein Schlüsselfaktor dafür ist die Schaffung eines demokratischen und multinationalen Kosovo, das gute Voraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung und eine stärkere Integration bietet.
Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Der Kosovo ist in der Tat ein Teil Europas. Er ist nicht unser Hinterhof, sondern der Vorgarten, und gehört langfristig auch zum zukünftigen Hoheitsgebiet der EU. Die Europäische Union trägt eine wesentliche Verantwortung für die Zukunft des Kosovo.
In unserem gemeinsamen Dokument über die künftige Rolle der EU im Kosovo, das im Juli dieses Jahres vorgelegt wurde, haben Javier Solana und ich eindeutig dargelegt, dass die EU nach Abschluss des Statusverfahrens die Führung der internationalen Präsenz übernehmen muss. In unserem Papier wurden Charakter, Umfang und Zuständigkeit eines zukünftigen internationalen Engagements analysiert; ferner wurden die Rolle der EU nach Klärung der Statusfrage sowie praktische Schritte zur Umsetzung der europäischen Perspektive des Kosovo erläutert.
Ich stimme Frau Minister Lehtomäki sowie den Abgeordneten des Parlaments voll und ganz zu, die erklärten, dass UNMIK nicht durch eine Art EUMIK ersetzt werden sollte, sondern durch eine schlankere, vereinfachtere internationale Präsenz oder internationale zivile Mission.
Das vom Rat angenommene gemeinsame Papier unterstützt die Arbeit von Präsident Martti Ahtisaari. Die Erzielung einer ausgehandelten Lösung der Statusfrage für den Kosovo darf nicht als etwas Selbstverständliches angesehen werden. Der UN-Beauftragte für die Statusfrage benötigt unsere volle Unterstützung, um ein umfassendes Paket vorlegen zu können, das es dem UN-Sicherheitsrat ermöglicht, das weitere Vorgehen festzulegen. Im Wesentlichen geht es um den Schutz der Minderheiten, insbesondere der Minderheit der Kosovo-Serben.
Der erfolgreiche Abschluss des Prozesses der Festlegung des künftigen Status hängt in beträchtlichem Maße von der Fähigkeit und Bereitschaft der EU ab, sich schnell und konkret für eine Gesamtlösung einzusetzen. Die EU muss ein eindeutiges Signal setzen, dass sie sich im Kosovo engagieren wird, um eine Hauptrolle bei der Umsetzung der Lösung der Statusfrage zu spielen und die langfristige EU-Perspektive des Kosovo durch den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess zu unterstützen.
Die Befugnisse der künftigen internationalen Präsenz im Kosovo sollten auf die Überwachung der Umsetzung der Statusfrage beschränkt sein. Alle übrigen Vollmachten, die gegenwärtig von UNMIK ausgeübt werden, sollten grundsätzlich an die Behörden des Kosovo übergeben werden, damit sie verantwortungsvoll die Regierung übernehmen können und dafür auch voll zur Verantwortung gezogen werden können.
Nach der Klärung der Statusfrage besteht unser Ziel darin sicherzustellen, dass der Kosovo zu einem zuverlässigen Partner wird, der sich gemeinsam mit der übrigen Region auf die EU zu bewegt. Die EU muss auch weiterhin die Regierung des Kosovo bei der Schaffung moderner, offener, marktorientierter und unternehmensfreundlicher Bedingungen unterstützen, die Strukturreformen voraussetzen, die mit der EU kompatibel sind.
Als Mitglieder der Haushaltsbehörde ist Ihnen bestimmt bewusst, dass die Stabilisierung des Kosovo ihren Preis hat. Ich stimme Frau Minister Lehtomäki voll und ganz zu, dass wir in Zukunft die entsprechenden Vorkehrungen treffen (Rückstellungen vornehmen?) müssen, um diese Kosten decken zu können. Die Kommission arbeitet gemeinsam mit der Weltbank und den Behörden vor Ort an einem mittelfristigen „Entwicklungsplan und einer Strategie für den Kosovo“. Nach Klärung der Statusfrage werden wir eine Geberkonferenz organisieren, um die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft für die Bevölkerung des Kosovo zu mobilisieren.
Wir sollten nicht vergessen, dass es besser ist, die Kosten für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu tragen, als noch mehr Soldaten in die Balkenländer zu entsenden.
(Beifall)
Liebe Freunde, in dieser Hinsicht halten Sie und der Rat den Schlüssel in den Händen. Da Herr Poettering und andere hoch angesehene MdEP heute Morgan hier anwesend sind, möchte ich auf einen wichtigen Punkt hinweisen: Die vom Rat vorgeschlagenen Kürzungen des Haushalts für Mitarbeiter der Kommission würden die Erfüllung dieser Aufgabe im Kosovo und auf dem Westlichen Balkan einfach unmöglich machen.
(Beifall)
Der Plan des Rates würde zur Streichung von 1700 Stellen bei der Kommission führen und mit 170 Stellen im Jahre 2007 anfangen. Bitte verlangen Sie nicht von der EU und der Kommission, noch mehr zur Gewährleistung der äußeren und inneren Sicherheit – sei es im Kosovo, im Libanon oder auf den Kanaren – zu tun. Wenn unsere Hände gebunden sind, können wir Ihren Anforderungen nicht nachkommen.
(Beifall)
EU-Politik und -Hilfe fallen nicht vom Himmel: Um sie zu verwirklichen, braucht man kompetente Mitarbeiter. Und auch die haben ihren Preis.
An den finnischen Ratsvorsitz habe ich eine besondere Bitte. Der derzeitige UN-Beauftragte für die Statusfrage kommt aus Finnland, und ich bin im Auftrag der Kommission vor allem für den Westlichen Balkan und den Kosovo zuständig. Ich hoffe, dass der Rat und der Ratsvorsitz unsere Aufgabe, für Frieden und Stabilität auf dem Westlichen Balkan und im Kosovo zu sorgen, nicht unmöglich machen. Ich appelliere an das Parlament, diese haushaltspolitische Sackgasse zu korrigieren. Ferner fordere ich den Ratsvorsitz auf, uns bald aus dieser Zwangslage zu befreien – ohne unnötigen Zeitverzug und unter Zuhilfenahme des berühmten finnischen gesunden Menschenverstands und diesmal ohne Starrköpfigkeit.
(Beifall)
Bernd Posselt, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Das Milošević-Regime hat in zwölf Jahren durch Terror, Massenvertreibungen und versuchten Ethnozid im Kosovo eine Situation geschaffen, die heute darin besteht, dass über 90 % der Bevölkerung es sich nicht mehr vorstellen können, in irgendeiner institutionellen Form mit Serbien verbunden zu sein. Dies ist die Realität, von der wir ausgehen müssen, und dies war auch die Realität, die schon bestand, als die NATO dort interveniert hat. Das heißt, wir können uns nicht um die Tatsache herumdrücken, dass wir unmittelbar vor einer Klärung der Statusfrage stehen und dass diese Klärung in der staatlichen Unabhängigkeit des Kosovo bestehen wird.
Auf der anderen Seite erleben wir derzeit in Belgrad eine Politik, die uns alarmieren muss. Die serbischen Politiker wissen genau, wie es sich mit der Statusfrage in der Realität verhält, sie wagen nur nicht, dies der eigenen Öffentlichkeit einzugestehen. Das heißt, sie versuchen, sich zum Opfer zu stilisieren. Sie wollen, dass ihnen die internationale Gemeinschaft das Kosovo quasi „raubt“, um dies dann später als einen Akt gegen das serbische Volk hinstellen zu können.
Wenn man den Informationsdienst der serbischen Kirche liest, dann stellt man fest, dass dort die zuständigen Bischöfe ganz offen schreiben, die serbische Regierung möge sich nicht an einer Klärung der Statusfrage beteiligen, denn das verbaue Möglichkeiten, sich in einem günstigen weltgeschichtlichen Moment das Land zurückzuholen. So steht es wörtlich geschrieben. Das zeigt, welche Brisanz in der ganzen Frage immer noch steckt. Auf der anderen Seite zeigt es die bedrängte Lage der Minderheiten im Kosovo. All dies macht deutlich, dass es noch lange Zeit einer massiven Präsenz der Europäischen Union und der internationalen Gemeinschaft dort bedürfen wird.
Wir brauchen also zwei Elemente: einerseits eine rasche Klärung der Statusfrage. Ich bin zwar mit Sarah Ludford der Meinung, dass das Wichtigste die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bei diesem sehr jungen Volk ist, aber niemand wird im Kosovo investieren, bevor die Statusfrage geklärt ist. Deshalb haben wir hier schon zu viel Zeit verloren. Ich glaube, die rasche Klärung der Statusfrage ist die Vorbedingung für einen wirtschaftlichen Aufschwung und für eine Beseitigung der Arbeitslosigkeit und damit der wichtigsten Gefahr eines Radikalismus.
Auf der anderen Seite aber brauchen wir eine lang- und mittelfristige Konditionierung dieser Unabhängigkeit, vor allem auch was Minderheitenfragen betrifft, und ich glaube, dass hier über Jahre hinaus mit einer Präsenz unsererseits gerechnet werden muss. Da leider — das muss man deutlich sagen — die UNMIK ihre Aufgabe in vielen Bereichen nicht erfüllt hat, ruhen gerade im Kosovo sehr große Erwartungen auf einer europäischen Verwaltung. Ich bin mit dem Kommissar einer Meinung, dass wir den Menschen dort möglichst viel Selbstverwaltung geben sollten.
Wir sprechen viel zu wenig von und mit der dortigen Regierung und den dortigen Gewählten, die oft hinter den international Ernannten verschwinden. Aber auf der anderen Seite wird unsere Präsenz vonnöten sein, um Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Frieden in einem strategisch wichtigen Punkt Europas zu sichern.
Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Zunächst möchte mich dem anschließen, was meine Kolleginnen und Kollegen in der ersten Runde dieser Aussprache ausgeführt haben. Ich gehörte ebenfalls der Delegation an, die das Kosovo und anschließend Belgrad in Serbien besucht hat.
Dieser Teil Serbiens, den das Kosovo formal noch bildet, steuert eindeutig auf die Unabhängigkeit in der einen oder anderen Form zu. Wer sich mit den Menschen vor Ort unterhält, insbesondere natürlich mit den Kosovo-Albanern, kann zu keiner anderen Schlussfolgerung gelangen, und ich stimme dem zu, was Herr Swoboda dazu erklärt hat: Eine Form der Unabhängigkeit, wie sie es selbst nennen, oder eine begrenzte Souveränität, ist unumgänglich, ob es uns nun gefällt oder nicht. Die Sachlage ist meiner Meinung nach offensichtlich, so dass wir uns darauf einstellen sollten, und der Sicherheitsrat wird wahrscheinlich Ende des Jahres eine Entscheidung in diesem Sinne treffen.
Jeder, mit dem man im Kosovo spricht, ist überzeugt, dass die Anwesenheit der internationalen Gemeinschaft, in erster Linie natürlich der NATO, noch eine Reihe von Jahren erforderlich sein wird. Die NATO ist für die militärische Sicherheit zuständig. Auch von der Europäischen Union wird erwartet, dass sie eine wichtige Rolle spielen wird, und in dieser Hinsicht gibt es einige Schwerpunkte.
Wie von anderen Rednern bereits festgestellt, stehen an erster Stelle der Schutz und die Rechte der serbischen Minderheit im Kosovo. Wesentlich dabei ist – und diesbezüglich bestätige ich, was bereits angesprochen wurde –, dass wir sowohl seitens der Kosovo-Albaner als auch der im Kosovo lebenden Serbier Zusammenarbeit und Offenheit erwarten dürfen, und selbstverständlich fällt auch Belgrad ein wichtiger Part zu. Außerdem müssen wir sicherstellen, dass wir in dieser Hinsicht weiterhin Druck auf Serbien ausüben.
Lassen Sie mich noch hinzufügen, dass wir, wenn wir davon ausgehen, dass die Unabhängigkeit für das Kosovo, wie ich sie dargelegt habe, wahrscheinlich unvermeidlich ist, gleichwohl der Sensibilitäten der Serbier und Serbiens auf die eine oder andere Weise Rechnung tragen sowie überlegen müssen, welche Angebote wir Serbien im Laufe des Jahres unterbreiten können. Auch hier kann mehr Flexibilität bei der Visaerteilung ein bedeutendes Signal der Europäischen Union darstellen, ein Zeichen dafür, dass wir die europäische Zukunft dieses Landes ernst nehmen.
Selbstredend wird die internationale Mission auch bei der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und der Schaffung politischer Stabilität in einem eventuell unabhängigen Kosovo eine wichtige Funktion zu erfüllen haben. Die Wirtschaftsentwicklung besitzt natürlich hohe Priorität, wie bei einem Besuch in der Region ebenfalls zu ersehen ist.
All dies muss nach meinem Dafürhalten vor dem Hintergrund der europäischen Perspektive gesehen werden, die den unter anderem auf dem Gipfel in Thessaloniki vor einigen Jahren abgegebenen Erklärungen zufolge praktisch auch dem Kosovo geboten wird.
Wie jeder weiß, wird der EU zukünftig eine größere Rolle im Kosovo zukommen. Man erwartet allerseits, dass wir nach Festlegung seines Status die Aufgabe der Vereinten Nationen übernehmen werden. Ich pflichte jedoch dem bei, was in diesem Zusammenhang von allen betont wurde: dass es sich um eine andere Rolle handeln wird und einige Aufgaben neu definiert werden müssen. Aus den Gesprächen mit den Menschen im Kosovo ist nämlich vielfach Kritik an der Rolle der Vereinten Nationen herauszuhören. Sie wollen jedenfalls nicht mehr, dass ihnen eine internationale Organisation vorschreibt, wie sie ihr Land regieren sollen. Sie möchten endlich selbst über ihre Region, über ihr Land bestimmen, und darauf müssen wir uns einstellen. Darüber wurde schon viel diskutiert, denn die Vereinten Nationen haben deutlich gemacht, dass sie sich nächstes Jahr zurückziehen wollen. Für die Europäische Union bedeutet dies eine schwere Verantwortung.
Die Europäische Union wird bei der Entwicklung des Polizeiapparats eine Rolle spielen müssen, aber sie wird auch die Entwicklung der Justiz zu überwachen haben, und darüber hinaus kommt es meines Erachtens darauf an, sowohl in die Verwaltungsstrukturen als auch, wie bereits gesagt wurde, in die Entwicklung der Wirtschaft massiv zu investieren. Die Europäische Union könnte zu gegebener Zeit eventuell die militärische Aufgabe der NATO übernehmen, wie sie es in Bosnien tat.
Gestatten Sie mir noch eine letzte Bemerkung an die Adresse des Kommissars. Was uns auffiel und was wir uns fragten, ist, ob die EU ausreichend vorbereitet ist und ob wir dort über genügend Humanressourcen verfügen, die diese wichtige und schwere Verantwortung im nächsten Jahr übernehmen können. Ich möchte mich Ihrer Aufforderung an den finnischen Vorsitz anschließen und verleihe der Hoffnung Ausdruck, dass dieser bei seinem Bestreben um einen positiven Einsatz möglichst vieler Personen finnische Sturheit unter Beweis stellen wird.
István Szent-Iványi, im Namen der ALDE-Fraktion. – (HU) Jedermann weiß heute, dass die internationale Gemeinschaft einen großen Fehler gemacht hat, als sie die Klärung der Statusfrage des Kosovo immer wieder verschob. Die Zeit hat keine Lösung gebracht, sondern stattdessen die Situation weiter verkompliziert. Der Status des Kosovo muss so bald wie möglich, und zwar noch in diesem Jahr, geklärt werden. Wenn die Gespräche zu keinen Ergebnissen führen, muss die internationale Gemeinschaft die Verantwortung für eine Entscheidung übernehmen.
Die Umrisse der Lösung zeichnen sich ganz klar ab. Wir wissen, was wir nicht wollen und was wir wollen. Wir wollen keine Wiederherstellung der Situation vor 1999, denn wir können dies nicht wollen. Dies würde nur zu einer weiteren Eskalation der Krise führen. Wir wollen nicht, dass das Kosovo geteilt wird, denn dies könnte eine gefährliche Kettenreaktion in der Region auslösen. Wir wollen nicht, dass das Kosovo letztlich an eines der Nachbarländer angeschlossen wird, da dies der Stabilität ebenso abträglich wäre. Das Kosovo kann schrittweise seine Unabhängigkeit, seine volle Eigenstaatlichkeit, wiedererlangen in dem Maße, wie es existenzfähig sein wird und in der Lage ist, die Menschenrechte, die Minderheitenrechte und die Grundprinzipien der Rechtsstaatlichkeit zu garantieren. Wir müssen dem Kosovo helfen, dies zu erreichen und die hierzu erforderlichen Bedingungen zu schaffen.
Ich gehe mit dem Kommissar konform, dass die Schlüsselfrage die Sicherung der Minderheitenrechte ist, insbesondere der Rechte der Serben, aber auch der Roma-Minderheiten. Dies ist von wesentlicher Bedeutung für die gesamte Region. Einer der Auslöser der Balkankrise war die Verweigerung und Missachtung von Minderheitenrechten. Wir müssen eine Lösung finden, die eine umfassende Autonomie für die Kosovo-Serben und auch die Roma gewährleistet, eine Lösung, die von der Verfassung garantiert wird und für die die internationale Gemeinschaft die Verantwortung übernimmt und Sicherheiten bietet. Aber auch Serbien muss verstehen, dass seine Sorgen bezüglich der Minderheitenrechte der Kosovo-Serben zwar gerechtfertigt sind, sie jedoch moralisch nur akzeptiert werden können, wenn Serbien im Gegenzug den in Serbien lebenden Minderheiten dieselben Rechte zuerkennt, beispielsweise den in der Vojvodina lebenden Ungarn und Slowaken und den Albanern, die in anderen Teilen Serbiens leben.
Der Kommissar hat schließlich über ein sehr wichtiges Thema gesprochen: die Rolle, die die internationale Gemeinschaft spielen muss, und speziell die Europäische Union. Es ist unmöglich sich vorzustellen, dass ein lebensfähiges Kosovo ohne die aktive Mitwirkung der Europäischen Union geschaffen werden kann. Wir müssen die Bildung der Organe der Staatsregierung und die Entwicklung der Wirtschaft unterstützen. Leider sieht der Haushalt 2007 keine Mittel hierfür vor. Wieder einmal folgen den Worten keine Taten. Wir reden davon, Maßnahmen ergreifen zu wollen, aber gleichzeitig fehlt uns dazu die finanzielle Basis. Ich fordere das Parlament auf, diese Vorschläge – von denen ich einige selbst unterbreitet habe –, die für die Bereitstellung der zur Klärung der Kosovo-Frage erforderlichen Mittel sorgen sollen, in den laufenden Haushaltsdebatten zu unterstützen.
Gisela Kallenbach, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich habe den Eindruck, es war genau der richtige Zeitpunkt, dass wir diese parlamentarische Anfrage im Ergebnis der Delegationsreise gestellt haben, weil tatsächlich noch sehr viele Schritte notwendig sind, um auf die bevorstehenden Aufgaben tatsächlich vorbereitet zu sein. Ich bin insbesondere enttäuscht von den wenig konkreten Vorschlägen, die uns heute vom Rat vorgelegt worden sind.
Es ist für uns der Lackmustest: Wie schafft es die Europäische Union, mit der Situation in unserem Vorgarten — wie Sie, Herr Kommissar Rehn, es heute treffend genannt haben — umzugehen? Ich denke, es ist richtig zu sagen, dass wir keinen Ersatz von UNMIK durch EUMIK brauchen. Aber ich weiß auch aus eigener Erfahrung, dass wir in sehr vielen Bereichen noch einen langen partnerschaftlichen Monitoringprozess benötigen: in der Zivilverwaltung auf allen Ebenen, bei der Polizei, bei den Aufgaben der Justiz und nicht zuletzt beim Aufbau einer demokratischen Zivilgesellschaft, die bisher leider nur in Ansätzen vorhanden ist.
Ich unterstütze völlig die Ansicht von Kommissar Rehn, dass wir finanziell und personell auf die Herausforderung ab nächstem Jahr nicht vorbereitet sind. Daher mein dringlicher Appell an den Rat: Bitte hören Sie zu, und bitte appellieren Sie an die Mitgliedstaaten, damit wir das vielleicht über bilaterale Verträge und die Bereitstellung von Fachpersonal noch einigermaßen ausgleichen können!
Wir müssen uns darauf einstellen, dass die westeuropäischen Länder in der nächsten Zeit sehr viele Rückführungen von Menschen, die heute in Westeuropa leben, in das Kosovo vornehmen werden. Sind wir darauf in irgendeiner Weise vorbereitet?
Erik Meijer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Jeder erwartet, dass die von der überwältigenden Mehrheit der Bewohner des Kosovo lang ersehnte Unabhängigkeit von vielen Staaten binnen einem Jahr anerkannt wird. Wichtig bei den darüber geführten Verhandlungen ist die Frage, an welche Bedingungen die Unabhängigkeit geknüpft ist und wie die Minderheiten der Serben, Roma und anderer geschützt wird. Noch ungewiss ist vor allem, was in Bezug auf den nördlichen Teil, der die Rückkehr nach Serbien anstrebt, sowie hinsichtlich der neuen Gemeinden, die speziell für die Serben geschaffen werden müssen, geschehen soll.
Meine Fraktion hat die von der Europäischen Union von 1989 bis 1999 eingenommene Haltung gegenüber dem Kosovo in schlechter Erinnerung. Niemand schien am gewaltlosen Widerstand der Massen unter der Führung des späteren Präsidenten Ibrahim Rugova interessiert, in dessen Verlaufe alle serbischen staatlichen Institutionen boykottiert wurden und die Albanisch sprechende Bevölkerung ihre eigene Regierung und ihr eigenes Schulsystem eingerichtet hat. Der Krieg 1999 hatte nicht die Befreiung des Kosovo zum Ziel, sondern die Unterwerfung Serbiens, um damit anderen europäischen und amerikanischen Wünschen zu entsprechen.
Die nunmehr unvermeidliche Unabhängigkeit des Kosovo ist leider keine durch das Streben nach Demokratie und Gleichberechtigung begründete Entscheidung, sondern das Ergebnis eines Betriebsunfalls. Nach sieben Jahren ist gleichsam für jedermann offenkundig, dass eine fortgesetzte Besatzung keine Lösung darstellt, während die Rückgabe an Serbien einen Guerillakrieg auslösen würde und enorme Flüchtlingsströme zur Folge hätte.
Mit den Fragestellern aus den vier anderen Fraktionen gehe ich darin konform, dass die Europäische Union nunmehr verpflichtet ist, bei einer friedlichen und korrekten Teilung Serbiens und dem Aufbau von Demokratie und Wirtschaft im Kosovo eine positive Rolle zu spielen.
Marek Aleksander Czarnecki (NI) – (PL) Herr Präsident! Die neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts haben sich aufgrund der von unseren südlichen Nachbarn verübten abscheulichen Verbrechen tief in unser Gedächtnis eingegraben. Die Welt war schockiert darüber, wie brutal und unmenschlich ehemalige Nachbarn und Verwandte in ihrem Verhalten zueinander sein konnten.
Man hat die muslimischen Albaner, die 90 % der Bevölkerung ausmachten und die von der Polizei und der orthodoxen serbischen Minderheit dezimiert wurden, durch das militärische Eingreifen der NATO im Jahre 1999 „gerettet“. Seitdem ist Schluss mit der vom blutigen Regime des serbischen Präsidenten Milosevic eingeleiteten ethnischen Säuberung, doch wurden weiterhin zahllose Aggressionsakte gegen die serbische Minderheit verübt.
Heute leben die Albaner in ghettoähnlichen Gegenden, in denen sie sich wieder einzurichten versuchen, noch immer unter internationalem Schutz.
Der Rat hat seine Bemühungen auf die Frage einer rechtmäßigen Regierung konzentriert. Allerdings mangelt es an einem umfassenden Herangehen an dieses komplexe Problem. Das betrifft insbesondere das Versagen bei der Wahrung der Menschenrechte, beim Schutz nationaler Minderheiten und bei der Berücksichtigung des Rechts der Menschen auf eine Heimat.
Alexander Stubb (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Drei Minuten sind eine wunderbar lange Zeit. Ich möchte auf drei Dinge eingehen. Erstens ändert eine Verlängerung der Verhandlungen nichts an den grundlegenden Differenzen zwischen Serbien und dem Kosovo. Der eine Staat strebt die Autonomie an, der andere will die Unabhängigkeit. Daher bin ich dafür, dass wir uns an den Zeitplan und die Termine halten sollten, die von der Kontaktgruppe ins Auge gefasst wurden, und diese Problematik bis zum Ende des finnischen Ratsvorsitzes Ende 2006 klären. Hier müssen wir konsequent sein.
Zweitens möchte ich bemerken, dass für mich – wie für Herrn Posselt – die einzige Option in der Unabhängigkeit besteht, wobei der Souveränität des Kosovo selbstverständlich gewisse Grenzen zu setzen sind. Um Stabilität in der Region zu erhalten, ist eine internationale Präsenz wichtig, und vor allem muss die Europäische Union bereit sein, eine gewisse Zeit lang deutliche Präsenz zu zeigen.
Drittens erinnert meiner Meinung nach der Westliche Balkan im Großen und Ganzen in schmerzlicher Weise an die Schwächen unserer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Ich denke nicht, dass wir die Fehler der Vergangenheit wiederholten sollten, und in diesem Sinne müssen wir unmissverständlich den UN-Beauftragten für die Statusfrage, Martti Ahtisaari, unterstützen, der nach meinem Dafürhalten eine ausgezeichnete Arbeit leistet. Ich glaube, die EU betreibt ihre beste Außenpolitik in der Regel auf dem Gebiet der Erweiterung, und deshalb ist es auch äußerst wichtig, die Aussichten auf eine Erweiterung für den Kosovo und den Westlichen Balkan im Allgemeinen aufrecht zu erhalten.
Abschließend möchte ich anmerken, dass 1999 der finnische Ratsvorsitz interessanterweise damit begann, dass der damalige Präsident, Martti Ahtisaari, den Frieden im Kosovo und auf dem Westlichen Balkan aushandelte. Ich hoffe, dass am Ende des finnischen Ratsvorsitzes im Jahre 2006 eine endgültige Klärung der Kosovo-Frage und die Unabhängigkeit des Kosovo stehen werden.
Panagiotis Beglitis (PSE). – (EL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich sagen, dass ich die Aufrichtigkeit und den Mut Kommissar Rehns gegenüber dem Standpunkt des Rates zum Haushalt 2007 begrüße. Meine Damen und Herren, seien wir ehrlich, ohne Gemeinschaftsmittel kann die Europäische Union auf dem Balkan nicht effizient und glaubwürdig sein, und der Vorschlag des Rates, die Gemeinschaftsmittel im Haushalt 2007 zu kürzen, ist in meinen Augen ein inakzeptabler Vorschlag, der so nicht annehmbar ist.
Wir sind uns daher sicherlich im Klaren darüber, dass die Europäische Union am „Tag danach“, in der Phase, die der Festlegung des endgültigen Status des Kosovo folgt, eine bedeutende Rolle einnimmt. Sie muss aber auch jetzt bereits eine gewichtige Rolle spielen und bei der Festlegung des endgültigen Status mitreden.
Wir alle glauben an einen friedlichen, demokratischen, multiethnischen und europäischen Kosovo und unterstützen ihn. Die gleiche Unterstützung sollten wir jedoch im Rahmen der auf dem Rat von Thessaloniki festgelegten Europäischen Strategie auch Serbien gewähren. Allerdings sollten wir uns unserer Ansicht nach nicht von begrenzten Zeitplänen zur Festlegung des endgültigen Status abschrecken lassen. Jegliche Überlegungen, im Kosovo einseitig eine Lösung durchsetzen zu wollen, könnten sich als kontraproduktiv erweisen. Die Europäische Union sollte nicht die Fehler wiederholen, die sie in den 90er-Jahren gemacht hat. Sie muss einen gemeinsamen Standpunkt formulieren.
Abschließend möchte ich noch auf das Thema Serbien eingehen, das mich besonders beschäftigt, da wir hier von einigen Abgeordneten unterschiedliche Ansichten zu hören bekommen haben. Ohne ein demokratisches Serbien innerhalb der Europäischen Union kann es keinen Frieden, keine Stabilität und keine Sicherheit auf dem Balkan geben.
Unter diesem Gesichtspunkt stellt die Entscheidung des Rates, die Verhandlungen über das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen auszusetzen, glaube ich, für die Europäische Union einen gravierenden politischen Fehler dar. Die Verhandlungen sollten unverzüglich aufgenommen werden, und wir müssen im weiteren Verlauf natürlich sehen, in welcher Weise die Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof geschaffen werden. Das serbische Volk darf nicht für die traumatische Vergangenheit unter dem autokratischen Milosevic-Regime bestraft werden. Jetzt ist es an uns, für Serbien Perspektiven aufzuzeigen, denn andernfalls werden wir die extremen nationalistischen Gruppen stärken.
Zum Schluss möchte ich noch ein paar Worte zu der Situation der Minderheitenrechte im Kosovo sagen. Allen Berichten zufolge, die in jüngster Zeit durch den UN-Generalsekretär, den UN-Menschenrechtsausschuss sowie von Nichtregierungsorganisationen veröffentlicht wurden, ist die Lage für die Minderheiten, insbesondere die serbische Minderheit im Kosovo, dramatisch. Es geht hier um die Einhaltung der im Jahre 1999 verabschiedeten Resolution 1244. Es geht hier darum, dass Normen umgesetzt werden. Wir müssen endlich in dieser Richtung aktiv werden.
Jelko Kacin (ALDE). – (SL) Das Europäische Parlament hat eine führende Rolle beim Aussenden von Signalen hinsichtlich des künftigen Status des Kosovo gespielt. Die Ernennung des Sondergesandten für Kosovo ist das Signal, das Belgrad und die internationale Öffentlichkeit benötigen, damit sie die einzig mögliche Zukunft für das Kosovo zu erkennen vermögen.
Ich bin erfreut, Herrn Poettering heute hier bei uns zu sehen, da wir während seiner Präsidentschaft des Europäischen Parlaments vor einer schwierigen Aufgabe stehen werden. Aus diesem Grund sollte sich unsere Diskussion meines Erachtens darauf konzentrieren, was unser Parlament tun kann, um den künftigen Weg des Kosovo zu erleichtern.
Unsere erste Aufgabe sollte darin bestehen, eine klarere Kommunikation mit dem serbischen Parlament zu gewährleisten und den serbischen Politikern zu helfen zu begreifen, dass das Kosovo bereits eine beachtliche Zeit lang unabhängig gewesen ist.
Zweitens müssen wir mit dem Organ, das die Demokratie im Kosovo aufbauen wird, der Kosovo-Versammlung, unmittelbar zusammenarbeiten. Die serbische Minderheit ist in der Versammlung schwach vertreten und wird noch immer zu einem großen Teil von Politikern in Belgrad manipuliert. Darüber hinaus ist die Roma-Minderheit gespalten – sie teilt sich auf in Roma, Ashkali und Ägypter, und sie sprechen nicht mit einer Stimme. Hier im Parlament können wir diesbezüglich einen großen Beitrag leisten, und der Rat kann einen noch größeren Beitrag leisten.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass derzeit viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union UNMIK-Pässe nicht anerkennen. Die Bürger des Kosovo reisen mit UNMIK-Pässen in die Europäische Union, und wir schicken sie wieder zurück, da wir ihre Papiere nicht anerkennen. Kommissar Frattini und der Rat sollten mehr unternehmen, um die Zahl derartiger Zwischenfälle in Zukunft auf ein Minimum zu reduzieren.
Die dritte Schwierigkeit, der wir begegnen, ist die Geringschätzung der verschiedenen Kulturen im Kosovo, und in diesem Zusammenhang spielt die serbisch-orthodoxe Kirche eine sehr negative Rolle. Solange die serbisch-orthodoxe Kirche sich weigert, in die Zukunft zu schauen, werden wir große Mühe haben, die serbische Gemeinschaft im Kosovo davon zu überzeugen, sich in die demokratischen Institutionen des Kosovo zu integrieren.
Die Kernfrage ist jedoch die Statusfrage. Wir haben dem Westbalkan eine Zukunft in der EU angeboten. Wir sind uns jedoch bewusst, dass der Union nur Staaten beitreten können. Ein Kosovo, das kein Staat ist, kann an diesem Prozess nicht teilhaben. Solange es uns nicht gelingt, die Statusfrage des Kosovo zu klären und zu garantieren, dass das Kosovo ein eigenständiger Staat wird, belügen wir uns selbst und die Öffentlichkeit insgesamt.
Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, möchte ich meine Rede beenden mit der Aufforderung an uns, als Mitglieder des Europäischen Parlaments, unsere Stimme hören zu lassen und zu gewährleisten, dass die Statusfrage jetzt geklärt wird und nicht auf nächstes Jahr verschoben wird.
Bart Staes (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident, Frau Lethomäki, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Das Europäische Parlament hat sich im April bei der Entlastung für die Ausführung des Haushaltsplans der Europäischen Agentur für den Wiederaufbau des Ehemaligen Jugoslawiens und des Kosovo für das Haushaltsjahr 2004 zweimal sehr entschieden geäußert und ausdrücklich gefordert, und ich zitiere: „dass anstelle eines stufenweisen Auslaufens der Agentur nach einem festgelegten Zeitplan die Dauer des Mandats von politischen und wirtschaftlichen Kriterien und Entwicklungen abhängen sollte“.
Jetzt hat sich die Kommission jedoch für ein solches Auslaufen der betreffenden Agentur und für die Übertragung ihrer Aufgaben auf die Delegationen entschieden. Fünf Monate nach der Entschließung des Parlaments, fünf Monate nach den ausdrücklichen Forderungen des Parlaments setzt sich die Kommission über unsere Erklärungen hinweg.
Kommissar Rehn möchte ich fragen, weshalb er diese Forderung des Parlaments ignoriert. Warum hat er sich dafür entschieden, das in der Agentur vorhandene Fachwissen wie Schnee in der Sonne dahinschmelzen zu lassen?
Weshalb beschließt er nicht, das jetzt in Pristina für die Agentur tätige Personal als einen ersten Kern von EU-Bediensteten einzusetzen, die demnächst die Unabhängigkeit des Kosovo sehr sachverständig und mit viel Knowhow aus nächster Nähe zu begleiten imstande sein werden? Dies ist die Auskunft, um die ich ihn ersuchen möchte.
Tobias Pflüger (GUE/NGL). – Herr Präsident! Die heutige Situation im Kosovo hat ihre Ursachen nicht unwesentlich auch im Nato-Angriffskrieg gegen Jugoslawien, an dem viele EU-Staaten teilgenommen haben. Bei diesem Krieg wurden durch Bomben von EU-Staaten Zivilisten getötet. Warum ist denn heute die serbische Minderheit im Kosovo bedroht? Das hat auch mit dieser Situation zu tun und die EU-Staaten haben damals eine völlig einseitige Position bezogen.
Ein zweiter Aspekt: Es finden Abschiebungen in das Kosovo statt — und dies bei einer Situation vor Ort, die für viele Menschen völlig unerträglich ist. Weitere Abschiebungen sollen folgen. Hier sollte seitens der EU-Kommission auch klar formuliert werden, dass dies nicht akzeptabel ist. Joachim Rücker wurde zum UNMIK-Verantwortlichen ernannt. Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee war, er ist nämlich in seiner vorherigen Funktion vor allem für Privatisierungen im Kosovo zuständig gewesen, die den Menschen vor Ort nichts gebracht haben.
Mein Frage ist: Wie stellt sich die EU-Kommission den Status des Kosovo konkret vor? Das, was ich bisher gehört habe, fand ich sehr unzureichend. Herr Rehn, Sie haben richtig gesagt, dass Geld in soziale und wirtschaftliche Entwicklung statt in Militär gesteckt werden soll. Das findet meine Unterstützung.
Karl von Wogau (PPE-DE). – Herr Präsident, verehrte Kollegen! Die Frage des Status des Kosovo muss möglichst rasch gelöst werden, im Interesse des Kosovo, aber auch im Interesse der Europäischen Union.
Voraussetzung dafür ist aber, dass wir Wege finden, die Minderheiten, und zwar alle Minderheiten, glaubwürdig zu schützen, denn nach wie vor – das haben unsere zahlreichen Reisen gezeigt – bestehen dort Befürchtungen. Die Ereignisse der letzten Jahre haben auch gezeigt, dass diese Befürchtungen nach wie vor berechtigt sind. Dem müssen wir Rechnung tragen. Darum ist es notwendig, dass sich die Europäische Union nach wie vor dort engagiert. Zum einen beim Aufbau der Polizei, der von sehr großer Bedeutung ist. Zum Zweiten beim Aufbau von Rechtswesen und Verwaltung, denn, Herr Kommissar Rehn, ich bin mit Ihnen der Auffassung, dass hier Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Aber die wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass sich das Kosovo wirtschaftlich entwickelt, sind Friede, Stabilität und funktionierende Institutionen, und darauf müssen wir unsere besonderen Anstrengungen richten.
Dann ist auch die Frage zu klären, wer im militärischen Bereich nach der Unabhängigkeit des Kosovo die Aufgabe der Sicherung übernimmt. Hier könnte ich mir vorstellen, dass etwas Ähnliches geschieht wie in Bosnien und Herzegowina, nämlich dass die KFOR abgelöst wird durch europäische Streitkräfte. Diese Frage habe ich bei unserem Besuch dort an den Ministerpräsidenten gestellt. Seine Antwort hat mir gezeigt, dass über diese Frage bisher noch nicht nachgedacht worden war.
Ein stärkeres Engagement der Europäischen Union in diesem Bereich würde auch unserer Sicherheitspolitik entsprechen oder einer Sicherheitspolitik, die ich befürworte. Wichtig ist, dass wir uns beim jetzigen Stand des Aufbaus unserer Sicherheitspolitik in erster Linie auf unsere geografische Nachbarschaft konzentrieren, und unsere wichtigste Aufgabe ist nach wie vor die Stabilisierung des Balkans.
VORSITZ: Sylvia-Yvonne KAUFMANN Vizepräsidentin
Józef Pinior (PSE). – (PL) Frau Präsidentin! Die Integration des westlichen Balkans in die Europäische Union ist eine der bedeutendsten Herausforderungen für die Europapolitik der nächsten Jahre.
Das Problem betrifft ein Gebiet in Europa, das von zahlreichen Nationalitäten und ethnischen Gruppen bewohnt ist, von Gemeinschaften, die durch Ländergrenzen, durch Religion, Geschichte und den blutigen Zerfall Jugoslawiens in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts geteilt sind. Kosovo ist der Gordische Knoten der europäischen Politik in dieser Region.
Die Mission der Vereinten Nationen bereitet nun ihren Rückzug aus dem Kosovo vor. Das bedeutet, die Europäische Union muss auf die Übernahme ihrer dortigen Rolle im Jahr 2007 vorbereitet sein. Die erste Herausforderung in dieser neuen Situation wird für die Europäische Union in dem noch nicht entschiedenen Status des Kosovo bestehen. Die unter der Schirmherrschaft der UN am 24. Juli in Wien geführten jüngsten Gespräche brachten keinen Durchbruch. Serbien, zu dem der Kosovo formell gehört, stimmte einer Unabhängigkeit der Provinz nicht zu. Die albanischen Behörden des Kosovo sind nicht bereit, selbst die größtmögliche Autonomie zu akzeptieren.
In einer eigenartigen Form psychologischer Kriegsführung haben die serbischen Behörden in den letzten Tagen den UN-Sonderbeauftragten für den künftigen Status des Kosovo, Martti Ahtisaari, mangelnder Unparteilichkeit bei den Verhandlungen beschuldigt. Andererseits forderte der politische Berater des albanischen Ministerpräsidenten, Koço Danaj, dass sich alle auf dem Balkan lebenden Albaner bis zum Jahr 2013 vereinen und sich in das natürliche Albanien integrieren sollten.
Die Ereignisse dieses Sommers, die den Nahostkonflikt überschatten, stellen ein großes Problem dar, das die Institutionen der Europäischen Union in den kommenden Monaten bewältigen müssen.
Eine weitere Herausforderung besteht in der Organisation der künftigen EU-Mission für den Kosovo. Bei diesem Problem geht es um die Finanzierung, die Struktur, die personelle Ausstattung und vor allem um die politische Strategie der EU auf dem westlichen Balkan. Kein anderes Land und keine andere politische Organisation werden die Europäische Union in ihrer historischen Rolle ersetzen, in diesem Teil des Kontinents Demokratie, Frieden und öffentliche Wohlfahrt auf der Grundlage der Achtung der Verschiedenheit zu garantieren.
Anneli Jäätteenmäki (ALDE). – (FI) Frau Präsidentin! Berichte aus dem Kosovo beschreiben die Provinz als zunehmend gettoisiert. Eine multiethnische Gesellschaft ist noch nicht entstanden. Während der sieben Jahre der internationalen Verwaltung haben sich die verschiedenen ethnischen Gruppen in ihren eigenen Gebieten konzentriert. Ein Hauptgrund dafür, dass es trotz der massiven Bemühungen nicht gelungen ist, Standards durchzusetzen, ist der, dass das Kosovo einer der europäischen Hauptumschlagplätze des organisierten Verbrechens ist. Im Kosovo blühen der internationale Menschen- und Waffenhandel sowie der Handel mit Grundstücken. Man hat sich dieses Problems nicht bereits 1999 angenommen, als es erkennbar wurde, sondern erst im Jahr 2005. Jetzt haben die internationalen Akteure, die an dem Programm mitwirken, einfach viel zu wenig Zeit und zu wenig Personal, um ihre vielfältigen Aufgaben erfüllen zu können. Es bedarf also stärkerer Anstrengungen, um dieses Problem der Kriminalität in den Griff zu bekommen.
Abschließend möchte ich gern noch sagen, dass es sich jetzt, da die EU dabei ist, sich auch auf den Libanon zu konzentrieren, lohnen würde, einmal darüber nachzudenken, inwieweit uns wirklich klar ist, was da im Kosovo passiert ist, und ob wir nicht daraus etwas für die Operation im Libanon lernen können.
Athanasios Pafilis (GUE/NGL). – (EL) Frau Präsidentin! Die grauenvolle Lage und die Verarmung der Völker des Ehemaligen Jugoslawiens sind das Ergebnis der ausländischen Intervention und des ungerechten und schmutzigen Krieges, den die NATO unter Beteiligung zahlreicher Länder der Europäischen Union angezettelt hat.
Ihre Äußerungen in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte sind voller Heuchelei. Die Ziele dieses Krieges liegen heute klar zutage. Es ging darum, Jugoslawien zu spalten und es neu aufzuteilen, und das ist Ihnen gelungen, indem Sie in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo eine ausländische Besatzung etablierten und Protektorate einrichteten.
Selbst an die Ankündigungen und Verpflichtungen, sich nicht für einen unabhängigen Kosovo einzusetzen, halten Sie sich heute nicht mehr. Im Kosovo wird jetzt die Schaffung eines Protektorats, eines unabhängigen Staates vorangetrieben, in dem eine gewaltige Militärmacht präsent ist und in dem es einen großen amerikanischen Stützpunkt gibt, damit Sie die Region kontrollieren und die Grenzen ändern können.
Unserer Ansicht nach besteht die einzige Lösung darin, dass alle ausländischen Truppen den Balkan verlassen und die einheimische Bevölkerung selbst versucht, seine Probleme in den Griff zu bekommen. Abschließend möchte ich Ihnen empfehlen, auf die Geschichte zu schauen: So wie die Völker des Balkans einst fremde Eroberer verjagt haben, so werden sie auch die neuen Eroberer verjagen.
Csaba Sándor Tabajdi (PSE). – (HU) Die Unabhängigkeit des Kosovo ist offensichtlich unausweichlich, aber die Art und Weise, in der diese Unabhängigkeit gestaltet sein wird, wird sich langfristig auf die Stabilität in ganz Südosteuropa auswirken. Die Europäische Union hat diesbezüglich kein Konzept, sondern stolpert in Wirklichkeit einfach vorwärts, geführt von den Ereignissen.
Es wäre sehr wichtig, letztlich ein schlüssiges Konzept im Hinblick auf eine Lösung für das Kosovo anzunehmen. Es sollte eine würdige Lösung sein, die nicht die Serben bestraft und dabei die Albaner offen belohnt. Eine solche Lösung wäre würdelos und würde die Region destabilisieren, also Südosteuropa, einschließlich Griechenland, Ungarn und die Kandidatenländer Bulgarien und Rumänien. Wir können nicht das Kosovo auf Kosten einer Destabilisierung der Region stabilisieren. Zurzeit spricht jeder über die Minderheitenfrage, es wird jedoch kein ermutigendes Konzept angeboten. Dies ist umso interessanter als Herr Ahtisaari und Herr Olli Rehn beide Finnen sind – und Finnland hat ein vorbildliches Minderheitensystem. Ich kann mir keine Situation vorstellen, die die Kosovo-Serben beruhigen würde, solange der nördliche Teil keine territoriale Autonomie besitzt und der Süden kein System der persönlichen Autonomie genießt.
Der gesamte Dezentralisierungsprozess wurde nicht durchdacht; Selbstverwaltung gibt in dieser Hinsicht keine Sicherheiten. Was den Ausgleich für Serbien angeht, so ist die Mitgliedschaft in der EU, wie wir sehr gut wissen, in Anbetracht der derzeitigen Europa-Müdigkeit keine besonders attraktive Perspektive. Wir müssen dies gleichfalls berücksichtigen, ebenso wie wir darüber nachdenken müssen, dass Milosevic das Kosovo wie auch die Vojvodina ihrer Autonomie beraubt hat. Jeder spricht von der Unabhängigkeit des Kosovo, aber niemand erwähnt die Minderheiten in der Vojvodina oder die Situation der Moslems von Sandjak. Ich befürchte, wir bewegen uns in Richtung einer schlechten Lösung, wenn es uns nicht gelingt, ein vernünftiges, würdiges Konzept für die Minderheiten zu erarbeiten. Ich teile alle Bedenken meines Kollegen Herrn von Wogau.
Joost Lagendijk (Verts/ALE). – (NL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, vor allem aber Herr Ratspräsident! Zum Abschluss der Aussprache möchte ich versuchen, die wichtigsten Punkte zusammenzufassen.
Ich denke, dass Sie – und damit wende ich mich vor allem an den Minister – festgestellt haben, dass die hier aufgeworfenen Fragen und vorgebrachten Bemerkungen weitgehend aus der aufrichtigen Sorge darüber rühren, dass die EU – ich bezweifle nicht Ihre Aufrichtigkeit oder dass Sie sich der notwendigen Schritte bewusst sind, bin aber dennoch besorgt – nicht in der Lage sein wird, innerhalb der verfügbaren Zeit, nämlich drei bis sechs Monate, nicht Jahre, all die schwierigen Aufgaben auszuführen, die ihr übertragen werden.
Wie viele Kolleginnen und Kollegen ausgeführt haben, stellt ein Versagen der EU keine Option dar, denn dies wäre sowohl der Region als auch der EU abträglich, und das können wir uns nicht leisten. Wenn Sie erklären, und der Kommissar bestätigt, die Aufgabe der EU bestehe in der Überwachung und der Übertragung von Zuständigkeiten, dann werde ich das sanktionieren, und die meisten Mitglieder dieses Hauses wohl auch, doch es ist schwieriger als es aussieht.
Es ist ja eine Art neue Rolle, bei der wir auf der einen Seite uns von einigen Dingen lösen und auf der andern Seite die Kontrolle in einer gespaltenen Gesellschaft behalten müssen, in der sich herausstellen wird, dass nach der Unabhängigkeit nicht alle Probleme gelöst sind. Heutzutage glaubt noch jeder im Kosovo, durch die Unabhängigkeit werde alles gelöst. Auf die wirtschaftlichen Probleme beispielsweise wird dies nicht zutreffen.
Bezüglich der militärischen Präsenz hoffe ich wirklich von ganzem Herzen, dass man bei aller berechtigten Aufmerksamkeit für den Libanon und den Kongo nicht meint, im Kosovo werde es sich schon richten lassen und wir kämen dort mit weniger Truppen und weniger Soldaten aus. In den ersten Jahren wird dies nicht der Fall sein.
Ich kann den Kommissar in seinem Appell an den Rat, von der Kommission nicht mehr zu verlangen und gleichzeitig weniger finanzielle und personelle Mittel bereitzustellen, nur unterstützen. Es kann nicht angehen, dass die Kommission von uns und von Ihnen ersucht wird, im Kosovo mit weniger Personal eine entscheidende Rolle zu spielen.
Ich hoffe aufrichtig, dass der finnische Präsident, das finnische Kommissionsmitglied und der finnische Verhandlungsführer zu dieser Schlussfolgerung gelangen, und um dies zu fördern, bin ich, im Namen des gesamten Parlaments, gern bereit, auf meine Kosten einen Ort aufzusuchen, an dem die meisten Finnen zu wertvollen Einsichten gelangen, nämlich eine Sauna.
Paula Lehtomäki, amtierende Ratspräsidentin. – (FI) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Lösung der Statusfrage ist das A und O für die Zukunft des Kosovo, und aus diesem Grunde sollten wir die Bemühungen des Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ahtisaari zur Klärung der Statusfrage mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen.
Es ist in dieser Aussprache bereits mehrfach gesagt worden: Eine unbedingte Voraussetzung für eine dauerhafte Lösung ist die Klärung der Frage der Minderheiten, und das ist ein Mehrgenerationenproblem. Die Anwesenheit der KFOR-Truppen der NATO ist derzeit noch wichtig, aber ab sofort sollten wir einem verstärkten Zusammenwirken von militärischen und zivilen Aktivitäten größere Beachtung schenken. Neben allem anderen bereitet sich die Europäische Union auf eine massive zivile Krisenbewältigungsoperation im Kosovo vor. Diese wird bisher nicht gekannte Ausmaße annehmen und sich speziell auf die Polizei und den Rechtsstaat konzentrieren. Zur Sicherstellung dieser Operation benötigt die Europäische Union von ihren Mitgliedstaaten eine Vielzahl von Experten, und es wird eine Herausforderung für uns sein, eine solche große Zahl von Experten zu finden.
Die Arbeit der EU-Planungsgruppe ist noch nicht abgeschlossen, allerdings soll der Arbeitsgruppe des Rates bis Ende dieses Monats ein Bericht vorliegen. Die Vorbereitungen schreiten also auf verschiedene Art und Weise und auf vielen unterschiedlichen Gebieten voran, wenngleich sich unsere Abläufe sicherlich noch weiter verbessern ließen.
Es ist hier auch mehrmals der Haushaltsentwurf des Rates für das kommende Jahr angesprochen worden, vor allem im Hinblick darauf, wie damit die personellen Ressourcen wirksamer eingesetzt werden können. Der Ratsvorsitz wird mit großem Engagement nach einer Lösung suchen, die alle Seiten zufrieden stellt, aber er muss in dieser Angelegenheit natürlich auch die Auffassungen der anderen Mitgliedstaaten hören.
Andererseits ist die Lage nach meiner Auffassung nicht so düster, wie man uns hier glauben machen wollte, namentlich in dem sehr emotionalen Redebeitrag des Herrn Kommissars. Die Erweiterung genießt in den Augen der Kommission höchste Priorität, und deshalb werden unsere Vorschläge zu Personaleinsparungen diesen Bereich nicht betreffen. Tatsächlich steigen die Verwaltungsausgaben in dem so geschmähten Haushaltsentwurf für das kommende Jahr um 3,4 %. Zugegeben, die Kürzungen, die wir für den Zeitraum 2007-2013 vorgesehen haben, sind sehr ambitioniert, aber da die Kommission gleichzeitig Aufstockungen im Zusammenhang mit der Erweiterung plant, wird sie, ungeachtet dessen, dass wir diesen ehrgeizigen Weg im Auge haben, im Jahr 2013 mehr Personal haben als 2007. Das heißt, dass wir 2013 in jedem Falle mehr Personal haben werden als im kommenden Jahr. Wir bemühen uns und setzen uns dafür ein, Lösungen zu finden, die sicherstellen, dass für wichtige Angelegenheiten ausreichende personelle Kapazitäten zur Verfügung stehen. Aber das ist ja eine Selbstverständlichkeit.
Abschließend möchte ich Ihnen noch, als kleine Abwechslung, und da die finnische Sauna angesprochen wurde, mitteilen, dass, wie gut die interne Koordinierung des Ratsvorsitzes auch immer verlaufen möge, ich nicht mit den Herren Ahtisaari oder Rehn in die Sauna gehen werde.
Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Die konservative Auslegung der Sauna-Kultur durch Frau Lehtomäki hat mich etwas enttäuscht.
Ich möchte mich bei Ihnen allen für eine äußerst inhaltsreiche und verantwortungsvolle Aussprache bedanken, die ganz klar zeigt, dass dieses Parlament die Aussichten auf die Integration des Westlichen Balkan und des Kosovo in die EU nachdrücklich unterstützt. Wie einige Redner ausführten, kommt es jetzt darauf an, die Bemühungen um den Abschluss des Prozesses zur Klärung der Statusfrage innerhalb des vorgesehenen Zeitraums ernsthaft zu unterstützen. Eine Verlängerung dieses Prozesses würde nichts bringen.
Richtig ist auch, dass Frieden und geeignete Institutionen den Grundstein für bessere wirtschaftliche Bedingungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen legen, was der Kosovo unbedingt braucht. Eine Arbeitslosenrate zwischen 40 und 50 % ist leider ein äußerst fruchtbarer Nährboden für Verbrechen und Korruption.
Wir müssen dem Kosovo die Instrumente in die Hand geben, dass er sich selbst helfen kann. Rechtssicherheit und in gut funktionierendes Unternehmensumfeld sind unabdingbare Voraussetzungen für wirtschaftliche Fortschritte im Kosovo.
Es gibt allerdings noch eine weitere Voraussetzung: Wie auch immer die Statusfrage letztendlich geklärt wird, sie muss Vertragsschlusskompetenz für den Kosovo beinhalten. Wie schon Herr Kacin ausführte, ist Vertragsschlusskompetenz erforderlich, damit wir mit dem Kosovo verhandeln und ihn in den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess einbeziehen können. Außerdem benötigt der Kosovo Vertragsschlusskompetenz, um Geschäfte und Verträge mit den internationalen Finanzinstitutionen abschließen zu können, denn das ist eine weitere Voraussetzung für wirtschaftliche Fortschritte und die Verbesserung der Beschäftigungssituation in diesem Land.
Was Serbien anbelangt, so ist dies mit Sicherheit ein – wenn nicht sogar das – für die Stabilität des Westlichen Balkan ausschlaggebende Land. Der beste Dienst, den Serbien den Kosovo-Serben erweisen kann, besteht darin, sich konstruktiv an den Gesprächen zu beteiligen, um sicherzustellen, dass Minderheiten wirklich geschützt sind, wenn die Statusfrage des Kosovo geklärt ist.
Serbien besitzt gute und greifbare Aussichten für den Beitritt zur EU. Wir sind unsererseits gewillt, die Verhandlungen über das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen noch an dem Tag wieder aufzunehmen, an dem Serbien uneingeschränkt mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das Ehemalige Jugoslawien zusammenarbeitet, um die Festnahme und Überführung von Radko Mladic zu erreichen. Es liegt in Serbiens Händen, dass dieser europäische Traum wahr wird und das ungeheure wirtschaftliche, kulturelle und intellektuelle Potenzial freisetzt, das in diesem Land vorhanden ist.
Ich möchte ein Missverständnis aus der Welt schaffen, das nicht hier, sondern anderweitig oftmals besteht, nämlich die Ansicht, Rat und Kommission wären Kontrahenten auf dem Westlichen Balkan. Das ist ganz und gar nicht der Fall. Rat und Kommission sind keine Konkurrenten, sondern setzen sich gemeinsam umfassend für Stabilität und Demokratie auf dem Westlichen Balkan ein. Wir arbeiten sehr gut mit Herrn Solana zusammen, und Gleiches trifft auch auf unsere Dienststellen zu. Beispielsweise ist im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit diese Zusammenarbeit notwendig, weil die Rechtsstaatlichkeit – das heißt die provisorische Ausbildung von Richtern und Polizeikräften – in die gemeinsame Verantwortung des Rates, der Mitgliedstaaten und der Kommission fällt. Um diese gemeinsame Verantwortung vernünftig nutzen zu können, brauchen wir daher die Zusammenarbeit. Und diese besteht mit Herrn Solana und seinen Mitarbeitern.
Zu Herrn Wiersmas Frage zu den finanziellen Mitteln möchte ich sagen, dass es neben dem Kosovo noch andere dringende Probleme wie den Libanon gibt. Es liegt nun an Ihnen als der Haushaltsbehörde, wie erfolgreich die Frage der Mittel geklärt werden kann. Ich danke dem finnischen Ratsvorsitz für seine Bereitschaft, in dieser äußerst schwierigen Angelegenheit eine sehr konstruktive Rolle zu spielen.
Ich stimme Ihnen voll und ganz zu, dass die Stabilisierung des Westlichen Balkan die oberste Priorität der sich weiterentwickelnden europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist. Es ist richtig, wie Herr Lagendijk schon sagte, wir können es uns nicht leisten, in diesem Präzedenzfall zu versagen.