Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Aussprache zur mündlichen Anfrage an die Kommission zu den endgültigen Ergebnissen der Antidumpinguntersuchungen betreffend Schuhe aus China und Vietnam von Enrique Barón Crespo im Namen des Ausschusses für internationalen Handel (O-0096/2006 – B6-0432/2006).
Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Ich vertrete in dieser Aussprache meinen Kollegen Peter Mandelson. Peter ist gerade zusammen mit Ministerin Lehtomäki auf dem Weg zum EU-Indien-Gipfel, und das ist eine wirklich wichtige dienstliche Reise, da wir mit Indien viele entscheidende handelspolitische Maßnahmen besprechen müssen.
In der vergangenen Woche nahm der Rat die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen an, um dem Dumping von chinesischen und vietnamesischen Schuhen in der Europäischen Union beizukommen. Diese Maßnahmen bieten eine ausgewogene Lösung für eine komplexe Angelegenheit – eine Lösung, die eine Reaktion auf die eindeutigen Hinweise auf unlautere Wettbewerbspraktiken und staatliche Interventionen darstellt, die den chinesischen und vietnamesischen Unternehmen ein Dumping in der Europäischen Union ermöglicht haben.
Die jetzt ergriffenen Maßnahmen werden dabei helfen, die Situation wieder ins Lot zu bringen. Sie kommen den Schuhherstellern in der Union ein wenig entgegen und berücksichtigen gleichzeitig die Interessen der Verbraucher und die sich verändernde Struktur des Sektors innerhalb der Union, in der sich viele bekannte Marken im Schuhwarensektor dazu entscheiden, außerhalb der Union zu produzieren.
Wir haben hier eigentlich eine Fallstudie unserer Fähigkeit, auf die Herausforderungen und Chancen zu reagieren, die die Globalisierung mit sich bringt. Die vollständigen Ergebnisse der Untersuchung sind in den Maßnahmen zu finden, die wir am 6. Oktober veröffentlicht haben; dort finden sich auch die Einzelheiten dazu, wie wir das Ausmaß des Dumpings und den der EU-Industrie entstandenen Schaden ermittelt und das in diesem Fall angemessene Zollniveau festgelegt haben. Diese Informationen sind in der öffentlichen Hand und natürlich, wie in jedem anderen Fall, öffentlich verfügbar und unterliegen letzten Endes richterlicher Kontrolle.
Was die mögliche Anwendung eines aufgeschobenen Zollsystems betrifft, so ist es korrekt, dass die Kommission einen solchen Ansatz als mögliche Reaktion auf diesem Fall erwogen hat. Ein solch neuartiger Ansatz hätte tatsächlich gewisse Vorteile mit sich gebracht, doch die Mehrheit der Mitgliedstaaten hat ihn nicht unterstützt. Die Kommission hörte sich die Bedenken der Mitgliedstaaten an und legte Ende August die Maßnahmen vor, die gerade vom Rat angenommen worden sind.
Bei der Festlegung der Höhe der Zölle wandte die Kommission die Regel des niedrigeren Zolls („Lesser duty rule“) an, die Bestandteil unseres derzeitigen Rechtsrahmens ist und im völligen Einklang mit dem internationalen Rahmen für Antidumping steht. Diese Regelung erlaubt es der Kommission, Zölle festzulegen, die den tatsächlichen Schaden widerspiegeln, den die EU-Industrie erlitten hat, und nicht das bei der Untersuchung festgestellte Dumpingniveau. Das ist an sich kein neuartiger Ansatz. Gleichzeitig war das jedoch ein wichtiger Faktor, der bei der Festlegung des angemessenen Zollniveaus in Anbetracht der Art des Sektors, in dem es bis 2005 Quoten auf Schuhimporte gab, berücksichtigt werden musste. Dennoch haben wir im vorliegenden Fall eine ganz spezielle Situation, und obwohl man jeden Fall für sich betrachten muss, insbesondere angesichts der Globalisierung, handelt es sich hier nicht um eine grundlegende Änderung des Umgangs mit handelsspezifischen Schutzmaßnahmen.
Abschließend möchte ich betonen, dass wir die Art der im Zusammenhang mit Schuhimporten aufgetretenen Herausforderungen nicht ignorieren dürfen. Deshalb wird die Kommission als Teil ihrer Strategie zur Stärkung unserer externen Wettbewerbsfähigkeit im Dezember ein Grünbuch vorlegen, das sich damit beschäftigt, wie unsere Handelsschutzinstrumente im Rahmen der Globalisierung der Wirtschaft funktionieren.
Ich freue mich sehr auf diese Aussprache und bin der Meinung, dass wir bei der Suche nach praktischen, sensiblen Verbesserungen zusammenarbeiten müssen, um die europäischen Unternehmen besser zu befähigen, sich auf dem Weltmarkt im fairen Wettbewerb zu behaupten. Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr auf Ihre aktive Mitwirkung an dieser Aussprache.
Der Präsident. Ich möchte mich bei Herrn Barón Crespo entschuldigen, dass ich die Reihenfolge der Redner durcheinander gebracht habe. Er wäre mit seiner Rede selbstverständlich zuerst an der Reihe gewesen, um die Frage an die Kommission zu stellen. Herr Mandelson ist aus den Gründen, die Kommissar Rehn erläutert hat, nicht anwesend. Er befindet sich mit Frau Minister Lehtomäki auf dem Weg nach Finnland zum EU-Indien-Gipfel.
Enrique Barón Crespo (PSE), Verfasser. – (ES) Herr Präsident! Ich hatte zwei Beschwerden und nun noch eine mehr, denn ich finde, was heute in diesem Haus geschieht, ist absolut unerträglich.
Erstens stellt es eine Geringschätzung gegenüber dem Parlament dar, unsere Geschäftsordnung zu ändern und den Kommissar, der in Vertretung hier ist, antworten zu lassen, bevor ich Gelegenheit hatte, meine Anfrage zu stellen.
Zweitens, die Abwesenheit des Rates. Sie lässt sich nicht rechtfertigen, und wir haben das Problem heute in der Konferenz der Ausschussvorsitzenden zur Sprache gebracht: Die Abwesenheit des Rates ist nicht zu rechtfertigen, da seine Rolle in dieser Angelegenheit im Moment sehr fraglich ist, denn er hat sich bei der Behandlung dieses Themas nicht unparteiisch gezeigt.
Die Haltung der finnischen Präsidentschaft – und ich sage das mit größtem Bedauern, da Finnland ein Vorbild in Fragen der Transparenz ist – war nicht korrekt, und Frau Lehtomäki hätte uns Erläuterungen geben sollen.
Was Kommissar Mandelson betrifft – ich wende mich dabei an Kommissar Rehn, damit er meine Worte weitergeben kann, und ich werde noch etwas mehr dazu sagen –, wenn Kommissar Mandelson eine öffentliche Schule besucht hätte, wären seine Eltern wegen unentschuldigten Fehlens ihres Sohnes angerufen worden: Er war nicht zur September-Tagung hier, als wir den Bericht über Indien diskutierten; heute musste er gehen; er wird beim Thema Mercosur nicht anwesend sein… Ja, es ist sehr wichtig, in Helsinki mit Indien zu sprechen, doch es ist noch wichtiger, dort zu sein, wo die Exekutive sein muss, nämlich in diesem Parlament, um zu den Abgeordneten zu sprechen.
Herr Präsident, um zum Hauptthema zu kommen, muss ich sagen, dass wir die Kommission unterstützen: Wir unterstützen sie und sind in jeder Hinsicht gegen die zweidimensionale stereotype Sichtweise einiger Personen, die meinen, dass es Länder gibt, die für den freien Handel eintreten, und andere, die einen Protektionismus in dieser Frage verfolgen.
Die Kommission vertritt einen ausgewogenen Ansatz; wir handeln hier gemeinsam und solidarisch, und wir befinden uns in einer sehr ernsten Situation. Es heißt, es gebe Protektionismus; jawohl, wir müssen beispielsweise unsere Arbeitnehmer schützen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich Ihnen sagen, dass das letzte Unternehmen, das in Frankreich, im Elsass, Sicherheitsschuhe herstellt, die sehr wichtig sind, vor den Gerichtshof gehen wird, weil die Unterschiede 40 % betragen – wobei zu berücksichtigen ist, dass wir Antidumping-Maßnahmen in Form eines Zolltarifs von 10 % bis 20 % fordern –, und die importierten Schuhe nicht einmal die minimalen Sicherheitsstandards erfüllen.
Dies ist somit nicht eine Debatte, in der sich die Europäische Union in jene spaltet, die dafür sind, das Richtige zu tun, und jene, die die Tore schließen wollen. Es ist eine Debatte, in der wir verlangen, die Regeln einzuhalten, die wir in der Welthandelsorganisation vereinbart haben. Dabei hat die Kommission gute Arbeit geleistet, allerdings nicht heute, wenn es um die Abwesenheit von Kommissar Mandelson geht.
Wir sind deshalb der Auffassung, dass die Kommission einer so wichtigen Frage mehr Beachtung schenken müsste. Andere Themen sind auch wichtig, aber der Präsident und ich haben viele Flüge verpasst, um unsere Pflichten zu erfüllen. Wenn morgen ein Gipfel stattfindet, sollten sie früher aufstehen oder anders planen; aber auf jeden Fall sollten sie heute hier sein.
Der Präsident. Das haben Sie sehr gut gesagt, Herr Barón Crespo, und Sie wissen ja aus eigener Erfahrung als Präsident, wie schwer es ist, einige unserer Redner dazu zu bringen, ihre Redezeit nicht zu überschreiten. In früheren Aussprachen am heutigen Nachmittag haben Herr Frattini und Herr Barroso zusammen über 42 Minuten gesprochen.
Ich kann mich nicht anstelle von Herrn Mandelson entschuldigen, aber ich denke, Herr Rehn hat die Situation erklärt. Ich bin mir sicher, dass Herr Rehn Ihre Anmerkungen an Herrn Mandelson übermitteln wird.
Georgios Papastamkos, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Ich stimme den Einwänden zu, die Herr Barón Crespo bezüglich des Verhaltens erhoben hat, das die Kommission bei Debatten von solch entscheidender Bedeutung an den Tag legt.
Die Frage von Antidumpingzöllen für Schuhe hat die Mitgliedstaaten der Union gespalten. Zugleich sind dadurch die entgegengesetzten Interessen der Hersteller einerseits und der Händler und Verbraucher andererseits zum Vorschein gekommen.
Wir, die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten sprechen uns nach wie vor für den Multilateralismus sowie für einen offenen und ausgewogenen internationalen Handel aus. Die Argumente, die gegen die Annahme der betreffenden Maßnahmen vorgebracht werden, also Protektionismus zugunsten der Industrie und Abwälzen der Kosten auf die europäischen Verbraucher, halte ich jedoch für irreführend und unbegründet.
Meine Damen und Herren, es muss klargestellt werden, dass es sich bei der Einführung von Zöllen um eine gerechtfertigte und legale handelspolitische Schutzmaßnahme bzw., wenn Sie so wollen, um eine produktive Schutzmaßnahme handelt. Im Gegensatz dazu stellen Dumpingpraktiken eine primäre Schutzmaßnahme dar, und zwar eine, die den Handel verzerrt. In Anbetracht der Tatsache, dass die Anwendung von Dumpingpraktiken bewiesen und der Schaden, der dadurch der europäischen Industrie entsteht, offenkundig ist, würden wir also, wenn wir darauf verzichteten, Maßnahmen zu ergreifen, zwangsläufig den unfairen Wettbewerb tolerieren. All jene, die der Einführung von Zöllen das Argument der besseren Preise entgegenhalten, frage ich: Haben die Verbraucher von der Senkung der Einfuhrpreise nach der Liberalisierung profitiert? Sicherlich nicht. Wie die Kommission selbst bestätigt, hat dies für die europäischen Verbraucher keinen Nutzen gebracht, da die Preise stabil geblieben bzw. in bestimmten Fällen sogar leicht gestiegen sind.
Meine Damen und Herren, die Europäische Union sollte eine klare Botschaft aussenden: Ja zum Wettbewerb, Nein zu seiner offenkundigen bzw. verschleierten Verzerrung. Die Union ist und bleibt ein offener Markt für die Partner, die sich an die Vorschriften und Verhaltensregeln des multilateralen Handelssystems halten.
David Martin, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Offen gesagt bin ich schockiert über die Entscheidung, Zölle für Schuhe einzuführen, und zwar aus zwei Gründen: erstens, weil eine große Zahl der europäischen Verbraucher dann mehr für ihre Schuhe zahlen muss, um einer kleinen Zahl europäischer Produzenten zu zweifelhaften Vorteilen zu verhelfen. Ich bedaure insbesondere die Tatsache, dass die Zölle auch für Kinderschuhe gelten sollen. Für relativ gering verdienende Eltern von kleinen Kindern, die regelmäßig neue Schuhe kaufen müssen, ist das eine wahre Zumutung, und ich bedaure, dass wir diese Maßnahme ergriffen haben.
Der zweite Grund für meine Bestürzung ist die Art und Weise, wie die Mehrheit im Rat angeblich – und ich sage „angeblich“, weil ich keine sicheren Beweise dafür habe – zustande gebracht wurde. Wenn ich richtig informiert bin, dann wurde Lettland davon überzeugt, sein Abstimmungsverhalten zu ändern, und das hatte nichts mit Schuhen zu tun, sondern damit, dass Italien im Gegenzug versprach, nicht für die GSP-Sanktionen gegen Belarus zu stimmen. Da Lettland mit Belarus rege Handelsbeziehungen pflegt, konnte man die Letten damit leicht ködern. Diese Art von Kuhhandel bringt, sollte das den Tatsachen entsprechen, sowohl die gesamte Europäische Union als auch speziell den Rat in Verruf.
Sajjad Karim, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich sagen, dass ich mich der Beschwerde von Herrn Barón Crespo anschließe.
Der Vorstoß der EU in der vergangenen Woche, Herr Kommissar, Schuhimporte aus China und Vietnam mit Zöllen zu belegen, richtete sich nicht nur gegen den Willen der Mehrheit der europäischen Staaten – eine Reihe von Mitgliedstaaten hat eindeutig einen Kuhhandel betrieben und sich jetzt von ihren ursprünglichen Positionen verabschiedet –, sondern hat auch die Wahrscheinlichkeit einer Rüge der EU durch die WTO erhöht, da viele die sachlichen und rechtlichen Gründe der Untersuchung der Kommission in Frage stellen.
Die treibende Kraft hinter dieser kurzsichtigen Hilfsmaßnahme war der Protektionismus. Zölle sind ein schneller Notbehelf, der nur solchen EU-Wirtschaftszweigen wehtut, die sich eigentlich an die globale Wirtschaft angepasst haben. So hat das britische Unternehmen Clarks Shoes zum Beispiel vor allem Weitblick bewiesen, weil es die Schuhproduktion nach China und Vietnam verlagert hat, und Verantwortungsbewusstsein, weil es die Schuhe nunmehr in mehr britischen Einzelhandelsgeschäften verkaufen lässt, in denen das Unternehmen jetzt mehr Leute beschäftigt, als jemals in der Schuhproduktion tätig waren; und das Unternehmen hat nicht zuletzt Verständnis gezeigt, weil es die Schwierigkeiten der Kommission anerkennt und versucht, mit ihr und nicht gegen sie zu arbeiten. Doch aufgrund der unausgegorenen Maßnahmen von letzter Woche wird Clarks nun für alle drei Dinge bestraft, denn nun wird von den europäischen Einzelhändlern und Verbrauchern erwartet, dass sie die Zeche für das kränkelnde verarbeitende Gewerbe Italiens bezahlen.
Die Maßnahme ist zudem kurzsichtig, weil sie – während Kommissar Mandelson seine Pläne für engere bilaterale Beziehungen zu den aufstrebenden Wirtschaftsländern Asiens darlegt – die Chinesen wütend gemacht, die von der EU finanzierten Programme zur Bekämpfung der Armut und zur Beseitigung des Hungers in Vietnam behindert und der Region die rote Fahne des EU-Protektionismus gezeigt hat.
Ich fürchte, dass die Überprüfung der Antidumpingregeln der EU durch Kommissar Mandelson ein Jahr zu spät kommt. Dass Einzelhändler, die die Vorteile billiger Einfuhren nicht an die Verbraucher weitergeben, angeprangert werden, dient der Kommission lediglich als Vorwand, um die unzulängliche Bewältigung der Herausforderungen der Globalisierung zu kaschieren. In dieser Hinsicht hat die Kommission kläglich versagt.
Margrete Auken, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (DA) Herr Präsident! Der Beschluss des Rates, auf Schuhe aus China und Vietnam Zölle zu erheben, ist ein weiteres Beispiel für den Protektionismus der EU. Dieser Beschluss stellt einen Angriff auf das System multilateraler Abkommen dar, darunter insbesondere das Multifaserabkommen. Außerdem werden die Mitgliedstaaten, denen die Einhaltung des Abkommens gelungen ist, auf diese Weise übermäßig bestraft. So wird beispielsweise Dänemark von den Zöllen getroffen, weil es seine Schuhproduktion nach China verlagert hat und lediglich die Abteilungen Design und Marketing in Dänemark verblieben sind. Schlimmer noch: Die EU untergräbt damit die WTO und das System multilateraler Abkommen.
Bemerkenswert ist ferner, dass der Kommissar nicht einmal zuhört, wenn man spricht. Auch wenn er Finne ist, kann er mein Dänisch dort drüben, wo er gerade steht, nicht verstehen. Ich möchte den Präsidenten darauf hinweisen, dass das völlig inakzeptabel ist!
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Kommissar Mandelson setzt jetzt alle seine Hoffnungen auf bilaterale Handelsabkommen. Er rechtfertigt dies damit, dass wir neue Wege finden müssen, solange der Weg über die WTO versperrt ist. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass eigentlich die EU und die USA den größten Teil der Verantwortung für den Stillstand bei den WTO-Verhandlungen tragen. Zweifelsohne gibt es Probleme in Bezug auf Menschenrechte, Zinspolitik und Umweltstandards, doch ihre Lösung liegt nicht im Protektionismus. Sie müssen durch eine verbindliche multilaterale Zusammenarbeit ausgeräumt werden. Durch die Verstärkung des bilateralen Ansatzes wird die Abhängigkeit armer Länder von der EU nur noch untermauert. Sie stellt eine ziemlich unverblümte Fortsetzung der kolonialen Ausbeutung dar. Kommissar Mandelson bezeichnet die bilateralen Abkommen als „Sprungbrett“ zu einem besseren Welthandel. Aber das sind sie nicht. Im Gegenteil. Sie führen zu einer Ablehnung der WTO und des multilateralen Handelssystems und damit auch der Ideale des fairen und freien Handels sowie der Armutsbekämpfung, die die Kommission normalerweise zu ihrem globalen Ziel erklärt. Mit der bilateralen Strategie wird aus dieser Vision nicht mehr als leeres Gerede.
Pedro Guerreiro, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Das Problem bei den vom Rat beschlossenen Maßnahmen liegt unserer Meinung nach darin, dass sie überfällig sind, dass sie begrenzte Wirkung haben werden und dass sie nicht ausreichend sind in einem Sektor, der eine gute Zukunft vor sich hat und für Portugal und die EU von großer Bedeutung ist.
Herr Kommissar! Sie haben doch sicher Kenntnis vom Sachverhalt der Schließung und Verlagerung zahlreicher Unternehmen und des Verlustes von Arbeitsplätzen im Schuhsektor in Portugal. Die Folge sind ein Anstieg der Arbeitslosigkeit und die Gefahr, dass Tausende Arbeitnehmer in die Armut abrutschen. Ich möchte noch einmal an den Fall der Beschäftigten des multinationalen Konzerns C&J Clark in Castelo de Paiva erinnern, die drei Jahre nach Schließung des Unternehmens und nach wiederholten Versprechungen immer noch ohne Beschäftigungsalternativen dastehen. Verlierer der Liberalisierung des Welthandels sind also die Arbeitnehmer unzähliger Kleinst-, kleiner und mittlerer Unternehmen des Schuhsektors in der EU. Gewinner des gewaltigen Anstiegs der Schuhimporte aus Drittländern sind nicht die so genannten Verbraucher, sondern die großen multinationalen Konzerne und die großen Import- und Vertriebsunternehmen, die märchenhafte Gewinne erzielen, wie die Kommission ja eingeräumt hat.
Wenn es dem internationalen Handel als Ganzes tatsächlich um die Interessen der Verbraucher ginge, dann hätte er schon lange den Verkaufspreis importierter Schuhwaren deutlich senken können.
Wie wir dargelegt haben, sind nicht die Drittstaaten für diese Situation verantwortlich, sondern die Europäische Union und ihre Politik der Förderung des Wettbewerbs und der Liberalisierung des internationalen Handels sowie der Stabilität des Euro, eine Politik, die die verarbeitenden Industrien wie den Schuhsektor behindert. Im Übrigen hat die Kommission erst letzte Woche ihre Absicht erklärt, mehr bilaterale Freihandelsabkommen abzuschließen, womit ein neuer Kreuzzug zur Liberalisierung des Welthandels eingeläutet wird.
Genau diese Politik muss in Frage gestellt werden.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Allein im vergangenen Jahr gelangten insgesamt 1 Milliarde und 250 Millionen Paar Schuhe aus China auf den europäischen Markt. Das entspricht der Hälfte aller Schuhe, die in der Europäischen Union zu dieser Zeit verkauft wurden. Gleichzeitig ist die Herstellung von Lederschuhen in Europa seit 2001 um nahezu 30 % zurückgegangen. In dieser Zeit sind im Schuhsektor der Europäischen Union fast 40 000 Arbeitsplätze verlorengegangen.
In Polen gestaltet sich die Situation ähnlich. Im Jahr 2001 hat Polen lediglich 300 000 Paar Schuhe aus chinesischer Herstellung importiert. Diese Zahl ist mittlerweile auf jährlich 9 Millionen Paar gestiegen. Daraus ergaben sich unmittelbare Folgen für die Beschäftigung in diesem Sektor. Im Jahr 2003 waren in Polen 123 Unternehmen in der Schuhherstellung tätig, im Jahr 2005 nur noch 93. Zugleich ist die Zahl der Beschäftigten in dieser Branche von fast 17 000 auf 13 000, und die Produktion von 18 auf 15 Millionen Paar zurückgegangen. Hinzu kommt, dass nicht die Verbraucher von diesen umfangreichen Einfuhren durch sinkende Preise profitiert haben, wie allgemein vermutet wird, sondern die Importeure selbst, die häufig Profitmargen von mehr als 100 Prozent auf den Transaktionswert aufschlagen.
Unter diesen Voraussetzungen ist zu begrüßen, dass sich die Europäische Kommission endlich dazu entschlossen hat, Zölle zu erheben, um den europäischen Markt zu schützen, sowie vor allem, dass Sachverständige aus der Kommission zweifelsfrei nachweisen konnten, dass China Dumpingpreise anwendet. Die Regierungen von China oder Vietnam beispielsweise stützen ihre Hersteller auf unfaire Weise durch Steuervergünstigungen, die kostenlose Bereitstellung von Flächen und auch dadurch, dass sie ihnen einen Teil der Herstellungskosten, zum Beispiel durch den Verzicht auf Erhebung von Umweltsteuern, abnehmen. Es ist lediglich zu bedauern, dass diese Entscheidung so spät kommt, nachdem die europäische Schuhindustrie bereits so schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Die Europäische Kommission muss alles in ihrer Macht Stehende tun, damit sich so etwas in einem anderen Wirtschaftssektor nicht wiederholt. Darüber hinaus müssen Entscheidungen darüber, wie im Falle des Verkaufs von Waren zu Dumpingpreisen innerhalb des europäischen Zollgebiets zu verfahren ist, schnell getroffen werden, um den Schaden, den diese Einfuhren in der verarbeitenden Industrie und damit für die Beschäftigung in der Europäischen Union verursachen, so gering wie möglich zu halten.
Jana Bobošíková (NI). – (CS) Meine Damen und Herren! Ich kann mich keinesfalls damit einverstanden erklären, dass der Rat und die Kommission den Vorschlag von Kommissar Mandelson angenommen und in den letzten Tagen hohe Zölle auf Schuhe aus Vietnam und China erhoben haben. Meiner Ansicht nach ist das eine kurzfristige Maßnahme, die einem gegen die Liberalisierung gerichteten Protektionismus gleichkommt und der Wettbewerbsfähigkeit Europas ganz und gar nicht dienlich ist. Sie verlängert lediglich die Todesqualen der Hersteller, die es schwer haben, sich an die Realität der globalen Wirtschaft anzupassen. Mit der Einführung von Zöllen bestrafen die Politiker paradoxerweise auch jene Geschäftsleute, die die Regeln der globalen Wirtschaft verstanden und Flexibilität bewiesen haben, indem sie ihre Produktion nach Asien verlagert und den neuen Marktbedingungen standgehalten haben. Die Einführung von Zöllen richtet sich im Endeffekt auch gegen die Verbraucher, weil der Preis für ein Paar Schuhe um 7 Euro gestiegen ist. Mich würde einmal interessieren, welches Staatsoberhaupt oder welches Kommissionsmitglied persönlich zu Familien mit mehreren Kindern gehen und ihnen erklären wird, dass sie, wenn sie teurere Schuhe kaufen, keine höhere Qualität kaufen, sondern uneffektive Schuhfabriken subventionieren.
José Albino Silva Peneda (PPE-DE). – (PT) Die Erhebung der Antidumping-Steuer über Lederschuhimporte aus China und Vietnam war ein guter, allerdings lange fälliger Beschluss der Europäischen Union. Aber besser spät als nie!
Es ist uns allen bekannt, dass China und Vietnam zahlreiche Produkte in die ganze Welt exportieren, darunter auch Schuhe und Textilien, die in hohem Maße von staatlichen Interventionen profitieren. Beispiele für solche Interventionen sind nicht rückzahlbare Kredite, Steuervergünstigungen, die künstliche Abwertung der Währung und in einigen Fällen die Nicht-Abschreibung von Investitionen. Eine sozial- oder umweltpolitische Regulierung, die in den EU-Ländern einen beträchtlichen Teil der Produktionskosten ausmacht, gibt es für diese Erzeugnisse nach wie vor nur teilweise oder überhaupt nicht. Die europäischen Schuhhersteller wissen, dass sie mit den Unternehmen konkurrieren müssen, die mit niedrigeren Löhnen produzieren. Ihnen widerstrebt die Vorstellung, dass der Wettbewerb durch derartige Interventionen der Exportländer, die ihre Waren unter dem Herstellungspreis verkaufen, verzerrt wird. Dort, wo ich herkomme, nennt man das Betrug.
Die Europäische Union hat, wenn auch verspätet, die richtige Entscheidung getroffen, aber in verwässerter Form. Die Praxis zeigt, dass die Behörden dieser Länder nicht willens sind, ihr Verhalten zu ändern, und angesichts wiederholter unlauterer Praktiken hätte ich die ursprüngliche Version der Sanktionen bevorzugt, in der Antidumping-Zölle für einen Zeitraum von fünf Jahren gefordert wurden, statt der Zweijahresfrist, die am Ende beschlossen wurde.
Diese Maßnahmen wurden im Rat nur von einer knappen Mehrheit unterstützt, nämlich von lediglich dreizehn der fünfundzwanzig Mitgliedstaaten. Deshalb möchte ich abschließend fragen, ob wir uns in zwei Jahren noch auf diese Mehrheit stützen können. Wenn nicht, was wird die Europäische Union dann tun?
Herr Kommissar, ich will eines ganz klar sagen: Ich bin kein Verfechter protektionistischer Politik. Ich will nur, dass sich alle an die Spielregeln halten!
Kader Arif (PSE). – (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon eine merkwürdige Auffassung von einer demokratischen Aussprache und von der Achtung, die unserer Institution gebührt, wie Enrique Barón Crespo sagte, wenn ein für den Handel zuständiges Kommissionsmitglied und ein finnischer Ratsvorsitz nicht anwesend sind, um auf unsere legitimen Fragen zu antworten.
Wenn der Kommissar es eingerichtet hätte herzukommen, so hätte ich ihm zwei Fragen gestellt. Weshalb werden Antidumpingzölle von fünf Jahren auf zwei Jahre reduziert, was es in der Geschichte dieses Instruments bisher noch nicht gab? Und weshalb so niedrige Zölle, da doch die internationalen Handelsregeln eindeutig verletzt werden und die Unternehmen großen Schaden erleiden?
Hätte uns der finnische Vorsitz mit seiner Präsenz beehrt, dann hätte ich ihn nicht zu seiner parteiischen Koordinierung und seiner unbeirrbaren Unterstützung für die Positionen der Großimporteure und großen Vertriebsgesellschaften zu Lasten unserer Industrie beglückwünscht, die eine dramatische Zahl von Konkursen mit den damit einhergehenden Arbeitsplatzverlusten erlebt. Aber die finanziellen Erwägungen haben einmal mehr den Sieg über die sozialen Erwägungen und die unumgängliche Solidarität zwischen den EU-Ländern errungen, eine Solidarität, die, wenn sie zu arg strapaziert wird, morgen Gefahr läuft, zur Ausnahme zu werden und nicht mehr zur Regel, die uns eint.
Kurz, der angenommene Standpunkt bedeutet mehr Arbeitslosigkeit in Europa, eine verpasste Gelegenheit für die Förderung sozialer Standards und annehmbarer Beschäftigung sowie Gewinne, die allein in die Taschen der Importeure und Vertriebsunternehmen fließen. Daher kann ich ihn nicht befürworten.
Danutė Budreikaitė (ALDE). – (LT) Der europäische Schuhmarkt ist in den letzten fünf Jahren um ein Drittel geschrumpft, da er nicht mit der von den Regierungen asiatischer Länder subventionierten Billigproduktion mithalten kann. Mit der Einführung von Antidumpingzöllen auf chinesische und vietnamesische Lederschuhe innerhalb der nächsten zwei Jahre haben die EU-Mitgliedstaaten, die sich um Wettbewerbsfähigkeit bei der Schuhherstellung bemühen, einen vorläufigen Sieg gegenüber den EU-Ländern errungen, die ihre Produktion nach Asien verlagert haben. Große Absatznetze, so zum Beispiel Importeure von Schuhen aus Asien, sind ebenfalls gegen die Einführung dieser Zölle.
Maßnahmen zum Schutz des Marktes sind notwendig, solange in asiatischen Ländern Energie subventioniert wird, Präferenzzölle angewandt werden und die Umwelt verschmutzt wird. Diese Maßnahmen werden zumindest teilweise dazu dienen, die Unterschiede zwischen den Betriebsbedingungen europäischer und asiatischer Schuhhersteller zu verringern, wenn auch nur vorübergehend.
Die Verlagerung der Produktion in Länder mit billigeren Arbeitskräften scheint unvermeidlich. Die Erde ist immer noch rund, und wird es sich nicht negativ auf die EU auswirken, wenn sie ihre eigenen Herstellungskapazitäten zerstört? Warum denkt die Europäische Kommission nicht über eine Reform der Außenhandelspolitik der WTO und der EU nach?
Leopold Józef Rutowicz (NI). – (PL) Herr Präsident! Schuhe sind Erzeugnisse, die einen wichtigen Einfluss auf unsere Gesundheit und auf bequemes Laufen haben. Ihre Qualität und Haltbarkeit hängen vom Design, von der Herstellungsmethode und vom verarbeiteten Material ab. Es bringt natürlich gewisse Kosten mit sich, wenn ein grundlegender Standard für Schuhe gewährleistet werden soll. Bei ausgesprochen billigen Schuhen kann man davon ausgehen, dass die Herstellung subventioniert wurde oder die Hersteller Rohmaterial von geringer Qualität verwendet und Technologien eingesetzt haben, die nicht den Gesundheits- und Verbraucheranforderungen entsprechen. Daran sollten wir denken, wenn wir die Branche und die Verbraucher in der Europäischen Union schützen. Aus diesem Grund ist die Einführung von Antidumpingzöllen meines Erachtens gerechtfertigt, wie auch alle weiteren Maßnahmen, mit denen die Einfuhr von Schuhen, die den europäischen Anforderungen nicht gerecht werden, beschränkt wird.
Christofer Fjellner (PPE-DE). – (SV) Herr Präsident! Die Einführung von Zöllen auf Schuhe aus Vietnam und China ist ein prachtvolles Eigentor der EU, eine schlechte Wirtschaftspolitik und miserable Handelspolitik sowie eine moralische Bankrotterklärung.
Lassen Sie mich zunächst erklären, warum dies eine schlechte Wirtschaftspolitik ist. Was wir nämlich damit zurzeit erreichen, ist der Schutz und die Verteidigung von nicht wettbewerbsfähigen Wirtschaftszweigen, wobei wir gleichzeitig die Unternehmen bestrafen, die sich auf die Globalisierung eingestellt haben, indem sie beispielsweise ihre Produktion in Länder mit größerer Wettbewerbsfähigkeit verlagert haben. Auf diese Weise gelingt uns das Kunststück, die Wettbewerbsfähigkeit der EU mit ein und demselben Beschluss gleich zweimal zu schwächen.
Ich fürchte, die Zukunftsvision der Kommission besteht darin, dass die EU den globalen Wettbewerb mit billigen Schuhen gewinnen soll. Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre, dass die Kommission damit durchkommt und wir diese Branche am Leben erhalten. In diesem Fall können wir davon ausgehen, dass Europa in dreißig Jahren Schuhe nach Vietnam exportiert, während Vietnam Autos oder noch hochwertigere Waren, die wir uns heute noch nicht einmal vorstellen können, nach Europa exportiert.
Zweitens handelt es sich um eine miserable Handelspolitik. Ende dieses Monats wird Vietnam Mitglied der WTO. Das Begrüßungsgeschenk der EU sind Zölle auf vietnamesische Schuhe. Damit senden wir Vietnam katastrophale Signale von einem der weltweit größten Handelsblöcke, zumal das Land große Veränderungen durchläuft, um die Anforderungen einer zukünftigen WTO-Mitgliedschaft zu erfüllen.
Drittens ist dies eine moralische Bankrotterklärung, weil damit einzelne Menschen hart getroffen werden, um geringfügige, gut organisierte Sonderinteressen zu befriedigen. Wir geben uns nicht damit zufrieden, die Schuhzölle zu verlängern, sondern dehnen sie nun auch noch auf Kinderschuhe aus. Was sagen Sie den schwedischen Familien mit kleinen Kindern, die vielleicht gezwungen sind, mehrere Paar Kinderschuhe pro Jahr zu kaufen? Meinen Sie, diese Familien haben zu viel Geld? Wären sie mit den bisherigen Maßnahmen zu billig weggekommen?
Das ist ein Beispiel dafür, wie sich die EU von ihrer schlechtesten Seite zeigt, wenn nämlich das Wohl der Bürger gut organisierten Sonderinteressen geopfert wird. Das müssen wir meines Erachtens in Zukunft vermeiden.
Francisco Assis (PSE). – (PT) Die Befürworter des freien Handels glauben, dass Instrumente zum Schutz des Handels, wie etwa Antidumpingmaßnahmen, nur unter außergewöhnlichen, objektiv gesicherten Umständen beschlossen werden sollten. Leider bestehen in diesem Fall solche Umstände.
China und Vietnam sind für besonders inakzeptable Handelspraktiken im Schuhsektor verantwortlich, und sie sind sogar so weit gegangen, die zahlreichen Wettbewerbsvorteile, die sie bereits genießen, noch auszudehnen. Durch dieses Verhalten haben diese beiden Länder gegen eines der Grundprinzipien des freien Handels verstoßen: den lauteren Wettbewerb. Deshalb darf man diese Maßnahmen nicht als gegen den freien Handel gerichtet sehen, sondern man muss sie, ganz im Gegenteil, als maßgebenden Faktor zum langfristigen Schutz des freien Handels verstehen.
Deshalb verdient die Kommission Beifall für das, was sie in diesem Bereich unternommen hat. Man muss allerdings darauf hinweisen, dass die europäische Industrie in ihrem Bemühen zur Modernisierung nicht nachlassen darf und in die Innovation und die Erhöhung der Qualität investieren muss, um ihre Wettbewerbsfähigkeit im Sektor weltweit zu verbessern. In diese Bemühungen müssen die staatlichen Institutionen einbezogen sein, damit die Regeln des freien und fairen Handels stets eingehalten werden.
Darum darf die Annahme dieser Maßnahmen nicht als Versuch verstanden werden, einem ungewollten Protektionismus erneut Tür und Tor zu öffnen, sondern vielmehr als unerlässliches Instrument, mit dem sichergestellt werden soll, dass der internationale Handel fair reguliert ist.
Anne E. Jensen (ALDE). – (DA) Herr Präsident, Herr Kommissar! Im Gegensatz zu meinem Vorredner möchte ich Folgendes sagen: Wenn irgendjemand der Meinung ist, dass durch Zölle auf Lederschuhe aus China und Vietnam europäische Arbeitsplätze erhalten werden können, dann sollte er diese Meinung noch einmal überdenken. So funktioniert es nämlich nicht. Tatsache ist doch, dass die Produktion lediglich in andere Billiglohnländer verlagert wird. Aus den jüngsten Zahlen von Eurostat geht hervor, dass seit der Festlegung der Zölle im Frühjahr die Schuhproduktion von China und Vietnam in Länder wie Indien und Indonesien verlagert wurde. Die uneffektiven Hersteller in EU-Ländern gewinnen dadurch gar nichts.
Die Kommission behauptet, es habe Dumping stattgefunden, und erklärt, sie habe alle praktischen Ergebnisse der Antidumping-Untersuchung vorgelegt. Ich kann allerdings nur einige allgemeine Dokumente finden. Meiner Meinung nach haben wir ein grundlegendes Demokratieproblem, wenn Entscheidungen zufällig und unvollständig getroffen werden. Dadurch wird der Eindruck verstärkt, dass wir es hier mit einem politischen Kuhhandel zu tun haben. Deshalb möchte ich die Kommission ersuchen, die Ergebnisse all ihrer Untersuchungen offen zu legen und uns gründliche Analysen der Folgen zu unterbreiten, die sich aus den Schuhzöllen für die europäischen Verbraucher und Unternehmen ergeben und in Zukunft noch ergeben werden.
Luca Romagnoli (NI). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Problem, mit dem sich die Anfrage von Herrn Barón Crespo befasst, geht über den Fall des Schuhsektors hinaus, weil das gesamte Produktionssystem der Mitgliedstaaten, und zwar nicht erst seit heute, durch den unlauteren Wettbewerb – oder besser gesagt, durch die erbarmungslose und grenzenlose Geldgier des so genannten freien Marktes – in eine Krise gestürzt wird: ein Markt, der treffender als regellos bezeichnet werden sollte, der die Menschen aussaugt wie ein Vampir und die Arbeitnehmer ausbeutet ohne Rücksicht auf ihr Alter und ohne irgendwelche soziale Garantien, die auch nur im entferntesten mit den in den Ländern der Europäischen Union geltenden vergleichbar wären. Das ist ein Markt mit verheerenden finanziellen Interessen, der Gesellschaft und Nationen verarmen lässt und auf die exponentielle Bereicherung transnationaler Unternehmen ausgerichtet ist.
Handelsschutzinstrumente wie Antidumpingmaßnahmen, und somit die Beibehaltung von Zöllen, sind die wichtigste und unabdingbare Mindestvorkehrung; gleichwohl sind sie nicht völlig ausreichend, weil der unlautere Wettbewerb, der die Märkte mit weitaus billigeren Waren zu überschwemmen droht, das Ergebnis enormer Vorteile ist, die die Produktionsfaktoren bieten. Unlauterer Wettbewerb sollte daher nicht nur mit Verteidigungsmitteln bekämpft werden: Man kann nicht versuchen, den Krieg mit Nachhutgefechten zu gewinnen, und Verteidigung garantiert keinen Sieg im Gefecht, wie Strategen schon vor von Clausewitz festgestellt haben.
Wenn also die Union ihre Erzeuger schützen will, muss sie Kontrollen der Waren durchsetzen, die im Binnenmarkt vermarktet werden sollen. Es ist undenkbar, die Preise der Produktion entgegenzustellen, solange die Produktionsfaktoren zugunsten der asiatischen Industrie so unausgewogen sind – unausgewogen nicht nur in Bezug auf die Arbeits-, sondern beispielsweise auch auf die Verwaltungskosten.
Zu Beginn dieser Wahlperiode hatte ich eine mündliche Anfrage gemäß Artikel 108 eingereicht, unterstützt durch Dutzende Unterschriften von Kollegen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit und politischer Orientierung. Sie wurde offenkundig nicht in die Debatte aufgenommen, vielleicht weil sie mit den Interessen derjenigen kollidierte, die im Namen des Profits soziale Erwägungen und die tiefere Bedeutung von Arbeit missachten. Damals sagte ich – und ich halte daran fest –, dass es neben der Verhängung von Einfuhrbeschränkungen gegen Länder, die keine Garantien in dem genannten Sinne bieten, Zeit ist, ein Kontrollgremium zu schaffen, das bescheinigt, wie die nach Europa eingeführten Waren – egal, aus welchem Drittland sie kommen – hergestellt wurden, und das dementsprechend den Handel genehmigt oder verbietet.
Lassen Sie uns ein ethisches Zertifizierungszeichen einführen – ethisch in Bezug auf die Arbeit und die Umwelt, und ganz allgemein ethisch im Hinblick auf den Herstellungsprozess. Karl Popper war zweifelsohne ein Anhänger des Freihandels, doch er fasste perfekt zusammen, dass Freiheit nicht verstanden werden darf als…
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Meine Damen und Herren! Ich weise nachdrücklich die Ansicht zurück, dass Antidumping-Maßnahmen mit schädlichem Protektionismus gleichzusetzen sind. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Für Europa kann es nichts Schlimmeres geben, als wohlwollend den unfairen Handelspraktiken von Drittländern zuzusehen und gleichzeitig gegen die europäischen Hersteller strengste Vorschriften zu verhängen. Es sollte uns nicht überraschen, dass europäische Unternehmen ihre Produktion nach Asien verlagern, wo sie maßgeblich von den niedrigen Sozial- und Umweltstandards profitieren können, indem sie Schuhe, Textilien, elektronische Geräte und andere Waren von schlechter Qualität für wenig Geld und mit hohem Gewinn an die Europäer verkaufen, die darüber hinaus auf ihren einheimischen Märkten auch noch ihren Arbeitsplatz verlieren. Die Mitgliedstaaten der EU halten sich an die Handelsvorschriften und können von sich aus keine offiziellen Sanktionen gegen Drittländer verhängen. Dafür ist die Union zuständig. Deshalb ist es auch so wichtig, dass die Kommission hier etwas unternimmt. Allerdings mache ich mir Sorgen, weil so inkonsequent vorgegangen wird. Schließlich werden auch Kinder- und Sportschuhe aus China und Vietnam zu Dumpingpreisen verkauft. Sie von diesen Maßnahmen aus dem einfachen Grund auszunehmen, dass Sportschuhe nicht mehr in Europa hergestellt werden bzw. qualitativ minderwertige Kinderschuhe armen Familien helfen, ist ein Zeichen für Europas Schwäche. Dass Kinderschuhe, die nachweislich der Gesundheit der Kinder geschadet haben, bisher ausgenommen waren, stellte ein gerüttelt Maß an fehlender Professionalität aufseiten der Kommission dar.
Meiner Meinung nach sollten wir in diesem Fall nach dem Grundsatz verfahren, dass wir gegenseitig die Einhaltung der vereinbarten Regelungen überwachen und uns nicht einfach den europäischen Großhändlern beugen, die oftmals von unserer fehlenden Gründlichkeit in dieser Angelegenheit profitieren. Uns allen ist klar, dass es lediglich um einige Euro geht, die keine Auswirkungen auf die großen Profite haben, die der Verbraucher nicht sieht. Aus der Erklärung des Rates geht hervor, dass die Regierungen an Grundsatzfragen gar nicht interessiert sind, sondern dass hier konkrete Handelsinteressen eine Rolle spielen, die sich entsprechend dem Nord-Süd-Gefälle unterscheiden. Ich hoffe, dass wir uns zumindest hier im Parlament an die Prinzipien des fairen Wettbewerbs halten, ganz gleich, wem dies in Europa oder anderswo passt. Es ist unsere Pflicht, die Kommission zu unterstützen und den Rat vor einer solchen Politik zu warnen. Abschließend möchte ich die Kommission auffordern, sich noch einmal mit der Frage der obligatorischen Zertifizierung von Kinderschuhen zu beschäftigen, die in Europa verkauft werden, wobei es unerheblich ist, wer sie hergestellt hat. Schuhe sollten der Gesundheit förderlich sein, ob sie nun von Chinesen, Japanern oder anderen Menschen hergestellt wurden.
Giulietto Chiesa (PSE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sollte sich diese Aussprache darauf beschränken, das Für und Wider von Antidumpingmaßnahmen für Lederschuhe aus China und Vietnam abzuwägen, würde sie wahrlich ihren Zweck nicht erfüllen. Die europäischen Länder sind sich uneins in dieser Frage, weil die Interessen der Hersteller denen der Händler entgegenstehen. Das ist eine Tatsachenfeststellung und kein Grund sich aufzuregen. Die eigentliche Frage, die wir stellen sollten, ist eine andere: Besteht ein gemeinsames europäisches Interesse? Wie kann es definiert werden? Meiner Meinung nach können und müssen wir versuchen, es zu definieren, denn ein gespaltenes Europa ist ein schwaches Europa. Das wird jedoch nur möglich sein, wenn wir von einer strategischen und realistischen Sichtweise auf die Stellung Europas im Weltmarkt und Welthandel ausgehen und uns dabei fest an die Grundsätze und Zahlen halten.
Einer dieser Grundsätze ist der Schutz des europäischen Verbrauchers. Unter anderem ist das Herstellererfordernis, d. h. das „made in“, unumstößlich: erstens, weil es mehr Information und mehr Klarheit bedeutet (das ist ein europäisches Prinzip); und zweitens, weil erkennbar wird, dass eine drastische Senkung der Importkosten für Lederschuhe keineswegs mit einer Senkung der Einzelhandelspreise einhergeht. Es hat sich im Gegenteil herausgestellt, dass in Europa unverdiente Einkünfte aufgrund dieser Situation erzielt werden, von denen ebenfalls eine Gefahr ausgeht. Die für zwei Jahre eingeführten Zölle sind ein vernünftiger Kompromiss, der auch ein korrektes Vorgehen sanktioniert, bei dem die Interessen aller Beteiligten gewahrt werden.
Antonio López-Istúriz White (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar! Danke, dass Sie heute hier bei uns sind. Ich möchte dem Rat kurz meine relative Genugtuung über die am 4. Oktober erzielte Vereinbarung zum Ausdruck bringen: Genugtuung, weil endlich beschlossen wurde, Maßnahmen zu ergreifen, um dem Verkauf von Schuhen aus China und Vietnam zu Preisen, die unter dem realen Selbstkostenpreis liegen, entgegenzuwirken. Ich sage relativ, weil eine derartige Zollmaßnahme gewöhnlich für fünf Jahre in Kraft ist und nicht für zwei, wie der Rat vereinbart hat. Wir Abgeordneten aus Spanien und von den Balearen fordern die Kommission und den Rat auf, die Möglichkeit zur Verlängerung dieser Zölle offen zu lassen, da sich das Problem des unlauteren Wettbewerbs auch noch in zwei Jahren stellen wird.
In der Region, die ich vertrete, den Balearen, die sich besonders aktiv für gleiche Bedingungen beim Absatz von Schuhen auf den europäischen Märkten einsetzt, glauben wir zudem, dass die in der Vereinbarung des Rates vorgesehenen Zölle im Vergleich zu jenen, die im Übergangszeitraum, der am 6. Oktober endet, zur Anwendung kamen, zu niedrig sind: Der zeitweilige Zolltarif betrug 19 % für Schuhwaren aus China, und jetzt sind es 16 %, und bei Schuhwaren aus Vietnam reduziert er sich von 16,8 % auf 10 %. Für die Balearen und für mein Land geht es hauptsächlich um die Gleichheit der Bedingungen bei der Vermarktung von Schuhen, Bedingungen, die eine derartige Dumpingpraxis ausschließen.
Wir sprechen daher nicht von der Durchsetzung protektionistischer Maßnahmen, die den freien Handel behindern, sondern von Maßnahmen zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs.
Panagiotis Beglitis (PSE). – (EL) Herr Präsident! Der jüngste Beschluss des Ministerrates über die Einführung von Antidumpingzöllen veranlasst mich zu zwei entscheidenden Bemerkungen. Die erste betrifft die Effektivität der gemeinsamen Handelspolitik und der Mechanismen, die ihr für die Verteidigung der europäischen Interessen zur Verfügung stehen. Leider ist es wieder einmal China, ein Mitglied der Welthandelsorganisation, das mithilfe seiner Staatspolitik seine Dumpingpraktiken fortsetzt, während die Europäische Kommission ihrerseits diese Praktiken weiterhin als neutrale Beobachterin verfolgt.
Auf der anderen Seite haben wir Vietnam, das ebenfalls nicht davon ablässt, Dumpingmaßnahmen zu ergreifen, während es gleichzeitig die Absicht hat, der Welthandelsorganisation beizutreten. Meines Erachtens sollte die Europäische Kommission auch an die vietnamesischen Behörden eine Botschaft aussenden, da das Land den Wunsch nach einem Beitritt zur Welthandelsorganisation hat.
Meine zweite Bemerkung ist noch ernsterer Art und betrifft konkret die Zukunft der Europäischen Union und den Schutz des europäischen Produktionsgefüges. In Europa gibt es nicht nur Verbraucher, deren Interessen wir natürlich schützen müssen; es gibt auch Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsplätze verlieren und keine Arbeit mehr finden. Auf der einen Seite haben wir die Einfuhren, auf der anderen Seite haben wir aber auch produktive Unternehmen und Industriezweige, denen die Möglichkeit gegeben werden muss, sich in einem sicheren internationalen Umfeld, das frei von Verzerrungen ist, im Wettbewerb zu behaupten. Europa darf sich nicht zu einem Dschungel unkontrollierter Einfuhren entwickeln, die im Namen der Liberalisierung des internationalen Handels zugelassen werden.
Béla Glattfelder (PPE-DE). – (HU) China und Vietnam subventionieren den Export von Schuhen in nicht hinnehmbarer Art und Weise. Diese Subventionen verstoßen gegen WTO-Regeln. Diese staatlichen Beihilfen führen zu Verzerrungen des Marktes und zu Dumpingpreisen. Ferner fügen diese wettbewerbsverzerrenden Beihilfen den europäischen Herstellern und der europäischen Wirtschaft großen Schaden zu, was durch die Tatsache belegt ist, dass mehrere Tausend Arbeitsplätze in der letzten Zeit verloren gingen.
Deshalb ist die Einführung von Antidumpingmaßnahmen aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt. Es ist nicht wahr, dass diese Maßnahmen protektionistisch sind. Im Gegenteil, es sind die chinesische und die vietnamesische Regierung, die protektionistische, marktverzerrende Maßnahmen ergreifen. Mit Hilfe dieser Antidumpingzölle soll eben diesen Auswirkungen der protektionistischen, marktverzerrenden Praktiken Chinas und Vietnams entgegengewirkt werden. Ich danke Ihnen.
Margrietus van den Berg (PSE). – (NL) Herr Präsident! Während Nordeuropa Antidumpingmaßnahmen als Protektionismus betrachtet und zur Stützung seines Arguments Verbraucherinteressen ins Feld führt, hält Südeuropa die Maßnahmen nicht für ausreichend, um seine Schuhindustrie gegen unlauteren Wettbewerb zu schützen. Diese Kluft in der EU wird größer und damit auch das Misstrauen.
Dumping ist etwas anderes als fairer Wettbewerb und niedrigere Kosten. Dumping bedeutet unfairen Wettbewerb, sei es, weil Dumpingunternehmen staatliche Beihilfen bekommen oder weil sie ihre Lohnkosten durch den Einsatz von Kinderarbeit niedrig halten. Wenn es um Dumping geht, müssen wir geschlossen auftreten. Unlauterer Wettbewerb darf nicht einfach übergangen werden, wenn er im Vergleich zu den Vorteilen für die gesamte Gemeinschaft ausnahmsweise einmal als belanglos erscheint. Die Regierung meines Landes, der Niederlande, macht sich bedauerlicherweise eben dieses Argument zu eigen, um Antidumpingmaßnahmen abzulehnen. Welche Willkür! Für wen ergeben sich denn Vorteile? Nicht für die europäischen Verbraucher, denn letztes Jahr sind die Verbraucherpreise unverändert geblieben, obwohl die Importpreise für Schuhe aus Drittländern um 25 % sanken. Geht der Kommissar mit mir darin konform, dass wir an einer neuen Antidumpingpolitik arbeiten müssen, durch die Willkür ausgeschlossen und in der EU Einheit hergestellt wird? Wir müssen uns gegen unlauteren Wettbewerb schützen. Wir müssen sowohl unsere Erzeuger als auch unsere Verbraucher schützen. Sie wollen doch wohl sicherlich keine Waren kaufen, die von Kindern hergestellt worden sind? Unsere Ziele müssen saubere Textilien, saubere Schuhe und saubere Hände sein.
Syed Kamall (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Das Resultat dieser Zölle wird sein, dass die Menschen in meinem Londoner Wahlkreis mehr Geld für Schuhe ausgeben müssen, und das zu einer Zeit, da Familien, und insbesondere die einkommensschwachen, bereits mit höheren Strompreisen konfrontiert sind. Mit diesen Zöllen hat die EU in dem vergeblichen Versuch, die Schuhproduzenten in bestimmten Ländern zu schützen, praktisch eine Steuer für die Verbraucher eingeführt. Diese Schuhproduzenten müssen sich jedoch endlich der Tatsache stellen, dass sie die Schuhe nicht billiger herstellen können als asiatische Länder. Die Globalisierung ist eine Tatsache; wir Europäer sollten unsere Köpfe nicht in den Sand stecken und uns davor verkriechen. Die erfolgreichsten europäischen Unternehmen haben die Globalisierung mit offenen Armen empfangen und die nicht so hochwertige Produktion nach China und Vietnam ausgelagert.
Wir machen uns auch etwas vor, wenn wir glauben, dass Zölle auf die Einfuhr von chinesischen und vietnamesischen Schuhen zu mehr Arbeitsplätzen in Europa führen werden. Die Einzelhändler werden die Lücken einfach mit mehr Importen aus anderen Ländern wie Indien oder Indonesien füllen, und das ist ja bereits jetzt der Fall.
Wann werden wir begreifen, dass der freie Handel für die europäischen Verbraucher gut ist und langfristig mehr und bessere Arbeitsplätze schafft? Für einige mag das schmerzlich sein, aber die EU wird längerfristig davon profitieren.
Olli Rehn, Mitglied der Kommission. - (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Ihnen allen im Namen der Kommission für Ihre Wortbeiträge danken. Sie spiegeln die berechtigten Interessen der Industrie und der Beschäftigten sowie wichtige Überlegungen aus Sicht der Verbraucher wider. Ich werde die Ergebnisse dieser Debatte an Herrn Kommissar Mandelson und selbstverständlich auch an alle meine Kolleginnen und Kollegen weiterleiten. Dies ist eine sehr wichtige Angelegenheit, und wir werden sie laufend weiter beobachten.
Wir haben von Anfang an erkannt, dass dies ein sehr harter und komplizierter Fall sein würde, und die Kommission hat im April nach eingehender Untersuchung vorläufige Antidumpingzölle eingeführt. Alle Voraussetzungen für Antidumpingzölle lagen vor, darüber gibt es keinen Zweifel. Aus dem Bericht ging hervor, dass China und Vietnam Dumping praktizieren, weswegen ein entsprechendes Einschreiten im Interesse der Gemeinschaft lag.
In einigen Redebeiträgen, wie eben gerade, sind die Verbraucherpreise angesprochen worden. Wir haben uns dies einmal im Detail angeschaut, und die Untersuchungen zeigen, dass diese Lösungen aller Wahrscheinlichkeit nach keine Auswirkungen auf die Verbraucherpreise haben werden. Das liegt daran, dass es, ich würde einmal sagen, einen ganz ansehnlichen Mehrwert zwischen den Import- und den Verbraucherpreisen gibt. Der durchschnittliche Importpreis beträgt acht Euro, während jeder von uns weiß, dass Schuhe im Geschäft normalerweise ein Vielfaches davon kosten. Infolgedessen sind die Auswirkungen von Antidumpingzöllen minimal, und sie betreffen in jedem Falle gerade einmal 11 % der Gesamtimporte der Union.
Wie gesagt, Herr Präsident, ich werde den Inhalt und den Geist dieser Debatte an Herrn Mandelson übermitteln.
Enrique Barón Crespo (PSE). – (ES) Herr Präsident! Ich nehme Kommissar Rehns Ausdruck der Missbilligung zur Kenntnis, doch ich glaube, dass der Sitzungspräsident und die Konferenz der Präsidenten die heutigen Geschehnisse prüfen müssen, denn dies ist Ausdruck einer Missachtung des Parlaments, vor allem seitens der Rates. Was die Kommission angeht, so hoffe ich, dass sie ihre Angelegenheiten zu Hause in Ordnung bringen und sich weiter für die europäischen Interessen einsetzen wird.
Der Präsident. Danke, wir haben Ihre Anmerkungen zur Kenntnis genommen.
Die Aussprache ist damit geschlossen.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Wenn wir die Produktion und mit Rechten verbundene Arbeitsplätze schützen wollen, müssen Rat und Kommission den Bereichen der verarbeitenden Industrie der einzelnen Mitgliedstaaten mehr Aufmerksamkeit schenken und dürfen nicht nur die Interessen der am Welthandel beteiligten großen Unternehmensgruppen im Auge haben.
Sektoren wie Schuhwaren, Textilien und Bekleidung sind von dieser verheerenden Politik der Liberalisierung des Welthandels, im Rahmen der WTO, besonders hart betroffen. Tausende von Arbeitsplätzen sind verloren gegangen. Allein in Portugal sind Arbeitsplätze in den Schuhfabriken von C&J Clarks in Arouca, Castelo de Paiva und Vila Nova de Gaia, von Rodhe in Trancoso und von Ara in Avintes abgebaut worden. Hunderte von Arbeitsplätzen gingen bei Ecco und Rodhe in Santa Maria da Feira und viele andere im Gebiet von Felgueiras verloren.
Von dieser Politik sind jedoch nicht nur die Arbeitnehmer und zahllose Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen betroffen, sie hemmt auch die regionale Entwicklung riesiger Gebiete in Ländern wie Portugal.
Deshalb müssen ganz neue Maßnahmen ergriffen werden, und zumindest muss der für die Beibehaltung der Zollschranken vorgesehene Zeitraum zum Schutz der Produktion und von mit Rechten verbundenen Arbeitsplätzen verlängert werden.
Tokia Saïfi (PPE-DE). – (FR) Ich freue mich, dass die 25 EU-Mitgliedstaaten endlich endgültige Antidumpingmaßnahmen im Hinblick auf die Einfuhr chinesischer und vietnamesischer Schuhe angenommen haben. Die europäischen Hersteller erlitten schwere Einbußen auf ihrem Ausfuhrmarkt und waren Opfer unlauteren Wettbewerbs. Daher war es selbstverständlich, die handelspolitischen Schutzmaßnahmen anzuwenden, über die die Europäische Union verfügt, wobei ich daran erinnern möchte, dass diese Instrumente von der WTO zugelassen sind.
Darüber hinaus frage ich mich, inwieweit Kommissionsmitglied Mandelson gewillt ist, gegen den Protektionismus vorzugehen, und inwieweit er ihn im Zusammenhang mit der bevorstehenden Reform - der „Global Europe“-Mitteilung - mit den handelspolitischen Schutzmaßnahmen gleichsetzt. Ich bin kein Anhänger von Märkten, die geschützt und vor dem Wettbewerb sicher und von jeder Entwicklung der Globalisierung abgekoppelt sind. Allerdings bin ich für die Anwendung von Rechtsvorschriften, wenn auf den Märkten unlauterer Wettbewerb herrscht. Deshalb dürfen die Schutz- oder die Antidumpingmaßnahmen keinesfalls an protektionistische Instrumente gekoppelt sein. Die Funktion dieser Instrumente besteht darin, die europäischen Hersteller vor unlauterem Wettbewerb zu schützen und dafür zu sorgen, dass die von der WTO festgelegten Regeln eingehalten werden. Ich frage daher Kommissar Mandelson, worin denn nun eigentlich das Ziel dieser Reform besteht – sollen diese Instrumente angepasst oder geschwächt werden?