Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über den Bericht von Daniel Varela Suanzes-Carpegna im Namen des Ausschuss für internationalen Handel über die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Mercosur im Hinblick auf den Abschluss eines Interregionalen Assoziationsabkommens (2006/2035(INI)) (A6-0302/2006).
Daniel Varela Suanzes-Carpegna (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zunächst mitteilen, dass Herr Kommissar Mandelson mit mir Kontakt aufgenommen hat, um mir zu erklären, warum er nicht an dieser Aussprache teilnimmt, und dafür bin ich ihm dankbar. Der Grund ist der Indien-Gipfel in Finnland; dies hat zu einem interessanten Gespräch mit dem Kommissar über das Abkommen mit dem Mercosur geführt, in dem ich ihm erläuterte, dass ebenso wie Indien oder China auch Brasilien und die Mercosur-Gruppe Schwellenmächte sind, eine Ansicht, die der Kommissar glücklicherweise ohne Weiteres teilt.
Jetzt, nachdem sich die düsteren Wolken der Doha-Runde verzogen haben, die Wahlen in Brasilien abgeschlossen und die politischen, wirtschaftlichen und kommerziellen Grundlagen für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur gelegt sind – denn das beabsichtigt dieses Parlament mit dem heute vorgelegten Bericht –, hoffen wir, dass wir die Schlussphase der Aushandlung eines ambitiösen Assoziationsabkommens Europäische Union-Mercosur nun endgültig auf den Weg zu bringen werden.
Mit unserem Bericht beabsichtigen wir Folgendes: Wiederherstellung einer politischen, wirtschaftlichen und kommerziellen Priorität, Erstellung einer Sammlung von Grundsätzen, Regeln und Leitlinien, um einer strategischen politischen Priorität Gestalt zu geben, und Stärkung des Rahmens für die Beziehungen zwischen zwei Handelsblöcken. Wenn wir diese durch ein Assoziationsabkommen zusammenbringen können, das neben den politischen Aspekten der Zusammenarbeit eine Vereinbarung über die Schaffung eines Freihandelsgebiets beinhaltet, dann werden wir den historischen Schritt der Errichtung der größten Freihandelszone der Welt unternommen haben. In einer Zeit, in der sich neue Mächte im Osten herausbilden, würde dies ein Weg sein, die beiderseitigen Interessen von zwei durch Geschichte und Kultur vereinten Blöcken zu fördern, mit allen Vorteilen, die das für unsere Bürger auf beiden Kontinenten mit sich bringen würde.
Wir sprechen von einer Bevölkerung von insgesamt über 700 Millionen Menschen. Deshalb fordert unser Bericht ein umfassendes, weitreichendes und ausgewogenes Abkommen, das auf drei Säulen beruht: einem politischen und institutionellen Kapitel zur Stärkung des demokratischen Dialogs und der politischen Konzertierung, einem Kapitel über die Zusammenarbeit zur Förderung der nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und einem handelspolitischen Kapitel zur Errichtung einer fortgeschrittenen Freihandelszone mit einer weit reichenden Agenda, die sich neben der beiderseitigen Liberalisierung des Handels mit Gütern und Dienstleistungen auch auf die Fragen der Investitionen, des öffentlichen Beschaffungswesens, des Schutzes der Rechte an geistigem Eigentum, der Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Wettbewerbs sowie der handelspolitischen Schutzinstrumente, der Handelserleichterungen und eines verbindlichen Streitbeilegungsmechanismus erstreckt.
Mexiko und Chile sind gute Beispiele dafür, wie unsere Beziehungen durch ein Assoziierungsinstrument intensiviert werden können. Wenn man bedenkt, dass der Mercosur 45 % der Bevölkerung Lateinamerikas umfasst und den größten Markt der Region sowie 45 % des BIP ausmacht, liegt das große Wachstumspotenzial auf beiden Seiten auf der Hand. Zudem liegt im Gegensatz zu der Situation in Lateinamerika insgesamt, wo die Einfuhren aus den USA dreimal so hoch sind wie die Einfuhren aus der EU, im Mercosur der Anteil der EU bei etwa 25 % gegenüber einem Anteil der USA von 20 %.
Untersuchungen des Pariser Instituts für Politische Studien zufolge werden die durch einen Nichtabschluss des Abkommens entstehenden Kosten auf ca. 3,7 Mrd. Euro jährlich für den Warenhandel und bei Einbeziehung der Investitionen und Dienstleistungen auf über 5 Mrd. Euro geschätzt. Das Handelsabkommen muss weitreichend sein und alle Sektoren einschließen, obwohl man natürlich der spezifischen Sensibilität bestimmter Erzeugnisse Rechnung tragen muss, wie im Bericht aufgezeigt wird.
Wir wollten nicht auf die Details der Auswirkungen des Abkommens auf die einzelnen Unterbereiche eingehen, sondern hielten es für zweckmäßiger, die Frage als Ganzes, die Gesamtheit der beiderseitigen Interessen zu analysieren, um die es in den Verhandlungen geht. Unser Bericht nimmt deshalb auf die Interessen der EU im Mercosur und auf die Interessen des Mercosur in der EU Bezug, und spezifische Abschnitte werden so wichtigen Aspekten gewidmet wie der Landwirtschaft, mit Verweisen auf Beihilfen, geografische Bezeichnungen, Bioethanol usw.; den NAMA, bei denen wir einen speziellen Hinweis auf die Fischerei und auf die Sensibilität bestimmter verarbeiteter Erzeugnisse wie der Thunfischkonserven aufnehmen; den Dienstleistungen, wo wirkliche Verbesserungen und eindeutige und stabile Regulierungsrahmen erreicht werden müssen; den Investitionen, die für die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und die Schaffung von Beschäftigung und Wohlstand von grundlegender Bedeutung sind; dem öffentlichen Beschaffungswesen und dem geistigen Eigentum sowie der klaren Identifizierung möglicher Handelshemmnisse und der Annäherung von Bestimmungen für Zertifizierung, Akkreditierung, Normung usw., die einen gerechten Handel und fairen Wettbewerb fördern, sowie auch der Errichtung eines vereinbarten Streitbeilegungsmechanismus.
Neben den rein technischen und handelspolitischen Aspekten umfasst der Bericht auch die erforderlichen Instrumente für die industrielle, beschäftigungspolitische und soziale Zusammenarbeit der kleinen und mittleren Unternehmen und Fragen in Verbindung mit der Technologie, der Wissenschaft, den Umweltschutzmaßnahmen, der Energie und der Kommunikation sowie mit der Unterstützung und den Solidaritätsmechanismen der Europäischen Union.
Schließlich beziehen wir die erforderliche interparlamentarische Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und dem Parlament des Mercosur mit ein, um das Abkommen demokratisch repräsentativer zu machen und die manchmal übermäßig technischen Aspekte des Abkommens stärker mit den Gefühlen der von uns vertretenen Bürger in Einklang zu bringen und dem Abkommen dadurch eine größere Bürgernähe zu verleihen.
Wir meinen, dass das Europäische Parlament mit diesem Bericht seine Unterstützung für ein weitreichendes und umfassendes Assoziationsabkommen zwischen dem alten Kontinent und einem großen Teil des neuen Kontinents verdeutlicht, dessen Integration wir wollen, und wir fordern die Kommission auf, die Verhandlungen zu beschleunigen, damit das Abkommen schnellstmöglich Realität wird, zum Wohl der Bürger beider Kontinente.
Abschließend, Herr Präsident, möchte ich allen Fraktionen für ihr unschätzbares Verständnis und ihre außerordentliche Unterstützung danken, wovon ich so viel wie möglich brauchte, um den von uns gewünschten breiten Konsens zu erreichen.
Neelie Kroes, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Im Namen meines Kollegen Peter Mandelson möchte ich dem Berichterstatter und dem Ausschuss für internationalen Handel für den Bericht über die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Mercosur im Hinblick auf den Abschluss eines Interregionalen Assoziationsabkommens danken.
Dieser Bericht gibt einen umfassenden Überblick über die gegenwärtigen Beziehungen zwischen der EU und dem Mercosur im wirtschaftlichen sowie im politischen Bereich, und die Kommission schließt sich der Mehrzahl der in diesem Bericht enthaltenen Analysen an.
Die Europäische Kommission stimmt weitgehend mit der Auffassung des Ausschusses für internationalen Handel überein, dass der Abschluss eines weit reichenden und ausgewogenen Assoziationsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur ein strategisches Ziel darstellt.
Die Kommission ist nach wie vor fest entschlossen, das Abkommen mit dem Mercosur abzuschließen, sobald dies aus sachlicher und politischer Sicht realisierbar ist. Ein solches Abkommen würde als Plattform zur Förderung der Beziehungen zwischen den beiden Regionen und zur Unterstützung der gemeinsamen Werte und Ziele dienen, die uns miteinander verbinden.
Mit einem Abkommen zwischen der EU und dem Mercosur würde die erste Assoziation zwischen zwei Regionen und die größte Freihandelszone der Welt mit fast 700 Millionen Einwohnern geschaffen. Wie aus dem Bericht des Ausschusses für internationalen Handel hervorgeht, könnte ein solches Assoziationsabkommen beide Regionen in die Lage versetzen, die Herausforderungen der Globalisierung besser zu bewältigen. Es würde zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaften, zum Anstieg des Wachstums und damit zu wirtschaftlichem und sozialem Zusammenhalt beitragen. Durch die Schaffung des größten Marktplatzes der Welt würde den Arbeitsmärkten, den Reformbemühungen in der Wirtschaft und der Produktivität ein wichtiger Impuls verliehen. Ein Freihandelsabkommen mit dem Mercosur ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die EU-Handelspolitik zu einer umfassenderen Wirtschaftsreform- und Wettbewerbsfähigkeitsstrategie der EU beitragen kann.
Ein regionenübergreifendes Abkommen mit dem Mercosur würde zudem die Integrationsbemühungen innerhalb des Mercosur und Lateinamerikas begünstigen. Mit dem diesjährigen Beitritt Venezuelas zum Mercosur ist eine Erweiterung der Region verbunden, und die Europäische Kommission hofft zudem, dass der Prozess der Ausweitung und Vertiefung der regionalen Integration fortgesetzt wird. Wir wissen aus unserer eigenen europäischen Erfahrung, dass die für die Integration erforderlichen Reformen und Anpassungen nicht leicht zu bewältigen sind. Doch uns ist auch bewusst, dass die positiven Ergebnisse der Mühe wert sind.
Mit einem Abkommen würde zudem ein transparenteres und stabileres Umfeld für Unternehmen aus der EU und dem Mercosur geschaffen. Das könnte zu einer verstärkten Investitionstätigkeit führen. Möglicherweise haben Investitionen – und künftige Investitionen – die größten Auswirkungen auf die Art unserer künftigen Wirtschaftspartnerschaft mit dem Mercosur. Obgleich die ausländischen Direktinvestitionen zugunsten des Mercosur in den Jahren 2004 und 2005 gestiegen sind, ist der relative Anteil der Region an den weltweiten EU-Investitionen seit den 90er Jahren zurückgegangen. Dies ist beunruhigend, denn Investitionen sind gleichbedeutend mit Wissenstransfer, Industrialisierung und Arbeitsplätzen. Dieser relative Abwärtstrend des Mercosur im Vergleich zum Rest der Welt und insbesondere zu Asien stellt eine der Bewährungsproben des künftigen Abkommens dar, und möglicherweise besteht sein wichtigster wirtschaftlicher Vorteil darin, diesen umzukehren.
Ich möchte kurz auf die Zeitplanung eingehen. Im Bericht des Ausschusses für internationalen Handel wird die Festlegung eines Verhandlungszeitplans gefordert, der es ermöglichen soll, Verhandlungen zwischen der EU und dem Mercosur so rasch wie möglich abzuschließen. Die Europäische Kommission setzt sich mit Nachdruck dafür ein, diese Verhandlungen zum Abschluss zu bringen, sobald dies aus sachlicher und politischer Sicht realisierbar ist, doch wir waren immer der Meinung, dass Inhalte wichtiger als Termine sind. Unser Ziel ist ein ehrgeiziges, weit reichendes und ausgewogenes Abkommen, das über unsere Verpflichtungen im Rahmen der WTO hinausgeht. Laut dem vorliegenden Bericht des Ausschusses für internationalen Handel würde der Nichtabschluss des Abkommens Kosten mit sich bringen. Doch ein schlechtes Abkommen führt ebenfalls zu langfristigen Kosten in Form verpasster Gelegenheiten.
Im Zusammenhang mit der Frage des Zeitplans stehen auch die Verbindung zwischen diesen biregionalen Verhandlungen, die Fortschritte der Doha-Entwicklungsagenda der WTO und die Reihenfolge der beiden Verhandlungsrunden. In dieser Hinsicht kann sich die Europäische Kommission der Analyse im Bericht des Ausschusses für internationalen Handel vollständig anschließen; beide Prozesse können wichtige Synergien mit sich bringen. Sie schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen einander.
Abschließend möchte ich Ihnen folgende Botschaft übermitteln, die Sie sicherlich teilen: Aus strategischen und politischen Gründen hält die Europäische Kommission an ihrem Ziel fest, ein ehrgeiziges und ausgewogenes Abkommen mit dem Mercosur auszuhandeln und abzuschließen.
Der Handel bildet einen wichtigen, aber nicht den einzigen Bestandteil dieses Abkommens. Wir sollten über die Handelsgespräche nicht die strategischen, politischen und wirtschaftlichen Beweggründe für dieses Abkommen aus den Augen verlieren. Vergessen wir nicht die strategische Dimension eines künftigen Assoziationsabkommens, die darin besteht, die Beziehungen zwischen regionalen Blöcken voranzubringen, um Frieden, Stabilität, Wohlstand, sozialen Fortschritt und Demokratie zu fördern.
Filip Kaczmarek (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Entwicklungsausschusses. – (PL) Herr Präsident! Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Varela, meinen aufrichtigen Glückwunsch zu seinem überaus gelungenen Bericht über die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur im Hinblick auf den Abschluss eines Interregionalen Assoziationsabkommens aussprechen. Dieser Bericht ist wichtig, und er kommt zum richtigen Zeitpunkt.
Bekanntlich haben die Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen EU-Mercosur eine lange und problematische Vergangenheit. In der momentanen Situation – dem Scheitern der Doha-Gespräche – müssen wir das deutliche Zeichen setzen, dass ein Assoziierungsabkommen notwendig und vorteilhaft sowohl für die Mercosur-Mitglieder als auch für die Mitglieder der Europäischen Union ist. Notwendig sind auch eine stärkere politische Beteiligung an den Verhandlungen EU-Mercosur und ein Engagement für deren letztendlichen Erfolg. Meiner Meinung nach ist dies dem Berichterstatter hier sehr gut gelungen. Der Bericht sendet ein positives Signal aus und kann eine wichtige und nützliche Rolle bei der Planung der nächsten Verhandlungsetappen spielen.
Außerdem möchte ich dem Berichterstatter dafür danken, dass er viele Vorlagen und Anmerkungen aus dem Bericht des Entwicklungsausschusses berücksichtigt hat, den ich als Verfasser vertrete. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie die Notwendigkeit betont haben, ein Gleichgewicht zwischen Handel und Entwicklung im endgültigen Abkommen beizubehalten, so dass die Handelskapitel nicht im Widerspruch zu den Entwicklungskapiteln stehen, und dass es erforderlich ist, sicherzustellen, dass die Bestimmungen zur Kooperation effiziente Wirkung bei der Beseitigung der Armut zeigen und mit der Verhandlungspolitik der EU in Einklang stehen.
Der Entwicklungsausschuss hat auf verschiedene Aspekte der Entwicklungszusammenarbeit aufmerksam gemacht. Es liegt auf der Hand, dass bessere Wirtschafts- und Handelsbedingungen zur Lösung einiger sozialer Probleme in den Mercosur-Ländern beitragen können. Der Entwicklungsausschuss unterstreicht, dass die Unterstützung für die soziale Entwicklung, die Bildung, den Abbau von Ungleichheiten, eine gerechtere Einkommensverteilung und die Verringerung der Armut verstärkt werden sollte. Ferner sind wir der Auffassung, dass wir kleine und mittlere Unternehmen unterstützen und dass Investitionen in die Landwirtschaft, den Tourismus und die Infrastruktur im Einklang mit dem Umweltschutz erfolgen sollten. Eine wichtige Stärke dieses Berichts liegt darin, dass er sich für eine weitere Institutionalisierung des Mercosur ausspricht. Einem Vorschlag im Bericht zufolge soll dies unter anderem durch eine verstärkte Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene erfolgen, was eine sehr positive Wirkung hätte.
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst den Berichterstatter, Herrn Varela Suanzes-Carpegna, zu seiner hervorragenden Arbeit beglückwünschen, die er im Namen des Ausschusses für internationalen Handel geleistet hat.
Ferner möchte ich mein Bedauern über die Abwesenheit des zuständigen Kommissars, Herrn Mandelson, zum Ausdruck bringen, wenngleich er zumindest so höflich war, den Berichterstatter anzurufen, um ihm eine Erklärung zu geben, was in diesen Fällen nicht sehr häufig vorkommt.
In meiner Eigenschaft als Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten möchte ich sagen, dass ich mir eine konkretere Festlegung der Kommission zu dem Zeitplan gewünscht hätte, den der Berichterstatter in seinem Bericht fordert, denn zehn Jahre sind eine lange Zeit, um ein Abkommen zu verhandeln, das, wie der Berichterstatter und die Kommissarin dargelegt haben, die politische Partnerschaft, wirtschaftliche Konzertierung und Zusammenarbeit betrifft.
Es ist klar, dass die Europäische Union keinen mangelnden Willen gezeigt hat; meines Erachtens hat sich einer der Mitgliedstaaten des Mercosur deutlich und entschlossen für die multilaterale Runde ausgesprochen, und die chilenische und die mexikanische Erfahrung – Herr Varela Suanzes-Carpegna hat uns daran erinnert – verdeutlichen in aller Klarheit, dass es möglich ist, weit über die Erwartungen der multilateralen Runde hinauszugehen.
Daher bin ich der Ansicht, Herr Präsident, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Obwohl die Abkommen dieser Art durch kommerzielle Aspekte geprägt sind, ist offensichtlich, dass wir bei den durch die Demokratieklausel gekennzeichneten Abkommen der dritten Generation nach dem Gipfel von Wien, nach dem Scheitern der multilateralen Runde aufs Ganze gehen müssen.
Meines Erachtens muss die Europäische Kommission diese Assoziationsabkommen konsequent und entschlossen unterstützen, denn Lateinamerika braucht keine Almosen, sondern Chancen, und dieses Assoziationsabkommen Europäische Union-Mercosur bietet uns allen eine hervorragende Chance, unsere gemeinsamen Ziele von mehr Demokratie, einer stärkeren Integration und natürlich eines flüssigeren und effizienteren Handels, das heißt von Frieden, Fortschritt und Wohlstand für alle, durchzusetzen.
Javier Moreno Sánchez, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, meine Damen und Herren, Frau Kommissarin! Zunächst möchte ich den Berichterstatter, Herrn Varela Suanzes-Carpegna, zu seinem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen und ihm in meiner Eigenschaft als Schattenberichterstatter der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament für die enge Zusammenarbeit seit dem ersten Meinungsaustausch im Ausschuss für internationalen Handel danken. Diese Zusammenarbeit hat dazu beigetragen, einen ausgewogenen Bericht mit einer klaren Botschaft zu erstellen, die dieses Haus an die Kommission richten möchte: Frau Kommissarin, wir wollen aus verschiedenen Gründen, dass möglichst bald ein Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur abgeschlossen wird.
Erstens wird dieses Abkommen viel mehr sein als ein reines Handelsinstrument: Es wird ein Instrument im Dienste des Friedens, des Multilateralismus und des Dialogs darstellen, das beiden Blöcken die Möglichkeit geben wird, Maßnahmen zu ergreifen, die die gemeinsamen wirtschaftlichen, sozialen und geopolitischen Werte und Interessen fördern.
Es wird die erste interkontinentale Nord-Süd-Assoziation verkörpern und eine Alternative zu anderen Integrationsversuchen sein, wie der FTAA, bei denen es mehr um den Wunsch nach kommerzieller Vorherrschaft geht.
Darüber hinaus wird die Partnerschaft zwischen Europäischer Union und Mercosur zur größten Region gemeinsamen Wohlstands in der Welt werden, in deren Genuss mehr als 700 Millionen Bürger kommen, wie meine Vorredner bereits sagten. Die Stärkung der Zusammenarbeit wird die Implementierung von Politiken erlauben, die auf den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zur Förderung der Entwicklung sowie der Gleichheit und des Wohlergehens der Bürger in beiden Regionen gerichtet sind.
Für den Abschlussbericht betrachtet es die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament als erforderlich, die sozialen Akteure stärker in den Integrationsprozess einzubeziehen und eine echte interparlamentarische Dimension zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur zu schaffen. Wir hoffen, dass die anderen Fraktionen unsere Änderungsanträge in dieser Hinsicht unterstützen werden.
Frau Kommissarin! Wenngleich ergebnislose Bemühungen entmutigen mögen, muss die Kommission alles in ihren Kräften Stehende tun, um das Abkommen zum Abschluss zu bringen und dem Eindruck von Stagnation und Pessimismus ein Ende zu setzen, der in jüngster Zeit die multilateralen und bilateralen kommerziellen Verhandlungen umgibt.
Abschließend möchte ich eine Frage an Sie richten, Frau Kommissarin: Könnten Sie uns Informationen über den Beitrittsprozess von Venezuela zum Mercosur geben und uns sagen, welche Auswirkungen dieser Prozess auf die laufenden Verhandlungen hat?
Helmuth Markov, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich halte es für richtig, dass die Europäische Union gute und enge Beziehungen zu den unterschiedlichsten Regionen dieser Welt anstrebt und natürlich auch zum Mercosur. Falsch ist aus meiner Sicht jedoch, wenn die Kommission über solche regionalen Abkommen durch die Hintertür das durchzusetzen versucht, was in den WTO-Verhandlungen von der Mehrzahl der Staaten abgelehnt wurde, nämlich die Liberalisierung des internationalen Handels zwischen Partnern mit sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen ohne Berücksichtigung dieser unterschiedlichen Situation in den Staaten. Der Wiener EU-Lateinamerika-Gipfel sowie der alternative Gipfel „Enlazando alternativas“ im vergangen Mai bot die Gelegenheit, die Wünsche der neuen Stimmen Lateinamerikas besser zu verstehen, die Beziehungen im Interesse des Wohlergehens der Gesamtbevölkerung beider Regionen und nicht nur zum Nutzen der Wirtschaft ausgewogener zu gestalten.
Die Kommission hat vor wenigen Tagen eine Mitteilung über ihre Strategie in der Handelspolitik veröffentlicht, die noch stärker als bisher den Schwerpunkt auf wirtschaftliche Liberalisierung legt. Kommissar Mandelson hat gestern in der Debatte noch einmal unterstrichen, dass er diese Grundhaltung teilt. Einer solchen Grundhaltung möchte ich kein Mandat erteilen. Der Bericht enthält Hinweise, die ich durchaus für wichtig halte, wie die Betonung der Grundsätze der nichtvollständigen Gegenseitigkeit und der differenzierten Sonderbehandlung entsprechend dem jeweiligen Entwicklungsniveau.
Insgesamt aber stellt der Bericht, die bekannten Liberalisierungsforderungen auf bzw. geht sogar noch darüber hinaus, indem er zum Beispiel den Bereich Investitionen als Thema eines Kapitels des EU-Mercosur-Abkommens befürwortet. Dies ist aber als Folge internationaler Proteste sogar vollständig aus dem Verhandlungskatalog der Doha-Entwicklungsrunde herausgestrichen worden.
Ein faires Assoziierungsabkommen unterstützt meine Fraktion, den Weg zur Freihandelszone zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur jedoch nicht.
Kader Arif (PSE). – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Bericht von Herrn Varela verweist uns zu Recht darauf, dass Europa und der Mercosur an einer verstärkten Zusammenarbeit interessiert sind – wofür wir ihn beglückwünschen müssen. In den letzten Monaten sind die Verhandlungen mit dem Mercosur allerdings zum Erliegen gekommen, da die meisten der umstrittenen Fragen in der WTO ihrer Regelung harren. Angesichts der vor kurzem erfolgten Aussetzung der Doha-Verhandlungsrunde müssen wir nun entschieden unsere politische Bereitschaft unter Beweis stellen, die Gespräche wieder in Gang zu bringen.
Bilaterale Gespräche zwischen Regionen erfordern ein hohes Maß an wirtschaftlicher und politischer Integration bei beiden Partnern. Der Mercosur scheint aufgrund der Asymmetrie seiner Mitglieder und ihrer gelegentlich unterschiedlichen Interessen geschwächt. Daher müssen seine Institutionen gestärkt werden, vor allem durch die Schaffung eines regionalen Parlaments und eines verbindlichen Streitbeilegungsinstruments. Außerdem gilt es, über den Beitritt von Venezuela nachzudenken, wodurch diese Zone einen deutlicheren politischen Charakter erhalten und das wirtschaftliche Kräfteverhältnis sich ändern würde.
Da es für die EU von großem Interesse ist, mit einem starken Partner zu verhandeln, muss sie die Entwicklung des Mercosur zu einem integrierten regionalen Block politisch und finanziell unterstützen. Dieser Raum ist dazu berufen, an unserer Seite das multilaterale Gefüge sowie das wirtschaftliche und soziale Modell, das wir anstreben, zu verstärken.
Antolín Sánchez Presedo (PSE). – (ES) Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst, meinen Landsmann, Herrn Varela Suanzes-Carpegna, zu seinem Bericht und zu seiner offenen und positiven Herangehensweise zu beglückwünschen, die, wie ich hoffe, zu einem wesentlichen Konsens in diesem Haus führen wird.
Der Mercosur hat über 230 Millionen Einwohner, er ist einer der fünf größten Wirtschaftsbereiche der Welt und der größte in der Produktion von Nahrungsmitteln.
Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur haben tiefe historische Wurzeln und gemeinsame kulturelle Fundamente. Das Assoziationsabkommen ist deshalb die beste Formel zur Erweiterung unserer Verbindungen und zur Stimulierung des Austauschs zwischen uns.
Ich freue mich, dass unsere Änderungsanträge in den Bericht eingearbeitet worden sind, in denen Nachdruck auf die demokratische Komponente unserer Beziehungen auf der Grundlage gemeinsamer Werte, die parlamentarische Dimension und die aktive Mitwirkung der Zivilgesellschaft gelegt wird. Das sind Themen, bei denen wir meines Erachtens noch größere Anstrengungen unternehmen sollten, wie Herr Moreno Sánchez dargelegt hat.
Froh bin ich auch über die Einbeziehung unserer Vorschläge zur Erweiterung unserer Beziehungen im Fischfang und im Tourismus, zur Schaffung angemessener ordnungspolitischer Rahmen, zur Intensivierung des Austauschs und zur Erhöhung der Investitionen – mit entsprechend harmonisierten Buchführungs- und Rechnungsprüfungsstandards – und zur Behandlung von Rationalisierungshemmnissen im öffentlichen Sektor.
Abschließend möchte ich die Kommission auffordern, dieses Abkommen als ein Ziel von höchster politischer Priorität zu behandeln.
Neelie Kroes, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Hohen Haus für seine Anmerkungen danken. Mir ist keiner der Kommentare entgangen, und ich werde sie meinem Kollegen, Kommissar Mandelson, zur Kenntnisnahme übermitteln.
Die Europäische Kommission engagiert sich aus strategischen und politischen Gründen nach besten Kräften für die Aushandlung und den Abschluss eines ehrgeizigen und ausgewogenen Abkommens mit dem Mercosur. Aus diesem Grund räumen wir einem solchen Abkommen nach wie vor Priorität ein. Die Aufnahme von Verhandlungen mit anderen Partnern bedeutet im Übrigen nicht, dass wir einem Abkommen mit dem Mercosur weniger Bedeutung beimessen. Der Vertrag über den Beitritt von Venezuela wurde von den Mitgliedern des Mercosur unterzeichnet. Für eine Vollmitgliedschaft Venezuelas muss dieser Vertrag jedoch von den einzelnen Parlamenten ratifiziert werden. In der Kommission sehen wir keine grundlegenden Verhandlungshindernisse aufgrund des Beitritts von Venezuela.
Viele von Ihnen sind auf die Entwicklungspolitik eingegangen. Die EU ist bei weitem der größte Geber. Für den Zeitraum von 2007 bis 2013 haben wir Zahlungen in Höhe von etwa 50 Millionen Euro veranschlagt.
Meines Erachtens sind sich das Europäische Parlament und die Kommission aus wirtschaftlicher, kultureller und politischer Sicht einig, dass ein ehrgeiziges und ausgewogenes Assoziationsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur abgeschlossen werden muss. Dies ist ein strategisches Ziel.