Der Präsident. Als nächster Punkt folgen die Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen.
Vytautas Landsbergis (PPE-DE). – (LT) Ende des 19. Jahrhunderts wurde der künftige europäische Faschismus in Russland geboren. Die Losung war kurz und klar: „Schlagt die Juden! Rettet Russland!“ Mehr als einhundert Jahre später lässt sich die politische Kultur Russlands durch eine ähnliche Losung des Hasses charakterisieren: „Schlagt die Georgier! Rettet Russland!“
Worte sind für den russischen Präsidenten, den Außen- und Verteidigungsminister und für die russische Duma zur Waffe geworden. Die unteren Ränge und faschistische Banden greifen lieber auf Verfolgung zurück. Das ist nicht neu, denn die Ermordung von Menschen mit dunklerer Hautfarbe ist in den Straßen russischer Städte zur Routine geworden.
Die Europäische Union sollte sich eine eigene Losung zulegen, und zwar „Rettet Russland! Stoppt den russischen Nazismus!“. Zu unserer Konferenz über ein gemeinsames rechtliches Umfeld sollten wir daher Vertreter der russischen Regierung und der demokratischen Kräfte einladen, um mit ihnen zu erörtern, wie die Europäische Union dem heutigen Russland dabei helfen kann, eine flächendeckende Ausbreitung des Fremdenhasses zu verhindern.
Magda Kósáné Kovács (PSE). – (HU) Der Friedensnobelpreis 2006 wurde Mohammad Yunus, einem Wirtschaftswissenschaftler aus Bangladesh, und seiner Grameen-Bank verliehen.
Die Entscheidung des Nobel-Komitees bot nicht nur Anlass zur Freude, sondern hat auch jenen, die eine menschliche und friedliche Welt anstreben, den Weg gewiesen und Hoffnung gegeben. Für nicht wenige von uns gehören Armut und soziale Ausgrenzung zu den Wurzeln von Krieg und zerstörerischen Kräften. Es gibt Menschen, die Fremde im eigenen Land sind, jeglicher menschlicher Kontakte und der Chance, sich in der Welt zu Hause zu fühlen, verlustig gegangen sind. Mohammad Yunus' Mikrokreditsystem ist nicht einfach eine Form der Wohltätigkeit, die oft den Wohlhabenden hilft, ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen. Vielmehr werden Darlehen gegeben, Zusammenarbeit ermöglicht und das Vertrauen der Menschen in die eigenen Zukunftschancen wieder hergestellt.
Wir, die Mitglieder des Europäischen Parlaments, sollten den diesjährigen Friedensnobelpreis als Herausforderung und Aufgabe betrachten. Armut, wie sie in Bangladesch existiert, finden wir möglicherweise auch in Europa. Lassen Sie uns immer wieder das Potenzial kleiner Schritte, seien es Kredite, unternehmerische Initiative oder Verbesserung des Wissens, prüfen, da uns kleine Schritte ein gutes Stück auf dem Weg zur Menschenwürde voranbringen können.
Graham Watson (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Diese Frage richtet sich vor allem an Sie. Mir ist bekannt, dass Herr Borrell Fontelles ein Schreiben an Herrn Barroso und Herrn Vanhanen gerichtet hat, in dem er sie auffordert, dem Haus bis zum 23. Oktober die Namen und Zuständigkeitsbereiche der beiden neuen Kommissionsmitglieder aus Bulgarien und Rumänien zu übermitteln. Ich würde gerne wissen, ob wir schon etwas gehört haben und davon ausgehen können, dass uns die Namen und Zuständigkeitsbereiche in dieser Woche mitgeteilt werden.
Der Präsident. Mir liegen diese Informationen nicht vor, ich werde aber versuchen, sie beim Kabinett der Präsidenten einzuholen.
Claude Turmes (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident! Vor zwei Wochen ereignete sich auf der Bahnstrecke zwischen Luxemburg und Frankreich ein Zugunglück, bei dem sechs Menschen starben und ein Dutzend verletzt wurden. Ich möchte daher den Familien der Opfer mein Beileid aussprechen. Nach einem solchen Unfall gilt es, Fortschritte zu machen.
Eines der Probleme beim grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr ist, dass die Sicherheitssysteme der verschiedenen Länder sehr stark voneinander abweichen. Luxemburg hat ein anderes System als Belgien, das seinerseits ein anderes System als Frankreich hat, welches wiederum ein anderes System als Deutschland hat. Die luxemburgische Bahn wird also neben ihrem eigenen System mit drei weiteren Systemen konfrontiert.
Nach diesem Unfall besteht die beste Lösung darin, die Investitionen in das Europäische Eisenbahnverkehrsleitsystem ERTMS zu verstärken. Ich hoffe, dass die Europäische Kommission Luxemburg und die Großregion Luxemburg zur Pilotregion für die Einführung neuer Systeme und Maßnahmen machen wird.
Ich bin im Übrigen der Ansicht, dass das Aushängeschild des Schienenverkehrs, nämlich der TGV, der ab nächstem Jahr Paris mit Luxemburg verbinden wird, der unbedingt…
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Kyriacos Triantaphyllides (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Letzte Woche begann in der Türkei der Prozess gegen drei Personen, die für die Übersetzung eines Buches des amerikanischen Schriftstellers Noam Chomsky in die türkische Sprache verantwortlich sind. Auf der Grundlage von Artikel 301 des Türkischen Strafgesetzbuchs werden der Herausgeber, der Übersetzer und der Redakteur beschuldigt, öffentlichen Aufruhr verursacht, Hass gegen die Türken geschürt sowie die Demokratie und das türkische Parlament diffamiert zu haben.
Ich erinnere mich, dass wir bereits im September im Plenum über den Artikel 301 sowie über die Tatsache diskutiert haben, dass die Türkei sich, wenn sie das von ihr so sehr begehrte europäische Profil erreichen möchte, endlich nach einer Reihe von Werten richten muss, zu denen die Europäische Union sich bekennt. Einen Monat später sehen wir, dass sich nichts geändert hat und die türkische Unnachgiebigkeit unvermindert weiterbesteht.
Ich frage Sie daher, Herr Präsident, ob wir uns dieses absurde Theater noch länger anschauen wollen oder ob wir das demokratische Wort dadurch stärken wollen, dass wir diesen neuerlichen Prozess, der gegen die Redefreiheit und die Menschenrechte verstößt, verurteilen.
Janusz Wojciechowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Gestern wurde in Italien gegen die Zwangsarbeitslager in diesem Land demonstriert. Die Demonstranten haben meine volle Unterstützung, doch möchte ich auch erwähnen, dass meine Fraktion, die Fraktion Union für das Europa der Nationen, Anfang September eine Aussprache über die Lage der ausländischen Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union beantragt hatte. Das ist nicht nur ein italienisches Problem, sondern davon sind – in unterschiedlichem Maße – auch andere Länder betroffen. Dieses Hohe Haus darf in dieser Angelegenheit nicht schweigen. Wir müssen eine eindeutige Botschaft aussenden und vor allem an die Mitgliedstaaten appellieren, nicht zuzulassen, dass Menschenrechte ernsthaft verletzt werden. Das erwarten die Bürger, und gerade deshalb darf das Parlament nicht länger schweigen. Deshalb fordere ich einmal mehr die Aussprache ein, die die Fraktion Union für das Europa der Nationen beantragt hatte.
Georgios Karatzaferis (IND/DEM). – (EL) Herr Präsident! Präsident Borrell wird in der nächsten Woche im Rahmen seines offiziellen Programms Athen besuchen. Ich möchte den Präsidenten bitten, sich ein klein wenig Zeit zu nehmen, sei es auch nur eine halbe Stunde, und vom Parlament zum Parthenon zu gehen, wo er feststellen wird, dass einige der schönsten Schöpfungen des Phidias, des größten Künstlers aller Zeiten, fehlen. Die haben die Briten mitgenommen. Sie befinden sich jetzt im Britischen Museum. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dass sich diese Werke des Parthenon, der zu den Sieben Weltwundern gehört, außerhalb des Parthenon befinden.
Ich möchte daher Präsident Borrell bitten, ihm einen Besuch abzustatten, sich diese abstoßende Stätte anzuschauen und sich gemeinsam mit uns für die Rückführung der Skulpturen einzusetzen, die die Engländer abfällig die „Marbles“ nennen. Hierbei handelt es sich jedoch um die Skulpturen des Parthenon, eines, und ich wiederhole, der Sieben Weltwunder, der zerstückelt wurde und von dem Stücke entfernt worden sind, die heute das Britische Museum schmücken.
Ich appelliere an alle kultivierten Menschen, sich dafür einzusetzen, dass die Skulpturen an den Ort zurückgebracht werden, an dem sie erschaffen wurden, zur Akropolis, einen Ort, den alle kultivierten Menschen besuchen sollten.
Ryszard Czarnecki (NI). – (PL) Herr Präsident! In den letzten beiden Jahren gab es teilweise ernste Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Herrn Borrell, und zahlreichen polnischen Mitgliedern des Europäischen Parlaments, wobei letztere der Meinung des Präsidenten über unser Land mehrheitlich kritisch gegenüberstanden. Heute jedoch habe ich dem Präsidenten für seine Haltung auf dem jüngsten Gipfel in Lahti zu danken, und ich weiß, dass ich im Namen vieler anderer polnischer Abgeordneter spreche. Der französischen Tageszeitung „Libération“ zufolge war Herr Borrell einer der fünf führenden Vertreter Europas, der es wagte, Kritik an Russland zu üben. Das taten auch der Präsident Polens sowie die Ministerpräsidenten Schwedens, Dänemarks und Lettlands. Ich möchte Herrn Borrell für seine Feststellung danken, die Union werde Menschenrechte nicht für Energie verkaufen. Ich danke ihm auch für seine Frage, ob Russland denn noch demokratisch sei. Europa wird sich stets an diese Aussagen von Präsidenten Borrell erinnern, und die Länder Mittel- und Osteuropas werden seinen Mut nicht vergessen. Deshalb möchte ich dem Präsidenten in seiner Muttersprache Dank sagen: gracias, Señor Presidente.
Michael Gahler (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich möchte das Hohe Haus darüber unterrichten, dass die äthiopischen Behörden am vergangenen Donnerstag zwei Diplomaten der EU-Delegation ausgewiesen haben. Es besteht ein Zusammenhang mit der Festnahme einer äthiopischen Angestellten der EU-Delegation, Yalemzewd Bekele, die von den Behörden oppositioneller Aktivitäten bezichtigt wird und die deshalb versucht hatte, nach Kenia auszureisen.
Glenys Kinnock und ich waren noch vor zwei Wochen sowohl mit den beiden Diplomaten als auch mit Yalemzewd Bekele in Addis Abeba zusammengetroffen. Sie wird jetzt im Gefängnis von Moyale festgehalten. Wir haben schlimmste Befürchtungen hinsichtlich ihrer Behandlung. Auch der UN-Sonderberichterstatter gegen Folter ist mit dem Fall befasst.
Ich fordere die Kommission dringend auf, ihre Fürsorgepflicht als Arbeitgeber wahrzunehmen und Frau Bekele einen Rechtsbeistand zur Seite zu stellen. Außerdem sollte die Troika aus Addis Abeba nach Moyale reisen, sich der körperlichen Unversehrtheit von Frau Bekele versichern und von den äthiopischen Behörden Aufklärung über die Vorwürfe verlangen, die sie gegen Frau Bekele erheben. Unser Präsident sollte auch einen Brief an seinen Amtskollegen schreiben.
Csaba Sándor Tabajdi (PSE). – (HU) Heute begehen wir den 50. Jahrestag der ungarischen Revolution von 1956. Die Gedenkfeier ist keine rein ungarische, sondern eine internationale Angelegenheit: 56 Staats- und Regierungschefs sind nach Ungarn gereist, um diesen Tag mit uns zu begehen. Die Bedeutung dieses Ereignisses ist mit der des Prager Frühlings von 1968 und der polnischen Solidarność-Bewegung vergleichbar, denn ohne diese drei historischen Ereignisse wären der Untergang des Kommunismus sowjetischen Typs und die Regimewechsel in Mitteleuropa in den Jahren 1989 und 1990 nicht möglich gewesen. Die ungarische Revolution von 1956 ist jedoch insofern einzigartig, als es bei keiner der anderen Oppositionsbewegungen einen bewaffneten Kampf gegen die Sowjetarmee gab und in keinem anderen Fall ein Land aus dem Warschauer Pakt austrat und seine Neutralität erklärte. Die Helden von 1956 einte die Überzeugung, dass eine kleine Nation eine totalitäre Supermacht besiegen kann. 1956 lautete unser Wunsch: „Zurück nach Europa!“ Und 2004 wurde mit dem Beitritt Ungarns zur Europäischen Union das Vermächtnis von 1956 erfüllt.
Sarah Ludford (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte den Präsidenten des Parlaments sowie die Abgeordneten aus allen politischen Lagern darum bitten, auf die EU sowie die britischen Behörden zu drängen, damit sie den pakistanischen Präsidenten Musharraf davon überzeugen, seinen Einfluss geltend zu machen, um Mirza Tahir Hussain zu begnadigen oder zumindest sein Strafmaß herabzusetzen.
Herr Hussain verfügt über die doppelte britische und pakistanische Staatsbürgerschaft und sitzt seit 18 Jahren im Todestrakt. Er wurde des Mordes verurteilt, obwohl er immer seine Unschuld beteuert hat. Dieser Schuldspruch wurde im Übrigen von einem islamischen Scharia-Gericht gefällt, nachdem ihn das normale weltliche Gericht freigesprochen hatte. In der vergangenen Woche haben wir erfahren, dass der Termin für seine Hinrichtung um weitere zwei Monate verschoben wurde, damit sie nicht mit dem Staatsbesuch des britischen Thronfolgers, des Prince of Wales, zusammenfällt, der in dieser Woche in Pakistan eintreffen wird.
Ich fordere dennoch alle dringend dazu auf, sich weiterhin darum zu bemühen, Präsident Musharraf zu überzeugen, damit er seine verfassungsgemäßen und unbestrittenen Befugnisse einsetzt, um diese Angelegenheit im Sinne des Gesetzes zu lösen und nicht nur die Hinrichtung zu verschieben.
Willy Meyer Pleite (GUE/NGL). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte die Kommission und den Rat – das heißt, die Europäische Union – dringend bitten, gegenüber den argentinischen Behörden ihre Sorge über das Schicksal entscheidender Zeugen in den laufenden Prozessen zum Ausdruck zu bringen, in denen gegen die Straflosigkeit vorgegangen wird und die Verantwortlichkeit für alle illegalen Aktionen während der Diktatur untersucht wird.
Einer dieser Fälle betrifft das Verschwinden von Jorge Julio López. Er spielt eine wichtige Rolle in der Rechtssache gegen einen Polizisten aus Buenos Aires, Miguel Etchecolatz, einen Folterknecht während der Diktatur, der schwärzesten Zeit in der Geschichte Argentiniens. Dieser Zeuge wird seit September vermisst, und das hat zu großer Beunruhigung unter vielen Zeugen geführt, die noch weiter aussagen müssen, um die Wahrheit aufzudecken und um zu sichern, dass alle Verbrechen bestraft werden.
Deshalb appelliere ich an die Europäische Union, diesen spezifischen Fall gegenüber den argentinischen Behörden zur Sprache zu bringen.
Gerard Batten (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Am 20. August 1989 stieß das Baggerschiff „Bowbelle“ auf der Themse mit dem Ausflugsschiff „Marchioness“ zusammen. Dabei kamen 51 Menschen ums Leben. Aufgrund des Unglücks führte die Regierung strengere Sicherheitsanforderungen für die Schifffahrt auf der Themse ein.
Diese Sicherheitsbestimmungen laufen nun Gefahr, verwässert zu werden, weil die Regierung die EU-Richtlinie 96/50/EG umzusetzen gedenkt. Die gegenwärtig im Vereinigten Königreich geltenden Standards werden im Rahmen des europäischen Schifferpatents durch weitaus niedrigere Standards ersetzt. Dies ist allerdings nicht erforderlich, da die Mitgliedstaaten laut Artikel 3 Absatz 2 der neuen Richtlinie Ausnahmeregelungen für nationale Wasserstraßen geltend machen und Schifferpatente gemäß ihren eigenen Bedingungen erteilen können.
Ich fordere daher alle Abgeordneten aus dem Vereinigten Königreich dazu auf, ein Schreiben an den Minister, Herrn Dr. Stephen Ladyman, zu richten und ihn im Interesse hoher Sicherheitsstandards auf der Themse zu ersuchen, die gemäß der Richtlinie eingeräumte Ausnahmeregelung anzuwenden.
Jim Higgins (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Wenn sich die Vereinigten Staaten und Europa auf die „Open skies-Vereinbarungen“ für den Luftverkehr verständigen, wird dies zahlreiche Vorteile bringen: zusätzliche Routen, mehr Wettbewerb und günstigere Ticketpreise – also allgemeine Verbesserungen für die Reisenden und die Verbraucher. Ein wichtiges Hindernis, nämlich die Einwände der europäischen Seite gegenüber dem Austausch der Passagierdatensätze, konnte nun überwunden werden. Es gibt jedoch eine weitere Hürde im Zusammenhang mit den Eigentumsverhältnissen der Fluggesellschaften, die zu umfangreichen Problemen in den USA führt und im Kongress nicht auf Zustimmung gestoßen ist.
In der Zwischenzeit bemüht sich der irische Verkehrsminister, Herr Cullen, darum, die Kommission von der Zustimmung zu einem unmittelbaren bilateralen Abkommen zwischen Irland und den USA zu überzeugen. Dagegen habe ich zwei Einwände. Erstens schadet dies dem weltweiten Vertrauen in die „Open skies-Vereinbarungen“; und zweitens wird dem Shannon Airport in Irland, der bisher als Drehscheibe für den internationalen Flugverkehr gedient hat, damit ein irreparabler Schaden zugefügt. Bevor nicht ein umfassendes internationales Abkommen vorliegt, sollte auch kein bilaterales Abkommen zwischen Irland und den USA geschlossen werden. Die Kommission sollte dies ablehnen.
Yannick Vaugrenard (PSE). – (FR) Herr Präsident! Seit geraumer Zeit wird der Zustrom von Migranten als Bedrohung dargestellt, die man nicht hinnehmen könne. Diese Rhetorik wird von den rechtsextremen Parteien aufgegriffen, die dazu beitragen, dass Kriminalität und Einwanderung in einen Topf geworfen werden, und die auf diesem Boden gedeihen.
Diese Zuwanderer sind jedoch in erster Linie Opfer: Opfer mafiöser Netze, die sich bereichern, indem sie Männer und Frauen, die sich eine Zukunft aufbauen wollen, hierher bringen; und Opfer von europäischen Geschäftsleuten und „Quartierwucherern“, die ein Vermögen verdienen, weil sie billige Arbeitskräfte beschäftigen beziehungsweise heruntergekommene Wohnungen zu horrenden Preisen vermieten.
Daher sollten wir alle verfügbaren Gemeinschaftsinstrumente einsetzen, um dagegen vorzugehen. Wir sollten die Verordnung ändern, nach der der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft werden muss, den der Asylsuchende als erstes betritt, da dies für die Länder Süd- und Osteuropas eine untragbare Last darstellt. Abgesehen davon können die überfüllten und menschenunwürdigen Durchgangslager nicht länger hingenommen werden.
Schließlich sollten wir die Objektivität und den Mut haben zu sagen, dass Europa legale Einwanderer brauchen wird, um sein demografisches Defizit auszugleichen. Verlassen wir also unsere politische Komfortzone, verabschieden wir uns von allzu einfachen ideologischen Erklärungen und sagen wir klar und deutlich, dass die Einwanderung für Europa auch eine Chance darstellen kann.
Georgios Papastamkos (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Wenn wir eine Bilanz der Politik ziehen, die die Union gegenüber den südosteuropäischen Ländern verfolgt, und wir dabei besonders auf die westlichen Balkanstaaten schauen, dann können wir sehen, dass sie sowohl Positives als auch Negatives bewirkt hat.
Nach der Kritik, die an der Strategie für die künftige Erweiterung der Union geübt wurde und die auch die westlichen Balkanländer betrifft, hat sich ein Gefühl eingestellt, dem zufolge die Chancen, dass die europäischen Institutionen der betreffenden Region Beachtung schenken, gesunken sind.
Meiner Ansicht nach haben wir im Rahmen der parlamentarischen Diplomatie die Verantwortung, die Strategie der Union kohärenter, transparenter und effizienter zu gestalten, damit die südliche Dimension der europäischen Politik klarer hervortritt.
Marie-Noëlle Lienemann (PSE). – (FR) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! EADS ist durch die Industrieprojekte, die dieses Unternehmen trägt und zu denen Airbus zählt, eines der Vorzeigeunternehmen Europas, ein industrielles Aushängeschild, das Symbol unserer zukünftigen Technologie und Fähigkeiten. Dieses Unternehmen befindet sich jedoch in einer schweren Krise. Ich werde nicht näher auf die Gründe eingehen, die unter anderem mit der Unternehmensführung zusammenhängen und die einen Teil der aktuellen Schwierigkeiten rechtfertigen oder erklären können, und für die nun wirksame Lösungen gefunden werden müssen.
Ich werde stattdessen auf die Erklärungen der Unternehmensleitung von Airbus eingehen, denen zufolge das Unternehmen aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit wahrscheinlich einen Teil seiner Tätigkeiten in das so genannte „Dollar-Währungsgebiet“ auslagern beziehungsweise dort ansiedeln muss, und dies nur weil der Euro-Dollar-Wechselkurs einen der wichtigsten Spitzensektoren der Europäischen Union benachteiligt. Dazu befragt, hat Herr Trichet nur Folgendes zu sagen: „Ich muss den Wechselkurs nicht rechtfertigen!“
Denken Sie nicht, Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es dringend notwendig ist, die europäische Währungspolitik zu ändern?
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
András Gyürk (PPE-DE). – (HU) Heute vor 50 Jahren brach in Ungarn die Revolution aus. Schauplatz der ersten Schlacht in dem sich entwickelnden Kampf um Freiheit von sowjetischer Unterdrückung war die Zentrale des ungarischen Rundfunks. Die Aufständischen wussten, dass das System auf Gewalt und obendrein vor allem auf Lügen aufgebaut war. Symbol dieser Lügen war das Sprachrohr der Kommunistischen Partei, der staatliche Rundfunk. Der Kampf endete mit dem Sieg der Revolutionäre, und deshalb konnte die Rundfunkstation die Worte senden, die später zum Schlagwort werden sollten: „Wir haben Tag und Nacht gelogen, wir haben auf allen Wellenlängen gelogen.“
Gewalt und Lügen haben den Kommunismus in Ungarn am Leben erhalten und waren auch im übrigen Teil des Sowjetblocks die Bausteine der Unterdrückung. Obgleich die ungarische Revolution von den übermächtigen Panzerkolonnen, die in das Land rollten, niedergeschlagen wurde, wissen wir heute, dass die Ereignisse in Budapest, Prag und Gdansk nicht vergebens waren und die Opfer ihr Leben nicht umsonst ließen. Ihnen ist es zu danken, dass Europa heute frei und vereint ist.
Um jedoch sicherzustellen, dass kein System auf unserem Kontinent jemals wieder auf Gewalt und Lügen errichtet wird, müssen wir die Erinnerung wachhalten. Aus diesem Grund haben meine Kollegen und ich eine Initiative auf den Weg gebracht, damit der 4. November, der Jahrestag der Niederschlagung der ungarischen Revolution, zu einem Tag des Gedenkens an die Opfer des Kommunismus in Europa wird.
Panagiotis Beglitis (PSE). – (EL) Herr Präsident! Am 29. August legte der UN-Generalsekretär Kofi Annan der Generalversammlung eine Studie zur Gewalt gegen Kinder vor, die von dem unabhängigen Sachverständigen Paulo Sérgio Pinheiro verfasst worden ist.
Diese Studie beschreibt in schwärzesten Farben das Phänomen der Gewalt und der Ausbeutung von Kindern weltweit und weist auf die schweren Verstöße gegen die Rechte des Kindes hin. Sie rüttelt das kollektive Bewusstsein der Menschheit wach und fordert zum Handeln auf, um die fundamentalen menschlichen Grundsätze und Werte zu verteidigen.
Meines Erachtens sollte – und ich nehme hier die Anwesenheit von Kommissar Frattini zum Anlass für diesen Vorschlag – die vorliegende UN-Studie Gegenstand einer Debatte in den Institutionen der Europäischen Union, insbesondere im Europäischen Parlament, sein und zusammen mit der jüngsten Mitteilung der Europäischen Kommission diskutiert werden, in der sie Überlegungen zu einer EU-Kinderrechtsstrategie anstellt.
Die Europäische Union muss bei der Schaffung eines gemeinsamen Systems von Regeln für den Schutz der Kinderrechte, die für alle Mitgliedstaaten verbindlich sind, in vorderster Reihe stehen.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Aus Medienberichten haben wir erfahren, dass gegen eine Mitarbeiterin einer Fluggesellschaft im Vereinigten Königreich ein Verfahren läuft und sie wahrscheinlich entlassen wird, einzig und allein aus dem Grund, dass sie eine Kette mit einem Kreuz in der Größe eines Fünf-Centstücks um ihren Hals getragen hat.
Wir sagen, dass Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit Grundsätze darstellen, die auch in den Kandidatenländern gefestigt werden müssen. Wir wollen den Europäern sowie allen, die auf diesem Planeten leben, die Gewissheit geben, dass sie nicht aus Gründen der Meinungsfreiheit – unabhängig davon, ob diese Freiheit durch Worte oder durch Kleidungsstücke zum Ausdruck gebracht wird – und vor allem nicht wegen ihres religiösen Glaubens verfolgt werden.
In meinem Land sind 80 % der Einwohner getauft und tragen ihr Leben lang ein Kreuz. Wie können wir von Kandidatenländern die Achtung religiöser Freiheiten fordern, wenn wir nicht die Möglichkeit schützen, solch ein einfaches religiöses Symbol zu tragen? Ich hoffe, dass der Kommissar Schritte einleiten wird ...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Renate Sommer (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich möchte auf einen Vorfall zwischen polnischen Grenzbehörden und einem deutschen Ausflugsschiff aufmerksam machen, der sich vor einigen Tagen ereignete. Als das deutsche Ausflugsschiff „Adler Dania“ in den polnischen Hafen von Swinemünde einfuhr, wollten drei in zivil gekleidete Beamte des polnischen Zolls ohne schriftliche Legitimation den gesamten Spirituosenbestand des Ausflugsschiffes konfiszieren. Daraufhin wendete der Kapitän und fuhr fluchtartig nach Deutschland zurück, wobei er von einem Schnellboot des polnischen Grenzschutzes verfolgt wurde. Dieses Schnellboot feuerte auch noch Signalraketen auf das deutsche Ausflugsschiff ab.
Dieser Vorfall ist unglaublich! Leider handelt es sich hierbei nicht um einen Einzelfall, wie mir von Zuschriften Betroffener bekannt ist. An den innereuropäischen Grenzen zu mehreren neuen Mitgliedstaaten und auch zu anderen Nachbarstaaten kommt es immer wieder zu Problemen. Zum Beispiel werden willkürlich Gebühren erhoben und man versucht, die Einreisewilligen zu zwingen, diese zu bezahlen. Ansonsten gibt es eben keine Einreise. Ich fordere, dass dagegen vorgegangen wird!
Diamanto Manolakou (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Laut einem Bericht eines amerikanischen Unternehmens für strategische Analyse und Forschung sind griechische Zyprioten und griechische Soldaten, die seit der Invasion der türkischen Armee in Nordzypern vermisst werden, zwischen 1984 und 1988 in industriellen Laboreinrichtungen der türkischen Armee als Versuchsobjekte missbraucht worden.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Türkei nicht nur nach wie vor den nördlichen Teil Zyperns besetzt hält, sondern auch zu keiner Zeit Informationen oder Einzelheiten über die vermissten Personen gegeben hat, sowie angesichts der Tatsache, dass die Verwandten der vermissten Personen seit nunmehr drei Jahrzehnten leiden, möchte ich das Parlament bitten, die Initiative zu ergreifen und die Türkei aufzufordern, alle ihr zur Verfügung stehenden Informationen über die vermissten Personen, so furchtbar sie auch sein mögen, bereitzustellen, damit diesem Leiden ein Ende bereitet werden kann.
Ioannis Gklavakis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe um das Wort gebeten, weil ich meinem Missfallen und meiner Besorgnis über die Zukunft Europas Ausdruck verleihen möchte. Ich habe stets geglaubt, eines der Hauptziele der Europäischen Union würde darin bestehen, Kinder zu schützen, ihre Bildung und Gesundheit zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass sie zu ausgereiften Persönlichkeiten heranwachsen.
Deshalb möchte ich hier zum Ausdruck bringen, dass ich die Gründung einer pädophilen Partei in den Niederlanden, deren Hauptzielsetzungen darin bestehen, den sexuellen Kontakt zwischen Erwachsenen und Kindern über 12 Jahren sowie den Besitz pornografischen Materials von Kindern für den persönlichen Gebrauch zu legalisieren, im höchsten Maße missbillige. In einem Europa, das altert, in einem Europa, in dem die Institution der Familie mit jedem Tag schwächer wird, in einem Europa, in dem Moral, Sitte und Traditionen immer mehr abhanden kommen, ist die Gründung dieser Partei wie ein Bombe, die die Grundfeste des europäischen Gebäudes erschüttert.
Ich appelliere an uns alle, dem entgegenzutreten. Mein Vorschlag lautet, dass das Europäische Parlament den finnischen Ratsvorsitz ersucht, sich für das Verbot dieser Partei einzusetzen. Wenn wir eine Europäische Union wollen, die über eine Zukunft und über Perspektiven verfügt, dann müssen wir zuallererst unsere Kinder schützen.
Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin gerade von einem Besuch im Libanon zurückgekehrt, und zwar mit einem optimistischen Gefühl, was die neue Lage in der Region betrifft. Gleichzeitig bin ich mir jedoch umso mehr der Herausforderungen bewusst geworden, vor denen wir alle stehen. Das Leben kehrt in den Süden zurück. Häuser wurden ausgebessert und die Menschen kehren zurück, um wieder in ihre Häuser zu ziehen bzw. in denen ihrer Verwandten zu wohnen, wo sie darauf warten, dass ihre Häuser mit der Unterstützung der Regierung und der Hilfe von Spendern, bei denen die Hisbollah eine bedeutende Rolle spielt, wieder aufgebaut werden.
Die Präsenz der libanesischen Armee und der UNIFIL-Truppen bietet den Bürgern Sicherheit und Zufriedenheit und verleiht, so muss ich sagen, der Europäischen Union Wahrnehmbarkeit und Ansehen. Die Umsetzung der Resolution 1701 scheint nicht in Gefahr zu sein, obwohl das Gleichgewicht zerbrechlich ist, und unsere Aufgabe besteht darin, es im Hinblick auf den Frieden in der gesamten Region zu schützen, wie wir auch die libanesische Regierung dabei unterstützen sollten, angemessene Reformen in der Wirtschaft, der Gesellschaft und im politischen System einzuleiten.
Neben der Verteidigung der Rechte der Bürger möchte ich ebenfalls die Notwendigkeit betonen, dass wir die kulturellen Schätze ...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Francisco José Millán Mon (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident! Über die Präsidentschaft dieses Hauses möchte ich an mehrere Gemeinden in Galicien, insbesondere in der Provinz Pontevedra, die seit dem Wochenende unter den Folgen schwerer Überschwemmungen leiden, eine Botschaft der Anteilnahme und Solidarität richten.
Der Sturm hat schlimme Schäden verursacht. Häuser, Unternehmen, Verkehrswege, Landwirtschaft und Viehzucht wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Leider gab es auch Verletzte und Tote.
Wie wir alle wissen, wurde die Autonome Gemeinschaft Galicien im August dieses Jahres von verheerenden Bränden heimgesucht, über die wir im September in diesem Parlament diskutierten. Dabei befürworteten wir die Mobilisierung des Europäischen Solidaritätsfonds.
Die gravierenden Folgen der starken Regenfälle in den letzten Tagen stehen in Zusammenhang mit den Bränden vom August, wie die galicische Presse heute erklärte. Der Verlust von bewaldeten Flächen und Tonnen weggewehter Asche haben die Heftigkeit der Überschwemmungen noch verstärkt. Dies ist ein weiterer Beweis für das Ausmaß der Katastrophe, die Galicien in diesem Sommer durchlebte.
Leider herrscht jetzt in mehreren galicischen Gemeinden erneut Trauer.
Mairead McGuinness (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! In der vergangenen Woche haben wir einen ausgesprochen hilfreichen Gedankenaustausch mit einer Gruppe mit dem Namen EAGLES geführt. Sie setzt sich aus internationalen Wissenschaftlern zusammen, die sich der Unterstützung der Dritten Welt verschrieben haben. Ich denke, wir müssen diesen Dialog im Rahmen unseres Parlaments weiter vertiefen. Die wissenschaftliche Apartheid hat ein großes Ausmaß angenommen: In der entwickelten Welt gibt es zu viele Forscher und Ingenieure, den Entwicklungsländern aber fehlen sie. Dadurch vergrößert sich die Kluft zwischen armen und reichen Ländern.
Für meine einfache Botschaft benötige ich nicht einmal eine Minute: Die Europäische Union ist unbedingt dazu verpflichtet, mit den Wissenschaftskreisen zusammenzuarbeiten und sie davon zu überzeugen, dass sie einen Teil ihrer Bemühungen auf Projekte zugunsten der Entwicklungsländer konzentrieren, sei es im Bereich der Tiergesundheit, der menschlichen Gesundheit oder der landwirtschaftlichen Erzeugung. Dieses Anliegen wird derzeit vernachlässigt, und die armen Menschen leiden. Daran sollte dieses Haus denken, wenn es sich mit der wichtigen Rolle der Wissenschaft in den Entwicklungsländern befasst.
Toomas Savi (ALDE). – (ET) Der Mord an Anna Politkowskaja hat vor ein paar Wochen die ganze Welt erschüttert. Mit Gangstermethoden wurden die Bemühungen Anna Politkowskajas erstickt, die Verletzungen der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit in Tschetschenien an die Öffentlichkeit zu bringen.
Vor einer Woche mussten wir über die Georgien-Krise sprechen, die von Russland mit einer politischen Demonstration der Stärke ausgelöst wurde – mit Wirtschaftssanktionen und einer Transport- und Postblockade gegen Georgien, mit einem Einfuhrverbot für georgische Waren, der Schließung der Grenze zu Georgien und dem Beginn der Ausweisung von Georgiern aus Russland.
Heute müssen wir bereit sein, die mögliche Anwendung militärischer Gewalt aller Art im Zusammenhang mit den Sezessionsversuchen von Abchasien und Südossetien zu verhindern.
Die Europäische Union und das Europäische Parlament dürfen nicht einfach untätig zusehen, wie sich die Lage in Georgien entwickelt. Wir müssen jede verfügbare Option nutzen – das gesamte Arsenal an Maßnahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik, die Organisierung von Grenzschutzmissionen, die Erleichterung des freien Handels und die Vereinfachung des Visasystems –, um so den Frieden im Südkaukasus zu erhalten.
Jacky Henin (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident! Von den strategischen und industriellen Entscheidungen von Airbus hängt nicht nur das Schicksal von zigtausend Angestellten ab, sondern auch die Zukunft eines großen Teils der europäischen Luftfahrtindustrie. Dem Know-how, der Arbeit und der Investition der Arbeitnehmer und Zulieferer von Airbus muss unbedingt Respekt gezollt werden, indem verhindert wird, dass sie zunichte gemacht werden. Die Angestellten von Airbus dürfen unter keinen Umständen für die Fehler und Versäumnisse der Unternehmensführung und der Aktionäre bezahlen. Diese Arbeitnehmer stellen durch ihr Fachwissen den eigentlichen Reichtum von Airbus dar. Airbus krankt am Liberalismus, und wenn das Unternehmen wieder gesunden soll, muss EADS wieder zu öffentlichem Eigentum mit öffentlicher Finanzierung auf europäischer Ebene gemacht werden.
Ich stelle außerdem erfreut fest, dass sich sowohl in Deutschland als auch in Spanien zahlreiche Menschen dafür aussprechen, dass den Arbeitnehmern echte Eingriffsbefugnisse bei der Leitung von Airbus gegeben werden.
Lassen Sie Herrn Mandelson seine Arbeit machen, damit die Amerikaner das System der rückzahlbaren Vorschüsse nicht mehr in Frage stellen und damit die Europäische Zentralbank und die Kommission endlich eingreifen, um dem schwachen Dollar etwas entgegenzusetzen.
Jörg Leichtfried (PSE). – Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hintergrund meiner Wortmeldung ist die Problematik der streunenden Hunde auf Korfu. Der österreichische Tierschutzverein unterstützt seit Jahren viele Projekte auf Korfu, wobei er durch die Behörden vor Ort immer wieder an einer effektiven und effizienten Arbeit gehindert wird. Ausländische Tierärzte dürfen nicht behandeln, bereits gebaute Tierschutzheime dürfen nicht in Betrieb genommen werden, und obwohl die Reisegesellschaft TUI dieses Projekt finanziert hätte, durften streunende Hunde nicht zu Familien nach Deutschland und Österreich gebracht werden, sondern wurden stattdessen auf Korfu grausam ermordet.
Ich appelliere an den Rat, die Kommission sowie die Kolleginnen und Kollegen, diesem Zustand Abhilfe zu schaffen, und fordere insbesondere, dass Hilfe von außen zugelassen und anerkannt wird, um das Problem möglichst schnell zum Wohl der Tiere zu lösen.
Marianne Mikko (PSE). – (ET) Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am heutigen Abend vor 50 Jahren legten die Studenten und Intellektuellen Budapests der ungarischen Marionettenregierung 16 Forderungen vor. Die Forderungen wurden zurückgewiesen, die Behörden eröffneten das Feuer auf die Massen, und der Aufstand begann.
Die Ungarn vertrauten auf Hilfe aus dem Westen, denn die europäische Einheit erschien ihnen ganz natürlich. Die erwartete Unterstützung blieb jedoch aus; es gab noch nicht einmal offizielle Stellungnahmen. Zwar war die Handlungsfähigkeit des Westens durch die gleichzeitige Suez-Krise etwas eingeschränkt, doch der wahre Grund für diese Zurückhaltung war die Aufteilung Europas in Einflussbereiche, wie sie in Jalta vorgenommen worden war.
13 000 Menschen wurden Repressalien seitens der Sowjets ausgesetzt, 350 davon hingerichtet. Ungarn wurde zur Abschreckung für andere Völker, die ebenfalls nach Freiheit verlangten.
Die Sowjetunion existiert nicht mehr, doch der Geist von Jalta lebt weiter in unserer Angst davor, uns für die Republik Moldau, Georgien und andere Länder einzusetzen, die Russland als Teil seiner Einflusssphäre betrachtet. Im Gedenken an die Opfer des Aufstands in Ungarn schlage ich vor, dass wir unsere Furcht überwinden und vereint für die Verteidigung von Demokratie und Freiheit eintreten.
Andrzej Jan Szejna (PSE). – (PL) Herr Präsident! Die Schaffung eines möglichst effizienten, sicheren und wettbewerbsfähigen gemeinsamen Energiemarktes ist eine vorrangige Aufgabe der Europäischen Union. Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass die Auswirkungen der Energiepolitik der Union über den Energiesektor hinausreichen und dass die drei politischen Ziele dieser Politik darin bestehen, die Energieversorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen und die Umwelt zu schützen, indem wir vor allem dem Klimawandel entgegensteuern. Wie wir wissen, entsteht der Binnenmarkt für Energie indirekt durch die Harmonisierung der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten und direkt durch die Liberalisierung der nationalen Energiemärkte. Dennoch braucht Europa für den EU-Binnenmarkt und auch für seine ausländischen Partner eine einheitliche gemeinsame Strategie und eine Zusammenarbeit auf breiter Basis. Deshalb erfüllt es mich auch mit Genugtuung, dass die Länder der Europäischen Union sich auf dem jüngsten Gipfel in Lahti zum ersten Mal seit vielen Jahren bemüht haben, beim Thema Zusammenarbeit mit Russland auf dem Energiesektor mit einer Stimme zu sprechen und die einzelnen Mitgliedstaaten sich nicht von der Aussicht auf die Vorteile haben verleiten lassen, die ihnen möglicherweise aus einem besonderen Verhältnis zu Russland erwachsen würden.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Ich habe in diesem Monat an zwei wichtigen Veranstaltungen teilgenommen. Einmal an der von der Europäischen Kommission organisierten Konferenz über die Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik und zum anderen am Kongress der europäischen Landwirte unter der Schirmherrschaft von COPA und COGECA. Wie wiederholt festgestellt wurde, braucht Europa eine klare Strategie für die Landwirtschaft und die Zukunft der Landwirte. Was aber haben wir tatsächlich? Alle paar Jahre gibt es eine neue Reformwelle. Die Bauern brauchen Stabilität, um ihre Produktion und ihre Investitionen planen zu können. Wir sollten keinesfalls vergessen, dass die europäische Landwirtschaft ohne jegliche Hilfe große Schwierigkeiten haben wird, gegenüber den aus anderen Ländern eingeführten Erzeugnissen konkurrenzfähig zu bleiben. Europa befindet sich schon jetzt im Nachteil, da die Anforderungen an unsere Landwirte viel strenger sind und sie oftmals unter schwierigeren Bedingungen produzieren müssen. Es ist daher unsere Pflicht, die Bürger und auch einige Mitglieder dieses Hauses darüber aufzuklären, weshalb wir eine Gemeinsame Agrarpolitik haben, worin ihre Vorteile bestehen und weshalb die Verbraucher für ihre Kosten aufkommen müssen.
Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Herr Behiç Aşçi ist ein türkischer Rechtsanwalt, der sich seit 202 Tagen im Hungerstreik befindet und mittlerweile mit dem Tode kämpft. Er ist zwar selbst kein Häftling, aber er protestiert gegen das unmenschliche Vorgehen der türkischen Behörden, die vor allem politische Häftlinge einer Isolationshaft in so genannten Gefängnissen des Typs F aussetzen. Bisher sind 122 Hungerstreikende in solchen Gefängnissen gestorben, und dennoch weigert sich die türkische Regierung strikt, dieses Thema überhaupt anzusprechen.
Die in einigen Fällen mehrere Jahre währende Isolation gehört zu einer der schlimmsten Formen der psychologischen Folter, und die türkische Zivilgesellschaft, darunter auch die Anwalts- und Ärztevereinigungen, haben ihre Abschaffung gefordert.
Ich fordere Sie auf, Herr Präsident, sich im Namen der Achtung der Menschenrechte und zum Schutz des Lebens von Herrn Aşçi schnellstmöglich mit dem türkischen Premierminister in Verbindung zu setzen und ihm zu verstehen zu geben, dass die Isolationshaft in Gefängnissen des Typs F nicht mit den Beitrittsbestrebungen der Türkei vereinbar und unverzüglich einzustellen ist.
Árpád Duka-Zólyomi (PPE-DE). – (HU) Heute gedenken wir der Ereignisse vor 50 Jahren, der ungarischen Revolution von 1956, der Revolution des Volkes, die das kommunistische System erschütterte, das als felsenfest gegolten hatte. Wofür kämpfte das ungarische Volk? Für Freiheit und Unabhängigkeit. Auch wir Ungarn, die jenseits der ungarischen Grenzen lebten, verfolgten den heroischen Kampf gegen die übermächtige Sowjetmacht mit Sorge und großem Interesse. Der Niederlage der Revolution folgten dunkle, entsetzliche Jahre und grausame Vergeltungsmaßnahmen. Besonders in Transsylvanien, aber auch in der Slowakei, waren jene, die offen mit der Revolution sympathisiert hatten, harten Repressalien ausgesetzt. Mit tiefer Ehrfurcht erinnern wir uns der Opfer, der heroischen Freiheitskämpfer, deren Kampf nicht vergebens war. 34 Jahre später brach das unmenschliche System zusammen, und heute gehören wir einer europäischen Gemeinschaft an, die sich auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit sowie Menschen- und Bürgerrechte gründet. Für ebendiese Werte kämpften die Beteiligten und ließen die heldenhaften Toten während der Revolution von 1956 ihr Leben.
Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Das informelle Gipfeltreffen in der vergangenen Woche in Lahti unter Leitung der finnischen Ratspräsidentschaft war ein wichtiger Meilenstein für die Beziehungen zwischen der EU und Russland. Nach langer Zeit ist es der EU gelungen, mit einer Stimme zu sprechen, und besonders wichtig ist, dass die EU geeint auf das Thema der europäischen Energiepolitik eingegangen ist.
Da das Anliegen einer besseren Energieversorgung und einer vergrößerten Energiesicherheit von gemeinsamem Belang für alle Mitgliedstaaten der Union ist, möchte ich hervorheben, dass die Interessen einiger Mitgliedstaaten mit Blick auf die Energieversorgungssicherheit durch einige Vorhaben in der Ostseeregion vernachlässigt werden. Damit meine ich insbesondere den Bau der nordeuropäischen Gaspipeline, die im Jahr 2000 den Status eines transeuropäischen Energienetzes erhalten hat.
Ich schlage vor, dass wir die bereits in das Vorhaben eingebundenen Länder, nämlich Deutschland und Russland, dazu auffordern, die Nachbarländer und EU-Mitgliedstaaten zu einer Beteiligung am Netzwerk einzuladen und ihnen die Möglichkeit einer tatsächlichen Partnerschaft in Aussicht zu stellen.
Der Präsident. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt geschlossen.