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Verfahren : 2005/2163(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0303/2006

Eingereichte Texte :

A6-0303/2006

Aussprachen :

PV 23/10/2006 - 17
CRE 23/10/2006 - 17

Abstimmungen :

PV 24/10/2006 - 8.17
CRE 24/10/2006 - 8.17
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2006)0438

Ausführliche Sitzungsberichte
Montag, 23. Oktober 2006 - Straßburg Ausgabe im ABl.

17. Zuwanderung von Frauen: Rolle und Stellung der Migrantinnen in der EU (Aussprache)
Protokoll
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Rodi Kratsa-Tsagaropoulou im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter zu der Zuwanderung von Frauen: Rolle und Stellung der Migrantinnen in der Europäischen Union (2006/2010(INI)) (A6-0307/2006).

 
  
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  Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (PPE-DE), Berichterstatterin. – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der Bericht, den ich die Ehre hatte, im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter zu verfassen, soll dazu beitragen, die Debatte sowie unsere politischen Aktivitäten im Bereich der Migration durch die Einführung des Parameters der Migration von Frauen zu erweitern.

Dieser Parameter gewinnt mehr und mehr an Bedeutung, da in der erweiterten Europäischen Union die Zahl der Frauen aus verschiedenen Regionen der Welt ständig gestiegen ist, die entweder allein, als unabhängige Wirtschaftsmigrantinnen oder im Rahmen der Zuwanderung ihrer Familien bzw. aus anderen Gründen einwandern und die nahezu 54 % aller Migranten ausmachen, obwohl es sich dabei um keine genaue Zahl handelt.

Uns ist heute allen klar, dass unsere Ziele im Hinblick auf die Entwicklung und den sozialen Zusammenhalt unmittelbar mit der Steuerung der Migrationsströme zusammenhängen, denn es muss gewährleistet werden, dass den Migranten Respekt entgegengebracht wird und sie in unsere Gemeinschaften integriert werden. Somit stellt die „Feminisierung“ – wenn Sie den Ausdruck gestatten – der Migration eine neue Herausforderung dar, die in all unseren Politiken untersucht und berücksichtigt werden muss. Migrantinnen können, sei es persönlich oder als Mitglieder ihrer Familien sowohl für unsere Gemeinschaften als auch für ihre Herkunftsgemeinschaften eine Bereicherung darstellen.

In unserem Bericht befassen wir uns mit den Problemen, mit denen Migrantinnen konfrontiert sind. Diese Probleme haben mit der Diskriminierung zu tun, der sie auf dem Arbeitsmarkt und in der Bildung sowie, genauer gesagt, bei der Anerkennung ihrer Qualifikationen und Berufserfahrungen ausgesetzt sind, und es sind Probleme, die zu Arbeitslosigkeit und Armut führen. Wir weisen ebenfalls auf Fälle von Menschenrechtsverletzungen, wie Gewalt und sexuelle Ausbeutung, hin, Erscheinungen, die wir im Europäischen Parlament wiederholt diskutiert und verurteilt haben.

Zugleich möchten wir die Probleme beleuchten, denen sich Frauen in bestimmten Migrantengemeinschaften gegenübersehen, in denen sie Opfer kultureller und religiöser Stereotypen sind, was dazu führt, dass sie ausgegrenzt werden. Noch schwerwiegender sind dabei Fälle von Zwangsehen und Ehrenverbrechen.

Der Hauptschwerpunkt unseres Berichts und der von uns vorgeschlagenen Entschließung besteht einerseits darin, die Rechte von Migranten zu schützen, sowie andererseits darin, sie besser in den Arbeitsmarkt und das gesellschaftliche Leben zu integrieren. Das bedeutet zuallererst, dass der gemeinschaftliche Besitzstand umgesetzt werden muss, um Diskriminierung zu beseitigen, Menschenhandel vorzubeugen, Familienzusammenführung zu gewährleisten und die Rechte von Frauen als begleitende Familienangehörige zu garantieren.

Der Bericht erkennt das Recht der Mitgliedstaaten an, über die Zahl und die Regelungen, nach denen sie in ihren Ländern Zuwanderer aufnehmen, selbst zu entscheiden. Wir sprechen uns deshalb dafür aus, die Rechte von Frauen, ihre Familienrechte und insbesondere die Rechte von Kindern im Rahmen ihrer nationalen Rechtsvorschriften gemäß den internationalen Konventionen und Protokollen zu achten.

Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, wir stimmen zu, dass die Integration ein komplexer und zweigleisiger Prozess ist. Unsere Aufgabe besteht somit darin, neben der Akzeptanz und Achtung der Rechte von Migranten, die wir durch richtige Koordinierung und Nutzung all unserer Politiken gewährleisten müssen, ernsthaft mit den Herkunftsländern und den Migrantengemeinschaften in unseren Ländern zusammenzuarbeiten, damit wir Vorkehrungen für die angemessene Integration von Migranten und insbesondere Migrantinnen treffen können, zumal sie diejenigen sind, die ihre Rechte sowie die daraus resultierenden Vorteile und Pflichten am wenigsten kennen. Das ist eine Frage der Sprache, der Behörden, unserer Werte, der beruflichen Aufstiegschancen sowie der Möglichkeit, am Bildungssystem ihrer Kinder teilzuhaben. Auf diese Weise werden wir die Ziele, die wir uns im Hinblick auf Entwicklung und Prosperität gesetzt haben, besser erreichen und unseren Kampf für Solidarität und Gerechtigkeit auf der Welt sowie für den Schutz der Menschenrechte leichter gewinnen.

Ich möchte allen Fraktionen herzlichst danken, deren Engagement meine Arbeit bereichert und uns geholfen hat, einen kohärenten Text zu verfassen, der die Subsidiarität sowie den gemeinschaftlichen und internationalen rechtlichen Besitzstand respektiert und sich mit den realen Problemen und Herausforderungen mutig und gründlich auseinandersetzt.

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. – (IT) Herr Präsident, ich möchte der Berichterstatterin aufrichtig zu diesem Bericht gratulieren.

Ich stimme ihren Bemerkungen weitgehend zu, vor allem, was den Zugang zum Arbeitsmarkt betrifft. Ich glaube, die Rolle der Frau kann ein Faktor sein, der in Europa zur Gestaltung einer wirklich ausgewogenen und umfassenden Entwicklungs- und Beschäftigungspolitik beitragen kann. Wie Sie sicherlich wissen, ist dies eines der Ziele der Lissabon-Strategie und vor allem ein Mittel, um Frauen eine vollständige Teilhabe an der Gesellschaft und ein wirklich unabhängiges Leben zu gewährleisten, weshalb die Schwerpunktlegung auf das Thema Beschäftigung meine volle Unterstützung findet.

Ich pflichte außerdem der Hervorhebung des Themas Integration der Migrantinnen bei, vor allem, was den Sprachunterricht anbelangt. Das Erlernen der Sprache des Landes, in dem man lebt, muss ein wesentlicher Teil der Integration aller sein, egal ob Männer, Frauen, Jugendliche oder Kinder. Was speziell die Migrantinnen betrifft, so stellen wir fest, dass sie bei der Gewährleistung ihres wirklichen Zugangs zur Sprache ihres Aufnahmelandes in Verzug geraten sind, und das ist ein Faktor, der ihre Integration verlangsamt und erschwert.

Wie die Berichterstatterin zu Recht hervorhebt, hängt das Thema Integration mit dem unverzichtbaren Dialog zwischen den Kulturen und Religionen zusammen. Ich glaube, dass die Europäische Union auf absoluten Werten hinsichtlich der Achtung der Würde jeder Frau und jedes Mannes beruht und dass deshalb Verletzungen der Menschenwürde, in diesem Falle der Würde der Frau, die das genaue Gegenteil der Integrationssymbole sind, unter keinen Umständen hingenommen werden dürfen.

Ich bin besorgt wegen der Fälle, in denen Frauen zum Beispiel gezwungen werden, gegen ihren Willen Symbole der Unterwerfung ihres weiblichen Status zu tragen, wie den Schleier, der ihr ganzes Gesicht verhüllt und es nicht erlaubt, dass sie gesehen werden. Leider sind das Symbole, die schlecht mit der Integration vereinbar sind und auf eine Unterwerfung der Frau hindeuten.

Ich halte es ebenfalls für absurd, dass es in manchen europäischen Ländern so genannte Ehrenverbrechen oder, wie ich sie vielmehr nennen würde, ehrwidrige Verbrechen gibt, und ich werde ganz gewiss noch mehr dafür tun, Initiativen zur Abschaffung dieser Straftaten auf den Weg zu bringen. Meiner Ansicht nach müssen sie hart bestraft und dürfen nicht als Bagatelldelikt behandelt werden, da sie mit solchen Begründungen absolute Werte wie das menschliche Leben, die körperliche Unversehrtheit und die Würde des Menschen antasten.

Bei der Anwendung der EU-Richtlinie über die Familienzusammenführung werden wir der Bekämpfung von Zwangsehen besondere Beachtung schenken. Das ist ein anderes Thema, mit dem ich mich befassen werde. Wie Sie wissen, ist diese Richtlinie für die Mitgliedstaaten bindend. Bei ihrer Umsetzung auf einzelstaatlicher Ebene werde ich den Formen von Gewalt in der Familie wie Zwangsehen oder Polygamie – die nach dem Recht der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten verboten sind – sowie den Sicherheiten für Frauen im Falle von Trennung und Scheidung besondere Aufmerksamkeit widmen, damit sie nicht ausgestoßen werden können, wenn ihre Ehe zerbricht.

Im Zusammenhang mit den Richtlinien über Asylsuchende und Flüchtlinge muss meines Erachtens ein Aspekt hervorgehoben werden. Zum ersten Mal muss die Diskriminierung gegen Frauen als hinlänglicher Grund für die Gewährung des Flüchtlingsstatus berücksichtigt werden. Ich denke, Gewalt in der Familie, Genitalverstümmelungen oder der Gefahr einer Zwangsehe ausgesetzt zu sein, ist Grund genug, um einer Frau, die ihre Gefährdung durch solche Risiken nachweist, den Flüchtlingsstatus zuzuerkennen.

Abschließend möchte ich die Berichterstatterin noch einmal allen Ernstes auf einen Aspekt hinweisen, bei dem ich so meine Zweifel hege, und zwar, dass illegalen Migrantinnen genau derselbe Status zuerkannt wird wie den legalen Migrantinnen. Ich glaube, dass dies ein Bereich ist, in dem die absoluten Rechte für alle garantiert werden müssen, ohne Unterschiede in Bezug auf den Status. Es ist klar, dass Menschen das Recht auf medizinische Versorgung, dringende ärztliche Behandlung und ein Mindestniveau an Lebensunterhalt nicht einfach deshalb verweigert werden darf, weil sie sich für eine gewisse Zeit – in der sie vielleicht auf ihre Rückführung warten – illegal in einem Land aufhalten.

Es gibt sicher einen Grundstock von Rechten, der ihnen gemeinsam ist, doch sollten wir meiner Auffassung nach nicht so weit gehen, die beiden Ebenen miteinander zu verwechseln. Es gibt einen illegalen Einwanderungsstatus, der auf die eine Art geregelt und behandelt wird. Der Status des legalen Einwanderers ist ein anderer. Beide völlig gleichzusetzen, vermittelt eine gefährliche Botschaft, und selbstverständlich arbeiten wir daran, um zu einer ausgewogenen europäischen Politik sowohl im Hinblick auf die illegale als auch auf die legale Einwanderung zu gelangen.

 
  
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  Amalia Sartori, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich ergreife gern das Wort, um den Bericht von Frau Kratsa-Tsagaropoulou zu unterstützen, obgleich ich das mit einem Anflug von Traurigkeit tue, weil uns das letzte Wochenende erneut eine schreckliche Meldung über die Situation der Frau bescherte, nämlich über die Steinigung einer Frau in Bagdad, geschehen am Samstag, dem 21. Oktober.

Wohl alle sind sich der Tatsache bewusst, dass nur, wenn Frauen weltweit die gleiche Würde haben, auch bei den großen Problemen, vor denen die Welt heute steht, ein Wandel vonstatten gehen kann. Getreu dieser Gesinnung und dieser Überzeugung, d. h. in dem festen Glauben an den Wert und an die Rolle, die die Frau heute und in Zukunft spielen kann, um diese Welt zu befähigen, sich auf eine Lösung des friedlichen Miteinanders zuzubewegen, habe ich die Arbeit von Frau Kratsa-Tsagaropoulou begrüßt, in der vor allem der Umstand berücksichtigt wird, dass Migrantinnen in gewisser Weise ein Sonderfall sind.

Wir würden es vorziehen, wenn dem nicht so wäre, aber es ist eben so. In einer Welt, in der die Trennung so klar ist – und für einen Großteil der Welt betrifft diese Trennung mithin die Rechte und Pflichten –, wäre es meiner Meinung nach vielleicht sogar falsch, Migrantinnen und Migranten gleich zu behandeln, denn es war immer ein Fehler, unterschiedliche Situationen gleich zu behandeln.

Deshalb muss die Union der Einwanderung von Frauen besondere Aufmerksamkeit widmen, um auch Auswirkungen zu berücksichtigen, die nicht für die Zuwanderung von Männern charakteristisch sind. Ich denke, dass wir diese Ausrichtung in dem Bericht von Frau Kratsa-Tsagaropoulou finden können, den ich aus diesem Grund unterstützen werde.

 
  
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  Marie-Line Reynaud, im Namen der PSE-Fraktion.(FR) Herr Präsident! Ich möchte Frau Krasta für ihr Engagement und ihren Sinn für Zusammenarbeit aufrichtig danken. Dieser Initiativbericht gehört meines Erachtens zu den wichtigsten Berichten über die Rechte der Frau, zu denen wir uns seit Beginn der Legislaturperiode äußern mussten.

Die Situation der Zuwanderinnen wurde von unseren Regierungen zu lange übersehen, obwohl ihre Anzahl steigt und sie nun die Mehrheit der Personen ausmachen, die im Hoheitsgebiet der EU ankommen. Sie sind es, die durch erste Kontakte zu Einheimischen die gesellschaftliche Integration ihrer Familie begründen. Dieser Bericht bietet zahlreiche Leitlinien, um den zwei Arten von Diskriminierung – aufgrund der Rasse und des Geschlechts –, denen diese Frauen häufig ausgesetzt sind, ein Ende zu bereiten.

Ich begrüße insbesondere, dass in diesen Bericht eine Reihe von Bestimmungen aufgenommen wurden, die illegale Einwanderinnen betreffen, da diese eine Unterkategorie bilden, die ihrer Rechte beraubt und damit umso verletzlicher wurde. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass diese Frauen, unabhängig von dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, von grundlegenden Rechten Gebrauch machen können wie dem Zugang zu medizinischer Notversorgung, Rechtsbeistand und Schulen für ihre Kinder, wie es in meinem Land der Fall ist.

Schließlich begrüße ich, dass in diesem Bericht ein anderer Punkt aufgegriffen wird, der mir besonders wichtig ist, nämlich der Status der Frauen, die im Rahmen einer Familienzusammenführung im Hoheitsgebiet der EU ankommen. Diese Frauen haben häufig nur durch ihren Ehemann einen Rechtsstatus und befinden sich daher in absoluter Abhängigkeit. Dieser Bericht fordert, dass ihnen so schnell wie möglich ein unabhängiger und autonomer Status verliehen wird und vor allem, dass dieser Status ihnen im Falle einer Trennung automatisch erhalten bleibt.

Ich hoffe daher, dass dieser Bericht von einer großen Mehrheit unseres Parlaments angenommen wird und dass die in ihm enthaltenen ehrgeizigen Vorschläge Gehör finden.

 
  
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  Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Bericht von Frau Kratsa-Tsagaropoulou — ich bedanke mich dafür — bedeutet kräftigen Rückenwind für die Rechte der Frau, insbesondere für die Rechte der Migrantinnen. Das war längst überfällig!

Zu lange haben wir einen kulturellen Relativismus gegenüber Migrantinnen hingenommen. Ich freue mich, dass viele unserer Initiativen aufgegriffen wurden, wie etwa verpflichtende Meldungen von Genitalverstümmelungen oder längst fällige Sanktionen bzw. Bestrafungen bei Zwangsehe. Ich hoffe, dass wir auch durchsetzen können, dass es verbindliche Sprachkurse für Migrantinnen geben wird, denn nur dann können sie von ihren Rechten auch Gebrauch machen. Sprache ist auch ein wichtiger Bausein zur Integration.

Wir müssen Schluss damit machen, dass in Europa Mädchen aus Migrationsfamilien nicht verbindlich am Sexualkunde- oder am Sportunterricht teilnehmen, dass sie zum Teil sogar von der Schule genommen werden oder ihnen der Schulbesuch versagt wird. Hier sollten wir ganz entschieden und lautstark unsere Stimme erheben!

Sehr wichtig ist uns auch, dass Frauen einen legalen Status erhalten, der nicht an den ihres Mannes gekoppelt. Herr Frattini, hier möchte ich Sie persönlich ansprechen: Ich habe vor kurzem in einer schriftlichen Anfrage gebeten, mir mitzuteilen, ob Sie meine Besorgnis darüber teilen, dass es in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Reihe von Gerichtsurteilen gibt, in denen Polygamie quasi unterstützt wird und auch die entsprechenden Hilfen zugesagt werden.

Ich war sehr erschüttert, von einem für Justiz zuständigen Kommissar zu erfahren, dass Polygamie zum Schutz der Frauen sei. In Europa ist Bigamie verboten, und ich hätte gerne eine Antwort von Ihnen, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass mit Ihrem Wissen gesagt wird, Polygamie sei zum Schutz der Frau, wohingegen bestimmte Formen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften verboten sind.

 
  
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  Feleknas Uca, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich ganz herzlich bei Rodi Kratsa-Tsagaropoulou für ihren umfassenden Bericht. Wir als GUE/NGL-Fraktion unterstützen diesen Bericht in vollem Umfang. Er stellt eine Bereicherung für den Informationsstand über die Rechte von Migrantinnen in der Europäischen Union dar.

Im Wissen, dass der Anteil weiblicher Migranten mittlerweile 54 % beträgt, ist es ganz und gar unverständlich und erschütternd, wie ignorant sich die europäischen Regierungen gegenüber dieser Tatsache verhalten und wie wenig demnach auf die spezifischen Bedürfnisse von weiblichen Migranten eingegangen wird.

Mir ist es ein besonderes Anliegen, an dieser Stelle deutlich auf die eklatanten Mängel hinsichtlich der Integrationspolitiken der Mitgliedstaaten hinzuweisen. Von Migrantinnen wird erwartet, dass sie sich stillschweigend und problemlos in das System integrieren, keine Forderungen stellen und dem nationalen Arbeitsmarkt größtmöglichen Gewinn bescheren. Wenn Länder jahrzehntelang vor den Herausforderungen durch Migranten die Augen verschließen und dann die Schuld an der gescheiterten Integration den Zugewanderten in die Schuhe schieben, ist das für mich nur ein weiteres Zeichen für Ignoranz und politische Blindheit.

Ich fordere ein genderspezifisches Migrationsmanagement, welches die Rechte der Migrantinnen auf Bildung, Gesundheit, Sicherheit und Unabhängigkeit konsequent berücksichtigt und fördert. Andernfalls riskieren wir einen weiteren Zuwachs beim Frauenhandel, die Ausbeutung weiblicher Hausangestellter, die gesellschaftliche Isolation der Frauen und häusliche Gewalt.

 
  
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  Roberta Angelilli, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst die Berichterstatterin zu ihrer ausgezeichneten Arbeit beglückwünschen und ganz besonders dazu, dass sie wichtige Schwerpunkte herausgestellt hat, die uns in die Lage versetzen, zu gewährleisten, dass Einwanderung vor allem als wechselseitiges Zusammenwachsen verstanden wird – und daher soziale, sprachliche und kulturelle Aspekte umfasst –, d. h. als Integration, die auf der gegenseitigen Achtung der Rechte und Pflichten beruht.

Zu den primären Rechten, die für die Migrantinnen gesichert werden müssen, gehört das Recht auf Verhütung und Bekämpfung von Ehrenverbrechen, Zwangsehen, Genitalverstümmelungen und jeder anderen Form von Zwangsgewalt oder -ausbeutung. Hierzu habe ich im Namen meiner Fraktion einen Änderungsantrag eingereicht, in dem die Notwendigkeit der Durchführung umfassender Informationskampagnen speziell für Migrantinnen hervorgehoben wird, damit sie über ihre Rechte und über die Einrichtungen, an die sie sich im Bedarfsfall wenden können, aufgeklärt werden.

Schließlich muss die Europäische Union endlich spezielle Bestimmungen erlassen, um auch die Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung von Gesetzen zu ermutigen, die einige der Verbrechen und Handlungen, die wir hier bereits erörtert haben, ausdrücklich verbieten. Abschließend möchte ich Herrn Frattini für das Engagement, das er auch heute Abend hervorgehoben hat, ein Engagement, das die Kommission bei der Behandlung dieser Probleme unter Beweis stellen will, meinen Dank aussprechen.

 
  
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  Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Das überaus ernste Problem der Zuwanderung vor allem von Frauen, das der zunehmenden Globalisierung und der Komplexität des Lebens in der heutigen Zeit geschuldet ist, sollte auch unter dem Aspekt des nicht wieder gutzumachenden Schadens betrachtet werden, der ihren Herkunftsländern dadurch entsteht. Ein weiteres Problem, das ich erwähnen möchte, ist die wachsende Armut in den Ländern, die von den reichen und hochentwickelten Ländern ausgebeutet werden. Die Möglichkeit, sein Heimatland zu verlassen, kann sicher auch eine Chance sein. Dennoch sind die Emigranten dann von einer Gemeinschaft abgeschnitten, die geeint ist durch ihre Geschichte, ihre Traditionen und ihre Kultur. Menschen, die zur Stärkung des Gemeinwohls hätten beitragen können, verlassen ihre Heimat. Wenn diese Menschen in einer für sie fremden Kultur und mit einer fremden Sprache ein neues Leben beginnen, gereicht ihre Arbeit einer anderen Gesellschaft zum Nutzen. Sie selbst werden aufgrund ihrer Situation oft ausgenutzt. Deshalb sind einschlägige Rechtsvorschriften – vor allem zum sozialen Schutz und dem Recht des Einzelnen auf Arbeit – ganz entscheidend, was in dem zur Debatte stehenden Dokument zum Teil auch betont wird. Wichtig ist außerdem eine entsprechende Wertehierarchie, wo neben dem rein materiellen Gewinn auch moralische Werte ihren Platz haben und der tiefere Sinn der menschlichen Arbeit Berücksichtigung findet, wenngleich das nicht bedeuten darf, sich in das Privatleben von Frauen einzumischen, die Kinder großziehen und eine Familie gründen wollen.

 
  
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  Esther Herranz García (PPE-DE).(ES) Herr Präsident! Die Einwanderung ist notwendig und bereichert zudem unsere Gesellschaft in kultureller, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht. Das werden wir heute nicht in Abrede stellen. Allerdings können Komplikationen entstehen, wenn wir sie nicht richtig steuern.

Sie darf zu keinem Zeitpunkt ein Problem darstellen. Dafür müssen wir sorgen, wenn wir diese Gesetze in allen Parlamenten der Europäischen Union erarbeiten. Wenn die Parlamente jedoch nicht umsichtig vorgehen, könnte es zu Situationen kommen, die in Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in unseren Gesellschaften umschlagen, und genau das müssen wir verhindern.

Bei der Abfassung dieses Berichts wurde ein Fehler gemacht, denn es wurde nicht nur die legale Einwanderung behandelt, sondern legale und illegale Zuwanderung wurden gleichgesetzt. Diese Botschaft ist gefährlich, denn einiges von dem, was in diesem Bericht gesagt wird, könnte bestimmte Mafiagruppen veranlassen, sich vergnügt die Hände zu reiben.

Die Demokratie, das System, von dem wir alle uns zum Glück leiten lassen, basiert auf der Freiheit des Individuums, und sie wird durch die Achtung vor dem Gesetz garantiert, den Gesetzen der Mitgliedstaaten – denn dieses Problem unterliegt der Subsidiarität – und den bestehenden und künftigen Verordnungen und Richtlinien.

Wichtig ist, das Gesetz zu respektieren. Ich befürchte, dass einige der von der radikalen Linken eingereichten Änderungsanträge die Rechtsprechung der Mitgliedstaaten nicht achten und sich gegen die Gleichheit, Demokratie und Freiheit des Individuums richten.

Daher möchte ich das Hohe Haus bitten, über diese Änderungsanträge sorgfältig nachzudenken, denn sie sind so gestaltet, dass sie Mafiagruppen ermuntern, die Einwanderer verwirren und mehr illegale Einwanderer anlocken. Aufgrund der Anlockeffekte, der Machenschaften der Mafiabanden und der Tatsache, dass die Kriterien für die Bewilligung von Aufenthaltserlaubnissen nicht klar sind, werden sie für die Einwanderer und die europäischen Bürger insgesamt wenig hilfreich sein.

Ich möchte im Zusammenhang mit den Fällen von Verstümmelung und Zwangsheirat einen Appell an das Parlament und die Kommission richten. Wenn wir mit Drittländern sprechen und ihnen Mittel für die Zusammenarbeit zur Verfügung stellen, müssen wir – wenn wir uns wirklich für den Schutz der Frauen und ihre Gleichstellung einsetzen wollen – von diesen Ländern fordern, die minimalen Grundrechte einzuhalten, bevor sie das Geld erhalten.

 
  
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  Edite Estrela (PSE).(PT) Zunächst möchte ich Frau Kratsa-Tsagaropoulou beglückwünschen. Wir alle sind uns einig: Eine europäische Einwanderungspolitik muss die geschlechtsspezifische Dimension und die Situation der Frauen in den einzelnen Mitgliedstaaten berücksichtigen, da die Frauen, wie hier bereits gesagt wurde, Opfer einer doppelten Diskriminierung sind – der sexuellen und der ethnischen. Ja, schlimmer noch: Sie werden in den Aufnahmeländern und innerhalb ihrer eigenen Gemeinschaft diskriminiert.

Die Einbeziehung der Immigrantinnen in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens des Aufnahmelandes ist von grundlegender Bedeutung, um sie aus der Isolation herauszuholen und es ihnen zu ermöglichen, bei der Integration der jüngeren Generationen zu helfen. Dazu müssen jedoch einige Barrieren, angefangen bei der sprachlichen Barriere, ausgeräumt werden. In bestimmten Immigrantengemeinschaften sind die Frauen nicht nur der Ausgrenzung ausgesetzt, sondern auch erniedrigenden und schrecklichen Praktiken wie beispielsweise der Genitalverstümmelung, und sie sind, wie Kommissar Frattini erklärte, Opfer von Ehrenverbrechen. Es ist die Pflicht der Mitgliedstaaten, diesen kriminellen Praktiken, deren Opfer berechtigte Gründe für einen Asylantrag vorweisen können, ein Ende zu bereiten.

 
  
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  Luisa Morgantini (GUE/NGL). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke Frau Kratsa-Tsagaropoulou für ihr typisches Feingefühl und für die positiven Vorschläge zur Rolle und zum Status der legalen wie auch illegalen Migrantinnen in der Europäischen Union.

Wir haben es hier mit Migrantinnen zu tun, die am Arbeitsplatz diskriminiert werden, denen physische und psychische Gewalt angetan wird, die als Ware für sexuellen Menschenhandel herhalten müssen, ihrer Freiheit und ihres Passes beraubt werden, durch patriarchalische Praktiken erpresst und wegen Ehrenverbrechen ermordet werden. Ich möchte uns jedoch allen vor Augen führen, dass diese Frauen in Wirklichkeit durch europäische Familien und europäische Unternehmer benutzt und ausgebeutet werden. Sehr oft sind sie allein, mit ihrem Schmerz wegen der Kinder, die sie in ihrem Herkunftsland zurückgelassen haben. Sie arbeiten als Pflegekräfte, lindern die Leiden und die Einsamkeit von Alten und Kranken und haben keine Sicherheiten. Diesbezüglich haben wir meiner Meinung nach noch viel zu tun.

Diese Frauen haben einen hohen Anteil an der Einwanderung und stellen eine große Ressource für die europäischen Länder dar. Sie sind nicht nur Opfer; diese Frauen sind alle verschieden und haben sich in den letzten Jahren selbst in Verbänden zusammengeschlossen, sie haben Beziehungen geknüpft und sich mit Frauen in ihren Aufnahmeländern vernetzt. Sie fordern Zugang zu Information, Gesundheitsdiensten und Wohnraum. Sie wollen ihr Leben selbst bestimmen, und wir müssen ihnen dabei helfen. Deshalb müssen wir ihre Einbindung in den Kampf gegen Diskriminierung gewährleisten und in jedem Mitgliedstaat die Richtlinien umsetzen, die die Europäische Union selbst erlassen hat – und von denen auch Herr Frattini gesprochen hat –, angefangen bei der Aufnahme der Migranten bis hin zur aktiven Bürgerschaft. Die Erfahrungen der Migrantinnen und ihre Kritik an der Ungleichheit tragen dazu bei, den Weg zur Verwirklichung der Demokratie in Verbindung mit den vielen bestehenden Unterschieden zu ebnen.

 
  
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  Bogusław Rogalski (IND/DEM). – (PL) Herr Präsident! Wir erleben zurzeit eine Massenmigration aus den unterschiedlichsten Gründen. Da gibt es zum einen die Wirtschaftsmigration, deren Ziel darin besteht, mehr Geld zu verdienen und seinen Lebensstandard zu verbessern. Das ist die häufigste Form der Migration. Eine andere Form ist die Migration aus Gründen der Familienzusammenführung oder um der Verfolgung im Herkunftsland zu entgehen.

Dank der technischen Entwicklung wird das Reisen heutzutage immer einfacher und billiger, wodurch sich allerdings das Problem der Zuwanderung verstärkt. Wir müssen deshalb entsprechende Maßnahmen ergreifen, um der wachsenden Zahl von Neuankömmlingen, vor allem in Europa, Herr zu werden. Eine vernünftige langfristige Lösung bestünde darin, Ausländer und vor allem Frauen, die die Mehrheit bilden, nicht zu diskriminieren. Zurzeit werden zu viele Zuwanderer an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Die Mitgliedstaaten müssen bessere Bedingungen für die Integration der Zuwanderer in unsere Gesellschaft schaffen, ihnen gleichzeitig aber auch die Möglichkeit geben, auf ihre Herkunft stolz zu sein. Damit würden wir eine Entfremdung der Zuwanderer vermeiden, die zu Frustration und mitunter zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führt und oftmals auch ein Leben in Armut bedeutet.

 
  
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  Edit Bauer (PPE-DE). – (SK) In der Mitteilung der Kommission über die demografische Zukunft Europas wird festgestellt, dass die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter im Laufe der nächsten 50 Jahre dramatisch zurückgehen wird, und zwar um schätzungsweise 48 Millionen.

Selbst bei einem optimistischen Szenario mit einem wieder einsetzenden Bevölkerungswachstum und der Entdeckung neuer Produktivitätsquellen wäre Europa noch immer auf einen großen Zustrom neuer Migranten von schätzungsweise 40 Millionen angewiesen. Für die Europäische Union könnte sich daraus die bisher schwierigste Herausforderung ergeben.

In dem vor uns liegenden Bericht, für den ich mich bei Frau Kratsa-Tsagaropoulou bedanken möchte, heißt es, dass die Stellung von Migrantinnen in diesem Prozess eine entscheidende Rolle spielt. Diese Frauen verdienen besondere Aufmerksamkeit, nicht nur, weil sie oft das Ziel von Diskriminierung sind, sondern auch, weil ihnen eine zentrale Aufgabe bei der Integration von Migranten der ersten und zweiten Generation zukommt. Deshalb ist der Zugang dieser Frauen zur Bildung von grundlegender Bedeutung. Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen erscheint die Entwicklung gemeinsamer Verfahren für die Integration von Migranten sowie die Konzipierung gemeinsamer Verfahren bei der Zuwanderungspolitik ebenso dringend wie unerlässlich. Die unterschiedlichen Ansätze der einzelnen Staaten führen nur zu unnötiger Verwirrung.

Auch die Entwicklungen im Bereich Menschenhandel und Menschenschmuggel lassen eine eindeutige Zuwanderungspolitik, Transparenz, unmissverständliche Regeln und Zugang zum gemeinsamen Arbeitsmarkt dringend notwendig erscheinen. Fehlende legale Möglichkeiten bieten natürlich einen Anreiz für illegale Aktivitäten, wobei illegale Migranten in hohem Maße Menschenrechtsverletzungen aller Art ausgesetzt sind und dann nicht die Unterstützung erhalten, auf die sie sonst als Opfer derartiger Verletzungen Anspruch hätten.

Bei unseren künftigen Beratungen müssen wir jedoch unbedingt klar zwischen Asylpolitik, legaler Zuwanderung und illegaler Zuwanderung unterscheiden. Eine Verwechslung dieser Begriffe würde nur zu neuen und unnötigen Missverständnissen führen.

 
  
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  Britta Thomsen (PSE). – (DA) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte der Berichterstatterin für den sehr wichtigen und überaus schlüssigen Bericht danken. Die Einwanderung nach Europa hat sich im Wesen verändert. Heutzutage kommen mehr Frauen als Männer nach Europa, da der Bedarf an Arbeitnehmern im Dienstleistungs- und Gesundheitssektor besonders groß ist. Der betreffende Arbeitsmarkt ist jedoch auch durch eine erhebliche Schattenwirtschaft geprägt, in dem die üblichen Regeln für Lohn, Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen nicht gelten. Die Frauen sind daher ohne sozialen und wirtschaftlichen Schutz recht wehrlos, viele von ihnen verrichten Arbeiten, die ihnen nicht die Möglichkeit bieten, den legalen Status zu erhalten.

Diese illegalen Migrantinnen laufen wegen ihrer Wehrlosigkeit in größerem Maße Gefahr, dass sie sowohl psychischer als auch physischer Gewalt ausgesetzt sind, während allein ihr illegaler Status sie zu leichter Beute jener macht, die sie am Arbeitsplatz misshandeln und sexuell ausbeuten wollen. Sie laufen auch in besonderem Maße Gefahr, dass ihnen die Grundrechte verweigert und dass sie im täglichen Leben Opfer von Gewalt und Diskriminierung werden. Aus Angst vor Ausweisung wagen es nur wenige, eine Körperverletzung anzuzeigen.

Es ist unbedingt geboten, die Aufmerksamkeit stärker auf die Bedingungen zu lenken, unter denen Migrantinnen leben. Wir müssen sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten in ihrer Gesetzgebung den Problemen von Migrantinnen Rechnung tragen. Diese Frauen, die Opfer von Menschenhandel sind oder Gewalt ausgesetzt sind, sollten die Chance auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis sowie das Recht auf Zugang zu rechtlichem Beistand, zu Gesundheitsfürsorge und zu sozialen Dienstleistungen haben, ob sie sich nun rechtmäßig in dem betreffenden Land aufhalten oder nicht.

 
  
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  Pia Elda Locatelli (PSE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich pflichte dem Bericht von Frau Kratsa-Tsagaropoulou bei und möchte diesbezüglich im Einvernehmen mit ihr hervorheben, dass die Richtlinie über die Familienzusammenführung in der Union unzureichend umgesetzt wird und dass sie geändert werden muss, um den Zeitraum, der für einen Partner – fast immer die Ehefrau – zur Erlangung eines vom Ehegatten unabhängigen Rechtsstatus notwendig ist, zu verkürzen und dafür zu sorgen, dass sie diesen auch im Falle einer Trennung, Scheidung oder des Todes des Ehepartners beibehalten.

Außerdem möchte ich die Bedeutung verschiedener Gemeinschaftsinstrumente, insbesondere des Daphne-Programms, hervorheben, weil sie die Lücken in den nationalen Politikbereichen, in denen der Aspekt des Geschlechts allzu oft weder inhaltlich noch bei der Erhebung von Daten berücksichtigt wird, ausfüllen. Schließlich wird in dem Bericht dazu aufgefordert, die weibliche Genitalverstümmelung als einen Grund für die Inanspruchnahme des Asylrechts aufzunehmen.

Ich stimme dem zu, glaube jedoch, dass es nun an der Zeit ist, auch andere Faktoren der Unterdrückung weiblicher Sexualität wie Homosexualität und so genannte ehebrecherische Verhaltensweisen als Gründe für Asylersuchen aufzunehmen, und zwar für Länder, in denen solche Handlungsweisen brutal bestraft werden. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Steinigungen im Iran.

 
  
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  Emine Bozkurt (PSE). – (NL) Herr Präsident! Obgleich sie schutzbedürftig sind, stellen Migrantinnen als Gruppe eher eine Chance als ein Problem dar. Gefährdet sind sie insofern, als sie nicht nur als Frau, sondern auch als Muslimin, Somalierin oder Marokkanerin möglicherweise Diskriminierung ausgesetzt sind. Schutzbedürftig sind sie auch wegen häuslicher Gewalt oder deshalb, weil sie die Landessprache nicht beherrschen oder von ihrem Ehemann oder Vater finanziell abhängig sind. Daher müssen wir sie unterstützen, indem wir häusliche Gewalt oder Ehrenverbrechen nicht ungestraft lassen, mit strengeren Gesetzen allein ist es jedoch nicht getan. Auf dem Papier bestehende Rechte reichen für die Frauen nicht aus, sie müssen sie in der Praxis auch geltend machen können, denn eine Frau, die von dem abhängig ist, der häusliche Gewalt begeht, wird in der Praxis nicht allzu viel von den Rechten haben, die ihr auf dem Papier zustehen.

Deshalb müssen wir die finanzielle Unabhängigkeit von Migrantinnen fördern, indem wir beispielsweise Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt bekämpfen. Mehr Beteiligung von Migrantinnen auf dem Arbeitsmarkt kommt der Wirtschaft zugute. Eine weitere Chance, die wir nicht versäumen dürfen, ist der positive Einfluss, den Migrantinnen auf die Integration ihrer Kinder in die neue Gesellschaft ausüben können. Als aufnehmende Gemeinschaft müssen wir daher offen für die Unterstützung von und den Kontakt zu Migrantinnen sein, denn auch sie gehören dazu. Zu meiner Freude widmet sich Frau Kratsa-Tsagaropoulou in ihrem exzellenten Bericht umfassend diesen Aspekten, und deshalb möchte ich ihr dafür meinen Dank aussprechen.

 
  
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  Teresa Riera Madurell (PSE).(ES) Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin gratulieren und besonders auf eine Überlegung eingehen. Jede Einwanderungspolitik muss sicherlich geschlechtsbedingte Besonderheiten, aber auch die Unterschiede zwischen den Migrantengemeinschaften berücksichtigen, da sich die Ursachen der doppelten Diskriminierung, unter denen die Immigrantinnen leiden, und die daraus resultierenden Probleme je nach ihren Migrationsgründen unterscheiden.

Wenn Frauen, die allein aus wirtschaftlichen Gründen einwandern, Arbeit finden, so ist es gewöhnlich eine Beschäftigung auf niedriger Ebene, manchmal in nicht angemeldeten Beschäftigungsverhältnissen, die ihnen weder die Unabhängigkeit noch die Sicherheit geben, nach der sie streben, aber sie ermöglichen ihnen den Kontakt zu anderen Personen und ihre weitere Integration. Doch die Frauen, die aufgrund der Familienzusammenführung einwandern, bleiben gewöhnlich zu Hause und haben keine Gelegenheit, sich mit der Aufnahmegesellschaft vertraut zu machen oder die Sprache zu lernen, was ihre Integration erschwert und ihre Isolation verstärkt.

Die Erklärung des Jahres 2007 zum „Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle“ und von 2008 zum „Europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs“ muss dazu beitragen, die Bürgerinnen und Bürger für die Lage der Einwanderinnen zu sensibilisieren, die immer schwierig, jedoch von Fall zu Fall unterschiedlich ist, und Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung und Integration in Übereinstimmung mit der jeweiligen Situation durchzusetzen.

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur eine kurze Bemerkung anführen, nachdem ich zahlreiche Redebeiträge gehört habe, denen ich beipflichte. Als Erstes, Frau Breyer, möchte ich Ihnen sagen, dass ich die Vielehe stets als gesetzeswidrig und als schwere Verletzung des freien Entscheidungsrechts der Frau betrachtet habe und dies auch in Zukunft tun werde. Ich kann Ihnen somit bestätigen, dass ich mich weiterhin in dieser Richtung engagieren werde.

Einige Rednerinnen – Frau Angelilli und Frau Morgantini – haben das Thema Kommunikation angesprochen. Ich glaube, den Migrantinnen – wenn ich so sagen darf – auf direkterem Wege eine kräftigere Stimme zu verleihen, kann sehr hilfreich sein, auch für die Ausarbeitung wirksamerer europäischer Verteidigungsstrategien. „Eine Stimme verleihen“ bedeutet, dafür zu sorgen, dass diesen Menschen wirksame Mittel zur Verfügung stehen, um sich mitzuteilen und sich auch Gehör zu verschaffen. Andernfalls entsteht, mit Verlaub gesagt, die Gefahr, dass auch die Stimme dieser Frauen durch die Gemeinschaft, in der sie leben, gefiltert wird.

In vielen Ländern Europas wurden Fälle der Segregation und Unterwerfung von Migrantinnen beobachtet. Das ist die Gruppe unter den vielen, mit denen ich mich befasse, von der ich die wenigsten persönlichen Beschwerden erhalte. Verglichen mit anderen Sektoren, die mit dem Schutz der persönlichen Grundrechte zusammenhängen, ist die individuelle Gewalt gegen Frauen in Migrantengemeinschaften der Bereich, über den die wenigsten Anzeigen konkreter Fälle eingehen. Warum? Weil man Angst hat, solche Fälle zu melden; weil sie nicht mitgeteilt werden; weil gegen die Frauen selbst Gewalt ausgeübt wird, damit sie die Übergriffe, denen sie innerhalb des freien und demokratischen Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten ausgesetzt sind, nicht preisgeben. Die Kommunikation ist deshalb auf jeden Fall ein zentrales Thema.

Just um diese Integrationsbemühungen zu unterstützen, möchte ich abschließend darauf hinweisen, dass ich im Frühjahr 2007 ein europäisches Integrationshandbuch herausgeben werde, das in allen in den Ländern der Europäischen Union gesprochenen Sprachen erscheinen wird und in dem Fälle einer gelungenen Integration in den Städten, Provinzen und Regionen beschrieben werden, in denen sie festgestellt worden sind. Durch die Verteilung von Millionen von Exemplaren dieses praktischen Handbuchs werden wir positive Beispiele bekannt machen, damit sie nachgeahmt werden können. Diese Beispiele stammen aus dem Wirkungsbereich der lokalen Behörden. Ich kann Ihnen sagen, dass der Bereich, über den ich bislang die wenigsten Informationen habe, speziell jener der Integration von Migrantinnen ist.

Deshalb appelliere ich an Sie, dass mir in den kommenden Monaten konkrete Beispiele, positive wie negative, mitgeteilt werden, damit ich entsprechend tätig werden kann. Andernfalls werden wir weiterhin bedeutende Grundsatzerklärungen abgeben, ohne sie dann in praktische Maßnahmen umsetzen zu können, etwas, was ich indessen zu tun beabsichtige.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärung (Artikel 142)

 
  
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  Zita Gurmai (PSE).(EN) Zahlreiche Einwanderer und unter ihnen vor allem Frauen sind Mehrfachdiskriminierungen ausgesetzt und durch soziale Ausgrenzung bedroht. Dies ist unsere wichtigste Aufgabe: Wie können wir sie in die Gesellschaft integrieren und ihnen Zugang zu einer angemessenen Bildung verschaffen, damit sie ihre Beschäftigungschancen verbessern und an der Entwicklung des europäischen Einigungswerks teilhaben können?

Doch ein geeigneter Rechtsrahmen ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite stehen die Umsetzung der rechtlichen Verpflichtungen durch die zuständigen einzelstaatlichen Behörden sowie die Bereitschaft der Einwanderer, die grundlegenden europäischen Werte und Normen zu achten und zu einem unverzichtbaren Mitglied der Gesellschaft zu werden.

Einen wichtigen Beitrag dazu können erfolgreiche Einwanderungsstrategien leisten, denn durch eine umfassendere Beschäftigung der Einwanderer könnte die Verwirklichung der Beschäftigungsziele von Lissabon in greifbare Nähe rücken.

Allerdings führen keinerlei Maßnahmen zum Erfolg, wenn nicht ein grundlegender und regelmäßiger Dialog mit den Einwanderergemeinschaften geführt wird. Dieser Dialog eignet sich hervorragend dazu, die Integrationsprozesse zu überwachen, beiderseitige Interessen, Ziele, Erwartungen und Verpflichtungen zu ermitteln und gegebenenfalls die Methoden und Eingliederungsprogramme zu überarbeiten.

Mit dem bevorstehenden Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle im kommenden und dem Jahr des Dialogs zwischen den Kulturen im übernächsten Jahr bietet sich die praktische Gelegenheit, Einwanderergemeinschaften ausführlich über ihre Rechte, Möglichkeiten sowie über die Erwartungen zu informieren, die Europa an sie hat.

 
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