Der Präsident. Wir behandeln nun den Entschließungsantrag der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten sowie der Fraktion Union für das Europa der Nationen.
Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten hat einen Änderungsantrag zu Ziffer 2 ihres Entschließungsantrags eingereicht.
(Das Parlament lehnt den Änderungsantrag durch elektronische Abstimmung ab.)
Wir stimmen jetzt über den vorliegenden Entschließungsantrag ab.
(Das Parlament lehnt den Änderungsantrag durch namentliche Abstimmung ab.)
Als Nächstes behandeln wir den Entschließungsantrag der Fraktionen PSE, ALDE, GUE/NGL und Verts/ALE.
Cristiana Muscardini (UEN). – (IT) Herr Präsident! Bezug nehmend auf Artikel 136 und 138 der Geschäftsordnung bitte ich um eine Erklärung dazu, dass unter Nichteinhaltung der Vorschriften der Geschäftsordnung wesentliche Änderungen an dem Titel und der Ziffer 6 des zur Abstimmung stehenden Entschließungsantrags, der von großer politischer Bedeutung ist, vorgenommen worden sind. Des Weiteren weise ich darauf hin, dass der neue Text noch nicht in allen Sprachfassungen vorliegt, wie in der Geschäftsordnung festgelegt.
Herr Präsident, wir möchten wissen, weshalb die Dienststellen eine solche Änderung, übrigens ohne Zustimmung der Fraktionen, gebilligt und nicht vielmehr auf einen mündlichen Änderungsantrag zurückgegriffen haben, wie es gängige Praxis und in der Geschäftsordnung vorgesehen ist.
Laut Geschäftsordnung kann nicht über einen Änderungsantrag zu einem Text abgestimmt werden, der außerhalb der zulässigen Frist und ohne Rücksprache mit den Fraktionen eingereicht wurde.
Der Präsident. Das Sekretariat teilt mir mit, dass ein Text in allen Sprachen für die Abgeordneten bereitliegt. Das hat man mir zugesichert.
Mirosław Mariusz Piotrowski (IND/DEM). – (PL) Herr Präsident! Darf ich fragen, ob es sich hier nicht um ein Missverständnis handelt? Nach unseren Abstimmungslisten erfolgte die erste Abstimmung durch Handzeichen. Bei der zweiten Abstimmung über den von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten eingebrachten Entschließungsantrag wurde namentlich abgestimmt. Unseren Listen zufolge hätte jedoch der Entschließungsantrag der Sozialdemokraten Gegenstand dieser Abstimmung sein müssen. Wir haben dagegen gestimmt, weil wir der Meinung waren, es handle sich um die zweite Abstimmung. Habe ich das richtig verstanden, dass dies die erste Abstimmung war? Ich möchte darauf hinweisen, dass viele meiner polnischen Kolleginnen und Kollegen und auch Abgeordnete der Tschechischen Republik und anderer Ländern ebenso gestimmt haben. Könnte das bitte geklärt werden?
Der Präsident. Was das Präsidium zur Abstimmung gestellt hat, ist ganz klar: Wir haben einen Änderungsantrag zum Entschließungsantrag zur Abstimmung gestellt. Worüber wir danach abgestimmt haben, war ebenfalls klar. Es ging um den Entschließungsantrag der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten sowie der Fraktion Union für das Europa der Nationen. Man muss schon völlig taub sein, um nicht zu verstehen, was wir zur Abstimmung gestellt haben.
(Proteste von rechts)
(Beifall von links)
Alejo Vidal-Quadras (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte auf zwei Verfahrensfragen eingehen. Die erste ist, dass die Abstimmung über den Änderungsantrag durch Handzeichen und nicht durch namentliche Abstimmung hätte erfolgen müssen.
(Beifall der Fraktion)
Wie Sie gerade gesehen haben, Herr Präsident, hat dieser Fehler zu einer Konfusion unter den Mitgliedern hinsichtlich ihrer Abstimmungsabsichten geführt. Deshalb möchte ich Sie bitten, unsere Geschäftsordnung zugrunde zu legen und diesen Fehler richtig zu stellen.
Die zweite Verfahrensfrage besteht darin, dass der Text des sozialdemokratischen Entschließungsantrags eine wesentliche Änderung enthält – und ich betone: wesentliche –, was nicht mit der Geschäftsordnung vereinbar ist. Dazu wäre ein registrierter Änderungsantrag notwendig gewesen, der jedoch innerhalb der festgesetzten Frist nicht erfolgt ist, oder ein mündlicher Änderungsantrag im Plenum.
Der Text des sozialdemokratischen Entschließungsantrags steht daher nicht in Übereinstimmung mit der Geschäftsordnung, Herr Präsident, und ich möchte Sie bitten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
(Beifall von rechts)
(Protest von links)
Der Präsident. Herr Vidal-Quadras, wir haben keine namentliche, sondern eine elektronische Abstimmung vorgenommen. Sie sind schon lange genug hier, um den Unterschied zu kennen.
Zweitens, die Interpretation der Geschäftsordnung obliegt nicht Ihnen, sondern dem Präsidenten, der vom Sekretariat unterstützt wird, und ich höre mir alle angeführten Argumente an, um sie entsprechend zu berücksichtigen und dann so richtig wie möglich zu reagieren, aber bitte reden Sie nicht so hochtrabend daher. Sagen Sie nicht: Dies ist mit der Geschäftsordnung vereinbar und das nicht, denn das ist nicht Ihre Aufgabe.
(Protest von rechts)
(Beifall von links)
Martin Schulz (PSE). – Herr Präsident! Ich glaube, Sie haben alles Notwendige gesagt. Die Auslegung der Geschäftsordnung, insbesondere hinsichtlich der Reihenfolge und der Durchführung von Abstimmungen, obliegt dem Präsidenten. Ich habe den Eindruck, dass Sie die Abstimmung sehr ordnungsgemäß durchgeführt haben. Meine politische Erfahrung lehrt mich allerdings auch eins — wir sind ja alle Politiker, und Ihr, liebe Kolleginnen und Kollegen von der EVP-ED-Fraktion, seid auch alle Politiker: Wenn man politisch nicht mehr weiterkommt, dann muss die Geschäftsordnung herhalten. Das kennen wir, aber ich bitte Sie, Herr Präsident, jetzt abzustimmen.
(Beifall von links)
Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ist es angesichts Ihres geschätzten Hintergrunds als spanischer Sozialist möglich, dass Sie sich vielleicht in eben diesem Punkt als Vorsitzender in einem Interessenkonflikt befinden?
(Lebhafter und anhaltender Beifall von rechts)
Ignasi Guardans Cambó (ALDE). – (ES) Herr Präsident! Angesichts der Verwirrung, die einige Redebeiträge erzeugt haben mögen, wollte ich nur klarstellen, dass wir nicht über einen Entschließungsantrag der Sozialdemokraten abstimmen, sondern es geht um einen gemeinsamen Entschließungsantrag der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz und der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke. Es ist kein Entschließungsantrag der Sozialdemokraten, der zur Abstimmung steht, Herr Präsident.
(Beifall von rechts)
Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Einigen mag daran gelegen sein, das Abstimmungsergebnis zu ändern, aber ich habe wegen der namentlichen Abstimmung wirklich falsch abgestimmt. Das ist der Beweis. Es gibt hier zumindest eine falsche Stimme.
(Beifall von rechts)
Bogdan Pęk (IND/DEM). – (PL) Herr Präsident! Es ist ganz entscheidend, dass Abstimmungen den Willen dieses Hohen Hauses, das heißt der Mitglieder dieses Parlaments, widerspiegeln. Wegen eines Fehlers bzw. eines Versehens hat ein Großteil der Abgeordneten nicht entsprechend ihrem Willen gestimmt. Ich stelle daher den formalen Antrag, die Abstimmung zu wiederholen. Dabei gehen wir kein Risiko ein, denn das Hohe Haus wird damit nur seinen wahren Willen demonstrieren.
(Beifall von rechts)
Der Präsident. Bitte, wir behandeln hier ein ernstes und wichtiges Thema. Ich bitte Sie, mit dem Präsidium zusammenzuarbeiten, damit wir vernünftig und angemessen prüfen können, was hier geschieht. Man muss nicht jeden Redebeitrag mit Beipflichtungen der einen oder anderen Seite begleiten.
Daniel Cohn-Bendit (Verts/ALE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Egal, wie man zu dieser Abstimmung steht, will ich etwas anmerken und bitte den Vorsitzenden der PPE-DE-Fraktion, Stellung dazu zu nehmen: Was hier gesagt wurde, ist eine Unverschämtheit, die das ganze Parlament ablehnen muss! Dieser Präsident ist mit großer Mehrheit gewählt und hat das Recht, jede Abstimmung zu leiten, ob es Euch gefällt oder nicht! Der Rest ist unverschämt und eine Sauerei!
(Beifall von links)
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte nur auf Ihre Antwort eingehen, die Sie dem Vizepräsidenten des Parlaments, Herrn Vidal-Quadras, gegeben haben und in der Sie sagten, es obliege dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, die Geschäftsordnung zu interpretieren.
Artikel 159 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Parlaments legt fest, dass das Parlament in der Regel durch Handzeichen abstimmt, und Artikel 159 Absatz 2 besagt: „Entscheidet der Präsident, dass das Ergebnis unklar ist, so wird elektronisch … abgestimmt“. Herr Präsident, Sie haben elektronisch abstimmen lassen, bevor irgendein Ergebnis bekannt war, und das hat zu Verwirrung geführt.
Herr Präsident, in zwei Monaten endet Ihr Mandat in diesem Parlament. Setzen Sie nicht Ihre Unabhängigkeit und Ihr Ansehen aufs Spiel, das verdienen weder Sie noch dieses Parlament.
(Unruhe)
Der Präsident. Ich werde Herrn Poettering das Wort für eine abschließende Bemerkung zur Geschäftsordnung erteilen; weitere wird es nicht geben, denn wir könnten ewig so fortfahren. Ich werde dann die Mitglieder des Präsidiums konsultieren, um die richtige Entscheidung im Einklang mit unserer Geschäftsordnung zu treffen.
Hans-Gert Poettering (PPE-DE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in einer schwierigen Situation, und wir haben heute Morgen – wie ich finde – eine sehr würdige Debatte geführt. Jetzt müssen wir alle einen Schritt tun. Ich möchte ausdrücklich sagen: Die Integrität des Präsidenten des Europäischen Parlaments wird nicht in Frage gestellt.
(Beifall)
Nachdem ich das gesagt habe, bitte ich aber auch, dass wir jetzt ein Verfahren finden, das uns zu einer Entscheidung führt. Es wäre richtig gewesen, wenn die erste Abstimmung durch Handzeichen erfolgt wäre – so wäre es normal gewesen. Ich habe dann angenommen, Sie haben gleich elektronisch abstimmen lassen, weil die Ergebnisse nach Ihrer Einschätzung nahe beieinander liegen, aber es wäre das normale Verfahren gewesen, durch Handzeichen abzustimmen. Dann hat dieses Abstimmungsverfahren bedauerlicherweise dazu geführt, dass einige Kollegen anders abgestimmt haben, als sie es beabsichtigt hatten.
Dann gibt es noch die Frage, ob der gemeinsame Text, auf den sich die Fraktionen geeinigt haben, richtig zustande gekommen ist und ob die Übersetzungen vorliegen.
All dies zusammengenommen ist ein Bündel von Problemen. Deswegen möchte ich an Ihren guten Willen appellieren, dass wir die Abstimmungen wiederholen und dann anschließend zur Abstimmung über den gemeinsamen Entschließungsantrag der Fraktionen kommen. Dann hat sich dieses Parlament geäußert, und dann wird der politische Wille dieses Parlaments deutlich. Ich bitte, diesen guten Willen jetzt aufzubringen!
(Beifall)
Der Präsident. Vielen Dank, Herr Poettering. Ich danke Ihnen, dass Sie aufgestanden sind, um die Ehre des Präsidenten des Europäischen Parlaments zu verteidigen.
Die Worte von Frau Doyle sind meiner Ansicht nach völlig inakzeptabel und haben nichts mit dem zu tun, um das es hier geht.
(Beifall)
Wir haben wichtigere Dinge zu diskutieren. Meine Damen und Herren, bitte gewähren Sie mir einige Minuten, um die Mitglieder des Präsidiums zu den drei Fragen zu konsultieren, die Sie in Ihren Redebeiträgen aufgeworfen haben.
Der Präsident wird dann seine Entscheidung bekannt geben, und ich möchte Sie daran erinnern, dass der Präsident gemäß Artikel 166(4) unserer Geschäftsordnung die Entscheidung treffen wird, die er für angemessen hält, und zwar unmittelbar nach den Bemerkungen zur Geschäftsordnung, die zu der zur Diskussion stehenden Frage gemacht wurden, und dass die Entscheidung des Präsidenten nicht zur Abstimmung steht. Das heißt, was immer der Präsident entscheidet, es gilt.
Bitte gestatten Sie mir jetzt, die Mitglieder des Präsidiums zu den technischen Fragen im Zusammenhang mit den drei angesprochenen Fragen zu konsultieren.
(Die Sitzung wird kurz unterbrochen.)
Meine Damen und Herren, nach Beratung mit den Diensten des Parlaments und nach Prüfung der Punkte unserer Geschäftsordnung, die sich auf die hier diskutierten Fragen beziehen, sollten wir meiner Ansicht nach wie folgt verfahren:
– Im Hinblick auf den Entschließungsantrag, den mehrere Fraktionen, die PSE, ALDE, GUE/NGL und Verts/ALE, unterbreitet haben, wurde mir mitgeteilt – und ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln –, dass der Text in allen Sprachen vorliegt. Mir wurde auch gesagt, dass es Änderungsanträge zum Text gestern in letzter Minute gab, die das Präsidium angenommen hat, ohne sie einem formalen Änderungsverfahren zu unterwerfen, weil es dies nicht für notwendig erachtete. Der Entschließungsantrag der PSE, ALDE, GUE/NGL und Verts/ALE steht somit zur Abstimmung in der Fassung, die Gegenstand der letzten Änderung war, um sie zur Debatte zu stellen. Wir werden darüber abstimmen.
– Zweitens, es gibt guten Grund anzunehmen, dass eine Verwirrung entstanden war und einige Abgeordnete beim zweiten Mal abgestimmt haben, ohne genau zu wissen, worüber genau abgestimmt wurde, trotz der Tatsache, dass die Präsidentschaft dies, wie ich meine, ganz klar gesagt hatte. Dennoch gehe ich davon aus, dass diese Einwände mit den besten Absichten erhoben wurden und dass sicherlich der Gegenstand, über den abgestimmt sollte, falsch interpretiert wurde. Um dem demokratischen Willen dieses Parlaments wirklich zu entsprechen, werde ich die beiden Abstimmungen wiederholen.
(Beifall)
(Das Parlament lehnt den Änderungsantrag in einer Abstimmung durch Handzeichen ab, die elektronisch überprüft wird.)
Somit ist das Ergebnis der zweiten Abstimmung genau das Gleiche wie bei der ersten: Der Änderungsantrag wurde abgelehnt.
(Das Parlament lehnt den Entschließungsantrag der Fraktionen PPE-DE und UEN durch namentliche Abstimmung ab.)
Das Ergebnis ist also exakt das Gleiche wie das vorhergehende, aber ich nehme an, dass alle beruhigt sind und der Wille der Abgeordneten besser zum Ausdruck gekommen ist.
(Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag der Fraktionen PSE, ALDE, GUE/NGL und Verts/ALE durch namentliche Abstimmung an.)