Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über
Erklärungen des Rates und der Kommission zur Ausfuhr giftiger Abfälle nach Afrika,
die mündliche Anfrage an den Rat über Umweltschutz: Bekämpfung der Kriminalität, Delikte und Strafen von Karl-Heinz Florenz im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (O-0067/2006 – B6-0438/2006) und
die mündliche Anfrage an die Kommission über Umweltschutz: Bekämpfung der Kriminalität, Delikte und Strafen von Karl-Heinz Florenz im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (O-0068/2006 – B6-0439/2006).
Paula Lehtomäki, amtierende Ratspräsidentin. (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Rat ist über die Umweltkatastrophe zutiefst besorgt, die sich vor einiger Zeit in der Côte d’Ivoire ereignete und vom Frachtschiff „Probo Koala“ verursacht wurde. Als Staat, der die Ratspräsidentschaft innehat, vertritt Finnland die Auffassung, dass dieser bedauerliche Vorfall unbedingt gründlich untersucht werden muss. Wieder einmal wurde der Welt vor Augen geführt, welche Gefahren mit der Verbringung von Abfällen in Entwicklungsländer verbunden sind. Dieses Problem verlangt nach entschiedenen Maßnahmen. Die Europäische Union hat ihre Bereitschaft erklärt, gemeinsam mit den Vereinten Nationen Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt zu ergreifen, wenn die Folgen eines Vorfalls besonders schwerwiegend sind.
Die jüngsten Zwischenfälle in Westafrika haben uns zudem daran erinnert, wie wichtig es ist, dass die Abkommen über die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen und die Kontrolle des Abfallmanagements auch effektiv umgesetzt werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um das Basler Übereinkommen und die entsprechende Änderung aus dem Jahre 1995, das MARPOL-Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe sowie regionale Meeresschutzübereinkommen. Mit der Änderung des Basler Übereinkommens wurde die Ausfuhr von gefährlichen Abfällen aus Ländern der EU und der OECD sowie aus Liechtenstein in andere Länder verboten. Genauso wichtig ist aber natürlich auch, die Erfüllung dieser Vereinbarungen zu überwachen.
Ende November soll in Nairobi das achte Treffen der Konferenz der Vertragsparteien des Baseler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von gefährlichen Abfällen und ihrer Entsorgung stattfinden. Der Rat erarbeitet derzeit den Standpunkt der Europäischen Union, den sie auf dieser Konferenz bei allen auf der Tagesordnung stehenden Themen vertreten wird. Dazu zählen die illegale Verbringung von Abfällen, das Entladen von Schiffen, die Finanzierung des Übereinkommens, die Schaffung von Synergien zwischen den Arbeitsbereichen Abfallwirtschaft und Chemikalien und die Überwachung des Strategieplans zur Umsetzung des Übereinkommens.
Zu den Vorbereitungsarbeiten gehörte auch eine umfangreiche Debatte, die am 23. Oktober, d. h. vorgestern, vom Rat „Umwelt“ abgehalten wurde. Am Ende dieser Debatte teilte der Vorsitzende seine Schlussfolgerungen zum Standpunkt der EU mit, den diese auf der Konferenz der Vertragsparteien des Basler Übereinkommens vertreten soll. Demnach müsse gegen die illegale grenzüberschreitende Verbringung von gefährlichen Abfällen entschieden und wirksam vorgegangen werden.
Wichtig ist auch, dass möglichst viele Staaten dem Beispiel der Länder folgen, die nunmehr die Änderung mit dem Ausfuhrverbot für gefährliche Abfälle ratifiziert haben, damit diese Änderung schnellstens weltweit in Kraft tritt. Wie Ihnen bekannt ist, gilt dieses Verbot bereits in sämtlichen EU-Mitgliedstaaten, weil es im Rahmen der Verordnung über die Verbringung von Abfällen in seiner Gesamtheit umgesetzt wurde. Außerdem haben fast alle EU-Staaten die Änderung ratifiziert.
Die überarbeitete EU-Verordnung über die Verbringung von Abfällen, die im Juli nächsten Jahres in Kraft tritt, enthält ebenfalls Bestimmungen, mit denen die Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Verordnung sowohl auf einzelstaatlicher als auch auf gemeinschaftlicher Ebene verbessert werden könnte. Außerdem wurde eine Richtlinie über Hafenauffangeinrichtungen für Schiffsabfälle und Ladungsrückstände verabschiedet, deren Anwendung auch für den Fall „Probo Koala“ relevant sein könnte.
In einer Diskussion hoben die Umweltminister zudem vorgestern hervor, dass die effektive Umsetzung bestehender Rechtsvorschriften ein vorrangiges Ziel der EU sei. Um die illegale Verbringung von Abfällen zu verhindern, müssen insbesondere auf internationaler Ebene das Umwelt- und Seerecht harmonisiert und die Zusammenarbeit zwischen den Behörden verbessert werden. Am meisten kommt es jedoch darauf an, dass sämtliche Abfallarten in umweltverträglicher Weise behandelt werden, und zwar unabhängig davon, wo diese Behandlung stattfindet. Das muss auch bei der Verschrottung von Schiffen das oberste Gebot sein.
In seinen Schlussfolgerungen hob der Vorsitzende ferner hervor, dass die Entwicklungsländer externe Unterstützung brauchen, um bei der Umsetzung des Basler Übereinkommens und der umweltverträglichen Behandlung von Abfällen weiter voranzukommen. Auch müssten die Entwicklungsländer das Thema Abfallbehandlung in ihre Strategien zur Bekämpfung der Armut und zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung aufnehmen.
Auf der Tagung des Rates „Umwelt“ kam die Präsidentschaft auch mit einer Delegation aus Côte d’Ivoire zusammen, die uns über die aktuelle Lage vor Ort informierte. Das Ausmaß der Katastrophe ist erschreckend, denn sie hat nicht nur zahlreiche Menschenleben gefordert, sondern zieht auch eine Vielzahl akuter gesundheitlicher Probleme nach sich. Außerdem hat die Katastrophe gravierende Auswirkungen auf die Umwelt, die Existenzgrundlage, die Wohnverhältnisse und das menschliche Zusammenleben. Zu den vordringlichen Aufgaben gehören derzeit die Reinigung von verseuchten Gebieten und Abwasserleitungen sowie die Behandlung der Schäden, die den Menschen und Unternehmen entstanden sind. In der Côte d’Ivoire wird momentan an einem nationalen und einem internationalen Bericht zu dem Vorfall gearbeitet, wobei auch strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet wurden.
In einigen anderen Ländern, wie etwa den Niederlanden und Estland, wurde ebenfalls die Justiz tätig, um die konkreten Umstände des Falls „Probo Koala“ gründlich zu prüfen.
Ich möchte nun zur mündlichen Anfrage kommen, die von Herrn Florenz, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, vorgebracht wurde.
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind der Ansicht, dass auf Gemeinschaftsebene unbedingt Rechtvorschriften erlassen und die Zusammenarbeit ausgebaut werden müssen, um Umweltstraftaten besser zu verhindern und zu verfolgen sowie eine strafrechtliche Verurteilung der Täter sicherzustellen. Umweltstraftaten haben naturgemäß internationale Auswirkungen, da sich illegale Emissionen weit über nationale Grenzen hinaus ausbreiten.
Wie der Herr Abgeordnete in seiner Anfrage darlegte, hob jedoch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften am 13. September 2005 den Rahmenbeschluss des Rates vom 27. Januar 2003 über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht auf.
Am 25. November 2005 legte die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat eine Mitteilung vor, in der sie auf die Folgen des Urteils des Gerichtshofs hinwies.
Das Urteil des Gerichtshofs und die Mitteilung der Kommission wurden auf der informellen Tagung der Justiz- und Innenminister im Januar 2006 in Wien erörtert und auf der Ratstagung vom 21. Februar dieses Jahres in Brüssel geprüft.
In diesen Diskussionen erklärte die Kommission, dass sie noch länger darüber nachdenken wolle, wie mit den bereits angenommenen Rahmenbeschlüssen des Rates zu verfahren sei. Denn angesichts des Urteils des Gerichtshofs müssten diese Beschlüsse vielleicht überarbeitet werden. Dies gelte auch für den genannten Rahmenbeschluss, der vom Gerichtshof aufgehoben wurde.
In Anbetracht dessen wartet der Rat nun auf den nächsten Schritt der Kommission. Sie wird vielleicht eine abgeänderte Fassung ihres Vorschlags aus dem Jahr 2001 und ihres bereits im Jahr 2002 abgeänderten Richtlinienvorschlags vorlegen. Oder sie unterbreitet einen vollkommen neuen Vorschlag.
Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. – (EL) Herr Präsident! Der jüngste Fall der Deponierung giftiger Abfälle in der Côte d’Ivoire hat dramatische Konsequenzen. Mindestens 10 Menschen kamen dabei ums Leben und Tausende wurden vergiftet und benötigten stationäre Behandlung.
Obwohl die tatsächlichen Umstände, unter denen dieses abscheuliche Umweltverbrechen begangen wurde, noch nicht geklärt sind, besteht nun eine noch dringendere Notwendigkeit, das Verbot des Exports gefährlicher Abfälle nach Afrika strikt einzuhalten.
Die Kommission bemüht sich gemeinsam mit den Mitgliedstaaten, den Vereinten Nationen und den Behörden der Côte d’Ivoire darum, verschiedene Wege zu finden, um den entstandenen Schaden wieder gutzumachen und geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Aktivitäten zu ergreifen, die möglicherweise stattgefunden haben.
Als das Unglück bekannt wurde, haben Vertreter der Kommission – und Spezialteams aus den Mitgliedstaaten – den Schauplatz besucht, um den Opfern beizustehen und dabei zu helfen, die natürliche Umwelt zu schützen. Die Kommission verfolgt aufmerksam die Entwicklungen in der Côte d’Ivoire und steht in ständigem Kontakt zu den Behörden des Landes. Am Montag sind der Ratsvorsitz und ich mit der Delegation aus der Côte d’Ivoire zusammengetroffen, der drei Minister angehörten.
Die Institutionen und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union müssen jegliche Mittel zur Unterstützung der Opfer in der Côte d’Ivoire prüfen und alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Verschmutzung zu beseitigen.
Derzeit werden in verschiedenen Mitgliedstaaten strafrechtliche Untersuchungen durchgeführt, die wir aufmerksam verfolgen. Nach der Rückkehr der „Probo Koala“ in die Europäische Union, bin ich persönlich am 28. September zum Hafen Paldiski in Estland gereist, um diese Untersuchungen zu unterstützen und die neuesten Informationen zu erhalten.
Wenn wir über das Unglück in der Côte d’Ivoire hinausblicken, dann werden wir feststellen, dass bei der Einhaltung der Verordnung der Europäischen Union über die Verbringung von Abfällen durch die Mitgliedstaaten ein erhebliches Vakuum besteht. Diese Verordnung beinhaltet klare Vorschriften für das Verbot des Exports gefährlicher Abfälle in Entwicklungsländer. Diese Vorschriften müssen noch strenger werden und ab Juli des kommenden Jahres werden die Mitgliedstaaten verpflichtet sein, Vorortkontrollen und –inspektionen durchzuführen und im Falle illegaler Abfallverbringungen zusammenzuarbeiten. Die bloße Tatsache, dass Vorschriften existieren, hat aber keinerlei Bedeutung, wenn sie nicht ordnungsgemäß in die Praxis umgesetzt werden. Die Schlupflöcher im Gesetz müssen durch strenge zusätzliche Maßnahmen, die seiner korrekten Umsetzung dienen, geschlossen werden. Umweltverbrechen gehören zu den gravierendsten Problemen, mit denen sich die Gemeinschaft auseinandersetzen muss. Der Umweltschaden, der entstehen kann, ist enorm. Diese Straftaten sind häufig Teil des internationalen organisierten Verbrechens, was es schwierig, aber dringend notwendig macht, sie auszumerzen. Dabei ist es erforderlich, effektive Sanktionen, einschließlich strafrechtlicher Sanktionen, vorzusehen, um die gemeinschaftlichen Umweltrechtsvorschriften ordnungsgemäß umzusetzen. Aus eben diesem Grund sind auf Gemeinschaftsebene dringende Maßnahmen notwendig.
Im Jahre 2001 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt vor. Ziel dieses Vorschlags war es zum einen, für die Gemeinschaft insgesamt einen Mindestkatalog für Straftatbestände im Umweltbereich einzuführen, und zum anderen, solche Verstöße in allen Mitgliedstaaten mit effektiven strafrechtlichen Sanktionen zu ahnden. Es ist eine traurige Tatsache, dass der Rat den Kommissionsvorschlag nicht angenommen hat. Der Vorschlag basierte auf Artikel 175 des Vertrags und sollte gemäß dem Mitentscheidungsverfahren angenommen werden. Der Rat war mit der Rechtsgrundlage nicht einverstanden und entschied sich dafür, einen Rahmenbeschluss auf der Grundlage der dritten Säule zu erlassen, statt die von uns vorgeschlagene Richtlinie anzunehmen. Nach Ansicht der Europäischen Kommission war diese Entscheidung rechtlich nicht korrekt und hätte es unmöglich gemacht, die Überführung des Rahmenbeschlusses in nationales Recht und seine Umsetzung durch die Mitgliedstaaten zu kontrollieren.
Im klaren Gegensatz zum Rat befürwortete das Europäische Parlament den Vorschlag der Kommission voll und ganz und unterstützte die Kommission auch, als die Angelegenheit vor den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gebracht wurde. Ich möchte die besondere Bedeutung dieser guten Zusammenarbeit zwischen unseren Institutionen hervorheben und hoffe, dass wir dies bei der weiteren Entwicklung der Angelegenheit beibehalten. Mit der Entscheidung des Gerichtshofs wurde jetzt klargestellt, dass Maßnahmen strafrechtlicher Art, die notwendig sind, um die effektive Umsetzung der Umweltpolitik zu gewährleisten, im Rahmen der ersten Säule angenommen werden können. Der Rahmenbeschluss des Rates verstieß laut Vertrag gegen die Zuständigkeiten der Gemeinschaft und musste zurückgezogen werden. Die Europäische Kommission ist mit dieser Entscheidung des Gerichtshofs außerordentlich zufrieden. Dies ist keine Entscheidung, mit der ein einfacher technischer Punkt geregelt wird, sondern sie ist für die Erläuterung der Bestimmungen des Vertrags in Bezug auf die Trennlinie zwischen erster und dritter Säule von entscheidender Bedeutung. Sie hat zugleich beträchtliche institutionelle Auswirkungen, da sie klarstellt, dass umstrittene Maßnahmen im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens ergriffen werden müssen, was bedeutet, dass das Europäische Parlament daran umfassend beteiligt ist.
Außerdem fallen im Rahmen der ersten Säule nationale Durchführungsmaßnahmen unter die Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, was für Maßnahmen unter der dritten Säule nicht gilt. Eine Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt – im Rahmen der ersten Säule – wird einen besseren Umweltschutz gewährleisten und stellt im Legislativverfahren die demokratischere Methode dar. Leider ist inzwischen wertvolle Zeit verloren gegangen. Umweltverbrechen werden nach wie vor begangen, und unsere Aufgabe ist es, die erforderlichen rechtlichen Maßnahmen einzuführen, um sie zu bekämpfen.
Wir haben in der Kommission die verschiedenen Optionen für das Follow-up der Entscheidung des Gerichtshofs geprüft und diskutiert. Dabei haben wir zwei Optionen besonders untersucht: den Vorschlag der Kommission von 2001 unverändert beizubehalten und die anderen Institutionen aufzufordern, das Mitentscheidungsverfahren fortzusetzen, oder einen neuen Kommissionsvorschlag vorzulegen. Wir haben der zweiten Option den Vorzug gegeben, um der Entscheidung des Gerichtshofs Rechnung zu tragen. Der ursprüngliche Vorschlag stammt aus dem Jahre 2001, seit damals haben sich in der Umweltgesetzgebung zahlreiche Änderungen vollzogen. Demzufolge muss der Vorschlag entsprechend angepasst werden.
Schließlich gab es auch neue Entwicklungen im Bereich der europäischen Zusammenarbeit in strafrechtlichen Angelegenheiten, die im Vorschlag ebenfalls zu berücksichtigen sind. Wir müssen gewährleisten, dass der Vorschlag anderen Rechtsakten in der Strafgesetzgebung entspricht, die auf europäischer Ebene erlassen worden sind.
Derzeit befinden wir uns in der Phase der Erarbeitung des neuen Vorschlags für eine Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt. Der erste Schritt bestand, wie gesagt, darin, die Entscheidung des Gerichtshofs und ihre Auswirkungen eingehend zu prüfen und sie mit den verschiedenen Rechtsakten, die bereits Gültigkeit haben, detailliert zu vergleichen. Im Anschluss daran haben wir eine Folgestudie erarbeitet, bei der das Für und Wider der verschiedenen Optionen abgewogen wurde. Danach wird der Vorschlag fertiggestellt, und ich hoffe, dass er noch vor Ende 2006 angenommen wird.
Karl-Heinz Florenz (PPE-DE), Verfasser. – Herr Präsident, Frau Ratspräsidentin, Herr Kommissar! Der Giftmüllskandal in Côte d’Ivoire ist eine wirklich verabscheuungswürdige Tat. Wir können nun natürlich einfach die Opfer und die schweren Verletzungen der Menschen beklagen. Aber wenn wir nicht im gleichen Atemzug nach den Ursachen fragen, dann ist das alles Heuchelei. Dafür bin ich nicht zu haben. Deshalb möchte ich ausdrücklich bestätigen: Es ist eine humanitäre sowie umweltpolitische Katastrophe und ein Skandal. Ich bin immer wieder erstaunt darüber, dass wir hier im Hause, wenn es um Dritte geht – etwa bei der Produktion von Fleisch – das Prinzip „name and shame“ eingeführt haben. Wenn sich also jemand danebenbenimmt, dann soll sein Name bekannt gemacht werden und in den Zeitungen stehen. Ausnahmsweise geschieht das aber bei den Mitgliedstaaten dieser Union nicht. Das ist doch sehr merkwürdig!
Frau Ratspräsidentin, Sie haben die Chronologie natürlich richtig dargestellt. Aber Kommissar Dimas hat Ihnen die tatsächlichen Umstände erklärt, warum die Gesetzgebung Europas nicht funktioniert, nämlich weil der Rat kleinmütig ist. Damit meine ich ganz sicher nicht Sie und auch nicht Ihr Land, aber in solch grenzüberschreitenden Fragen, die Sie ja richtig erkannt haben, muss man auch den Mut aufbringen, in Zukunft grenzüberschreitende Bestrafungs- und Verfolgungsaktionen durchzuführen. Wenn die Kommission das schon vorschlägt, der Rat in seiner Güte aber dann die Rechtsgrundlage anzweifelt und Ihnen die Kommission und das Parlament gemeinsam unterliegen, weil Sie mit Ihrer Sperrminorität das Gesetz nicht zum Tragen kommen lassen, dann ist das für einen Volksvertreter, also denjenigen, der die Regierung kontrollieren soll, wirklich äußerst ärgerlich. Das darf so nicht geschehen. Der Kleinmut des Rates in dieser Frage muss aufhören!
Ich bitte Sie wirklich herzlich, sagen Sie Ihren Kollegen, der Ausschussvorsitzende sei sehr zornig, denn Klagen im Nachhinein bringen gar nichts, wenn wir nicht vorher unsere Schularbeiten machen. Wir haben sie gemacht, aber Sie haben sie uns quasi durchgestrichen. Das ist nicht in Ordnung. Der Rat sollte sich meiner Meinung nach in Zukunft besser noch einmal der Frage der Umsetzung von europäischen Regeln widmen.
Ich bin nun schon sehr lange in diesem Haus, und wir haben schon sehr vieles besprochen und beschlossen. Aber wenn es darum geht, diese Dinge dann umzusetzen, sind wir alle wieder kleinmütig. Ich wohne an der Grenze zu einem liebenswerten Nachbarland, den Niederlanden. Es hat unglaublich lange gedauert, bis wir uns untereinander verständigt hatten, wie wir Kriminelle fangen können. Da sind wir nun glücklicherweise weiter, aber bei der Verfolgung von Müllkriminalität leben wir noch zu Zeiten der Arche Noah. Das, Frau Ratspräsidentin, dürfen Sie nicht akzeptieren. Sie sollten die letzten Monate Ihrer Ratspräsidentschaft ganz intensiv nutzen, um den Kommissar in dieser Frage zu unterstützen und zu motivieren.
Wir haben viele Umsetzungsdefizite. Ich würde gerne wissen, ob denn geprüft wird, ob auch wirklich eine Einwilligung des Staates, in den der Giftmüll verbracht wird, vorliegt. Denn sonst darf man diese toxischen Stoffe gar nicht einführen. Es gibt so viele Regelungen in diesem Bereich, die wir nur mit Verstand und mit Mut umzusetzen brauchen.
Es ist übrigens nicht nur ein Gesundheits- und ein Umweltskandal, es ist auch ein Wettbewerbsskandal. Wenn wir diese Lücke bei uns, aber auch in der Baseler Konvention, nicht schließen, dann ermutigen wir Leute, die es mit den Gesetzen nicht so genau nehmen, Umweltverschmutzung zu exportieren. Das ist auch eine Heuchelei, denn einerseits sprechen wir von hohen Standards in Europa, öffnen aber andererseits jede Menge Löcher, um solche Exporte zu ermöglichen. Der Arme, der dann geprügelt wird, ist Kommissar Dimas und mit ihm die Kommission. In diesem Fall, Frau Ratspräsidentin, ist die Kommission jedoch vollkommen unschuldig.
Unsere beiden Institutionen waren auf dem richtigen Weg. Wir möchten Sie herzlich bitten, den guten Vorschlägen des Parlaments und der Kommission in dieser Frage zu folgen.
John Bowis, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Côte d’Ivoire ist ein instabiles Land, dessen Lage durch ein Umweltvergehen noch weiter destabilisiert wurde, das von unserem Kontinent ausgegangen ist und Afrika zum Ziel hatte. Daran beteiligt waren ein niederländisches Schiff und niederländische Hafenbehörden, das unter panamaischer Flagge fahrende Schiff einer griechischen Reederei sowie ivorische Unternehmen und Lastwagen, die Petrochemikalien befördert und abgeladen haben, durch die – den Vereinten Nationen zufolge – 12 Menschen starben und 104 000 Menschen – ebenfalls nach Aussagen der Vereinten Nationen – geschädigt wurden, die nun ärztlich behandelt werden müssen. Aus diesem Schiff wurden 500 Tonnen Chemieabfälle auf Lastwagen verladen, die diese Abfälle auf 15 verschiedene Deponien rund um die Fünfmillionenstadt Abidjan gebracht haben.
Nach Aussagen von Vertretern des Umweltprogramms der Vereinten Nationen stellt dies eindeutig eine Straftat dar, auch wenn eingeräumt wird, dass noch nicht bekannt ist, wer verantwortlich ist oder um welche Art von Vergehen es sich dabei handelt. Was wir wissen ist, dass dieses Vergehen durch das Basler Übereinkommen hätte verhindert werden müssen, dass dies nicht geschehen ist und dass wir die Gründe dafür herausfinden müssen. Côte d’Ivoire ist weit weg und in den meisten afrikanischen Ländern gibt es keine strengen Gesetze zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor den Folgen gefährlicher Abfälle, aber das ist kein Grund für uns hier in Straßburg, diesen Fall und die Lehren, die daraus gezogen werden müssen, auf sich beruhen zu lassen. Wir wollen eine sichere Entsorgung von Abfällen und wir wollen nicht, dass sich eine Art Mülltourismus mit giftigen Abfällen entwickelt. Wir wollen – und ich sage das direkt an Sie gerichtet, Herr Kommissar, –, dass die Länder, die das Basler Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben, dies nachholen. Zu diesen Ländern gehören Griechenland, Irland, Italien, Malta und Slowenien. Ich hoffe, dass Sie und auch der Rat diese Länder dazu auffordern werden.
Es ist Sache der Gerichte, Straftaten zu verfolgen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und Urteile zu sprechen, aber für die Aufdeckung und Beseitigung von Gesetzeslücken sind wir zuständig. Und unsere Aufgabe ist es, die AKP-Länder bei der Erfüllung der hohen Standards für die Beseitigung von gefährlichen Abfällen zu unterstützen; den Opfern dieser schrecklichen Vorfälle – wir denken hier insbesondere an die Kinder in der betroffenen Region, die dadurch in Mitleidenschaft gezogen worden sind – zu helfen und sicherzustellen, dass die Kommission und die niederländischen Behörden sowie die Regierung von Côte d’Ivoire alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Verantwortlichen zu ermitteln und strafrechtlich zu verfolgen.
Wenn die gesetzlichen Regelungen unzureichend sind, müssen sie geändert werden. Wenn die gesetzlichen Regelungen ausreichen, müssen sie durchgesetzt werden. Aber wir wissen natürlich auch, dass das Gesetz nur allzu oft gebrochen wird. Wir wissen, dass es viel zu leicht möglich ist, die Kosten für eine verantwortungsvolle und sichere Abfallbeseitigung zu sparen, indem man die Abfälle unsachgemäß entsorgt, sie in Länder verbringt, die nicht zur OECD gehören, oder ihre Entsorgung skrupellosen Geschäftemachern aus dem eigenen Land oder dem Ausland überlässt. Diese Dinge sind es, die wir ein für alle Mal unterbinden müssen.
Margrietus van den Berg, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament stimmt den Ansichten der beiden Vorredner uneingeschränkt zu. Wie ist es möglich, dass die „Probo Koala“ nicht daran gehindert wurde, eine Verseuchung derartigen Ausmaßes zu verursachen? Obwohl bei diesem Unglück alle roten Lampen hätten aufleuchten müssen, wäscht sich die niederländische Regierung, der letztendlich die Schuld zuzuschieben ist, ihre Hände in juristischer Unschuld. Sie weigert sich, Fehler ehrlich einzugestehen, sie ist nicht bereit, für die Opfer in Côte d’Ivoire einen Fonds einzurichten, die Verantwortung wird auf andere abgewälzt und gleichzeitig die Übernahme einer moralischen und finanziellen Verantwortung abgelehnt. So lässt sich die betrübliche Haltung der niederländischen Regierung zusammenfassen. Deshalb richte ich an die Kommission die Frage, ob sie bereit ist, die Niederlande unter Druck zu setzen, Côte d’Ivoire rechtliche Unterstützung zu gewähren und ferner dafür Sorge zu tragen, dass in Abstimmung mit den Vereinten Nationen ein Notfonds für die Opfer dieser Katastrophe eingerichtet wird.
Meine afrikanischen Parlamentskollegen haben das Gefühl, die Niederlande und Europa hätten es ungeachtet des Basler Übereinkommens versäumt, sie vor solch kriminellem Verhalten zu schützen. Offenbar darf Afrika als Abladeplatz benutzt werden. Dadurch entsteht ein Minderwertigkeitsgefühl, durch das eine glaubwürdige Partnerschaft zwischen Afrika und Europa untergraben wird und unseren Beziehungen ein schwerer Schlag versetzt wurde. Welche Schritte werden der finnische Vorsitz und die Kommission in Richtung Côte d’Ivoire und Afrikanische Union unternehmen?
Ist die Kommission bereit, Maßnahmen vorzuschlagen, um eine solche Deponierung so weit wie möglich abzustellen und dafür zu sorgen, dass geltende Gesetze auch angewandt werden? Ist die Kommission bereit, jährlich eine schwarze Liste von Ländern und transnationalen Unternehmen, die an der illegalen Deponierung chemischer Abfälle in Entwicklungsländern beteiligt sind, zu erstellen? Sind die Kommission und der Rat bereit, Legislativvorschläge zu unterbreiten, um die Schlupflöcher im Basler Übereinkommen zu stopfen, unter anderem mit der Verpflichtung für Schiffe, die die EU verlassen, zur Abgabe ihres Kielraumwassers bei den zuständigen Behörden in dem zuletzt von ihnen angelaufenen EU-Hafen?
Ist die Kommission auch bereit, die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um Entwicklungsländern bei der Feststellung gefährlicher Substanzen zu helfen und zu gewährleisten, dass auf hoher See entstandenes Kielraumwasser sicher entsorgt wird? Ich rechne mit der Unterstützung der Kommission und hoffe, dass der Rat die Niederlande nochmals deutlich zur Rechenschaft zieht; der Vorsitzende des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit ist zu Recht in gleicher Weise mit dem Rat verfahren. Genug all der schönen Worte, jetzt wollen wir, dass sie in die Praxis umgesetzt werden, dass ihnen Taten folgen und Rechtsvorschriften zur Anwendung gelangen.
Danutė Budreikaitė, im Namen der ALDE-Fraktion. – (LT) In diesem Jahr hat die Europäische Union die 2001 verabschiedete EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung geprüft, die 2002 in Barcelona um eine externe Dimension ergänzt wurde. Dank der Gemeinschaftspolitik im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit wird es möglich, Armut zu bekämpfen und die Entwicklungsländer allmählich in die globale Wirtschaft zu integrieren.
Wie verfolgen wir diese Ziele? Wir wollen wirtschaftliches Wachstum in den Entwicklungsländern, Umweltschutz und den Rückgang des Treibhauseffekts. Aber was tun wir dafür?
In der Côte d’Ivoire erkrankten 85.000 Menschen an den Folgen einer Giftmüllverseuchung, acht von ihnen verstarben. Giftige Substanzen wurden von dem niederländischen Unternehmen Tarifuga Beheer BV von Amsterdam aus verschifft. Dort wusste man um die Giftigkeit der Abfälle. Doch wegen der hohen Kosten wählte man die kostengünstige Alternative der Entsorgung in der Côte d’Ivoire.
In den meisten afrikanischen Staaten gibt es keine Bestimmungen zum Schutz der Umwelt vor gefährlichem Abfall. Ausgediente Computer werden in Nigeria gelagert, radioaktiver Müll in Somalia und Chlor in Kamerun, obwohl die EU diesbezüglich 1994 und 1997 Vorschriften über das Verbot von Abfallexporten verabschiedete.
Im Jahr 2002 genehmigte das Parlament die Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt in erster Lesung. Diese erste Lesung war jedoch gleichzeitig auch die letzte, das heißt, wir müssen die Diskussion über die Richtlinie unverzüglich fortsetzen.
Die Kommission und die Niederlande müssen den Fall Côte d’Ivoire untersuchen, die Täter aufspüren, die Folgen beseitigen und den Opfern Schadenersatz leisten. Ohne ernsthafte Maßnahmen lässt sich die Entwicklungszusammenarbeitspolitik der EU für die Unterstützung und nachhaltige Entwicklung der Entwicklungsländer wohl kaum umzusetzen. Die Union läuft somit Gefahr, ihr Gesicht zu verlieren.
Carl Schlyter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (SV) Es ist ein tragisches Ereignis, das die Côte d’Ivoire getroffen hat, und wir alle drücken unser Mitgefühl und unsere Solidarität mit den Opfern des kriminellen Verhaltens europäischer Firmen aus. Die Opfer müssen im Verlauf der Angelegenheit jede erdenkliche Unterstützung bekommen.
Seit 1997 gilt ein Exportverbot für gefährliche Abfälle in Länder außerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Nun ist es an der Zeit, dessen korrekte Umsetzung sicherzustellen. Es ist inakzeptabel, dass die holländischen Behörden nicht ihrer Verantwortung nachgekommen sind, als sie die Möglichkeit hatten, das Schiff zu stoppen. Alle Anerkennung gebührt Estland, das getan hat, was getan werden musste. Ich möchte auch Kommissar Dimas dafür danken, dass er den Ernst der Lage so schnell erkannt hat.
Jetzt brauchen wir schnell einen Vorschlag der Kommission für eine strengere Durchsetzung der Vorschriften. Wir müssen dafür sorgen, dass bei jedem Gefahrguttransport jemand die persönliche Verantwortung übernimmt und eine Haftungserklärung unterzeichnet. Auch Aufsichtsräte und Geschäftsführer müssen in höherem Maße persönlich haftbar gemacht werden. Anderenfalls werden die Traditionen mit unklaren und komplizierten Haftungsbedingungen es auch weiterhin schwer machen, unseriöse Spediteure und Reeder zur Verantwortung zu ziehen.
Afrika hat unter Kolonialismus und Sklaverei sowie der Ausbeutung seiner Naturressourcen schon genug gelitten. Wenn wir uns zivilisiert nennen wollen, müssen wir diese neueste Form des Neokolonialismus, bei der wir unseren Müll in ärmeren Ländern abladen, beenden.
Kartika Tamara Liotard, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (NL) Meine Fraktion stimmt allen bisherigen Ausführungen uneingeschränkt zu, ebenso wie dem Entschließungsantrag, in dem auf den Giftmüllskandal mit der „Probo Koala“ in Côte d’Ivoire, der bislang Dutzende von Todesopfern gefordert hat und aufgrund dessen Zehntausende von Menschen in Krankenhäuser gebracht wurden, hingewiesen wird; die Folgen für die Umwelt und die Volksgesundheit sind noch nicht abzusehen. Weitgehende Unklarheit besteht noch darüber, was mit dem Gift und der kontaminierten Besatzung geschehen wird.
Gegen solche skandalösen, Umwelt und Bürger missachtenden Praktiken, bei denen sich Regierungen und Verantwortliche bewusst oder unbewusst ihren Verpflichtungen entziehen, muss unbedingt auf jeder erdenklichen Ebene vorgegangen werden. Mitgliedstaaten, im vorliegenden Fall die Niederlande, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Mein Beobachter, der in meinem Auftrag nach Estland gefahren ist, pflichtet den Worten von Herrn Dimas, wonach es sich nur um die Spitze des Eisbergs handelt, absolut bei. Gift dieser Art hätte die Europäische Union überhaupt nicht verlassen dürfen, und damit wurde gegen europäische sowie internationale Rechtsvorschriften verstoßen.
Nachdem mir ungeachtet einer ursprünglichen Zusage mehrfach verwehrt wurde, mit der Besatzung der „Probo Koala“ zu sprechen, kann ich nur zu der Feststellung gelangen, dass von verschiedenen Behörden ein recht hinterlistiges Spiel mit Menschenleben betrieben wird. Für die Öffentlichkeit ist Transparenz unabdingbar. Zur Vermeidung von oder zur Abschreckung vor Wiederholungen bedarf es einer Politik, bei der mit gleicher Münze heimgezahlt wird. Ich bin für die Erstellung einer schwarzen Liste derer, die Abfälle deponieren, sowie für die Veröffentlichung von Vereinbarungen, die mit Entwicklungsländern auf dem Gebiet der Abfallbeseitigung getroffen wurden.
Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich kann allen meinen Vorrednern zustimmen. Was in Côte d’Ivoire mit den Abfällen des Schiffs „Probo Koala“ geschah, ist entsetzlich und hätte niemals passieren dürfen. Völlig außer Zweifel steht, dass es sich hier um illegale Abfalltransporte handelte. Das Basler Übereinkommen verbietet ausdrücklich die Verbringung gefährlichen Abfalls in Nicht-OECD-Staaten, und dieses Verbot ist mithin nicht beachtet worden. Dass die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften bei der Verbringungen von Abfällen sehr zu wünschen übrig lässt, überrascht nicht. Stichproben in England und Frankreich zufolge werden bei 75 % bis 100 % aller Abfallverbringungen die Vorschriften missachtet.
Obwohl bei den Verhandlungen im Vorfeld der neuen Abfallverbringungsverordnung eine strikte Einhaltung und strengere Kontrollen für das Europäische Parlament einen Schwerpunkt darstellten, wurden unsere Wünsche nur teilweise erfüllt. Momentan besteht weniger ein Bedarf an einer Neuregelung oder an einer europäischen Mindeststrafe bei Verstößen, wie sie von Kommissar Dimas empfohlen wird. Notwendig ist in erster Linie, dass die bestehenden Gesetze eingehalten werden. Die Kommission und die Mitgliedstaaten würden gut daran tun, in dieser Frage ein für alle Mal etwas zu unternehmen.
Andreas Mölzer (NI). – Herr Präsident! Bald werden wir mehrere Tausend Tonnen verseuchten Materials sowie die illegal in Afrika abgelagerten 500 Tonnen zurückerhalten, so dass ein Vielfaches des ursprünglichen Sondermülls an Europa zurückgeht. Hier gilt es, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen.
Generell scheint die so genannte Baseler Konvention einigermaßen zu funktionieren. Offizielle Giftmüllexporte nach Afrika sind angeblich stark zurückgegangen. Dem widersprechen jedoch Stichproben in europäischen Häfen, bei denen sich etwa die Hälfte aller als nicht giftig deklarierten Abfalltransporte als giftig erwiesen haben. Um das Problem des Schwarzhandels mit Sondermüll in den Griff zu bekommen, sind also die Kontrollen und die Zusammenarbeit in diesem Bereich zu verstärken.
Zudem werden wir uns mit der Problematik des zunehmenden Handels mit Elektroschrott und Schiffswracks auseinandersetzen müssen, der noch nicht von den internationalen Konventionen erfasst ist. Um schließlich die Müllmafia bekämpfen zu können, werden wir wohl eine schwarze Liste jener Unternehmen benötigen, die sich an derartigen Machenschaften beteiligt haben.
Marie-Arlette Carlotti (PSE). – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Angelegenheit mit dem Giftmüll kann sehr wohl als kriminell bezeichnet werden – als ob der Süden die Müllkippe des Nordens wäre. Und wenn von kriminell die Rede ist, so gibt es auch Schuldige und Strafen! Bisher jedoch haben Straffreiheit und Untätigkeit die Oberhand.
Zwar verfügt die EU über Rechtsvorschriften hinsichtlich des Transports von Giftmüll, dessen Ausfuhr seit 1997 im Rahmen des Basler Übereinkommens verboten ist, wobei dieses Verbot bislang regelmäßig missachtet wurde. Diese Untätigkeit ist kriminell und Opfer sind die Toten von Abidjan. Nun aber muss die EU handeln, und zwar schnell, um der Verantwortungslosigkeit und Straflosigkeit ein Ende zu setzen. Sie muss die geltenden Rechtsvorschriften anwenden, vor allem die Richtlinie vom Juli 2006, die den Mitgliedstaaten vorschreibt, Inspektionsnetzwerke zu errichten. Gegebenenfalls muss die EU diese Rechtsvorschriften noch ausbauen, um schnelle und wirksame Sanktionen zu verhängen, wie es seit 2001 von der Kommission und dem Europäischen Parlament gefordert wird. Ferner muss sie den afrikanischen Ländern dabei behilflich sein, sich mit entsprechenden Rechtsvorschriften zu ihrem Schutz zu wappnen.
Herr Kommissar! Wir unterstützen Ihre Erklärungen, die von gutem Willen getragen sind, aber nunmehr müssen wir zu konkreten Handlungen übergehen. Genau das ist es, was wir insbesondere vom Rat erwarten.
Patrick Louis (IND/DEM). – (FR) Meine Damen und Herren! Was für ein Durcheinander! Die wenigen Bürger, die sich für unsere Aussprachen interessieren, werden wohl kaum begreifen, dass wir heute Nachmittag eine Aussprache zur Umweltverschmutzung in Côte d'Ivoire mit einer weiteren Aussprache über ein Urteil verbinden, das den Subsidiaritätsgrundsatz umstößt. Die Tatsache, dass das Urteil vom 13. September 2005 zu einer Umweltrichtlinie erging, ändert nichts daran, dass es tatsächlich als Grundsatzurteil zur Vergemeinschaftung des Strafrechts formuliert ist. Dies kommt einer Verfassungsrevolution gleich, denn die Europäische Union ist, wie wir wissen, gerade dabei, mindestens neun weitere Zuständigkeiten ohne Vertrag zu übernehmen, unter ihnen das Strafrecht in den Bereichen Einwanderung und geistiges Eigentum.
Ja, meine Damen und Herren, es gibt gewiss eine Verschmutzung – und zwar eine juristische Verschmutzung der europäischen Verträge durch den Gerichtshof! In diesem verworrenen und falsch durchdachten Urteil findet man keinen einzigen Textverweis und keinen einzigen eindeutigen Rechtsgrundsatz. Wenig stichhaltige, schlecht erläuterte und an den Haaren herbeigezogene Betrachtungen enden in einer übereilten und hingeschluderten Schlussfolgerung. Wir wissen, wie das funktioniert: Die verschwommenen Schlussfolgerungen setzen eine unbestimmte Erweiterung der Zuständigkeiten der Europäischen Union in Gang, rechtfertigen dann die Auslegung durch die Kommission, die schließlich die Übertragung der Zuständigkeiten der Staaten an den Gerichtshof legitimiert. Diejenigen, die wie wir misstrauisch waren, was den substanziellen Ausbau der Ziele der Europäischen Union in Artikel I-3 des Verfassungsentwurfs anbelangt, hatten Recht. Die EU-Kommissare und die Richter wollen sich dem Volkswillen nicht beugen und haben sich entschieden, sich darüber hinwegzusetzen, dass die Ratifizierung eines Verfassungsentwurfs abgelehnt wurde, mit dem speziell der strafrechtliche Bereich in das gewöhnliche Legislativverfahren der Gemeinschaft überführt wurde. Dieses Urteil verfälscht den Willen jener, die die europäischen Verträge unterzeichnet und ratifiziert haben und kommt einem juristischen Staatsstreich gleich.
Meine Damen und Herren! Uns stehen bedeutende Ereignisse bevor. Unsere Völker werden auf uns schauen und bald Rechenschaft fordern. Wird es hier aufrichtige Demokraten geben, die diese schamlose Tyrannei ablehnen?
Dorette Corbey (PSE). – (NL) Herr Präsident! Die Ausfuhr von Abfällen in Entwicklungsländer ist verboten. Das steht außer Frage. Das Verbot gilt jedoch nicht für normale Schiffsabfälle und Kielraumwasser. Unbestritten ist aber auch, dass es sich bei der „Probo Koala“ nicht um normales Kielraumwasser handelte, wie die Todesopfer, Tausende von Verletzten und die desolate Situation in Côte d’Ivoire belegen. Bereits in Amsterdam war offenkundig, dass das Kielraumwasser nicht normal ist, denn eine Person war kollabiert und es wurde ein unerträglicher und ungewöhnlicher Gestank verzeichnet.
Selbstverständlich hätte das Schiff mit seinem Inhalt Amsterdam ohne Warnung an die Behörden des nächsten europäischen Hafens, nämlich Estland, nie verlassen dürfen. In den Niederlanden sind daher zu Recht strafrechtliche Ermittlungen zur Untersuchung der Frage im Gange, wie das Giftschiff die Niederlande überhaupt verlassen konnte und inwieweit die Hafenbehörden oder die Hafenaufsicht eine Schuld trifft. Jetzt müssen wir uns allerdings auf die Frage konzentrieren, wie solche Katastrophen künftig zu vermeiden sind.
Dem Kommissar möchte ich drei Fragen stellen. In Estland haben Sie erklärt, die illegale Deponierung giftiger Abfälle in Côte d’Ivoire sei nur die Spitze des Eisbergs. Worauf gründet sich diese von Ihnen getroffene Aussage? Zweitens, würden Sie zustimmen, dass Schiffe, die die EU verlassen, verpflichtet sein sollten, ihr Abwasser und ihre Abfälle in dem von ihnen zuletzt angelaufenen EU-Hafen abzugeben? Drittens schließlich, welche Maßnahmen kann und will die Kommission ergreifen, um den Export gefährlicher Abfälle strenger zu kontrollieren?
Karin Scheele (PSE). – Herr Präsident! Seit Jahrzehnten verwandeln Exporte von giftigen Laborchemikalien, Lösemitteln, Altpestiziden oder Klärschlamm aus den Industrieländern Afrika in eine gefährliche Abfallhalde. Das kriminelle Geschäft mit Giftmüll ist für einige wenige Personen in Europa und in Afrika eine sehr gewinnbringende Angelegenheit.
Obwohl wir wissen, dass das Vorgehen der niederländischen Firma in Abidjan ganz klar gegen das Baseler Abkommen, aber auch gegen EU-Recht verstößt, müssen wir uns fragen, wie schnell wir als europäische Institutionen darauf reagieren können, damit das in Zukunft nicht mehr passiert.
Die Ankündigungen von Kommissar Dimas stimmen uns positiv, und wir hoffen, dass diesmal die Mitgliedstaaten und der Europäische Rat den Ernst der Situation und die Notwendigkeit erkennen, hier auch wirklich zu handeln, anstatt nach solchen Katastrophen immer nur das Vorkommen derselben zu bedauern. Ein entsprechender Handlungswille sollte von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union tatsächlich gezeigt werden.
Evangelia Tzampazi (PSE). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte meine Glückwünsche zu dieser Initiative zum Ausdruck bringen.
Wir stellen mit Beunruhigung fest, dass durch die Verbringung giftiger Abfälle nach Afrika mindestens 10 Mal jährlich gegen das Baseler Übereinkommen verstoßen wird.
Der jüngste Fall, in dem die „Probo Koala“ verwickelt ist, hat das Bewusstsein in der Europäischen Union aufgerüttelt. Die Union muss die Kriminalisierung illegaler Praktiken im Zusammenhang mit der Verbringung giftiger Abfälle vorantreiben. Zugleich muss die Organisation Europäischer Seehäfen darauf achten, dass ihre Mitglieder die Vorschriften zur Verbringung giftiger Abfälle strikt umsetzen. Dabei sollte insbesondere die Notwendigkeit betont werden, dass die Öffentlichkeit informiert wird, die beteiligten Behörden sich intern abstimmen und gegenseitig informieren und ein Register zur Speicherung qualitativer und quantitativer Daten sowie erzeugter und verbrachter Abfallmengen geführt wird. All das muss transparent sowie jedem zugänglich sein, der davon betroffen ist, damit der Tendenz Einhalt geboten werden kann, dass sich die Wirtschaften Afrikas zu Bereichen entwickeln, in denen die industrielle Bewirtschaftung verschiedener giftiger Abfälle betrieben wird.
Ria Oomen-Ruijten (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Worüber wir heute im Grunde diskutieren, ist ein Fall von Umweltkriminalität, bei dem wir nicht sicher sind, ob er strafrechtlich verfolgt werden wird oder nicht. Im Übrigen, das möchte ich den Kolleginnen und Kollegen sagen, möchte ich bei der Behandlung des Dossiers „Probo Koala“ nicht in den Schuhen eines Grün-Links-Stadtrats stecken. Die Frage ist also, ob es eine strafrechtliche Verfolgung geben wird, und wenn ja, ob auch die Mitgliedstaaten involviert sein werden. Genau aus diesem Grund haben wir im Hinblick auf eine wirksame Durchsetzung der Umweltpolitik entsprechende strafrechtliche Bestimmungen gefordert. Wir sind daher der Auffassung, dass auf jeden Fall eine Missbilligung erforderlich ist, dass aber die Mitgliedstaaten selbst entscheiden können müssen, in welcher Form solche Sanktionen zu verhängen sind. Dies ist die von uns gewünschte Vorgehensweise.
Vor sechs Jahren wurde ein Legislativvorschlag unterbreitet. Gleichzeitig hatte der Rat einen eigenen Rahmenbeschluss vorgelegt, der nach Meinung der Kommission und dieses Parlaments verworfen werden sollte, was dann vor einem Jahr auch geschah. Der Kommissar hat vorigen Montag angekündigt, er werde einen neuen Vorschlag unterbreiten, aber vielleicht könnte er zu dessen Inhalt, der letzten Montag noch etwas im Vagen geblieben ist, genauere Angaben machen. Des Weiteren möchte ich – als ehemalige Berichterstatterin – vom Rat wissen, ob er bereit ist, einen neuen Vorschlag zur Lösung des Problems der Umweltkriminalität zu akzeptieren, denn dies ist die wichtigste Frage, die hier zur Diskussion steht. Angesichts der zahlreichen Fälle erscheint ein Vorschlag tatsächlich notwendig.
Paula Lehtomäki, amtierende Ratspräsidentin. (FI) Herr Präsident! Umweltfragen sind außerordentlich wichtig und genießen hohe Priorität. Deshalb ist es zu begrüßen, dass wir uns heute hier im Plenum mit diesen Fragen beschäftigen konnten. Der Rat nimmt das Thema illegale Verbringung von Abfällen und die damit verbundenen Risiken für die unmittelbare Umgebung und die Gesundheit der Menschen sehr ernst.
Wie in dieser Aussprache ganz deutlich zum Ausdruck kam, stehen wir bei der Verhinderung derartiger illegaler Ausfuhren vor einer äußerst anspruchsvollen Aufgabe. Denn dazu sind verschiedenste Maßnahmen und eine effektive Zusammenarbeit auf etlichen Ebenen notwendig, und zwar ungeachtet der Zuständigkeitsbereiche der Behörden. Darüber hinaus müssen wir uns ehrlich eingestehen, dass bei der Überwachung der Verbringung von Abfällen innerhalb der Europäischen Union und der Ausfuhr von Abfällen in Drittstaaten noch manches im Argen liegt. Das belegen auch die durchgeführten Studien.
Wie bedauerlich diese Einzelfälle, die in der Öffentlichkeit so große Aufmerksamkeit erregen, auch sein mögen – und das beste Beispiel dafür ist ja der jüngste Vorfall im Zusammenhang mit der „Probo Koala“ in der Côte d’Ivoire –, sollten wir doch keineswegs die tagtäglichen Geschehnisse und Praktiken vergessen, die für die Gesundheit und die Umwelt ebenfalls schädlich sind. Denn davon gibt es nach wie vor mehr als genug. Ein Beispiel dafür ist das Verschrotten von Schiffen, das in Entwicklungsländern noch immer unter höchst fragwürdigen Bedingungen erfolgt. An diesen wichtigen Fragen wird auch auf dem achten Treffen der Konferenz der Vertragsparteien des Basler Übereinkommens weitergearbeitet, das Ende November in Nairobi stattfindet.
Wir sollten zudem erkennen und bedenken, dass das Umweltstrafrecht von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat noch deutliche Unterschiede aufweist. Während in einigen Mitgliedstaaten die Bestimmungen für Umweltstraftaten auf dem neuesten Stand sind, müssten die Vorschriften in anderen Ländern eigentlich überarbeitet werden, um die aktuellen Risiken zu erfassen und ihnen entgegenzusteuern. Im Grunde genommen lässt sich feststellen, dass in allen Mitgliedstaaten noch immer großer Handlungsbedarf besteht, wenn es um die Anwendung dieser strafrechtlichen Bestimmungen und insbesondere um die Erhöhung der Wahrscheinlichkeit geht, dass solche Täter auch wirklich gefasst werden.
Der Rat nimmt das Thema Umweltkriminalität und die Bekämpfung derartiger Straftaten sehr ernst. Was den gerade in Arbeit befindlichen Vorschlag betrifft, ist es natürlich für den Rat schwierig, zu einem noch nicht vorhandenen Papier Stellung zu nehmen. Wir müssen den Vorschlag erst einmal sehen, bevor wir uns dazu eine Meinung bilden können.
Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich danke dem Vorsitzenden des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, Herrn Florenz, und allen anderen Rednern für ihre überaus positiven Beiträge zur heutigen Aussprache.
Ich möchte die von Herrn Bowis aufgezählte Liste der beteiligten Nationalitäten noch ergänzen. Es war das Schiff einer griechischen Reederei, das unter panamaischer Flagge fuhr. Ein in der Schweiz operierendes niederländisches Unternehmen hatte das Schiff mit russischer Besatzung für einen bestimmten Zeitraum gechartert, die Finanzierung übernahmen britische und internationale Banken und im Aufsichtsrat des Unternehmens sowie unter den Aktionären waren zahlreiche weitere Nationalitäten vertreten. Glücklicherweise wurde das Schiff in Estland von Greenpeace an der Weiterfahrt gehindert und der Fall von den estnischen Behörden gründlich untersucht.
Ich möchte der Berichterstatterin zusichern, dass der erste Vorschlag, der Mindestsanktionen beinhaltet, in den Rahmenbeschluss des Rates integriert werden wird und dieser Beschluss, mit einigen Änderungen in der ersten Lesung, im Wesentlichen Ihren Vorschlägen entsprechen wird.
In der Frage, ob ein mit gefährlichen Abfällen beladenes Schiff einen Hafen der Europäischen Union verlassen darf, gilt, dass ein Schiff kein Ziel außerhalb der OECD anlaufen darf, wenn es gefährliche Abfälle transportiert. Dies gilt auch für Schmutzwasser – schiffseigenes Abwasser –, das gefährliche Stoffe enthält.
Ich werde den Verlauf der strafrechtlichen Ermittlungen und Verfahren aufmerksam verfolgen, die derzeit in den Niederlanden und Estland im Zusammenhang mit der Verbringung der giftigen Abfälle in Côte d’Ivoire durchgeführt werden. Ferner trägt die Kommission derzeit alle Informationen zusammen, die in anderen Mitgliedstaaten über das Schiff „Proba Koala“ und seine Fahrt vorliegen. Ich hoffe, dass es uns schon bald möglich sein wird, entsprechende Schlüsse daraus zu ziehen und einen geeigneten Weg zu finden, wie wir solche Vorfälle in Zukunft verhindern können. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass dieser tragische Vorfall in Côte d’Ivoire lediglich die Spitze des Eisbergs ist. Dass dies so ist, wissen wir von den Kontrollen, die in unseren Mitgliedstaaten durch das Europäische Netz zur Anwendung des Umweltrechts der Gemeinschaft, IMPEL, durchgeführt werden. 2005 waren 51 % aller kontrollierten Verbringungen von Abfällen illegal.
Die meisten dieser Fälle machen keine großen Schlagzeilen, können aber dennoch eine ernste Gefahr für die Umwelt und die menschliche Gesundheit darstellen. Wir müssen unmissverständlich klarstellen, dass unsere Gesellschaft Umweltkriminalität nicht toleriert und dass wir entschlossen sind, diese Form der Kriminalität mit allen Mitteln zu bekämpfen. Doch die Rechtsvorschriften, die wir zum besseren Schutz unserer Umwelt und der Gesundheit unserer Bürger verabschiedet haben, werden ihr Ziel nicht erreichen, wenn wir nicht die erforderlichen Maßnahmen treffen, um ihre ordnungsgemäße Umsetzung sicherzustellen. Ich kann Ihnen versichern, dass sich die Kommission mit allem Nachdruck dafür einsetzen wird, dass die Umweltvorschriften überall in der Gemeinschaft ordnungsgemäß angewandt werden.
Wir haben bereits mehrere konkrete Initiativen eingeleitet, um sicherzustellen, dass die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verbringung von Abfällen korrekt angewandt wird und illegale Verbringungen von Abfällen verhindert und verringert werden. Dazu gehört neben der Erarbeitung von Leitlinien, die in Verbindung mit der Anwendung der neuen Verordnung über die Verbringung von Abfällen im nächsten Jahr angenommen werden sollen, auch die Durchführung von Aufklärungskampagnen in den Mitgliedstaaten.
Die Kommission führt regelmäßige Treffen mit den Vertretern der nationalen Behörden durch, die für die Verbringung von Abfällen zuständig sind. Diese Treffen finden innerhalb eines seit langem bestehenden Rahmens statt und umfassen multilaterale Gespräche in Brüssel ebenso wie bilaterale Kontakte. Diese Initiativen müssen jedoch durch Maßnahmen zur Verhängung wirksamer Sanktionen ergänzt werden.
Eine der vielen Maßnahmen, die von der Kommission zu diesem Zweck ergriffen wurden, war der Vorschlag für eine Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt. Wie ich bereits sagte, ist es bedauerlich, dass der Vorschlag der Kommission vom Rat wegen unterschiedlicher Auffassungen über die korrekte Rechtsgrundlage abgelehnt worden ist. Jetzt allerdings wurde vom Gerichtshof bestätigt, dass die Auffassung der Kommission richtig ist.
Die Kommission bereitet derzeit einen neuen Vorschlag für eine Richtlinie zur Durchführung des Urteils des Gerichtshofs vor, der demnächst angenommen werden soll. Die Erarbeitung des geänderten Vorschlags hat einige Zeit in Anspruch genommen, weil die Kommission das Urteil des Gerichtshofs sehr sorgfältig analysiert und eine Gegenüberstellung des ursprünglichen Kommissionsvorschlags in der geänderten Fassung nach der ersten Lesung und des Rahmenbeschlusses des Rates vorgenommen hat. Darüber hinaus wird eine Folgenabschätzung durchgeführt, um die verschiedenen Optionen für Maßnahmen zu prüfen.
Die Kommission hält eine Änderung ihres Vorschlags aus dem Jahr 2001 nach dem Urteil des Gerichtshofs für notwendig, um sicherzustellen, dass alle erforderlichen strafrechtlichen Maßnahmen zur Gewährleistung einer wirksamen Umsetzung der gemeinschaftlichen Umweltschutzpolitik in dem Vorschlag berücksichtigt werden. Der Gerichtshof hat deutlich gemacht, dass die parallele Annahme einer Richtlinie und eines Rahmenbeschlusses, wie dies in der Vergangenheit praktiziert wurde, nicht mehr möglich ist. Außerdem muss der Vorschlag der Kommission, der mittlerweile fünf Jahre alt ist, an die veränderten gesetzlichen Grundlagen angepasst werden.
Ich möchte klarstellen, dass die Kommission keine vollständige Harmonisierung des nationalen Strafrechts der Mitgliedstaaten anstrebt. Das Ziel besteht darin, auf Gemeinschaftsebene lediglich die Schritte zu unternehmen, die für die wirksame Umsetzung der Umweltpolitik erforderlich sind.
Abschließend möchte ich noch einmal betonen, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit zwischen der Kommission und dem Parlament im anstehenden Mitentscheidungsverfahren zur Annahme der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt ist. Wir verfolgen dieselben Ziele, nämlich den Schutz der Umwelt durch die Festlegung von Mindeststandards für strafrechtliche Sanktionen bei Umweltstraftaten, und wir wollen erreichen, dass es in der Europäischen Union keine sicheren Häfen mehr für Umweltstraftäter gibt. Wenn wir gemeinsam handeln, können wir große Fortschritte auf dem Weg zu diesen Zielen erreichen.
Abschließend möchte ich noch einige Worte über die Ratifizierung des Basler Übereinkommens sagen. Ich habe 50 Länder auf der ganzen Welt angeschrieben und sie aufgefordert, dieses Übereinkommen zu ratifizieren. Damit hier kein falscher Eindruck entsteht, möchte ich klarstellen, dass das Basler Übereinkommen für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union obligatorisch und rechtsverbindlich ist, und zwar auch für diejenigen, die es nicht ratifiziert haben, weil wir als Europäische Union das Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert haben.
Der Präsident. – Zum Abschluss der Aussprache wurden gemäß Artikel 103 Absatz 2 sieben Entschließungsanträge und gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung zwei Entschließungsanträge eingereicht(1).
Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 11.30 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
David Martin (PSE). – (EN) Die Entsorgung von giftigen Abfällen durch das niederländische Unternehmen Trafigura in der Stadt Abidjan an der Côte d’Ivoire ist ein Skandal, der lückenlos aufgeklärt werden muss und bei dem die Verantwortlichen hart bestraft werden müssen. Es besteht kein Zweifel daran, dass diese Entsorgung gegen EU-Recht und das Basler Übereinkommen verstößt. Dieses Umweltvergehen wird wieder einmal den Eindruck erwecken, dass der reiche Norden das arme Afrika als idealen Müllabladeplatz betrachtet. Ich begrüße die Erklärung von Kommissar Dimas, der versucht hat, diesen Eindruck zu entkräften, aber Erklärungen sind eine Sache und letztlich werden wir die afrikanische Bevölkerung nur durch unsere Taten davon überzeugen können, dass wir ernsthaft gegen solche Praktiken vorgehen wollen. Neben all den anderen Fragen, die zu klären sein werden, müssen wir herausfinden, wie es überhaupt geschehen konnte, dass dieses Schiff Amsterdam verlassen durfte. Überprüfen die niederländischen Behörden ihre Kontrollverfahren? Wird die Kommission den ganzen Themenkomplex Kontrolle und Durchsetzung nächsten Monat auf der Tagung des Forums zum Basler Übereinkommen zur Sprache bringen?
James Nicholson (PPE-DE). – (EN) Es ist eine Schande für die Europäische Union, was in Côte d’Ivoire passiert ist. In diesem Parlament stehen wir oft in vorderster Reihe, wenn es um Kampagnen für einen besseren Umweltschutz geht. Wir erklären oft und gerne, dass die Umweltverschmutzung nicht an Grenzen Halt macht. Und doch sind wir 2006 damit konfrontiert, dass 500 Tonnen giftiger Abfälle aus einem EU-Mitgliedstaat nach Côte d’Ivoire verbracht und der seit langem unter schwierigsten Bedingungen lebenden Bevölkerung sozusagen vor die Füße gekippt wurden. Die unmittelbaren Folgen waren mehrere Todesfälle und Zehntausende Menschen, die ärztlich behandelt werden müssen. Wir alle kennen die düsteren Prognosen über die möglichen Langzeitfolgen.
Wenn unsere großartigen Erklärungen zum Umweltschutz wirklich ernst gemeint sind, müssen die Kommission und die niederländischen Behörden diesen Vorfall lückenlos aufklären und die Schuldigen dieser verbrecherischen Tat zur Rechenschaft ziehen. Es ist eindeutig, dass die geltenden Rechtsvorschriften keinen ausreichenden Schutz vor skrupellosen Geschäftemachern bieten, die sich nicht um die Menschen in Côte d’Ivoire oder in anderen afrikanischen Staaten scheren. Wir in der EU müssen unsere Rechtsvorschriften über giftige Abfälle so gestalten, dass wir den Menschen in Afrika garantieren können, dass ihre Länder nicht zur Deponie für gefährliche Abfälle werden.
Jules Maaten (ALDE). – (NL) Herr Präsident! Die Katastrophe in Côte d’Ivoire erfordert, dass Europa rasch reagiert, dass die Opfer entschädigt werden und für den Umweltschaden Schadensersatz geleistet wird, wobei das Verursacherprinzip zur Anwendung kommen muss.
Will Europa weiter vorankommen, muss es seinen Bürgern verdeutlichen, worin sein Mehrwert liegt. Das Unglück in Côte d’Ivoire ist ein vortreffliches Beispiel für einen Bereich, in dem Europa eine eindeutige Verantwortung trägt.
Die Schifffahrt ist für ihre Komplexität in Bezug auf Eigentumsverhältnisse und Management bekannt und stellt gleichsam definitionsgemäß eine grenzüberschreitende Angelegenheit dar. So ist die „Probo Koala“ in einem Zeitraum von zwei Monaten die Häfen Gibraltar, Algeciras, Amsterdam, Skaw, Paldiski, Dover und Venkspits angelaufen. Außerdem fährt das Schiff unter panamaischer Flagge, befindet sich im Besitz eines griechischen Unternehmens, wurde durch Trafigura BV, die in den Niederlanden einen Briefkasten hat, vom Vereinigten Königreich geleast, und verfügt über eine russische Besatzung.
Bei derart komplizierten Verhältnissen bedarf es klarer und transparenter Rechtsvorschriften. Diese Bedingungen müssen umgehend erfüllt werden, wenn das Vorgehen der Europäischen Union zielführend sein soll. Nur durch entschlossenes Handeln kann Europa zeigen, weshalb die weitere europäische Integration für uns alle wichtig ist.