Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission über die Strategie der Kommission für die Konferenz in Nairobi über den Klimawandel von Karl-Heinz Florenz im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (O-0100/2006 – B6-0440/2006).
Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. – (EL) Herr Präsident! Die zwölfte Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen ist die erste dieser Art, die in Subsahara-Afrika abgehalten wird, der ärmsten Region der Welt, mit der die Europäische Union besondere politische Beziehungen unterhält. Es ist daher nur natürlich, dass sich die Konferenz auf die Bedürfnisse der Entwicklungsländer konzentrieren sollte.
Die Europäische Union wird insbesondere darauf hinweisen, dass die Bekämpfung des Klimawandels mit einer raschen wirtschaftlichen Entwicklung kombiniert werden kann und dass ferner politische Maßnahmen zur Emissionssenkung in die Entscheidungsprozesse bei Sektoren von entscheidender Bedeutung einbezogen werden müssen.
Die Entwicklung der Wirtschaften der asiatischen, afrikanischen und südamerikanischen Länder, eine sichere Energieversorgung und die Verbesserung der Luftqualität stellen beispielsweise einen bedeutenden – sich parallel ergebenden – Gewinn der Aktivitäten zur Bekämpfung des Klimawandels dar.
Ich glaube, dass unsere Chancen, eine Übereinkunft für den Zeitraum nach 2012 zu erzielen, dadurch steigen werden, dass wir das Verständnis der gefährlichen Auswirkungen des Klimawandels auf internationaler Ebene verbessern und wir unser Interesse an der Berücksichtigung der Bedürfnisse von Entwicklungsländern zum Ausdruck bringen.
Die Europäische Union wird in Nairobi vier spezifische Prioritäten verfolgen. Erstens, eine Einigung über den institutionellen Rahmen für den Anpassungsfonds zu erreichen. Der Fonds wird aus Beiträgen für den Mechanismus für saubere Entwicklung finanziert und soll zwischen 2008 und 2012 voraussichtlich 350 Millionen Euro zur Auszahlung bringen.
Zweitens, eine Übereinkunft über den Maßnahmekatalog im Rahmen des Fünfjahresarbeitsprogramms zur Anpassung zu erzielen. Das Programm enthält eine Reihe von Aktivitäten, die darauf ausgerichtet sind, unsere Anpassungsfähigkeit zu verbessern. Dazu gehört unter anderem die weitere Verbesserung unserer Kenntnisse über die negativen Auswirkungen der Klimaänderung, ihrer sozio-ökonomischen Folgen sowie der Schwachstellen unserer Wirtschaften und Gesellschaften im Hinblick auf den Klimawandel.
Drittens, den Zugang der armen Länder Afrikas und anderer Regionen der Welt zum Mechanismus für saubere Entwicklung zu erleichtern. Wir müssen uns mit der Frage der gerechten Verteilung von Projekten auseinander setzen, die im Rahmen des Mechanismus für saubere Entwicklung durchgeführt werden, weil für Afrika von der Gesamtheit der Projekte nur ein kleiner Anteil vorgesehen ist.
Viertens, die Debatte über den Zeitraum nach 2012, die fortgesetzt wird, ohne in Nairobi abgeschlossen zu werden. Ich bin überzeugt, dass uns noch viel Arbeit erwartet. Es gibt verschiedene Meinungen darüber, was getan werden sollte. Den Entwicklungsländern behagt die Aussicht, ihre Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels zu verstärken, keineswegs. Gleichzeitig zögern zahlreiche Entwicklungsländer nach wie vor, die Maßnahmen zur Emissionssenkung zu ergreifen, die notwendig sind, um dazu beizutragen, den durchschnittlichen Temperaturanstieg auf der Welt um zwei Grad Celsius zu verringern.
In Nairobi wird die Europäische Union berechtigterweise an der Behauptung festhalten, dass die Millenium-Entwicklungsziele und der Kampf gegen den Klimawandel nicht nur untereinander kompatibel, sondern auch voneinander abhängig sind.
Zudem hoffen wir, in Nairobi zum einen ein klares, spezifisches und ausgewogenes Konzept sowie einen stabilen Fortschritt bei der Ad-hoc-Arbeitsgruppe zu Artikel 3 Paragraph 9 über den im Rahmen des Konvent geführten Dialog zu gewährleisten und zum anderen eine Übereinkunft darüber zu erzielen, wie das Kyoto-Protokoll auf der Grundlage von Artikel 9 überarbeitet werden soll. Wir müssen jedoch über Nairobi hinausschauen, da Europa seine Bemühungen verstärken muss, um seine Partner auf der Welt davon zu überzeugen, dass sie ihre Anstrengungen zur Senkung der Treibhausgasemissionen nach 2012 fortsetzen.
Es ist sehr positiv, dass sich 10 Mitglieder des Parlaments der Delegation anschließen werden, und ich persönlich freue mich – wie in den letzten zwei Jahren – auf eine enge Zusammenarbeit mit ihnen. Ich werde dafür sorgen, dass sie rundum informiert sein werden, und werde alle verfügbaren Informationen unverzüglich an sie weitergeben. Wir werden gemeinsam vor die Medien treten, und ich hoffe, dass die Mitglieder des Parlaments während der Konferenz Kontakte und Gespräche mit Delegierten anderer Länder haben werden. Das wird uns in die Lage versetzen, einem globalen Publikum unsere Zielsetzungen und unsere gemeinsame Vision für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit zu vermitteln.
Avril Doyle, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich danke dem Herrn Kommissar für seine guten Worte hier heute Abend.
Ich freue mich, eine der zehn Abgeordneten der Gruppe des Europäischen Parlaments in der EU-Delegation sein zu dürfen. Wir sind alle Mitglieder des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, und an unserer Spitze wird unser Kollege Blokland, der stellvertretende Vorsitzende unseres Ausschusses, stehen.
Ich hatte erwartet, dass mein Kollege, Herr Florenz, im Namen der PPE-DE-Fraktion das Wort ergreifen wird, aber ich sehe ihn nicht. Mit seiner Anfrage wollte er auch erneut ein Zeichen setzen, weil die Mitglieder der Delegation des Europäischen Parlaments im Rahmen der EU-Delegation als Bürger zweiter Klasse behandelt werden.
Ich weiß, der Herr Kommissar wird uns wieder etwas über interinstitutionelle Vereinbarungen, den Rat, die Kommission, Vorrang und Praxis erzählen. Offen gesagt, wir haben es satt, und wir wollen es auch nicht mehr hören. Die Auftritte des Kommissars sind bei diesen Gelegenheiten immer hervorragend, und er opfert uns sehr großzügig seine Zeit, so wie das auch seine Mitarbeiter tun. Sie informieren uns ausgezeichnet nach der Veranstaltung, vor der Tür, aber man lässt uns bei hochrangigen Sitzungen niemals hinein, nicht einmal als Beobachter. Im Namen meiner Kollegen der PPE-DE-Fraktion – und ich vermute, auch aller anderen Kollegen – fordere ich, dass wir den Delegierten sowohl der Europäischen Kommission als auch des Rates, die dort anwesend sein werden, ebenbürtig sind. Wenn die Kommission von einer EU-Delegation spricht, dann müssen auch die drei EU-Parteien, die dort anwesend sind, gleich behandelt werden.
Der Herr Kommissar erklärte uns unlängst bei einer Informationsrunde, er gehe nicht davon aus, dass spektakuläre Durchbrüche erzielt werden. Das wäre eine weitere Interims-COP, COP 12-MOP 2, wenn Sie wollen, aber diese Konferenz ist äußerst wichtig, da sie die erste Tagung zu afrikanischen Ländern südlich der Sahara sein wird. Der Kommissar sprach von der Notwendigkeit, die CDM auszudehnen. Gegenwärtig werden in Afrika lediglich 2,5 % für diesen Bereich ausgegeben, und das ist im Wesentlichen in Marokko und Südafrika. In den übrigen Ländern südlich der Sahara geschieht nichts. Hier muss noch viel getan werden. Mich würde die Einrichtung eines Fonds für den Emissionshandel für Afrika interessieren, wie er vom Kommissar vorgeschlagen wurde, und was uns das bringt.
Wer wird den Anpassungsfonds finanzieren? Die Frage ist, ob der GEF die Hauptfinanzierungsquelle sein wird und wofür das Geld verwendet wird. In Montreal wurde vereinbart, dass die Verhandlungen zweigleisig geführt werden: zum einen im Rahmen der UNFCC und zum anderen im Rahmen des Kyoto-Protokolls. Meiner Meinung nach wird dadurch geklärt, wo die einzelnen Länder stehen. Gemeinsam können wir vorankommen, die Entwicklungsländer stärker einbeziehen und unsere Freunde insbesondere in den Vereinigten Staaten besser davon überzeugen, die äußerst wichtige Aufgabe der Verringerung der Kohlendioxidemissionen zusammen mit uns in Angriff zu nehmen.
Dorette Corbey, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Seit einiger Zeit reist Al Gore durch die Welt, um seine Botschaft zu verbreiten, die da lautet: Der Klimawandel vollzieht sich schnell, schneller als erwartet. Eiskappen schmelzen, der Meeresspiegel steigt an, und der Punkt, von dem an es keine Rückkehr mehr gibt, wird bald erreicht sein. Da wird dann eine politische Antwort erwartet, wobei nicht lediglich in das Klagelied Al Gores eingestimmt werden sollte, sondern auch erste Lösungsvorschläge unterbreitet werden müssen. Nairobi bietet Gelegenheit, sich dieser Herausforderung unmittelbar zu stellen. Wenn über die Energiekrise und über Klimaprobleme gesprochen wird, dürfen wir nicht dem Pessimismus anheim fallen, denn Lösungen sind möglich. Wie können diese Lösungen gefunden werden?
Zunächst durch das Vertrauen in unsere eigenen Maßnahmen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich nochmals meine Zustimmung zu dem Emissionshandelssystem zum Ausdruck bringen, auch wenn es längst nicht vollkommen ist. Damit wende ich mich vor allem an die Kommission, von der sicherzustellen ist, dass die nationalen Zuteilungspläne zuverlässig sind und Überallokation der Vergangenheit angehört. Längerfristig wäre die Versteigerung von Emissionsrechten als Option zu erwägen, denn dadurch ließen sich Zufallsgewinne bei den Elektrizitätsunternehmen und die allzu großzügige Gewährung kostenloser Emissionsrechte vermeiden.
Zweitens plädiere ich für umfangreiche Investitionen in den Ausbau neuer, sauberer Energieträger. Neben den bestehenden Initiativen gibt es zahlreiche Innovationsmöglichkeiten. So die aus der Mischung von Salz- und Süßwasser gewonnen blaue Energie. Oder neuartige Windkraftanlagen, so genannte „Ladder Mills“ mit hoch angebrachten Windfangkomponenten, die wie Windräder funktionieren und Energie erzeugen. Zu weiteren Alternativen gehören Energie erzeugende Treib- und Gewächshäuser, Erdwärme und Sonnenspiegel; es besteht also eine Fülle von Möglichkeiten, und diese gilt es durch technologische Innovation zu nutzen. Die Mittel müssen durch die Regierungen bereitgestellt, langfristig aber auch aus der Versteigerung von Emissionsrechten aufgebracht werden.
Drittens muss die Zusammenarbeit mit Ländern wie China aktiv vorangetrieben werden. China eröffnet jeden Monat ein neues Elektrizitätswerk und braucht Clean Coal Technology, die von uns geliefert werden muss. Durch Technologietransfer kann China dazu bewogen werden, Verpflichtungen für den Zeitraum nach 2012 einzugehen. Wenn China mitmacht, wird auch die Wahrscheinlichkeit einer Beteiligung der USA größer.
Viertens sind großzügige Investitionen in den Anpassungsfonds erforderlich. Europa trägt für den Klimawandel eine historische Verantwortung, und es ist unsere Aufgabe, den Entwicklungsländern bei ihrer Anpassung an die Folgen dieses Wandels behilflich zu sein. Klimawandel ist in Entwicklungsländern nicht immer ein populäres Thema. Der Staatsführer eines Entwicklungslandes – Herr Präsident, mit wurde eine zusätzliche Minute Redezeit eingeräumt, da Frau Ferreira ihre Redezeit großmütig an mich abgetreten hatte, sodass ich über insgesamt drei Minuten verfüge – sagte einmal einem niederländischen Umweltminister: „Zunächst einmal werden wir so reich werden wie ihr, und erst dann werden wir uns so viel Sorgen über den Klimawandel machen wie ihr“. Meines Erachtens geht es auch anders: Diese Länder könnten reich werden ohne CO2-Ausstoß. Europa ist verpflichtet, ihnen dazu zu verhelfen, und in Nairobi müssen wir ihnen zeigen, dass wir es tatsächlich ernst meinen.
Herr Kommissar, ich sehe einem vorzüglichen Zusammenwirken bei der Konferenz in Nairobi entgegen. Der Appell von Frau Doyle findet selbstverständlich meine uneingeschränkte Zustimmung. Wir sollten meiner Meinung nach so viel wie möglich an allen Verhandlungen beteiligt sein und maximalen Zugang zu den Sitzungen haben, und ich weiß, dass Sie sich nach besten Kräften dafür einsetzen werden. Abschließend sei nochmals gesagt: ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit.
Chris Davies, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Herrn Kommissar danken, dass er heute zu uns gekommen ist, um vor einem so vollen Haus über das wichtigste Thema zu sprechen, das unseren Planeten beschäftigt!
Sie haben erklärt, dass wir bei dieser Konferenz der Vertragsstaaten in Nairobi kaum etwas erreichen werden, dass Nebenfragen genau so wichtig sein könnten wie die wesentlichen Themen. Aber wir haben häufig zu hören bekommen, dass mit jedem neuen Monat die Probleme immer größer werden und schwieriger zu lösen sind. Deshalb können wir es uns vielleicht gar nicht leisten, weitere Zwischentreffen zu veranstalten: Sie müssen die Sache auf den Punkt bringen und versuchen, bei allen möglichen Treffen optimale Ergebnisse zu erzielen.
Ich möchte drei konkrete Probleme ansprechen: Erstens die Emissionen des Verkehrssektors in der Europäischen Union. Jüngste Zahlen besagen, dass fünf der größten Automobilhersteller bis 2008 das in der freiwilligen Vereinbarung gesetzte Ziel von 140g CO2 erreichen werden, 75 % werden es jedoch nicht tun. Bedenken Sie nur, was das bedeutet. Sie haben eine freiwillige Vereinbarung mit der Kommission, mit der Europäischen Union unterzeichnet. Zu Hause, in ihrer Chefetage, haben sie sich die Zahlen angesehen und erkannt, dass sie mehr Profit aus SUVs und Vierradantrieben schlagen können, und haben dann in voller Absicht beschlossen, diese Zusage nicht einzuhalten. Sie haben die Vereinbarung einfach zerrissen, sie haben entgegen den Geboten von Treu und Glauben gehandelt, und es ist jetzt an der Zeit, dass die Kommission dagegen wirklich scharf vorgeht.
Von den fünf Herstellern, die das Ziel erreichen, wissen wir, dass 140g nichts Besonders sind. Es muss härter durchgegriffen werden, und ich hoffe, dass das in den nächsten Monaten geschieht.
Zweitens die nationalen Zuteilungspläne. Ich weiß, dass die nationalen Zuteilungspläne an die Mitgliedstaaten zurückgeschickt werden mit der Bemerkung, dass eine Marge von 15 % zwischen Zuteilung und tatsächlichen CO2-Emissionen bei weitem zu groß ist. Das ist eine unmögliche Situation. Sie wissen, dass es sich hierbei um das wichtigste Instrument handelt. Sie müssen hart sein und alle Möglichkeiten nutzen, die der Kommission zur Verfügung stehen, um den nationalen Regierungen klar zu machen, dass sie den schönen Reden im Rat auch Taten folgen lassen müssen.
Abschließend eine Bemerkung zum Emissionshandelssystem nach 2012. Wie wollen Sie erreichen, dass es in Zukunft funktioniert? Die freie Zuteilung ist ein guter Anfang, hat sich in der Praxis jedoch als ziemlich unzulänglich erwiesen. Durch Versteigerungen werden einige der großen Energieerzeuger nach wie vor Zufallsgewinne machen. Sie denken, dass Sie sich mit dem Benchmarking beschäftigen müssen, was äußerst schwierig ist. Aber Sie müssen der Industrie in ganz Europa jetzt sagen, dass wir beispielhafte Praktiken belohnen werden und dass sie jetzt mit Investitionen beginnen müssen, damit sich für unseren Planeten etwas verändert.
Satu Hassi, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Signale aus der Welt der Wissenschaft werden immer ernster: je neuer die Studie, desto eindringlicher die Hinweise der Wissenschaft auf einen beschleunigten Klimawandel. Wir nähern uns einer Schwelle, bei deren Überschreitung große Katastrophen unvermeidlich sind. Deshalb wies die britische Außenministerin Margaret Beckett wiederholt darauf hin, dass wir auf ein Klimachaos zusteuern. Gleichzeitig zeigen die Wirtschaftsanalysen, dass ehrgeizige Emissionsverringerungen kostenmäßig durchaus vertretbar und natürlich weitaus billiger sind, als wenn man das Klima verrückt spielen lässt.
Die Öffentlichkeit nimmt immer mehr Notiz von diesem Problem, wie zum Beispiel die Stellungnahme des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) zeigt, wonach Europa seine Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts um 75 % reduzieren muss und nicht darauf warten kann, bis die anderen nachziehen.
Selbst in den USA ändert sich die öffentliche Meinung. Ausdruck dafür sind der sensationelle Erfolg von Al Gores Film, umfangreiche Artikel über den Klimawandel und Lösungsansätze in den großen Tageszeitungen und auch die jüngste Ausgabe von „Scientific American“ zum Thema Energie ohne Kohle.
In dieser Situation ist es wirklich notwendig, dass die EU die Führungsrolle übernimmt. Auch in den USA blicken diejenigen, die einen verantwortungsvollen Klimaschutz wollen, nach Europa und danach, was Europa zu ihrer Unterstützung unternimmt. Dieses Vertrauens müssen wir uns würdig erweisen. Auch dürfen wir bei internationalen Gesprächen nicht unsere Zeit mit Abwarten vergeuden. Wir müssen selbst in konstruktiven Vorschlägen darlegen, was die Welt nach 2010 tun sollte.
Auch innerhalb Europas müssen wir Verpflichtungen zur Senkung der Emissionen eingehen und Maßnahmen ergreifen, die verhindern, dass sich die Welt um mehr als zwei Grad erwärmt. Wir müssen zudem unsere Verpflichtungen im Rahmen von Kyoto umsetzen, und in dieser Beziehung kommt dem Emissionshandel große Bedeutung zu. Hier möchte ich die Kommission nachdrücklich zur Strenge auffordern. Es reicht nicht aus, mit Emissionen zu handeln. Der Emissionshandel muss auch zu einer Reduzierung der Emissionen führen, wie es im Kyoto-Protokoll dargelegt ist.
Europäische Vorgaben sind auch für die Unternehmen notwendig. Damit sie klug investieren können, benötigen sie langfristige Zielvorgaben für die Emissionsverringerung, denn Fehlinvestitionen können sehr teuer werden. Die Lebensdauer eines Kraftwerks beträgt 40 Jahre. Klimaschädliche Kraftwerke sollten überhaupt nicht mehr gebaut werden.
Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin! Der Klimawandel ist eine nicht zu bestreitende Realität. Die Durchschnittstemperatur steigt jährlich, und dieses Jahr bildet da leider keine Ausnahme. Die Ministerpräsidenten Balkenende und Blair haben deshalb vorige Woche in einem Schreiben an den Ratsvorsitzenden konkrete Maßnahmen gefordert. Ich zitiere aus ihrem Schreiben: „Uns bleiben nur noch zehn bis fünfzehn Jahre Zeit, um die zur Vermeidung der Überschreitung des point of no return erforderlichen Schritte zu unternehmen“. Mich würde es interessieren zu wissen, welche Initiativen wir demnächst erwarten dürfen, denn die Zeit drängt.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich des Weiteren dem Kommissar für den Aktionsplan zur Energieeffizienz, der vergangene Woche veröffentlicht wurde, danken, wiewohl ich dazu anmerken darf, dass der angestrebte Prozentsatz von 20 % erstens zu niedrig ist und zweitens ohne die gleichzeitige Festlegung verbindlicher Reduktionsziele für die Mitgliedstaaten niemals erreicht werden wird.
Wie Frau Doyle und Frau Corbey bereits ausgeführt haben, möchte die zur Klimakonferenz entsandte Delegation des Europäischen Parlaments die Zusage, dass wir endlich zu allen von der EU-Delegation veranstalteten Sitzungen Zugang erhalten. Kommissar Dimas ist dies bekannt, und wir rechnen mit seiner Unterstützung dafür. Wir sind eine offizielle EU-Institution und mithin in gleichem Maße teilnahmeberechtigt wie andere Einrichtungen.
Eija-Riitta Korhola (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Das Wichtigste, was wir bei unseren Vorbereitungen für die kommende Konferenz zum Klimawandel in Nairobi brauchen, ist Ehrlichkeit. Sicher, wir sind stolz auf die bisher erreichten Fortschritte, aber was haben wir bei den Emissionsreduktionen insgesamt erzielt? Die Welt braucht eine wirksame Klimapolitik, die Ergebnisse bringt, und keine unbegründete Selbstzufriedenheit. Wir alle wissen, dass wir von einer einseitigen Klimapolitik der EU zu globalem Handeln übergehen müssen, da nur ein wirklich weltweites Vorgehen zu einer spürbaren Verringerung der Emissionen führen kann. Lassen Sie uns daher um des Klimas willen und um tatsächlich den Kampf gewinnen zu können bei der Analyse der Probleme, die sich aus dem Kyoto-Protokoll und dem EU-Emissionshandelssystem ergeben, in Vorbereitung auf Kyoto ehrlich sein.
Ich fürchte, die Schlagzeilen sind bereits fertig: „Nairobi war ein Erfolg, und die EU geht allen voran“. Aber ist das der richtige Weg? Es ist verständlich, dass es für die EU politisch wichtig ist, in vorderster Reihe zu stehen und mit gutem Beispiel voranzugehen und damit andere zu ermutigen, früher oder später zu folgen. Wenn es allerdings nicht gelingt, die Front zu erweitern, dann werden die Bemühungen nichts weiter sein als ein Tropfen auf den heißen Stein oder als würde man sich die Haare schneiden lassen, um abzunehmen.
Die große Frage ist, welche Auswirkungen einseitige Bemühungen auf die Märkte haben. In Bezug auf die Weltmärkte bedeutet das, den Verursachern Wettbewerbsvorteile zu geben, weil die Kosten für Umweltinvestitionen und Emissionsrechte nicht auf den Preis aufgeschlagen werden können. Das internationale Kapital der globalen Märkte ist versucht, dort zu investieren, wo es weder Emissionsbeschränkungen noch Umweltnormen gibt. Eine Verlagerung der Umweltverschmutzung bedeutet keine Verringerung der Umweltverschmutzung.
Interessanterweise wurde die letzte Konferenz zum Klimawandel in Montreal in den Medien als Sieg bezeichnet. Sieht man sich allerdings die Ergebnisse an, besteht kaum Grund zum Feiern. Was die Verringerung der Emissionen betrifft, wurde in Montreal kein einziger Schritt nach vorn gemacht. Es gibt keinerlei Hinweise, dass die Front derjenigen, die dem Klimawandel entgegenwirken, größer geworden ist. Durch das Kyoto-Protokoll wird lediglich ein Viertel der globalen Emissionen kontrolliert. Und das reicht nicht.
Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Herr Präsident, Herr Kommissar! Der Klimawandel ist keine Spekulation mehr, sondern eine Tatsache. Ebenso steht es um die Aussicht auf einen Countdown, der zu einer beispiellosen Katastrophe für zukünftige Generationen führen wird, wenn die gegenwärtige unannehmbare Situation weiter anhält.
Es ist höchste Zeit für mutige und kühne Entscheidungen, mit denen drastische Maßnahmen ergriffen werden, die deutliche Erfolge bringen können. Die EU hat in der Vergangenheit auf diesem Gebiet eine führende Rolle gespielt, und die UN-Konferenz in Nairobi bietet uns eine Chance, verpflichtet uns aber auch, auf konkrete und wirksame Maßnahmen zu drängen. Wir können es uns nicht länger leisten, auf diejenigen zu warten, die noch immer überzeugt werden müssen, oder diejenigen gewähren zu lassen, denen alles egal ist. Nach meinem Dafürhalten müssen mindestens folgende zwei Aspekte in unsere Strategie für Nairobi aufgenommen werden: Erstens müssen eindeutige Ziele für die Emissionsreduzierung gesetzt und harte Strafen für diejenigen ins Auge gefasst und angewandt werden, die diese Zielvorgaben nicht erreichen. Zweitens muss die Völkergemeinschaft die Länder isolieren, die die maßgeblichen Übereinkommen nicht unterzeichnet haben und nicht bereit sind, sich am gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel zu beteiligen. Hier denke ich insbesondere an die Vereinigten Staaten, die allein für ein Drittel der weltweiten Kohlendioxidemissionen verantwortlich sind.
Die außerordentlich selbstsüchtige und unfassbar arrogante Art und Weise, wie der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, Adam Ereli, die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls durch Russland im Jahre 2004 kommentierte, lässt keinen Zweifel an der Haltung der USA. Er sagte: „Wir glauben nicht, dass das Kyoto-Protokoll etwas Realistisches für die Vereinigten Staaten ist, und wir haben nicht die Absicht, es zu unterzeichnen oder zu ratifizieren.“
Es ist an der Zeit, den USA die Stirn zu bieten und ihnen unmissverständlich zu sagen, wenn sie das Kyoto-Protokoll nicht unverzüglich unterzeichnen und ratifizieren, dann werden unsere transatlantischen Beziehungen einen sehr schweren Rückschlag erleiden.
Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte mich für die Gelegenheit bedanken, auf einige in dieser Aussprache aufgeworfene Fragen zu antworten und für all die positiven Beiträge meinen Dank auszusprechen.
Wenn Nairobi zu einem Erfolg wird, dann bedeutet das, dass wir die richtigen Entscheidungen getroffen und die richtigen Vereinbarungen abgeschlossen haben. Die Kommission ist sich der Notwendigkeit bewusst, dass die Europäische Union ihre führende Rolle beim Kampf gegen den Klimawandel nicht nur auf internationaler Ebene, sondern auch hier in Europa beibehalten muss. Auch ich halte es für wichtig, die Entwicklungsländer bei der Anpassung an die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu unterstützen und ihnen bei der Einführung nachhaltiger Technologien behilflich zu sein.
Vor einigen Tagen hat die Kommission die Einrichtung des neuen Globalen Dachfonds für Energieeffizienz und erneuerbare Energien (GEEREF) vorgeschlagen. Er soll anfangs mit insgesamt 100 Millionen Euro aus öffentlichen und privatwirtschaftlichen Finanzierungsquellen ausgestattet werden. Diese neue Initiative hat zum Ziel, insbesondere in Afrika klimafreundliche Technologien zu fördern. Darüber hinaus gibt es noch den Anpassungsfonds. Wir hoffen, dass in Nairobi eine Einigung zustande kommt, damit er einsatzfähig wird. Der Fonds wird durch 2 % der Erträge aus dem Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung finanziert. Wir rechnen mit etwa 350 Millionen Euro, die im Zeitraum 2008 bis 2012 für Investitionen in Entwicklungsländern und in Afrika zur Verfügung stehen werden.
Der Europäischen Union wird man ihre Führungsrolle nur dann abnehmen, wenn es ihr gelingt, eine deutliche Verringerung der einheimischen Emissionen zu erreichen und die internationalen Verpflichtungen im Rahmen des Kyoto-Protokolls einzuhalten. Die zweite Runde der nationalen Zuteilungspläne im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems stellt einen entscheidenden Prüfstein dar. Wenn die Mitgliedstaaten mehr Emissionszertifikate auf den europäischen Markt bringen als die Emissionen der Unternehmen insgesamt voraussichtlich ausmachen, dann hat das EU-Emissionshandelssystem versagt. Herr Davies wies darauf hin, dass bei den ersten 17 eingereichten Plänen insgesamt von einer Zertifikatzuteilung ausgegangen wird, die die Emissionen dieser Mitgliedstaaten im Jahre 2005 um ungefähr 15 % übersteigen, und das ist wirklich eine Menge. Ich bin entschlossen zu verhindern, dass das europäische Emissionshandelssystem ein Fehlschlag wird, und dafür zu sorgen, dass die Kommission alle nationalen Zuteilungspläne einheitlich und gerecht bewertet. Zum Erfolg des Emissionshandelssystems im Zeitraum 2008 bis 2012 müssen alle Mitgliedstaaten beitragen.
Ich stimme zu, dass wir uns in unserer Öffentlichkeitsarbeit mehr anstrengen und die Möglichkeiten besser nutzen müssen, Einfluss auf die Regierungen der Mitgliedstaaten auszuüben, aber in dieser kritischen Phase des Emissionshandelssystems sind auch Ihr Engagement und Ihre Mitwirkung gefragt. Ich möchte Sie bitten, mit uns gemeinsam sicherzustellen, dass es bei dieser Debatte über die Zertifikatzuteilung in allen Hauptstädten der Mitgliedstaaten und in Brüssel vor allem darum geht, um wie viel mehr wir die Emissionen verringern können, und nicht darum, um wie viel höher die Emissionen sein können.
In den nächsten Tagen will die Kommission eine Mitteilung über das Emissionshandelssystem annehmen, mit der eine Überprüfung dieses wichtigen Systems eingeleitet wird. Sie wird sich mit seinem Umfang, seiner Vereinfachung und Berechenbarkeit befassen und seine Einhaltung verbessern sowie eine Verknüpfung zu Emissionshandelssystemen andernorts herstellen.
Was die Emissionen des Verkehrssektors betrifft, die etwa 22 % der Emissionen in der Europäischen Union ausmachen, wird die Kommission noch in diesem Jahr einen Legislativvorschlag vorlegen, um die Luftfahrt in den Emissionshandel in der Europäischen Union mit einzubeziehen. Ferner wird die Kommission in diesem Jahr auch noch die Möglichkeiten einer weiteren Senkung der Kohlendioxidemissionen von Kraftfahrzeugen nach 2008-2009 überprüfen, um das gemeinschaftliche Ziel von 120g CO2/km bis zum Jahre 2012 zu erreichen. Dazu sind natürlich Gesetzesvorschriften erforderlich.
Außerdem untersucht die Kommission Möglichkeiten für einen Rechtsrahmen, der es gestattet, in der Europäischen Union Kohlendioxidemissionen aus Industrieanlagen sicher aufzufangen und unterirdisch zu lagern, sofern dies als angebracht erachtet wird.
Zudem beabsichtigt die Kommission, Anpassungsmaßnahmen zu fördern, die den regionalen und nationalen Entscheidungsträgern helfen, die zunehmend spürbaren Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen. Auf der Grundlage eines Grünbuchs über die Anpassung an den Klimawandel, das am 1. Dezember auf einer Konferenz in Brüssel erscheinen wird, will die Kommission eine öffentliche Debatte über die Notwendigkeit auf den Weg bringen, sich an den unvermeidlichen Klimawandel anzupassen.
Ganz wichtig ist, dass wir den künftigen Rahmen für die internationale Debatte nach 2012 abstecken müssen. Die Kommission beabsichtigt, im Januar des nächsten Jahres ihr Energiepaket zu verabschieden. Kernpunkt des Pakets wird die Überprüfung der EU-Energiestrategie sein. Damit wird ein alternatives Energieszenario für die Europäische Union vorgeschlagen, das auf die Erreichung der langfristigen EU-Ziele im Bereich des Klimawandels ausgerichtet ist.
Im Zusammenhang mit der Annahme des Energiepakets wird die Kommission außerdem ein Grünbuch verabschieden, das die Ansichten der Europäischen Union über weitere Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels enthält. Mit diesem Grünbuch reagiert sie auf die Forderung des Europäischen Rates, eine Strategie der Europäischen Union zu entwickeln, um die globale Erwärmung auf 2°C gegenüber dem vorindustriellen Stand zu begrenzen. Es wird konkrete Vorschläge enthalten, wie dieses Ziel sowohl in der Europäischen Union als auch im internationalen Maßstab erreicht werden kann. Eines unserer Hauptziele besteht darin, die Vereinigten Staaten sowie aufstrebende Länder wie China und Indien mit ins Boot zu holen, wobei sowohl eine gemeinsame als auch differenzierte Herangehensweise verfolgt wird, so wie es in der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen vorgesehen ist.
Die Kommission wird dafür sorgen, dass das Energiepaket und das Grünbuch eine Klima- und Energiestrategie für die Europäische Union vorsehen, die kohärent, koordiniert und nachhaltig ist. Meines Erachtens ist seit dem letzten Jahr in Montreal eine gewisse neue Dynamik in der internationalen Debatte über den Klimawandel zu spüren. Während wir in der Union das Tempo beibehalten müssen, ist es notwendig, im internationalen Prozess geduldig zu bleiben und Vertrauen zu schaffen.
Abschließend möchte ich sagen, dass Al Gore wirklich einen großen Beitrag zur Sensibilisierung der Menschen in der Europäischen Union geleistet hat. Ich hatte die große Ehre, ihm vor etwa einem Monat in einem voll besetzten Kinosaal in Brüssel das Wort zu erteilen.
Der Präsident. – Zum Abschluss der Aussprache wurde gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung ein Entschließungsantrag(1) eingereicht.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Donnerstag um 11.30 Uhr statt.